Ein Jahr in Florenz - dis.uni-bonn.de - Universität Bonn
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sollte. Zusammen mit me<strong>in</strong>er Bewerbungmachten wir am Tag darauf e<strong>in</strong>en girodurch <strong>de</strong>n Verwaltungstrakt <strong>de</strong>rNationalbibliothek, bestellten e<strong>in</strong>Tesser<strong>in</strong>o für mich und begaben unswie<strong>de</strong>r an die Arbeit. Mittlerweile hatte ichim Gab<strong>in</strong>etto auch schon me<strong>in</strong>en eigenenComputer und arbeitete ungestört <strong>in</strong> allerSeelenruhe an me<strong>in</strong>er Schedatura weiter.Bis plötzlich <strong>in</strong> die totenstille Konzentrationsatmosphäredas Telefon schrillteund uns aus unserer Arbeit aufschreckenließ. Es war die Verwaltung, die unsmitteilen wollte, dass me<strong>in</strong> Praktikumlei<strong>de</strong>r been<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n müsse, da e<strong>in</strong>gewisser Accordo <strong>de</strong>r Nationalbibliothekmit <strong>de</strong>r Università <strong>de</strong>gli Studi di Firenzebestehen müsse, <strong>de</strong>r nicht bestehe und ich<strong>de</strong>shalb nicht versichert sei und man diesesAbkommen <strong>in</strong> <strong>de</strong>n nächsten drei Monatenauch nicht mehr abschließen könne. Daranwar dann lei<strong>de</strong>r nichts mehr zu rütteln unddies war also me<strong>in</strong> zweiter und letzterArbeitstag <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Biblioteca NazionaleCentrale und ich g<strong>in</strong>g betrübt und malwie<strong>de</strong>r arbeitslos nachhause.Mercato <strong>de</strong>l Porcell<strong>in</strong>oL’esame di Storia <strong>de</strong>l c<strong>in</strong>ema, un verospettacoloAm Morgen <strong>de</strong>r schriftlichen Prüfung zuunserem Kurs Storia e critica <strong>de</strong>l c<strong>in</strong>emamachten sich me<strong>in</strong>e Freund<strong>in</strong> Anna undich auf <strong>de</strong>n Weg zur Aula Magna <strong>in</strong> PiazzaBrunelleschi. Wir hatten uns gedacht, eswür<strong>de</strong> reichen e<strong>in</strong>e halbe Stun<strong>de</strong> voroffiziellem Prüfungsbeg<strong>in</strong>n dort anzutreten.Lei<strong>de</strong>r falsch gedacht, <strong>de</strong>nn als wirdort ankamen, war die Aula schonkomplett bzw. doppelt besetzt; außer <strong>de</strong>ndreihun<strong>de</strong>rt besetzten Stühlen gab es auchkaum noch Platz auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n. Wirversuchten also, im Gebäu<strong>de</strong> irgendwoStühle aufzutreiben, quetschten diese <strong>in</strong>e<strong>in</strong>e total überfüllte Aula, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r man kaumnoch atmen konnte und fragten uns, wiewir ohne Tisch e<strong>in</strong>e Klausur schreibensollten.Wie schon erwartet rückte ProfessoreBernardi erst e<strong>in</strong>e halbe Stun<strong>de</strong> nachoffiziellem Prüfungsbeg<strong>in</strong>n mit se<strong>in</strong>enzwei Assistenten und zwei an<strong>de</strong>renDozenten an und kämpfte sich durch dieMasse nach vorne zu se<strong>in</strong>em Pult. Dererste Aufruf, nach<strong>de</strong>m das Mikrofonrepariert und e<strong>in</strong>geschaltet wor<strong>de</strong>n war:„Questo non è l’esame di Storia <strong>de</strong>llaRadio!“ Lei<strong>de</strong>r hatte es niemand gehört.<strong>E<strong>in</strong></strong> zweiter Versuch... und e<strong>in</strong> dritter.Mittlerweile begannen schon e<strong>in</strong>igeaufmerksam zu wer<strong>de</strong>n. Das war unsereChance. Nach langmonatiger Aula Magna-Erfahrung, die auch schon während <strong>de</strong>sKurses eher e<strong>in</strong>er Konzerthalle als e<strong>in</strong>erUniversitäts-Aula glich, konnten wir dasFreiwer<strong>de</strong>n von Sitzplätzen, dasüber<strong>de</strong>utlich <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Luft lag, schon spüren.Wir machten uns bereit zum Absprung aufdie freien Plätze. Lei<strong>de</strong>r viele an<strong>de</strong>re auch.Aber wir waren schneller. Kaum hattensich die armen Stu<strong>de</strong>nten, die eigentlichgerne etwas über das Radio erzählt hätten,erhoben, warfen wir gekonnt unsereTaschen auf die Sitze und kämpften unsgeübt <strong>in</strong> W<strong>in</strong><strong>de</strong>seile durch die Reihen. Wirhatten es geschafft. Die Plätze konnte unske<strong>in</strong>er mehr streitig machen; und e<strong>in</strong>enKlapptisch hatten wir jetzt auch.Kaum e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>ute später wussten wirunsere Bemühungen noch mehr zuschätzen: Prof. Bernardi hatte soebenmitgeteilt, dass alle Stu<strong>de</strong>nten, die nichtauf fest angebrachten Stühlen mit Tischensäßen, doch bitte nach Hause gehen undum e<strong>in</strong>s wie<strong>de</strong>rkommen sollten.Jetzt wur<strong>de</strong>n endlich Blätter verteilt unddie Aufgaben an die Tafel geschrieben.Wir begannen, schon vollkommenausgepowert das Beste zu geben und aufs23