10 KAPITEL 2. BEGRIFFSBESTIMMUNGdirekte Interaktion einer Zelle mit ihrer Umgebung und kann als atomare, abgeschlossene Operationgesehen werden. In einem Unternehmen meint man damit beispielsweise den Kommunikationsprozesszwischen Mitarbeitern. [Radermacher 2001]Gemeinsam mit den Signalen werden auch sogenannte “Features” übertragen. Diese sind die Eingangsinformationfür die zweite Ebene der Informations- und Wissensverarbeitung und werden dortmittels funktionaler Transformation verarbeitet. Auf ein Feature wird in angemessener Weise – eventuelldurch ein trainiertes neuronales Netz – reagiert und, wenn notwendig, ein Prozess in Bewegunggesetzt. In der Praxis kann dies so aussehen, dass zum Beispiel ein Mitarbeiter von einer beliebigenAbteilung etwas anfordert und dadurch in dem betr<strong>of</strong>fenen Unternehmensbereich einen bestimmtenProzess auslöst. [Radermacher 2001]Wie auf ein Feature nun reagiert wird, ist in der nächsten Ebenen definiert. Hier werden Objekteoder “Konzepte”, die auf Features basieren, anhand von Klassifikationsmerkmalen identifiziert. DieInformation selbst wird auf diesem Level sehr stark komprimiert. Gleichzeitig ist hier eine enormeBeschleunigung der Wissensentwicklung möglich, da es auf dieser Ebene sehr mächtige Mechanismenfür die Wissensverarbeitung – hier sei vor allem die wissenschaftliche Disziplin der künstlichen Intelligenzerwähnt – gibt. Betrachtet man diese Ebene, das “symbolic level”, in einem Unternehmen, someint man damit Konzepte innerhalb der Organisation. So wird beispielsweise beim Anfordern einerbestimmten Leistung von einer Abteilung ein bestimmter Ablauf, welcher bereits entwickelt wurdeoder im Entstehen ist (siehe Abschnitt 2.8), in der Suborganisation ausgelöst. [Radermacher 2001]Schließlich gibt es darüber liegend eine vierte Ebene, die sich mit “theoretischen Modellen” derInformations- und Wissensverarbeitung auseinandersetzt. Hier kommen mathematische oder naturwissenschaftlicheModelle wie auch Instrumente für Optimierung, Statistik, logische und numerischeAnalysis, usw. zum Einsatz, damit reale Probleme beschrieben, analysiert und gelöst werden können.Wie bereits erwähnt zählt hierzu die Artifical Intelligence (AI). Im Falle eines Unternehmes seien hierdie Betriebswirtschaftslehre, Managementtechniken, usw. zu nennen. [Radermacher 2001]Die Idee des Unternehmens als biologischer Organismus wirft in weitere Folge noch einige interessanteAspekte auf, die in Abschnitt 3.7 durch die Beschäftigung mit der Idee der lernenden Organisationbehandelt werden. Es sei in diesem Zusammenhang auch auf das Modell von Wersig [Reif 2000]hingewiesen.2.4 Implizites und explizites WissenEine wichtige Klassifikation von Wissen ist die Einteilung in explizites und implizites Wissen. ExplizitesWissen ist leicht formalisierbar oder bereits kodifiziert, es eignet sich dadurch besonders gut zurErhaltung und Weitergabe. Beispiele dafür sind grammatikalische Aussagen, mathematische Formeln,Spezifikationen oder Handbücher. [Rollett 2000]Implizites Wissen hingegen ist schwerer zu übermitteln. Es wird häufig als verborgenes oderstillschweigendes Wissen, in der Literatur auch als “tacit knowledge” bezeichnet, man meint damitpersönliches, an ein Individuum gebundenens Wissen. Darunter fallen unter anderem ein subjektiverEinblick oder ein subjektives Verständnis eines Themas, eine Intuition oder ein inneres Gefühl. Grundlagefür diese Art des Wissens sind individuelle Erfahrungen, persönliche Vorstellungen, Glauben,Perspektiven, die eigene Weltanschauung, Ideale oder Emotionen. [Rollett 2000]“tacit knowledge” ist nicht oder zumindest nur schwer systematisch zu verarbeiten und zu übermitteln.Man kann zwischen einer technischen und einer kognitiven Dimension des impliziten Wissensunterscheiden. Als technisch kann dabei Know-how, informelle Fähigkeiten und Fertigkeiten – sowohlim handwerklichen als auch im intellektuellen Sinne – gesehen werden, die kognitiven Dimension
2.5. INTELLEKTUELLES KAPITAL 11umfasst stillschweigenden Annahmen wie Intuitionen, Emotionen, die eigene Weltanschauung, usw.[Rollett 2000]Als konkretes Beispiel für implizites Wissen sei hier die Handwerkskunst eines erfahrenen Tischlermeisterszu nennen, die nur über Jahre hinweg an einen Lehrling weitergegeben werden kann.[Rollett 2000]2.5 Intellektuelles Kapital“Das Unternehmen ist der Ort, an dem sich individuelles Wissen und Intelligenz zu kollektiver,kreativer Intelligenz zusammenfindet, fähig unternehmerisch tätig zu werden.”(Jaques Morin)Betrachtet man nun nicht das Wissen eines Individuums, sondern jenes einer Organisation, so wirdhäufig der Begriff “Intellektuelles Kapital” verwendet. Darunter versteht man nicht nur die Summe derWissensbestände der Individuen, man muss auch das Wissen der Organisation, welches zum Beispielin Patenten, in Unternehmensprozessen und Routinen enthalten ist, berücksichtigen. Neben Expertenin Form von Individuen gibt es auch Teams, die über spezielle Fähigkeiten verfügen. Weiters mussauch die Organisationskultur sowie die Beziehung zu Kunden, Lieferanten, Konkurrenten in Betrachtgezogen werden. [Probst et al. 1999]Abbildung 2.3: Aufbau der organisationalen Wissensbasis [Probst et al. 1999]Wie Abbildung 2.3 zeigt, gibt es auch in einer Organisation die Hierachie zwischen Daten, Informationenund Wissen, allerdings sind neben dem Wissensbeständen der Individuen auch die Wissensbasender Teams und die organisationalen Fähigkeiten miteinbezogen. Und ähnlich wie ein Individuumlernfähig ist, kann dies auch auf Ebene der Organisation festgestellt werden, wobei dieses organisationaleLernen zyklisch durch die beteiligten Teams und Personen geschieht. Das intellektuelle Kapitalbefindet sich also in einem ständigen Veränderungsprozess. [Probst et al. 1999]Abschnitt 2.8 geht genauer drauf ein, wie Wissen auf organisationaler Ebene entwickelt werdenkann. Hier werden nochmals kurz die verschiedenen Typen von organisationalem Wissen erläutert:Wie auch bei einer Person wird beim intellektuellem Kapital zwischen impliziten und explizitenWissen differenziert. So kann auch das “tacit knowledge” eines Unternehmens nur schwer mit Worten