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Wissensmanagement in großen undverteilten Technologie-UnternehmenProblembereiche, Fallstudien, Anforderungen undtechnische Umsetzungsmöglichkeiten mit demInformationssystem HyperwaveFelix Mödritscher


Knowledge management for large and distributed technologycompaniesProblems, case studies, requirements and possible technical realizations using theinformation system HyperwaveMaster’s Thesisat<strong>Graz</strong> <strong>University</strong> <strong>of</strong> <strong>Technology</strong>submitted byFelix MödritscherInstitute for Information Processing and Computer Supported New Media (IICM),<strong>Graz</strong> <strong>University</strong> <strong>of</strong> <strong>Technology</strong>A-8010 <strong>Graz</strong>, Austria31st August 2002c○ Copyright 2002 by Felix MödritscherAdvisor:Supervisor:o.Univ.-Pr<strong>of</strong>. Dr.Dr.h.c.mult. Hermann MaurerDipl.-Ing. Christian Gütl


KurzfassungLebenslanges Lernen ist nicht nur für den Einzelnen wichtig, auch Organisationen können ohneständige Veränderungsprozesse nicht am Markt bestehen. Dazu müssen sie in der Lage sein, Wissen zugenerieren und aufzunehmen. Diese Vorgänge wiederum bedürfen Zielsetzungen und Maßnahmen zuderen Erreichung, also einem Management von Wissen und Wissensprozessen. Dies gilt insbesondersfür große, multinationale Konzerne, die neben den herkömmlichen Problemen des Wissensmanagementsauch noch die geographische Verteilung der Betriebsstätten sowie sprachliche und kulturelleBarrieren überwinden müssen. Ziel dieser Arbeit ist es, ein organisatorisch-technisches Rahmenkonzeptfür Wissensmanagement in großen Technologie-Konzernen zu entwickeln und das InformationssystemHyperwave hinsichtlich dieses Konzepts zu evaluieren.Im Untersuchungsbereich werden zunächst die wesentlichen Begriffe des Wissensmanagementsdefiniert sowie theoretische Modelle und KM-Ansätze vorgestellt. Im Anschluss daran werden allgemeineProblembereiche, die bei der Beschäftigung mit Knowledge Management auftreten, behandelt.Dabei wird auf spezielle Punkte in großen, geographisch verteilten Konzernen hingewiesen. Dannwerden für die erwähnten Problembereiche Lösungsansätze anhand von Fallstudien über renomierteUnternehmen sowie anhand von theoretischen Überlegungen zu lernenden Organisationen gezeigt.Im Gestaltungsbereich werden aufbauend auf den Erkenntnissen des Untersuchungsbereichs zuerstdie Bausteine des Wissensmanagement, also die wesentlichen Wissensprozesse, in großen und verteiltenUnternehmen analysiert und allgemeine Anforderungen an das Knowledge Management sowiean ein IT-System erarbeitet. Des Weiteren wird evaluiert, welche Komponenten eines solchen idealenKM-Systems mit dem Hyperwave Informationssystem realisiert werden können. Schließlich werdenzwei Module, die als Ergänzung zur Produktpalette von Hyperwave entwickelt wurden, vorgestellt.Abschließend wird diese Arbeit zusammengefasst und ein Ausblick für die Beschäftigung mit Wissensmanagementin großen, verteilten Unternehmen gegeben.


AbstractLifelong learning is not only important for individuals. Organisations also have to go throughcontinuous modification processes to survive in the market. Therefore it must be possible to generateand assimilate knowledge. These processes require the specification <strong>of</strong> objective targets and steps fortheir achievement in terms <strong>of</strong> management <strong>of</strong> knowledge and knowledge processes. In particular big,multinational companies have to invest in this area, because they are facing not only the commonproblems <strong>of</strong> knowledge management, but also geographical distribution and linguistical or culturalbarriers. The intention <strong>of</strong> this thesis is to present a general concept for knowledge management in afocused technology company and to evaluate the information system Hyperwave with respect to thisconcept.The theoretical part defines the most important terms <strong>of</strong> knowledge management and introducestheoretical models and approaches. Then the problematic areas <strong>of</strong> knowledge management in generaland special problems for big, multinational companies in particular are pointed out. Next solutions tothese problems are shown on the basis <strong>of</strong> case studies about well-known companies and theories aboutlearning organisations.In the practical part <strong>of</strong> the thesis the relevant knowledge processes <strong>of</strong> multinational companiesare analysed and general requirements for knowledge management and for an informationsystem aredeveloped. Then it will be evaluated, which component <strong>of</strong> this ideal system can be realized using theHyperwave Informationsystem. At last the implementation <strong>of</strong> two choosen modules, which completesthe ideal knowledge management system for multinational companies, is pointed out.Finally this thesis is summarized and an outlook for further engagement with knowledge managementin worldwide operating companies is given.


Ich versichere hiermit, diese Arbeit selbständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittelnicht benutzt und mich auch sonst keiner unerlaubten Hilfsmittel bedient zu haben.I hereby certify that the work presented in this thesis is my own and that work performed by others isappropriately cited.


DanksagungAn dieser Stelle möchte ich mich bei all jenen bedanken, die mir beim Erstellen dieser Arbeit mitTat und Rat zur Seite standen.Allen voran waren dies die Mitarbeiter des IICM um Pr<strong>of</strong>essor Hermann Maurer, die immer ein<strong>of</strong>fenes Ohr für meine Probleme hatten. Dank gilt hierbei besonders meinem Betreuer Dipl.-Ing. ChristianGütl, der mich durch wiederholte Besprechungen und <strong>of</strong>tmaliges Korrigieren dieser Diplomarbeitlehrte, wie man wissenschaftliche Arbeiten erstellt.Weiters seien hier folgende Studien- und Arbeitskollegen erwähnt: Dipl.-Ing. Georg Lindsberger,der mich durch seine Vorbildwirkung zum Studienabschluss motivierte, Dipl.-Ing. Helmut Leitner stellvertretendfür alle Mitarbeiter der Web Application Group sowie Thomas Volcan, Peter Grundner undSusanne Thüringer für die vielen Ratschläge und aufmunternden Gespräche während der unzähligenKaffeepausen am IICM.Ganz besonderer Dank gilt meiner Familie, die mich all die Jahre hinweg unterstützten, insbesondersmeinem viel zu früh verstorbenen Vater Wilhelm Mödritscher, meiner Mutter Monika Mödritscherund meinem Bruder Klaus Mödritscher.Felix Mödritscher<strong>Graz</strong>, Austria, August 200213


15Inhaltsverzeichnis1 Einleitung 11.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Strukturierung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2I. Untersuchungsbereich 52 Begriffsbestimmung 72.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.2 Die hierarchische Sichtweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.3 Informations- und Wissensverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.4 Implizites und explizites Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102.5 Intellektuelles Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112.6 Wissensmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122.7 Der prozessorientierte Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132.8 Die Spirale der Wissensschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152.9 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Problembereiche des Wissensmanagements 213.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213.2 Umfrage: Wissensmanagement in Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213.3 Abbau von Wissensbarrieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233.4 Einsatz von Informationstechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303.5 Bewältigung der Informationsflut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343.6 Informationsqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393.7 Lernende Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453.8 Virtuelle Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513.9 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 554 Fallstudien 574.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574.2 Projektabwicklung in der Schindler Aufzüge AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584.3 KM-Spezialist Teltech . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654.4 Das KM-Framework von Siemens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 724.5 Das webbasierte KM-System von Rolls-Royce . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 784.6 Das Management lernender Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 834.7 Die Rolle des Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 884.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94


II. Gestaltungsbereich 975 Anforderungen an Wissensmanagement 995.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 995.2 Wissen identifizieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1005.3 Wissen erwerben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1035.4 Wissen entwickeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1065.5 Wissen (ver)teilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1085.6 Wissen nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1115.7 Wissen bewahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1145.8 Wissensziele definieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1165.9 Wissen bewerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1185.10 Ideales KM-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1205.11 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1216 Technische Umsetzung mit Hyperwave 1256.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1256.2 Die Entstehungsgeschichte von Hyperwave . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1256.3 Document Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1266.4 Mitarbeiterverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1306.5 Search-Engine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1316.6 Workgroup Computing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1346.7 eLearning System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1356.8 Newssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1366.9 Web-Services . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1366.10 Weitere Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1366.11 Vorschläge für weitere Module . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1386.12 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1387 Entwickelte Hyperwave Komponenten 1417.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1417.2 Bereichsportal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1417.3 Workflow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1457.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1548 Zusammenfassung und Ausblick 155Literatur 15716


1Kapitel 1Einleitung1.1 Motivation“Wissen” gewinnt in Zeiten des gesellschaftlichen Wandels in eine Wissens- und Informationsgesellschaftzunehmend an Bedeutung. Dabei ist lebenslanges Lernen nicht nur für den Einzelnen essentiell,auch Organisationen können ohne ständige Veränderungs- und Verbesserungsprozesse am Marktnicht überleben. Die herkömmlichen Unternehmensbereiche sind inzwischen hinreichend erforscht –es gibt beispielsweise für Produktion, Personal, Finanzierung, Marketing, usw. eine große Anzahl anManagementmethoden in der Literatur und der Lehre. Wissensmanagement, also die Einflussnahmeauf Wissensbestände der Mitarbeiter und Fähigkeiten von Teams und der Organisationen selbst, findetjedoch erst seit wenigen Jahren Beachtung. [Probst et al. 1999]Seit Jahrzehnten zeichnet sich der prozentuelle Rückgang der Produktion im Agrar- und Industriesektorsab, während weltweit immer mehr Unternehmen Dienstleistungen anbieten und sogenannteWissensprodukte erstellen. Auch Unternehmen und Konzerne der “Old Economie” erkennen, dass Innovationenrund um ein Produkt notwendig sind und Wissen als Produktionsfaktor von zumindestgleichwertigem Rang wie die klassischen Faktoren Arbeit, Boden und Kapital ist. [Rollett 2000]Gerade bei Dienstleistungsunternehmen ist der Wert von Wissen noch <strong>of</strong>fensichtlicher: S<strong>of</strong>tware-Ersteller sowie auch innovative Internet- und Biotechnologie-Unternehmen werden mit Marktkapitalisierungenbedacht, die an Konzerne der “Old Economie” heranreichen, obwohl die Bilanzsummenund die Mitarbeiterzahlen nur einen Bruchteil dieser betragen. Wissen in einer solchen Unternehmungwird mit einem Vielfachen der bilanzierten Aktiva bewertet, denn Wissen stellt gerade hier einezentrale Grösse für den künftigen Unternehmenserfolg dar. Nur auf einer bestehenden Wissensbasiskönnen neue Innovationen erbracht werden, die <strong>of</strong>t erst in Zukunft für neue Umsatzzuwächse sorgen.[Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]Eine Onlineumfrage des Instituts für e-Management e.V. (IFeM) vom Mai 2001 bestätigt, dassdas Thema Wissensmanagement medial bereits seinen Zenit erreicht hat, es aber in den Unternehmendurchaus nicht vollständig umgesetzt ist. So erkennt zwar ein Großteil der Befragten, dass KnowledgeManagement in den Kompetenzbereich des Managements gehört und von diesem unterstütztwerden muss, als die größte Hürde für ein erfolgreiches Wissensmanagement wird jedoch die fehlendeAkzeptanz durch die Mitarbeiter gesehen, was als Zeichen für eine unzureichende Unternehmenskulturzu werten ist. Auch das vorschnelle Einführen eines IT-Systems ist häufig als negative Erfahrungangeführt, allerdings zeigt die Auswertung der Umfrage auch, dass bei einem Drittel der BefragtenKnowledge Management primär in der IT-Abteilung vorangetrieben wird. Von Wissensmanagementselbst erwartet man, dass es das interne Wissen zusammenführt und hieraus neue Erkenntnisse gewonnenwerden können. Zugleich wird auch in den Unternehmen gesehen, dass die direkte Kommunikation


2 KAPITEL 1. EINLEITUNGunter den Menschen ein wichtiger Punkt im Wissensaustausch ist. [IFeM 2001]Alles in allem bescheinigt die oben genannte Studie der Beschäftigung mit Knowledge Managementin den Unternehmen eine ansteigende Tendenz, dennoch gibt es weiterhin viele Gründe dafür,dass das Engagement in Wissensmanagement vorangetrieben werden muss. So werden die Wissensprozessein den Unternehmen immer dynamischer, Innovationszyklen für neue Produkte – geradeim IT-Bereich – immer kürzer. Dadurch erhöhte sich in den letzten 30 Jahren der prozentuelle Anteilan Forschungs- und Entwicklungsmitarbeitern in den Unternehmen stark. Dies bedeutet wiederrum,dass es immer mehr Wissensprozesse innerhalb der Unternehmen gibt und diese eines Managementsbedürfen. [Probst et al. 1999]Ein weiteres Problem in der Wissensumgebung eines Unternehmens ist das wachsende Aufkommenvon neu entwickelten, externen Wissen, welches im Bezug auf die eigenen Kernkompetenzennatürlich evaluiert und gegebenenfalls erworben werden muss. Die Zahl an Publikationen und somitdie Informationsflut stieg in den letzten Jahrzehnten stark an. So wurden zwischen 1950 und 1975gleich viel Bücher wie seit der Erfindung der Druckerpresse im 15. Jahrhundert herausgegeben, alle 10bis 15 Jahre verdoppelt sich die Zahl der wissenschaftlichen Arbeiten. [Krottmaier 1998]Schließlich ist auch die zunehmende Globalisierung ein Problem des Wissensmanagements. Inweltweit tätigen Unternehmen ist die Zahl an Produktvarianten und Produktionstechnologien kaumnoch überschaubar, dazu kommen meist noch sprachliche und kulturelle Barrieren. All dies wirkt sichletztendlich auf die Wissensbasis einer Organisation aus und zwingt das Management zu einer Auseinandersetzungmit Knowledge Management sowohl aus organisatorischer als auch aus technischerSicht. [Probst et al. 1999]1.2 Strukturierung der ArbeitDiese Diplomarbeit behandelt das Thema Wissensmanagement in großen und geographisch verteiltenTechnologie-Konzernen und ist in zwei Bereiche unterteilt: Der Untersuchungsbereich beschäftigtsich mit den Problembereichen des Wissensmanagements und Fallstudien von namhaften Unternehmen.Aufbauend auf den Ausarbeitungen dieses Bereichs wird dann im Gestaltungsbereich ein allgemeinesFramework sowie ein ideales KM-System für große und verteilte Unternehmen erarbeitet. DesWeiteren werden konkrete Umsetzungen von Knowledge Management Modulen mit dem InformationssystemHyperwave gezeigt sowie eigens entwickelte Komponenten vorgestellt.UntersuchungsbereichIn Kapitel 2 werden zunächst alle wichtigen Begriffe für eine Beschäftigung mit Wissensmanagementdefiniert und anhand anschaulicher Beispiele genauer erklärt. Insbesonders wird auf die Bedeutung derBegriffe Wissen, intellektuelles Kapital und Wissensmanagement für das zu untersuchende Umfeldhingewiesen und auf den Prozess der Wissensschaffung näher eingegangen.Wie in der Einleitung schon kurz erläutert wurde, treten in der Praxis viele Probleme rund umdie Wissensprozesse einer Organisation auf. Kapitel 3 behandelt anhand von theoretischen Arbeitenund Berichten aus der Praxis die allgemeinen Problembereiche von Wissensmanagement detaillierter.Speziell wird bei jedem Bereich auf Probleme, die in großen und geographisch verteilten Unternehmenauftreten können, hingewiesen.Kapitel 4 beschreibt Lösungsansätze für die im Kontext von großen und verteilten Konzernenerwähnten Problembereiche anhand von Fallstudien über bekannte Unternehmen. Es werden dabeiKnowledge Management Projekte der Unternehmen Schindler Aufzüge AG, Teltech, Siemens undRolls-Royce vorgestellt und praxisnahe Überlegungen zu lernenden Unternehmen getätigt.


1.2. STRUKTURIERUNG DER ARBEIT 3GestaltungsbereichMit welchen Maßnahmen und IT-Komponenten die Bausteine des Wissensmanagements, also die wesentlichenWissensprozesse, in einem multinationalen Unternehmen verbessert werden können, wird inKapitel 5 erörtert. Hier werden basierend auf den Erkenntnissen des Untersuchungsbereichs Anforderungenan das Knowledge Management in großen und verteilten Technologie-Konzernen sowie Komponentenfür ein ideales KM-System erarbeitet. Es ergibt sich daraus ein organisatorisch-technischesRahmenkonzept für Wissensmanagement in einem großen, geographisch verteilten Unternehmen.In Kapitel 6 wird nach einer kurzen Vorstellung des Informationssystems Hyperwave evaluiert,welche der Komponenten eines idealen KM-Systems man mit der Produktpalette von Hyperwave umsetztenkann. Kapitel 7 beschreibt sodann zwei Module, die ergänzend zu der vorhandenen Funktionalitätfür das Informationssystem Hyperwave entwickelt wurden.Schließlich wird in Kapitel 8 diese Arbeit zusammengefasst und ein Ausblick auf die weitereBeschäftigung mit Wissensmanagement in großen Konzernen gegeben.


4 KAPITEL 1. EINLEITUNG


I. Untersuchungsbereich


Kapitel 2Begriffsbestimmung2.1 MotivationVom Begriff “Wissen” gibt es in der Literatur eine große Anzahl an Definitionen. Ein Grund dafürist, dass sich sehr viele Diszipline mit dem Wissensbegriff auseinandersetzen. So findet man philosophischeAnsätze in der Erkenntnistheorie oder in fernöstlichen Kulturen. In unserer Gesellschaft wirdvor allem der wirtschaftliche Aspekt von Wissen hervorgehoben und Wissen als Produktionsfaktorgesehen.Je nach Standpunkt der Betrachtungen gilt Wissen als an Personen gebunden oder in Dokumenten,Produkten und Systemen manifestierbar, als Ergebnis des Lernens, als praxisbezogen und handlungsorientiertoder als intuitive Komponente. Auch die starke Kontextabhängigkeit ist ein Grund für dieVielzahl an Definitionen von Wissen. [Rollett 2000]Es werden in diesem Kapitel die für die vorliegende Arbeit relevanten Begriffe bestimmt undtheoretische Modelle sowie KM-Ansätze, die auf große und verteilte Unternehmen Bezug nehmen,vorgestellt. Die hier erarbeiteten theoretischen Betrachtungen dienen als Grundlage für die in dennachfolgenden Kapiteln angestellten Betrachtungen von Wissensmanagement in großen Technologie-Konzernen.2.2 Die hierarchische SichtweiseEine Möglichkeit, “Wissen” zu beschreiben, ist das Aufzeigen der Beziehungen zwischen den Ebenen“Information”, “Daten” und “Zeichen”, wie Abbildung 2.1 in Form einer Pyramide zeigt. Hier wirdsogleich auch die Wertigkeit der Begriffe – Wissen ist höherwertig als Information, Information isthöherwertig als Daten, usw. – vermittelt. [Probst et al. 1999]Grundlage der Betrachtungen sind Zeichen aus einem bestimmten Zeichenvorrat, die, wenn sieeiner bestimmten Syntax folgen, als Daten zu verstehen sind. Ein Empfänger gewinnt nun aus DatenInformationen, wenn er diesen eine Bedeutung zuordnen kann. Erst die Vernetzung von Informationenermöglicht deren Nutzung in einem bestimmten Handlungsfeld, welches als Wissen bezeichnet werdenkann. [Probst et al. 1999]Häufig werden als wichtige Eigenschaft von Wissen Praxisbezug und Handlungsorientierung genannt.Wissen ist also die Fähigkeit, anhand von Informationen qualitativ hochwertige Entscheidungenzu treffen. Als wesentlich ist dabei auch der individuelle Aspekt zu sehen. So wird in der LiteraturWissen unter anderem als Fähigkeit bezeichnet, durch die ein Individuum eine bestimmte – physischeoder auch kognitive – Aufgabe ausführen kann. [Rollett 2000]7


8 KAPITEL 2. BEGRIFFSBESTIMMUNGAbbildung 2.1: Die Ebenen der Begriffshierachie [Probst et al. 1999]Die wohl wichtigste Eigenschaft von Wissen, die in Abschnitt 2.4 und 2.8 detaillierter beschriebenwird, ist jene der Artikulier- und Übertragbarkeit. Diese Definition erlaubt es, dass Wissen inirgendeiner Weise – zum Beispiel durch Niederschrift – festgehalten, dann getrennt vom Wissensträgerals Information weitergegeben und schließlich von anderen Personen internalisiert werdenkann. [Rollett 2000]Der Vollständigkeit halber sei hier noch der Begriff der Weisheit erwähnt, der für den BereichKnowledge Management jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielt. Man spricht von Weisheit, wennein Individuum in der Lage ist, basierend auf seinem Wissen das Muster und dessen Implikationenzu erkennen und zu verstehen. Weisheit entsteht, wenn jemand die grundlegenden Prinzipien, auf diesein Wissen aufsetzt, so erfassen kann, wie sie wirklich sind. Das Entwickeln von Weisheit geschiehtimmer über einen längeren Zeitraum. [Bellinger et al. 2001]Folgendes Beispiel soll die Zusammenhänge zwischen den Begriffshierachien erläutern: Aus denZeichen “0”, “1”, “5”, “$” und “%” werden gemäß der Syntax für Dollarbeträge und Prozentzahlendie Daten “$100” und “5%” gebildet. Ohne einen weiteren Kontext kann der Betrachter mit diesenDaten jedoch nichts anfangen. Weiss man jetzt, dass man auf einem Bankkonto mit einer Einlage vonmindestens $100 eine jährliche Verzinsung von 5% erhält, so wird aus diesen vorerst bedeutungslosenDaten eine Information. [Bellinger et al. 2001]Versteht man nun auch das Prinzip der Kapitalisierung im Bankenwesen, so kann man diese Informationnutzen und das Wissen entwickeln, dass man für eine Kapitaleinlage von $100 nach einem Jahr$5 erhält und dann $105 besitzt. Weiters kann man aus diesem neuen Wissen auch noch schlussfolgern,dass man bei der Einlage eines höheren Betrages mehr Zinsen erhält – dies entspricht jedoch noch nichtdem Begriff der Weisheit, sondern kann als Weiterentwicklung von Wissen gesehen werden. Weisheitschließlich kennzeichnet jenen, der durch Beobachten versteht, dass jeder Vorgang, der dem Verhaltender Kapitalisierung entspricht, charakteristisch für Wachstum ist. [Bellinger et al. 2001]2.3 Informations- und WissensverarbeitungBasierend auf den in Abschnitt 2.2 vorgestellten Begriffen kann nun ein weiterer Versuch einer Erklärungder Zusammenhänge zwischen diesen Begriffen gegeben werden. Abbildung 2.2 zeigt dasWechselspiel zwischen Wissen und Information nach dem Modell von Rainer Kuhlen. [Reif 2000]Ausgangspunkt für diese Betrachtungen ist das Handeln, welches für Prozesse wie dem Denken,dem Bilden von logischen Schlußfolgerungen oder der Kommunikation – also allen Vorgängen,


2.3. INFORMATIONS- UND WISSENSVERARBEITUNG 9Abbildung 2.2: Kreislauf von Wissen und Information [Reif 2000]durch welche ein Individuum Informationen aus der Umgebung aufnimmt – steht. Handeln meint aberauch das Verhalten in problematischen oder unbekannten Situationen, in denen Informationen benötigtwerden – dies entspricht quasi einer Problemlösungskomponente, die jedem Individuum eigen ist.[Reif 2000]Über eine Handlung kann eine Person also Informationen aufnehmen, welche sodann den Kreislaufder Transformation von Information in Wissen und umgekehrt durchlaufen. Im Prozess der Informationsverwaltungwerden die gewonnen Informationen nun für die dauerhafte Speicherung aufbereitet.Der Speicher kann dabei jeder beliebige Wissensspeicher wie zum Beispiel eine Bibliothek, dasmenschliche Gehirn oder ein elektronisches System sein. [Reif 2000]Der Prozess der Informationserarbeitung dagegen gewinnt aus dauerhaft gespeichertem Wissen diefür eine Situation notwendige, handlungsrelevante Information. Damit verbunden ist das Wiederauffinden,das Verstehen und das Interpretieren des gespeicherten Wissens. [Reif 2000]Der Begriff der Wissensverarbeitung läßt sich folgendermaßen definieren: [Reif 2000]“Bei der Wissensverarbeitung handelt es sich um jene Wissenschaft, die sich mit der Beschleunigung,der Rationalisierung und Automatisierung der Transformation von Wissenin Information und umgekehrt befasst. Dabei werden einerseits Informationen aus der Umgebungexzerpiert und als Wissen gespeichert, andererseits werden aus gespeicherten WissenInformationen gewonnen, um sinnvolles Handeln und Entscheiden zu ermöglichen.“Die vier Ebenen der Informations- und WissensverarbeitungEin sehr ungewöhnlicher Zugang zum Thema Wissensmanagement ist der Vergleich eines Unternehmensmit einem biologischen System, also einem komplexen Organismus. [Radermacher 2001]Dieser Gedankengang aus der Systemtheorie erlaubt es, vier Ebenen der Informations- und Wissensverarbeitungzu definieren, wie in Tabelle 2.1) zu sehen ist.EbeneSignalFeaturesKonzepteModelleBeschreibungdirekte Interaktion einer Zelle mit Umgebung, atomare Operationan Signale gekoppelt, Information zur Aktivierung eines ProzessesKlassifizierung von Features, stark komprimierte Informationtheoretische Grundlage der Informations- und WissensverarbeitungTabelle 2.1: Ebenen der Informations- und WissensverarbeitungAuf der untersten Ebene kann der Begriff “Signal” angesiedelt werden. Dieses Signal steht für eine


10 KAPITEL 2. BEGRIFFSBESTIMMUNGdirekte Interaktion einer Zelle mit ihrer Umgebung und kann als atomare, abgeschlossene Operationgesehen werden. In einem Unternehmen meint man damit beispielsweise den Kommunikationsprozesszwischen Mitarbeitern. [Radermacher 2001]Gemeinsam mit den Signalen werden auch sogenannte “Features” übertragen. Diese sind die Eingangsinformationfür die zweite Ebene der Informations- und Wissensverarbeitung und werden dortmittels funktionaler Transformation verarbeitet. Auf ein Feature wird in angemessener Weise – eventuelldurch ein trainiertes neuronales Netz – reagiert und, wenn notwendig, ein Prozess in Bewegunggesetzt. In der Praxis kann dies so aussehen, dass zum Beispiel ein Mitarbeiter von einer beliebigenAbteilung etwas anfordert und dadurch in dem betr<strong>of</strong>fenen Unternehmensbereich einen bestimmtenProzess auslöst. [Radermacher 2001]Wie auf ein Feature nun reagiert wird, ist in der nächsten Ebenen definiert. Hier werden Objekteoder “Konzepte”, die auf Features basieren, anhand von Klassifikationsmerkmalen identifiziert. DieInformation selbst wird auf diesem Level sehr stark komprimiert. Gleichzeitig ist hier eine enormeBeschleunigung der Wissensentwicklung möglich, da es auf dieser Ebene sehr mächtige Mechanismenfür die Wissensverarbeitung – hier sei vor allem die wissenschaftliche Disziplin der künstlichen Intelligenzerwähnt – gibt. Betrachtet man diese Ebene, das “symbolic level”, in einem Unternehmen, someint man damit Konzepte innerhalb der Organisation. So wird beispielsweise beim Anfordern einerbestimmten Leistung von einer Abteilung ein bestimmter Ablauf, welcher bereits entwickelt wurdeoder im Entstehen ist (siehe Abschnitt 2.8), in der Suborganisation ausgelöst. [Radermacher 2001]Schließlich gibt es darüber liegend eine vierte Ebene, die sich mit “theoretischen Modellen” derInformations- und Wissensverarbeitung auseinandersetzt. Hier kommen mathematische oder naturwissenschaftlicheModelle wie auch Instrumente für Optimierung, Statistik, logische und numerischeAnalysis, usw. zum Einsatz, damit reale Probleme beschrieben, analysiert und gelöst werden können.Wie bereits erwähnt zählt hierzu die Artifical Intelligence (AI). Im Falle eines Unternehmes seien hierdie Betriebswirtschaftslehre, Managementtechniken, usw. zu nennen. [Radermacher 2001]Die Idee des Unternehmens als biologischer Organismus wirft in weitere Folge noch einige interessanteAspekte auf, die in Abschnitt 3.7 durch die Beschäftigung mit der Idee der lernenden Organisationbehandelt werden. Es sei in diesem Zusammenhang auch auf das Modell von Wersig [Reif 2000]hingewiesen.2.4 Implizites und explizites WissenEine wichtige Klassifikation von Wissen ist die Einteilung in explizites und implizites Wissen. ExplizitesWissen ist leicht formalisierbar oder bereits kodifiziert, es eignet sich dadurch besonders gut zurErhaltung und Weitergabe. Beispiele dafür sind grammatikalische Aussagen, mathematische Formeln,Spezifikationen oder Handbücher. [Rollett 2000]Implizites Wissen hingegen ist schwerer zu übermitteln. Es wird häufig als verborgenes oderstillschweigendes Wissen, in der Literatur auch als “tacit knowledge” bezeichnet, man meint damitpersönliches, an ein Individuum gebundenens Wissen. Darunter fallen unter anderem ein subjektiverEinblick oder ein subjektives Verständnis eines Themas, eine Intuition oder ein inneres Gefühl. Grundlagefür diese Art des Wissens sind individuelle Erfahrungen, persönliche Vorstellungen, Glauben,Perspektiven, die eigene Weltanschauung, Ideale oder Emotionen. [Rollett 2000]“tacit knowledge” ist nicht oder zumindest nur schwer systematisch zu verarbeiten und zu übermitteln.Man kann zwischen einer technischen und einer kognitiven Dimension des impliziten Wissensunterscheiden. Als technisch kann dabei Know-how, informelle Fähigkeiten und Fertigkeiten – sowohlim handwerklichen als auch im intellektuellen Sinne – gesehen werden, die kognitiven Dimension


2.5. INTELLEKTUELLES KAPITAL 11umfasst stillschweigenden Annahmen wie Intuitionen, Emotionen, die eigene Weltanschauung, usw.[Rollett 2000]Als konkretes Beispiel für implizites Wissen sei hier die Handwerkskunst eines erfahrenen Tischlermeisterszu nennen, die nur über Jahre hinweg an einen Lehrling weitergegeben werden kann.[Rollett 2000]2.5 Intellektuelles Kapital“Das Unternehmen ist der Ort, an dem sich individuelles Wissen und Intelligenz zu kollektiver,kreativer Intelligenz zusammenfindet, fähig unternehmerisch tätig zu werden.”(Jaques Morin)Betrachtet man nun nicht das Wissen eines Individuums, sondern jenes einer Organisation, so wirdhäufig der Begriff “Intellektuelles Kapital” verwendet. Darunter versteht man nicht nur die Summe derWissensbestände der Individuen, man muss auch das Wissen der Organisation, welches zum Beispielin Patenten, in Unternehmensprozessen und Routinen enthalten ist, berücksichtigen. Neben Expertenin Form von Individuen gibt es auch Teams, die über spezielle Fähigkeiten verfügen. Weiters mussauch die Organisationskultur sowie die Beziehung zu Kunden, Lieferanten, Konkurrenten in Betrachtgezogen werden. [Probst et al. 1999]Abbildung 2.3: Aufbau der organisationalen Wissensbasis [Probst et al. 1999]Wie Abbildung 2.3 zeigt, gibt es auch in einer Organisation die Hierachie zwischen Daten, Informationenund Wissen, allerdings sind neben dem Wissensbeständen der Individuen auch die Wissensbasender Teams und die organisationalen Fähigkeiten miteinbezogen. Und ähnlich wie ein Individuumlernfähig ist, kann dies auch auf Ebene der Organisation festgestellt werden, wobei dieses organisationaleLernen zyklisch durch die beteiligten Teams und Personen geschieht. Das intellektuelle Kapitalbefindet sich also in einem ständigen Veränderungsprozess. [Probst et al. 1999]Abschnitt 2.8 geht genauer drauf ein, wie Wissen auf organisationaler Ebene entwickelt werdenkann. Hier werden nochmals kurz die verschiedenen Typen von organisationalem Wissen erläutert:Wie auch bei einer Person wird beim intellektuellem Kapital zwischen impliziten und explizitenWissen differenziert. So kann auch das “tacit knowledge” eines Unternehmens nur schwer mit Worten


12 KAPITEL 2. BEGRIFFSBESTIMMUNGumschrieben werden. Implizites Wissen für eine Organisation ist mit einer aktionsbasierten Fähigkeit,für die es keine Regeln oder Rezepte gibt, zu vergleichen. Hierzu zählen zum Beispiel Fertigkeiten vonTeams, die zwar existieren, die aber nirgendwo manifestiert sind, da sie entweder nicht erkennbar sind,eine Formalisierung zu aufwendig wäre oder einfach nicht notwendig ist. Diese speziellen Fähigkeitenkönnen nur schwer an andere Teams weitergegeben werden, wie Abschnitt 3.7 zeigen wird. [ISS 1998]Explizites Wissen kann leicht formalisiert und deshalb auch kommuniziert oder verteilt werden.Auf Ebene der Organisation wäre das eine Fähigkeit, die auf Regeln oder Objekten basiert. Beispielsweisesei hier das SQE 1 nach ISO 9000 zu erwähnen – hält sich ein Programmierteam daran, so kannman diese Fähigkeit auf Ebene des Teams weiter unterteilen und leicht in Form eines Rezeptes niederschreiben.In dem Fall ist dieses Wissen sogar schon kodifiziert (DIN EN ISO 9001). [ISS 1998]Schließlich gibt es auf organisationaler Ebene noch den Begriff des kulturellen Wissens (“culturalknowledge”). Damit ist eine kognitive und affektive Struktur gemeint, die benutzt wird, um die Realitätwahrzunehmen, zu erklären, zu evaluieren und zu gestalten. Hier herrscht eine starke Abhängigkeit vonFaktoren wie Nationalität, Religion und der Sprache der Mitarbeiter eines Unternehmens. Eine verbaleÄußerung, ein Symbol oder sogar eine Farbe kann beispielsweise in unterschiedlichen Ländern sehrunterschiedlich aufgefasst werden. Gerade in weltweit tätigen Unternehmen kann kulturelles Unwissenzu einem Problem werden, wie Abschnitt 3.3 zeigen wird. [ISS 1998]Diese drei Typen von organisationalem Wissen – implizites, explizites und kulturelles Wissen –sind unabhängig voneinander zu sehen und treten dennoch gemeinsam auf. Je mehr ein Unternehmendies beachtet und die drei Arten des organisationalen Wissens in den Geschäftsprozessen integriert,desto mehr Vorteile kann es daraus gewinnen, wie in Kapitel 4 nachzulesen ist. [ISS 1998]2.6 WissensmanagementDer Begriff “Wissensmanagement” selbst wird sehr <strong>of</strong>t mißbraucht – beispielsweise als Label fürein Produkt zum Zwecke der besseren Vermarktung – und wird von den meisten Menschen immerin Verbindung mit diversen S<strong>of</strong>tware-Lösungen wie Groupware oder Dokumenten-Management-Systemen gebracht. In Wirklichkeit sind diese Produkte jedoch nur Ergebnisse von Knowledge ManagementAnsätzen. Wissensmanagement beschäftigt sich mit der Möglichkeit der Einflussnahme aufdie Ressource “Wissen” in einem Unternehmen. Es dient zur Steigerung der Leistung und der Konkurrenzfähigkeiteiner Organisation und wird dabei durch bestimmte Technologien wie Groupware,Document Management, Anntotationen, usw. unterstützt. Primäres Ziel ist dabei, vorhandenes Wissenbestmöglich nutzbar zu machen. [Rollett 2000]Weiters soll das Wissen von Mitarbeitern und der Organisation durch interne und externe Lernprozesseergänzt werden. Ein nicht ganz unkritisches Ziel ist die Umwandlung von individuellem Wissenin intellektuelles Kapital der Unternehmung – hier muss den Mitarbeitern die Bereitschaft, Wissenzu teilen, als Notwendigkeit vermittelt und auch vom Management vorgelebt werden. Letztendlichsoll Wissensmanagement natürlich auch die Unternehmensstrategie auf existierende Kernkompetenzenund Fähigkeiten transformieren. Alles in allem wird durch den Aufbau und die effektive Nutzungvon intellektuellem Kapital, speziell von Mitarbeiterkompetenzen, Beziehungen zu Kunden und Lieferanten,geistigem Eigentum und Infrastrukturelementen wie Organisation, Prozessen, Systemen undMethoden, die Konkurrenzfähigkeit wesentlich verbessert. [Rollett 2000]Wissensmanagement beschäftigt sich zumindest mit dem Generieren, der Verteilung und der Nutzungvon Wissen. In weiterer Folge sind jedoch noch Maßnahmen der nachfolgenden Dimensionen zuberücksichtigen: [Rollett 2000]1 S<strong>of</strong>tware Qualität Engeneering


2.7. DER PROZESSORIENTIERTE ANSATZ 13• strategische und operative,• planende, steuernde und kontrollierende,• organisatorische und technologische,• kulturelle und mitarbeiterbezogene.Es ist leicht einzusehen, dass die Beschäftigung mit Knowledge Management in einem großenKonzern ein sehr umfangreiches und komplexes Gebiet mit vielen Problembereichen ist. Um einenganzheitlichen Ansatz für Wissensmanagement in einem solchen Unternehmen überhaupt sinnvolldurchführen zu können, muss dieser in kleinere Teilbereiche gegliedert werden. Wie eine solche Unterteilungvorgenommen werden kann, wird im nun folgenden Abschnitt behandelt.2.7 Der prozessorientierte AnsatzProbst et al. haben über mehrere Jahre hinweg reale Problemstellungen in großen Unternehmen, die ausverschiedensten Branchen stammen und wissensorientiert arbeiten, beobachtet, diese dann gruppiertund zu größeren Kategorien zusammengefasst. Nachdem die Beschäftigung mit Knowledge Managementin weltweit ansässigen Konzernen sehr umfangreich ist, erweist sich eine solche Unterteilung desgesamtheitlichen Ansatzes als eine geradezu essentielle Notwendigkeit.Als Resultat dieser Kategorisierung ergaben sich dabei eine Reihe von Aktivitäten (siehe Abbildung2.4), die als die Kernprozesse des Wissensmanagement bezeichnet wurden. Es sind dies dieWissensidentifikation, der Wissenserwerb, die Wissensentwicklung, die Wissens(ver)teilung, die Wissensnutzungund die Wissensbewahrung. Daneben gibt es noch zwei pragmatische Bausteine, überdie das Management Feedback erhält (Wissensbewertung) und intervenieren (Wissensziele) kann.[Probst et al. 1999]Abbildung 2.4: Bausteine des Wissensmanagement [Probst et al. 1999]Wissensidentifikation bezeichnet die Schaffung von interner und externer Transparenz über vorhandenesWissen. Externe Wissensidentifikation bezieht sich hierbei auf die Analyse und Beschreibungdes Wissensumfeldes eines Unternehmens, also zum Beispiel von speziellem Branchenwissen,Wissen von externen Beratern oder anderen auswärtigen Quellen. Die interne Identifikation dient dem


14 KAPITEL 2. BEGRIFFSBESTIMMUNGÜberblick über Daten, Informationen und Fähigkeiten innerhalb der Organisation, um die Mitarbeiterbei der Suche entsprechend zu unterstützen. [Probst et al. 1999]Wissenserwerb beschäftigt sich mit der Frage, welche Fähigkeiten extern erworben werden können.Vor allem in den Beziehungen zu Kunden oder Lieferanten, zu Konkurrenten oder Partnern besteht sehr<strong>of</strong>t ein unausgeschöpftes Potential des Wissenserwerbs. Aber auch durch Rekrutierung neuer Mitarbeiteroder durch Akquisition von einem besonders innovativen Unternehmen kann Know-how eingekauftwerden. [Probst et al. 1999]Wissensentwicklung meint nun die Schaffung neuer Fähigkeiten, neuer Produkte, besserer Ideenund leistungsfähigerer Prozesse. Hier muss geklärt werden, ob neues Wissen nun nach einer “klassischen”Vorgehensweise – beispielsweise in einer Forschungs- oder Entwicklungseinrichtung – oder inallen Bereichen der Organisation quasi als Nebenprodukt entstehen soll. In diesem Baustein geht esunter anderem um den Umgang des Unternehmens mit neuen Ideen und die Nutzung der Kreativitätder Mitarbeiter. [Probst et al. 1999]Wissens(ver)teilung geht auf die Frage ein, wie benötigtes Wissen an den richtigen Ort gebrachtwerden kann. Da vorhandene Informationen und Erfahrungen <strong>of</strong>tmals nur isoliert vorhanden sind, mussgeklärt werden, welcher Mitarbeiter innerhalb der Organisation was in welchen Umfang wissen sollteund wie der Prozess der Wissensverteilung durch ein entsprechendes Tool, persönliche Treffen, usw.unterstützt werden kann. [Probst et al. 1999]Wissensnutzung zielt auf den produktiven Einsatz organisationalen Wissens zum Nutzen des Unternehmensab. Hierzu müssen zuerst bestimmte Barrieren abgebaut werden. Insbesonders muss Wissenbrauchbar aufbereitet sein und den Mitarbeitern die Angst vor Blossstellung eigener Schwächengenommen werden. Dieser Prozess kann als die Implementierungsphase des Wissensmanagement gesehenwerden. [Probst et al. 1999]Wissensbewahrung behandelt die gezielte Bewahrung von Erfahrungen und Informationen, damitTeile des organisationalen Gedächtnisses nicht verloren gehen. Zu den Aufgaben dieses Moduleszählen unter anderem die Sicherung der Informationen, die regelmäßige Aktualisierung derselbenund die effiziente Nutzung verschiedener organsiationaler Speichermedien für Wissen. Dieser Bausteinbehandelt auch das Entlernen, also das bewußte Ausscheiden, von nicht mehr benötigtem Wissen.[Probst et al. 1999]Wissensziele benötigt man nun, um die strategische Ausrichtung des Wissensmanagement sowiebestimmte Zielsetzungen für Interventionsbereiche festzulegen, sie geben den Lernanstrengungen eineRichtung. Normative Wissensziele richten sich dabei auf die Schaffung einer wissensbewußten Unternehmenskultur.Strategische Zielvorgaben definieren das Kernwissen der Organisation und beschreibensomit das künftige Kompetenzfeld. Operative Wissensziele schließlich sorgen für die Umsetzung desWissensmanagement. [Probst et al. 1999]Wissensbewertung stellt Methoden zur Bewertung des Erfolgs der Lernprozesse zur Verfügung.Es wird dabei “gemessen”, ob die formulierten Wissensziele erfolgreich umgesetzt wurden. Weitersbehandelt dieser Prozess Indikatoren für Wissensmanagement und Möglichkeiten der Bilanzierungdes intellektuellen Kapitals. [Probst et al. 1999]Der prozessorientierte Ansatz ermöglicht eine Analyse des IST-Zustands und das Optimieren derWissensprozesse in großen Konzernen besonders gut, da auf diese Weise ein ganzheitlicher Ansatzfür Knowledge Management durchgeführt, die Komplexität desselben aber dennoch durch die Unterteilungin mehrere Bereiche, nämlich in die einzelnen Wissensprozesse, reduziert wird. Aus diesemGrund wird im Gestaltungsbereich (siehe Kapitel 5) bei der Erarbeitung von Anforderungen an Wissensmanagementin großen und verteilten Unternehmen auch der prozessorientierte Ansatz verwendet.Der nächste Abschnitt befasst sich nun mit einem sehr wichtigen Wissensprozess, nämlich jenemder Wissensentwicklung. Es werden nun theoretische Grundlagen zum individuellen, aber auch bereits


2.8. DIE SPIRALE DER WISSENSSCHAFFUNG 15zum organisationalem Lernen erläutert. Abschnitt 3.7 geht dann genauer auf das Thema “LernendeUnternehmen” ein.2.8 Die Spirale der WissensschaffungDer sehr bekannte Knowledge Management Ansatz von Nonaka und Takeuchi, der sich in erster Liniemit der Wissensentwicklung beschäftigt, baut auf der Unterscheidung zwischen explizitem undimplizitem Wissen (siehe Abschnitt 2.4) auf. Demnach wird Wissen nur von einer Person und nichtvon einer Organisation geschaffen. Wissensschaffung in einer Organisation muss daher als ein Prozessder Verankerung individuellen Wissens im Wissensnetzwerk der Unternehmung verstanden werden.[Laskowski 2001]Abbildung 2.5: Formen der Wissensumwandlung [Laskowski 2001]Neues Wissen entsteht nach Nonaka und Takeuchi durch Umwandlung bzw. Interaktion zwischenimplizitem und explizitem Wissen. Die vier möglichen Prozesse (siehe Abbildung 2.5) heißen Sozialisation,Externalisation, Kombination und Internalisation. [Laskowski 2001]Im Sozialisationsprozess wird implizites Wissen ohne den Umweg über explizites Wissen vermittelt,es werden quasi Erfahrungen ausgetauscht. Dabei kommt es zu einem Transfer gemeinsamermentaler Modelle und Techniken, die nur schwer beschrieben werden können. Nur durch gemeinsamesErfahren, Erklären, Üben und Nachahmen können diese impliziten Fähigkeiten aufgebaut werden. Soeignet sich zum Beispiel ein Handwerker während seiner Lehrjahre durch Beobachtung, Imitation undÜbung viele Fertigkeiten an. Auf diese Art erworbendes Wissen wird als “sympathized knowledge”bezeichnet. [Laskowski 2001]Bei der Externalisierung wird versucht, implizites Wissen mit Hilfe von Metaphern, Analogien,Konzepten, Hypothesen oder Modellen in Sprache zu fassen und damit in explizites Wissen zu wandeln.Man spricht dann von begrifflichem Wissen (“conceptual knowledge”). Hilfsmittel wie Metaphern,Analogien, usw. sind jedoch in den meisten Fällen nicht eindeutig und logisch, sodass sie imGrunde nur für den Wissensträger selbst Sinn machen. Dennoch können diese Methoden als eine ersteMöglichkeit der Externalisierung von implizitem Wissen gesehen werden. [Laskowski 2001]Durch Internalisierung wird explizites Wissen in den Erfahrungsschatz des Individuums aufgenommen,das später ohne Notwendigkeit der formalisierten Darstellung verwendet werden kann. Dies


16 KAPITEL 2. BEGRIFFSBESTIMMUNGkann durch gemeinsame Übung und Erfahrung passieren, indem neu erarbeitet Konzepte s<strong>of</strong>ort in derPraxis probiert werden (“learning by doing”) oder aber indem man sie in Dokumenten, Handbüchernoder mündlich überlieferten Rezepten festhält. [Laskowski 2001]Mit Kombination ist die Gewinnung von neuem expliziten Wissen aus bereits vorhandenem gemeint.Das neue Wissen kann beispielsweise aus Dokumenten, Aufzeichnungen, Datenbanken oderaus anderen Informationssystemen gewonnen werden, indem die gegebene Daten neu sortiert oder kategorisiertwerden. Dieser Prozess ist wohl das meistpraktizierteste Verfahren zur Wissensumwandlungund entspricht dem klassischen Informationsmanagement. Die anderen drei Formen bleiben in vielenUnternehmen <strong>of</strong>t ungenutzt. [Laskowski 2001]Abbildung 2.6: Spirale der Wissensschaffung [Laskowski 2001]Diese vier Wissensumwandlungsprozesse sind zunächst vor allem soziale Prozesse zwischen Individuen.Die Entwicklung des Wissens auf organisationaler Ebene kommt dadurch zustande, dass sicheine Wissensspirale bildet, die sich von der Ebene des Individuums immer weiter Richtung organisationaleEbene verstärkt (siehe Abbildung 2.6). [Laskowski 2001]In einem großen und verteilten Konzern kann diese Spirale der Wissensschaffung allerdings umfolgende Aspekte ergänzt werden: So wird das Wissen zwar ebenfalls von Individuen über Teamsinnerhalb einer Abteilung bzw. einer Betriebsstätte durch Kombinations- und Sozialisierungsprozesseverteilt und weiterentwickelt. Allerdings muss das Wissen nun auch örtliche Barrieren überwinden,damit es sich innerhalb des Konzerns etablieren bzw. auch mit Stakeholdern (Kunden, Lieferanten,usw.) weiterentwickelt werden kann.Es ist hierbei auch wichtig zu erwähnen, dass das auf individueller Ebene kommunizierte Wissennicht mehr mit dem Wissen, welches in den übergeordneten Bereichen zur Anwendung kommt, gleichgesetztwerden kann. Hier wird das Wissen nämlich auf einem anderen Abstraktionslevel behandelt,dh. es werden nur noch Features oder gar Konzepte (siehe Abschnitt 2.3) verarbeitet.Vorraussetzungen für die WissensschaffungDie Spirale der Wissensschaffung muss jedoch einer bestimmten Intention folgen. In den meistenFällen wird – wie bereits im Prozess “Wissensziele” in Abschnitt 2.7 erläutert wurde – eine Unternehmensstrategieunterstützt. Autonome Mitarbeiter agieren als Teile eines Systems, haben dabei den


2.8. DIE SPIRALE DER WISSENSSCHAFFUNG 17Überblick über die vom Unternehmen verfolgten Intentionen und verfügen über den gleichen Informationsstand.Neues Wissen wird zuerst in der Gruppe diskutiert und findet dort seine Verbreitung.Ausgehend von diesem Team wird das neue Wissen in das Wissensnetz des Unternehmens verankert.Das Unternehmen erlangt dadurch große Flexibilität und die Weitergabe von Wissen wird erleichtert.[Laskowski 2001]Unternehmensintern gibt es nun vier Vorraussetzungen, die zwar teilweise den betriebswirtschaftlichenGrundsätzen widersprechen, aber aus Sicht der Wissensschaffung ideal sind. [Laskowski 2001]Eine Voraussetzung zur Wissensschaffung im Unternehmen ist das Aufbrechen gewohnter Handlungsabläufeund Routinen. Durch die Schaffung künstlicher Krisensituationen und durch ständigeVeränderungen und Fluktuationen können sich Gewohnheiten nicht ausbilden. Die Mitarbeiter im Unternehmenmüssen auf dieses Chaos mit kreativen Neuschöpfungen von Handlungsmustern reagierenund erzeugen somit neues Wissen. [Laskowski 2001]Es ist natürlich nochmals anzumerken, dass solch ungewöhnliche Maßnahmen im Widerspruch zuManagement-Grundsätzen stehen. Unternehmensinterne Abläufe sollten in der Regel optimal funktionierenund durch Technologien wie Workflow-Systemen unterstützt werden. Das Aufbrechen von gewohntenProzessen ist dennoch ein interessanter Ansatz, um die Kreativität der Mitarbeiter zu fördern.Unterstützend wirkt auch eine Mehrdeutigkeit der Unternehmensstrategien und Visionen, was einemehrdeutige Auslegung dieser Strategien und eine Verstärkung der Effekte des kreativen Chaos erreicht.Gerade dieser Aspekt ergibt aus der Sicht der Betriebswirtschaftslehre wenig Sinn und sollte alsGrundsatz für eine unternehmensinterne Regel in einer forschungsintensiven Abteilung gesehen werden.Nach außen hin muss die Strategie einer Organisation natürlich klar definiert und verfolgt werden.[Laskowski 2001]Als dritte Voraussetzung werden von Nonaka und Takeuchi Redundanzen genannt. Dabei verstehensie unter Redundanzen nicht eine Verdopplung oder Verschwendung von Wissen, was zu einerÜberlastung der Mitarbeiter führen würde, sondern sie sehen in Redundanzen eine Überlappung derGeschäftsbereiche, was wiederum aus betriebswirtschaftlicher Sicht wenig Sinn ergibt. Dennoch sollenMitarbeiter über den Tellerrand ihrer eigenen Abteilung hinaussehen können. Dies kann nur danngeschehen, wenn die Aufgabenbereiche sich überschneiden. Eine Möglichkeit zur Bildung redundanterInformationen ist eine unklare Aufgabenverteilung zwischen den Abteilungen, genauso könnte mandieses Problem durch konkurrierende Gruppen lösen, die an ein und derselben Aufgabenstellung arbeiten.Oder aber man setzt auf gezielte Personalrotation, die Einsichtnahme in andere Abteilungen undVerständnis für Aufgaben von anderen Mitarbeitern mit sich bringt. In diesem Zusammenhang kommtder Schaffung und dem Besitz von Informationen eine sehr große Bedeutung zu. [Laskowski 2001]Schließlich muss klar ersichtlich sein, wo im Unternehmen Informationen zugänglich sind und woman sie speichern kann. Um sich mit der Komplexität eines oder mehrerer Fachgebiete auseinandersetzenzu können, müssen in einer Organisation Abteilungen für Teilbereiche geschaffen werden. Esbilden sich auf diese Weise lokale Spezialisten aus, die über ein gemeinsames Informationsnetzwerkvernetzt sind und dort gleichberechtigt Informationen beziehen und abstellen, wie auch die Idee deslernenden Unternehmens in Abschnitt 3.7 noch zeigen wird. [Laskowski 2001]Sind diese vier Voraussetzungen erfüllt, so wird der Prozess der Wissensschaffung optimal unterstützt.Wie dieser in dem hier betrachteten Modell aussieht, ist nachfolgend erklärt.Phasen der WissensschaffungNach Nonaka und Takeuchi gibt es für die Wissensschaffung in einem Unternehmen fünf Phasen:[Laskowski 2001]1. Teilen von impliziten Wissen


18 KAPITEL 2. BEGRIFFSBESTIMMUNG2. Erarbeiten von Konzepten3. Evaluieren dieser Konzepte4. Erstellen eines Archetypen5. Verteilen des neuen WissensUm zunächst den Austausch impliziten Wissens zu gewährleisten, müssen Unternehmen Bedingungenschaffen, unter denen sich Mitarbeiter unter vier Augen treffen können. Dadurch werden Erfahrungenund mentale Modelle ausgetauscht und andere Sichtweisen bekannt. [Laskowski 2001]Kommen die Mitarbeiter dann in die Projektteams zurück, können sie die neuen Sichtweisen dorteinfließen lassen. Das Projektteam muss nun versuchen, dieses implizite Wissen in Formen zu gießen.Dabei bedient man sich Metaphern, Analogien oder bildlicher Sprache. Eine <strong>of</strong>fene Diskussion mussdabei immer möglich sein. [Laskowski 2001]Die von den Projektteams geschaffenen Konzepte und Formen sind jedoch nicht für jedermannverständlich. Daher müssen diese Konzepte erklärt werden. Diese Erklärungen finden in einem Prozessder Abklärung statt. Das bedeutet, die Konzepte der Projektteams werden mit explizitem Wissenverglichen (z.B. Kostenrechnung, Gewinnspanne, Unternehmenswachstum usw.) und ihre Realisierungsmöglichkeitenabgeschätzt. In einem Unternehmen gehen diese Erklärungen und Abklärungen inerster Linie von der Unternehmensführung aus. Dabei wird untersucht, wie sehr diese Konzepte in diebestehende Unternehmensstrategie passen. [Laskowski 2001]Als nächste Phase müssen die auf dem Reisbrett bestehenden Konzepte in sogenannte Archetypenumgesetzt werden. Damit ist nichts anderes gemeint, als die Erzeugung eines Prototypen oder dasAusprobieren eines Operationsmodells. [Laskowski 2001]In einer letzten Phase werden Informationen über den bestehenden Archetypen gesammelt undausgetauscht. Hierarchiefreie Kommunikation und unbeschränkter Zugang zu allen Informationen sindhier die Voraussetzungen. [Laskowski 2001]2.9 ZusammenfassungMit der zunehmenden Globalisierung ist es für ein großes und geographisch verteiltes Unternehmenessentiell, dass der Produktionsfaktor Wissen besser genutzt werden muss, um in Zukunft wettbewerbsfähigbleiben zu können.Dabei muss Wissen für ein derartiges Unternehmen stets im Zusammenhang mit Praxisbezug undHandlungsorientiertheit gesehen werden, dh. es müssen neben den hier vorgestellten grundlegendenAspekten wie Daten, Informationen und Wissen auch ein bestimmter Anwendungsbezug, ein gewissesMaß an Willen und das richtige Handeln berücksichtigt werden. Im Sinne des Modells von RainerKuhlen muss es in einem großen Unternehmen zum steten Wechselspiel zwischen Informationsverwaltungund Informationsverarbeitung kommen, wobei das so erhaltene Wissen konserviert und diegewonnenen Informationen für das Unternehmen vorteilhaft eingesetzt werden sollten.Aus Sicht eines weltweit tätigen Unternehmens sind neben dem Wissen der Mitarbeiter auch dieFähigkeiten der Teams und jene der Organisation wichtig. Die Aufgabe von Knowledge Managementin einem solchen Unternehmen besteht zum einen im Erfassen und Erweitern der individuellen Wissensbestände,damit Mitarbeiter ihre Arbeit effizient ausüben können. Zum anderen behandelt Wissensmanagementdie Kompetenzen der Teams und natürlich die organisationalen Fähigkeiten. Entscheidendist hierbei, dass die Teams sowie die Abteilungen bestimmte Aufgaben im Sinne der vorgegebenenZiele bewältigen können.


2.9. ZUSAMMENFASSUNG 19Eine nicht ganz unwesentliche Aufgabe von Knowledge Management ist das Sensibilisieren derMitarbeiter für die Wissensteilung und das Beseitigen von individuellen und organisationalen Wissensbarrieren,die in einem großen, verteilten Unternehmen aufgrund unterschiedlicher Sprachen, Nationalitätenoder Kulturen stärker ausgeprägt sein können (siehe Abschnitt 3.3). Zudem muss in einemweltweit ansässigen Konzern auch die geographische Verteilung der Betriebsstätten (siehe Abschnitt3.8) aus KM-Sicht entsprechend berücksichtigt werden.Der Autor der vorliegenden Arbeit ist der Meinung, dass eine Beschäftigung mit KnowledgeManagement in einem großen und geographisch verteilten Unternehmen idealerweise mit demprozessorientierten Ansatz möglich ist. Mit den sogenannten Bausteinen des Wissensmanagement[Probst et al. 1999] ist eine Analyse des status quo einfacher als mit einem ganzheitlichen Ansatzdurchzuführen und es können Verbesserungen in einzelnen Wissensprozessen anhand von Fallstudienoder theoretischen Überlegungen erarbeitet werden, wie Kapitel 5 des Gestaltungsbereichs nochaufzeigen wird.Schließlich ist gerade für große Konzerne der Prozess der Wissensschaffung essentiell, damit Innovationenrund um Produkte bzw. die künftige Kernkompetenzen entwickelt werden können. Wie neuesWissen durch ein Individuum, ein Team oder ein Unternehmen generiert, evaluiert und verteilt werdenkann, wurde in Abschnitt 2.8 dieses Kapitels gezeigt. Auf den Aspekt der Lernfähigkeit eines Unternehmenswird im nächsten Kapitel in Abschnitt 3.7 sowie bei den Fallstudien genauer eingegangen.Im nächsten Kapitel werden nun die Problembereiche des Wissensmanagements allgemein undspeziell unter dem Aspekt eines großen, geographisch verteilten Unternehmens beleuchtet.


20 KAPITEL 2. BEGRIFFSBESTIMMUNG


Kapitel 3Problembereiche desWissensmanagements3.1 MotivationDie Beschäftigung mit Knowledge Management in einem Unternehmen wirft in der Regel zahlreicheProbleme auf, die es zu bewältigen gilt. Insbesonders in einem großen und verteilten Technologie-Konzern ergeben sich zusätzlich zu den gängigen Hürden des Wissensmanagements noch spezielleProbleme, die beispielsweise aufgrund der geographischen Verteilung oder der Präsenz in mehrerenLändern auftreten können.Dieses Kapitel geht auf bekannte Problembereiche von Knowledge Management ein und erweitertdiese Betrachtungen um Aspekte für große, verteilte Unternehmen. Hierzu wird in Abschnitt 3.2eine Umfrage der Dr. Reinhold Hagen Stiftung zum Thema “Wissensmanagement in Unternehmen”betrachtet und negative Aspekte in den Organisationen analysiert.Als erster Bereich werden Wissensbarrieren (siehe Abschnitt 3.3) und die erfolgreiche Bewältigungderselben behandelt. Ein weiterer wichtiger Aspekt von Knowledge Management ist der Einsatz vonInformationstechnologie, welcher in Abschnitt 3.4 beleuchtet wird.Daran anschließend wird in Abschnitt 3.5 auf den Problembereich der Informationsflut, welchedurch die immer größer werdende Bedeutung von unternehmensinternen Intranetsystemen und durchdie vermehrte Nutzung des Internets stetig zunimmt, eingegangen. Abschnitt 3.6 erläutert sodann denBegriff der Informationsqualität und beschreibt die Probleme rund um diese Thematik.Schließlich folgen in Abschnitt 3.7 theoretische Betrachtungen zur Lernfähigkeit von Unternehmenund in Abschnitt 3.8 Überlegungen zur geographischen Verteilung von Teams und Organisationen.3.2 Umfrage: Wissensmanagement in UnternehmenIm Rahmen des Projektes SENEKA 1 wurde im Frühjahr 2000 unter international agierenden Unternehmeneine Umfrage zum Thema “Wissensmanagement im Unternehmen” gestartet, die folgendeResultate lieferte: [Hagen 2000]• etwa 50% der befragten Unternehmen haben sich bereits mit Wissensmanagement auseinandergesetzt1 Service-Netzwerke für Aus- und Weiterbildung und Innovationsprozesse21


22 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTS• die Bereiche Forschung und Entwicklung (94%), Qualitätsmanagement (82%) und Benchmarking(80%) sind für eine Beschäftigung mit Knowledge Management interessanter als zumBeispiel Fertigung (61%), Einkauf (53%) oder betriebsinterne Berichterstattung und bilanzielleGeschäftswertedarstellung (51%)• Förderung durch das Top-Management, Schaffung einer wissensfreundlichen Unternehmenskultursowie Mitarbeitermotivation und -qualifikation werden als wesentliche Maßnahmen für dieEinführung und Umsetzung von Wissensmanagement gesehen• bei 76% der befragten Unternehmen sind keine Maßnahmen zur Optimierung von KnowledgeManagement Prozessen geplant• für 59% fehlt die Zeit zum Erarbeiten verbesserter Prozesse• nur 16% der Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern Anreize zur Wissensteilung wie etwa Prämienoder eine günstige Organisationsstruktur• als wichtigste interne Wissensquellen sind Protokolle und Teamsitzungen (86%), Reklamationenund Beschwerden, die interne Datenbank (je 76%) und das Intranet (69%) genannt• der Nutzungsgrad dieser Quellen wird jedoch durchgehend als sehr niedrig eingeschätzt• relevante externe Wissensquellen sind demnach Fachliteratur (88%), Erfahrungsaustausch aufKongressen (84%) und virtuelle Communities im Internet (82%)• bezüglich der Organisationsstrukturen gibt es bei der Hälfte der befragten Unternehmen bereichsübergreifendeArbeitsgruppen, flache Hierachien und somit schneller vertikaler Informationsflußund regelmäßige Teamsitzungen• nur 14% gaben an, dass ein kommunikationsförderndes Arbeitsfeld geschaffen wurde• als Hindernisse für die Transparentmachung von internen Wissen werden starre Hierachien undAbteilungsdenken, zu geringe Kommunikation, fehlende Zeit, zu geringe Größe der Organisationsowie Nutzung von Informationen zum eigenen Interessen gesehen• als wichtigste Medien zur Wissensverteilung wurden Papier, informelle Kommunikation, formelleKommunikationsstruktur, Groupware-Systeme, Customer-Management-Systeme, Dokumentenverwaltungssysteme,E-Mail, Teambesprechungen und das Intranet genannt• die Bereitschaft zur Wissensteilung im eigenen Unternehmen wird von 15% als hoch, von 33%als eher hoch, von 27% als mittel, von 21% als eher niedrig und nur von einem vernachlässigbarenTeil als niedrig eingeschätzt• Organisation und Standardisierung von Wissensbeschaffung und -integration werden hingegenmit 18% niedrig, 48% eher niedrig und 24% extrem negativ beurteilt• für 92% der befragten Unternehmen gibt es keine Messgrößen für die Bewertung von Maßnahmendes Wissensmanagements• laut Umfrage sind die grössten Hemmnisse für die erfolgreiche Umsetzung von KnowledgeManagement Wissensegoismus (73%), abgegrenztes Führungsverhalten (53%) und Informationsüberangebot(51%)


3.3. ABBAU VON WISSENSBARRIEREN 23Ergänzend sei zu erwähnen, dass 73% der Teilnehmer an dieser Umfrage aus dem Managementstammt. Die befragten Unternehmen stammen zu je 41% aus der Industrie und dem Dienstleistungsbereich.Schließlich wurde auch nach der Mitarbeiterzahl im Jahr 1999 gefragt, die von 10% mit mehr als5000, von 14% mit 501 bis 1000, von 18% mit 251 bis 500 und von 8% mit weniger als 250 beziffertwurde. [Hagen 2000]Diese Umfrage zeigt, dass sich die Unternehmen mit Wissensmanagement durchaus auseinanderzusetzenscheinen und dieses Thema eindeutig als Chefsache identifiziert ist. Allerdings fälltdie Beschäftigung mit Knowledge Management <strong>of</strong>t zu gering aus oder aber Wissensmanagement-Initiativen werden nicht erfolgreich umgesetzt, was mit begrenzten Ressourcen wie Zeit oder finanziellenMittel erklärt wird. Wichtige interne oder externe Wissensquellen werden aus verschiedenstenGründen nicht ausreichend oder gar nicht genutzt, Wissensteilung wird innerhalb des Unternehmensnicht ausreichend gefördert oder geschieht aufgrund von fehlenden Standards zu ineffizient.Für große und verteilte Unternehmen sind laut dieser Umfrage vor allem die Überlegungen zur Organisationsstrukturinteressant. So gibt es zumindest bei der Hälfte der befragten Unternehmen zumindestbereichsübergreifende Arbeitsgruppen, flache Hierachien und somit einen schnelleren vertikalenInformationsfluß. Welche Organisationsstrukturen für große Konzerne besonders geeignet sein, wirdin Abschnitt 3.7 gezeigt. Der nun folgende Abschnitt geht auf den Bereich der Wissensbarrieren ein,welche in dieser Umfrage ebenfalls als Hindernisse bei der Wissensteilung erkannt wurden.3.3 Abbau von WissensbarrierenIndustrie- wie auch Dienstleistungsunternehmen müssen sich mit der Ressource Wissen, dem sogenanntenstillen Produktionsfaktor, verstärkt auseinandersetzen, wollen sie Innovationen hervorbringenund in Zukunft erfolgreich am Markt bestehen. Die moderne und komplexe Umgebung, in der wirheutzutage leben, lässt auch die Produkte und Prozesse immer komplizierter und umfangreicher werden.Darum wird es für alle Organisationen und natürlich auch für Individuen immer wichtiger, dasssie Neuerungen schnell aufnehmen und diese anwenden können. Diese Art der Anpassungsfähigkeitentscheidet nämlich <strong>of</strong>t über Erfolg und Misserfolg und muss auf jeden Fall gelenkt, also gemanagt,werden. [Lugger et al. 2001]Es ist allerdings eine nahezu unmögliche Aufgabe – wie bereits in Kapitel 2 erwähnt wurde –,den Begriff Wissenmanagement so zu formulieren, dass allgemeiner Konsens darüber herrscht. Dieunterschiedlichen Definitionen begründen sich auf verschiedenen akademischen Disziplinen wie Betriebswirtschaftslehre,Psychologie, Informationswissenschaft, usw., von denen man sich der Thematiknähert. Im allgemeinen kann man jedoch zwischen technisch orientiertem und auf dem Menschbezogenes Wissensmanagement unterscheiden. Sehr <strong>of</strong>t wird diese letzte Komponente, die eigentlichim Mittelpunkt stehen sollte, übersehen und man eifert einer technischen Lösung entgegen.[Lugger et al. 2001]Wesentlich für ein erfolgreiches Wissensmanagement ist jedoch gerade diese “human oriented”Perspektive, die zum einen die Mitarbeiter zur Wissensteilung motivieren, zum anderen Weiterbildungund Lernen fördern soll. Und natürlich soll die Informationstechnologie Wissensmanagementunterstützen und optimale Bedingungen zum Sammeln, Speichern, Aufbereiten, Verteilen,Nutzen und Aktualisieren von Informationen schaffen, wie in Abschnitt 3.4 genauer erläutert wird.Vorerst wird jedoch auf den “human oriented” Ansatz von Knowledge Management eingegangen.[Lugger et al. 2001]


24 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSWissensverteilungDas implizite Wissen (tacit knowledge) gilt ja als an Personen gebundenes Wissen (siehe Abschnitt2.4). Geht es nun um das Aufbereiten, Speichern und Abrufen von Daten, so hat dies noch nichts mitWissensmanagement zu tun, sondern fällt mehr in die Kategorie Daten- und Informationsmanagement.Wie kann man nun aber Wissen und hier vor allem implizites Wissen transferieren? Die Antwort aufdiese Frage ist ernüchternd: Im Grunde kann implizites Wissen nicht übertragen werden, denn derSender und der Empfänger müssten die gleiche Weltanschauung und eine identische Wissensbasishaben. Allerdings kann der Austausch von Informationen zwischen Individuen als erster Schritt inRichtung Wissensverteilung gesehen werden. [Lugger et al. 2001]Der Transfer von Wissen ist durch zwei Fakten charakterisiert: Erstens ist immer der unberechenbareFaktor Mensch daran beteiligt. Und zweitens wird der Transfer von Wissen immer durchein Frage-und-Antwort-Spiel durchgeführt. Man könnte dies auch als Beobachten und Imitieren bezeichnen.Der Beginn von Wissenstransfer ist gewöhnlich eine Frage, also eine Beobachtung. Zeitweiseist der Transfer von Wissen sogar das Resultat eines zufälligen, nicht beabsichtigten Ereignisses.[Lugger et al. 2001]Basierend auf den oben genannten zwei Fakten gibt es viele Gründe, warum WissensmanagementProjekte scheitern und wichtige Fragen unbeantwortet bleiben oder gar nicht gestellt werden. Es folgtnun eine erste Unterteilung und eine kurze Auflistung von Wissensbarrieren.Barrieren der WissensverteilungViele der Barrieren basieren auf der Begebenheit, dass am Austausch von Wissen Menschen beteiligtsind. Mißtrauen, Verständnisprobleme, Zurückhaltung oder der Widerwille zu Veränderungen sind nureinige Beispiele dafür, dass der Wissenstransfer schwierig ist. Aufgrund der großen Zahl an bekanntenBarrieren macht es Sinn, diese zu gruppieren und strukturieren. Im Wesentlichen kann man zwischenBarrieren, die von Individuen erzeugt werden, und solchen, die die Arbeitsumgebung verursacht, unterscheiden.[Lugger et al. 2001]Individuelle Barrien im Wissensmanagement gibt es viele. Eine Barriere, die über einen längerenZeitpunkt aufgebaut wird, sind beispielsweise Interessensänderungen von einzelnen Mitarbeiternüber die Jahre hinweg. Denn Mitarbeiter werden meist dort eingesetzt, wo ihre Qualifikationen ambesten zum Einsatz kommen. Dies impliziert zumeist auch, dass das Interesse eines Mitarbeiters fürein Fachgebiet gegeben ist. Ändert sich dieses Interesse nun, wird das zum einen nirgendwo in derOrganisation erfasst und zum anderen steigt der Frust und die Demotivation beim entsprechenden Mitarbeiter.Als weitere Barrieren der Wissensverteilung sind bekannt: Vorurteile, Angst vor Meinung deranderen, Angst vor Kritik, schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit, zuwenig Selbstvertrauen, <strong>of</strong>fensichtlichesFehlen von kommunikativer Fähigkeiten, das Fehlen von Feingefühl im Umgang mitanderen, Angst vor Wissensschmarozern, Angst vor Vorgesetzten, Zeitmangel, generelle Zurückhaltungbei der Investition von Zeit in Knowledge Management, Humorlosigkeit unter den Kollegen, usw.[Lugger et al. 2001]Dazu kommt noch, dass diese Hindernisse individueller Natur durch organisatorische Wissensbarrierenverstärkt werden. Darunter versteht man beispielsweise eine abgeschlossene Unternehmenskultur,strenge Hierachien, übertriebene Bürokratie, langwierige Routinen der Informationssuche ohneausreichende Unterstützung, keine oder ungenügende Verbreitung von wesentlichen Informationen,nicht verfügbare Kontakte, konstanten Zeitdruck, das Durchsetzen von kurzfristigen Lösungen,überholte Abläufe, die nicht abgeändert werden oder fehlendes Verständnis vom Management.[Lugger et al. 2001]In großen und verteilten Unternehmen stehen natürlich organisatorische Wissensbarrieren im Vor-


3.3. ABBAU VON WISSENSBARRIEREN 25dergrund. So kann innerhalb eines Konzerns ein Konkurrenzdenken unter den einzelnen Betriebsstättenentstehen, wenn sich diese zum Beispiel in verchiedenen Ländern befinden. Hierfür verantwortlich sindunter anderem eine unterschiedliche Mentalität der Mitarbeiter oder ein übertriebenes nationales Bewußtsein.Solche kulturellen Differenzen in einem Unternehmen wirken sich natürlich negativ auf dieZusammenarbeit der Bereiche und Abteilungen aus.Bei Abläufen und Projekten, die über mehrere Betriebsstätten verteilt sind, spielt natürlich immerder Aspekt der örtlichen Barrieren eine Rolle. Es ist leicht ersichtlich, dass bei der Kommunikation übereine räumliche Distanz trotz Unterstützung von moderner Kommunikationstechnologie das Vertraueninnerhalb von Teams sinkt. Chatten, Telefonieren oder Besprechungen in Videokonferenzen könnenniemals ein Ersatz dafür sein, dass sich verteilte Teams in regelmässigen Abständen persönlich treffen,damit das Vertrauen untereinander wieder aufgefrischt wird.Auch ein strenger, hierachischer Aufbau der Organisation wirkt sich in Kombination mit bürokratischenProzeduren nachteilig auf wissensbasierte Prozesse aus. Zudem gibt es in großen Unternehmenauch gewisse Machtaspekte unter leitenden Mitarbeitern. Man achtet vermehrt auf die Fehler der anderen,um daraus eventuell Pr<strong>of</strong>it für die eigene Karriere zu schlagen. Wichtige Entscheidungen oderProjekte verzögern sich dadurch sehr <strong>of</strong>t, da durch internes Mobbing Mitarbeiter einfach ausgetauschtwerden oder keiner die Verantwortung übernehmen will.Bedingt durch die eben genannten Barrieren ergeben sich allerdings auch individuelle Wissensbarrieren.Wie erwähnt spielt sehr <strong>of</strong>t die Angst vor Fehlern im eigenen Handeln eine Rolle. Zudemkann auch das Selbstbewußtsein durch die Größe eines Konzerns negativ beeinträchtigt werden. Diestritt vor allem dann ein, wenn ein Mitarbeiter Tätigkeiten außerhalb seines gewohnten Umfeldes – zumBeispiel in einer anderen Abteilung oder gar in einer Betriebsstätte in einem anderen Land – verrichtenmuss.Diese und viele andere individuelle und organisatorische Barrieren haben seit jeher eine große Anzahlan Knowledge Management Projekten vereitelt und werden diese wohl auch in Zukunft scheiternlassen. Aus diesem Grund versucht man diese Barrieren zusammenzufassen und zu kategorisieren.Nachfolgend wird nun eine mögliche Kategorisierung der Barrieren beschrieben.


26 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSBarrierenwürfelDas grundlegende Prinzip der Barrierenmatrix ist die Unterscheidung zwischen individuellen und organisationalenBarrieren des Wissenstransfer. Wie Abbildung 3.1 zeigt, gibt es vier mögliche Konstellationen,um Transferbarrieren zu beschreiben. [Lugger et al. 2001]Abbildung 3.1: Barrierenmatrix [Lugger et al. 2001]Erweitert man diese Matrix um die Dimension Wissensanbieter und Wissenskonsument, so erhältman einen Barrienwürfel, der aus acht Zuständen besteht (siehe Abbildung 3.2). [Lugger et al. 2001]Abbildung 3.2: Barrierenwürfel [Lugger et al. 2001]Aus Sicht der Wissensanbieter sieht die ideale Situation (Würfel 1/1) so aus, dass die Mitarbeiterinnerhalb des Unternehmensnetzwerkes in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich arbeiten und das Teilenvon Erfahrungen und Wissen als zu ihrer alltäglichen Tätigkeit gehörend verstehen. Diese Gruppeder Wissensanbieter akzeptiert auch potentielle Schwächen der Wissenskonsumenten und kann damitumgehen, indem sie Methoden und Techniken für Situationen, in welchen auf Schwächen von anderenMitarbeitern reagiert werden muss, erarbeitet. [Lugger et al. 2001]


3.3. ABBAU VON WISSENSBARRIEREN 27Es ist leicht zu sehen, dass dieser Zustand in einem großen und verteilten Unternehmen nicht ohneentsprechende Maßnahmen erreicht werden kann, wie die Analyse der anderen drei Perspektiven füreinen Wissensanbieter nun zeigen wird.Würfel 1/2 meint die Situation,dass Mitarbeiter eines Unternehmens zwar prinzipell gewillt sind,ihr Wissen zu teilen und weiterzugeben, aber das System – also die Organisation – Barrieren erzeugt.Oft fehlt es an der notwendigen organisationalen Architektur zur Begünstigung von Wissenstransferund der entsprechenden Kommunikation. So erweist es sich für den Wissenstransfer innerhalb einerAbteilung als günstig, Lokalitäten vorzusehen, wo Mitarbeiter ungezwungen zusammentreffen können.[Lugger et al. 2001]In einem großen Konzern reichen diese organisationalen Barrieren von von übertriebener Bürokratiebis hin zur komplizierten Bedienbarkeit des EDV-Systems. Zur Überwindung solcher Hinternissekann das Einrichten eines Sozialraumes in einer Abteilung dienen. Hier können Experten und Wissenskonsumentenaufeinandertreffen und informell kommunizieren. Aus technologischer Sicht wäre geradebei der Verteilung der Betriebsstätten ein Chat-System ideal, um die Wissensverteilung zu fördern.Ganz allgemein können organisationale Barrieren in einem großen, verteilten Konzern durch Kommunikationstechnologieund Groupware Computing Systeme abgebaut werden.In Würfel 1/4 wiederrum überwiegen die individuellen Barrieren. Trotz organisationaler Maßnahmenzur Förderung von Wissenstransfer sträuben sich die Mitarbeiter oder sind unfähig, Wissen anandere weiterzugeben. Entscheidendend in diesem Fall ist, dass die Mitarbeiter aufmerksam daraufwerden, dass der Wissenstransfer auch zum eigenen Vorteil beitragen kann. Dies ist nämlich der Zeitpunkt,wenn die Wissensverteilung akzeptiert und angewendet wird. Hat ein Mitarbeiter beispielsweiseVorteile durch Weitergabe eigener Erfahrungen erzielt, wird er zum abermaligen Wissenstransfer ehergewillt sein. Ein anderes Problem, welches typisch für diese Situation (hohe individuelle, geringe organisationaleBarrieren) ist die Einführung von neuen IT-Systemen im Unternehmen. Typischerweiseversucht das Management mit einem neuen Intranetsystem den Wissenstransfer zu fördern. Auf dereinen Seite könnte eine solche Initiative nun aber daran scheiter, dass die Wissensanbieter kein Interessedaran haben, das neue System zu nutzen, um die Machtverhältnisse zu bewahren. Auf der anderenSeiten kann durch ein solches Unterfangen natürlich auch die Neugierde bei den Mitarbeitern gewecktwerden und bei geschickter Einführung des Systems die unternehmensinterne Wissensteilung angekurbeltwerden. Sicher ist auf jeden Fall, dass der Einsatz von innovativen Technologien nicht immervorteilhaft ist. [Lugger et al. 2001]In einem Konzern, wo individuelle Barrieren durch die große Anzahl an Mitarbeiter und das Aufeinandertreffenunterschiedlicher Nationalitäten, Kulturen oder Religionen stark ausgeprägt sind, helfenunter anderem einheitliche Unternehmenswerte oder aber informelle Treffen, wo Vorurteile abgebautwerden können. Ein weiteres Problem in einem großen Unternehmen ist natürlich der Machtaspekt.So werden interessante KM-Initiativen <strong>of</strong>t behindert, indem ein Mobbing gegen die Verantwortlichenbetrieben oder die Projektleitung ausgetauscht wird, damit die bestehenden Machtverhältnisseaufrecht erhalten. Schließlich ist auch die Einführung eines neuen IT-Systems nicht immer vorteilhaft,wie im letzten Absatz bereits erwähnt wurde. Ein erfolgsversprechender Lösungsweg zu Würfel 1/4lautet: Das Unternehmen muss den Mitarbeitern zeigen, wo die Vorteile der Wissensverteilung liegen,bevor eine entsprechende Initiative gestartet werden kann. Die kann beispielsweise durch den Einsatzvon Wissensmaklern geschehen, die zwischen Wissensanbietern und -konsumenten vermitteln oderselber Wissen einbringen. Natürlich ist es auch notwendig, dass das Management mit gutem Beispielvorangeht, wenn es um die Umsetzung eines Knowledge Management Projekts geht.Der schlechteste Fall von Wissensbarrieren aus Sicht der Wissensanbieter ist mit dem Würfel 1/3in Abbildung 3.2 beschrieben. Diese Konstellation ist gekennzeichnet durch frustrierte Individuen wieauch eine unflexible Organisation. Die organisationellen Barrieren, die im letzten Absatz beschriebensind, werden hier durch die individuellen Barrieren der Informationsanbieter verstärkt. Wissensan-


28 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSbieter fragen sich zum Beispiel, warum jemand im Unternehmen von deren Wissen pr<strong>of</strong>itieren sollte(organisationale Barriere) und sehen nicht ein, warum sie die Früchte ihrere Arbeit weitergeben sollen(individuelle Barriere). Es kann auch sein, dass sie keine Möglichkeit oder keine Zeit finden, ihr Wissenan andere Mitarbeiter weiterzugeben (organisationelle und individuelle Barriere). [Lugger et al. 2001]Anhand dieser Beispiele sieht man auch, dass sich individuelle und organisationelle Barrieren gegenseitigverstärken können. In dieser Sackgasse angelangt versuchen Unternehmen immer wiederdurch Hinzuziehen von Beratern, die Barrieren zu brechen. Natürlich sei hier erwähnt, dass diesesUnterfangen bereits <strong>of</strong>t gescheitert ist, da der Berater als Außenstehender meist keinen ausreichendenZugang zu Unternehmensinterna und damit auch keine Chance auf Verbesserungen an der eben beschriebenenSituation hat. Allerdings kann dieser Ansatz durchaus Erfolg bringen, s<strong>of</strong>ern der Beraterim Unternehmen akzeptiert wird und die Organisation als solches Veränderungsbereitschaft zeigt, alsoselbst eine Verbesserung um den Wissensaustausch unter den Mitarbeitern herbeiführen möchte.[Lugger et al. 2001]Für einen großen, verteilten Konzern beschreibt der Würfel 1/3 die kombinierte Situation der zuletztbehandelten Problembereiche. Entsprechend wird es hier auch organisationale Barrieren wie einestarre Organisationshierachie, übertrieben Bürokratie, usw. sowie individuelle Hindernisse wie Machtdenken,kulturelle Vorurteile, usw. geben. Lösungsansätze für diese Wissensbarrieren sind anhand derÜberlegungen für die Würfel 1/2 und 1/4 zu finden.Ähnlich wie bei den Wissensanbietern kann man auch die vier Würfel bei den Wissenskonsumentenbeschreiben. Würfel 2/1 zeigt wiederrum das Ideal in punkto Barrieren – niedrige organisationalewie auch individuelle Barrieren bezüglich Wissenstransfer. Die Maßnahmen der Organisation ermutigendie ohnedies wissbegierigen Mitarbeiter zum Austausch von Erfahrungen und Wissen. Die kannunter anderem durch einfach bedienbare und zuverlässige Tools zur Informationssuche oder durch eineübersichtliche Struktur der Wissenszentren im Unternehmen geschehen. Neben diesen organisationalenVorraussetzungen zur Wissensteilung herrscht unter den Mitarbeitern Vertrauen, sodass Fragen gestelltund auch beantwortet werden. Nachforschen, Verstehen und das Stellen von Fragen ist ohnedies daswesentliche Charakteristikum von Wissenskonsumenten. Das Motiv der Wissensnutzung ist zumeistpersönliches Interesse, was das Management erkennen und fordern muss, denn aus erfolgreichen Wissenskonsumentengehen mit der Zeit Wissensanbieter hervor. [Lugger et al. 2001]Damit eine solch ideale Situation für das Konsumieren von Wissen in einem großen, verteiltenKonzern möglich ist, müssen entsprechende Maßnahmen getr<strong>of</strong>fen werden, wie die Überlegungen zuden anderen drei Würfel (2/2, 2/4 und 2/3) nun zeigen wird.In Würfel 2/2 fällt zum Beispiel die durchaus bekannte Situation der vergeblichen Informationssuchein einer Organisation. Ob es sich nun um veralterte Datenbankeinträge, um nutzlose Suchresultatedes Intranetsystems oder aber um gekündigte Experten handelt – Erfolglosigkeit bei der Recherche undunbeantwortet Fragen sind eindeutige Anzeichen von organisationalen Barrieren. Auswege aus diesemDilemma führen zumeist über Technologien wie beispielsweise Expertenvermittlungs-Systeme,Document-Management-Syteme, usw. [Lugger et al. 2001]In einem großen, verteilten Unternehmen kann auch ein gewisses Machtdenken an dieser SituationSchuld sein. Ein Vorgesetzter, der die Kommunikation zwischen einem Experten und seinen Mitarbeiternübernimmt und einen direkten Kontakt nicht zulässt, wird dem Wissensfluß nicht gerade anregen.Auch hier können wiederum die Verteilung der Betriebsstätten problematisch für Wissenskonsumentensein. So muss das interne KM-System die Auffindung von Informationen aus allen Bereichen undAbteilungen unterstützen. Gerade einzelne Abteilungen haben aber <strong>of</strong>tmals abgekapselte Informationssysteme.Um organisationale Barrieren aus Sicht von Wissenskonsumenten bewältigen zu können,ist sich der Einsatz von Wissensmaklern ideal. Diese können organisationale Hierachien überbrückenund den Mitarbeitern bei der Suche im Intranet behilflich sein. Auch mit Technologien wie Chat oderVideokonferenz-Systeme lassen sich die hier erwähnten Wissensbarrieren teilweise überwinden.


3.3. ABBAU VON WISSENSBARRIEREN 29Mit Würfel 2/4 ist jene Situation gemeint, in der ein Unternehmen versucht, die Mitarbeiter durchentsprechende Unterstützung und der notwendigen Infrastruktur zur Wissensteilung anzuhalten unddas Konsumieren von Wissen zu fördern, jedoch an den individuellen Barrieren scheitert. Viele KnowledgeManagement Projekte sind durch diese Situation charakterisiert: Es werden enorme finanzielleMittel in teure Datenbanksysteme investiert, im Endeffekt werden diese Systeme jedoch von den Wissenskonsumentennicht akzeptiert. Gründe dafür gibt es viele: So kann es sein, dass die Mitarbeiter zuwenig Zeit haben, um das neue, meist komplexe System ausreichend kennenzulernen. Oder die Mitarbeiterwerden nicht ausreichend in die Entstehung eines solchen Systems involviert und es wird quasiam Benutzer vorbeientwickelt. [Lugger et al. 2001]Mit diesem Punkt ist auch bereits ein Lösungsansatz zu sehen: die Kommunikation innerhalb einerOrganisation muss analysiert und je nach Bedarf unterstützt werden. Wesentlich dabei ist, dass mansich bei Verbesserungsmaßnahmen hinsichtlich Knowledge Management nicht nur auf die Einführungeines Intranetsystems beschränkt, sondern auch die anderen Kommunikationsmedien, die sich vondirekter Kommunikation bis hin zu Mobiltelefonen erstreckt, betrachtet und die vielversprechenstenLösungsansätze realisiert. [Lugger et al. 2001]Individuelle Wissensbarrieren in einem großen Konzern können natürlich von unterschiedlicherHerkunft sein. So kann ein Mitarbeiter aufgrund von Vorurteilen über eine andere Kultur den Wissenskonsumverweigern. Auch ein zu kompliziertes oder schlecht bedienbares IT-System kann sich negativauf die Wissensnutzung auswirken. Kulturellen Barrieren ist am besten durch informelle Treffen entgegenzuwirken,denn so können Vorurteile abgebaut werden. Für die Nutzung eines Systems sind inerster Linie Usability-Grundsätze bei der Entwicklung zu beachten.Schließlich beschreibt Würfel 2/3 wiederum den schlechtesten Fall für Wissenskonsumenten ineinem Unternehmen. Zu den eben genannten organisationalen Barrieren gesellen sich nun auch individuelleBarrieren. So kann die unzureichende Management-Unterstützung bei der Wissensnutzungdurch zu monotone Arbeitsabläufe die Wissensverteilung weiter herabsetzen. Um aus dieser Konstellationausbrechen zu können, müssen auf jeden Fall die – bewussten oder unbewussten – Hemmnissefür die Wissensteilung der Mitarbeiter analysiert und beseitigt werden. Und natürlich muss auch hierdas Management die notwendigen Vorraussetzungen schaffen, damit die Mitarbeiter miteinander kommunizierenund deren Erfahrungen an andere weitergeben. [Lugger et al. 2001]Für einen großen, verteilten Konzern bedeutet diese Situation eine Kombination der zuletzt behandeltenProblembereiche von hohen organisationalen und hohen individuellen Wissensbarrieren.Lösungsansätze für diese Barrieren sind dementsprechend in Würfel 2/2 und 2/4 zu finden.Wissenstransfer ist im wesentlichen durch ein Frage-und-Antwort-Prinzip charakterisiert. Deshalbmuss der unberechenbare, menschliche Faktor unbedingt beachtet werden, damit die hier diskutiertenBarrieren der Wissensverteilung vermieden werden können. Wichtig ist auch, wie bereits beschrieben,das Thema Kommunikation, insbesondere die interne Kommunikation. Des Weiteren kann die Wahldes falschen Kommunikationsmediums zu Problemen führen und Wissensbarrieren erzeugen, wie imnächsten Abschnitt über der Nutzung von Informationstechnologie genauer erläutert wird.FazitIn einem großen und multinationalem Unternehmen kommt es zusätzlich zu individuellen Barrierenvermehrt zu organisationalen Wissensbarrieren. Gegen individuelle Barrieren wie beispielsweisefehlende kommunikative Fähigkeiten, Angst vor Kritik, zuwenig Selbstvertrauen, usw. kann mangrundsätzlich folgende Maßnahmen ergreifen: Eine Verbesserung der Unternehmenskultur kann durchinformelle Treffen erreicht werden, wie die Studie über die Schindler Aufzüge AG in Abschnitt 4.2zeigen wird. Mitarbeiter mit einem sozialen Manko können mittels Workshops entsprechend geschultwerden, wie in Abschnitt 3.7 über individuelles Lernen nachzulesen ist. Zudem ist es wichtig, Anreiz-


30 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSsysteme für das Anbieten, aber auch für das (erfolgreiche) Konsumieren von Wissen zu schaffen, wieeinige Fallstudien in Kapitel 4 belegen.Gerade in großen Konzernen können insbesonders Machtaspekte zum Problem für die Wissensteilungwerden. Vorgesetzte, die Experten nicht direkt vermitteln, sind genauso wie KM-Initiativen, diedurch internes Mobbing und Austausch von Projektleitern behindert werden, schlecht für den internenWissensfluß. Um diese speziellen Problembereiche in den Griff zu bekommen, kann man zum einenWissensmakler einsetzen, wie die Studie über Teltech in Abschnitt 4.3 zeigen wird.Organisationale Wissensbarrieren sind hingegen schwerer zu bewältigen. Es muss auf jeden Falleine Analyse der Problembereiche durchgeführt werden. Auch hier kann eine Verbesserung der Unternehmenskulturzum Erfolg führen. Zum Beispiel können starre Hierachien und übertriebene bürokratischeVorgänge im Unternehmen, wie sie unter anderem in Abschnitt 3.7) beschrieben sind, aufgebrochenund die interne Kommunikation durch Einsatz entsprechender Informationstechnologien wieChat- oder Videokonferenz-Systeme verbessert werden. Natürlich zählt auch der Bereich der Informationsauffindunginnerhalb des Unternehmens zu den organisationalen Barrien, wie im Abschnitt 3.5dieses Kapitels noch gezeigt wird.Speziell problematisch in einem großen Konzern sind kulturelle Differenzen in Bereichen und Betriebsstätten,die sich in unterschiedlichen Ländern befinden. Hier sind unternehmensweit gültige Verhaltensregelnzu definieren, die in Einklang mit den einzelnen Kulturen stehen und dennoch Mitarbeiterunterschiedlicher Nationalitäten als Teil einer Einheit erscheinen lassen. “Corporate identity” heißt derübergeorgnete Fachbereich, mit welchem sich unter anderem die Studie über die Schindler AufzügeAG in Abschnitt 4.2 beschäftigt. Auch durch informelle Veranstaltungen und Informationskanäle wieChat- oder Videokonferenz-Systeme können Vorurteile abgebaut werden, indem sich Mitarbeiter unterschiedlicherKulturen austauschen.Der nun folgende Abschnitt behandelt nun den Aspekt “Informationstechnologie in einem Unternehmen”,welcher <strong>of</strong>tmals als ein Problembereich identifiziert werden kann.3.4 Einsatz von InformationstechnologieManager, Investoren, Consultants, IT-Spezialisten und Kunden erkennen immer mehr das intellektuelleKapital als die wichtigste Anlage eines Unternehmens. Dieses unsichtbare Gut umfasst die Kompetenzender Mitarbeiter, die internen Strukturen der Organisation, welche durch deren Patente, Modelle,Konzepte und Prozesse, ihr administratives System sowie ihre IT-Infrastruktur gegeben sind, und dieexternen Strukturen, die durch das Verhältnis zu Kunden und Zulieferern, die Marke, den Markenname,unternehmensbezogene Vorstellungen und dem guten Ruf gekennzeichnet sind. Diese immateriellenVermögenswerte entscheiden über die künftige Entwicklung eines Unternehmens und solltendaher durch Methoden des Wissensmanagement und durch Informationstechnologie unterstützt werden.[Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]Wie bereits in Abschnitt 2.5 beschrieben wurde, besteht das intellektuelle Kapital der Organisationaus einer kulturellen Komponente, die bereits in Abschnitt 3.3 behandelt wurde, aber auch aus implizitemund explizitem Wissen. Diese zwei Typen von Wissen können wie zwei Seiten einer Münzebetrachtet werden und sind für das gesamte Wissen einer Organisation relevant. [Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]Implizites Wissen (tacit knowledge) ist der Schlüssel zur Umsetzung von Aufgaben, hat also einenstarken Praxisbezug. Dieses eher handlungsorientierte Wissen ist stets an Individuen gebunden. Daherschadet es einem Unternehmen auch, wenn aufgrund von Einsparungsmaßnahmen Mitarbeiter aufgrundeines internen Benchmarking entlässen werden, ohne vorher zu prüfen, welche Wissensquellendadurch verloren gehen. [Probst et al. 1999]


3.4. EINSATZ VON INFORMATIONSTECHNOLOGIE 31Explizites Wissen hingegen definiert die Identität, die Kompetenzen und intellektuelle Vermögenswerteder Organisation losgelöst von den Mitarbeitern. Es ist wichtig zu erwähnen, dass dieser Typ desWissens nur wachsen und sich erhalten kann, wenn es einen reichhaltigen Hintergrund an “tacit knowledge”gibt. Man kann auch beobachten, dass brachliegendes Wissen nicht nur nicht weiter anwächst,sondern mit der Zeit veraltert, ja sogar nutzlos und überflüssig wird. Wissen muss deshalb wie jedermaterielle Vermögensgegenstand produktiv genutzt werden, damit auch in Zukunft eine Rendite inForm von Innovationen und neuen Erkenntnissen erwirtschaftet wird. [Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]Wissensmanagement und InformationstechnologieEs gibt seit jeher eine Diskussion darüber, welche Rolle Informationstechnologie für Knowledge Managementspielen kann. Auf der einen Seite wird Informationstechnologie durchgehend in allen Unternehmengenutzt, was die IT als natürliches Medium für den Fluß von Wissen qualifiziert. Wie bereitsdie Umfrage in Abschnitt 3.2 gezeigt hat, zielen die primären Bestrebungen von Wissensmanagementin einem Unternehmen auf die Einführung eines IT-Systems ab. Andererseits warnen Knowledge ManagementTheoretiker vor dieser Haltung, welche das Management zu starken Investitionen in Informationtechnologie– eventuell noch auf Kosten des Bildungskapitals – verleitet. [Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]Die große Gefahr dieser technologielastigen Strategie ist nämlich, dass Wissen in eine statische,träge Information objektiviert und die Bedeutung des “tacit knowledge” vernachlässigt, ja sogar ignoriertwird. Diese Art des Wissensmanagement, die durch das Motto “Weniger Mensch, mehr IT!”gekennzeichnet werden kann, führt auf kurz oder lang in eine Sackgasse, da ein solches Unternehmenzwar alles in seinem organisatorischem Gedächtnis aufnehmen kann, jedoch nicht mehr genügendIntelligenz besitzt, um irgendetwas damit anfangen zu können. Nicht nur bei Individuen (siehe Abschnitt2.4), auch bei Organisationen ist Handlungsorientiertheit unmittelbar an das implizite Wissengeknüpft, wie in Abschnitt 2.5 gezeigt wurde. [Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]Informationstechnologie kann eingesetzt werden, um die Kommunikation unter den Mitarbeiternzu fördern. Der Einsatz von IT zur Unterstützung von Abläufen im Unternehmen oder zum Zwecke desSammelns und Speicherns von Informationen in Datenbanken oder anderen Repositories sind weitereEinsatzbereiche. Informationssysteme sollten daher im Hinblick auf Knowledge Management Perspektivenneu überdacht und als Ressource für das Teilen von “Best Practices” und das Aufbewahren desintellektuellen Kapitals eines Unternehmens entwickelt werden. [Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]Der beste Weg des Einsatzes von Informationstechnologie ist eine Kombination folgender zweiFaktoren: Auf der einen Seite müssen die Grenzen von Informationstechnologie bewusst gemacht.Denn jedes entwickelte IT-System wird nicht viel bewirken, wenn es nicht von einer globalen, kulturellenÄnderung bezüglich der Wertigkeit von Wissen begleitet wird. Auf der anderen Seite muss dieVerfügbarkeit und Bedienbarkeit des IT-Systems gewährleistet werden, was natürlich positive Auswirkungenauf den Nutzungsgrad desselben mit sich bringt. [Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]Für große, verteilte Unternehmen ist insbesonders der Aspekt der kommunikationsunterstützendenTechnologie interessant. Durch Technologien wie Email, Chat- oder Videokonferenz-Systeme undanderen Groupware-Komponenten kann auf diese Weise die Kommunikation unter Mitarbeitern vonverschiedenen Betriebsstätten ermöglicht werden. Des Weiteren kann man mit einem IT-System unternehmensinterneProzesse, die sich über mehrere Abteilungen und Bereiche erstrecken, automatisierenund optimieren. Schließlich ist auch ein verteiltes organisationales Gedächtnis, welches das gespeicherteWissen aller Suborganisationen berücksichtigt und zugänglich macht, nur durch den Einsatzvon IT sinnvoll realisierbar.


32 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSProzessmanagementEin wesentlicher Aspekt von Wissensmanagement ist jener von der Unterstützung wissensintensiverProzesse. Dieser Ansatz behandelt explizites, formalisierbares Wissen über die Ausführung von Ablaufsequenzen.Konkrete Umsetzungen davon sind Workflow-Systeme, die wissensbasierte Arbeitsabläufeunterstützen. [Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]Existierende Wissensprozesse können bereichert werden, indem Mitarbeiter ihr Verständnis füreinen Arbeitsablauf durch neue Typen von Aufgaben einbringen und so den Arbeitsablauf (Workflow)dynamisch erweitern. Dadurch können die Wissensarbeiter eines Teams zeigen, wie man vomVerknüpfen formalisierter Abläufe mit nicht-formalen Praktiken, die durch direkte Interaktion in derGruppe erzielt werden, pr<strong>of</strong>itieren kann. [Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]Startet man von der anderen Seite und betrachtet den Aspekt des Internalisierens eines Wissensprozess,so kann man argumentieren, dass ein Workflow-System wissensfördernd sein kann, indemman sich in der Wertigkeit auf einen höheren Wissenslevel bewegt: von einem System, das Prozesseausführt, zu einem System, welches über die Prozesse lernt, während sie ausgeführt werden.[Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]Das bedeutet aber auch, dass ein Workflow-System verschiedene Stufen der Erfahrenheit für dieDefinition eines Arbeitsprozesses zulassen muss. Beispielsweise muss eine Suchkomponente grundlegendeFunktionalität für beliebige Benutzer und eine detailierte Suche für erfahrene Anwender bereitstellen.Während Benutzer immer mehr mit dem System vertraut werden, experimentieren sie mitneuen Funktionen und lernen dadurch. Ein solches Workflow-System unterstützt sodann ein freiesWechselspiel zwischen dem Lernen und dem Erzeugen von Wissensprozessen. [Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]Durch den Einsatz von einem Workflow-System kann gerade in einem großen und verteiltenTechnologie-Konzern viel Zeit und Geld gespart werden. Durch das automatisierte Ausführen vonentsprechenden unternehmensinternen Prozessen wird sichergestellt, dass keine wesentlichen Aktionenvergessen oder doppelt ausgeführt werden. Zudem kann man durch die Visualisierung, die einWorkflow-System in der Regel bietet, die Arbeitsabläufe analysieren und optimieren.Das organisatorische GedächtnisSoll ein organisatorisches Gedächtniss (corporate memory) eingesetzt werden, so sind drei Aspekte zubeachten: Erstens ist zu klären, wie das organisatorische Gedächtnis entwickelt werden soll. Zweitensist wesentlich, wie ein “Corporate Memory” in der Praxis genutzt werden soll. Und drittens mussder Entwicklungsprozess von der natürlichen Sprache bis hin zu (ver)teilbaren Wissensdokumentenbetrachtet werden. [Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]Für den Aufbau eines organisatorischen Gedächtnisses gibt es grob die folgenden vier Möglichkeiten:[Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]• Man kann komplett unstrukturiert vorgehen, indem man alle Dokumente sammelt und alle Praktiken,die innerhalb des Unternehmens zur Anwendung kommen, aufzeichnet. Dieser Ansatzbenötigt für die Phase der Konstruktion des Unternehmensgedächtnisses scheinbar nur wenigRessourcen, es werden aber eine Menge irrelevanter Information angehäuft, die später mitgroßem Aufwand gefiltert werden müssen.• Auf der anderen Seite kann man natürlich auch zu Beginn des Aufbaus enorme Aufwendungenin die Entwicklung und hier vor allem in die Struktur des Unternehmensgedächtnisses stecken.Es entstehen dadurch zwar höhere Kosten, dafür bedarf es später einer geringeren Wartung. Dieideale Lösung beim Aufbau eines Corporate Memory liegt vermutlich in der Mitte.


3.4. EINSATZ VON INFORMATIONSTECHNOLOGIE 33• Für Unternehmen mit Wissensarbeitern ist folgende Variante für die Entwicklung des Unternehmensgedächtnissesinteressant: Im laufenden Betrieb können folgende Tätigkeiten durchgeführtwerden: das Aufzeichnen von relevanten Gruppenaktivitäten durch die Nutzung von Hypertext-Repräsentationen, welche die verschiedenen Schritt der Aktivitäten verlinken; das Hervorhebender einzelnen Auswahlmöglichkeiten, die bei jedem Schritt berücksichtigt werden; das Assoziierenvon Aktionen und Entscheidungen mit Rollen und Kompetenzen der involvierten Mitarbeiter.Diese Tätigkeiten können nämlich bereits von den Wissensarbeitern als Nebenproduktihrer Aufgaben erstellt werden, indem wissensintensive Aktivitäten zur Problemlösung oderEntscheidungsfindung aufgezeichnet werden. Schlußendlich müssen diese Aufzeichnungen nurnoch strukturiert werden und man erhält einen Überblick über alle Tätigkeiten im Unternehmen,ohne enorme Ressourcen in das Design eines Unternehmensgedächtnisses stecken zu müssen.• Neben dem Entwickeln eines Corporate Memory kann man natürlich auch von einem bestehenden,vollständigen Knowledge Management Produkt ausgehen, welches bereits in einem anderengroßen Unternehmen zum Einsatz kommt. Man beginnt aber vorerst mit einer Sammlung vonvorhandenen Dokumenten eines Unternehmens – hier gibt es beispielsweise Produktspezifikationen,Benutzerhandbücher, Dokumente mit Problemlösungen, usw. Man muss nun evaluieren,wie aus den gesammelten Dokumenten explizites Wissen abgeleitet werden kann und wie “tacitknowledge” so externalisiert werden kann, dass ein Zusammenhang zur Nutzung der bestehendenDokumente besteht. Das so gewonnenen Wissen kann in Form eines konzepzionellenGraphen repräsentiert werden, welcher die verschiedenen Teile eines Produkts verbindet, dieseTeile mit Eigenschaften verknüpft und die komplexen Bedienungsanleitung eines Produkts inkleinere, leichter verständliche Aktionen unterteilt.Der dritte und letzte Aspekt bezüglich Corporate Memories meint die Einführung eines Systemszum Speichern des intellektuellen Kapitals. Wesentlich dabei ist die Definition der Anforderungen anein entsprechendes IT-System. Auf jeden Fall muss ein geplantes Unternehmensgedächtnis auf derexistierenden IT-Infrastruktur aufbauen und die vorhandenen Ressourcen für die Datenbankadministration,das Dokumentenmanagement und die Geschäftsprozesse unterstützen. Eine Architektur fürein Corporate Memory muss die eben genannten Requirements erfüllen. [Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]Für ein großes und verteiltes Unternehmen hängt es nun davon ab, wie das Unternehmensgedächtnisaufgebaut werden soll. Alle vier hier vorgestellten Möglichkeiten kommen dafür in Frage. In derRegel wird man aus Kostengründen einen Kompromiss zwischen dem Sammeln von Informationenund dem Entwurf des Corporate Memory eingehen. Speziell die Ausarbeitung der wissensintensivenTätigkeiten durch die Mitarbeiter selbst erweist sich als idealer Ansatz, wenn Wissen im laufendenBetrieb entwickelt werden soll, wie die Studie über Rolls-Royce in Abschnitt 4.5 noch zeigen wird.Ein Blick auf erfolgsversprechende KM-Produkte ist natürlich ebenfalls in Betracht zu ziehen, s<strong>of</strong>erndie Anforderungen an ein IT-System klar ferstgelegt wurden und eine kommerzielle Lösung diesengenügt.Im laufenden Betrieb zeigt sich dann, wie sich die anfänglich hohen Investitionen in eine solcheKnowledge Base bezüglich mehrerer Aspekte für ein großes und verteiltes Unternehmen auszahlenkönnen: So kann eine automatische Generation von mehrsprachigen Dokumenten ermöglicht werden,wenn dies für das vorliegende explizite Wissen notwendig ist. Durch die Schaffung eines Wissensraumsfür ein existierendes Produkt wird der Designprozess von neuen Produkten und Innovationenwesentlich beschleunigt. Zudem kann die Einführung einer sprachunabhängigen, semantischen Repräsentationvon Produktwissen den Unternehmenszusammenhalt verstärken. Letzteres ist gerade fürOrganisationen, deren Betriebsstätten über viele Länder und sogar Kontinente verteilt sind, in Hinblickdie Vermeidung von Wissensbarrieren (siehe Abschnitt 3.3) von außerordentlicher Bedeutung.


34 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSFazitWie hier gezeigt wurde, ist der Einsatz von Informationstechnologie nicht immer vorteilhaft. Dies giltnatürlich insbesonders für große und verteilte Unternehmen, wo eine technologielastige Strategie dasWissen, welches ja über viele Betriebsstätten verteilt ist, zu träger Information objektiviert und derPraxisbezug von impliziten Wissen vernachlässigt wird. Hier ist wesentlich, dass nicht das gesamteimplizite Wissen von einem System erfasst und verteilt wird, sondern nur Teile der Wissensbeständeund vor allem die wichtigstens Konzepte. Es müssen immer entsprechende Experten im Unternehmensein, die das vorliegende Wissen – auch wenn es in expliziter Form in einem System gespeichert ist –anwenden können, wie in der Fallstudie über Teltech in Abschnitt 4.3 geschildert wird.Informationstechnologie soll zum einen die direkte Kommunikation unter den Mitarbeitern fördern,was gerade bei einem Unternehmen mit einer Verteilung der Betriebsstätten über viele Länder essentiellist. Des Weiteren ist es natürlich wichtig, dass Wissen in Form von Konzepten mit Verknüpfungzu entsprechenden internen oder externen Experten in Datenbanken und Repositories gesammelt undgespeichert wird, wie die Studie über Teltech (siehe Abschnitt 4.3) zeigen wird.Dennoch muss man sich der Grenzen von Informationstechnologie und der Aufwände für entsprechendeSysteme bewusst sein. Es wird nie gelingen, das gesamte Expertenwissen in einem Repositoryabzubilden. Genauso muss ein System einen bestimmten Grad an Bedienbarkeit und Verfügbarkeitbesitzen, damit es überhaupt verwendet wird. Ein KM-System sollte zudem Überlegungen zurStrukturierung der Wissensbestände sowie zu einer Zugriffskontrolle, welche sensible Daten schützt,berücksichtigen.Ein hochinteressantes Thema für ein großes und verteiltes Unternehmen ist der Aspekt der Unterstützungvon Informationstechnologie in den immer wiederkehrenden Geschäfts- und Wissensprozessen.Gerade hier können mit einem Workflow-System alltägliche Abläufe im Unternehmen wie auchin Projektteams unterstützt und sogar optimiert werden, was unter anderem auch im Gestaltungsbereichbei der Analyse der Wissensprozesse in Kapitel 5 gezeigt wird.Schließlich ist noch zu erwähnen, dass der Aufbau eines organisatorischen Gedächtnis für Konzerne,die wissensbasierte Tätigkeiten durchführen, vorteilhaft ist. Auch hier spielt wieder der Aspektder Nutzbarkeit von Wissen in verteilten Betriebsstätten eine große Rolle, wie die Idee der virtuellenOrganisation in Abschnitt 3.8 noch erläutern wird. Der Aufbau eines solchen “corporate memory”kann nun nach den in diesem Abschnitt gezeigten Ansätzen erfolgen – also entweder durch unstrukturiertesSammeln aller Dokumente und Praktiken, durch Aufzeichnung der Informationen und einementsprechenden Designprozess des organisatorischen Gedächtnisses (siehe hierzu auch die Fallstudieüber Rolls-Royce in Abschnitt 4.5) oder durch die Verwendung eines bestehenden S<strong>of</strong>twareprodukts.Die letzten beiden Ansätze werden im Gestaltungsbereich in Kapitel 6 und 7 ausführlich behandelt.Dort werden KM-Komponenten, die mit dem Hyperwave Informationssystem realisiert wurden, sowieeigenentwickelte Module vorgestellt.Nun folgend wird ein Problembereich behandelt, der erst seit einigen Jahren besteht, nämlich jenerdes Überangebots an Informationen, also der Informationsflut.3.5 Bewältigung der InformationsflutDie zunehmende Spezialisierung der wissenschaftlichen Gebiete lässt die Anzahl an Publikationenstetig steigen. So verdoppelt sich in etwa die Zahl der Publikationen alle 10 bis 15 Jahre.[Krottmaier 1998] Auch in Unternehmen entstehen immer mehr Dokumente mit externalisiertem Wissenaus Projekten oder Geschäftsprozessen. Allein die Innovationen rund um ein Produkt bringen <strong>of</strong>tviele neue Wissensdokumente aus den unterschiedlichsten Fachgebieten hervor, wie die Fallstudie über


3.5. BEWÄLTIGUNG DER INFORMATIONSFLUT 35Rolls-Royce in Abschnitt 4.5 nocht zeigen wird.Als Beispiel für das starke Informationsaufkommen kann auch eine sehr alte wissenschaftlicheDisziplin, nämlich die Mathematik, dienen. Im Jahre 1870 wurden ca. 840 wissenschaftliche mathematischeArbeiten publiziert. 1994 waren es etwa 50.000 Arbeiten. In diesen 124 Jahren verdoppeltesich also die Anzahl der Publikationen ca. alle 20 Jahre. Ein genauerer Blick auf die Zahlen zeigt aber,dass sich die Anzahl nach dem 2. Weltkrieg etwa alle 10 Jahre verdoppelte, die Zahl der Publikationenpro Jahr steigt also nicht linear, sondern exponentiell an. Wenn man daher die Summe der bis jetztpublizierten mathematischen Arbeiten bildet, kommt man auf mehr als 1.000.000 Arbeiten. Durch dasexponentielle Verhalten ist ableitbar, dass die Hälfte davon in den letzten 10 Jahren erschienen ist.[Krottmaier 1998]Der steigenden Zahl an Publikationen wirkt allerdings die Nutzung von Informationstechnologieentgegen. Mit IT-Systemen lassen sich diese Publikationen, die im Grunde nichts anderes als externalisertesWissen darstellen, verwalten und dadurch gezielt nach bestimmten Informationen durchsuchen.In den letzten 10 Jahren immer größerer Beliebtheit erfreute sich dabei das WWW 2 . Im World WideWeb gilt – wie auch in der IT-Infrastruktur eines großen Unternehmens –, dass eine effiziente Nutzungwegen der enormen Anzahl an Dokumenten und deren kontinuierlicher Veränderung und Erweiterungohne die Hilfe von Suchdiensten nicht mehr möglich wäre. [Knögler 1999]In einem großen Konzern bringt bereits die Verteilung von Informationen über mehrere IT-Systemedas Problem mit sich, dass Redundanzen wie beispielsweise das mehrfache Verwalten der gleichenDokumente entstehen. Genauso erhöht die Bereitstellung von mehrsprachigen Dokumenten das Datenaufkommenim Intranet. Hierzu kommt, dass Unternehmen im allgemeinen Wissen aus dem Internetbeziehen und somit auch mit dieser externen Informationsflut konfrontiert sind.Heute verfügbare Suchverfahren und die Aufbereitung der Informationen durchsuchter Dokumentestellen in Teilbereichen hilfreiche Werkzeuge zur Verfügung. Doch mit den gegenwärtigen Methodenund der Zunahme von Dokumenten und Suchmaschinen wird allerdings die dadurch verursachte NetzundServerbelastung künftig andere Anwendungen weitgehend beeinträchtigen. Ein weiteres Problemergibt sich durch das Wachstum und die enorme Dynamik des Web, sodass auch größere Suchdiensteimmer nur einen Bruchteil aller Dokumente erfassen können. Die Dynamik äußert sich durch einenkontinuierlichen Wandel der Dokumente und ihrer Inhalte, durchschnittlich ändert sich ein Dokumentalle 75 Tage. [Knögler 1999]Informationsauffindung und AufbereitungBevor ein Mitarbeiter die Möglichkeit der Suche im Intra- oder Internet hat, müssen Informationenüber die unternehmensrelevante Dokumente erst gesammelt werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten,wie Dokumente in einem IT-System lokalisiert werden, wobei die Grenzen durchaus fließendineinander übergehen und Kombinationen möglich sind.Bei der vollautomatischen Auffindung verfolgt ein Programm ähnlich wie ein Benutzer Hyperlinksauf Web-Seiten bzw. Verzeichnisstrukturen auf diversen Servern. Diese sogenannten Robots oder Spiderverarbeiten vollautomatisch alle gefundenen Dokumente und versuchen, relevante Informationenwie etwa Namen von Autoren, Titel und Schlüsselwörter zu ermitteln. [Knögler 1999]Relevante Informationen können aus Dokumenten extrahiert werden, indem man beispielsweiseSchlüsselwörter durch einen Algorithmus, der Wörter mit geringer relativer Häufigkeit bevorzugt, ermittelt.Gewissen Formatierungen (beispielsweise Überschriften oder Fettdruck) bieten ebenfalls Ansatzpunkte,relevante Beschreibungen zu extrahieren. Auch die Verarbeitung von sogenannten Meta-Tags im Dokument kann zusätzliche Informationen bringen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin,2 World Wide Web oder auch W3


36 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSdie gesamte Volltext-Information zu verarbeiten. [Knögler 1999]Meta-Informationen über Dokumente wie Beschreibung, Kategorien, usw. können natürlich auchvom Benutzer selbst festgelegt werden – beispielsweise indem man gewissen Attribute zwingend eingebenmuss – oder aber redaktionell nachbearbeitet werden. Eine Sonderstellung nehmen Informationssystemeein, die ein integriertes Indizier- und Suchsystem besitzen. Ein Beispiel dafür ist dasHyperwave-Informationssystem (siehe auch Kapitel 6 und Kapitel 7). Hierbei werden die Dokumentebereits beim Einfügen indiziert, so dass die Suchinformationen immer auf dem aktuellsten Stand sind.[Knögler 1999]Für Unternehmen gibt es grundsätzlich die Unterscheidung beim Umgang mit internen und externenInformationen. Im Intranet wird im Normalfall ein IT-System angestrebt, dass Meta-Informationenund auch Änderungen eines Dokuments s<strong>of</strong>ort berücksichtigt. Externe Informationen können nur bedingtaktuell gehalten werden. Vor allem bei der Nutzung des World Wide Web ist man bezüglich derAktualität der Daten zur Gänze auf den Mechanismus der jeweiligen Suchmaschine angewiesen oderaber man verwaltet Verweise auf externe Quellen selber. Letzteres wiederum bedeutet einen zusätzlichenadministrativen Aufwand für ein Unternehmen.Schwachpunkte bei der InformationsauffindungFür den Benutzer eines Wissensspeichers ist wichtig, dass der Suchdienst die Dokumente vollständigund aktuell – zumindest in einem geographischen oder thematischen Teilbereich – zur Verfügung stellt.Im Intranet kann diese Aufgabe durch ein entsprechendes IT-System wahrgenommen werden, wie imGestaltungsbereich in Kapitel 6 anhand des Hyperwave-Informationssystems gezeigt wird. Die Suchdiensteim World Wide Web streben dagegen nur eine teilweise Vollständigkeit an, da selbst die größtenSuchdienst-Betreiber mit enormen technischen Aufwänden nicht alle neuen Dokumente ständig erfassenkönnen. Des Weiteren spielen die Einstiegspunkte für die weitere Linkverfolgung eine zusätzlicheRolle, woraus sich folgern läßt, dass die Vollständigkeit an zentraler Stelle niemals erreicht werdenkann. [Knögler 1999]Dieselben Überlegungen betreffen die Aktualität von bereits indizierten Dokumenten, deren Inhaltesich verändert haben. Ohne ein entsprechendes Document-Management-System werden die Änderungenvon bereits indizierten Dokumenten im World Wide Web oder im Intranet eines Unternehmens garnicht oder erst nach einer bestimmten Zeitspanne berücksichtigt. Wenn das Sammeln der Meta-Datenüber Tage bis Wochen hinweggeht, besteht kaum eine Chance, einen eben erschienenen Artikel zufinden. Ein Lösungsansatz hier wäre das Starten von mehreren Spidern ohne feste Intervalle und dashäufigere Aktualisieren von Dokumenten, die in der Vergangenheit öfters geändert wurden. So kanndie Geschwindigkeit der Informationsaktualisierung dynamisch angepaßt werden. [Knögler 1999]Ein weiteres Problem sind nicht mehr existierende Dokumente, wobei dann die Verweise der Suchergebnisse<strong>of</strong>tmals keine gültige Referenz mehr angeben und die Linkkonsistenz nicht mehr garantiertist. Auch gegen diesen Schwachpunkt gibt es bereits gute Lösungen. Einer davon ist bei oben genanntenHyperwave-Informationssystem bereits inkludiert: Es handelt sich dabei um das Management, undsomit auch die Überprüfung der Links durch das System selbst. [Knögler 1999]Informationssysteme, die oben genannte Probleme berücksichtigen, benötigen natürlich eine entsprechendstärkere Hardware. Ein Nachteil heutiger Suchdienste im Internet ist das vielfache Durchforstendes World Wide Web von vielen Suchrobotern und die dadurch zustandekommende Netzlast.Durch das dauernde Überprüfen der Web-Server werden Unmengen an Daten – eine genaue Auslastungder Netzkapazität ist nicht bekannt – über das Internet geschickt. [Knögler 1999] Genau diesesProblem ergibt sich natürlich auch im Intranet eines großen, geographisch verteilten Unternehmens.Viele Organisationen nutzen dabei ohnedies das Internet, um alle Betriebsstätten an das Intranet anzubinden.


3.5. BEWÄLTIGUNG DER INFORMATIONSFLUT 37Schließlich sei noch das Problem der Qualität und Zuverlässigkeit der Informationen im IntraoderInternet zu nennen. Im Intranet eines Konzern kann eine Evaluierung des Dokumenteninhaltsunter Umständen noch händisch vorgenommen werden, wie die Fallstudie über die Siemens AG inAbschnitt 4.4 zeigt. Im World Wide Web bieten hingegen nur Suchkataloge mit recherchierten Einträgenrudimentäre Ansätze für Bewertungen, da man davon ausgehen kann, dass die aufgenommenenWebseiten zumindest einmal von den Redakteuren überprüft worden sind. [Knögler 1999]Die Angaben über Qualität (siehe Abschnitt 3.6) und Zuverlässigkeit werden mit der raschen Zunahmean Dokumenten im Intra- und Internet immer wichtiger. Die Bewertung des Inhalts kann dabeiunter Mitwirkung der Content-Anbieter oder der Konsumenten durchgeführt werden. Es ist <strong>of</strong>fensichtlich,dass gerade die vollautomatische Informationsauffindung Qualitätsmängel aufweist, da die erhaltenenInformationen im Grunde nicht oder nur rudimentär kontrolliert werden. Ein falsches Schlüsselwortkann hier so gut wie nicht entdeckt werden. Um diese Probleme in den Griff zu bekommen,bedarf es eines intelligenten Bewertungsalgorithmus, was einige Suchdienstbetreiber bereits erkanntund umgesetzt haben. [Knögler 1999]Es ist ersichtlich, dass große Konzerne von den hier erwähnten Problemen besonders stark betr<strong>of</strong>fensind. Das Intranetsystem eines solchen Unternehmens muss sich zum einen um die Verwaltung derunternehmenseigenen Dokumente kümmern, aber auch noch die Konsistenz von Verweise auf externeQuellen gewährleisten. Ohne die Bereitstellung von sogenannten Meta-Daten wäre eine gezielte Suchein den sehr umfangreichen Wissensbeständen eines großen, verteilten Unternehmens kaum realisierbar.Ebenso müssen Hyperlinks auf nicht mehr vorhandene Informationsquellen sowie andere Qualitätseigenschaftenvon Dokumenten ständig überprüft werden.Filtern von InformationenDie Verwendung von Filtermechanismen bietet eine weitere Möglichkeit, um die Anzahl der Suchergebnissedurch Nutzung von zusätzlicher Information zu verringern und somit die Suche effizienterzu gestalten. Es werden nun verschiedene Systeme für das Filtern von Informationen betrachtet. DasFiltern selbst ist durch die immer größer werdenden Menge an Informationen eine kritische Notwendigkeitgeworden. Dies gilt vor allem für Wissensarbeiter, die täglich mit dieser Informationsflut konfrontiertwerden, wenn sie auf unternehmensinterne oder externe Quellen wie das World Wide Webzugreifen müssen.Ein intelligenter, für das Intranet geeigneter Filtermechanismus wäre ein System, in welchem individuellePr<strong>of</strong>ile erstellt werden, die die langfristigen Interessen des Benutzers festhalten. Mit diesenPr<strong>of</strong>ilen kann dann die Bedeutung von Informationen, die aus einer Suche gewonnen werden, gemessenund die Anzahl der gefundenen Dokumente auf die Wesentlichsten beschränkt werden. Ein solchesPr<strong>of</strong>il kann beispielsweise eine sprachlich formulierte Frage in einen gewichteten Graph, der den semantischenInhalt der Abfrage in Bezug auf das Pr<strong>of</strong>il festhält, sein. [Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]Wenn die Abfrage sehr spezifisch ist und eine Menge relevanter Wörter beinhält, kann derInformations-Overhead sehr leicht vermieden werden. Natürlich ist es wichtig, dass diese Pr<strong>of</strong>ileveränderbar sind, also als dynamische Pr<strong>of</strong>ile angesehen werden können, da sich ja zum einen dieInteressen, aber auch die Aufgabenbereiche eines Mitarbeiters ändern können. Auf dieser Weise wäreein entsprechendes IT-System flexibel und kann auf den Kontext und die Bedürfnisse der spezifischenKategorien der Wissensarbeiter reagieren. [Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]Das Erstellen von Benutzerpr<strong>of</strong>ilen kann zusätzlich noch mit konventionelleren Techniken der Informationsauffindungkombiniert werden. So kann man weitere Komponenten zur Informationsfilterungeinsetzen, die einfache Queries absetzen, dafür aber mit größerer Geschwindigkeit ausgeführtwerden. Ein optimales System bietet natürlich eine Suchmöglichkeit für Standardbenutzer und Filtermechanismenfür fortgeschrittene, erfahrene User. Ebenfalls interessant bei der Informationsfilterung


38 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSist das automatische Aktualisieren des Benutzerpr<strong>of</strong>ils bei der Durchführung von Tätigkeiten. Eine solcheKomponente wird Intelligent Agent System genannt und kann beispielsweise in einem Workflow-System zum Einsatz kommen. Diese Agenten lernen und optimieren ihr eigenes Verhalten, indem siedas Verhalten des Benutzers beobachten. [Borgh<strong>of</strong>f et al. 1997]In einem großen und verteilten Konzern gibt es zusätzlich zu diesen Überlegungen noch den Aspektder Ortsabhängigkeit von Informationen. Man kann zum Beispiel mittels Meta-Informationen festhalten,in welcher Betriebsstätte oder in welchem Land ein bestimmtes Dokument überhaupt verwendetwerden darf. Auch das Festlegen der Empfängergruppe kann helfen, dass die Informationsauffindungeffizienter wird.FazitDie Problematik des Informationsüberangebots betrifft große und geographisch verteilte Unternehmengleich in mehrfacher Weise. Zum einen kann das Informationsaufkommen im Intranet eines großenKonzerns sehr rasch stark ansteigen. Zum einen kommt es dadurch, dass Informationen im Normalfallüber mehrere Betriebsstätten verteilt sein können und dort lokal gespeichert werden, <strong>of</strong>t zu unnötigenRedundanzen. Auch das Verwenden von unterschiedlichen Metadatensätzen für einzelne Unternehmensbereicheund das Bereitstellen von mehrsprachigen Dokumenten erhöht das Datenaufkommenerheblich.Somit bestehen die in diesem Abschnitt geschilderten Probleme wie Aktualität von Dokumentenund Meta-Informationen, Linkinkonsistenzen, steigende Netz- und Serverlast, usw. bereits im unternehmensinternenNetz. Die interne Dokumentenverwaltung kann nun aber ganz gut durch Einsatz vonentsprechender Informationstechnologie abgedeckt werden, wie im Gestaltungsbereich im Kapitel 5noch gezeigt wird.Anders verhält es sich bei der Nutzung von externen Informationen, beispielsweise über das WorldWide Web. Hier ist man bei der Suche nach Informationen auf die Anbieter von Suchmaschinen oderandere Dienstleister angewiesen. Wie in diesem Abschnitt beschrieben wurde, kann die Informationsauffindungdurch Meta-Informationen, die entweder automatisch generiert oder vom Benutzer eingegebenwerden, Filtermechanismen oder intelligente Suchstrategien verbessert werden.Für essentielle externe Quellen muss in einem Unternehmen natürlich eine eigene Strategie zurechgelegtwerden. So kann ein entsprechend großer Konzern auf Dienstleister wie Teltech (siehe Abschnitt4.3) setzen, um externen Wissensquellen wie beispielsweise Experten verwalten zu lassen. Oder aberdas Unternehmen stellt eigene Ressourcen zur Verfügung, um externe Quellen zu warten. Schließlichgibt es für einen globalen präsenten Konzern immer noch die Möglichkeit, wichtige externe Wissenträgerwie Experten oder innovative Unternehmen zu erwerben. Zu dem letzten Aspekt gibt es eineneigenen Wissensprozess, der sich ausführlich mit dem Erwerb von Wissen beschäftigt, wie unter anderemauch in Abschnitt 5.3 gezeigt wird.Vorteilhaft für Intra- und Internet ist der Einsatz eines Agents, der lokal ein Pr<strong>of</strong>il mit den Interessenund Aufgabengebieten des Mitarbeiters erstellt und die Suche bzw. die Ergebnisse entsprechend filtert.Natürlich muss ein solches System auf das Intranet wie auch auf externe Wissensspeicher wie demWorld Wide Web abgestimmt sein. Interessant an dieser Idee ist, dass in einem großen und verteiltenUnternehmen ein Agent nicht nur eine IT-Komponenten sein muss, sondern dass diese Funktion auchdurch spezialisierte Mitarbeiter abgedeckt sein kann, wie in der Studie über Teltech (siehe Abschnitt4.3) nachzulesen ist.Ein weiterer Punkt, der in Unternehmen zu beachten ist und bei den Betrachtungen zum ThemaInformationsqualität in Abschnitt 3.6 ebenfalls behandelt wird, ist das Erfassen von wesentlichen Meta-Informationen, um qualitativ hochwertige Dokumente zu schaffen. Dies kann durch die Angabe des


3.6. INFORMATIONSQUALITÄT 39Autors, wie in der Fallstudie über Rolls-Royce in Abschnitt 4.5 nachzulesen ist, oder aber durch eineBewertung der Inhalte von Experten, wie die Studie über die Siemens AG in Abschnitt 4.4 zeigt,geschehen.Durch Einschränkungen des Gütligkeitsbereichs und des Empfängerkreises für Informationen kannman in einem großen Konzern die Wissensauffindung wesentlich effizienter gestalten. Auf diese Weisekönnen Dokumente nur in den definierten Abteilungen bzw. von den festgelegten Personen durch eineSuchabfrage gefunden werden. Realisierbar sind solche Einschränkungen bei Informationen wiederumdurch Meta-Informationen.Es sei hier noch erwähnt, dass es vorteilhaft ist, wenn im Unternehmen entsprechende Wissensfunktionengeschaffen werden. So kann ein Knowledge Broker, wie er auch in den Fallstudien überTeltech bzw. der Siemens AG in Abschnitt 4.3 bzw. 4.4 beschrieben ist, wie eine Suchmaschine bzw.ein Spider im Intra- und Internet für ein bestimmter Fachgebiet fungieren und die Wissenskonsumentenentsprechend unterstützen.Als nächstes wird nun der Problembereich der Informationsqualität behandelt, der in Unternehmengroßen Einfluss auf die rasche Abwicklung von Aufgaben haben kann und der trotz steigenderBedeutung immer noch zuwenig Aufmerksamkeit erhält.3.6 InformationsqualitätSeit einigen Jahren werden Informationen und Wissen als entscheidende Produktionsfaktoren für dieUnternehmen aller Branchen und Größen und als einzig noch verbliebener Vorteil der entwickeltenLänder im globalen Wettbewerb angesehen. Insbesondere gilt dies für große und weltweit tätige Konzerne,bei denen allein das Informationsaufkommen im Intranet ein Problem darstellen kann, wie bereitsim vorherigen Abschnitt dargestellt wurde.Für die Entscheidungen des Managements sind aktuelle, vollständige und relevante Informationendie wichtigste Grundlage. Der Informationsbedarf von Unternehmen steigt in komplexen und dynamischenWettbewerbsumwelten und durch gesellschaftliche Veränderungen ständig an, die Zeit für einePrüfung und Auswertung von Information wird immer kürzer. Für Unternehmen wird es immer wichtiger,sich mit der Qualität bzw. mit der Zuverlässigkeit von Informationen zu beschäftigen, weil davonder künftige Unternehmenserfolg abhängt. [Nohr 2000]Für die nachfolgenden Betrachtungen ist zu erwähnen, dass der Bewertungsmaßstab für die Qualitätvon Informationen stets von der Aufgabe bzw. vom Anwender abhängt. Probleme der Informationsqualitätsind auch nicht unbedingt durch informationstechnische Lösungen zu beheben. Vielmehrhandelt es sich hierbei um ein Managementproblem (Festlegen von Qualitätskriterien), wie später nochzu sehen sein wird.Rezeptive und konstruktive InformationsqualitätUnternehmensrelevante Daten und Informationen werden einerseits im Unternehmen selbst erzeugt,andererseits auch aus diversen externen Quellen bzw. von externen Lieferanten bezogen. Es gibt dahereine konstruktive und eine rezeptive Sichtweise auf die Informationsqualität. Für beide gilt es geeigneteMaßnahmen zu entwickeln, um stets nur qualitativ hochwertige Informationen den unternehmerischenEntscheidungsprozessen zuzuführen. [Nohr 2000]Die “konstruktive Informationsqualität” umfasst alle Maßnahmen des Qualitätsmanagements undder Qualitätssicherung bei der Produktion von Information und Informationsprodukten sowie ihrerVerteilung. In dieser Hinsicht gilt es neben der Ergebnisqualität auch dem Produktionsprozess unddamit der Prozessqualität Aufmerksamkeit zu schenken. [Nohr 2000]


40 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSDie “rezeptive Informationsqualität” umfasst alle Maßnahmen, die getr<strong>of</strong>fen werden, um die Qualitätexterner Information und extern bezogener Informationsprodukte zu prüfen und zu bewerten. RezeptiveInformationsqualität ist zumeist bezogen auf Informationsquellen und Anbieter, da die Informationselbst häufig einer Prüfung unzugänglich bleibt. [Nohr 2000]Ansätze für InformationsqualitätInformation weist nun verglichen mit anderen Produkten eine Besonderheit auf, die eine Beurteilungder Qualität in erheblichem Maße erschwert. Die Qualitätseigenschaften einer Information könnennicht “besichtigt” werden. D.h. ihre tatsächlichen Qualitätseigenschaften können durch den Nutzer vordem Erwerb nicht direkt geprüft werden. Würde die Information zur Ansicht und Qualitätsprüfung demKunden bereit gestellt werden, wäre damit der Kauf dieser Information überflüssig geworden, da derKunde die Informationshalte mit der Besichtigung bereits erhalten und aufgenommen hätte. Die Qualitätvon Information kann generell erst bei der Anwendung nach dem Erwerb erfahren werden, etwawenn sich herausstellt, ob sie zu richtigen oder falschen unternehmerischen Entscheidungen geführthat. [Nohr 2000]Informationsqualität muss daher auf anderem Wege erfahren bzw. vermittelt werden. Für diePrüfung der rezeptiven Informationsqualität existieren grundsätzlich die nachfolgenden fünf Möglichkeiten.[Nohr 2000]Vertrauen in die InformationsquelleDie Reputation eines Informationsanbieters kann Vertrauen in die Informationsquelle begründen. DieQualität einer einzelnen Information bzw. eines Informationsprodukts ist hierbei nicht bekannt, siewird aber unterstellt, da der Anbieter den Ruf genießt, stets qualitativ hochwertige Informationen zuliefern. [Nohr 2000]Vertrauen in einen Anbieter gibt jedoch im Einzelfall keine Garantie in die Qualität einer Informationoder eines Informationsprodukts. Zudem tauchen derzeit in der Informationsökonomie viele neueAnbieter auf, deren Lebenszyklen verglichen mit Unternehmen der alten Güterökonomie häufig eherkurz sind. Damit fehlt die für den Vertrauensaufbau notwendige zeitliche Komponente. Ein weiteresProblem stellt die Virtualität der Informationsmärkte im Internet, auf denen die Akteure einander nichtpersönlich begegnen, dar. [Nohr 2000]Qualitätsbewertung unabhängiger DritterEine unabhängige dritte Partei steht als Vermittler zwischen Informationsanbietern und -konsumenten.Mit ihrer unabhängigen Stellung ist sie geeignet, eine neutrale Prüfung und Bewertung von Qualitätvorzunehmen. [Nohr 2000]Zu einem der ersten Navigatoren für Qualität und Sicherheit im E-Commerce hat sich PricewaterhouseCoopers3 entwickelt. Unternehmen, die das Internet als Handelsplattform nutzen, erhalten vondiesem Dienstleister ein Rating. Voraussetzung ist, dass die Anbieter auf ihren Webseiten differenzierteund praxisorientierte Standards hinsichtlich der Information ihrer Kunden erfüllen. [Nohr 2000]Der kritische Faktor ist die Unabhängigkeit des Navigators und das Vertrauen der Kunden in dieseUnabhängigkeit. Es werden eben nicht einzelne Informationen bewertet sondern Anbieter. Auch “gute”Anbieter mit einer hohen Reputation sind im Zweifelsfall in der Lage, einmal mangelhafte Qualität3 www.pwcglobal.com


3.6. INFORMATIONSQUALITÄT 41abzuliefern, weshalb hier die dritte Möglichkeit der Qualitätsprüfung von Informationen vorgestelltwird. [Nohr 2000]Qualitätsbewertung durch NutzerInformationsanbieter können Nutzern die Möglichkeit bieten, eine Qualitätsbewertung abzugeben.Diese Bewertungen werden öffentlich zugänglich gemacht und geben Informationssuchenden somitQualitätshinweise. [Nohr 2000]Dieser Weg ist beispielsweise für Anbieter im Internet leicht realisierbar und wird unter anderemvom Online-Buchhändler Amazon 4 beschritten. Über das Internet können zu Büchern oder CDs Rezensionenverfasst, sowie über ein Rating-System eine Wertung abgegeben werden. Kunden werdenso über die Qualität von Informationsprodukten von anderen Nutzern informiert. Auch beim Online-Auktionar eBay 5 besteht die Möglichkeit, dass sich Akteure, die an einer Auktion entweder als Bieteroder als Anbieter teilnehmen, bewerten können. [Nohr 2000]Bei den einzelnen Wertungen wird jedoch selten die Grundlage eines Urteils bekannt. Die Qualitätsanforderungender Kunden werden jeweils sehr unterschiedlich sein, was beispielsweise von derenAusbildung, Vorkenntnissen, usw. abhängen kann. Dies kommt jedoch in den Wertungen nichtzum Ausdruck. Eine hohe Anzahl abgegebener Wertungen mindert die Unsicherheit dieses Qualitätssystems.[Nohr 2000]Dennoch gibt es noch zwei weitere, nachfolgend beschriebene Möglichkeiten, um die Informationsqualitätzu prüfen.Probeansicht einer (Teil)InformationInformationsanbieter können als Nachweis ihrer Qualität dem Kunden Proben zur Verfügung stellen.Diese Proben können einerseits aus vergleichbaren Informationen bestehen, die Analogieschlüsse aufdie Qualität der vom Kunden gewünschten Information zulassen. Andererseits können die Anbieterdem Kunden einen Teil der gewünschten Information zur Ansicht liefern. Diese Teilinformation ist alssolche noch unbrauchbar, lässt aber Rückschlüsse auf die Qualität der vollständigen Information zu.[Nohr 2000]Den ersten Weg gehen Datenbankanbieter, die in ihren Produktunterlagen für die Gesamtkollektiontypische Beispieldatensätze zeigen. Den Weg der Teilinformation gehen zum Beispiel Anbieter vonBörseninformationen. Sie geben häufig völlig kostenlos zeitverzögerte Kursinformationen ins Internet,um eine Aussicht auf die Qualität der Realtime-Information zu geben. [Nohr 2000]Auch Teilinformationen bieten nur eine begrenzte Einsicht in die Qualität der Information, da gewisseAnforderungen wie Glaubwürdigkeit, Aufgabenrelevanz oder Aktualität eben nicht erkennbarsind, bevor die Information vollständig vorliegt. [Nohr 2000]Beschreibung durch MetainformationInformationsobjekte können durch Meta-Informationen beschrieben werden, die unter anderem aucheine qualitative Bewertung der Information zulassen sollen. Mittelbare Rückschlüsse auf die Qualitätkönnen beispielsweise durch die Angabe des Urhebers gewonnen werden. Die Aktualität kann dem4 www.amazon.com5 www.ebay.com


42 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSErstellungsdatum oder einer Angabe über die Gültigkeitsdauer entnommen werden. Inhaltliche Rückschlüssebieten beispielsweise kurze Zusammenfassungen (Abstracts), die auch als Teilinformationangesehen werden können. [Nohr 2000]In einem großen Konzern, der in mehreren Branchen angesiedelt ist, kann es notwendig sein, dassunterschiedliche Gruppen an Meta-Informationen für Informations-Objekte definiert werden. So kannman einem Informations-Objekt in unterschiedlichen Unternehmensbereichen andere Bedeutungen zuweisen,dh. dass Mitarbeiter von einzelnen Abteilungen eigenen Qualitätskriterien zu ein und derselbenInformation haben können. Auch Einschränkungen von Informationen hinsichtlich relevanter Unternehmensbereicheoder des Empfängerkreises, wie sie in Abschnitt 3.5 beschrieben wurden, kann manmittels Meta-Informationen realisieren.Management der InformationsqualitätDas Management der konstruktiven Informationsqualität umfasst Maßnahmen und vereinbarte Anforderungen,die bei der Produktion von Information einzuhalten sind. Die Verantwortlichkeit für dasManagement der konstruktiven Informationsqualität obliegt einem “Information Quality Officer”, derauf der Schnittstelle zwischen dem Qualitätsmanagement und dem Wissensmanagement eines Unternehmensangesiedelt ist. Das Management einzelner Informationen obliegt den Ownern bzw. denProduktmanagern bestimmter Informationsprodukte. [Nohr 2000]Die Verwaltung der konstruktiven Informationsqualität ist ein Prozess, der sich auf den gesamtenLebenszyklus einer Information bzw. eines Informationsobjekts bezieht. Ein wichtiger Aspekte dabeiist das regelmäßige Überprüfen von Qualitätskriterien auf deren Einhaltung, indem beispielsweise bestimmteAngaben oder aussagekräftige Metainformationen vorhandensein müssen. Andere Kriterienkönnen etwa über Rating- oder Voting-Systeme ermittelt und auch den Kunden zugänglich gemachtwerden. Aus diesen Kriterien kann man sodann auch Qualitätsziele wie beispielsweise ein bestimmtesRating von den Kunden definieren oder gezielte Veränderungsmaßnahmen vornehmen. [Nohr 2000]Ein Unternehmensmodell, welches die Verwaltung von Informationsqualität berücksichtigt, mussweiters eine Unterscheidung der Ebenen “Daten”, “Information” und “Wissen” beinhalten, wie bereitsin Abschnitt 2.2 mit der hierachischen Sichtweise beschrieben wurde. Für unernehmerische Entscheidungenspielen also die Ebenen der Daten-, Informations- und natürlich Wissenqualität, die stetsganzheitlich betrachtet werden müssen, eine entscheidende Rolle. [Nohr 2000]Der Einsatz von Data Warehouse Systemen bietet ein gutes Anschauungsbeispiel hierfür: Ein DataWarehouse ist zunächst ein Repository für Daten, geladen aus verschiedenen operativen Systemendes Unternehmens. Durch verschiedene Analyseverfahren wie zum Beispiel Data Mining und durchdie Interpretation der Ergebnisse wird aus diesen Daten Information gewonnen. Durch die Vernetzungder gewonnenen Informationen mit bereits vorhandenem Wissen, kann schließlich neues Wissen entwickeltwerden. Ein Qualitätsmanagement allein auf der Ebene der eigentlichen Information und desInformationsmanagements anzusetzen, ist nicht hinreichend. [Nohr 2000]Ein Modell für Informationsqualität muss vielmehr die drei genannten Dimensionen einbeziehen,soll es wirkungsvoll sein und als Grundlage für qualitativ hochwertige Managemententscheidungendienen. Die in Abbildung 3.3 gezeigten Dimensionen machen deutlich, dass Informationsqualität nichtdie Aufgabe einer einzelnen Organisationseinheit wie zum Beispiel der IT-Abteilung eines Unternehmens,sondern eine übergeordnete und unternehmensweit anzusiedelnde Funktion ist. [Nohr 2000]Zunächst müssen kritische Informationsprozesse in Abhängigkeit von den Geschäftsprozessen dimensionsübergreifendidentifiziert werden. Diese Informationsprozesse werden einer systematischenAnalyse unterzogen, mit dem Ziel, Probleme der Informationsqualität zu erkennen, Qualitätsziele festzulegen,Qualitätskriterien zu definieren, Methoden der Erfolgsmessung einzuführen, Verfahren und


3.6. INFORMATIONSQUALITÄT 43Abbildung 3.3: Dimensionen der Informationsqualität [Nohr 2000]Durchführung von Abweichungsanalysen zu implementieren sowie Maßnahmen für Ergebnis- undProzessverbesserungen zu treffen. Dabei handelt es sich nicht um eine einmalige Aufgabe, sondern umeinen permanenten Managementprozess, dem Total-Information-Quality-Management-Prozess (TI-QM). [Nohr 2000]Der Ansatz des TIQM bezieht folgende Konzepte ein: [Nohr 2000]1. Das Engagement des Managements ist notwendig, um zum einen die notwendigen Ressourcen(Personal, Kapital, usw.) zu beschaffen und die Mitarbeiter durch Vorbildwirkung zu motivieren,wie auch in Abschnitt 4.6 ausführlich geschildert wird.2. Die Verbesserung der Informationsqualität zielt auf die Erkennung und Umsetzung der Kundenerwartungenab, dh. die Kundenzufriedenheit ist der Motor für ständige Verbesserungsprozesserund um Produkte und Serviceleistungen eines Unternehmens. Auch dieser Aspekt wird in einemeigenen Abschnitt (4.7) behandelt.3. Der TIQM-Ansatz baut sehr auf lernfähige Teams, welche Vereinbarungen über die Zielsetzungvon Informationsqualität, über einzuhaltende Qualitätskriterien und Meßgrößen sowie über Verbesserungsprozessetreffen. Viertens ist ein Qualitätsprogramm für Information keine einmaligeAktion, sondern ein permanenter Verbesserungsprozess, der einerseits eine Kultur der Informationsqualitätim Unternehmen schafft und Methoden der ständigen Qualitätsverbesserung unterstützt.Diesen zwei Punkten werden in Abschnitt 3.7 aufgegriffen, wo das Konzept der lernendenOrganisation vorgestellt wird.4. Schließlich stehen beim TIQM-Ansatz noch Erfolgsmessungen, also das ständige Evaluierenvon festgelegten Qualitätszielen und -kriterien, und das Benchmarking, also dem Vergleich mitden Besten auf einem Gebiet, im Vordergrund. Diese zwei Konzepte werden auch im Prozess derWissensbewertung häufig aufgegriffen, wie im Gestaltungsbereich in Abschnitt 5.9 nachzulesenist. [Nohr 2000]FazitDie Verwaltung bzw. die permanente Verbesserung der Informationsqualität ist in einem großen undgeographisch verteilten Unternehmen eine essentielle Aufgabe. Zum einen ist eine hohe Informationsqualitätbereits ein Lösungsansatz für die Problematik des immer stärker aufkommenden Informationsangebots.Zweitens sind informationssuchende Mitarbeiter bzw. Wissensmakler, die in den Fallstudienin Kapitel 4 noch genauer vorgestellt werden, auf eine hinreichende Qualität von Informationen angewiesen,um ihre alltäglichen Aufgaben schnell und effizient erledigen und so zum künftigen Unternehmenserfolgbeitragen zu können.


44 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSHinreichende Informationsqualität bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Information zurrichtigen Zeit von den richtigen Mitarbeitern vor Ort genutzt werden können. Dies impliziert auch,dass eine Information hinsichtlich des Unternehmensbereichs sowie anhand der Empfängergruppe eingeschränktwerden kann. Diese wesentlichen Kriterien für die Informationsqualität müssen natürlichdurch das Management eines Unternehmens oder eines Bereichs festgelegt werden.Zur Bewertung der Informationsqualität in einem Unternehmen erweisen sich folgende Möglichkeitenals geeignet: Die Reputation des Informationsanbieters spielt auch in einem Unternehmen einegroße Rolle, dh. die Angabe des Informationserzeugers ist für die Informationsqualität immer vonVorteil, was auch die Fallstudie über Teltech in Abschnitt 4.3 bescheinigt. Eine Bewertung durch unabhängigeDritte wie beispielsweise Experten oder durch andere Informationskonsumenten ist ebenfallseine gängige Methode zur Qualitätssicherung von Informationen, wie in der Studie über die SiemensAG in Abschnitt 4.4 gezeigt wird.Eine Probeansicht der Information, die zum Beispiel durch eine generierte Zusammenfassung einesTextes geschehen kann, und vor allem die zwingende Eingabe von Meta-Informationen bei der Informationsproduktionsind weitere Maßnahmen zur Sicherung und Verbesserung der Informationsqualität.All diese Aspekte können unter anderem mit Informationssystem Hyperwave realisiert werden, wie inKapitel 6 des Gestaltungsbereichs noch ausführlich gezeigt wird.Bevor aber ein IT-System forciert wird, muss das Management zuerst die notwendigen Ressourcenaufbringen, damit Qualitätsmanagement für Informationen im Unternehmen überhaupt möglich wird.Weiters müssen Führungskräfte, die in der Literatur ohnedies als Wissensarbeiter angesehen sind, aucheine entsprechende Unternehmenskultur, welche Mitarbeiter zur Verbesserung und Sicherung der Informationsqualitätmotiviert, schaffen und natürlich die Qualitätskriterien und Zielsetzungen für dasQualitätsmanagement festlegen. Das Management eines “lernenden Unternehmens” wird in Abschnitt4.6 genauer behandelt.In einem global präsenten Unternehmen spielt die Informationsqualität beim Erwerb von externemWissen oder bei einer engeren Zusammenarbeit mit Stakeholdern – Kunden, Zulieferer, usw. – einegroße Bedeutung. So ist beim Wissenserwerb das Generieren und Angeben von Meta-Informationensowie eine Bewertung durch Experten vorteilhaft, wie die Studie über die Siemens AG (siehe Abschnitt4.4) zeigt. Einschränkungen hinsichtlich des Nutzungsbereiches oder der Empfängergruppe von Informationenkönnen durch die Verwendung von Meta-Informationen realisiert werden. Die Lernfähigkeitvon Teams und dem Unternehmen selbst (siehe Abschnitt 3.7) und die Einbindung der Kunden in dasQualitätsmanagement (siehe Abschnitt 4.7) sind wichtige Vorraussetzungen für das Erreichen einerhohen Informationsqualität.Zusammenfassend kann man sagen, dass Qualitätsmanagement für Informationen in großen undgeographisch verteilten Unternehmen nicht nur eine Vorstufe für erfolgreiches Wissensmanagementist, sondern sogar eine zwingende Vorraussetzung. Wie in Abbildung 3.3 zu erkennen ist, erstreckensich die Tätigkeiten zur Verbesserung der Informationsqualität vom Datenmanagement über das Informationsmanagementund -design bis hin zum Bereich Wissensmanagement. Denn nur wenn die Informationssuchendenim Unternehmen rasch auf qualitativ hochwertige Informationen zugreifen können,können auch entsprechend hochwertige Entscheidungen getr<strong>of</strong>fen oder neues Wissen generiert werden.Nachdem nun die Problembereiche der Wissensbarrieren, der Nutzung von Informationstechnologie,des immer stärker werdenden Informationsaufkommens und des Qualitätsaspekts von Informationenbehandelt wurden, folgen zwei Abschnitte, die speziell für große und geographisch verteilte Unternehmeninteressant sind. Zunächst wird aufgezeigt, was ein lernendes Unternehmen kennzeichnetund mit welchen Maßnahmen die Lernfähigkeit eines Unternehmens gesteigert werden kann. Hierbeiwird speziell der Blick auf ein großes und verteiltes Unternehmen gerichtet. Im letzten Abschnittdieses Kapitels folgt sodann ein Überblick über “Virtuelle Organisationen” und die Bedeutung dieserfür geographisch verteilte Konzerne. Vorerst aber werden Aspekte der Lernfähigkeit von Unternehmen


3.7. LERNENDE UNTERNEHMEN 45dargestellt.3.7 Lernende Unternehmen“Für Euch besteht Management darin, die Ideen aus den Köpfen der Manager in die Köpfeder Mitarbeiter zu bringen. Wir hingegen sind jenseits des Taylorismus. Wir wissen, dassdas wirtschaftliche Umfeld heute so komplex und schwierig, zunehmend unvorhersehbarund gefährlich ist, dass das Überleben des Unternehmens letztlich von der alltäglichenAktivierung des letzten Gramms von Intelligenz abhängt. Nur unter Ausnutzung der kombiniertenDenkleistung aller Mitarbeiter kann sich ein Unternehmen den Turbulenzen undZwängen erfolgreich stellen und überleben. Für uns besteht Management exakt in derKunst, das intellektuelle Potential aller Mitarbeiter des Unternehmens zu mobilisierenund zusammenzubringen.” (K. Matsushita) [Weber 1994]Diese Aussage, die von einem bekannten japanischen Industriellen getätigt wurde, soll Anstossder Diskussion über ein bekanntes Problem von westeuropäischen und amerikanischen Unternehmensein: Gemeint ist die gegenüber westlichen Konkurrenten überlegene Form der Aktivierung des intellektuellenPotentials der Mitarbeiter von japanischen Unternehmen, die es bestens verstehen, dieHumanressourcen zu entfalten, die Kreativität der Mitarbeiter zu entfesseln, das intellektuelle Kapitaldes Unternehmens optimal einzusetzen und dadurch erheblich an Wettbewerbsfähigkeit am Weltmarktgewinnen. [Weber 1994]Intelligentes Potential ist einerseits mehr oder weniger gegeben, kann andererseits aber auch durchgesellschaftliche, organisatorische und personelle Bestrebungen gefördert werden. Westliche Unternehmensind nun in ihrer Organisationsform so strukturiert, dass das Potential der Mitarbeiter und dieIntelligenz der Organisation eher behindert als gefördert wird. Angesprochen ist damit der in weitenTeilen der Massenproduktion vorherrschende Organisationsmodus der tayloristischen Organisationsgestaltung,wo es einzig um die Optimierung der Ressourcen geht – “maximaler Ertrag bei minimalemAufwand”. [Weber 1994]Die Japaner haben aber erkannt, dass dieses Organisationsmodell, welches im Grunde auf der Ausbeutungvon Ressourcen basiert, auf lange Sicht nicht rentabel ist und bevorzugen das sehr junge Organisationskonzeptder Lean Production, welches mit dem Motto “Von allem die Hälfte” beschriebenwerden kann. Laut einer im Rahmen der vom Massachusetts Institute <strong>of</strong> <strong>Technology</strong> durchgeführtenStudie über “die 2. industrielle Revolution in der Autoindustrie” [Womack et al. 1991] benötigen Japanerdie Hälfte an Stunden für die Produktion und begehen dennoch nur 50% der Montagefehler.Der Lagerbestand innerhalb einer derartigen Organisation ist drastisch reduziert. Selbst bei der Abwesenheitsratevon Mitarbeitern in der Organisation trifft gemessen an westeuropäischen Standards dasMotto zu. [Weber 1994]Hervorzuheben ist auch, dass diese erheblichen Vorteile nicht mit einem “Mehr an Technik” erkauftwurden, sondern eher im Gegenteil weniger Automatisierungstechnik in der Montage eingesetzt wird.Bei den untersuchten Firmen wurde gerade etwas mehr als die Hälfte der Arbeitsgänge automatisiertwie in westeuropäischen Firmen. Nur in einem Punkt weicht das Motto “von allem die Hälfte” wesentlichab: dem Aufwand für die Qualifizierung der Mitarbeiter. In diesem Bereich investieren japanischeUnternehmen mehr als die doppelte Anzahl an Stunden in die Qualifikation der Produktionsarbeiterwie ihre westeuropäischen Konkurrenten. [Weber 1994]Auch sind die Strukturen westlicher Unternehmen sehr innovationsfeindlich. Wer etwas verbessernwill, der hat die Mehrheit in der Organisation gegen sich und sieht sich häufig mit bürokratischenHindernissen konfrontiert, wenn er eine Innovation umsetzten will. So zeigen Untersuchungen des


46 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSInstituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, dass ca. 40% der Unternehmen in Deutschland inden letzten 3 Jahren weder ein neues noch ein verbessertes Produkt auf den Markt gebracht haben.[Weber 1994]Wie die Studie des MIT zeigt, entwickeln Organisationen in unterschiedlichem Maße Eigenschaften,Fehler abzustellen, Veränderungen vorzunehmen, sich weiterzuentwickeln, kurz: zu lernen. DieNutzung des Humanressourcenpotentials auf der einen Seite, die Entwicklung der lernfähigen Organisationauf der anderen Seite, konstituieren dieses neue Organisationsmodell. [Weber 1994]Um die Leistungsfähigkeit von Organisationen zu erhöhen, setzen insbesonders japanische undamerikanische Unternehmen vermehrt auf eine Erhöhung der Qualifikation ihrer Mitarbeiter, wie dieFallstudie über Teltech in Abschnitt 4.3 zeigen wird. Ebenfalls in der MIT-Studie ersichtlich ist, dassin unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen unterschiedliche Aufwendungen für die Qualifizierung derMitarbeiter getätigt werden. Dabei fiel besonders das Paradoxon auf, dass eine “schlanke” Produktioneinhergeht mit einer “fülligen Qualifikation”. [Weber 1994]Für Unternehmen ebenfalls interessant ist die Tatsache, dass in Ländern mit hohem Bruttosozialproduktund hohen Einkünften im globalen Wettbewerb Arbeitsplätze nur durch anspruchsvolle Produkteund komplexe Produktions- und Konstruktionsverfahren gesichert werden können. Die MIT-Studie zeigt weiters auch, dass nicht der Einsatz von mehr Technik, sondern der Einsatz von intelligenzförderndenOrganisationsstrukturen und Qualifikationen zentrale Wettbewerbsvorteile schafft.[Weber 1994]Individual- und OrganisationslernenSchon seit langem ist bekannt, dass nicht nur das Individuum, sondern auch der “soziale Kontext”,in dem gelernt, gehandelt, entschieden und nachgedacht wird, entscheidend dafür ist, ob und in welchemMaße Lernen stattfindet und sich in Veränderungen beim Lernenden bemerkbar macht. SozialeKontexte können positive oder negative Effekte auf das Lernen haben. [Weber 1994]Noch immer herrscht die Ansicht, dass nur Individuen ein Lernpotential haben. Dennoch widmetsich die Pädagogik vermehrt dem sozialen Kontext und sucht nach fördernden und hemmenden Faktoren.So wurde zum Beispiel festgestellt, dass sich Weiterbildungsmaßnahmen in einer Organisation,die den Einzelnen qualifizieren, den Kontext, in dem er wirkt, jedoch unberücksichtigt ließen, keineSteigerung der Leistungsfähigkeit mit sich bringen. Es entwickelt sich dabei nämlich nicht die Organisationals ganzes weiter, sondern eben nur die Individuen. [Weber 1994]Ein erster Ansatz, um nicht nur Individuen weiterzubilden, sondern auch die Organisation weiterzuentwickeln,sieht so aus, dass mehrere Mitarbeiter gemeinsam in den Lernprozess eingebundenwerden. Somit kann auch eine Verbesserung der organisationalen Qualifizierung erreicht werden, dennochbedeutet dies nicht den Sprung zum “sozialem System”. [Weber 1994]Das Problem in den Anfängen des Konzepts der “Organisationsentwicklung” war, dass man sichzu sehr auf Interaktionssysteme konzentrierte. Gemeint sind damit relativ einfache Systeme, die sichdadurch auszeichnen, dass die Mitglieder sich als anwesend erfahren. Als Charakteristika eines solchenSystems seien zum Beispiel Seminare in Weiterbildungsveranstaltungen, Klassen in Schulen,Vorstandssitzungen oder Besprechungen von Vorgesetzten mit einer Anzahl von Mitarbeitern zu nennen.[Weber 1994]Aus der Sozialpsychologie kommen schließlich folgende interessante Erkenntnisse: Unternehmensollten nicht als Organisationen, sondern als Sozialsysteme oder als ein Gebilde von sozialen Einheitengesehen werden. Sozialsysteme sind gemessen an der Komplexität, die Organisationen erreichenkönnen, vergleichsweise einfache Gebilde, die überschaubare Muster sozialer Beziehungen herausbilden.Der Vorteil liegt jedoch darin, dass ein spezieller Kreis von Individuen als Mitglieder behandelt


3.7. LERNENDE UNTERNEHMEN 47werden können. Bei Abwesenheit von einzelnen Mitgliedern kann ein soziales System weiter existieren,Mitglieder können ausgewechselt oder neu eingegliedert werden und es können neue Beziehungsmusterzwischen ihnen bestehen. [Weber 1994]Eine Organisation, die als ein soziales System oder aus mehreren sozialen Einheiten besteht, kanngegenüber einer starren und hierachischen Organisation ein erheblich gesteigertes Komplexitätsniveuerzielen und somit auch entsprechende Probleme lösen sowie Veränderungen hervorbringen – es steigtalso die Lernfähigkeit gegenüber einer starren Struktur. Zudem gewinnen Organisationen auf diese Artvon anderen Organisationen abgrenzbare Eigenschaften, also eine spezifische Identität. [Weber 1994]Diese zentrale Eigenschaft der Lernfähigkeit, die eine hierachische Struktur nicht erbringen kann,ist es auch, die zum Beispiel japanische Elektronikunternehmen auszeichnet und die anderen westlichenUnternehmen teilweise oder zur Gänze fehlt. Organisationen, die nach dem Konzept der “LeanProduction” agieren, sind im Grunde Organisationen, die aus den Fehlern der Massenproduktion gelerntund die richtigen Konsequenzen gezogen haben. Auch in anderen Bereichen wird deutlich gemacht,dass Organisationen, etwa Verwaltungen, einem Lernprozess unterliegen. Selbst von gesellschaftlichenFunktionssystemen wie zum Beispiel der Politik, ganz zu schweigen von der Wissenschaft,kann behauptet werden, dass sie Veränderungen vornimmt, die als Folge von Lernprozessencharakterisiert werden können. [Weber 1994]Es sind also nicht nur Individuen, die die Fähigkeit entwickeln, sich über Lernprozesse zuverändern, sondern auch soziale Einheiten, wie Interaktionssysteme, Organisationen, gesellschaftlicheFunktionssysteme oder vielleicht auch ganze Gesellschaften. Die Globalisierung des Wettbewerbs setztjedoch auch Gesellschaften dem Wettbewerb aus, der darauf hinausläuft, die Fähigkeiten zur Selbstveränderungund zum Lernen zu optimieren und damit zur wettbewerbsentscheidenden Qualifikationzu werden.Formen organisatorischen LernensDass Organisationen lernfähig sind, ist im Grunde nur schwer vorstellbar. Darum zieht man gerne eineParallele zum Individuallernen und untersucht sodann Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Gemein istauf jeden Fall, dass Lernen zu Veränderungen führt, Wissensbestände erhöht und neue Potentiale desWahrnehmens, des Verstehens, des Handels und des Entscheidens erschließt.Der Unterschied zwischen Individual- und Organisationslernen kann dann darin gesehen werden,dass es sich im ersten Fall um individuelle Wissensbestände und im zweiten Fall um Wissensbeständehandelt, an denen viele, wenn nicht sogar alle Organisationsmitglieder partizipieren. Diesem Verständniswurde entgegengehalten, dass Organisationslernen mehr sei als die Summe des individuellen Lernens(siehe Abschnitt 2.5). [Probst et al. 1999]Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass individuelles Wissen erst dann als organisatorischzu betrachten ist, wenn es ausgetauscht und bei anderen akzeptiert wird, so dass das implizite Wissenauf eine organisatorische Wissensebene gebracht werden. (siehe Abschnitt 2.8). [Laskowski 2001]Dies hat zu dem Problem geführt, Anlässe dafür zu suchen, wann organisatorische Wissensbestände,unabhängig von den Wissensbeständen einzelner, geändert werden. Eine andere Art vonOrganisationslernen besteht darin, Organisationen wie etwa Unternehmen als soziale Einheiten anzusehen,die sich selbst als “Input-Output-Modell” begreifen und die sich durch Inbeziehungsetzung derbeiden Parameter steuern. Dies kann wiederrum als Lernprozess verstanden werden. [Weber 1994]Organisationslernen kann sich dabei auf verschiedenen Ebenen vollziehen. So wird zum einenunterschieden zwischen einem “single-loop”-Lernen und einem “double-loop”-Lernen. Während daserstere das Abstellen eines Fehlers meint, ohne die zentrale Struktur eines Systems zu variieren, beziehtletzteres dies mit ein. “Double-loop”-Lernen erfolgt also, wenn zunächst die zentralen Variablen des


48 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSGeschehens analysiert und geändert werden und danach neue Handlungen stattfinden. [Weber 1994]Zweitens gibt es eine Unterscheidung zwischen einem “Lernen erster Ordnung” und einem “Lernenzweiter Ordnung”. Ersteres meint ein inkrementales Aktualisieren von etablierten Prozedurenmit dem Ziel, den Anforderungen der Umwelt am besten zu entsprechen. Das Lernen zweiter Ordnungmeint einen Wechsel in den Grundlagen der zentralen Abläufe innerhalb einer Organisationen –hier erfolgt auch ein grundlegend neues Verständnis für die Organisation und deren Aufgabengebiete.[Weber 1994]Schließlich gibt es in der Literatur noch den Unterschied in der Theorie des Lernens, nämlichjenen zwischen “Proto-Lernen” und “Deutero-Lernen”. Proto-Lernen meint das einfache Lernen,während Deutero-Lernen das Lernen des Lernens, also die Selbstreflexivität des Lernens, miteinbezieht.[Weber 1994]Bei all den Differenzen in der unterschiedlichen Arten von Organisationslernen kann man als Gemeinsamkeitsehen, dass es sich stets um Wissensbestände handelt, die organisatorisch aufbereitetund von den Mitgliedern der Organisation geteilt werden. Diese Annahmen gilt jedoch eher in Organisationenauf einem vergleichsweise niedrigen Komplexitätsniveau und bei nicht zu umfassendemGrößenwachstum. Bei großen und vor allem geographisch verteilten Organisationen reicht ein derartigesVerständnis von Organisationslernen nicht aus. Begreift man Organisationen, wie zum BeispielUnternehmen, als soziale Systeme, dann ist es ohnehin erforderlich, von einer akteursbezogenenBetrachtung zu einer Systembetrachtung zu wechseln. Weiters kennzeichnet Organisationen, die alssoziale Systeme funktionieren, die Eigenschaft, dass Wissensbestände akquiriert, geordnet und für organisatorischeEntscheidungsprozesse nutzbar gemacht werden. [Weber 1994]Im Zeitalter der elektronischen Informationsverarbeitung ist das Aufbewahren und Systematisierenvon Wissensbeständen in Organisationen längst durch entsprechende IT-Systeme realisiert, wiees bereits als Nutzung von Informationstechnologie in Abschnitt 3.4 erläutert wurde. Das Akquirierenvon Wissensbeständen und die Aufbereitung in elektronischen Systemen wird zunehmend als einneuer Managementansatz der Organizational Intelligence gesehen. Unter einer strikt systemtheoretischenPerspektive gehören aber weder Maschinensysteme noch Mitarbeiter zum sozialen System.EDV-Systeme etwa generieren Informationen, die erst über spezielle Kommunikation Eingang in dasSozialsystem Organisation finden. Nicht zu übersehen ist auch, dass komplexe IT-Systeme dieser Artneue Potentiale der Informationsaufbereitung und der Entscheidungsvorbereitung in Organisationendarstellen. Damit ist jedoch nicht darüber entschieden, in welchem Maße im Sozialsystem die im IT-System vorhandenen Informationen Eingang finden und weiterverarbeitet werden. [Weber 1994]Zusammenfassend kann man sagen, dass Unternehmen, die als System von sozialen Einheiten organisiertsind und miteinander kommunizieren, sich auf der Basis von Mitgliedschaftsregeln gegenihre Umwelt abgrenzen und über einen jeweils spezifischen Bestand an organisatorischem Wissenverfügen. Dieses organisatorische Wissen muss weder allen Mitgliedern in gleichem Maße zugänglichsein, noch muss es geteilt sein, noch muss es jemanden geben, der alle Organisationswissenbeständebeherrscht. Dennoch kann von organisationalem Lernen ins<strong>of</strong>ern die Rede sein, als dass Wissensbeständezur Vorbereitung der Potentialausweitung der Organisationen erweitert und Verknüpfungenermöglicht werden, die zum Abstellen von Fehlern innerhalb des Sozialsystems bzw. des Systems vonsozialen Einheiten genutzt werden können.Organisationseigenschaften und OrganisationslernenEs ist nicht nur der Unterschied zwischen individuellem und organisationalem Lernen, also zwischendem Lernen von psychischen Systemen und sozialen Systemen, und den unterschiedlichen logischenFormen des Lernens, also etwa Formen des Lernens des Lernens, sondern es sind auch die spezifischen


3.7. LERNENDE UNTERNEHMEN 49Eigenschaften von sozialen Systemen, die das Problem des organsationalen Lernens komplizieren. ImFolgenden soll auf einige Aspekte aufmerksam gemacht werden.Eine der zentralen Schwierigkeiten resultiert daraus, dass in der Organisationsforschung bei demVerhältnis von Organisation und Umwelt – etwa von Unternehmen zu Märkten – primär in Kategoriender Anpassung gedacht wird. Soziale Systeme wie Unternehmen stehen meistens unter dem Zwangder Anpassung, wodurch es jedoch zu der Gefahr kommen kann, dass der eigentliche Lernprozessübergangen wird und eine sture Anpassung – etwa durch Nachahmen anderer Organisationen – forciertwird. [Weber 1994]Das Scheitern von Organisationen – etwa Unternehmen am Markt – macht jedoch darauf aufmerksam,dass der Prozess der Umsetzung gewandelter Anforderungen in organisatorische Veränderungennicht überall gelingt. Untersuchungen über eine Population von Unternehmen – also bei einer Vielzahlvon Organisationen mit ähnlichen Eigenschaften – haben darauf aufmerksam gemacht, dass es Organisationengibt, die sich an die Entwicklungen an den Märkten “anpassen” bzw. weiterentwickeln,dass es aber ebenfalls Organisationen gibt, denen dies nicht gelingt. Es existiert <strong>of</strong>fensichtlich keinAutomatismus der Anpassung. [Weber 1994]Neuere Überlegungen basieren daher auch nicht so sehr auf eine Anpassung an den Markt, sondernauf eine Abkopplung. Soziale Systeme erscheinen als eigenständige Einheiten, die weitgehendlosgelöst von ihrer sozialen, ökonomischen, technischen und ökologischen Umwelt operieren. Sie sindoperativ geschlossene Systeme. Dies bedeutet, dass Organisationen, wie etwa Unternehmen, Verwaltungenoder Verbände, ihre gesellschaftliche Umwelt nicht kennen. Es gibt keinen direkten Kontaktzwischen innen und außen. Das Außen, etwa die Entwicklung auf den Märkten, erscheint innerhalbder Organisation nur nach eigenen, vielleicht falschen Maßgaben der Beobachtung. Damit wird deutlich,dass die im letzten Abschnitt besprochene Selbstbeobachtung von Unternehmen in Form einesInput-Output-Modells auf einer Anzahl stark reduzierter Parameter beruht, was einige Unsicherheitsfaktorenmit sich bringt. [Weber 1994]So besteht beispielsweise die Gefahr selektiver Beobachtung der Umwelt. Für Unternehmen alssoziale Systeme ist damit nicht nur eine regionale und sektoriale Dimension gemeint – also etwa hinsichtlichder Frage, ob auch die Märkte in Südostasien und in den benachbarten Industriesektorenhinreichend beobachtet werden –, sondern damit ist auch angesprochen, ob etwa technische Beobachtungskriterienso weit definiert werden, dass auch äquivalente Technologien auf dem Bildschirm derUnternehmung erscheinen. Das Beispiel der an der Mechanik orientierten Uhrenindustrie zeigt, dassviele Unternehmen äquivalente Technologien nicht beobachten und daher ein erheblicher Anteil derBranche den veränderten Wettbewerbsverhältnissen zum Opfer fallen. Nur den Überlebenden bleibtdie Chance zum Lernen. [Weber 1994]Risikobehaftet ist auch die Tatsache, dass die für ein Unternehmen wesentliche Umwelt nach eigenenKriterien beobachtet werden. Der Output – etwa die Leistung – und der dafür notwendige Inputkönnen ebenfalls nur nach Maßgabe der eigenen Kriterien gesehen werden – in der Regel ist dies dieMaßgabe des Controllings. Auch hier besteht natürlich die Gefahr, dass die Zahlenwelt des Controllingsnicht “real” das widerspiegelt, was in der Organisation und ihrer Umwelt abläuft. [Weber 1994]FazitZusammenfassend kann man sagen, dass für Unternehmen aus Knowledge Management Sicht ein Umdenkenvom Taylorismus hin zur Lean Production vorteilhaft ist. Vor allem in Ländern mit einem hohenBruttosozialprodukt und somit einem hohen Lohnniveau müssen für Produkte viele Innovationen undbegleitende Dienstleistungen angeboten, die Produktion selbst schlank und kostenarm gehalten sowieein entsprechendes Know-How rund um die Erzeugnisse entwickelt werden.


50 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSHier ist es zum einen notwendig, die Mitarbeiter und auch Teams zu schulen, um deren Qualifikationzu erhöhen, zum anderen müssen Vorraussetzungen für ein organisatorisches Lernen geschaffenwerden. Um letzteres zu erreichen, müssen in großen Konzernen starre Strukturen und Hierachienaufgebrochen werden und in sozialen Einheiten in Form von kleineren Abteilungen oder eigenen Unternehmenorganisiert werden. Ein Gebilde von sozialen Systemen ist natürlich wesentlich flexiblerund anpassungsfähiger als eine große Organisation, allerdings steigt auch der Aufwand für die Kommunikationund den Informationsaustausch unter den Bereichen und Abteilungen.Sozialen Einheiten haben gegenüber einer großen und unüberschaubaren Organisation folgendeVorteile: Erstens kann sich eine soziales System besser auf ein bestimmtes Fachgebiet spezialisieren.Zweites besteht eine solche Einheit aus vergleichsweise wenigen Mitarbeitern, es gibt also einüberschaubares Geflecht sozialer Beziehungen, welches aufgrund des gleichen Fachgebiets und somitähnlicher Interessen gestärkt wird. Drittens ist die Abwesenheit einzelner Mitglieder für das Bestehendes sozialen Systems nicht Ausschlag gebend.Für die Weiterentwicklung eines Unternehmens ist es natürlich wichtig, Input (Aufwand) und Output(Leistung) richtig zu beobachten, darüber hinaus noch das organisatorische Umfeld “im Augezu behalten” und Zusammenhänge zwischen Input und Output, zwischen dem Ergebnis und seinen“Ursachen” herzustellen. Es ist leicht ersichtlich, dass eine kleine und entsprechend spezialisierte Suborganisation,also ein soziales System, schneller auf die Situation an den Märkten reagieren und sichbesser an neue Situationen anpassen kann, also wesentlich flexibler und lernfähiger ist als ein großerKonzern mit verteilen Betriebsstätten und einer starren Hierachie. Vorteilhaft ist bei einem solchen Gebildebeispielsweise, dass Trends und Innovationen, die in technologisch führenden Ländern erkanntwerden, an die Niederlassungen in anderen Ländern weitergegeben werden können. Auf diese Weisepr<strong>of</strong>itiert das gesamte Unternehmen dadurch, dass man sich auf diesen anderen Märkten rascher als dieKonkurrenz positionieren kann.Ein Nachteil der Untergliederung eines großen Unternehmens in soziale Einheiten sei hier zuerwähnen: Durch die Aufteilung von Kompetenzen an Suborganisationen wird auch der Kommunikationsaufwandwesentlich erhöht. Dies trifft vor allem zu, wenn mehrere soziale Einheiten, die zusätzlichnoch auf unterschiedliche Standorte aufgeteilt oder gar virtuell organisiert sind, gemeinsam an Projektenarbeiten. Dieser <strong>of</strong>fensichtliche Problembereich kann jedoch durch den Einsatz von Informationstechnologie(Intranet-System, Kommunikationstechnologie) abgefedert werden, wie die Fallstudieüber Siemens AG in Abschnitt 4.4 oder die Anforderungen an das Management eines lernenden Unternehmensin Abschnitt 4.6 noch zeigen wird.Für das Erzielen von Veränderungseffekten in sozialen Systemen wie Abteilungen, Unternehmenoder andere Formen von Suborganisationen bieten sich grundsätzlich drei Wege an: Erstens könnenMitarbeiter eingestellt, ausgetauscht oder entlassen werden – ein zum Teil risikobehafteter Weg –,zweitens kann man andere Anforderungen an die Suborganisationen definieren und drittens helfenunternehmens- oder abteilungsinterne Entscheidungsprogramme, um die Anzahl von wichtigen Entscheidungenfür künftige Entwicklungen zu reduzieren. Ein sehr gängiger Ansatz für Entscheidungsprogrammeninnerhalb einer Abteilung oder eines Bereiches ist der Einsatz von Ideenbörsen, wo dieMitarbeiter selbst Vorschläge einbringen können und somit am Lernprozess der Suborganisation beteiligtsind.Wie weitere Veränderungen nun in der Realität umgesetzt werden können, beschreiben die Abschnitte4.6, wo wesentliche Anforderungen an das Management erarbeitet werden, und 4.7, wo dieRolle des Kunden genauer beleuchtet wird. An dieser Stelle wird nun ein weiterer Bereich untersucht,der speziell für weltweit tätige Konzerne von Bedeutung ist, da er aufgrund der geographischen Verteilungeines solchen Unternehmens unvermeidbar ist. Der nun folgende Abschnitt beschäftigt sich mitdem Begriff der “virtuellen Organisation”.


3.8. VIRTUELLE ORGANISATIONEN 513.8 Virtuelle OrganisationenNicht nur das Aufbrechen von starren Hierachien und das Bilden eines Geflechts von sozialen Einheitenkönnen sich in einem großen, verteilten Konzern vorteilhaft auf wissensbasierte Tätigkeiten auswirken.Das Konzept der Virtualität ermöglicht speziell einem weltweit ansässigen Unternehmen neue Aspektehinsichtlicht der Forschungstätigkeiten, der Produkterstellung wie auch der Erschliessung eines neuenMarktes.Die bestehenden Organisationsformen können auf zukünftige und auch auf teilweise bereits aktuelleAnforderungen immer schlechter reagieren. Bereits 1994 erkannte John Scully, der ehemals fürApple tätig war, einen Trend, den er wie folgt prognostizierte: [Scholz 1994]“In 10 bis 20 Jahren werden wir eine Explosion neuer Industrien und Firmen erleben, diedann Zehntausende von virtuellen Organisationen bilden.” (John Scully) [Scholz 1994]Diese Aussage zielt darauf ab, dass die damaligen, vorwiegend hierarchischen Organisationsstrukturennicht überlebensfähig waren. “Virtuelle Organisation” ist ein Schlagwort, das in den letzten 10Jahren an großer Bedeutung gewonnen hat und heute bereits vielfach realisiert ist. [Scholz 1994]VirtualitätskonzepteFür eine zielgerechte Auseinandersetzung mit der Virtualität ist eine entsprechende Definition diesesBegriffs notwendig. Diese könnte folgendermaßen ausschauen: [Scholz 1994]Als virtuell wird die Eigenschaft einer Sache bezeichnet, die zwar nicht real ist, aber dochin der Möglichkeit existiert; Virtualität spezifiziert also ein konkretes Objekt über Eigenschaften,die nicht physisch, aber doch der Möglichkeit nach vorhanden sind.Diese Ausgangsdefinition von Virtualität impliziert Bezug zu einem konkreten Objekt: Es gibtdemnach keine Virtualität selbst, sondern ausschließlich virtuelle Unternehmen, virtuelle Produkteoder beispielsweise virtuelle Speicher. “Virtuell” bedeutet dabei immer das Fehlen von bestimmtenphysikalischen Attributen des ursprünglichen Objekts, also beispielsweise das “Verlagern eines physikalischenStandortes”. [Scholz 1994]Ein virtuelles Objekt definiert sich entsprechend über: [Scholz 1994]• konstituierende Charakteristika, die sowohl das ursprüngliche (reale) Objekt als auch seine virtuelleRealisierung aufweist• physikalische Attribute, die üblicherweise mit dem zu virtualisierenden Objekt assoziiert sind,dort aber nicht mehr vorhanden sind• spezielle Zusatzspezifikationen im Sinne von Lösungswegen, die für die virtuelle Realisierungnotwendig sind• Nutzeneffekte als Vorteile, die sich durch den Wegfall der pysikalischen Attribute ergebenDiese begriffliche Basis ist nun auch Voraussetzung für die Virtualitätskonzepte, die in Abbildung3.4 dargestellt sind und nachfolgend vorgestellt werden. [Scholz 1994]


52 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSAbbildung 3.4: Evolution der virtuellen Organisation [Scholz 1994]Virtueller SpeicherDie erste Konkretisierung von Virtualität findet man in der Informatik, wo “virtuell” in Verbindungmit Speichermedien einen Hintergrundspeicher (Sekundärspeicher) bezeichnet, der im Unterschiedzum Haupt- oder Arbeitsspeicher (Primärspeicher) einer Datenverarbeitungsanlage über eine weitausgrößere Speicherkapazität verfügt, die ebenfalls genutzt werden kann. [Scholz 1994]Virtuelle RealitätEine interessant Neuerung aus den achtziger Jahren ist die Entwicklung der sogenannten “virtuellenRealität”, in der eine mittels Computer simulierte Wirklichkeit oder künstliche Welt (“Cyberspace”)entsteht, in die Personen mit Hilfe technischer Geräte wie Headmounted-Display (elektronische Brille)und Dataglove (Datenhandschuh) versetzt sowie interaktiv eingebunden werden. Wesentlich beider Definition einer “virtuellen Realität” sind folgende zwei Aspekte: Aus der Sicht des Anbieters liefertdas System die Eigenschaften. Aus Kundensicht entsteht die “Realität” im Kopf des Benutzers.[Scholz 1994]Die Technik der virtuellen Realität ist mittlerweilen neben Computespielen auch bei militärischenund zivilen Fahr- und Flugsimulatoren, in der Raumfahrt, in der Medizin und in der Architektur erfolgreichim Einsatz. Generell wird damit bei der virtuellen Realität auf mechanisch-elektronischem Wegedem Anwender zumindest der visuelle Eindruck des realen Objekts vermittelt. [Scholz 1994]Virtuelle ErzeugnisseDie nächste Entwicklungsstufe des Konzepts der Virtualität betrifft das unternehmerische Umfeld. Aufgrundder Fülle der Veränderungen im Markt sind die Forderungen nach einer größeren Sensibilität fürZeit (Just-in-Time-Fertigung), Qualität (Total Quality Management) und Service (Kundenorientierung)wesentlich für den Erfolg eines Unternehmens. Hinzu kommen erhöte Anforderungen an die Logistiksowie gänzlich veränderte Rollenauffassungen bei Herstellern und Lieferanten. [Scholz 1994]


3.8. VIRTUELLE ORGANISATIONEN 53Das Ziel, möglichst zeitgleich mit dem Entstehen des Kundenwunsches, gemeinsam mit den Kundenein direkt auf den Kunden abgestimmtes (individuelles) Produkt zu schaffen, führte somit zur Entwicklung“virtueller Erzeugnisse”. Dieses Bestreben, den Kunden einzubinden und nicht auf Vorrat,sondern auf gemeinsam mit dem Kunden quasi bei Bedarf zu produzieren, wirft aber auch folgendesProblem auf: Man kann nun alle Dienstleistungsangebote in den Bereich der virtuellen Erzeugnisseeinordnen und auf diese Weise durch geschicktes Einbringen der zum Produkt gehörenden Dienstleistungendieses zum virtuellen Erzeugnis definieren. [Scholz 1994]Um dieser Anwendung entgegenzuwirken, ist eine klare Definition von virtuellen Erzeugnissennotwendig: Virtuelle Erzeugnisse erfahren ihre physische Manifestation erst durch die Mitwirkung desKunden, was beispielsweise in Form der Nutzung des Produkts durch den Kunden geschehen kann.Im Gegensatz zu virtuellen Realitäten und produktbezogene Dienstleistungen geht es bei virtuellenProdukten immer darum, reale Erzeugnisse zu erhalten, wie nachfolgend zu sehen ist: [Scholz 1994]• “Anbietersicht”: Der Anbieter ermöglicht es, die Eigenschaften eines Objekts zu erfahren, ohnedass das Objekt selbst schon existiert.• “Kundensicht”: “Realität” entsteht vorerst im Kopf des Benutzers, danach jedoch auch real.Die virtuelle Realität ist zwangsläufig auch Vorstufe zu virtuellen Erzeugnissen: Bietet ein Architekteinem Bauherrn eine Computeranimation vom zu bauenden Gebäude an, so ist dies eine virtuelleRealität. Wird dieses Haus dann genauso gebaut, wie es erlebt wurde, so wird es zum virtuellen Erzeugnis.Virtuelle Erzeugnisse können genutzt werden, um den Kunden in den Entwicklungsprozessmiteinzubeziehen, wie in Abschnitt 4.7 noch gezeigt wird. [Scholz 1994]Virtuelle OrganisationenDas Konzept der virtuellen Organisationen entstand als Folge diverser Veränderungen des Zusammenspielsvon Unternehmen sowie einzelner Einheiten innerhalb großer Konzerne. Im Kern geht es um dieNotwendigkeit der Schaffung von organisatorischen Einheiten, die folgende Kriterien erfüllen müssen:[Scholz 1994]• Reduktion auf den primären Geschäftszweck• Maximale Wirtschaftlichkeit durch strukturelle und prozedurale Einfachheit• Ausschöpfung von Kostensenkungspotentiale• Entwickeln und Anbieten von innovativen Produkten und Dienstleistungen• Sichern der maximalen Flexibilität durch vielfache Kombinationsmöglichkeiten• Offenhalten für vielfältigste ÄnderungsprozesseEs ist einfach zu sehen, dass traditionelle Organisationsformen hier sehr leicht überfordert sind.Deshalb kommt es zu Vorschlägen wie prozessgetriebene Organisationen, fraktale Unternehmen, LeanManagement (siehe Abschnitt 3.7) sowie strategische Netzwerke und Allianzen (siehe Abschnitt 4.7).Derartige Bewegungen in Richtung schlanker und flexibler Netzwerkorganisationen mit “fliegenden”Allianzen bringen allerdings auch eine Fülle von neuen Problemen mit sich: beginnend mit den inAbschnitt 3.3 beschriebenen Identifikations- und Motivationsproblemen der Mitarbeiter bis hin zurGefahr der in Abschnitt 4.7 geschilderten Pr<strong>of</strong>ilierungsschwäche bei den Kunden. [Scholz 1994]


54 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSInsgesamt zeigt es sich jedoch, dass die herkömmlichen Organisationsformen den zukünftigen Anforderungenan die Wettbewerbsfähigkeit gar nicht oder nur schlecht gerecht werden. Dies führt dazu,dass das Konzept der virtuellen Organisation als H<strong>of</strong>fnungsträger für neue Situationen an den Märktengesehen wird, denn hiermit lassen sich schlagartig neue Organisationsstrukturen bilden, die zwardie Koordinationsfunktion von Organisationen aufweisen, wegen ihrer Virtualität letztlich aber keineAufbaukosten haben. [Scholz 1994]Ein konkretes Beispiel hierzu kommt vom Autohersteller Volkswagen: Um der Forderung nachglobaler Präsenz bei geringem Kapitaleinsatz gerecht zu werden, wurde im November 1996 im brasilianischenResende ein Werk eröffnet, welches das Konzept der virtuellen Organisation lokal umsetzt.Volkswagen beschränkt sich dort nämlich auf logistischen Support, Kontrolle, Marketing und Verkauf.Die eigentliche Produktion wird dabei an Zulieferer übertragen, die mittels Vertrag längerfristig andieses Projekt gebunden wurden. In einer 37.000 Quadratmeter großen Fabrikshalle werden die vonden Zulieferern erstellten Teile zu Fahrzeugen verarbeitet. Sogar diese Tätigkeiten wird zum Großteilnicht von VW selbst übernommen. Auf diese Weise werden täglich 100 LKW und Busse von 1.500Mitarbeitern gefertigt, von denen nur 200 auf der Gehaltsliste von Volkswagen stehen. [North 1999]Die entscheidende Schwierigkeit im Umgang mit virtuellen Organisationen liegt aber in der Fassungkonzeptionell klarer Inhalte: Ein Automobilzulieferer, der über Betriebsdatenaustausch mit seinenAbnehmern verbunden ist, ist demnach genausowenig ein virtuelles Unternehmen wie zwei Unternehmen,die ein Joint Venture gründen. Die wesentlichen Charakteristika einer “virtuellen” Organisationmüssen daher am Begriff der Virtualität ansetzen. Während herkömmliche Organisationen immerdurch physikalisch existente vorhandene Objekte gebrägt ist, fehlen diese bei virtuellen Organisationen.Dies wird deutlich, wenn man sich die Begriffe “Unternehmen”, “Abteilung” und “Büro” betrachtet:[Scholz 1994]• ein Unternehmen hat einen eindeutigen rechtlichen Rahmen• eine Abteilung besitzt als spezielle Untereinheit in einem Unternehmen einen klaren AufgabenundKompetenzbereich mit eindeutigen Stellenzuordnungen• ein Büro besteht als Ort der Leistungserbringung zusammenhängende RäumlichkeitenWenn diese konstituierenden, realen Objekte wegfallen und trotzdem die damit verbundenen Eigenschaftenerhalten bleiben und genutzt werden können, ist gemäß der Definition von “Virtualität”von einer virtuellen Organisation zu sprechen. Die Abgrenzungen zwischen einer herkömmlichen undeiner virtuellen Organisaiton sind in Tabelle 3.1 zusammengefasst. [Scholz 1994]Organisationsform Reale Organisation Virtuelle OrganisationKoordination reales Kontrollsystem basiert Selbstkontrolle derauf expliziter Koordination Gruppe, EigenkoordinationBasis schriftliches Regelwerk gegenseitiges VertrauenInformation selektiver Informationszugang breite VernetzungVision zentrale Vision optional internalisierte VisionTabelle 3.1: Abgrenzungen der virtuellen Organisation [Scholz 1994]Eine virtuelle Organisation verfügt daher als konstituierende Charakteristika wie eine klassischeOrganisation über Kommunikationsbeziehungen und Verhaltensregeln; aber wegen dem Einsatz neuerInformationstechnologien – wie unter anderem auch in Abschnitt 3.4 beschrieben wurde – entfallenphysikalische Attribute wie Strukturmuster. Im Ergebnis führt dies zu besonderen Vorteilen wie beispielsweisezu zeitlicher und örtlicher Flexibilität. Die Bereitstellung und Nutzung eines die eigene


3.9. ZUSAMMENFASSUNG 55Organisation weit übersteigenden Potentials an Ressourcen und Kompetenzen ist dabei ein wesentlichesCharakteristikum einer virtuellen Organisation. [Scholz 1994]FazitInsgesamt betrachtet ist das Konzept der virtuellen Organisation aus Sicht eines großen, weltweit tätigenKonzerns in mehrfacher Hinsicht interessant:Erstens kann sich ein Unternehmen mit einer solchen Organisationsstruktur in einen neuen Marktetablieren, ohne große Risiken einzugehen. Wie das Beispiel Volkswagen gezeigt hat, kann ein Konzernmit minimalen Einsatz – im Endeffekt wird nur das Wissen über Produktion, Marketing und Verkaufsowie verhältnismäßig geringe Kapital- und Humanressourcen eingebracht – in ein Schwellenland expandieren.Zweitens kann ein Unternehmen mit dem Konzept “virtuelle Erzeugnisse” eine Vorschau auf Produktegeben und diese gemeinsam mit dem Kunden entwickeln. Vorteilhaft ist dies insbesonders, wennes dabei um kundenbezogene Großprojekte wie beispielsweise den Bau einer Anlage geht. Hier kanndas Produkt vorerst geplant und unter Mitarbeit des Kunden virtuell erstellt werden.Ein dritter Aspekt ist vor allem für wissensintensive Bereiche wie Entwicklungsabteilungen interessant:Um den Vorteil der zeitlichen Flexibilität zu nutzen, können im Konzern selbst virtuelleAbteilungen oder gar Unternehmen gegründet werden, die über den ganzen Globus verteilt sind. Nunkönnen Experten zum einen vor Ort ihre Leistungen erbringen und gleichsam im Rahmen eines solchenvirtuellen Unternehmens ihr Wissen beisteuern. Aufgrund der Verteilung der Experten wäre esbeispielsweise denkbar, dass an einem Forschungsprojekt 24 Stunden pro Tag gearbeitet werden könnte.Dieser Aspekt ist natürlich auch von Seiten der örtlichen Flexibilität zu sehen: Ein Experte, der ineinem Forschungszentrum tätig ist, oder gar eine ganze Abteilung kann mittels entsprechender Kommunikationstechnologiein einer entfernten Betriebsstätte eine bestimmte Aufgabe übernehmen.Aus Sicht der Informationstechnologie bedeutet das Konzept einer virtuellen Organisation, dassvermehrt Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Neben konventionellen Kommunikationsmittelnwie Mobiltelefon oder Videokonferenz-Systeme gibt es im Intranetsystems Technologien wieGroupware Computing Systeme zur Unterstützung von Teams, Workflow-Systeme zur Automatisierungvon unternehmensinternen Prozessen oder einfach nur persönliche Emails. Detailierter behandeltwerden diese Technologien bei der Analyse der Wissensprozesse in Kapitel 5.3.9 ZusammenfassungWie in diesem Kapitel ausführlichst gezeigt wurde, gibt es eine Menge von Problembereichen fürgroße und geographisch verteilte Unternehmen, wenn es darum geht, die Humanressourcen mittelsKnowledge Management Initiativen zu mobilisieren.Allein um die Mitarbeiter überhaupt zur Wissensteilung motivieren zu können, müssen, wie in Abschnitt3.3 gezeigt wurde, bestimmte Barrieren individueller und organisationaler Natur überwundenwerden. Je nach Klassifikation dieser Barrieren, kann man nun Konzepte für Wissensproduzenten und -konsumenten erstellen, die in weiterer Folge Verbesserungen bezüglich der Wissensverteilung mit sichbringen.Der nächste Aspekt, der in großen und vor allem verteilten Unternehmen zwingend notwendig ist,ist der Einsatz von Informationstechnologie. Wie allerdings auch aus der Umfrage in Abschnitt 3.2hervorgeht, kann eine technologielastige Strategie dazu führen, dass das organisationale Umfeld undvor allem die Mitarbeiter als betr<strong>of</strong>fene Akteure nicht berücksichtigt werden. Zu beachten ist auf jeden


56 KAPITEL 3. PROBLEMBEREICHE DES WISSENSMANAGEMENTSFall, dass Arbeitsabläufe und Wissensprozesse analysiert und von der einzusetzenden Informationstechnologieohne viel Zusatzaufwand unterstützt wird. Des Weiteren ist zu evaluieren, ob, wie und inwelchem Ausmaße ein Unternehmensgedächtnis aufgebaut werden soll.In global verteilten Unternehmen ist weiters die Problematik des Informationsüberangebots zuberücksichtigen, welches speziell bei der Nutzung des Internets, aber im Falle von großen Konzernenauch schon im Intranet auftreten kann. Hier gilt es, gute Strategien zur Auffindung und Aufbereitungder relevanten Informationen zu entwickeln und Problembereiche der Informationsauffindung zu vermeiden.Ebenfalls sehr vielversprechend ist der Einsatz von Filter-Technologie, elektronische Agentenoder gar Wissensbroker, wie die Studie über Teltech in Abschnitt 4.3 schildert.Aufgrund der Informationsflut ist es für ein großes Unternehmen auch notwendig, den Qualitätsaspektfür Informationen zu berücksichtigen und vor allem entsprechend zu managen. Qualitativ hochwertigeInformationen können entweder durch eine Bewertung der Informationen von Experten oderWissenskonsumenten – wie unter anderem die Fallstudie über die Siemens AG in Abschnitt 4.4 zeigenwird – oder aber durch die zwingende Eingabe von Meta-Informationen wie Autor, ErstellungsundAktualisierungsdatum, usw. erzeugt werden. Die Führungskräfte innerhalb des Unternehmens unddie Beziehung zu den Kunden, aber auch die Unternehmenskultur spielen für ein erfolgreiches Qualitätsmanagementfür Informationen eine besondere Bedeutung. Insbesonders muss man sich intern aufQualitätskriterien sowie Zielsetzungen für das Qualitätsmanagement festlegen, um einen bestimmtenStandard zu halten bzw. diesen zu verbessern.Ein sehr wichtiger Aspekt für weltweit agierende Konzern ist jener der Lernfähigkeit von Organisationen.So erweist sich zum einen das Organisationskonzept der “Lean Production” als wesentlichvorteilhafter als beispielsweise das Modell nach Taylor. Zu achten ist hier vornehmlich auf eine“schlanke” Produktion und eine “füllige” Mitarbeiterqualifikation, damit ein Unternehmen auch inZukunft leistungs- und wettbewerbsfähig sein wird. In punkto Lernfähigkeit spielt jedoch auch dieStruktur der Organisation selbst eine wichtige Rolle: Anstatt einer starren Hierachie scheint die Unterteilungeines großen Konzerns in soziale Systeme, also in mehrere kleine, selbstständig agierendeSuborganisationen. Dies erhöht die Flexibilität bezüglich der Anpassbarkeit an neue Situationen aufdem Markt, also die Lernfähigkeit des Unternehmens selbst. Der Nachteil des vermehrten Kommunikationsbedarfskann mittels neuer Technologien wettgemacht werden, wie Abschnitt 4.6 noch zeigenwird.Schließlich sei noch das Konzept der virtuellen Organisation zu erwähnen, welches für ein globalpräsentes Unternehmen gerade im Kontext der Lernfähigkeit interessant ist. Denn die Unterteilungin ein System sozialer Einheiten kann dazu führen, dass der Vorteil der räumlichen oder zeitlichenFlexibilität, die eine virtuelle Organisation mit sich bringt, notwendig wird. Des Weiteren kann einUnternehmen mit dem Konzept der virtuellen Erzeugnisse Kunden besser in den Designprozess einesProduktes einbinden. Drittens ermöglicht das Konzept der Virtualität auch, dass ein Unternehmen ohnegroße Risiken in einen neuen Markt expandieren kann.Im nächsten Kapitel werden nun Fallstudien und Lösungsansätze zur Bewältigung der hier erarbeitetenProblembereiche des Wissensmanagements vorgestellt.


57Kapitel 4Fallstudien4.1 MotivationWie das letzte Kapitel gezeigt hat, gibt es einige Problembereiche in der Wissensumgebung einesgroßen und geographisch verteilten Unternehmen. In diesem Kapitel werden nun anhand von Fallstudienüber bekannte Unternehmen interessante Ansätze vorgestellt, mit welchen die Problembereicheteilweise bewältigt werden können.Abschnitt 4.2 handelt von der Schindler Aufzüge AG 1 , welche sich seit jeher mit der Problematikder Projektabwicklung in einem großen und weltweit verteilten Konzern beschäftigt und einen vielversprechendenAnsatz gefunden hat.Die zweite Fallstudie in Abschnitt 4.3 beschreibt Teltech 2 . Es handelt sich dabei um ein Unternehmen,welches wissensbasierte Dienstleistungen für andere Unternehmen anbietet und aufgrund derJahrzehnte langen Tätigkeit in diesem Bereich sehr aufschlußreiche Erkenntnisse über das Kundenverhaltengewonnen und viel Innovatives im Bereich Knowledge Management geleistet hat.Der Abschnitt 4.4 schildert wichtige Erfahrungen beim Aufbau des KM-Frameworks der SiemensAG 3 . Es werden Grundsätze und Erfolgsfaktoren, die beim Design und der Implementierung von einemerfolgreichen KM-System zu beachten sind, näher beschrieben.In der vierten Fallstudie in Abschnitt 4.5 wird ein interessantes Projekt beim Automobil- undRaumfahrzeugkonzern Rolls-Royce 4 beleuchtet. Hier mussten zwei angehende Mitarbeiter für ein wissensintensivesProblem recherchieren und ein webbasiertes Nachschlagewerk für die Ingenieure entwickeln.Abschnitt 4.6 zeigt wichtige Aspekte, die das Management eines lernenden Unternehmens beachtenmuss. Es werden die neuen Herausforderungen für große und geographisch verteilte Unternehmenaufgezeigt wie auch Technologien, die bei den diversen Organisationsumgebungen möglich sind, vorgestellt.Der letzte Abschnitt 4.7 dieses Kapitels behandelt den Umgang von lernenden Unternehmen mitderen Kunden. Es wird ein kurzer Überblick über kundenbezogene Lernprozesse sowie Strategien zurKundenakquisition und Kundenbindung gegeben.1 www.schindler.com2 www.teltech.com3 www.siemens.com4 www.rollsroyce.com


58 KAPITEL 4. FALLSTUDIEN4.2 Projektabwicklung in der Schindler Aufzüge AGIn einem großen und verteilten Unternehmen werden neben klassischen Arbeitsabläufen immer mehrProjekte durchgeführt. Problematisch bei der Projektarbeit sind ständig wechselnde Aufgaben- undWissensträger. In dem nun folgenden Abschnitt werden wesentliche Knowledge Management Aspektebei der Projektabwicklung aufgezeigt und Lösungsansätze anhand der Schindler Aufzüge AG vorgestellt.Wie die Studie über die weltweit tätige Schindler Aufzüge AG zeigt, kann man zwischen dreiTypen des Projektwissens unterscheiden: [Schindler et al. 2000]• “Wissen im Projekt” bezeichnet aktuelles Wissen aus der organisatorischen Sichtweise. Typischsind hierfür etwa das Wissen über Arbeitspakete sowie das für die Erledigung einer Aufgabeerforderliche Fachwissen. So muss etwa die Projektleitung im Rahmen des Projektcontrollingsüber Wissen bezüglich ausstehender Arbeitspakte, ihrer Abhängigkeiten und Fälligkeitstermineeinschließlich dem lieferverantwortlichen Teammitglied verfügen. Der Entwicklungsingenieurnutzt sein technisches Know-how zur Bewältigung eines Konstruktionsproblems.• “Wissen über Projekte” meint ebenfalls Wissen mit aktuellem Zeitbezug, allerdings aus der strategischenund informierenden Perspektive. Zu dieser Wissenskategorie gehören beispielsweiseWissen über eine mögliche Ressourcenausstattung bzw. einsetzbares Know-how im Projektumfeld(Skills), aber auch Wissen über im Rahmen einer Projektsitzung getr<strong>of</strong>fene Entscheidungen,beispielsweise in Protokollen expliziert. Weiterhin können hier Methoden-Know-how wieein Phasenablauf oder der in der Projektdokumentation schriftlich fixierte Projektplan aufgeführtwerden.• Der dritte und letzte Typ ist das “Wissen aus dem Projekt” im Sinne einer historischen Perspektiveauf abgeschlossene Projekte bzw. Projektphasen. Beispielhaft seien hier die in den Köpfender Mitarbeiter abgebildeten Erfahrungen über die Lösung eines Detailproblems oder die in einerErfahrungsdatenbank dazu kodifizierten Lessons Learned aufgeführt. Auch das Projektergebnisim Sinne eines physischen Gutes oder einer erbrachten Dienstleistung stellt expliziertes Wissendar.Die beiden erstgenannten Wissenstypen lassen sich durch Transformation in die letztgenannteForm überführen. Aktuelles Wissen im Projekt wird durch Anwendung oder Kodifizierung zu Wissenaus dem Projekt, Wissen über Projekte wird nach deren Durchführung in verbesserte Methodenumgesetzt und somit zu Wissen aus dem Projekt. Alle drei Typen bilden mögliche Bestandteile desintellektuellen Kapitals eines Unternehmens, in welchem unter anderem auch Projekte abgewickeltwerden. [Schindler et al. 2000]Im Rahmen des Projektwissensmanagements gilt es, das Unternehmen bezüglich der Identifikation,Entwicklung, Integration und Anwendung des im Projektkontext erforderlichen Wissens zu optimieren.Es konnten fünf bestimmende Faktoren des Projektwissensmanagements identifiziert werden. Dies sinddie Organisation selbst, die Unternehmenskultur, das Lernen (siehe Abschnitt 3.7), die Projektmethodikund Informations- und Kommunikationstechnologie (siehe Abschnitt 3.4). [Schindler et al. 2000]Die OrganisationBetrachtet man die Organisation, so sollte diese für den Wissensaustausch förderlich konzipiert sein.Während sich die Rolle des Chief Knowledge Officers mittlerweile in der Praxis durchzusetzen beginnt,fehlt es den Unternehmen <strong>of</strong>tmals an Wissensmanagement-orientierten Rollen auf Projektebene,


4.2. PROJEKTABWICKLUNG IN DER SCHINDLER AUFZÜGE AG 59die sich für den Wissenstransfer zwischen Projekten und innerhalb größerer Projektteams sorgen (sogenannteProject Knowledge Broker). Eine weitere Rolle ist die des Project Debriefers – ein externerCoach, der gemeinsam mit dem Projektteam Lessons Learned ableitet. [Schindler et al. 2000]Ein weiteres organisatorisches Problemfeld ist die Identifikation von Wissensträger: Insbesonderein größeren, internationalen Unternehmen sind Experten für die Neubesetzung von Projektteams <strong>of</strong>tmalsschwer zu identifizieren. “Yellow Pages” und Skillmanagement-Systeme sind mögliche Lösungsansätzeunter Nutzung von neuen Medien. Unter organisatorischen Gesichtspunkten sind dabei jedochmöglichst frühzeitig Aspekte des Datenschutzes zu berücksichtigen. Die Offenlegung solcher personenbezogenerInformationen über die Fähigkeiten eines Mitarbeiters sollte dabei auf dem Prinzip derFreiwilligkeit beruhen.Die UnternehmenskulturGerade für große Unternehmen wichtig ist der Bereich der Unternehmenskultur. Dieser umfasst Aspektebezüglich gemeinsamer Werte, Normen und Regeln, die das Verhalten der Organisationsmitgliederprägen. Dies betrifft sowohl das Projekt als Einheit als auch die Integration dieser Entität in die Organisation.Eine Unternehmenskultur als ganzes kann den Wissensaustausch hemmen, aber auch dieProjektkultur selbst kann bereits Barrieren hervorbringen, wie in Abschnitt 3.3 bereits beschriebenwurde. [Schindler et al. 2000]Zum einen werden im Rahmen von Kodifizierungsstrategie gezielt Tools zum Explizieren von Wissenund zur Sicherung von Erfahrungen eingesetzt. Typisch sind hier die Abbildung von Projektdokumentenin verteilten Datenbank-Strukturen und das Sichern von Lessons Learned in Fallstudien. Beidiesem Ansatz ist eine hohe Interaktion im Sinne von Kommunikation der Beteiligten notwendig. Hingegenfindet im Rahmen der Personalisierungsstrategie der Wissensaustausch primär durch persönlicheKontakte (Arbeitstreffen, Workshops) statt. Bei diesem Ansatz können moderne Informations- undKommunikationstechnologien allenfalls zur Kommunikationsunterstützung eingesetzt werden. Eineempirischen Studie hat gezeigt, dass in der Praxis eine Mischkultur aus den beiden genannten Extremenam geeignetsten erscheint. [Schindler et al. 2000]Weiterhin ist eine intakte Teamkultur für den Wissensaustausch sehr wichtig. Wie in der Umfragein Abschnitt 3.2 erörtert wurde, sind in der Projektarbeit primär Zeitdruck und die mangelnde Bereitschaftzum Eingestehen von Fehlern als mögliche Barrieren identifiziert. Je höher der geografischeVerteilungsgrad eines Projektes ist und je größer der Anteil unterschiedlicher Kulturen ist, desto wichtigerist der Vertrauensfaktor für das Team. Bei fehlendem Vertrauen kommt es aus bereichsspezifischenInteressen zum bewussten Zurückhalten von Informationen oder der Infragestellung von übermitteltenInformationen (Vollständigkeit, Echtheit) kommen. [Schindler et al. 2000]Die neuen Medien bieten hier die Chance einer Überbrückung dieser Lücke. Die alleinige Nutzungsolcher Lösungen, wie E-Mail, Diskussionsforen, virtuelle Projekträume kann allerdings zurZerstörung von Vertrauen führen, da über diese Kanäle knapper und teilweise unreflektierter kommuniziertwird . Wie bereits in Kapitel 3.4 beschrieben wurde, ist eine direkte Kommunikation zwischenMitarbeitern trotz Einsatz modernster Informationstechologien essentiell.Das LernenAbschnitt 3.7 hat gezeigt, dass die lernende Organisation durch vier Arten des Lernens gekennzeichnetist. Während sich Lernen der Einzelpersonen und Lernen von der externen Umwelt im Rahmender Projektarbeit durch Zeitknappheit als problematisch gestalten, birgt das Lernen in Gruppen undLernen im organisatorischen Kontext <strong>of</strong>tmals noch größere Schwierigkeiten für das projektorientierteUnternehmen: Das Risiko des Wissensverlustes am Projektende stellt ein großes Problem für ein


60 KAPITEL 4. FALLSTUDIENUnternehmen dar. Organisationen entstehen erhebliche Kosten, verursacht durch Doppelarbeit und <strong>of</strong>tmalsmehrfach wiederholte Fehler. Es wird deshalb immer wieder eine bewusstere Gestaltung desProjektendes gefordert und die Sicherung von Erfahrungen propagiert. [Schindler et al. 2000]Lernziele im Sinne der Erfahrungssicherung im Projekt sind <strong>of</strong>tmals nicht formal gefordert undwerden aufgrund des hohen Zeitdrucks dann auch nur selten bzw. allenfalls informell umgesetzt. Hierbeiwird einmal mehr die Wichtigkeit informeller Zusammenkünfte für den Wissensaustausch deutlich.Oftmals findet sich auch eine entsprechende Aufforderung im Rahmen der Anforderungen für den Projektabschlussbericht.Die in Abschnitt 3.2 durchgeführte Umfrage zeigt, dass derartigen Aufforderungenaufgrund des hohen Termindrucks wenig nachgegangen wird. Ähnliches gilt für die Identifikationvon Best Practices. [Schindler et al. 2000]Es wurden bereits mögliche Modi der Erfahrungsableitung evaluiert: Insbesondere bei Projektenmit einer längeren Projektlaufzeit hat sich gezeigt, dass die Erfahrungssicherung nicht nur nach Abschluss,sondern bereits während der Durchführung des Projekts einsetzen sollte. [Schindler et al. 2000]ProjektmethodikDie Projektmanagement-Methodik beinhaltet Aspekte von Vorgehensmodellen und Leitfäden für dieProjektabwicklung. Die meisten Unternehmen verfügen mittlerweile über Methodenwissen im Bereichder Projektdurchführung. Dies schlägt sich in umfangreichen Projektmethodenhandbüchern undFormularen nieder. Kritischer ist, ob dieses Methodenwissen auch standardisiert für alle im Projektinvolvierten Personen gleich gilt. Bei bereichs- und standortübergreifenden Projekten wird die gleicheOrganisationsnorm häufig unterschiedlich interpretiert. [Schindler et al. 2000]Konkretes Problem der Unternehmen in diesem Bereich ist der Umfang der teilweise mehrereBände umfassenden Methodenleitfäden. Eine bloße Abbildung der Inhalte im Intranet ist dabei zwarein wichtiger erster Schritt im Sinne einer höheren Transparenz, stellt aber <strong>of</strong>tmals nur die Verlagerungungelesener Inhalte aus dem Schrank in das Netz dar. Bei größeren Projekten bietet sich der Einsatzvon Workflow-Systemen an, mit welchen Abläufe automatisiert und so beispielsweise regelmäßigeLernziele im jeweiligen Projektphasen verankert werden können. Dabei werden diese Ziele alsfeste und für die Fortführung des Workflows bzw. des Projektes zwingend erforderliche Meilensteinedefiniert. Ihre Erarbeitung kann durch Workshops mit externen Moderatoren erzwungen werden.[Schindler et al. 2000]Wie Abbildung 4.1 zeigt, kann man Projekte bezüglich der zwei Determinaten “Akzeptanz der Projektmethodik”– wie beispielsweise Beachtung der Richtlinien, Nutzung von Formularen, usw. – und“Verankerung von Wissens- und Lernzielen in der Projektmethodik” einordnen. Es ist erwiesen, dassdiese beiden Determinanten stark von einander abhängen: Ein hoher Akzeptanzgrad der Methoden undStandards in den Projekten bei gleichzeitig nicht vorhandener Verankerung von Lern- und Wissenszielenlässt die Potentiale der Projektmethodik zur Etablierung einer lernenden Organisation tendenziellungenutzt (siehe Abbildung 4.1, Projekt a). Umgekehrt ist der Nutzen von in Methoden verankertenLern- und Wissenszielen nur dann vorhanden, wenn die Projektmethodik über eine entsprechende Akzeptanzverfügt (siehe Abbildung 4.1, Projekt b). [Schindler et al. 2000]Unterstellt man, dass Mitarbeiter sich nicht an die Methodik halten und ihre Bereitschaft Wissenim eigentlichen Sinn zu kodifizieren auch eher gering sein dürfte, bedeutet dies, dass ein Projekteher in Richtung Personalisierungsstrategie tendiert (siehe Abbildung 4.1, Quadrant II-IV), währendProjekte im Quadranten I eine stärkere Orientierung in Richtung Kodifizierungsstrategie aufweisen.[Schindler et al. 2000]


4.2. PROJEKTABWICKLUNG IN DER SCHINDLER AUFZÜGE AG 61Abbildung 4.1: Verankerung von Lernzielen in der Projektmethodik [Schindler et al. 2000]Informations- und KommunikationstechnologieWichtig aber nicht hinreichend für den Wissenstransfer und die Integration von Wissen in der organisationalenWissensbasis ist eine Infrastruktur (Hard- und S<strong>of</strong>tware), die im Rahmen einer verteiltenProjektabwicklung zur Verfügung stehen sollte. Projektinformationssysteme bestehen beispielsweiseaus relationaler Projektmanagements<strong>of</strong>tware für die Planung und Kontrolle des Projektverlaufsoder Groupware-Systemen für das persönliche Informationsmanagement und das der Gruppe.[Schindler et al. 2000]Unter anderem wurde in der Studie über die Schindler Aufzüge AG festgestellt, dass papierbasierteDokumentenstrukturen sowie mangelnder Einsatz geeigneter Technologien zu einer Verteilungsproblematikführen können. Beschränkt man sich zu sehr auf eine “Person-to-Person” Strategie undvernachlässigt das Kodifikation von Wissen, so wird man in einem großen und vor allem verteilten Unternehmenbald an die Grenzen der Verwaltung stoßen und erzeugt zudem organisatorische Barrieren.[Schindler et al. 2000]Im Rahmen der Forschungsarbeiten der Schindler Aufzüge AG konnten eine ganze Reihe vonModulen identifiziert werden, die eine entsprechende technische Plattform zum Projektwissensmanagementauszeichnet: [Schindler et al. 2000]Dazu gehört neben der Integration von abgegrenzten Dokumentstrukturen erstens eine moderneProjektverwaltung. Zentrale Anlaufstelle für das Projektteam und Projektexterne kann dabei einProjektportal im Intra- oder Extranet darstellen, wie Kapitel 7 noch zeigen wird. Entsprechendaufgebaut wird damit eine hohe Transparenz über Projektziele und -ablaufstrukturen geschaffen.[Schindler et al. 2000]Neben einem entsprechenden Bereich mit Neuigkeiten sollte eine solche Seite Verweise auf dieOrganisationsstruktur, wichtige Projektdokumente, anstehende Meilensteine und einen Management-Bericht über den aktuellen Projektstatus enthalten. Um Projektinterna vor unbefugten Blicken zuschützen, empfiehlt sich dabei die Einrichtung eines zwei- oder mehrstufigen Zugriffskonzeptes. Derentsprechende Pflegeaufwand sollte sich in der Rollenbeschreibung des Teams widerspiegeln und kannbeispielsweise durch das Projektsekretariat übernommen werden. [Schindler et al. 2000]Yellow-Pages und Skill-Management-Systeme unterstützen insbesondere größe und verteilte Unternehmenbei der Identifikation von Wissensträgern. Methoden- und Formularablagen helfen bei der


62 KAPITEL 4. FALLSTUDIENeinheitlichen Verfügbarmachung von Dokumentenvorlagen und Regelwerken. [Schindler et al. 2000]Lessons Learned und Erfahrungsdatenbanken (Best Practice Repositories) dienen der Kodifizierungvon Erfahrungswissen (Wissen aus dem Projekt). [Schindler et al. 2000]Diskussionsräume und Meetingspaces helfen beim verteilten Sitzungsmanagement, beispielsweisezur Bereitstellung und Diskussion von Agenden für virtuelle Sitzungen und der Distribution vonProtokollen. [Schindler et al. 2000]Nach der ausführlichen Beschreibung der fünf Faktoren des Projektwissensmanagements folgt nunein kurzer Bericht über besondere Aspekte des Wissensmanagement in der Projektabwicklung derSchindler Aufzüge AG.Wissensmanagement in internationalen EntwicklungsprojektenDie Schindler Aufzüge AG mit Stammsitz in Ebikon (Schweiz) beschäftigte 1999 über 40.000 Mitarbeiterweltweit. In den Hauptgeschäftsfeldern Aufzüge bzw. Rolltreppen ist das Unternehmen Weltmarktzweiterbzw. Weltmarktführer. In den letzten 25 Jahren hat das Unternehmen einen radikalenWandel vom schweizerischen Aufzugshersteller zu einem globalen Dienstleistungskonzern vollzogen.Die Tätigkeiten insbesondere im Aufzugsgeschäft können als sehr wissensintensiv bezeichnet werden:die Entwicklung von modernen Aufzügen ist hoch komplex und erfordert großes interdisziplinäresKnow-how. Die Themen sind vielfältig: Maschinenraumlose Aufzüge, neue Antriebstechnologien, RemoteMonitoring, Schachtinformationssysteme, Zielrufsteuerungen und intelligentes Verkehrsmanagement.[Schindler et al. 2000]Nachfolgend werden nun Innovationen und Technologien, die innerhalb der Schindler Aufzüge AGeingesetzt werden, vorgestellt.Von der Personalisierungs- zur KodifizierungskulturWie bereits erwähnt ist vor allem die Unternehmenskultur in einem großen und internationalen Konzernwichtig. Bedingt durch die strengen gesetzlichen Vorgaben (Dokumentationsvorschriften) für dieZulassung von Personenaufzügen und Fahrtreppen ist die Unternehmenskultur der Schindler AufzügeAG traditionell in Richtung einer Kodifizierungsstrategie geprägt. Das Management unterstützt allerdingsganz bewusst eine stärkere Personifizierungskultur. Es existiert eine hohe Wertschätzung für denWissensaustausch in weniger formalen Situationen, was sich beispielsweise durch gezielte Einplanungvon Kaffeeecken wiederspiegelt. [Schindler et al. 2000]Eine Kultur der Offenheit soll dabei helfen, das benötigte Vertrauen zu erzeugen. So sind zumBeispiel bis auf wenige Ausnahmen bei strategisch hochsensiblen Projekten die meisten Dokumenteauch für unbeteiligte Mitarbeiter zugänglich. Dazu wird ganz bewusst eine hohes Maß an persönlichenKontakten gefördert. Zunächst wird das für die Zusammenarbeit benötigte Maß an Vertrauen (V max )initialisiert. Dies kann im Rahmen eines teambildenden Kick-<strong>of</strong>f-Meetings mit der physischen Präsenzaller beteiligten Mitarbeiter stattfinden. Danach kann ein solches Netzwerk eine gewisse Zeit “virtuell”,d.h. durch Kommunikationstechnologie gestützte, räumlich getrennte Zusammenarbeit, bestehen,bevor der Wert unter eine subjektiv gemessene kritische Grenze (V min ) absinkt. Hier spricht man auchvon der “Halbwertszeit des Vertrauens”, welche nach einer bestimmten Zeit dezentralen Arbeitensdurch persönliche Treffen wieder erneuert werden muss (siehe Abbildung 4.2). [Schindler et al. 2000]


4.2. PROJEKTABWICKLUNG IN DER SCHINDLER AUFZÜGE AG 63Abbildung 4.2: Vertrauensschwankungen im Projektverlauf [Schindler et al. 2000]Wissensingenieure und TechnologiebeauftragteZur Verbesserung des Wissensmanagements hat man in der Schindler Aufzüge AG mehrere neue Rollengeschaffen. Die Rolle eines Wissensingenieurs (Knowledge Engineers) im Bereich des KompetenzzentrumsTechnologiemanagement beinhaltet die Überführung einer Suborganisation zu einer lernendenEinheit, indem er die Wissensmanagement-Strategien und -maßnahmen umsetzt. Der Technologiebeauftragte(<strong>Technology</strong> Liason Officer) ist hingegen für die Koordination der lokalen Technologieprojektemit den Konzernaktivitäten sowie für das Technologiemonitoring und die Identifikationvon Synergien zwischen Projektteams zuständig. Er berichtet direkt an den Leiter des Technologiemanagements.[Schindler et al. 2000]“Who is Who” als erweiterte Yellow PagesDas Unternehmen ist durch ein Corporate Network weltweit vernetzt und setzt auf Standardplattformenin den Bereichen Produktdatenverwaltung, Groupware (E-Mail, Calendaring, Scheduling) undProjektmanagements<strong>of</strong>tware. Neuakquirierte Unternehmensteile müssen sich diesen Standards anschließen,um heterogene Systemlandschaften oder Medienbrüche konsequent zu vermeiden. Ähnlichesgilt auch bei langfristigen strategischen Partnerschaften mit System- und Technologielieferanten.[Schindler et al. 2000]Sämtliche Projektdokumentationen werden seit einigen Jahren elektronisch erstellt und verwaltet.Altbestände hat man mit sehr hohem Aufwand digitalisiert und katalogisiert. Der Einsatz der neuenMedien hilft nicht nur beim Transfer expliziten Wissens – beispielsweise in Projektdokumenten kodifiziertestechnisches Know-how –, sondern wirkt gleichzeitig für den Austausch impliziten Wissensförderlich – zum Beispiel im Rahmen einer Videokonferenz. [Schindler et al. 2000]Das Unternehmen setzt im Bereich Yellow Pages seit einiger Zeit auf eine “Who is Who” Lösung,die als Groupware-Applikation realisiert ist und von 95% der Mitarbeiter aktiv, d.h. durch freiwilligesEinstellen der Informationen, genutzt wird. Ziel und Philosophie ist dabei nicht ein Ausfüllenvon elektronisch abgebildeten Formblättern, sondern das freiwillige Ablegen von Projektaktivitätenals Fließtext, welche via Volltextsuche aufgefunden werden können. [Schindler et al. 2000]


64 KAPITEL 4. FALLSTUDIENOrganisationales Lernen durch Sicherung von ErfahrungenInnerhalb der Schindler Aufzüge AG gibt es zum Ablauf von Projekten einige interessante Innovationen,die vorwiegend zur Sicherung von Projekterfahrungen eingesetzt werden. So sieht das Handbuchzur Projektdurchführung vor, dass Erfahrungen nach Projektende festgehalten werden müssen.Vor Projektstart ermöglicht ein Blick in das “Who is Who” die Identifikation geeigneter Ansprechpartner.Konsequente Schulungen helfen beim Bestreben, eine einheitliche Vorgehensweise bei derProjektdurchführung umzusetzen und gegebenenfalls mitgebrachtes Wissen zu entlernen, ohne dabeidie notwendige Kreativität zu zerstören. [Schindler et al. 2000]FazitIm Projektwissensmanagement existieren eine Reihe spezifischer Wissensbarrieren. Diese lassen sichin die fünf vorgestellten Determinantenkategorien einteilen, die eine enge Verwobenheit aufweisen unddeshalb nur ganzheitlich betrachtet werden sollten. Die hier diskutierten Ansätze stellen für die Praxiseine Hilfestellung bei der Bewertung des projektbezogenen Wissensmanagements dar und zeigenmögliche Handlungsfelder auf, die für ein großes und internationales Unternehmen in Frage kommen.Wie am Fallbeispiel Schindler gezeigt wurde, sind in diesem Zusammenhang projektbezogene Wissenspromotoren,eine ausgewogene Wissenskultur, die Erfahrungssicherung, die gelebte Verankerungvon Wissens- und Lernzielen über die Projektmethodik und der bewusste Einsatz der neuen Mediengerade in internationalen Projekten zentrale Erfolgsfaktoren.In dieser Studie wurden folgende Ansätze für die im letzten Kapitel erwähnten Problembereichevorgestellt: In punkto Wissensbarrieren setzt man in der Schindler Aufzüge AG auf Wissensmaklerund Technologiebeauftragte sowie auf persönliche Kontakte bei Workshops oder Projektbesprechungen.Des Weiteren wirkt sich das Forcieren der Kodifizierungsstrategie in den Projekten positiv auf dieUnternehmenskultur (schnellerer Zugriff auf Wissen) und auch auf die organisationale Lernfähigkeit(Sichern der Erfahrungen) aus. Projekte können zudem auch durch virtuelle Teams abgewickelt werden,die Experten müssen also nicht von einem Projekt zum nächsten reisen. Spezielle Überlegungenzum steigenden Aufkommen von Informationen oder zur Qualität derselben wurden in dieser Studienicht behandelt, die Aspekte zum Einsatz von IT werden nun gezeigt.An Technologien setzt die Schindler Aufzüger AG in ihren Projekten auf einfache Kommunikationsmittelwie Email und Videokonferenz-Systeme, aber auch auf Dokumentenverwaltung für dieVerwaltung der Lessons Learned und Groupware Computing Systeme zur Unterstützung von Projektteams.Skill-Management-Systeme helfen bei der Auffindung der internen Experten, damit wesentlicheFunktionen im Unternehmen optimal besetzt werden können.Auch der Ansatz mit einem projekteigenen Portal, welches zudem Neuigkeiten aus den spezifischenWissensgebiete anbietet, ist vorteilhaft aus Sicht der Unternehmenskultur, wie bei der Analyseder Wissensprozesse in Kapitel 5 noch erläutert wird. Un natürlich ist auch der Einsatz von Workflow-Systemen geeignet, um Projekte zu unterstützen. Ein Beispiel für ein Portal- und ein Workflow-Systems sowie deren Entwicklung wird in Kapitel 7 gezeigt.Es folgt nun eine weitere, für große und weltweit tätige Unternehmen interessante Studie über denamerikanischen Dienstleister Teltech, der wissensbasierte Services rund um die Wissensgebiete vonUnternehmen aus allen Branchen anbietet.


4.3. KM-SPEZIALIST TELTECH 654.3 KM-Spezialist TeltechDie seit 1984 bestehende Teltech aus Minneapolis bietet Unternehmen aus verschiedensten BranchenDienstleistungen rund um die Verwaltung von Informations- und Wissensbeständen. Dabei umfasst dieProduktpalette von Teltech folgende interessante Innovationen: [Davenport 1998]• Organisation einer hybriden Umgebung bestehend aus Personen und Technologie-basierten Services,• Erstellen eines für das Unternehmen notwendigen Expertenverzeichnisses,• Verwaltung von Informationsquellen,• Anwenden von Methoden zur Kategorisierung von Wissen und• das Berücksichtigen von KundenwünschenEs werden vier Grundservices an die Klienten von Teltech weitergegeben, nämlich: Vermittlung einesExperten aus dem eigens aufgebauten Netzwerk, welches tausende Wissenschaftler und Ingenieureumfasst; Zugriff auf eine Datenbankapplikation, die von Teltech gewartet wird und eine umfangreicheLiteraturrecherche ermöglicht; ein Erfindungensuchdienst; und ein Newsletter-Dienst, der auf technischeNeuerungen aufmerksam macht. [Davenport 1998]Jede dieser Dienstleistungen wird nachfolgend genauer beschrieben und im Bezug auf große undgeographisch verteilte Unternehmen evaluiert werden.Das Experten-NetzwerkTeltech hat Zugriff auf ein Netzwerk von einigen tausend Experten und kann somit alle technischenBereiche abdecken. Diese Experten – in etwa 3000 an der Zahl –, die im Online-System von Teltechabgerufen werden können, sind typischerweise Akademiker, Frührentner aus der Industrie oder Consultants.Wenn nun ein Kunde Support von Teltech wünscht, wird zuerst durch einen Wissensanalysten(“knowledge analyst”) oder durch einen der Experten, der über das nötige Vokabular des Fachgebietesverfügt, das Problem des Kunden erhoben und es werde diesem Kunden durch das Online-System einoder mehrere zuständige Experten zugewiesen. [Davenport 1998]Konsultiert der Kunde nun diese Experten, so wird diese Dienstleistung von Teltech verrechnet unddie Experten damit bezahlt. Das interessante an diesem System ist, dass die Experten in erster Linienicht wegen dem Entgeld teilnehmen, sondern um Kontakt zu anderen Experten zu haben und sich weiterbildenzu können. Natürlich müssen sich die Experten, an die Teltech ihre Kunden weitervermittelt,verpflichten, dass Kundendaten der Geheimhaltung unterliegen und dass sie nicht Dienstleistungen anden Kunden verkaufen. [Davenport 1998]Aus der Sicht eines großen und geographisch verteilten Unternehmen ist diese Dienstleistung vonTeltech auf den ersten Blick uninteressant. Ein weltweit agierender Konzern verfügt zumeist über eineigenes Netzwerk an hochqualifizierten Experten und wird diese Dienstleistung eher nicht in Anspruchnehmen – es sei denn, Teltech verfügt über eine sehr seltene Consulting-Dienstleistung.Was sich eine große Organisation mit einem eigenen Experten-Netzwerk jedoch abschauen kann,ist zum einen das Online-System zum Auffinden eines für ein bestimmtes Fachgebiet zuständigenExperten. In sehr vielen Konzernen passiert es leider häufig, dass sich das Ermitteln einer kompetentenAnsprechperson aufgrund von unternehmensinternen Barrieren (siehe Abschnitt 3.3, wegen fehlenderKommunikations- und Dokumentenverwaltungssysteme (siehe Abschnitt 3.4) oder eben wegen der


66 KAPITEL 4. FALLSTUDIENgeographischen Verteilung und dem daraus resultierenden fehlenden Kontakten als sehr schwierig odergar unmöglich herausstellt.Des Weiteren vorteilhaft bei Teltech ist das Anreizsystem, welches die Experten zur Arbeit mitKunden motiviert. Und man darf hier nicht nur den finanziellen Aspekt sehen, den die Betreuung einesKunden mit sich bringt. Vor allem werden die bei Teltech unter Vetrag stehenden Experten dadurchzu Projekten mit Kunden angeregt, dass sie zum einen – wie im Falle von jungen Akademikern –Erfahrung sammeln können, zum anderen deren langjährige Erfahrung weitergeben können, wie es beibereits pensionierten Experten <strong>of</strong>t der Fall ist. [Davenport 1998]Dieses Gemisch aus Jung und Alt hat zudem noch den Vorteil, dass Experten mit weniger Erfahrungennicht nur bei Projekten, sondern auch von ihren Kollegen lernen können. Wie die Praxis beiTeltech zeigt, nutzen gerade junge Akademiker die Möglichkeit und bilden sich bei internen Treffendurch die Kommunikation mit erfahrenen Experten entsprechend weiter. [Davenport 1998]Der Datenbank-SuchdienstAls zweite große Serviceleistung bietet Teltech Zugriff auf über 1600 Online-Datenbanken. Die Sucheselbst wird durch die Wissensanalysten von Teltech unterstützt. Dieser Dienst kann von den Klientenonline erreicht werden – sucht nun ein Kunde nach einer bestimmten Literatur, so meldet er sich überdie <strong>Home</strong>page an und kann nach bestimmten Gebieten suchen. Benötigt er Hilfe, so wird diese perHotline von einem Mitarbeiter Teltechs gewährt. [Davenport 1998]Die spezielle S<strong>of</strong>tware von Teltech ermöglicht es, dass der Wissensanalyst den Vorgang der Sucheeinsehen und mit dem Kunden über die Ergebnisse am Telefon diskutieren kann. Nützliche Ergebnisse,die gefunden wurden, werden sodann gespeichert und können beim Klienten ausgedruckt werden. Eindurchschnittlicher Suchvorgang dauert in etwa 25 Minute. [Davenport 1998]In einem großen und weltweit verteilten Unternehmen kann es durchaus passieren, dass man Zugriffauf sehr viele Datenbank-Services hat. So kann es beispielsweise in mehreren Unternehmensbereichenoder Abteilungen eigene datenbankbasierte Systeme geben. Auch das Wissen von Online-Fachjournalen im Internet trägt dazu bei, dass Konzerne auf weitere, externe Datenbank-Dienste zugreifenmüssen. Hier ist Teltech gleich in mehreren Punkten ein Vorbild für ein solches Unternehmen:Zum einen muss ein Wissensspeicher – egal ob dieser auf einer Datenbank basiert oder auf eineandere Art (siehe Abschnitt 3.4) realisiert wurde – stets die Möglichkeit einer Suche bieten, wie in Kapitel5 bei der Analyse der Wissensprozesse bzw. in Abschnitt 5.6 bei dem Baustein Wissensnutzunggezeigt wird. Teltech ermöglicht dabei die Suche in mehreren Datenbank-Systeme. In großen Unternehmenkann es zu dem typisches Problem kommen, dass man keine unternehmensweite einheitlicheIntranet-Lösung hat und die einzelnen Suborganisationen und Abteilungen eigene IT-Systeme haben.Hier ist es absolut essentiell, dass eine Suche auch über die Teilbereiche möglich ist, um beispielsweisebereits begangene Fehler oder teure Mehrfachentwicklungen zu vermeiden.Ebenfalls lehrreich für große, geographisch verteilte Unternehmen ist der Einsatz von sogenanntenWissensanalysten, die unter anderem bei der Wissensauffindung wichtig sind. Welche Aufgaben diesespeziellen Mitarbeiter eines Konzerns noch haben, wird in Kapitel 5 näher beleuchtet. Schließlichsei noch zu erwähnen, dass ein System, welches ähnliche Vorzüge wie jenes von Teltech bietet, derSchlüssel zur erfolgreichen Wissensauffindung (siehe auch Abschnitt 3.5) ist.Der ErfindungensuchdienstIm Laufe des langjährigen Bestehens von Teltech bemerkte man, dass Kunden vermehrt interessiertwaren und sind, ob eine Erfindung für ein bestimmtes technisches Produkt oder eine Serviceleistung


4.3. KM-SPEZIALIST TELTECH 67bereits patentiert ist. Aus diesem Grund wurde ein spezieller Erfindungensuchdienst entwickelt undden Klienten zur Verfügung gestellt wurde.Im Grunde ist dieser Dienst ähnlich der umfangreichen Datenbanksuche vom letzten Abschnitt. Jedochkennzeichnet die Suche nach einer Erfindung, dass der Kunde die Erfindung, die eventuell bereitspatentiert ist, zu Beginn nur umschreiben kann. Dadurch ist die Interaktion mit einem Wissensanalystenvon Teltech immer zwingend notwendig und ein iterativer Prozess, bei welchem Datenbankensystemeund Produktprospekte, die auch von anderen Anbietern stammen, durchsucht und Experten wie auchPatentamte konsultiert werden. [Davenport 1998]Der Analyst muss anhand der meist vagen Beschreibung des Klienten eine ähnliche Erfindungfinden und kann dann mit dem Kunden über das Suchergebnis diskutieren und daraus vorhandeneSachgebiete ableiten. Danach kann aufgrund einer genaueren Spezifikation durch den Kunden dieseSuche wiederholt werden, bis schließlich eine konkrete Erfindung oder zumindest interessante Suchresultategefunden werden. Ein solcher Suchvorgang kann sich über zwei bis drei Tage erstrecken.[Davenport 1998]Wie bereits beim Datenbank-Suchdienst wäre dieser Service für einen weltweit verteilten Konzernbesonders wertvoll. Allein eine interne Recherche nach Patenten stellt sich für entsprechend großeUnternehmen meist als problematisch heraus, da sie nicht immer Zugriff auf Patente anderer Betriebsstättenoder Abteilungen haben. Auf diese Weise wird <strong>of</strong>t unnötige Entwicklungsarbeit geleistet,dabei gäbe es neben dem Einsatz eines Wissensanalysten auch die Möglichkeit eines unternehmensinternen,intranetbasierten Suchdienstes, wie in Kapitel 5 noch gezeigt wird.Auch eine Suche nach externen Erfindungen erweist sich bei verteilten Unternehmen als schwierig,da die Betriebsstätten zumeist über mehrere Länder verteilt sind und eine Suche nach Erfindungenabhänigig von den lokalen Begebenheit ist. Ob Wissen nun erworben oder selbst entwickelt werdensoll, wie in den Abschnitten 5.3 und 5.4 gezeigt wird, hängt natürlich stark davon ab, ob man entsprechendesexplizites Wissen schnell finden und einfach übernehmen kann. Hier wäre es für ein inmehreren Ländern ansässiges Unternehmen durchaus günstig, die Erfindungssuche von Teltech in Anspruchnehmen zu können.Der NewsletterDie vierte große Dienstleistung umfasst die Bereitstellung eines Newsletter-Services für die Fachgebieteder Kunden. Hierbei werden von Teltech die wesentlichen Forschungsergebnisse zu einemThema zusammengefasst und als wöchentlicher Newsletter an die Abonnenten verschickt. Als Fachgebietegibt es unter anderem Werkst<strong>of</strong>ftechnik, Biotechnologie, Sensorik, usw. Die Mitarbeitervon Teltech halten sogar direkt Kontakt zu den Entwicklern, sodass die Kunden teilweise vor derVeröffentlichung der Forschungsergebnisse in Fachzeitschriften über die Neuheiten informiert werden.[Davenport 1998]Für große, weltweit verteilte Unternehmen ist dieser Dienst in mehrfacher Hinsicht bedeutsam. EinUnternehmen kann sich durch diesen Service die zeit- und kostenaufwendige Recherche nach Innovationenin dessen Fachgebiet einsparen. Ansonsten kann der Newsletter als Warndienst gesehen werden,wenn es gilt, eine wichtige Neuerung nicht zu verschlafen. Für den Fall, dass ein großer Konzern keineeigene Forschungsabteilung hat, kann er auf diese Weise die Forschungs- und Entwicklungsarbeit imeigenen Bereich outsourcen, indem wichtige Neuerungen einfach erworben werden, wie in Abschnitt5.3 über den Prozess des Wissenserwerbs noch gezeigt wird. Hier kann allerdings für das Unternehmen,das einer Innovation hinterher läuft, die Gefahr einer Abhängigkeit entstehen.


68 KAPITEL 4. FALLSTUDIENInnovationen von TeltechInteressant an Teltech ist zum einen, dass mit den Kunden sowohl per Telefon, als auch per Internetoder Fax kommuniziert wird und diese Medien beliebig kombiniert werden können. Wie bereits derBarrierenwürfel in Abschnitt 3.3 zeigt, ist dieser Einsatz von mehreren Kommunikationsmittel einsehr effizientes Mittel gegen individuelle und organisatorische Barrieren seitens der Wissensanbieterwie auch auf Seiten der Wissenskonsumenten. Andererseits wird so dem Kunden nicht ein speziellerZugang zu neuem Wissen aufgezwungen, was ja nach Abschnitt 3.4 problematisch bei der Nutzungvon Informationstechnologie sein kann. [Davenport 1998]Der Trend bei der Nutzung von Informationstechnologie geht laut Angaben von Teltech eindeutigzum Medium Internet. 1998 nutzten zwar noch 70% der Kunden den Zugang per Telefon, der im gleichenJahr erst entwickelte Zugang per Internet wurde aber bereits von einen beachtlichen Prozentsatzder Kunden verwendet. [Davenport 1998]Wie bei anderen Informationsanbietern ist auch bei Teltech ein sehr großer Teil der rund 160 Mitarbeiterdamit beschäftigt, den Wert der angebotenen Informationen zu sichern und zu steigern. WasTeltech jedoch deutlich von anderen Providern unterscheidet, ist der Umfang der Informationen. DaTeltech ein sehr breites Spektrum an Fachgebiete abdeckt, müssen zahlreiche unterschiedliche Informationsquellenwie zum Beispiel das Expertennetzwerk, Fachzeitschriften, usw. zur Verfügung stehen.Dementsprechend aufwendig ist auch die Administration und Instandhaltung der Informationsquellen.[Davenport 1998]Hypbride Umgebung Mensch – TechnologieEin wesentlicher Aspekt für große Organisationen ist das Verwalten einer hybriden Umgebung bestehendaus Menschen und Technologie-basierten Dienstleistungen. Teltech sieht einzig den Menschenals effiziente Leitfaden durch die Informations- und Wissensbestände. Dies zeigt unter anderem dieTatsache, dass Kunden, die durchaus die Möglichkeit haben, das Expertensystem von Teltech alleinezu durchforsten, dennoch lieber die Dienstleistung eines Wissensanalysten in Anspruch nehmen, obwohldies kostenspieliger ist. Hinter jedem noch so guten Expertensystem sollte also stets ein Menschstehen, der bei der Nutzung zumindest erreichbar, wenn nicht gar automatisch eingebunden sein sollte.[Davenport 1998]Ein weiterer Punkt, der für eine hybride Umgebung Mensch-Technologie steht, ist die Möglichkeit,Mitarbeiter speziell für die Bereiche Informationsquellen, Suchtechniken und junge Wissensgebieteauszubilden. Dies kann gerade in einem großen und geographisch verteilten Unternehmen, inwelchem viele unterschiedliche Kommunikationstechnologien und Expertensysteme in Verwendungsind, enormes Kosteneinsparungspotential bei der Wissensauffindung und die Schaffung von neuenArbeitsplätzen bedeuten. Darüberhinaus wurde bei Teltech beobachtet, dass sich die Wissensanalystenmit zunehmender Qualifikation auch bestens zur Weiterbildung und Schulung von anderen Mitarbeiterneinsetzten lassen. [Davenport 1998]Verweis auf PersonenEin vielversprechender Ansatz im Geschäftsmodell von Teltech ist ist jener, dass Individuen nicht nurFührer zu Informationen und Wissen sind, sondern auch eine wesentliche Lagerstätte des Fachwissens.Teltech überträgt nicht das Wissen eines Experten in eine Datenbank, sondern die Gebiete, indenen jemand arbeit und sich auskennt. Das gesamte Wissen erfassen zu wollen, würde viele Resourcenbenötigen und wäre aufgrunde der enormen Anzahl an möglichen Themenfelder nicht machbar.[Davenport 1998]


4.3. KM-SPEZIALIST TELTECH 69Teltech begnügt sich damit, FAQ 5 auszuarbeiten und neben kurzen Antworten einen Verweis aufeinen Experten aus dem Fachgebiet anzugeben. Sollte dieser Experte nicht der richtige Ansprechpartnerfür einen Kunden sein, so kann er an einen für das Problem kompetenten Kollegen weitervermittelt.[Davenport 1998]Die wertvolle Erfahrung für große Konzerne ist, dass erfolgreiches Knowledge Management nichtdarin besteht, das Expertenwissen in einem IT-System zu erfassen. Wichtig ist eher das Speichern derwichtigen Informationen, welcher Mitarbeiter der richtige Ansprechpartner für ein fachlich anspruchsvollenProblem ist und wie man mit diesem Kontakt aufnehmen kann. Daneben sollte für allgemeineProbleme ein FAQ-System existieren, welches jedoch nicht allzusehr ins fachliche Detail geht undidealerweise einen Ansprechpartner zu einer Frage ermitteln kann.Als Ergänzung zum Online-System, mit welchem die Experten eines Unternehmens verwaltet werden,kann ein sogenanntes Expertenportal eingesetzt werden. Hier könnte man die Möglichkeit bieten,dass eine Frage direkt an einen oder mehrere zuständige Experten weitergeleitet werden.Abbilden von InformationsquellenNachdem Teltech zusätzlich zum eigenen Expertennetzwerk und dem Erfindungssuchdienst auf über1600 Datenbanken Informationen zugeift, ist es für einen Kunden kaum überblickbar, welche potentiellenQuellen nutzbar sind. Darum hat Teltech eine eigene S<strong>of</strong>tware entwickelt, die einem Benutzereine integrierte Betrachtung aller Informationsquellen zu einem bestimmten Thema ermöglicht. DieserService, der auch als “integrated source map” bekannt ist, nennt einem Kunden oder Wissensanalystalle erfassten Experten, Patente, maximal 3 Jahre alten Papers und bald abgehaltenen Konferenzenzu einem gewünschten Thema. Die Informationen werden dann aufbereitet und der Kunde kann alleerhaltenen Informationsquellen abrufen. [Davenport 1998]Gerade ein solches System ist für große und vor allem verteilte Organisationen besonders wertvoll.Eine rasche und erfolgreiche Suche, die zudem das Ergebnis benutzerfreundlich aufbereitet, kann zumeinen wiederrum eine Kosten- und Zeitersparnis bedeuten, aber auch die Qualität einer Informationerheblich steigern. Weiß man nämlich, wo eine Information zu finden ist und idealerweise auch, werdiese Information verfasst hat, so kann man im Grunde durch direkte Kommunikation rasch auf dasWissen selbst zugreifen.Strukturierung von WissenDer vermutlich schwierigste Aspekt von Teltechs Dienstleistungen ist die Strukturierung und Speicherungder Wissensbestände sowie das Bereitstellen von Suchmechanismen, die das in einem Systembefindliche Wissen berücksichtigen. Im Grunde muss die Kundenanfrage durch Teltech – konkretdurch einen Wissensanalysten und dem System zur Wissensauffindung – in eine verfügbare Expertiseübersetzt werden. Dies geschieht durch ein selbst entwickeltes System namens “KnowledgeScope”,welches einen Thesaurus mit über 30.000 technischen Begriffen und auch Verweise zu zuständigenExperten beinhaltet. [Davenport 1998]Das System wird von mehreren Wissensingenieuren, die 500 bis 1.200 neue Konzepte pro Monatin die Datenbank aufnehmen und Veraltertes löschen, gewartet. Hierbei werden Begriffe, mit denen einKunde oder Wissensanalyst keine Resultate bei der Suche im KnowledgeScope erzielte, von den Wissensingenieuren– und nur von diesen – untersucht und bei Bedarf in das System eingefügt. Der Grundfür diese genaue Prüfung der Begriffe ist damit begründet, dass bei der Suche häufig Rechtschreibfehlerbegangen werden. Auch soll der Inhalt des Thesaurus immer konsistent sein, weshalb nur (wenige)5 frequently-asked questions


70 KAPITEL 4. FALLSTUDIENausgebildete Wissensingenieure schreibenden Zugriff auf das System haben. [Davenport 1998]Interessanterweise gab es vor diesem thesaurus-basierten System eine hierachisches Struktur mitden Fachbegriffen, den sogenannten “Tech Tree”. Dieser war aber für die Kunden und auch für dieWissensanalysten zu kompliziert in punkto Navigation. Außerdem wurden neue Begriffe <strong>of</strong>t in derfalschen Ebene der Hierachie angehängt, weshalb sie dann nicht gefunden wurden. Deshalb wurdesodann auf das thesaurus-basierte System umgestellt. [Davenport 1998]Jedes andere Unternehmen kann von diesen Erfahrungen, die Teltech quasi als Pionier geleistet hat,folgendes lernen: Zum einen ist eine hierachische Struktur von Wissensgebieten und Fachbegriffen aufgrundder umfangsreichen Wissensumgebung kaum noch möglich und schon gar nicht bedienbar. Undzum anderen erweist sich ein Thesaurus, also das Abbilden von Begriffen auf übergeordnete Fachgebieteund zuständige Personen als erfolgsversprechend. Hier muss allerdings wieder dafür gesorgtwerden, dass die Suchergebnisse sinnvoll aufbereitet werden. Wie dies in einem KM-System realisiertwerden kann, wird im Gestaltungsbereich in Abschnitt 6.4 geschildert.Fokus auf den Umgang mit InformationenTeltech konzentriert sich vermehrt auf das Verhalten der Kunden in Bezug auf Informationen. Diesumfasst beispielsweise die Prozesse wie die Suche, die Nutzung, das Verteilen und das Verwalten vonInformationen. [Davenport 1998]Experten in technischen Bereichen bedürfen spezieller Aufmerksamkeit. So müssen Informationenrasch und möglichst in unmittelbarer Nähe – im Idealfall auf dem Bildschirm – verfügbar sein, damitsie überhaupt Beachtung finden. Wenn die gewünschte Information nicht genau spezifiziert werdenkann, ist es von Vorteil, wenn der Wissensanalyst durch Interaktion ein Anforderungspr<strong>of</strong>il erstellt,denn diese Art der schrittweisen Problemlösung ist vor allem für Ingenieure leicht verständlich. WeitereKriterien für die Betreuung von Experten aus dem IT-Bereich sind gute Aufbereitung von Suchergebnissenund die Motiviation zur Verwendung von externen – also nicht intern entwickelten –Informationen. [Davenport 1998]Eine allgemeine Regel für das Eingehen auf den Umgang der Kunden mit Informationen gibt esnatürlich nicht. Allerdings werden seitens Teltech viele Projekte und Aktionen initiiert, welche diesesVerhalten der Klienten verbessern sollen. Wie Wissensanalysten berichteten, reicht es <strong>of</strong>t schon, eineIdee – wie beispielsweise das Hinzuziehen eines Experten – “gut zu verkaufen”, um eine erfolgreicheBeratung zu erbringen. [Davenport 1998]Weiters hat Teltech entdeckt, dass gerade Kunden aus dem Technologie-Sektor sehr leicht durchscheinbar bedeutungslose, technische Spielzeuge positiv beeinflußt, ja regelrecht motiviert werdenkönnen. So werden auf Konferenzen gern sogenannten “Tech Pets” ausgeteilt. Es handelt sich dabeium kleine Plastikfiguren, die verbunden sind und die man auf unterschiedlichste Arten rotieren lassenkann. Es wurde beobachtet, dass Experten diese kleinen Artefakte durch deren Neugier zu erkundenversuchen und dadurch aufnahmefähiger für neue Ideen sind, obwohl man vermuten würde, dass dieseher eine Ablenkung verursachen müsste. [Davenport 1998]Eine andere Zielgruppe, die Teltech bewusst für sich gewinnen will, sind Bibliothekare von Unternehmen,also die Wärter von externen Wissen. Diese für Teltech wichtige Gruppe der Bibliothekarekönnten sich nämlich durch die Dienstleistungen von Teltech in deren Existenz bedroht fühlen. Darumversuchen die Wissensanalysten das Verständnis der Bibliothekare für die Services von Teltech zusensibilisieren und eine gute Zusammenarbeit mit diesen zu erreichen. [Davenport 1998]Schließlich zielt Teltech noch auf die wichtigste Zielgruppe bei deren betreuten Unternehmen ab,nämlich auf jene der Manager im technologischem Bereich und der Forschungsleiter. Für dieses spezielleKlientel bietet Teltech Dienstleistungen, mit welchem eine Führungskraft abfragen kann, welche


4.3. KM-SPEZIALIST TELTECH 71Services von Teltech wie <strong>of</strong>t von den Mitarbeitern seiner Abteilung genutzt wurden. Erfahrungsberichtezeigen, dass Projektverantwortliche vor Zwischen- oder Endpräsentationen ihrer Projekte an ihreMitarbeiter herantreten und fragen, ob vereinzelte Projektschritte von einem Teltech-Experten begutachtetwurden. [Davenport 1998]Durch diese geschickte Sensibilisierung von Führungskräften bezüglich der Verwendung von externenWissen werden nun Projektmitarbeiter zur Nutzung von Teltechs Angeboten gezwungen, waszum einen Kostenersparnis seitens des Klienten bedeuten kann – Eigenentwicklung ist im Normalfallwesentlich ressourcenintensiver als die Verwendung von externen Wissen –, aber natürlich auch fürTeltech gewinnbringend ist. Teltechs Fokus auf führende Mitarbeiter in Unternehmen wird durch einenweiteren Service untermauert: Es gibt nämlich einen Newsletter-Dienst, der speziell auf “Führungspersonender Wissensrevolution” zugeschnitten ist. [Davenport 1998]Zusammenfassend kann man sagen, dass Teltechs Fokus auf den Umgang mit Informationen nichtunbedingt einer philosopischen Sichtweise entspringt, sondern eher aus einer wirtschaftlichen Notwendigkeit.Würden IT-Experten nicht die Dienstleistungen von Teltech in Anspruch nehmen, wäre damitkein Geld zu verdienen.Große und weltweit verteilte Konzerne können aber gerade von dieser Innovation viel lernen. Soist zum Beispiel positiv, wenn für die einzelnen Zielgruppen in einem von Teltech betreuten Unternehmenunterschiedliche Zugänge geboten werden. Tatsächlich zeigt ja bereits die Realität, dass einManager ganz anders mit Kommunikationstechnologie umgeht als ein beispielweise eine IT-Fachkraft.Also sollte auch das Userinterface eines KM-Systems eine gewisse Anpassbarkeit auf eine Zielgruppezulassen.Ein weitere Punkt, der in jedem größeren Unternehmen berücksichtigt werden sollte, ist das Schaffenvon Anreizsystemen für das Verwenden von externem Wissen. Wie hier bereits geschildert wurdeund wie Abschnitt 5.3 noch zeigen wird, kann der Erwerb von externem Wissen enorme Einsparungsmöglichkeitenbei teilweise höherer Qualität mit sich bringen.Schließlich sei noch zu erwähnen, dass in jeder Organisation auf den Umgang mit Informationengeachtet werden sollte. Einheitliche Richtlinien in der Daten- und Informationsverwaltung sind ein effektivesMittel, um Wissensbarrieren (siehe Abschnitt 3.3) und einen wild wuchernden Informationsdschungel(siehe Abschnitt 3.5) zu verhindern und den erfolgreichen Aufbau eines organisatorischenGedächtnisses (siehe Abschnitt 3.4) und natürlich die Qualität der Informationen im Intranet (sieheAbschnitt 3.6) zu fördern. Diesen Aspekt deckt Teltech durch geschickte und auf eine Zielgruppe abgestimmteManipulation des Umgangs mit Informationen ab.FazitTeltech ist seit Jahrzehnten das Herzeigeunternehmen in punkto Wissensmanagement. Die Überlegungenin dieser Studie behandeln die Problembereiche Wissensbarrieren, Einsatz von IT, Informationsflutund Informationsqualität. Ein großer, verteilter Konzern kann aus den langjährigen Erfahrungen vonTeltech in erster Linie bei der Gestaltung einer <strong>of</strong>fenen Unternehmenskultur und natürlich bei der Entwicklungeines KM-Systems lernen.So ist auf jeden Fall der Aufbau oder auch das Management eines Expertennetzwerkes interessant.Oft wird innerhalb eines Unternehmens ein für eine Aufgabe ausreichend qualifizierter Experte erfolglosgesucht und man muss auf externe Ressourcen zurückgreifen. Ein Skill-Management-System imIntranet könnte diesem Problem ein jähes Ende bereiten. Auch das Auffinden von Bereichs- oder Projektverantwortlichenin großen Unternehmen wäre beispielsweise durch ein entsprechendes System zurealisieren, wie Abschnitt 6.4 zeigen wird.Des Weiteren ist es für ein Unternehmen notwendig, die Experten zur Wissensteilung zu fördern


72 KAPITEL 4. FALLSTUDIENund Interessierte durch ein Anreizsystem zum Lernen zu motivieren. Wissenskonsumenten von heutewerden bei entsprechendem Lernfortschritt schon bald die Wissensanbieter oder -makler von morgensein, was bereits in Kapitel 3.3 erläutert wurde. Auch sollte die Nutzung von externen Wissen forciertwerden, da diese <strong>of</strong>t wesentlich günstiger kommt als beispielsweise eine komplette Neuentwicklung.Drittens zeigt diese Fallstudie ganz gut, was beim Aufbau eines Wissensspeichers zu beachtenist. Dazu zählt beispielsweise die Nutzung von unterschiedlichen (datenbankbasierten) IT-Systemenoder die Implementierung einer effizienten Suchfunktionalität. Vor allem bei der Strukturierung vonWissen hat Teltech mit dem thesaurus-ähnlichem System außerordentliche Vorteile gegenüber einerbaumähnlichen Struktur herausarbeiten können. Und natürlich sei hier noch die für den Umfang einerKnowledge Base vorteilhafte Idee, dass ein Repository nicht das gesamte Expertenwissen, sondern nurfachliche Konzepte mit Verweis auf einen Experten beinhalten darf, erwähnt.Auch was die Einführung von wissensbasierten Funktionen in einem Unternehmen betrifft, kannTeltech als Vorbild hergenommen werden. Wissensanalysten, die bei komplexeren Suchanfragen helfen,Mitarbeiter schulen oder als Knowledge Broker fungieren, sowie Wissensingenieure, die in Zusammenarbeitmit Experten Konzepte externalisieren und diese strukturieren, sind zumeist Vorraussetzung,dass wissensintensive Aufgaben oder gar Projekte rasch abgewickelt werden können.Schließlich seien noch die Besonderheiten im Umgang mit Informationen von bestimmten Gruppenin einem Unternehmen zu erwähnen: IT-Fachkräfte beispielsweise benötigen Informationen schnellund unkompliziert und sollten idealerweise in kompliziertere Suchroutinen eingebunden werden.Führungskräfte müssen zur Nutzung von externen Wissen sensibilisiert werden, indem man beispielsweiseeinen Bericht über die Wissensnutzung der eigenen Suborganisation oder Abteilung anfertigt.Auf jeden Fall aber bedarf es bei unterschiedlichen Typen von Wissenskonsumenten ein angepasstesVerhalten des Experten, Wissensanalysten oder gar eines IT-Systems.Somit wurde die Sichtweise eines Anbieters von wissensbasierten Dienstleistungen für andere Unternehmenausführlich behandelt und es folgt nun eine Fallstudie über einen großen und weltweit verteiltenKonzern, nämlich die Siemens AG.4.4 Das KM-Framework von SiemensDie aus dem Jahr 2001 stammende Fallstudie über die Siemens AG zeigt das WissensmanagementFramework, welches in dem Konzern, der rund 34.000 Mitarbeiter in über 60 Ländern beschäftigt, übereinen langen Zeitraum sowie in mehreren Schritten entwickelt wurden. Dieser ganzheitliche Ansatzwurde von einem eigenen Knowledge Management Team durch die SBS 6 realisiert und basiert aufdem grundlegenden Verständnis, dass Knowledge Management Bezug auf die Mitarbeiter, nicht aberauf ein Tool nehmen muss. [Ramhorst 2001]Die nächste wichtige Erkenntnis, die in der Design-Phase gewonnen wurde, war jene, dass Wissensmanagementhöchst komplex ist und sehr viele Verknüpfungen zu anderen Managementtechnikenherstellt. So müssen unter anderem Techniken wie Projektmanagement, Customer Relations oder Personalplanungbehandelt und modifiziert werden, um eine KM-Initiative umsetzen oder gar ein komplettesFramework realisieren zu können. [Ramhorst 2001]Das KM-Team von Siemens entwickelte unter diesen Aspekten ein Framework, das darauf abzielt,ein grundlegendes Verständnis für das Teilen und Nutzen von Wissen sowie Transparenz vonKompetenzen der Mitarbeiter zu gewinnen. Im nächsten Schritt wurde dann individuelles und vor allemorganisationales Lernen forciert, indem die Erfahrungen von Projekten sowie das Erzeugen vonwiederverwendbaren Wissensmodulen dokumentiert und gemeinsam mit den beteiligten Mitarbeitern6 Siemens Business Services


4.4. DAS KM-FRAMEWORK VON SIEMENS 73umgesetzt wurde. [Ramhorst 2001]Diese Vorgehensweise bewirkte schließlich innerhalb der Siemens AG eine Veränderung der Unternehmenskultursowie auf strategischer Unternehmensebene einen Wandel von einem produktorientiertenUnternehmen zu einem weltweit ansässigen Technologie- und Service-Konzern. Geradedieser zweite Aspekt trug in den letzten Jahren auch dazu bei, dass die Siemens AG stark wuchsund international expandierte. Als reiner Produktanbieter wäre eine solche Expansion nicht sinnvoll.[Ramhorst 2001]Es folgt nun ein Überblick über die Grundsätze des Frameworks, welche vom KM-Team berücksichtigtwurden.Grundsätze des KM-FrameworksUm überhaupt ein KM-Framework aufbauen zu können, ist es wichtig, ein Verständnis für dieBeschäftigung mit Wissensmanagement zu entwickeln. Veranschaulichend und somit unterstützendkann für ein solches Framework beispielsweise sein, dass man das KM-Modell selbst visualisiert –im Idealfall geschieht dies mittels einer Übersicht, welche die Instrumente des Wissensmanagementbeschreibt und einen Überblick über die KM-Initiative gibt. [Ramhorst 2001]Der Kern des KM-Frameworks basiert auf dem Prinzip Wissensmarkt, wo Wissensverkäufer (Produzenten)und Wissenskäufer (Konsumenten) aufeinander treffen, was bereits in Abschnitt 3.3 durchden Barrierenwürfel beschrieben wurde. Vor dem Hintergrund dieses Wissensmarkts müssen nun imKnowledge Management Programm gewisse, darauf aufbauende Grundsätze berücksichtigt werden,die nun der Reihe nach beschrieben werden. [Ramhorst 2001]Der erste, für ein erfolgreiches KM-Programm wichtiger Grundsatz ist jener, dass Wissensmanagementniemals die Geschäftsstrategie außer Acht lassen darf. Entwickelt ein Unternehmen Wissen inneuen Bereichen, die sich mit den eigenen Produkten und Dienstleistungen nie treffen, so werden zwardie Wissensbestände erweitert und auch qualitativ hochwertiger, im Endeffekt wird man mit dem neuenWissen im Kerngeschäft keinen neuen Umsatz erzielen können. Nur gezielte Einflussnahme auf dieWissensentwicklung wird den Paradigmenwechsel von einem produktorientierten zu einem serviceorientiertenUnternehmen vorantreiben. Der erste wichtige Grundsatz lautet also: Wissen muss wie jedeanderen unternehmerischen Vermögenswerte gemanagt werden. Diese Strategie bringt zwei wichtigeErgebnisse mit sich: erstens die Erhöhung von individuellen KM-Initiativen, sodass die Geschäftsbereichedes Unternehmens aufgewertet und neue Umsätze generiert werden können und zweitens eineManifestierung der Kernkompetenzen. [Ramhorst 2001]Als zweiter Grundsatz für ein erfolgreiches KM-Programm seien die Unternehmenskultur unddie vorherrschenden Unternehmenswerte zu nennen. Diese Fallstudie zeigt gleichsam der Umfragein Abschnitt 3.2, dass vor allem die Werte wie “gemeinsame Nutzung” und “Vertrauen” als kritischeErfolgsfaktoren zu sehen sind und entsprechend berücksichtigt werden müssen. In einer projektorientiertenUmgebung, wie sie gerade in einem serviceorientierten Unternehmen vorhanden ist, muss manspeziell auf das Klima und die Kommunikation innerhalb der Teams achten – so ist es beispielsweiseratsam, bei virtuellen Teams (siehe Abschnitt 3.8) nicht nur Online Foren zum Einsatz zu bringen,sondern die Mitglieder eines solchen Teams zu regelmäßigen Treffen zu bewegen, wie die Studie überdie Schindler Aufzüge AG in Abschnitt 4.2 gezeigt hat. [Ramhorst 2001]Wichtig ist es auch, Anreizsysteme für das Teilen und Nutzen von Wissen zu schaffen, was beispielsweiseüber eine Pramie für erfolgreiche KM-Tätigkeiten im eigenen Bereich geschehen kann.Hier ist es natürlich auch notwendig, die Mitarbeiter von den Vorteilen des Teilens und Wiederverwendensvon Wissen zu überzeugen. Zusätzlich sollte zumindest jährlich eine Bewertung der Wissensbeständemittels Feedback der Mitarbeiter, Kollegen und Vorgesetzten erfolgen, damit zum einen die


74 KAPITEL 4. FALLSTUDIENAuswirkungen des KM-Programms gemessen und eventuell weitere Initiativen zur Verbesserung derWissensprozesse durchgeführt werden können, wie auch Abschnitt 5.9), der den Prozess der Wissensbewertungbehandelt, zeigen wird.Ein interessanter Ansatz, der auf diesem Grundsatz basiert, ist das Einrichten von sogenannten“CoPs” 7 , wie es vom KM-Team bei der Siemens AG auch durchgeführt wurde. CoPs stellen quasieine Forschungsgemeinde für ein bestimmtes Anwendungsgebiet dar und sind am besten mittels einesvirtuellen Teams oder gar einer virtuellen Organisation, wie sie in Abschnitt 3.8 vorgestellt wurde,realisierbar. Im Falle der Siemens AG sind innerhalb der CoPs folgende Rollen definiert und besetzt:der Leiter der CoP, ein oder mehrere Wissensmakler (Knowledge Broker) sowie die Mitglieder. Dasbesondere an diesen virtuellen Teams ist, dass einzelne Mitglieder unterschiedlich intensiv in eine“Community <strong>of</strong> Practice” eingebunden sind. Weiters sind die Beteiligten nicht an einen bestimmtenOrt gebunden, sondern kommunizieren großteils über Informationstechnologien wie Online Foren,Groupware Lösungen, usw. [Ramhorst 2001]Der dritte kritische Grundsatz für eine erfolgreiche KM-Initiative ist das Prinzip des Wissensmarkts.Wie bereits in Abschnitt 3.3 beschrieben, kennzeichnet diesen, dass Wissenanbieter und Wissenskonsumentenaufeinander treffen. Problematisch an diesem Grundsatz ist die fehlende Transparenzüber die internen und externen Wissensbestände, eine strikte hierachische Unternehmensstruktur sowiefehlende Kommunikations- und Informationstechnologie, wie der Abschnitt 3.4 gezeigt hat. Zu beachtenist hier auch, dass die Einteilung in Wissensproduzenten und -konsumenten nicht als fix gesehenwerden darf. Ein Konsument, der sich über lange Zeit Wissen aneignet, wird irgendwann automatischselber zum Anbieter für andere. Ähnlich wie beim vorherigen Grundsatz ist es auch hier von Seitendes Management notwendig, die Rolle eines Wissensproduzenten und auch jene eines eifrigen Wissenskonsumentendurch unterschiedliche Anreizsysteme zu fördern. [Ramhorst 2001]Der vierte Grundsatz eines KM-Programms ist schließlich die in der Fallstudie über Teltech (sieheAbschnitt 4.3) bereits erwähnte Rolle des Wissensmaklers (Knowledge Broker). Dieser agiert wieein “Spider” bzw. eine menschliche Suchmaschine – eine genaue Definition dieser Begriffe ist bei derProblematik der Informationsflut in Abschnitt 3.5 nachzulesen – in seinem Bereich des Unternehmensnetzwerksund beantwortet Fragen, die in sein Gebiet fallen, bzw. vermittelt Mitarbeitern, die Informationensuchen, diese gewünschte Information oder einen entsprechenden Experten. [Ramhorst 2001]Zusätzlich muss ein Knowledge Broker nachfolgende Aufgaben innerhalb seines Wissensgebietsdurchführen: [Ramhorst 2001]• die Klassifizierung, Kategorisierung, Speicherung und Verwaltung von relevanten Informationenund Wissen (Bibliothekarsfunktion)• Koordination oder Durchführung von Forschungstätigkeiten• Beobachten der für ihn relevanten Online Foren• Einführen von neuen Plattformen oder Funktionen• Tätigkeiten zur Verbesserung der UnternehmenskulturJe nach Notwendigkeit kann die Rolle eines Knowledge Broker als Voll- oder Teilzeitbeschäftigungdeklariert und entsprechend besetzt werden. Auf jeden Fall sollte ein als Wissensmakler eingesetzterMitarbeiter ein umfassendes Basiswissen für sein Wissensgebiet mitbringen. Weiters sollte er in derLage sein, als Makler zwischen den Wissensproduzenten und -konsumenten zu fungieren – er muss7 Communities <strong>of</strong> Practics


4.4. DAS KM-FRAMEWORK VON SIEMENS 75also über soziale Kompetenzen und eine <strong>of</strong>fene Persönlichkeit verfügen, sowie selbstsicher und überzeugendin den für ihn relevanten Gebieten auftreten. [Ramhorst 2001]Der fünfte wesentliche Grundsatz für eine erfolgreiche Knowledge Management Initiative ist jenerder Güter, die auf dem Wissensmarkt vorhanden sind. Hier spielt eine entscheidende Rolle, wie ausgereiftund gut verfügbar diese Wissensgüter sind. Wie bei dem Siemens-internen Projekt festgestelltwurde, werden auf dem Wissensmarkt eines Unternehmens implizites sowie auch explizites Wissen –wie in Abschnitt 2.4 definiert – gehandelt. Implizites Wissen wird dabei in Form einer Verknüpfung miteiner entsprechenden Wissensquelle, also beispielsweise mit einem kompetenten Mitarbeiter, ausgetauscht.Hierbei gehts es aber nicht nur um die Verwaltung der Kompetenzen und Fähigkeiten von einzelnenMitarbeitern, auch jene von Teams und Unterorganisationen sind zu beachten. [Ramhorst 2001]Als explizites Wissen werden hingegen Dokumente, Prozesse, Geschäftsabläufe, usw. auf demWissensmarkt gehandelt. Für diese Art des Wissens ist vor allem der Grad der Wiederverwendbarkeit,der stark mit dem Wert eines Dokuments korreliert, bedeutend. Speziell für große und verteilteUnternehmen problematisch ist hierbei, dass wenige Projekte bereits eine Unmenge an Dokumentenhervorbringen kann, wie bereits mit dem Problembereich der Informationsflut in Abschnitt 3.5 beschriebenwurde. Hier gilt es, den Wert des explizit vorhandenen Wissen zu steigern. Bei Siemenswerden beispielsweise die Knowledge Broker zur Bewertung der Dokumente herangezogen. Weiterswird geachtet, dass die Dokumente aktuell sind und eine Suche nach bestimmten Metainformationensowie eine Volltextsuche möglich ist. [Ramhorst 2001]Im sechsten Grundsatz des vom KM-Team erarbeiteten Frameworks geht es darum, das vorhandeneWissen zu kategorisieren und visualisieren. Es handelt sich dabei um die Methode der Erzeugungvon sogenannten Knowledge Maps, welche Wissensflüsse und Kompetenznetzwerke graphisch umsetzen.Im Falle der Siemens AG wurde das interne Wissensnetzwerk des Unternehmens folgendermaßenvisualisiert: Die verschiedenen Kompetenzen innerhalb des Unternehmens werden mit Knoten in unterschiedlichenFarben dargestellt, während Verknüpfungen die Intensität und Richtung der Wissensflüssesymbolisieren. Weiters kann man aus dem Diagramm ablesen, wie groß das Netzwerk ist undwelche Schnittstellen zu Partnern oder beispielsweise Forschungseinrichtungen wie Schulen und Universitätenes gibt. Diese Knowledge Maps dienen in weiterer Folge auch als Vorlage für die in dieserStudie bereits erwähnten “Communities <strong>of</strong> Practice”.Der siebte und achte Grundsatz für ein erfolgreiches KM-Projekt ist äquivalent zu dem prozessorientiertenAnsatz aus Abschnitt 2.7. Als siebter Grundsatz wurde vom KM-Team nämlichder Prozess der Wissensbewertung erarbeitet, welcher einerseits durch die Knowledge Maps bereitsunterstützt wird und andererseits mittels des Ansatzes der Balanced Scorecards umgesetzt wurde.[Ramhorst 2001] Eine genauere Beschäftigung mit dieser KM-Methode wäre zu umfangreich für dieseDiplomarbeit.Der achte Grundsatz meint eine Auseinandersetzung mit den grundlegenden Wissensprozessen indem Unternehmen. Zu beachten ist, dass ein KM-Tool alle Wissensprozesse abdeckt und bestmöglichunterstützt. Bezüglich der Wissensentwicklung sollten zum Zwecke der Externalisierung von “tacitknowledge” eigene Prozesse zur Vorbereitung und Nachbesprechung von Projekten definiert und vomTool unterstützt werden. Weiters sollten Meilensteine festgelegt, auftretende Probleme innerhalb desProjektteams diskutiert und den Mitarbeitern die Möglichkeit zur Mitbestimmung bzw. zum Feedbackgegeben werden. Dies beeinflusst zum einen die Leistung der Mitarbeiter in künftigen Projekten, kannaber auch die Qualität des Projektresultats erhöhen. Dieser Grundsatz wurde bei der Siemens AG zumeinen durch die Rolle des Knowledge Brokers, zum anderen durch das eigens entwickelte KM-Toolrealisiert, welches im Grunde ähnlich einem Workflow System funktioniert. [Ramhorst 2001] Wie einsolches ausschauen kann, wird in Abschnitte 7.3 gezeigt.Um Knowledge Management voranzutreiben, wurde als neunter Grundsatz in den Projekten derSiemens AG die Rolle des Wissensarbeiters (“Knowledge Worker”) an ein oder mehrere Projektmit-


76 KAPITEL 4. FALLSTUDIENglieder vergeben. Diese werden von der Projektleitung und den Knowledge Brokern bestimmt undagieren innerhalb einer “Community <strong>of</strong> Practice”. Es gibt dabei folgende Funktionen: Der “PracticeLeader” koordiniert die KM-Aktivitäten in einem Projekt, die “Review Members” erarbeiten und begutachtenexternalisiertes Wissen und ein “Technical Editor” sorgt für die Qualität, die Konsistenz unddas Design der Dokumentation. [Ramhorst 2001]Der zehnte und letzte Grundsatz nimmt schließlich Bezug auf den Einsatz von Informationstechnologie,was gleichsam zeigen soll, dass die Bedeutung von Technologie nicht überschätzt werdendarf, wie bereits im Abschnitt über den Einsatz von IT (3.4) berichtet wurde. Das Forcieren eines IT-Systems ist allein schon deshalb gefährlich, da die Transformation einer Unternehmenskultur in einewissensorientierte Unternehmenskultur sehr zeitaufwendig ist, während die erfolgreiche Einführungeines Intranet-basierten KM-Tools nur wenige Wochen dauert. [Ramhorst 2001]IT-basierte KM-Systeme können in vier Kategorien unterteilt werden: [Ramhorst 2001]• Wissensbibliotheken: dokumentenbasierte Projekt- und Wissensrepositories• Wissensabbildungen (“knowledge mappings”): Portale, Suchmaschinen, Knowledge Maps, YellowPages, usw.• “Communities <strong>of</strong> Practice”: Anwendungen für virtuelle Teams, Collaboration S<strong>of</strong>tware, usw.• Zusammenführen dieser drei Anwendungstypen durch “Knowledge Flow” Applikationen: OnlineForen, Newsgroups, Workflow Systeme, Email, usw.Betrachtet man sich die Möglichkeiten der Wissensverteilung durch Informationstechnologie ineinem weltweit verteilten Konzern, kann man zwei wichtige Rollen ableiten: jene der Steuerung undjene der Unterstützung von Wissensmanagement. Bei Einsatz einer der oben genannten Technologiensollte immer bewusst sein, dass Knowledge Management nicht durch Technologie gesteuert, sondernnur unterstützt werden soll. [Ramhorst 2001]ErfolgsfaktorenWie aus dem langwierigen KM-Projekt bei der Siemens AG hervorging, gibt es eine Reihe von kritischenFaktoren, die über Erfolg einer erfolgreichen Umsetzung eines KM-Programms entscheiden.Diese werden nun aufgelistet und diskutiert: [Ramhorst 2001]• “Wissensmanagement bedarf eines problembasierten Ansatzes.”: Man darf nicht auf einen bestimmtenKM-Ansatz oder eine IT-Komponente hinarbeiten, sondern muss eine tiefgehende Untersuchungdes gesamten Unternehmens durchführen, um eine Lösung für die spezifischen Problemeentwickeln zu können.• “Knowledge Management muss vom Management wie auch von den Mitarbeitern unterstütztwerden.”: Besonders kritisch für den Erfolg einer KM-Initiative ist hier die Vorbildwirkung desManagements, welches nicht als Kontrollorgan, sondern als aktiver Teilnehmer fungieren muss.• “Kritische Wissensbestände müssen identifiziert werden und Knowledge Management muss alsintegrierter Teil des Geschäftsablaufs definiert werden.”: Im Falle der Suborganisation, die dasKM-Projekt abgewickelt hat, wurde die Projektabwicklung als wichtigster Geschäftsprozess unddie daraus gewonnenen Erfahrungen als kritischer Wissensbestand identifiziert.


4.4. DAS KM-FRAMEWORK VON SIEMENS 77• “Prozessverantwortliche, klar definierte Rollen und Verantwortungsbereiche müssen festgelegtwerden.”: Dieser allgemein gültige Management-Grundsatz ist gerade im Bereich Wissensmanagementproblematisch. Speziell beim Einsatz von Informationstechnologie wird die Verantwortung<strong>of</strong>t der EDV-Abteilung übertragen, in Wirklichkeit ist Wissensmanagement jedoch eindeutigeine Management-Disziplin.• “Eigene Wissenprozesse zum Externalisieren von impliziten Wissen als Best Practices sowiezur Erreichung und Beibehaltung der geforderten Reife von explizitem Wissen müssen erstelltwerden.”• “Der ökonomische Wert von Wissen liegt nicht im Besitz, sondern in der Nutzung desselben.”:Nach Erreichen eines Reifegrads des intellektuellen Kapitals müssen die Wissensbestände entsprechendzum Nutzen des Unternehmens eingesetzt, also von den Mitarbeitern benutzt werden.• “Eine KM-Initiative muss einem ganzheitlichen Ansatz folgen.”: Es ist für eine erfolgreicheBeschäftigung mit Wissensmanagement notwendig, alle im letzten Unterabschnitt beschriebenenGrundsätze zu betrachten und zu berücksichtigen.• “Thematisch verwandte Projekte müssen integriert und weiterentwickelt werden.”: WissensintensiveProzesse wie zum Beispiel ein E-Business-Projekt sollten nicht parallel zu KM-Initiativenlaufen, sondern diese integrieren.• “Eine technische Plattform für Wissensmanagement muss mit bestehenden Systemen zusammenarbeiten.”:Bisher bewährte Tools müssen weiterhin verfügbar sein. Zudem sollten die Mitarbeitermit dem neu eingeführten Tool vertraut sein.• “Pilotprojekte müssen klar definierte, messbare Zielsetzungen haben, welche in weniger als 6Monaten erreicht werden können – der Vorgang der Umwandlung zu einem wissensbasiertenUnternehmen kann sich indes über mehrere Jahre spannen.”: Die Planung eines Pilotprojektsist eine wesentliche Aufgabe für die erfolgreiche Umsetzung von Knowledge Management. Dieinvolvierten Mitarbeiter müssen bereits zu Beginn des Projektes die Vorteile von Wissensmanagementverstehen.Die Siemens AG hat diese Erfolgsfaktoren bei der langwierigen Aufbauphase des eigenen KM-Systems unter Berücksichtigung eines enormen Wachstums des Unternehmens sowie zunehmenderinternationaler Ausrichtung erarbeitet. Das Erreichen eines bestimmten Reifegrads des intellektuellenKapitals sollte für die eigenen Mitarbeiter nur eine Motivationsbasis sein. Wichtiger ist dasErreichen von gesetzten Wissenszielen und der Wandel zu einem serviceorientierten Unternehmen.[Ramhorst 2001]Neben dieser internen Sicht muss auch die Bedeutung von Wissensmanagement bei Themen wieE-Business, dem Beschaffungsmanagement oder dem Customer Relation Management verdeutlichtwerden. Und natürlich ist auch Wissensmanagement in der Projektabwicktlung ein kritischer Erfolgsfaktor,wie bereits in der Fallstudien über die Schindler Aufzüge AG in Abschnitt 4.2 gezeigt wurde.FazitDiese Studie bietet den wohl umfassendsten Ansatz für Knowledge Management in einem großenund geographisch verteilten Unternehmen. Es werden interessante Aspekte zu dem ProblembereichenWissensbarrieren, lernende Organisation, virtuelle Teams, Einsatz von IT, Informationsflut sowie Informationsqualitätsowie vielversprechende Lösungsansätze hierzu aufgezeigt.


78 KAPITEL 4. FALLSTUDIENAnhand der Erfahrungen der Siemens AG kann man sagen, dass für ein großes und weltweit verteiltesUnternehmen drei wesentliche Schritte zur erfolgreichen Einführung von Knowledge Managementwichtig sind: Zuerst muss evaluiert werden, welche Art von Wissen kritisch und nützlich fürdie Geschäftsabläufe ist und wie dieses Wissen die bestehende Strategie am besten unterstützen kann.Zweitens muss festgestellt werden, wo dieses Wissen erzeugt wird, wann und wo es am dringenstenbenötigt wird und wie es innerhalb des Unternehmens am besten verteilt werden kann. Drittens müssenWissensprozesse als Teil der exisitierenden Geschäftsprozesse definiert werden. Durch die Institutionalisierungdieser Wissensprozesse werden schließlich Vorgänge wie das Lernen, die Wissensentwicklungoder die Wissensverteilung Teil der alltäglichen Geschäftsaktivitäten.Obwohl in dieser Studie hauptsächlich ein IT-Konzern behandelt wurden, ist dieser Ansatz fürjedes beliebige Unternehmen, welches wissensintensive Prozesse durchzuführen hat, interessant. Aufalle Fälle ersichtlich wurde hier, dass eine KM-Initiative und eine darausfolgende Einführung einesIT-Systems ein Umdenken und Mitwirken des Managements erfordert, wie in Abschnitt 4.6 diesesKapitels noch genauer erläutert wird.Ein typisches Unternehmen wird grundsätzlich durch bestimmte Geschäftsprozesse, die unter anderemauch durch Prozesse der Wissensverteilung und -entwicklung durch Individuen gekennzeichnetsind, repräsentiert. Diese Fallstudie soll untermauern, dass es besser ist, Knowledge Management Aufgabenin die alltäglichen Geschäftsaktivitäten zu integrieren, als ein ausschließlich auf Wissensmanagementausgelegtes IT-Systems zu entwickeln.Interessante IT-Komponenten, die in dieser Studie erwähnt wurden, sind Document-Management-Systeme für Projekte oder Wissensbestände, Portale, Suchmaschinen, Skill-Management-Systeme,Groupware- sowie Workflow-Systeme. Speziell zu beachten ist beim Einsatz dieser Komponenten,dass qualitativ hochwertige Informationen geschaffen und verwaltet werden und dass auf das gespeicherteWissen rasch und effizient zugegriffen werden kann. Auch das Zusammenspiel mit bestehendenSystemen muss gewährleistet sein.Nach dieser Fallstudie über einen Konzern aus der IT-Branche wird nun ein in der Automobil- undRaumfahrzeugindustrie ansässiges Unternehmen näher beleuchtet, welches sich bereits erfolgreich mitKnowledge Management auseinandergesetzt hat, gemeinsam mit einer Universität ein interessantesKM-Projekt initiierte und schließlich ein webbasiertes KM-System hervorbrachte.4.5 Das webbasierte KM-System von Rolls-RoyceDer international tätige Konzern Rolls-Royce startete 1999 ein interessantes Projekt, welches gemeinsammit der Universität von Nottingham geleitet wurde. So wurden zwei frisch graduierte Ingenieuremit der Ausarbeitung und Aufbereitung einer fachspezifischen und sehr wissensintensiven Problematikbetraut, womit man zum einen eine Hilfestellung für dieses Fachgebiet schaffen und zumanderen die Informations- und Wissensbeschaffung innerhalb des Unternehmens evaluieren wollte.[Hammersley et al. 1999]Die zwei Jungakademiker erhielten die Aufgabe, die Zeitspanne für das Design einer Komponenteeines Düsenantriebs zu verkürzen, und mussten in 12 Wochen die Ausarbeitungen in Form von Webseitenpräsentieren. In diese Zeitspanne fiel allerdings auch das Einlernen in das Fachgebiet KnowledgeEngineering und das Erstellen der Webseiten. [Hammersley et al. 1999]Besondere Beachtung wurde bei dieser Initiative auf Fähigkeit, aus der Vergangenheit zu lernen,gelegt, denn das Wiederholen von bereits begangenen Fehlern bei dem Entwurf eines Düsenantriebeskann sehr teuer und zeitintensiv sein. Wissen ist hier ein wesentlicher Bestandteil zurReduzierung der Vorlaufzeit eines Düsenantriebs und zur Beibehaltung hoher Qualitätsstandards.[Hammersley et al. 1999]


4.5. DAS WEBBASIERTE KM-SYSTEM VON ROLLS-ROYCE 79Insbesonders sollte durch dieses Projekt auch Qualität der Entwicklungs- und ForschungsabteilungSPEDE [SPEDE 2000] evaluiert werden. Diese Abteilung, die gemeinsam mit der Rover Gruppe undParametric <strong>Technology</strong> gegründet wurde, erstellt nämlich für Rolls-Royce Techniken und S<strong>of</strong>tware-Tools zur Verbesserung der Geschäftsprozesse. Unter anderem liefert SPEDE auch die notwendigenWerkzeuge, um Wissen von wichtigen Mitarbeitern zu externalisieren und dieses in aufbereiteter Forminnerhalb des Unternehmens zu verteilen. [Hammersley et al. 1999]Schließlich wurde mit dieser Initiative auch das unternehmenseigene Intranet und hier vor allemdie festgelegten Rollen und Verantwortungsträger evaluiert. So sind bei Rolls-Royce beispielsweisefolgende Funktionen definiert: [Hammersley et al. 1999]• Process Owner: Verantwortlicher für einen Geschäftsprozess• Capability Owner: Erfahrener Manager, der durch einen Prozess Owner für ein Wissensgebieteingeteilt wurde; die Tätigkeiten umfassen das Festlegen des Intranets-Bereichs und der Benutzerberechtigungen,aber auch das Bewerten von Inhalten• Customer: Benutzer, die vom Capability Owner eingeteilt wurden, um einen bestimmten Bereichim Intranet zu beobachten• Technical Authority: Experte auf einem bestimmten Gebiet, der vom Capability Owner eingesetztwerden kann, um technischen Content innerhalb bestimmter Bereiche des Intranet zupflegenDiese vier Personengruppen waren in erster Linie die Ansprechpartner für die Jungakademiker.Einführender Kurs und erste AnalyseUnter diesen wichtigen Gesichtspunkten wurden nun die zwei neuen Mitarbeiter mit der Aufgabe betraut,die Zeitspanne für das Design eines neuen Düsenantriebes zu verkürzen. Hierbei wurden sechsPhasen durchlaufen, die hier nun genauer beschrieben werden.Die ersten zwei Wochen mussten die angehenden Ingenieure von Rolls-Royce einen intensivenKurs auf der Universität von Nottingham über sich ergehen lassen, wo ihnen Grundlagen über Wissensmanagement,Knowledge Engineering und Usability von Webseiten nähergebracht wurden. Hierbeiwurde der Bereich Knowledge Engineering, der in Tabelle 4.1 näher beschrieben ist, forciert, dadieser für die Aufgabenstellung benötigt wurde. [Hammersley et al. 1999]Nach dem zweiwöchigen Kurs auf der Universität galt es für die zwei Jungakademiker, ein Konzeptzu entwickeln. Man erstellte hierbei nach Interviews mit dem Capability Owner die Anforderungen fürdie zu gestaltenden Webseiten, welche das notwendige Wissen über das Design eines Düsenantriebsbeinhalten sollte. [Hammersley et al. 1999]Weiters versuchten die zwei Ingenieure die wesentlichen Einflussfaktoren, wann welches Wissenfür eine rasche und effiziente Weiterentwicklung benötigt wird, zu identifizieren. Um diese Schlüsselstellenin der Designphase zu finden, beobachteten sie die Ingenieure in den Werken in Bristol undDerby und führten eine Reihe von kurzen, strukturierten Interviews mit den sogenannten Customersdurch. [Hammersley et al. 1999]Resultat dieser ersten Recherche war, dass es in etwa 10 verschiedene Typen von Beanspruchungsanalysenund etwa 35 verschiedene S<strong>of</strong>twarepakete dafür gab. Hier zogen die beiden den Schluss, dasses notwendig wäre, die Erfahrungen über die S<strong>of</strong>twarepakete zu dokumentieren und an einer zentralenStelle, auf die alle Ingenieure zugreifen können, abzulegen. [Hammersley et al. 1999]


80 KAPITEL 4. FALLSTUDIEN• Definition: Knowledge Engineering bezeichnet den Prozess der Identifikation, Analyse und Reduktioneines Wissenbestands auf eine präzise Form, welche das Wissen in einer nützlichenund nutzbaren Art und Weise darstellt. Dieser sehr bekannte Ansatz wird durch eine Reihe vonentwickelten Tools und Techniken wie beispielsweise der Wissenserhebung, der Wissensrepresentationoder dem Modellieren von Wissensbeständen realisiert. Knowledge Engineering iststark durch die Fachgebiete Psychologie und Informatik geprägt und wird häufig durch S<strong>of</strong>twarepaketeunterstützt.• Grundsatz 1: “Erkenne, dass Wissen eine Struktur hat: Form, Inhalt und Kontext!”: Es ist hilfreich,die Dimensionen von Wissen zu erkennen bzw. die vorhandene Form – beispielsweisedurch Externalisieren von impliziten Wissen oder durch Abstrahieren von speziellem Wissen –zu verändern• Grundsatz 2: “Erkenne, dass es unterschiedliche Typen von Experten und Expertisen gibt!”:Expertenwissen hängt sehr stark davon ab, auf welchem Gebiet diese tätig sind und wie viel Erfahrungsie bereits haben. Weiters variiert die Fähigkeit, Wissen schnell abzurufen, von äußerenEinflüssen. Hier haben Knowledge Engineers verschiedene Methoden zur Verfügung, mit welchensie Wissen von verschiedenen Quellen (Experten) ansammeln und dieses gegeneinandervalidieren können.• Grundsatz 3: “Erkenne, dass es unterschiedliche Arten der Wissensrepräsentation gibt!”: Mankann verschiedenste Werkzeuge zur Darstellung von Wissen verwenden – sei es nun eine Beschreibungmittels Logik oder mit Bildern. Vor allem gut gewählte Analogien, Annektoten oderDiagramme können <strong>of</strong>tmals mehr von einer Idee vermitteln als die verbale Beschreibung.• Grundsatz 4: “Erkenne die unterschiedlichen Wege, wie Wissen genutzt wird”: Abhängig vonder jeweiligen Aufgabe nutzen Menschen das vorliegende Wissen anders. Hier müssen folgendeFragen geklärt werden: Unter welchen Umständen nutzt ein User ein KM-System? Steht erunter Zeitdruck bei der Lösung eines Problems oder hat er genug Zeit zum Browsen? WievielVorwissen kann vorausgesetzt werden? Will der User die Informationen lesen und merken oderwill er zu einem späteren Zeitpunkt wieder darauf zugreifen?Tabelle 4.1: Grundsätze des Knowledge Engineering [Hammersley et al. 1999]Projektübersicht und ZielsetzungenNach Hinzuziehen eines Experten (Technical Authority) wurde weiters festgestellt, dass das reine Dokumentierender technischen Definitionen und Berechnungen nicht ausreiche, sondern auch praktischeRatschläge im Umgang mit der S<strong>of</strong>tware und Ansprechpersonen mit Erfahrung von Nöten seien.Basierend auf diesen ersten Analysen wurde sodann ein “Knowledge Storyboard” erstellt, welchedie beteiligten Mitarbeiter, die Geschäftsprozesse, die Schlüsselstellen beim Design und die notwendigenWissensbestände visualisieren. Diese Visualisierung gab aufgrund der Verteilung der Betriebsstättenund der Größe von Rolls-Royce den Projektanten und Betreuern die notwendige Übersicht.[Hammersley et al. 1999]Vier Wochen nach Beginn dieser KM-Initiative wurde schließlich von den angehenden Ingenieurenund den Verantwortlichen festgelegt, was dieses Projekt bezwecken und wie das Ergebnis ausschauensoll: So wurde erstens vereinbart, dass die “Best Practices des Düsenantrieb-Designs” in von Expertenvalidierten und nach den Aspekten der Usability gestalteten Webseiten im Intranet publiziert werdensollen. Zweitens soll ein Projektendbericht verfasst werden, der Ziele, Aussichten und Vorschläge für


4.5. DAS WEBBASIERTE KM-SYSTEM VON ROLLS-ROYCE 81weitere Arbeiten beinhaltet. Drittens wird das Ergebnis des Projekts dem Projektteam und allen beteiligtenMitarbeitern präsentiert. [Hammersley et al. 1999]Detailierte Analyse und WissenserfassungAls nächstes wurde von den zwei Projektanten ein “Knowledge Model” erzeugt, auf welchen dann derAnalyseprozess basierte. Das wichtige Prozesswissen wurde dabei in zwei Bereiche geteilt: “AnalysisPlanning” meint jenes Wissen, welches für die Analyse eines bestimmten Designs einer Komponentenotwendig ist; “Analysis Process” steht hingegen für das Wissen um die Durchführung einer entsprechendenKomponenten-Analyse. [Hammersley et al. 1999]Die Kategorien für die zu extrahierenden Best Practices wurde durch die Ingenieure von Rolls-Royce, welche langjährige Erfahrungen mit solchen Analysen haben, folgendermaßen festgelegt:[Hammersley et al. 1999]• Datentypen: alle Typen von Datendateien, Berichten oder Kummunikationsformaten• Ressourcen: S<strong>of</strong>tware, Hardware und Dienste• Komponenten: Beispiele und Erklärungen für strukturelle Komponenten• Konzepte: theoretische Grundlagen hinter der Analyse• Aufgaben: Umsetzung spezieller Funktionen mittels ausgewählter S<strong>of</strong>twarepaketeMittels strukturierten Interviews wurde nun das implizite Wissen der Experten externalisiert undkategorisiert. Wichtig bei den Interviews war die Art der Fragestellung. Anstatt nur nach dem Ablaufeiner Tätigkeit zu fragen, ist es geschickter, durch eine konstruktive oder bewusst destruktiveFrage einen Monolog des Experten zu erwirken. Hier kommt es besonders auf das Geschick des Interviewersan, wie viel ein Experte von seinem Wissen Preis gibt. Es wurde bei der Interviewreiheebenfalls ersichtlich, dass nicht jeder über sein Wissen reden wollte. In solch einem Fall wurde einfachein anderer Mitarbeiter gesucht, der für das gleiche Gebiet zuständig war und helfen konnte.[Hammersley et al. 1999]Die aufgezeichneten Interviews wurden von den zwei Akademikern schließlich in ein DatenbankbasiertesSystem, welches an der Universität von Nottingham entwickelt wurde, übernommen. Währenddieser Tätigkeit wurden <strong>of</strong>fene Punkte, die aus den Aufzeichnungen nicht klar beantwortet werdenkonnten, entweder s<strong>of</strong>ort per Telefon oder durch ein weiteres Treffen mit dem Interviewpartner geklärt.Interessanterweise wurden die nachträglichen Treffen von Seiten der Interviewten als wesentlicheffizienter empfunden als eine telefonische Abklärung von Unklarheiten. [Hammersley et al. 1999]Gestalten der WebseitenNachdem nun über 200 Konzepte in der Datenbank waren, wurde anhand des Prozessmodells, welchesja bereits mit dem “Knowledge Storyboard” visualisiert wurde, ein Konzept für die Gestaltung derWebseiten erstellt. Jede Aktivität in den Prozessen, jede Methode der Analyse und jedes S<strong>of</strong>twarepakethatte zumindest eine eigene Seite. Diese Seiten waren nun miteinander in der Form verlinkt, dass manzwischen einer Analysemethode direkt zu den möglichen S<strong>of</strong>twarepaketen gelangen konnte. Dieseserste Konzept wurde natürlich von den unternehmenseigenen Experten begutachtet und verbessert.[Hammersley et al. 1999]


82 KAPITEL 4. FALLSTUDIENDas Projekt dauerte anstatt der veranschlagten zehn Wochen nur acht, das Resultat selbst wurdedann im Intranet von Rolls-Royce verfügbar gemacht. Weiters wurden zusätzlich noch Kontaktpersonenzu den einzelnen Analysemethoden und S<strong>of</strong>twaretools angeführt. Auch wurde der Namen desExperten, der eine Seite validiert hat, auf die jeweilige Seite aufgenommen, um die Qualität des Inhaltsentsprechend hochwertig zu halten. [Hammersley et al. 1999]FazitDieses Fallbeispiel beschäftigte sich mehr mit der Ausarbeitung eines wissensintensiven Prozessesdenn mit Überlegungen zu Knowledge Management in einem großen, verteilten Konzern. Entsprechendwird hier auch nur auf die Problembereiche Wissensbarrieren und Einsatz von IT eingegangen.Dennoch ist das hier beschriebene Projekt von Rolls-Royce für ein großes und geographisch verteiltesUnternehmen in mehreren Punkten interessant:Erstens wird mit einem solchen Projekt implizites Wissen von einem oder mehreren Experten desUnternehmens externalisiert. Diese Tätigkeit, die normalerweise nach der Beschäftigung mit KnowlegdeMangement im Unternehmen bereits in den Geschäftsprozessen enthalten sein sollte, ist in vielenFällen nicht durchgeführt, da die Umsetzung von Wissensmanagement noch nicht oder erst sehr spätgeschehen ist und Expertenwissen im Grunde erst ab diesem Zeitpunkt berücksichtigt worden ist. Wiein Abschnitt 3.4 beschrieben wurde, ist die hier geschilderte Art, eine Knowledge Map zu erstellen,auch eine Methode, wie ein Unternehmensgedächtnis entworfen werden kann.Ein weiterer Vorteil eines solchen Projekts ist das Einarbeiten neuer Mitarbeiter. Gerade durchein wissensintensives Projekt lernen diese nämlich Experten und Verantwortliche in und außerhalbder eigenen Abteilung kennen. Im Falle von Rolls-Royce mussten die Jungakademiker sogar andereStandorte besuchen. Des Weiteren können sich neue Mitarbeiter auch in anderen Abteilungen desUnternehmens entsprechend pr<strong>of</strong>ilieren, wenn das Projekt erfolgreich ist. Gerade dieser Aspekt istfür den Abbau von kulturellen Barrieren und das Aufbrechen von starren Unternehmenshierachieninteressant, wie in Abschnitt 3.3 berichtet wurde.Natürlich ist auch das Resultat eines solchen Projekts für das spezielle Fachgebiet wertvoll. BeiRolls-Royce pr<strong>of</strong>itieren die Konstrukteure von Düsenantriebskomponenten von den ausgearbeitetenWebseiten, da sie relativ einfach auf Erfahrungen von anderen Ingenieuren zugreifen können und Zugriffeine ausgezeichnete Dokumentation der S<strong>of</strong>twarepakete hatten.Schließlich seien noch andere Vorteile des Projekts wie zum Beispiel die Verbesserung oder Visualisierungvon Geschäftsprozessen zu erwähnen. Auch das Festlegen von bestimmten Rollen undVerantwortungsbereiche für wissensintensive Prozesse erweist sich bei Rolls-Royce wie auch schonbei der Fallstudie über die Siemens AG in Abschnitt 4.4 als vorteilhaft.Alles in allem kann eine solche KM-Initiative als positiv, wenn es einerseits um das Einschulen vonneuen Führungskräften oder aber um notwendige Verbesserungen in einem wissensintensiven Prozessgeht.Nach dieser letzten Studie über eine erfolgreiche KM-Initiative eines Unternehmens folgen nunzwei Abschnitte, die sich mit einem wesentlichen Wissensprozess, nämlich der Wissensentwicklungbeschäftigen. Es geht im folgenden um die Idee des lernenden Unternehmens. Der nächste Abschnittzeigt nun interessante Aspekte, die das Management eines großen und geographisch verteilten Unternehmenbetreffen. Im letzten Abschnitt wird schließlich der Umgang eines lernenden Unternehmensmit seinen Kunden behandelt.


4.6. DAS MANAGEMENT LERNENDER UNTERNEHMEN 834.6 Das Management lernender UnternehmenWie bereits in Abschnitt 3.7 am Modell der lernenden Organisation erläutert wurde, sind Unternehmenheutzutage ständigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Veränderungen unterworfen,die in hohem Maße neue Anforderungen an ihre Wettbewerbsfähigkeit und somit an das Managementstellt. Die gilt insbesonders für Unternehmen, die weltweit angesiedelt sind und somit aufunterschiedlichen Weltmärkten agieren und in der Regel auch in mehreren Branchen ansässig sind.Will ein Unternehmen auch künftig erfolgreich sein, so muss das Management wichtige Veränderungenerkennen, konventionelle Verhaltensweisen überprüfen und neue Spielregeln für Geschäftsaktivitätenerlernen. Die Etablierung einer “Lernkultur” innerhalb des Unternehmens kann als Voraussetzungfür eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gesehen werden und ist der Erfolgsfaktor fürdie zukünftige Wettbewerbsfähigkeit geworden. [Bullinger et al. 1997a]Hierzu reichen die existierenden Instrumentarien des Managements – etwa grundlegende betriebswirtschaftlicheMethoden für Produktion, Personal, Finanzierung, Marketing, usw. – allein nicht mehraus, um den zukünftigen Anforderungen an die Bewältigung des Wandels gerecht zu werden. Dieunscheinbare und schwer zu bilanzierende Ressource “Wissen” ist heute wichtiger denn je. Das “LernendeUnternehmen” ist zum aktuellen Schlüsselbegriff in betriebswirtschaftlichen Diskussionen geworden.[Bullinger et al. 1997a]Die vier wesentlichen Merkmale von lernenden Unternehmen, auf die in weiterer Folge noch genauereingegangen wird, lauten: [Bullinger et al. 1997a]• Entwicklung erforderlicher Kernkompetenzen, um sich schneller als der Wettbewerb an dieVerändungen anzupassen• Schaffung einer geeigneten Organisationsumgebung, um Geschäftsprozesse effizient zu managen• Abzielen auf wissensbasierte Innovationen, um neue Produkte und Services zu schaffen• Einsatz von multimedialen Technolgien als ErfolgfaktorAbbildung 4.3: Das Management lernender Unternehmen [Bullinger et al. 1997a]Allein das Management eines Unternehmens (siehe Abbildung 4.3) ist hauptverantwortlich fürein erfolgreiches Business Reengineering, für eine Neuausrichtung von Innovationsprozessen und füreine effektive Gestaltung von multimedialen Technologien. Letzteres wurde bereits beim Einsatz vonInformationstechnologien in Abschnitt 3.4 angedeutet. [Bullinger et al. 1997a]


84 KAPITEL 4. FALLSTUDIENDie KernkompetenzenDie Rolle des Lernens hat sich in den Unternehmen verändert: Lernen hat an Bedeutung erheblichzugenommen. Während der Taylorismus darauf ausgerichtet war, eine maximale Reduktion der Qualifikationserfordernissezu erzielen, erwarten die Management-Ansätze im “Business Reengineering”Verhaltens- und Strukturveränderungen durch einen radikalen Lernprozess des Unternehmens. Dahersind insbesondere die Trends in der Unternehmensumwelt wesentlich und bedeuten für die Unternehmenneue Herausforderungen an die Gestaltung von Lernprozessen. Vor diesem Hintergrund müssenUnternehmen neue Kernkompetenzen aufbauen und weiterentwickeln. [Bullinger et al. 1997a]Trend 1 “Die Informationsgesellschaft verändert die Rolle des Wissens.”: Unternehmen besitzen dasWissen um den Umgang mit Informationen und selektieren nach ihrem Wert und Nutzen (InformationBroking)Trend 2 “Globalisierung der Märkte erfordert eine Neuausrichtung der Aktivitäten.”: Unternehmen verstehen,in globalen und lokalen Informationsprozessen zu agieren (Informationslogistik)Trend 3 “Wandel in der Arbeitswelt erzwingt Weiterentwicklung der Qualifikationen.”: Unternehmungenverstehen eine Lernkultur zu schaffen, die das Lernen ermöglicht (Lernen zu lernen)Trend 4 “Erhöhung der Innovationsgeschwindigkeit verlangt proaktive Lernprozesse.”: Unternehmen erkennenschwache Signale für proaktive Veränderungen (Präsituativer “Response”)Trend 5 “Der Strukturwandel fordert flexiblere Formen des Lernens.”: Unternehmen passen die Qualifikationenflexibel an einen Wandel an (Flexible Anpassung)Trend 6 “Die Informationsautobahn eröffnet neue Wege der Wissensvermittlung.”: Unternehmen kooperierenin Geschäftsbeziehungen über elektronische Netzwerke (Kooperative Vernetzung)Tabelle 4.2: Trends in der Unternehmensumwelt [Bullinger et al. 1997a]Der in Tabelle 4.2 beschrieben Trend 1 zeigt, dass Informationen selbst in der Produktion mehrund mehr zum wettbewerbsentscheidenden Faktor und andererseits zunehmend zum eigenständigenProdukt wird, das von Informationsdienstleistern angeboten wird (siehe Abbildung 4.4). ErfolgreicheLeistungserstellungs- und -verwertungsprozesse eines Unternehmens hängen von der Fähigkeit ab,Informationen wertsteigernd einzusetzen. [Bullinger et al. 1997a]Abbildung 4.4: Informations-Portfolio [Bullinger et al. 1997a]Es wird künftig nicht an Informationen fehlen, sondern an der Zeit, diese zu verarbeiten. Ein Maßstabfür die Intelligenz eines Unternehmens wird das Informations-Broking sein, schnell die relevanten


4.6. DAS MANAGEMENT LERNENDER UNTERNEHMEN 85Informationen zu selektieren, zu sortieren und so zu verpacken, dass diese verstanden und den entscheidungsrelevantenWissensstand verbessern können. [Bullinger et al. 1997a]Trend 2 meint nun die Tatsache, dass die zunehmende Globalisierung des Wettbewerbs ein Agierenauf internationalen Märkten und die Erstellung von räumlich verteilten Dienstleistungen mit unterschiedlichenKundengruppen erfordert. Diese ganz spezielle Problematik wurde ja bereits mit derVorstellung von virtuellen Organisationen in Abschnitt 3.8 behandelt. [Bullinger et al. 1997a]Weiters ist mit Trend 3 (siehe Tabelle 4.2) gemeint, dass der Wandel in der Arbeitswelt vor allemdurch das Zurückdrängen der hierarchischen Steuerung und Kontrolle zugunsten von Selbstmanagement,Teamorientierung in dezentralen Organisationseinheiten und einer <strong>of</strong>fenen Kommunikationskulturgekennzeichnet ist. Im Grunde ist damit die bereits beschriebene Wandlung eines Unternehmens zueinem sozialen System oder im Falle von großen und geographisch verteilten Konzernen zu mehrerensozialen Einheiten, wie in Abschnitt 3.7 gezeigt wurde. Ohne diese grundlegende Änderung in einerOrganisationsstruktur ist ja, wie ebenfalls bereits geschildert wurde, ein organisationales Lernen nurbegrenzt oder bei großen Unternehmen nicht möglich. [Bullinger et al. 1997a]Mit Trend 4 wird auf die Erhöhung der Innovationsgeschwindigkeit und die damit verbundeneVerkürzung von Produktlebenszyklen und dem gleichzeitigen Anstieg der Amortisationszeit, also jenerZeit, in der das eingesetzte Kapital unter Berücksichtigung von Zins- und Preissteigerung erwirtschaftetwird, hingewiesen. Dadurch sinkt die Zeitspanne, um Produkte in die Gewinnzone zu lenken.Besonders drastisch ist die Situation in den Bereichen Telekommunikation und Medientechnologie:Vor dem Hintergrund der zunehmenden Innovationsgeschwindigkeit von Technologien und Produktenreicht es nicht mehr aus, dass Unternehmungen auf Veränderungen reagieren, vielmehr müssen sieproaktiv agieren, um weiterhin wettbewerbsfähig bleiben zu können. [Bullinger et al. 1997a]Trend 5 geht auf einen heutzutage sehr bekannten Problembereich ein: Aufgrund der neuen Anforderungenan die Wissensumwelt von Unternehmen wird der Bedarf der Unternehmen nach qualifiziertenArbeitskräften weiterhin zunehmen, während der Bedarf an Arbeitskräften ohne qualifizierteAusbildung spürbar zurückgehen wird. Auf der einen Seite sind dazu neue Formen von effektiverenund zielgerechteren Bildungsorganisationen erforderlich. Von wesentlicher Bedeutung ist es aber,dass die Unternehmen lernen, die technologischen Möglichkeiten für neue Lehr- und Lernmethodenzu nutzen. [Bullinger et al. 1997a]Schließlich wird mit Trend 6 der Tabelle 4.2 angerissen, was in dieser Arbeit ebenfalls bereitsdes öfteren erwähnt wurde: Heutzutage sind umfangreiche Wissensbestände aus den Bereichen Technologie,Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, uvm. in Datenbanken, Archiven und anderen Speichermedienenthalten und können über elektronische Netze abgerufen werden. Die Informationsautobahnenverändern in entscheidender Weise die Arbeitswelt und die Lebensweise der Informationsgesellschaft.Ein lernendes Unternehmen benötigt zum einen die Kompetenz, die Informationsautobahnrichtig zu nutzen, um sich gezielt die aktuellen Wissensressourcen erschließen zu können.Zum anderen treten Unternehmen als Informationsanbieter auf. Dazu müssen sie mit den Spielregelndes elektronischen Marktes vertraut sein. Die Fähigkeit zur kooperativen Vernetzung ist erforderlich.[Bullinger et al. 1997a]Die Organisations-UmgebungIn einem lernenden Unternehmen sind die Unterschiede zwischen Lernen und Arbeiten, Ausbildungund beruflicher Qualifikation nicht mehr relevant. Die Schlüsselqualifikationen, die ein lernendes Unternehmenbenötigt, können durch die Nutzung multimedialer Technologien erworben und weiterentwickeltwerden. Für das Lernen und die Bewältigung der Arbeit werden dabei dieselben Infrastrukturenund Werkzeuge verwendet. Ein lernendes Unternehmen benötigt die Schaffung und Unterstützungder folgenden drei Schlüsselelemente für eine zukünftige Lern- und Arbeitsumgebung:


86 KAPITEL 4. FALLSTUDIEN[Bullinger et al. 1997a]• eine persönliche Lern- und Arbeitsumgebung,• eine kooperative Lern- und Arbeitsumgebung und• eine virtuelle Lern- und ArbeitsumgebungDie persönliche Lern- und Arbeitsumgebung stellt jedem Individuum in einem Unternehmen flexibleInformationszugänge, unabhängig vom Standort des Wissenskonsumenten, Möglichkeiten zur individuellenSteuerung und Navigation in Wissensbeständen und zur Organisation von eigenen Wissensbeständenbereit. Darüber hinaus muss ein gegenseitiger Austausch von Wissen zwischen Individuen,Arbeitsgruppen oder Lernklassen sowie mit den Kunden ermöglicht werden. [Bullinger et al. 1997a]Die kooperative Lern- und Arbeitsumgebung liefert die Plattform und die Möglichkeit, Informationenzu teilen und kooperativ zu arbeiten. Das organisatorische Gedächtnis dient als geteilte Wissensbasisdes Unternehmens, in dem die erforderlichen externen oder internen Informations- undWissensbestände miteinander vernetzt werden. Alle in einer Gruppe autorisierten Mitglieder könnendarauf zugreifen, Fragen und Anmerkungen einbringen, Ergebnisse gemeinsam erarbeiten und dieDurchführung der Arbeitsaufgabe koordinieren. [Bullinger et al. 1997a]Die virtuelle Lern- und Arbeitsumgebung liefert nicht nur den Zugang zur gesamten Informationswelt,sondern dient insbesondere als Kontakt- und Kommunikationsplattform zwischen den Menschen.Im Vordergrund dieser Form steht das Zusammenwirken und -arbeiten zwischen Menschenuntereinander oder über die persönlichen und kooperativen Netzwerke. Dabei spielt es keine Rolle,an welchem Ort oder in welchen Zeitzonen sich die Menschen befinden und ob sie sich kennen.[Bullinger et al. 1997a]Wie eine Arbeitsumgebung unter Berücksichtigung dieser drei Punkte geschaffen werden kann,wird im nächsten Kapitel und speziell im Abschnitt 5.5 behandelt. Weiters wird im Gestaltungsbereichauch gezeigt, wie mit dem Intranet-System Hyperwave diese sehr wichtigen Aspekte eines lernendenUnternehmens umgesetzt werden können (siehe Kapitel 6 und 7).Wissensbasierte InnovationenLernenden Unternehmen gelingt es, in engem Kontakt zu ihrer Umwelt frühzeitig Veränderungen wahrzunehmenund ihre Unternehmenspolitik darauf einzustellen. Sie vertrauen dabei nicht allein auf ihreigenes Know-How, sondern sind in der Lage, neue Lösungen im Beziehungsgeflecht von Lieferanten,Abnehmern, Forschern und Konstrukteuren zu entwickeln. Die Innovationsorientierung zeigt sich zumBeispiel in der Schaffung von• intelligenten Produkten und Dienstleistungen: das Unternehmen passt sich rasch auf neue Marktanforderungenan (Kundenorientiertes Innovationsmanagement)• umfassenden Qualitätskonzepten: das Produkt ist in ein Servicepaket eingebettet (Service-Management entlang des Produktlebenszyklus)• wissensgestützten Angeboten: das Unternehmen lernt durch Kundenwünsche und verbessert daraufhinimmer wieder sein Angebot neu (Angebots-Management)Gerade der Aspekt der Kundenwünsche wird im nächsten Abschnitt noch genauer beleuchtet, daer für jedes Unternehmen immens wichtig ist. [Bullinger et al. 1997a]


4.6. DAS MANAGEMENT LERNENDER UNTERNEHMEN 87Die Rolle von multimedialen TechnologienDer Einsatz von rechnergestützten Technologien für die Unterstützung von betrieblichen Lernprozessenwird seit etwa 35 Jahren erprobt. Aber erst der aktuelle Reifegrad von multimedialen Technologienermöglicht deren Nutzung zur Realisierung von lernenden Unternehmen. Durch die Erweiterungder heutigen Rechner zu Multimedia-Systemen wird eine Wiederbelebung des technikgestütztenLernens erwartet. Darüber hinaus stehen die erforderlichen Netze mit hoher Leistungsfähigkeit zurVerteilung und Transport multimedialer Informationen weitgehend zur Verfügung. Die zur Gestaltungvon multimedialen Lernumgebungen wesentlichen Technologien sind in Tabelle 4.3 zusammengefasst.[Bullinger et al. 1997a]ServiceContent-ServiceApplikations-ServiceManagement-ServiceMedienproduktions-ServiceDistributions-ServiceLernsystemBeschreibungBereitstellung multimedialer Lerninformationen (Content-Server).Die Verarbeitung und schnelle Verteilung von multimedialenLerninhalten macht hier insbesondere skalierbare Mediaserverund Parallelrechner erforderlich.Bereitstellung von Applikationen für spezifischeZielgruppen (z.B. Corporate Networks), für unterschiedlicheAnwendungsumgebungen (z.B. Privathaushalte, Reseller, Produzenten),für heterogene Anwendungsbereiche (z.B. Kiosk-Systeme, InteraktivesFernsehen, PC-Welt) und für verschiedene Interaktions-Modi(z.B. Informationsabruf, Konferenzdienst).System- und Servicemanagement und Verwaltung von Media- und Benutzerdatenund der Lerninhalte. Hierzu zählen insbesonders Konfiguration,Installation, Aktualisierung und Rücknahme von Lernangeboten.Erstellung und Aufbereitung der Lerninhalte sowie zurVerknüpfung der Lernmittel (z.B. Mediens<strong>of</strong>tware, Autorensysteme,Schnitt- und Editiersysteme, Redaktionssystem). Die Medienproduktionmuss in einem interdisziplinären Team von Medienexperten, Kreativenund Fachleuten stattfinden.Übertragung und Verteilung von Lerninformationen(z.B. Telekommunikation und Teledienste). Multimediale Lerninhalteerfordern in aller Regel breitbandige Kanäle und komfortable Dienste,die einen hohen Datendurchsatz gewährleisten. Die kooperativenMerkmale von Lernsystemen erfordern Rückkanäle für dieBenutzerinteraktion.Abruf von Lerninhalten (z.B. online-Dienste, on-Demand-Dienste),Navigation in Lernprogrammen, Interaktion mit Betreuern und Kollegen.Die Lernumgebung ist in den Arbeitsplatz des Lernenden integriert undunterstützt die Unternehmensprozesse.Tabelle 4.3: Multimediale Technologien zur Gestaltung lernender UnternehmenEine Klassifikation von multimedialen Lernsystemen nach dem Technikeinsatz ist kaum möglich,da die weiter fortschreitende Integration eine Trennung zwischen den einzelnen Technologien immerweniger möglich macht. Darüber hinaus verlagert sich die Verarbeitungskapazität der Datenverarbeitungmehr und mehr in das Netzwerk, eine Trennung zwischen Rechner und Netzen kann kaum nochvollzogen werden. Vor diesem Hintergrund ist es erforderlich, den Gestaltungsrahmen für multimedialeLernsysteme unabhängig der zugrunde liegenden Technologie aus der Sicht des Anwenders bzw.Lernenden zu definieren. [Bullinger et al. 1997a]


88 KAPITEL 4. FALLSTUDIENWie der Gestaltungsbereich zeigen wird, unterstützt das Informationssystem Hyperwave (siehe Kapitel6) nach entsprechender Anpassung an die Bedürfnisse eines großen und geographisch verteiltenUnternehmens all die in Tabelle 4.3 vorgestellten Services und kann somit als ein sehr umfangreichesKM-System für entsprechende Konzerne gesehen werden.FazitDie hier angestellten Überlegungen zum Management eines lernenden Unternehmens nehmen primärBezug auf die Problembereiche der Wissensbarrieren, der virtuellen Teams, des Einsatzes von IT undnatürlich der in Abschnitt 3.7 erarbeiteten Aspekte zur lernenden Organisation. Folgende Faktoren, diedas Management eines großen Konzerns zu beachten hat, wurden in diesem Abschnitt gezeigt.Als erstes sei hierbei die Berücksichtigung der Kernkompetenzen zu nennen. Gerade in großenund geographisch verteilten Unternehmen ist klar festzulegen, welche Suborganisation oder Abteilungwelche Kompetenzen abdeckt und wie diese eingesetzt werden können. Für diese spezialisierten Suborganisationengilt es sodann, die wichtigen Geschäftsprozesse zu optimieren und eine entsprechendeLernumgebung zu schaffen. Das Management hat hierbei die sechs in diesem Abschnitt aufgezähltenTrends im Auge zu behalten.Gerade für produktorientierte Konzerne gilt es, durch entsprechend spezialisierte Abteilungen oderSuborganisationen wissensbasierte Innovationen rund um die Produkte anzubieten. Mit solchen Dienstleistungenkönnen künftig zusätzliche Umsätze und Gewinne generiert werden. Ein Wandel in Richtungserviceorientiertes Unternehmen hat zudem noch die Vorteile, dass hochwertige Arbeitsplätze geschaffenbzw. gesichert werden und das Unternehmen auf künftige Entwicklungen schneller reagierenoder diese gar vorgeben kann.Schließlich ist es auch das Management, dass den Einsatz von multimedialen Technolgien evaluiertund geeignete Systeme in der Suborganisation oder Abteilung etabliert. Es ist darauf zu achten,dass für die Mitarbeitern zumindest eine persönliche und für Teams eine kooperative Lern- und Arbeitsumgebungangeboten wird. Gerade in einem großen, verteilten Konzern kann man über ein entsprechendesIT-System Lerninhalte an die Mitarbeiter vermitteln, ohne Schulungen vor Ort durchführen zumüssen. Im Falle von virtuellen Teams oder Organisationen muss die Technologie diese entsprechendunterstützen, wie bereits in Abschnitt 3.8 erläutert wurde.Nachdem nun der Bereich Management eines lernenden Unternehmens ausführlich diskutiert wurde,folgt ein Abschnitt über einen weiteren wichtigen Aspekt von lernenden Organsationen, nämlichjener der Interaktion mit den Kunden.4.7 Die Rolle des KundenDie zunehmende Globalisierung zwingt die Unternehmen, in der Wertschöpfung immer mehr auf Innovationenrund um ihre Produkte zu setzten. Dadurch wird die Fähigkeit zur Wissensakkumulationund damit die Lernfähigkeit von Unternehmen zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor.Gerade große, weltweit ansässige Unternehmen müssen mehr denn je bemüht sein, ihre Lernprozessezu verbessern und Wissensvermögen aufzubauen. Die Gestaltung organisatorischer Bausteineund der Einsatz neuer Technologien zur Unterstützung von Lernprozessen wurde bereits im letztenAbschnitt ausführlich behandelt. Hier werden nun kundenorientierte Strategien erläutert und der Bezugzu großen und geographisch verteilten Konzernen hergestellt. Es ist wichtig zu erwähnen, dasssich die hier angestellten Betrachtungen ausschliesslich auf externe Kunden beziehen.


4.7. DIE ROLLE DES KUNDEN 89Das Kundenmodell lernender UnternehmenDie bereits vorgestellten Trends aus dem letzten Abschnitt haben nicht nur auf das Management Auswirkungen,sondern rücken auch die Humanressourcen eines Unternehmens in einen anderen Blickwinkel.Die Humanressourcen setzen sich zusammen aus dem Humankapital, also an Menschen gebundeneKenntnisse und Kompetenzen und aus dem Wissensbestand des Unternehmens, also den inDatenbanken verfügbaren Informationen und Erfahrungen. [Bullinger et al. 1997b]Nach den heutigen Erkenntnissen der Volkswirtschaftslehre beruht der Erfolg eines Produktes zu15% auf Basis des eingesetzen Kapitals, 5% auf Basis der Rohst<strong>of</strong>fe und zu 80% auf den Leistungen derHumanressourcen. Es wird deutlich, dass die Humanressourcen für die Wertschöpfung der Produktionvon Gütern und Dienstleistungen wettbewerbsentscheidend sind. Bei der Verfügbarkeit, Mobilisierungund stetigen Erneuerung der Humanressourcen steht der Mensch im Mittelpunkt, da dies insbesonderevon seiner Lernfähigkeit und -möglichkeit abhängt. [Bullinger et al. 1997b]Abbildung 4.5: Lernprozesse in einem Unternehmen [Bullinger et al. 1997b]Aus Unternehmenssicht müssen gemäß der Rolle des Menschen drei zentrale Lernprozesse (sieheAbbildung 4.5) unterschieden werden: [Bullinger et al. 1997b]• der Mensch als Mitarbeiter und Einzelwesen: Lernprozesse auf dieser Ebene werden im Rahmenvon Personalentwicklungsprogrammen und Karriereplanungsmodellen unterstützt• Organisatorische Lernprozesse: der Mensch als Organisationsmitglied in einem Team oder einerGruppe des Unternehmens. Ein Unternehmen bezieht Wertschöpfung durch das Systemdenken,welches weit mehr umfasst als die Summe der in einem Unternehmen agierenden Mitarbeiterimstande ist zu leisten.• Kundenbezogene Lernprozesse: In der Rolle des Kunden vermischen sich die individuellen Lernprozessemit denen einer Organisation. Einbeziehung des Kunden in die Wertschöpfungsprozesseeines Unternehmens ermöglicht die Nutzbarmachung seiner Humanressourcen. Die kundenbezogenenLernprozesse dienen einer Steigerung der eigenen Wertschöpfung.Im Kundenmodell eines lernenden Unternehmens werden kundenbezogene Lernprozesse zur Ausrichtungder Kundenorientierung und Entwicklung von Kundenstrategien (siehe Abbildung 4.6) genutzt.[Bullinger et al. 1997b]Kundenbezogene Lernprozesse können sich in zwei Ausprägungen vollziehen:


90 KAPITEL 4. FALLSTUDIENAbbildung 4.6: Strategien für kundenbezogene Lernprozesse [Bullinger et al. 1997b]• Das Unternehmen lernt vom Kunden: Dabei zieht das Unternehmen aus den Erfahrungen undWünschen von Kundenanforderungen entsprechende Konsequenzen für die eigenen PlanungsundSteuerungsprozesse. Zur Entwicklung von Kundenstrategien ist primär der Wissenstransfervom Kunden zum Unternehmen heranzuziehen.• Der Kunde lernt vom Unternehmen: Strategien dienen dazu, die Lernfähigkeit des Kunden zuunterstützen, indem er an den Lernprozessen des Unternehmens direkt oder über den Erwerbvon wissensbasierten Produkten und Dienstleistungen indirekt beteiligt wird. Kundenstrategienbasieren hierbei primär auf dem Wissenstransfer vom Unternehmen zum Kunden.Des Weiteren kann man Kundenorientierung in zwei Richtungen betrachten:• Kundenakquisition: Dabei geht es um die Gewinnung von Neukunden und das Erschließen vonpotentiellen Kundengruppen am Markt.• Kundenbindung: Hierbei geht es um das Festhalten von Kunden und den Beziehungsaufbau. Vordem Hintergrund, dass die Kosten für die Kundenakquisition höher sind als die Kosten für denErhalt einer Kundenbeziehung, ist es effektiver eine langfristige Bindung anzustreben.Ein lernendes Unternehmen setzt zur Kundenakquisition und Kundenbindung nur wenige der klassischenMittel des Marketing ein. Selbstverständlich muss ein Kunde Kenntnisse über die Produkte,Services und die Kompetenzen eines Unternehmens haben, zu deren Positionierung man sich nachwie vor klassischer Marketingmethoden bedient. Im Vordergrund stehen hier aber Strategien zur Nutzbarmachungkundenbezogener Lernprozesse, die auf Marktdruck (Push) und Rückkopplung (Pull) beider Kundenakquisition und auf Lernkooperationen in unterschiedlicher Tiefe in der Kundenbindungsetzen. [Bullinger et al. 1997b]Strategien zur KundenakquisitionDas Ziel der Strategien zur Kundenakquisition ist es, ein Unternehmen selbst so attraktiv zu machen,dass der Kunde zu ihm kommt und nicht umgekehrt. Dafür sind drei Gründe (siehe Abbildung 4.7)vorstellbar: [Bullinger et al. 1997b]


4.7. DIE ROLLE DES KUNDEN 91• Zeitersparnis: Ein Unternehmen kann in kurzer Zeit ein schwieriges für den Kunden selbst nichtbewältigbares Problem lösen.• Kostenersparnis: Ein Unternehmen kann Kapazitäten, die dem Kunden fehlen, kostengünstigeranbieten.• Body Shopping: Ein Unternehmen kann Kompetenzen anbieten, die in der Regel nicht zu denKernkompetenzen des Kunden gehören. Das sogenannte Body Shopping wird vor allem beihohem Erfolgsdruck und kurzfristig zu erzielenden Ergebnissen genutzt. Die in gemeinsamenProjekten gemachten, guten Erfahrungen führen <strong>of</strong>tmals zu einer “lebenslangen” Beziehung.Body Shopping muss dann über langfristige vertragliche Bindungen gesichert werden.Abbildung 4.7: Kundenbezogene Lernprozesse bei der Akquisition [Bullinger et al. 1997b]Im Falle eines Demand-Pull geht man davon aus, dass Kundenreaktionen am Markt im Unternehmeneinen Lernprozess auslösen, der zu Anpassungsmaßnahmen führt und damit die Attraktivität fürpotentielle Kunden erhäht. Da der Kunde zu diesem Zeitpunkt noch anonym ist, greifen insbesondereMaßnahmen, die den Demand-Pull verstärken. [Bullinger et al. 1997b]Die Strategien zur Kundenakquisition im Falle eines Demand-Push schauen so aus, dass Aktioneneines Unternehmens vom potentiellen Kunden wahrgenommen werden und einen Lernprozessauslösen, der zu einer Attraktivitätserhöhung des Unternehmens und zu einer Kontaktaufnahme seitensdes Kunden führt. Um Kunden zu gewinnen werden neben den klassischen Marketing- und Werbeformengezielt Push-Technologien eingesetzt, die Werbeinformationen, Informationsmaterialien undNeuigkeiten in die Unternehmen transferieren. [Bullinger et al. 1997b]Im folgenden werden Services gezeigt, die in unterschiedlicher Weise Demand-Push und Demand-Pull-Aktivitäten auslösen und damit zur Kundenakquisition beitragen können: [Bullinger et al. 1997b]• Interaktives Marketing: Elektronische Werbung in Online-Services ermöglicht Kundenfeedback.Zur proaktiven Ermittlung von zukünftigen Kundentrends müssen erweiterte Werkzeuge zur Potentialkundenanalyseund in Kombination mit Marktforschungsdaten eingesetzt werden.• On-Demand-Services: Abrufdienste in Form von Produktkatalogen im Internet oder Online-Services werden von potentiellen Kunden überwiegend zu informatorischen Zwecken genutzt.Kundenfeedback muss aber durch erweiterte Funktionen wie beispielsweise per Mail hergestelltwerden.• Casting Services: Netcasting im Internet oder Business Television in Corporate Networksermöglichen den gezielten Push von Information und Kommunikation an den Arbeitsplatz des


92 KAPITEL 4. FALLSTUDIENKunden. Es lassen sich dabei diverse Konzepte vom Multi- bis zum Pointcasting unterscheiden.Personalisierungsmöglichkeiten des Kunden liefern darüberhinaus kundenspezifische Rückmeldungen.• Call Center: Interaktive Dienstleistungen rund ums Telefon navigieren den Kunden zu einerpersönlichen Beratung oder unterstützen ihn direkt bei seiner Problemlösung. Die Art und Weiseder Kontaktaufnahme und Problemstellung des Kunden wird im Unternehmen aufgenommen,ausgewertet und in Maßnahmen umgesetzt. Call Center dienen bei bestehenden Kundenbeziehungenauch als Helpdesk (siehe Teltech-Fallstudie in Abschnitt 4.3).Strategien zur KundenbindungDas Ziel von Strategien zur Kundenbindung ist es, eine Beziehung zwischen dem Kunden und einemUnternehmen aufzubauen, die durch gegenseitige Lernprozesse eine dauernde Beziehung hervorbringensoll. Ein weithin anerkanntes Prozessmodell besagt, dass Lernprozesse zu Handlungen führenmüssen. Daraus kann man ableiten, dass kundenbezogene Lernprozesse in zweifacher Weise im Unternehmengreifen (siehe Abbildung 4.8) können: [Bullinger et al. 1997b]Abbildung 4.8: Co-Produktion vs Co-Destiny-Beziehung [Bullinger et al. 1997b]Der Kunde tritt als Co-Produzent auf. Dabei wird zugelassen, dass seine Reaktionen und Handlungenauf die Lernprozesse des Unternehmens Einfluss nehmen. Darüber hinaus erhält er Zusatzwissenund Informationen im Vorfeld durch das Lieferantenprinzip. Die Strategie des Co-Produzenten setztden Kunden nicht mehr ans Ende der Wertschöpfungskette sondern an den Anfang. Die ausschließlicheSteuerung des Unternehmens durch den Kunden sollte dennoch vermieden werden. Die letztendlicheAdaption und Umsetzung in Tathandlungen von durch Kundenreaktionen initiierten Veränderungensollte das Unternehmen eigenständig entscheiden. Typische Formen für eine Co-Produktion sind gemeinsameProjekte, Messeaktivitäten, Vorträge und Publikationen. [Bullinger et al. 1997b]Die Einbeziehung des Kunden in die Lernprozesse des Unternehmens in Form einer “Co-Destiny-Beziehung” stellt eine sehr tiefe Integrationsmöglichkeit von Kunden in ein Unternehmen dar. Hier


4.7. DIE ROLLE DES KUNDEN 93muss neben einer hohen Sympathieaura und starken emotionalen Bindungen auch die vertraglichenBeziehungen sichergestellt sein. Der Kunde wird zum Mitwisser und nimmt in gleicher Weise wiedie Mitarbeiter an den Lernprozessen des Unternehmens teil. Der Kunde gestaltet aktiv die Veränderungsprozessemit. Der Kunde steht auf derselben Stufe innerhalb der Wertschöpfungskette wie dasUnternehmen und bringt seine Humanressourcen zur Steigerung der Unternehmensproduktivität mitein. Eine Co-Destiny-Beziehung ist niemals ein einseitiges Abhängigkeitsverhältnis, während dies beieiner Co-Produktion gewollt sein kann. [Bullinger et al. 1997b]Im folgenden werden drei wichtige technisch-organisatorische Konzepte vorgestellt, die wesentlichzur Kundenbindung beitragen können: [Bullinger et al. 1997b]• Kooperationen: Kooperationen in zwischenbetrieblichen Projektkonsortien und strategischen Allianzen,die über ein Netzwerk wie beispielsweise einem Extranet in Verbindung stehen und ihrejeweiligen Kernkompetenzen allen beteiligten Partnern zur Verfügung stellen. Es entstehen symbiotischenBeziehungen, deren Zweck es ist, die Fähigkeiten der Partner zu erlernen. Insbesonderehaben sich Forschung und Entwicklung, Logistik und die Qualitätssicherung als die strategischbedeutendsten Funktionsbereiche erwiesen, in denen die zwischenbetriebliche Kooperation besonderswichtig ist. Ein weiterer Lerneffekt für ein Unternehmen kann darin bestehen, aus denKooperationen zu erfahren, wie die Kunden von Kunden denken. Vor allem kurzlebige Produkteund Dienstleistungen, die von aktuellen Marktbedingungen abhängen, können durch Expertenkooperationenaus der ganzen Welt schnell angepasst und weiterentwickelt werden. Bankengehen dazu heute auf den Devisenmärkten weltweite Allianzen mit Devisenexperten ein, umschnell neue Beratungsangebote am Markt anbieten zu können.• Geteilte Wissensbasen: Geteilte Wissensbasen speichern die im Rahmen eines Leistungserstellungsprozessesrelevanten Informationen, die zwischen den daran Beteiligten zur Verfügung stehenund geteilt werden. Zugangsberechtigte greifen entweder zu Lernzwecken, zum Zweckeder Informationsweitergabe oder zum Lösen von Problemen im Rahmen der Arbeitsprozessedarauf zu. Die Ausgestaltung von Wissensspeichern unterliegt den Anforderungen der autonomenOrganisationseinheiten, die miteinander verbunden werden müssen. Im wesentlichen ist dasdie Vernetzung aller Arbeitsplätze innerhalb einer autonomen Organisationseinheit mit Zugriffauf alle aufgabenrelevanten Wissensbestände innerhalb und außerhalb der Organisationseinheitsowie ein Netzwerk über alle autonomen Organisationseinheiten. Die Teilung von Wissen mitKunden hat einen hohen Vertrauenswert und dient somit einer engen Kundenkopplung. Der Einsatzvon Informationstechnologie und multimedialen Services sind geeignet, Informationskanäleeinzurichten, die den exklusiven Informationstransport innerhalb geschlossener Nutzergruppensicherstellen. Das Extranet-Konzept stellt dazu die erforderlichen Sicherheitskonzepte bereit.• DataWarehousing zur Entscheidungsunterstützung: Kundeninformationen werden zu entscheidungsrelevantenInformationen ausgewertet. Das sogenannte “Realtime selling” erfordert zeitaktuelleInformationen, gezielte Auswertungen und schnelle Entscheidungen. Auswertungen voninternen und externen Kundendatenbasen zur Unternehmensanalyse werden im Modell des “DataWarehouse” integriert. Betriebliche Daten werden so mit Marktdaten kombiniert und verglichen,um Informationen über Produktpr<strong>of</strong>itabilität und Markttrends zu erhalten. Im Vordergrundvon “Rapid response” Entscheidungen steht die Fähigkeit der Unternehmen, vorzeitig auf Marktveränderungenzu reagieren. Institutionalisierte Frühwarnsysteme sollen hierbei die Rückwärtsplanungauf Basis von Zukunftsvisionen unterstützen.Obwohl das Berücksichtigen und das Miteinbeziehen von Kunden für das lernende Unternehmenvon großer Bedeutung ist, ist der größte Fehler, der gemacht werden kann, sich einzig und allein nach


94 KAPITEL 4. FALLSTUDIENdem Kunden zu richten. Ein lernendes Unternehmen hat neben den Kunden noch weitere Wettbewerbsmärkte,die im Hinblick auf ihre Wirkungen auf die betriebliche Pr<strong>of</strong>itabilität berücksichtigtwerden müssen. Dennoch ist der Kunde in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens ein wichtigerFaktor, dem entsprechende Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. [Bullinger et al. 1997b]FazitIn diesem Abschnitt wurden wesentlichen Überlegungen zu den Kundenbeziehungen eines Unternehmensgetätigt. Insbesonders wurden hier die Bereiche lernende Organisationen (Abschnitt 3.7) sowieEinsatz von IT behandelt, die anderen Problembereiche wie Wissensbarrieren, Informationsflut, Informationsmanagementund virtuelle Unternehmen waren nicht relevant.Des Weiteren sei anzumerken, dass diese Betrachtungen nicht nur, aber insbesonders für großeund geographisch verteilte Unternehmen gelten, da gerade deren Großkunden schwerwiegenden Einflussauf das operative Geschäft haben. Das Lernen von Kunden steht hier in der Wertschöpfung sehrhoch und es sollten hier große Anstrengungen in die Kundenbindung getätigt sowie eine langfristigeBindungsdauer angestrebt werden.Ob ein großer Konzern nun mehr eine Demand-Pull- oder eine Demand-Push-Strategie forcierensoll, hängt sehr vom Fachgebiet rund um dessen Produkt und natürlich vom “Kundenwissen” darüberab. Auf jeden Fall empfiehlt es sich, das Wissen um ein Produkt mit einem oder mehreren Schlüsselkundenweiterzuentwickeln und auch Großkunden intensiver zu betreuen. Auch sollten gerade großeUnternehmen Konzepte wie Kooperationen, geteilte Wissensbasen oder zumindest DataWarehousingeinsetzen, um die Kundenbindung auszubauen.Schließlich ist es ratsam, Strategien zur Kundenakquisition zu entwickeln und diese schrittweiseumzusetzen. Serviceorientierte Konzerne können hier über eine ihrer Dienstleistungen neue Kundenanwerben und das Angebot für diesen Neukunden schrittweise um Produkte und andere Serviceleistungenerweitern.4.8 ZusammenfassungMit diesen Betrachtungen über die Kundenbeziehungen in einem lernenden Unternehmen schließt diesesKapitel. Es wurden interessante Aspekte bezüglich Knowledge Management in Unternehmen erarbeitetsowie Überlegungen für große und verteilten Konzerne angestellt.So wurde zuerst die Thematik Wissensmanagement in der internationalen Projektabwicklung betrachtet,welche für einige der in Kapitel 3 beschriebenen Problembereiche Lösungen bereitstellt. Auchein Blick auf ein Unternehmen, welches wissensbasierte Dienstleistungen anbietet, sowie eine Fallstudieüber den Aufbau eines KM-Systems in einem multinationalen Konzern bringt viele vorteilhafteIdeen und Anregungen für eine Beschäftigung mit Knowledge Management.Des Weiteren erweist sich das gezielte Ausarbeiten von bestehenden Konzepten und Systemenrund um interne Geschäftsprozesse als günstig, wenn man Verbesserungen oder auch Innovationenzum eigenen Produkt hervorbringen will. Abschließend sei nochmals die enorme Bedeutung des Managementsund der Kunden für lernenden Unternehmen zu erwähnen, will man die Lernfähigkeit desUnternehmens steigern.Zusammenfassend kann man sagen, dass man in großen und geographisch verteilten Unternehmenbei der Beschäftigung mit Wissensmanagement auf eine Reihe von Problembereichen stößt, die eszu bewältigen gilt. So kann die Unternehmensstruktur bzw. das Organisationskonzept nachteilig fürwissensintensive Projekte und Prozesse sein.


4.8. ZUSAMMENFASSUNG 95Auch individuelle und organisationale Wissensbarrieren können sich negativ auf die Verteilung undNutzung von Wissen auswirken und somit eine Weiterentwicklung der Kernkompetenzen hemmen. Einstarkes Informationsaufkommen sowie die schlechte Qualität der Informationen im Intra- und Internetbedeuten ebenfalls enorme Hemmnisse aus Knowledge Management Sicht. Auch eine schlecht geplanteIT-Strategie führt in einem großen und verteilten Unternehmen zu Problemen bei wissensbasiertenTätigkeiten.Lösungsansätze zu den eben erwähnten Problembereichen wurden in diesem Kapitel ausführlichstbehandelt. Im nächsten Kapitel, welches bereits zum Gestaltungsbereich dieser Arbeit zählt,werden Verknüpfungen zwischen einzelnen Punkten der Problembereiche und den in den Fallstudienbetrachteten Lösungsansätzen hergestellt. Gleichsam werden die in Abschnitt 2.7 vorgestellten Wissensprozessefür ein großes und verteiltes Unternehmen detaillierter analysiert, indem die erarbeitetenProblembereich-Lösungsansatz-Paare diesen zugeordnet werden.


96 KAPITEL 4. FALLSTUDIEN


II. Gestaltungsbereich


99Kapitel 5Anforderungen an Wissensmanagement5.1 MotivationDer Untersuchungsbereich hat aufgezeigt, welche Problembereiche bei der Beschäftigung mit KnowledgeManagement in Unternehmen allgemein bzw. in großen, geographisch verteilten Konzernen speziellauftreten können. Zudem wurde in den Fallstudien erarbeitet, welche Lösungsansätze zur Bewältigungeinzelner Problembereiche in bekannten Unternehmen wie der Schindler Aufzüger AG, Teltech,der Siemens AG und Rolls-Royce verwendet wurden bzw. welche Aspekte es bezüglich des Managementsund der Kunden in einem lernenden Unternehmen zu beachten gibt.Abbildung 5.1: Bausteine des Wissensmanagement [Probst et al. 1999]In den nachfolgenden Abschnitten wird nun anhand der Erkenntnisse des Untersuchungsbereichsabgeleitet, welche Verbesserungen beim Auftreten von bestimmten Problemen in einem großen undverteilten Technologie-Konzern durchgeführt werden können. Die so entstandenen Ansätze werdendabei nach den in Abschnitt 2.7 vorgestellten Wissensprozessen – bei Probst et al. auch Baustein desWissensmanagement (siehe Abbildung 5.1) bezeichnet – kategorisiert.Des Weiteren werden bei den so erarbeiteten Anforderungen an das Knowledge Management ingroßen und verteilten Unternehmen auch erfolgsversprechende IT-Komponenten vorgestellt, s<strong>of</strong>erndiese bei einem Lösungsansatz unterstützend einsetzbar sind. Auf diese Weise wird quasi ein idealsKM-System für große und verteilte Unternehmen beschrieben. Dieses wird in Kapitel 6 und 7 alsAusgangspunkt für eine Evaluierung des Informationssystems Hyperwave sowie für die Beschreibungder beispielhaften Implementierung zweier Komponenten genutzt.


100 KAPITEL 5. ANFORDERUNGEN AN WISSENSMANAGEMENT5.2 Wissen identifizierenZu Beginn der Beschäftigung mit Wissensmanagement muss zunächst herausgefunden werden, welchesWissen wo und in welcher Form innerhalb und außerhalb eines Unternehmen vorhanden ist. Ineinem großen Konzern sind die Wissensbestände natürlich weltweit über die einzelnen Betriebsstättenverteilt und können zudem in verschiedener Sprache und Form vorliegen. Die Identifikation von Wissenumfasst die Bestimmung der Wissensträger und deren Bedeutung hinsichtlich der Relevanz für dasUnternehmen. Unter Wissensträger versteht hierbei sowohl Humanressourcen wie auch Speichermedienmit externalisiertem Wissen. Das Wissen kann in einem globalen Konzern zudem Einschränkungenbezüglich des Ortes unterliegen. So kann es Wissensbestände geben, die lokal, national oder weltweitvon Interesse sind. Durch die Schaffung von Wissenstransparenz werden auch Wissenslücken verdeutlichtund Vorraussetzungen geschaffen, damit fehlendes Wissen erworben oder entwickelt werdenkann.In diesen Baustein fällt auch die Modellierung bzw. Strukturierung des identifizierten Wissens. Esgilt, Wissensträger und -objekte zu erfassen, zu kategorisieren und ihre Zusammenhänge zu modellieren.In einem großen Unternehmen müssen sowohl die internen und externen Experten wie auch dasgespeicherte explizite Wissen erfasst und verwaltet werden. Das Visualisieren von Zusammenhängenzwischen Wissensträgern geschieht im Idealfall durch das Aufzeichnen und Darstellen von unternehmensinternenAbläufen. Speziell durch die geographische Verteilung der Betriebsstätten ist das Modellierenvon Geschäftsprozessen oder wissensbasierten Tätigkeiten, die über den eigenen Bereichhinausgehen, sehr wichtig, um den Verantwortlichen und den beteiligten Mitarbeitern einen Überblickzu verschaffen.Des Weiteren muss bei der Identifikation von Wissen auch evaluiert werden, welche implizitenWissensbestände externalisiert werden müssen und inwiefern das vorhandenen Wissen digital gespeichertwerden soll. Sinnvoll für eine Kategorisierung, für Qualitätsaspekte, aber auch für die Realisierungeines IT-Systems ist auch eine Unterscheidung zwischen Metawissen (Wissen über Wissen) undObjektwissen (den eigentlichen Wissenselementen).Ein Aspekt dieses Prozesses ist die Etablierung von KM-Rollen, um den in Abschnitt 3.3 vorgestelltenorganisatorischen Barrieren wie Bürokratie, einer starren Unternehmenshierachie, usw. entgegenzuwirken.In der Schindler Aufzüge AG (Abschnitt 4.2) gibt es unter anderem Technologiebeauftragte,die Projekte aus technologischer Sicht betreuen, Wissensbestände verwalten, Wissenslückenidentifizieren und mögliche Synergien zwischen unterschiedlichen Projekten finden. Die Siemens AG(Abschnitt 4.4) setzt ebenfalls sogenannte Knowledge Broker ein, welche unter anderem für die Identifikation,Klassifikation und Kategorisierung von relevanten Informationen im Unternehmen zuständigsind.Gerade in großen Unternehmen, die in mehreren Ländern ansässig sind, passiert es <strong>of</strong>t, dass unterschiedlicheKulturen aufeinander treffen. Dies kann <strong>of</strong>t auch dazu führen, dass Wissensbarrierenauftreten, weil beispielsweise sprachliche Differenzen, unterschiedliche religiöse oder politische Ansichtenzur Zurückhaltung von Informationen führen. Die Schindler Aufzüge AG (Abschitt 4.2) setzthier auf einheitliche kulturelle Werte, die in verschiedenen Dokumenten im Intranet beschrieben sind,aber auch durch informelle Treffen verbreitet werden sollen. Speziell in der Projektabwicklung gibt eshier Richtlinien, die von den Projektverantwortlichen zu berücksichtigen sind. Auch das Bereitstellenvon Dokumenten in mehreren Sprachen hilft, diesen kulturellen Barrieren im Unternehmen entgegenzuwirken.Weitere in Abschnitt 3.3 vorgestellten Barrieren des Wissenstransfers können in einem großen undverteilten Unternehmen abgebaut werden, indem interne, wissensintensive Prozesse analysiert, mittelsstrukturierter Interviews ausgearbeitet und beispielsweise durch Knowledge Maps visualisiert werden,wie die Fallstudie über Rolls-Royce in Abschnitt 4.5 gezeigt hat. Bei der Ausarbeitung eines sol-


5.2. WISSEN IDENTIFIZIEREN 101chen Prozesses werden zudem wichtige Wissensträger identifiziert und im Falle von Rolls-Royce ineinem Expertenvermittlungssystem erfasst. Bei immer wiederkehrenden Aufgaben, die beispielsweisein Projekten häufig auftreten, setzt die Schindler Aufzüge AG (Abschitt 4.2) zusätzlich auf formalisierteAbläufe, die mittels Formularen oder einem Workflow-System vorgegeben sind. Wesentlichfür einen weltweit ansässigen Konzern ist in diesem Zusammenhang, dass sich Abläufe über mehrereBetriebsstätten erstrecken können und ein entsprechendes Workflow-System dies auch unterstützt.Der Problematik des Informationsüberangebotes (Abschnitt 3.5) kann man laut der Fallstudie derSchindler AG (Abschitt 4.2) mit einer intelligenten Kodifizierungsstrategie entgegenwirken. Es gilt,nicht nur die wichtigen Wissensbestände zu identifizieren und von den entsprechenden Wissensträgerzu externalisieren, sondern dieses Wissen immer mit dem entsprechenden Experten zu verknüpfen.Aus der Teltech-Studie (Abschnitt 4.3) geht auch hervor, dass es nicht sinnvoll ist, das gesamte Wisseneines Experten in ein System zu extrahieren, sondern dass nur ein Überblick zu einem Fachgebietmit Verweis auf die entsprechenden Experten gespeichert werden soll. Auch für diese zwei Anforderungeneignet sich ein Expertenvermittlungssystem. Teltech setzt zudem einen Thesaurus ein, welcherBegriffe auf entsprechende Fachgebiete und deren Experten abbildet. Um in einem großen Konzern eineeffiziente Informationsauffindung realisieren zu können, ist es notwendig, entsprechende Filtermechanismeneinzusetzten. Für das Filtern ist in diesem Zusammenhang interessant, dass InformationenEinschränkungen hinsichtlich des Nutzungsbereiches und der Empfängergruppe unterliegen können.Zur Bereitstellung von qualitativ hochwertigen Informationen und zum Management der Informationsqualität(Abschnitt 3.6) sind Metadaten für explizite Wissensbestände wie Dokumenten besondersvorteilhaft. So kann man aufgrund von Meta-Informationen wie beispielsweise dem Autor oderdem Erstellungsdatum eines Dokuments Rückschlüsse auf die Qualität der Information schließen, wieaus der Teltech-Studie (Abschnitt 4.3) hervorgeht. Mittels Metadaten kann man unter anderen auchden Gültigkeitbereich sowie die Empfängergruppe von Informationen einschränken, was die Qualitätebenfalls steigert. Des Weiteren können durch Metadaten identifizierte Wissensbestände leicht strukturiertoder durch Knowledge Maps visualisiert werden. Aus technologischer Sicht bieten vor allemDocument-Management-Systeme, aber auch Recommendation-Systems die Möglichkeit, Metadatenzu verwenden. Ein Problem von weltweit ansässigen Konzernen ist, dass einzelne Unternehmensbereicheeigens definierte Gruppen von Metadaten benötigen, um bestimmte Aspekte einer Informationspeziell berücksichtigen zu können.In einem großen und verteilten Unternehmen ist auch zu beachten, dass einzelne Bereiche odersogar Abteilungen eigene Informationssysteme haben können. Diese sind im Wissensmanagement-Konzept einzuplanen und beispielsweise bei der Implementierung von Mechanismen zur Informationsauffindungzu berücksichtigen, wie unter anderem die Fallstudie über Teltech (Abschnitt 4.3) gezeigthat. Des Weiteren hat das Management bzw. entsprechende KM-Rollen in den Bereichen undAbteilungen dafür zu sorgen, dass Wissenslücken frühzeitig identifiziert werden. Schließlich muss dasManagement auch dafür Sorge tragen, dass Kundendaten entsprechend aufgezeichnet und ausgewertetwerden.Für virtuelle Teams (Abschnitt 3.8) erweist sich der Einsatz von Groupware-Systemen als vorteilhaft.Hier kann Wissen in die Infrastruktur integriert werden, wie die Fallstudien Siemens (Abschnitt4.4) gezeigt hat. Auch bei der Schindler AG (Abschnitt 4.2) werden verteilte Projektteams durch einWorkgroup-Computing-System unterstützt. Durch den Einsatz solcher Technologien kann Projektwissenaus organisatorischer und strategischer Sichtweise auf sehr einfache Art und Weise im laufendenBetrieb in explizites (kodifiziertes) Wissen transformiert und in einem datenbasierten System gespeichertwerden. So kann künftig immer auf wertvolle Erfahrungen (Best Practices) vergangener Projektezurückgegriffen werden.Tabelle 5.1 zeigt eine Übersicht über den Prozess der Wissensidentifikation.


102 KAPITEL 5. ANFORDERUNGEN AN WISSENSMANAGEMENTProblembereich Auswahl an Problempunkten Mögliche LösungsansätzeWissensbarrieren Verwaltung der Wissensbestände Corporate MemoryBürokratie/HierachieWissensmakler, Einsatz von ITKulturelle BarrierenGemeinsame Regeln, soziale EventsSprachliche BarrierenMehrsprachige DokumenteExternalisieren von Expertenwissen Strukturierte InterviewsInformationsflut Externalisierung von Wissen nur KonzepteUmfangreiche Wissensbestände Kategorisierung, Visualsierung,Steigerung der QualitätInformationsqualität Qualität von Dokumenten Metadaten, AnnotationenVerwendung von MetadatenAutor, Erstellungsdatum, usw.Mehrsprachige DokumenteAutomatische Übersetzung, ExperteBewertung von Wissensbeständen durch ExpertenKategorisierung des Wissens durch ExpertenLernfähigkeit Kategorisierung der Wissensbestände Wissensmakler, ExpertenIdentifikation von Wissenslücken Wissensmakler, ExpertenVerwaltung von Kundenwissen gemeinsame WissensbasenVirtualität Verteilung von Teams Einsatz von ITKodifizieren von Projektwissen Besprechungen, IT-SystemEinsatz von IT Heterogene IT-Landschaft Berücksichtigen aller IT-SystemeIdentifikation der ExpertenSkill-Management-SystemAbbilden der Fachgebiete auf Experte ThesaurusVerwaltung von explizitem Wissen Document ManagementUnterstützung von TeamsWorkgroup ComputingAutomatisieren von Projektabläufen WorkflowAuswerten von Kundendaten Data WarehousingTabelle 5.1: Übersicht WissensidentifikationTechnologienFür den Prozess der Wissensidentifikation in einem großen und geographisch verteilten Unternehmenkann man folgende Technologien hervorheben:Die Identifikation von Wissensträgern kann einerseits durch eine Analyse von wesentlichen wissensintensivenProzessen im Unternehmen, andererseits auch durch das systematische Erfassen derFähigkeiten der Mitarbeiter geschehen. Große Konzerne, die zum Beispiel wissensbasierte Produkteoder Dienstleistungen anbieten oder aber sehr projektorientiert arbeiten, benötigen ein entsprechendesSkill-Management-System, um die Fähigkeiten der Mitarbeiter optimal nutzen zu können.Eine Verknüpfung von Fachbereichen mit Experten wie auch eine Verwaltung des Fachvokabularskann durch einen Thesaurus geschehen, wie bei der Studie über Teltech gezeigt wurde. Hier kannzugleich auch Wissen über die Sprache der Kunden festgehalten werden. Und im Gegensatz zu einerstatischen Kategorienstruktur sind durch einen Thesaurus auch Verknüpfungen zu Synonymen undverwandten Fachgebieten möglich.Des Weiteren kann organisatorisches oder strategisches Wissen von Projekten und Arbeitsabläufendurch Groupware-Systeme in die Infrastruktur des Unternehmens integriert werden. Auf diese Art entstandenesWissen kann sodann sehr einfach zur Erfahrungssicherung verwendet werden. So könnenbeispielsweise Daten und Dokumente, die durch ein Workgroup-Computing-System von einem Teamproduziert wurden, durch Ablegen in einem daten- oder dokumentbasierten Informationssystem ge-


5.3. WISSEN ERWERBEN 103sammelt und so für andere Mitarbeiter als Best Practices verfügbar gemacht werden. Bei einemWorkflow-System kann ein solcher Vorgang sogar automatisiert werden, indem bei Erreichen von einemMeilenstein ein Erfahrungsbericht von einem oder mehreren Teilnehmern verlangt wird.Vorteilhaft für all diese Systeme ist das Ermöglichen von Meta-Informationen. Die Angabe vonMeta-Informationen wie beispielsweise einen Experten für ein Fachgebiet oder den Autor und dasErstellungsdatum bei einem Dokument erweist sich bei der Kategorisierung und der Visualisierung alsvorteilhaft.Identifiziert man nun fehlende oder unvollständige Wissensbestände im Unternehmen, kann diesesWissen entweder extern erworben, wie der nächste Abschnitt beschreibt, oder aber selbst entwickeltwerden, wie in Abschnitt 5.4 nachzulesen ist.5.3 Wissen erwerbenDer Erwerb von Wissen ist für große Unternehmen eine Möglichkeit, um fehlende Kompetenzen raschaufzubauen. Wissen kann dabei auf unterschiedlichsten Märkten durch folgende vier Aktivitäten erworbenwerden: Erwerb externer Wissensträger, Erwerb anderer Unternehmen, Erwerb von Stakeholderwissen(zum Beispiel Kundenwissen), Erwerb von Wissensprodukten. Allerdings gibt es auch eineReihe von Barrieren und Problembereichen beim Erwerb “fremder” Fähigkeiten, die nun diskutiertwerden.Als erster und sicherlich größter Problembereich beim Erwerb von externen Wissen seien die Barriereninnerhalb des Unternehmens zu nennen, wie sie unter anderem schon in Abschnitt 3.3 vorgestelltwurden. Beim Einbringen von externen Wissen kann diesen Barrieren entgegengewirkt werden,indem beteiligte Berufsgruppen im Unternehmen eine spezielle Behandlung erfahren. So wurde inder Teltech-Studie (Abschnitt 4.3) geschildert, dass Führungskräften eine Übersicht über die Nutzungexternen Wissens in der eigenen Abteilung geboten wird oder IT-Fachkräfte in den Prozess der Informationssucheverstärkt eingebunden werden, damit deren Interesse geweckt wird. Auch muss man Bibliothekarenund Informationsmanagern, die ja das in Form von Büchern und Dokumenten vorliegendeWissen verwalten, besondere Aufmerksamkeit schenken und diese von den Vorteilen der Nutzung externenWissens überzeugen.Die Siemens AG (Abschnitt 4.4) wirkt der Meidung von externen Wissen durch die Mitarbeitergleich in zweifacher Weise entgegen: Zum einen fördern die Knowledge Broker die Nutzung vonexternen Wissen und versuchen die Vorteile gegenüber der teuren Eigenentwicklung hervorzuheben.Zweitens kann auch das Management dazu beitragen, dass die Barrieren zur Nutzung externen Wissensabgebaut werden. Die Schaffung einer <strong>of</strong>fenen Kultur, welche Fragen, Kritik und Fehler zuläßt, wirktsich auf die Beschäftigung mit externem Wissen positiv aus.Der Erwerb von Wissen aus dem Internet zeigt das ganz <strong>of</strong>fensichtliche Problem des Informationsüberangebotsauf, wie es in Abschnitt 3.5 detailiert behandelt wurde. Gerade Teltech (Abschnitt4.3) bietet hier einige gute Ansatzpunkte: So muss ein unternehmensweites Informationssystem aufalle Fälle die IT-Lösungen der einzelnen Suborganisationen berücksichtigen und beispielsweise eineSchnittstelle, die zumindest eine Suche ermöglicht, zu diesen Systemen zur Verfügung stellen. Um einzu hohes Informationsaufkommen zu vermeiden, kann man durch Einschränkung der Informationenhinsichtlich des Verwendungsbereichs bzw. der Emfpängergruppe die Wissensauffindung effizientergestalten, da auf diese Weise Informationen wirklich nur an die Orte gelangt, wo sie auch wirklichbenötigt werden. Für die Suche in anderen Abteilungen oder im Internet bietet Teltech Unterstützungdurch Wissensanalysten an, was in einem global verteilten Konzern ebenfalls praktikabel wäre. DesWeiteren ist auch ein Newsletter-Dienst für ein Fachgebiet oder von einer anderen Abteilung vorteilhaft,wenn es darum geht, Neuerungen nicht zu verpassen.


104 KAPITEL 5. ANFORDERUNGEN AN WISSENSMANAGEMENTWird nun externes Wissen in das Unternehmen aufgenommen, so sind natürlich die Qualitätsaspektevon Abschnitt 3.6 zu beachten. Bei Teltech (Abschnitt 4.3) wird besonderer Wert auf die Herkunftvon Informationen und die Aktualität gelegt. Neue Informationen werden hier mit Metadaten wie demAutor oder dem Erstellungsdatum versehen. Auch die Angabe eines zuständigen Experten ist bei Teltechwichtig. In der Siemens AG (Abschnitt 4.4) werden zudem die Experten zur Bewertung von neuenDokumenten herangezogen. Auch hier seien nochmals die Einschränkbarkeit von Informationen hinsichtlichdes Verwendungsbereichs und der Empfängergruppe zu erwähnen. Durch solche einfachenMaßnahmen, die mit einem daten- oder dokumentenbasierten System realisiert werden können, kanndie Qualität der Informationen erheblich gesteigert werden. Auf diese Weise wird auch die Problematikder Informationsflut eingeschränkt, wenn man bei einer Suche Kriterien wie Aktualität bzw. denGültigkeitsbereich einer Information berücksichtigt.Aus Sicht eines lernenden Unternehmen, wie sie in Abschnitt 3.7 beschrieben wurden, sind nunfolgende Aspekte wesentlich: Die Schindler Aufzüge AG prüft bei der Personalbesetzung von Projektenstets, dass wichtige individuelle und teamspezifische Fähigkeiten vorhanden sind. Hierfür istgerade in großen Unternehmen ein Skill-Management-System von erheblichen Vorteil, da Schlüsselpositionenin Projekten oder Prozessen mit den besten Mitarbeitern besetzt werden sollten und mandiese mit einem solchen System auch unter vielen tausenden Mitarbeitern, die zudem über mehrereBestriebsstätten verteilt sind, finden kann. Bei Rolls-Royce (Abschnitt 4.5) wiederrum werdenGeschäftsprozesse analysiert und Anforderungen an eine zu besetzende Stelle erstellt. Durch Verwendeneines Skill-Management-Systems oder durch Rekrutierung eines externen Experten kann aufgrunddes sehr genauen Anforderungspr<strong>of</strong>ils ein Mitarbeiter mit den gewünschten Fähigkeiten gefunden werden.Wie bereits erwähnt muss ein Unternehmen auch von den Stakeholdern, also den Gruppen im Umfeldeiner Organisation, lernen. In erster Linie wichtig sind die Zulieferer und vor allem die Kunden,wie auch die Fallstudie in Abschnitt 4.7 gezeigt hat. Zunächst ist es wichtig, kundenbezogene Prozessezu analysieren und zu optimieren. Das Erfassen der Kommunikation mit Kunden und Lieferanten kannhierbei durch ein Groupware-System geschehen. Strategien zur Akquisition von Kunden werden durchinteraktive Marketingmaßnahmen wie Online-Shops, durch On-Demand-Services wie Supportangeboteauf der eigenen Webseite oder aber durch Kundenbetreuung mittels eines Call-Centers unterstützt.Wesentlich interessanter sind nun aber die Möglichkeiten zur Kundenbindung: So kann ein Unternehmendurch Kooperationen mit deren Kunden (oder Lieferanten) Zugriff auf eine externe Wissensbasiserhalten oder aber gemeinsam mit dem Kunden eine Wissensbasis aufbauen. Auch der Einsatz vonData Warehousing, also eines vom operativen IT-System losgelösten Datenbanksystem zum Sammelnund Auswerten von Kundendaten, ist ein gängiges Verfahren bei der weiteren Kundenbetreuung. Diehier automatisierten Daten können einem Unternehmen bei Entscheidungsprozessen weiterhelfen.Hinsichtlich des Erwerbs von Wissen ist in Tabelle 5.2 eine entsprechende Übersicht über dieProbembereiche und die in diesem Abschnitt erarbeiteten Lösungsansätze zu sehen.TechnologienAus Sicht der Informationstechnologie lassen sich in großen und geographisch verteilten Unternehmennun folgende Kategorien von IT-Systeme für diesen Wissensprozess einsetzen:Als erste wichtige Technologie, die den Erwerb von externen Wissen in großen Unternehmen unterstützt,sei das Skill-Management-System zu nennen. Mit einem solchen System, welches in Konzernenmit mehreren tausend Mitarbeitern ohnedies unumgänglich ist, lassen sich Schlüsselpositionen inProjekten oder Prozessen bestmöglich besetzten. Zudem kann man mit der Verwaltung der unternehmensinternenFähigkeiten Anforderungen an Experten, die in das Unternehmen geholt werden sollen,erstellen.


5.3. WISSEN ERWERBEN 105Problembereich Auswahl an Problempunkten Mögliche LösungsansätzeWissensbarrieren Not-Invented-Here-Syndrom Eingehen auf MitarbeitergruppenNutzung externen WissensÜbersicht für AbteilungsleiterNeg. Erfahrung mit externem Wissen Steigerung der QualitätBürokratie/HierachieWissensmakler, Einsatz von ITSprachliche BarrierenÜbersetzungstools, WissensmaklerInformationsflut Externe Wissensbestände Migration oder NutzungAuffindung von externem Wissen Einsatz von WissensmaklernUmfangreiche Wissensbestände FiltermechanismenViele SuchresultateIntelligente SuchalgorithmenIrrelevante InformationenFilterung mittels MetadatenInformationsqualität Qualität importierter Dokumenten Metadaten, AnnotationenErstellen von MetadatenAutomatisches Generieren, ExperteMehrsprachige DokumenteAutomatische Übersetzung, ExperteSteigerung der QualitätBewertung durch ExpertenKategorisierung der Wissensbestände Wissensmakler, ExpertenLernfähigkeit Beobachten eines Fachgebiets Newsletter-DienstFehlende KompetenzenRekrutierung externer Experten,Erwerb innovativer UnternehmenLernen vom KundenKooperationen, geteilte Wissensbasen,Auswerten der KundendatenEinsatz von IT Verwaltung von externem Wissen Document ManagementIdentifikation externer Wissensträger Skill-Management-SystemAnbindung von KundenBereichsportalImportieren von Kundenwissen Online-Dienste, Call-CenterFesthalten der Kundensprache ThesaurusAuswerten von Kundendaten Data WarehousingTabelle 5.2: Übersicht WissenserwerbDaten- und dokumentenbasierte Informationssysteme sind für den Prozess des Wissenserwerbsebenfalls wichtig. Externes Wissen, welches wichtig für die Kernkompetenzen ist und beispielsweisedurch Newsletterdienste angekündigt wird, kann über verschiedenste Wege importiert werden, mussaber auf alle Fälle bewertet werden. Ist beim unternehmensinternen System die Eingabe von Metadatenmöglich, ist das vorteilhaft für die Qualität und auch für das weitere Qualitätsmanagement vonInformationen.Der wichtigste Aspekt bei der Behandlung von externen Wissen ist natürlich jener des Stakeholder-Wissens. Hier kommen prozessbasierte Technologien und datenbasierte Systeme gleichsam zum Einsatz.Kundenprozesse können durch Groupware-Lösungen im Call-Center oder durch den Kundenselbst genutzt werden. Technologien zur Kommunikation mit Stakeholdern wie Kunden oder Lieferantenreichen von Diskussionsforen bis hin zur Verwendung von Mobilfunk. Datenbankbasierte Servicesfinden sich auf der <strong>Home</strong>page als Online-Shop oder Supportleistungen, aber auch bei der mitKunden gemeinsam entwickelten Wissensbasis oder dem Data Warehousing System wieder. Bei derErfassung der Kundensprache können mit einem einfachen Thesaurus Begriffe auf Fachbereiche undderen Experten gemappt werden.Einzig gegen organisatorische oder individuelle Barrieren gibt es keine IT-basierte Lösung. Hiermuss weiterhin das Management bzw. diverse Wissensfunktionen wie Knowledge Broker die Vorraussetzungenfür eine <strong>of</strong>fene Unternehmenskultur und eine Corporate Identity schaffen, um die Nutzung


106 KAPITEL 5. ANFORDERUNGEN AN WISSENSMANAGEMENTexternen Wissens zu fördern und das unternehmensinterne Konkurrenzdenken abzubauen.5.4 Wissen entwickelnNeben dem Erwerb von neuem Wissen können fehlende Kompetenzen aber auch im Unternehmenselbst entwickelt werden. Die Schaffung neuer Fähigkeiten und Produkte, besserer Ideen und leistungsfähigererProzesse in einem Unternehmen kann dabei in eigens dafür vorgesehenen ForschungsundEntwicklungseinrichtungen geschehen oder aber als Nebenprodukt von Geschäftsprozessen entstehen.Wie bereits im letzten Wissensprozess stellen auch Barrieren organisatorischer und individuellerNatur (Abschnitt 3.3) den größten Problembereich bei der Entwicklung von eigenem Wissen dar. Überbrücktkönnen diese Barrieren durch Schaffung von Forschungskommunen, die unter anderem auchdurch ein virtuelles Team realisiert sein können, und durch den Einsatz von IT werden. Vorteilhaft ansolchen virtuellen Teams ist, dass das entwickelte Wissen keiner Abteilung zugeordnet ist und somitdas interne Konkurrenzdenken wegfällt.Die Siemens AG (Abschnitt 4.4) setzt auf sogenannte CoPs 1 für die einzelnen Fachgebiete. Innerhalbeiner solchen Kommune koordiniert ein Practice Leader wissensbasierte Tätigkeiten und sorgtauch für Verbesserungen hinsichtlich der Unternehmenskultur wie beispielsweise das Zulassen vonFehlern, Fragen und Kritik von Mitarbeitern, um ein <strong>of</strong>fenes Betriebsklima zu schaffen. Ein CoP kannaber auch als ein “think tank”, also eine Lernarena, angesehen werden, wo Mitarbeiter von alltäglichenTätigkeiten Abstand nehmen können und Denkfreiräume sowie Zeit für innovative Ideen haben.Um bürokartische Vorgänge bei der Wissensentwicklung zu vermeiden, ist es bei Rolls-Royce (Abschnitt4.5) wichtig, dass kritisches implizites Wissen externalisiert und verteilt wird. Denn nur wennMitarbeiter auf benötigtes Wissen schnell zugreifen können, wird dieses auch genutzt und weiterentwickelt.Auf die Prozesse Wissensverteilung und -nutzung wird in den nächsten zwei Abschnittengenauer eingegangen. Bezüglich der Wissensbarrieren sei hier noch zu erwähnen, dass dem Management(Abschnitt 4.6) die Aufgabe zukommt, für eine <strong>of</strong>fene Unternehmenskultur zu sorgen, aber auchdie notwendige Lernumgebung für Individuen, Teams und die Organisation zu schaffen.Der Wandel zu einem lernenden Unternehmen wird durch folgenden zwei Aspekte begünstigt:Zum einen muss das Management eines großen und geographisch verteilten Konzerns erkennen, dassein reines Produktionsunternehmen, welches nach der betriebswirtschaftlichen Grundlage von Taylorwirtschaftet und mit minimalen Ressourceneinsatz maximalen Ertrag erzielen will, bald an deren Grenzenstößt – beispielsweise bei Übersättigung des Marktes und Aufbau von zu großen Lagerbeständen– und keine Umsatzsteigerungen mehr generieren kann. Den Ausweg aus diesem Dilemma bietet dasPrinzip “Lean Production”, wonach ein Unternehmen auf eine schlanke Produktion, aber auf eine hoheMitarbeiterqualifizierung setzen soll. Auf diese Weise entstehen mehr Innovationen rund um dieKernkompetenzen und Produkte eines Unternehmens, was schließlich neu entwickeltes Wissen oderbeispielsweise eine höhere Kundenorientierung (Abschnitt 4.7) hervorbringt.Um innovationsfeindliche Unternehmenshierachien abzubauen und die Flexibilität eines großenKonzerns zu fördern, ist das Bilden von sozialen Systemen mit einer bestimmten Obergrenze an Mitarbeiternund klar definierten Kompetenzen sehr vorteilhaft. Auch wenn sich hierbei der Aufwand fürLogistik und Kommunikation erhöht, bietet dieser Ansatz eine enorme Steigerung der Lernfähigkeitder sozialen Systeme und somit auch des gesamten Unternehmens. Bei der Projektabwicklung derSchindler Aufzüge AG (Abschnitt 4.2) werden zudem in einzelnen Projektphasen Lernziele definiert,womit das Teamlernen forciert wird. Gerade dieser Aspekt ist natürlich auch in sozialen Systemen mit1 Community <strong>of</strong> Practice


5.4. WISSEN ENTWICKELN 107einer überschaubaren Anzahl an Mitarbeiter einfach realisierbar und kann durch Informationstechnologienwie einer Workflow-Lösung unterstützt werden.Zur Steigerung der Kundenorientierung bietet sich bei Unternehmen, die für Kunden teure Individualprodukteerstellen, ein Produktdesign mittels S<strong>of</strong>tware an, welches die Kunden vorab begutachtenoder gar verbessern können. So werden bei Rolls-Royce (Abschnitt 4.5) die zu produzierenden Düsenantriebezuerst durch diverse S<strong>of</strong>twarepakete entworfen und mit Simulationss<strong>of</strong>tware gestestet.In Tabelle 5.3 sind die Lösungsansätze für den Prozess der Wissensentwicklung überblicksmässigdargestellt.Problembereich Auswahl an Problempunkten Mögliche LösungsansätzeWissensbarrieren Freiraum für Innovationen ForschungsabteilungenInternes KonkurrenzdenkenVirtuelle ForschungsteamsKeine Zeit für KM-Tätigkeiten Schaffung von FreiräumenAngst vor Fehlern und Kritik Wissensmakler, informelle TreffenFördern von Innovationsprozessen KreativitätstechnikenBürokratie/HierachieKodifizierung von Expertenwissen,Wissensmakler, Einsatz von ITSprachliche BarrierenMehrsprachige DokumenteInformationsqualität Qualität erzeugter Dokumente Metadaten, AnnotationenErstellen von MetadatenAutomatisches Generieren, ExperteMehrsprachige DokumenteAutomatische Übersetzung, ExperteSteigerung der QualitätBewertung durch ExpertenKategorisierung der Wissensbestände Wissensmakler, ExpertenLernfähigkeit Anpassung, Flexibilität Gebilde sozialer EinheitenInnovationsfreundliche Umgebung Konzept der Lean ProductionEntwicklung von Kompetenzen ForschungsprojekteWissensentwicklungim gesamten UnternehmenBeobachten anderer Abteilungen UnternehmensnachrichtenVirtualität Verteilung von Teams Einsatz von ITAbsinken des Vertrauensregelmäßige TreffenKodifizieren von Projektwissen Besprechungen, IT-SystemVirtuelle ErzeugnisseProduktdesign mittels S<strong>of</strong>twareEinsatz von IT Verwaltung von entwickeltem Wissen Document ManagementUnterstützung virtueller Teams Workgroup ComputingAutomatisieren von Projektabläufen WorkflowUnternehmensnachrichtenNews-System, PortalsystemUnterstützung der Kommunikation Email, VideokonferenzTabelle 5.3: Übersicht WissensentwicklungTechnologienVorteilhaft für den Prozess der Wissensentwicklung in einem großen und verteilten Unternehmen sindfolgende Technologien:Für virtuelle Forschungsteams eignen sich Workgroup-Computing-Lösungen. Auf diese Weisekann via Diskussionsforen kommuniziert, mittels verteilten Terminkalender geplant oder durch gemeinsamnutzbare Speicherbereiche Daten ausgetauscht werden. Für solche Teams kann des Weiterenauch ein Workflow-System eingesetzt werden, mit welchem interne Prozesse geplant, ausgeführt, kon-


108 KAPITEL 5. ANFORDERUNGEN AN WISSENSMANAGEMENTtrolliert und automatisiert werden können. Auch Kommunikationstechnologien wie Email oder Mobilfunkzählen zu wesentlichen Bestandteilen von virtuellen Teams. Es sei hier nochmals erwähnt,dass gerade bei solchen Forschungsgruppen immer wieder eine persönliche Zusammenkunft eingeplantwerden muss, wie in der Studie über die Schindler AG geschildert wurde.Daten- und dokumentenbasierte Informationssysteme eignen sich in diesen Prozess speziell fürdas Sichern von “Best Practices” bei Projekten oder Forschungstätigkeiten. Gerade bei der Entwicklungvon neuem Wissen sollten vor Projektstart vergangene Erfahrungen berücksichtigt und nach derDurchführung neu gewonnene Erfahrungen als “Lessons Learned” gesichert werden. Die Erfahrungssicherungkann natürlich nicht nur bei der bewußten Entwicklung von neuem Wissen in Forschungslaborsoder eigenen Projekten geschehen, neues Wissen kann auch als Nebenprodukt der täglichenAbläufe innerhalb der Organisation entstehen.Als zentrales Element dieses Wissensprozesses ist natürlich der Aufbau eines organisatorischenGedächtnisses rund um die Kernkompetenzen des Unternehmens zu nennen. Auch hier werden vorwiegenddaten- und dokumentenbasierte Informationssysteme eingesetzt, wobei es zwei Möglichkeitesdes Aufbaus eines solchen “coporate memory” gibt: Zum einen kann man damit beginnen, alle Dokumenteund Daten in einem IT-System zu sammeln und sodann gute Routinen zur Wissensauffindungimplementieren. Hierfür eignen sich vor allem Document-Management-Systeme, die beispielsweiseeine gezielte Suche durch Meta-Informationen unterstützen.Ein anderer Ansatz für den Aufbau eines organisatorischen Gedächtnisses ist folgender: Man zeichnetrelevante Aktivitäten von Experten und Teams auf, verlinkt diese Abläufe und entwickelt darausein entsprechendes System, welches die analysierten Prozesse unterstützt. Auch diese Methode resultiertvorwiegend in einem Document-Management-System, kann aber auch Groupware-Komponentenhervorbringen. Für beide Ansätze vorteilhaft ist das Verwenden einer kommerziellen Lösung, da einesolche wesentlich günstiger als eine Eigenentwicklung ausfällt und im Normalfall auch ausgereifterist.Weitere Technologien für die Wissensentwicklung sind Newsletter-Sevices, welche über Innovationenaus den wesentlichen Fachgebieten bzw. über Neuigkeiten aus anderen Abteilungen des Unternehmensberichten, und spezielle S<strong>of</strong>tware-Tools zum Designen und Visualisieren von Produkten.Letzteres ist insbesonders interessant, wenn sich Kunden das geplante Produkt vorab ansehen und amEntwurf mitarbeiten können.5.5 Wissen (ver)teilenNachdem bestehende Wissensbestände identifziert und fehlendes Wissen erworben oder selbst entwickeltist, beschäftigt sich der Prozess der Wissensverteilung mit der Frage, wie benötigtes Wissenan den richtigen Ort im Unternehmen gebracht werden kann. Gerade in einem großen, multinationalenKonzern ist dieser Aspekt aufgrunde der geographischen Verteilung der Betriebsstätten essentiell.Der erste Problembereich bei der Verteilung von Wissen ist natürlich wieder jener der Wissensbarrieren(Abschnitt 3.3). Organisationalen Barrieren wie einer starre Hierachie oder unterschiedlichenAuslegungen der Unternehmenswerte kann man durch formelle oder informelle Treffen wie auchdurch den Einsatz eines Wissensmaklers entgegenwirken. So forciert die Schindler Aufzüge AG (Abschnitt4.2) informelle Treffen, indem in den Abteilungen eigene Lokalitäten wie beispielsweise eineKaffeeküche zur Verfügung gestellt werden. Der Prozess der Sozialisation wird zudem als essentielleVorraussetzung für die Verteilung von kulturellem Wissen im Unternehmen gesehen. Erst das persönlicheWeitergeben von Unternehmenswerten führt laut der Studie über die Schindler Aufzüge AG zueinem einheitlichen Auftreten der Suborganisationen und deren Mitarbeiter, also zu einer “CorporateIdentity”. Auch bei Teltech (Abschnitt 4.3) sind diese Überlegungen umgesetzt, indem zum Beispiel


5.5. WISSEN (VER)TEILEN 109Experten gleicher Fachgebiete interne Schulungen und Treffen abhalten, um so Wissensbestände abzugleichen.Die Siemens AG (Abschnitt 4.4) setzt zudem auf Knowledge Broker, welche Wissensbarrierenabbauen und Mitarbeiter von den Vorteilen der Wissensteilung überzeugen sollen.Ein zweiter Aspekt der Barrieren der Wissensverteilung ist jener von vertraulichen und geheimenInformationen. Wissensverteilung um jeden Preis sollte gerade deswegen nicht das eigentliche Zieleines Unternehmens sein. Vielmehr muss das Management vor der Verteilung erarbeiten, wer auf welchesWissen in welchem Umfang zugreifen muss und soll. In der Schindler Aufzüge AG (Abschnitt4.2) wurde zu diesem Zweck ein eigenes Zugriffskonzept im Intranet entwickelt, um kritische Informationenzu schützen. Auch beruht die Angabe von Fähigkeiten im Skill-Management-System aufFreiwilligkeit, um Daten über Mitarbeitern nur mit deren Einverständnis zugänglich zu machen. BeiTeltech (Abschnitt 4.3) gibt es zudem Einschränkungen bei der Wartung des Knowledge Scopes. Änderungenim Thesaurus bleiben hier den Wissensingenieuren vorbehalten, um die Konsistenz des Systemszu gewährleisten und fehlerhafte Inhalte zu vermeiden. Auch der Umgang mit einzelnen Berufsgruppenfällt unterschiedlich aus. So erhalten Führungskräfte der Kundenunternehmen eine detaillierte Übersichtüber die Nutzung von Teltech-Services, während die Mitarbeiter selbst nur die Dienstleistungenin Anspruch nehmen können.Aufgrund der anfallenden Datenmenge in einem großen und verteilten Unternehmen ist bei derVerteilung von Wissen ganz speziell auf die Server- und Netzwerkbelastung zu achten. EffizienteSuch- und Filtermechanismen können sich vorteilhaft auf diese Ressourcen auswirken. Eine Reduktionder Suchergebnisse kann beispielsweise erfolgen, indem die Aktualität der Resultate oder aber Einschränkungenbezüglich bestimmter Unternehmensbereiche oder der Empfängergruppe berücksichtigtwerden. Gerade durch Festlegen, ob ein bestimmtes Dokument nur von lokaler, von nationaler odergar von globaler Bedeutung ist, kann das Netzwerk entlasten und gleichsam dem Wissenskonsumentenrelevante Suchergebnisse seiner Anfrage anzeigen, wie in Abschnitt 3.5 berichtet wurde.Bei der Verteilung der Best Practices von Projekten oder internen Prozessen spielt natürlich dieInformationsqualität (Abschnitt 3.6) eine große Rolle. So setzt die Schindler Aufzüge AG (Abschnitt4.2) auf den Grundsatz des TIQM-Ansatzes 2 : Das Wiederholen eines Fehlers kann am besten durch Erfassenvon “lessons learned” und die Verteilung derselben verhindert werden. Des Weiteren wirkt sichauch das weltweit einheitliche Auftreten der Schindler Aufzüge AG durch verteilte Image- und Qualitätsstandardssowie durch ein normiertes Vorgehen in der Projektabwicklung positiv auf die Qualitätder Informationen im Intranet aus.Für lernende Organisationen ist speziell der Aspekt Wissensmultiplikation, also der Prozess einerschnellen Verbreitung bestimmter Wissensbestände auf eine große Zahl an Mitarbeitern, interessant.Beispiele für die Wissensmultiplikation sind die regelmäßigen Projektbesprechungen in der SchindlerAufzüge AG (Abschnitt 4.2), welche das Team über Neuigkeiten im laufenden Projekt informierensollen, und natürlich die internen Schulungen bei Teltech (Abschnitt 4.3), wo Experten Vorträge undWorkshops für Kollegen des gleichen oder eines verwandten Fachbereichs abhalten. Als Technologienseien hier Newsletter-Dienste für ein Fachgebiet oder aber der Einsatz von Kommunikationsdienstenwie Online-Diskussionsforen und Email zu nennen, wie in der Fallstudie über die Siemens AG (Abschnitt4.4) geschildert wurde. Anhand der hier vorgeschlagenen Technologien ist auch ersichtlich,dass Wissensmultiplikation stets einer “Push”-Strategie folgt, dh. es wird zentral entschieden, welchesWissen in welchem Umfang verteilt werden soll und welche Kanäle hierfür verwendet werden.Die “Pull”-Strategie baut hingegen auf die Schaffung einer nicht zentral gesteuerten Informationsstruktur,wie das Konzepts des virtuellen Teams (Abschnitt 3.8) zeigt. Ein solches Wissensnetzwerkbringt nun aufgrund der Verteilung über mehrere Betriebsstätten sowie über viele Länder eine großeZahl an Barrieren mit sich. So sind bei der Schindler Aufzüge AG (Abschnitt 4.2) persönliche Treffen2 Total-Information-Quality-Management-Prozess


110 KAPITEL 5. ANFORDERUNGEN AN WISSENSMANAGEMENTder Mitglieder eines virtuellen Projektteams nach einer bestimmten Zeit vorgeschrieben, um das Vertrauenunter den Mitarbeitern wieder aufzufrischen. Auch ist der persönliche Kontakt zwischen häufigkommunizierenden Mitgliedern eines Teams gefordert, um die Kommunikationsprozesse zu optimieren.Auch die Siemens AG (Abschnitt 4.4) baut auf virtuelle Teams, die vor allem in der Forschungeingesetzt werden. Hier werden Mitarbeiter von unterschiedlichen Betriebsstätten durch Informationstechnologiezu einer Community <strong>of</strong> Pratice (CoP) verbunden, um neues Wissen auf einem speziellenGebiet zu entwickeln. Aus technologischer Sicht ist vor allem ein Groupware-System einsetzbar.Schließlich ist auch bei einem virtuellen Unternehmens der Prozess der Wissensverteilung einwichtiger Aspekt. Virtuelle Unternehmen kennzeichnet, dass diese nur bestimmte Bereiche der betriebswirtschaftlichenLeistungserbringung übernehmen und andere Bereiche outsourcen. Beispielsweisekann ein Konzern, der einen Markt in einem neuen Land erschließen will, nur die wissensbasiertenLeistungen wie Management, Logistik, Marketing und Verkauf übernehmen, jedoch die Produktionder Halbfertigerzeugnisse und das Sampling derselben den Unternehmen vor Ort überlassen. Auch virtuelleUnternehmen werden grundsätzlich durch Groupware-Systeme unterstützt, wobei hier bei derEinbindung der Zulieferer auf eine entsprechende Zugriffskontrolle für sensible Daten zu achten ist.Tabelle 5.4 zeigt eine Übersicht über den Prozess der Wissensverteilung.Problembereich Auswahl an Problempunkten Mögliche LösungsansätzeWissensbarrieren Verteilung von Wissen Intranet, Corporate MemoryMitarbeiterkompetenzenNur freiwillige PreisgabeBürokratie/HierachienWissensmakler, Einsatz von ITVerbreitung der Unternehmenswerte persönliche Treffen, ITFehlinterpretation von Werten Wissensmakler, TreffenAbbau von individuellen Barrieren Soziale Events, WissensmaklerVertrauliche InformationenZugriffskontrolleInformationsqualität Wiederholen von Fehlern Erfassen der “lessons learned”Weltweit einheitliches Auftreten Image- und QualitätsstandardsManagement von QualitätTIQM-AnsatzLernfähigkeit Wissensmultiplikation Projektbesprechungen,Workshops, Schulungen,Einsatz von Push-TechnologienWissensnetzwerkeEinsatz von Pull-TechnologienVirtualität Verteilung von Teams Einsatz von ITVirtuelle UnternehmenProduktion ausgelagert,IT-Anbindung der ZuliefererVirtuelle TeamsEinsatz von Pull-TechnologienEinsatz von IT Grundlage für Verteilung IntranetVerwalten der MitarbeiterPeople DirectoryPush-TechnologienEmail, Mobilfunk, Newsletter,Workflow, VideokonferenzPull-TechnologienWorkgroup ComputingVerteilen der Wissenbeständen Document ManagementUnterstützung virtueller Unternehmen Workgroup Computing, WorkflowTabelle 5.4: Übersicht Wissensverteilung


5.6. WISSEN NUTZEN 111TechnologienBei der Verteilung von Wissen in großen und geographisch verteilten Unternehmen erweisen sich nachfolgendeIT-Systeme als vorteilhaft:Systeme zur Erfassung der Mitarbeiter (“people directory”) dienen der Verteilung von Informationenüber die Mitarbeiter eines Unternehmens. Idealerweise bietet ein solches System auch die Möglichkeit,dass zusätzliche Meta-Informationen wie Qualifikationen, Erreichbarkeit, usw. angegeben werdenkönnen.Für die Wissensverteilung in Projekten oder aber in wissensbasierten Prozessen innerhalb des Unternehmenseignen sich Groupware-Systeme. Ein organisatorisches Gedächtniss ist im Normalfall mittelsdaten- oder dokumentenbasierten Informationssystemen aufgebaut. Dementsprechend geschiehtauch die Verteilung des darin gespeicherten Wissens über Schnittstellen zu diesen Systemen, welcheüber das Intranet erreichbar sein sollten. Auch ein unternehmeninternes Expertenvermittlungssystemoder gar ein Skill-Management-System dient der Verteilung von Wissen.Ein nicht ganz unwesentlicher Aspekt dieses Wissensprozesses ist ein Zugriffsmechanismus aufbestimmte Bereiche im IT-System. Hier ist es vorteilhaft, wenn das System eine Rechteverwaltung fürdie Daten und Dokumente bereitstellt und man so Benutzern verschiedene Zugriffs- und Sichtweisenauf das gespeicherte Wissen geben kann.Für die Wissensmultiplikation, also der Push-Strategie der Verteilung, sind entsprechende Kommunikationstechnologienwie Email oder Diskussionsforen dienlich, während ein Wissensnetzwerk,welches die Pull-Strategie repräsentiert, durch Groupware-Systeme unterstützt werden kann.5.6 Wissen nutzenDer Prozess der Wissensnutzung zielt auf den produktiven Einsatz organisationalen Wissens zum Nutzendes Unternehmens ab. Es gilt vorwiegend die Wissensbarrieren abzubauen und das vorliegendeWissen, welches bereits identifiziert, importiert oder weiterentwickelt sowie verteilt wurde, nutzbarzu machen. Dieser Prozess kann auch als die Phase gesehen werden, in der Wissensmanagement imUnternehmen umgesetzt wird.Organisationale und individuelle Barrieren (Abschnitt 3.3) sind vorwiegend Schuld daran, dass dasorganisationale Wissen nicht genutzt wird. So versucht die Schindler Aufzüge AG (Abschnitt 4.2) kulturelleBarrieren durch einheitliche Image- und Qualitätsstandards zu überbrücken. Gerade durch eineunternehmensweit gleiche Projektabwicklung können auf diese Weise Best Practices von Projektleiternin anderen Ländern und zu einem späteren Zeitpunkt klar nachvollzogen werden. KommunikationsintensiveProzesse wiederrum dürfen nur über eine geringe räumliche Distanz oder aber unter Einsatzvon Kommunikationstechnologien wie Videokonferenz-Systeme geführt werden, um das Vertrauenzwischen den Kommunizierenden zu gewährleisten. Auch Einrichtungen für formelle oder informelleMitarbeitertreffen wie beispielsweise ein Info-Center oder ein Seminarraum dienen der Verbesserungder Wissensnutzung.Teltech (Abschnitt 4.3) verwaltet die Kundensprache in einem Thesaurus, um Barrieren zu derenKunden zu vermeiden, und behandelt diverse Gruppen von Wissenskonsumenten auf eine spezielleArt und Weise. So wurde von den Wissensanalysten Teltechs erkannt, dass Manager gerne Überblicküber die Leistungen der eigenen Mitarbeiter haben, weshalb dieser besonderen Gruppe eine Übersichtüber die Wissensnutzung in deren Unternehmen geboten wird. IT-Fachkräfte wiederrum werden in denProzess der Informationsauffindung eingebunden, damit sie zum einen nicht untätig warten müssenund zum anderen deren Interesse für einen Fachbereich geweckt wird.Die Siemens AG (Abschnitt 4.4) setzt in diesem Wissensprozess auf Knowledge Broker, welche


112 KAPITEL 5. ANFORDERUNGEN AN WISSENSMANAGEMENTdie Unternehmenskultur verbessern, von den Vorteilen der Wissensnutzung überzeugen und bei derSuche nach benötigten Informationen helfen sollen. Des Weiteren wirkt auch das Konzept von virtuellenForschungs- und Entwicklungskommunen gegen das Not-Invented-Here-Syndrom. Nehmen Mitarbeitervon mehreren Abteilungen an der Entwicklung von neuem Wissen oder der Erstellung einesWissensprodukts teil, so fehlt das interne Machtdenken bei der späteren Nutzung des Resultats. VirtuelleTeams nutzen also nicht nur die Vorteile von örtlicher und zeitlicher Flexibilität, sondern wirkenauch Wissensbarrieren entgegen.Das Management eines lernenden Unternehmens (Abschnitt 4.6) übernimmt für den Prozess derWissensnutzung die Aufgabe, ein Anreizsystem für wissensbasierte Tätigkeiten zu schaffen und mitgutem Vorbild voranzugehen. Hierzu müssen Mitarbeiter von den Vorteilen der Wissensnutzung überzeugtwerden und die entsprechende Zeit dafür bekommen. Weiters müssen auch Zusammenhängeder einzelnen Tätigkeiten aufgezeigt werden, damit ein Mitarbeiter über seine Aufgabenbereiche hinausblickenkann und versteht, welche Funktion er in einem Geschäftsprozess hat. Hierzu eignet sicheine Analyse und darauffolgende Visualisierung eines wissensintensiven Prozesses sehr gut, wie dieFallstudie über Rolls-Royce (Abschnitt 4.5) gezeigt hat.Für die Wissensnutzung ebenfalls sehr wichtig ist das rasche Auffinden von Informationen. Geradediese Tätigkeit wird aber durch das steigende Aufkommen von Informationen im Intranet einesgroßen Unternehmens sowie im Internet erschwert (Abschnitt 3.5). Vor allem Teltech (Abschnitt 4.3)bietet deren Kunden Unterstützung bei der Suche. So führt bei Anruf eines Kunden ein Wissensanalysteine erste Suche nach den gewünschten Informationen durch und vermittelt gegebenenfalls an einenExperten weiter. Teltech hat aber auch intelligente Suchalgorithmen und Filtermechanismen implementiert,um bei einer Suchanfrage nur die relevanten Ergebnisse aus 1600 Datenbanken zu erhalten.Weiters können auch komplexe und mehrstufige Suchverfahren – wie beispielsweise die Suche nacheiner Erfindung – durch einem Experten, der dabei mit dem Kunden interagiert, durchgeführt werden.Die Siemens AG (Abschnitt 4.4) setzt bei Daten und Dokumente auf Meta-Informationen, welche eineKategorisierung und eine effizientere Suche ermöglicht.Die Qualität der Informationen (Abschnitt 3.6) spielt in diesem Wissensprozess eine bedeutendeRolle. Auch hierfür eignen sich die eben beschriebenen Meta-Informationen für Daten und Dokumentehervorragend. Durch Angabe des Autors ist auf diese Weise der Verfasser einer Information bekannt,das Erstellungsdatum oder das Datum der letzten Änderung gibt Aufschluß über die Aktualität einesDokuments und das Auswählen einer oder mehrerer Fachgebiete hilft bei der Kategorisierung derDaten. Natürlich ist auch Festlegen des Gütligkeitsbereiches oder der Empfängergruppe einer Informationvorteilhaft für die Informationsqualität und somit für die Wissensnutzung. Schließlich sei hierauch erwähnt, dass unterschiedliche Gruppen von Meta-Informationen für die Nutzung von Dokumentenin verschiedenen Unternehmensbereichen eines großen Konzerns eine Steigerung der Informationsqualitätbewirken kann, da auf diese Weise die Mitarbeiter der einzelnen Bereiche ihre eigenenQualitätskriterien von ein und derselben Information definieren können.Die Siemens AG (Abschnitt 4.4) läßt zudem neues Wissen, welches entweder importiert oder selbstentwickelt wurde, von einem Experten bewerten. Bei Rolls-Royce (Abschnitt 4.5) wiederrum wurdendie Ergebnisses der Ausarbeitung eines Entwicklungsprozesses durch verlinkte Webseiten im Intranetzugänglich gemacht. Diese “hirngerechte” Dokumentenstruktur ist für die Mitarbeiter einfach zu verstehenund wirkt sich deshalb positiv auf die Wissensnutzung aus. Schließlich verzichtet die SchindlerAufzüge AG (Abschnitt 4.2) auf umfangreiche Leitfäden für die einheitliche Projektabwicklung unddie vorgegebenen Image- und Qualitätsstandards, sondern stellt die hierfür notwendigen Dokumentemultimedial aufbereitet und ebenfalls mit weiterführenden Links versehenen Dokumenten im Intranetzur Verfügung. Des Weiteren werden die Durchführung wichtiger Tätigkeiten in einem Projekt und dieVerankerung von Lernzielen durch ein Workflow-System unterstützt.Hinsichtlich der Wissensnutzung ist in Tabelle 5.5 eine entsprechende Übersicht über die Probem-


5.6. WISSEN NUTZEN 113bereiche und die in diesem Abschnitt erarbeiteten Lösungsansätze zu sehen.Problembereich Auswahl an Problempunkten Mögliche LösungsansätzeWissensbarrieren Not-Invented-Here-Syndrom Eingehen auf MitarbeitergruppenInternes Konkurrenzdenken Virtuelle ForschungsteamsKommunikative Prozesse Videokonferenzen, TreffenAbbau individueller Barrieren Info-Center, Soziale EventsNutzung externen Wissens AnreizsystemeBürokratie/HierachieWissensmakler, Einsatz von ITSprachliche BarrierenMehrsprachige DokumenteWeltweites AuftretenImage- und QualitätsstandardsÜberblick über eigene Tätigkeit Visualisieren der ArbeitsabläufeAngst vor IT, Desinteresse Usability des SystemsInformationsflut Wissensauffindung Einsatz von Wissensmaklern, ITUmfangreiche Wissensbestände Kategorisierung, VisualisierungFiltermechanismenViele SuchresultateIntelligente SuchalgorithmenIrrelevante Informationen Filterung mittels MetadatenInformationsqualität Qualität der Dokumenten Metadaten, AnnotationenVerwendung von Metadaten Autor, Erstellungsdatum, usw.Erstellen von Metadaten Automatisches Generieren, ExperteMehrsprachige Dokumente Automatische Übersetzung, ExperteSteigerung der Qualität Bewertung durch ExpertenKategorisierung des Wissens durch ExpertenVirtualität Verteilung von Teams Einsatz von ITAbsinken des Vertrauens regelmäßige TreffenEinsatz von IT Verwaltung von Wissen Document ManagementUnterstützung virtueller Teams Workgroup ComputingVisualisieren von Abläufen Workflow, Verlinkte StrukturUsability des SystemsEinheitliche Oberfläche, Bedienbarkeit,konsistente Inhalte, rascher ZugriffSystemeigenschaftenStrukturierte Dokumentenverwaltung,Zugriffskontrolle, Verlinkung,umfangreiche SuchmechanismenTabelle 5.5: Übersicht WissensnutzungTechnologienVon Seiten der Informationstechnologie her wird im Prozess der Wissensnutzung vor allem die Usabilitygroßgeschrieben. Eine einheitliche Benutzeroberfläche und konsistente Inhalte sind wesentlicheVorraussetzungen dafür, dass das gespeicherte und verteilte Wissen auch entsprechend genutzt wird.Gerade gegen kulturelle Barrieren werden durch eine einheitlich gestaltete Oberfläche des internenInformationssystems unterstützt, wobei sich geringfügige Anpassungen des Interfaces an eine Suborganisationpositiv auf den Zusammenhalt in diesem Bereich auswirken. Umgesetzt kann eine solcheStrategie zum Beispiel werden, indem die Benutzeroberfläche des KM-Systems im gesamten Konzerngleich gestaltet ist, es aber zum Beispiel ein eigenes Logo oder eine Farbe für eine Abteilung gibt.Das organisatorische Wissen, das in der IT-Infrastruktur eines Unternehmens gespeichert wird,


114 KAPITEL 5. ANFORDERUNGEN AN WISSENSMANAGEMENTkann gleichsam in einem daten- oder dokumentenbasiertem Informationssystem wie auch in einerGroupware-Lösung integriert sein. Im Normalfall werden in einem großen und geographisch verteiltenUnternehmen mehrere der bereits vorgestellten Technologien zum Einsatz kommen. Für die Wissensnutzungwichtig ist ein für alle Medien gleiches Erscheinungsbild, über das die Wissenskonsumentenauf das Wissen zugreifen können. Zudem sollte der Zugriff auf unterschiedliche Datenbanken über eineinheitliches Frontend geschehen.Hilfreich für das Überblicken und Verstehen von umfangreicheren Prozessen im Unternehmenist eine Visualisierung des gesamten Ablaufs. Zum Beispiel kann ein wissensbasierter Prozess wieKnowledge Engineering durch den Einsatz von verlinkten Dokumenten oder aber durch ein Workflow-System dargestellt werden. Die Schaffung eines solchen Überblicks über einen Geschäfts- oder Wissensprozessdient nicht nur den Prozessverantwortlichen zu Optimierungszwecken, sondern gibt denMitarbeitern auch ein grundlegendes Verständnis für deren Rolle in einem solchen Ablauf.Ein wesentliches Element der Wissensnutzung ist natürlich das Auffinden bzw. Wiederauffindenvon Informationen im unternehmenseigenen Intranet sowie auch in externen Wissensspeichern. Einerseitsmuss ein ideales KM-System sehr mächtige Suchmechanismen unterstützen, die beispielsweiseauch Synonyme oder grammatikalische Abwandlungen von Suchbegriffen berücksichtigt. Andererseitsmuss die dadurch entstandene Flut an Informationen gefiltert und bezüglich Qualitätseigenschaftensortiert werden. Filtermechanismen lassen sich realisieren, indem beispielsweise die Ortsabhängigkeitsowie die Empfängergruppe von Informationen in Form von Metadaten gespeichert werden. Qualitätseigenschaftenkann man hingegen durch generierte Metadaten wie Autor, Erstellungsdatum, usw. unddurch eine Bewertung der Inhalte von Experten festlegen.5.7 Wissen bewahrenWissensbewahrung behandelt den Prozess der Bewahrung von Erfahrungen und Informationen, damitdas organisationale Gedächtnis bzw. Teile davon nicht verloren gehen. Zu den wichtigsten Aufgabenhierfür zählen das Selegieren des kritischen Wissens, das Speichern desselben auf entsprechende Medienund die regelmäßige Aktualisierung.Die Barrieren in diesem Prozess sind vorwiegend organisationaler Natur (Abschnitt 3.3). Bei derSchindler Aufzüge AG (Abschnitt 4.2) werden zum einen Besprechungen abgehalten, um aktuellesProjektwissen an alle Mitarbeiter weiterzugeben und dieses somit in den Köpfen mehrerer Personen zuspeichern. Zum anderen werden einzelne Projektphasen dokumentiert und vor allem Besprechungenmit Kunden durch Protokolle festgehalten. Auch die Projektnachbesprechungen und das Sichern derBest Practices aus einem Projekt dient der Bewahrung von kritischem Wissen. Ein zentrales Anliegender Siemens AG (Abschnitt 4.4) ist die Identifikation von Mitarbeitern, die in Geschäftsprozessenkritische Aufgaben übernehmen. Diese Schlüssenmitarbeiter – aus Sicht des Wissensmanagementsetwa Knowledge Broker – werden durch spezielle Anreizsysteme wie leistungsbezogene Prämien oderOptionen auf Aktien des eigenen Unternehmens stärker gebunden.Ein wirksames Mittel gegen das Informationsüberangebot (Abschnitt 3.5) ist die Verwendungvon Meta-Informationen wie dem Erstellungs- und Änderungsdatums eines Dokuments oder einerInformation. Auf diese Weise kann man eine Reihung der Daten nach Aktualität vornehmen, wie dieTeltech-Studie (Abschnitt 4.3) zeigt. Meta-Informationen wie der Verfasser, das Erstellungsdatum oderein Fachgebiet eines Dokuments bedeuten zudem eine Steigerung der Informationsqualität. Das Einschränkenvon Informationen auf einen bestimmten Unternehmensbereich bzw. auf eine Empfängergruppeist hingegen ideal, um irrelevante Informationen im Vorhinein zu filtern. Auch die regelmäßigeWartung eines Systems ist, wie sie beim Knowledge Scope von Teltech durch die Wissensingenieuredurchgeführt wird, vorteilhaft für die Bewahrung von in einem System integriertem Wissen. Die Sie-


5.7. WISSEN BEWAHREN 115mens AG (Abschnitt 4.4) setzt innerhalb einer Community <strong>of</strong> Practice einen sogenannten TechnicalEditor ein, der bestimmte Meta-Informationen für Dokumente wartet und somit qualitativ hochwertigeund konsistente Informationen garantiert.Das Sichern des impliziten Wissens von Experten mit langjährigen Erfahrungen ist für alle Organisationeneine große Herausforderung, da gerade solche Mitarbeiter – zum Beispiel altersbedingt durchPensionierung – das Unternehmen verlassen können und dadurch wichtige Wissensbestände verlorengehen. Teltech (Abschnitt 4.3) setzt in diesem Fall auf das japanisches Konzept “sempai-kohai”, wojunge Experten mit den erfahrenen Experten des gleichen Fachbereichs ein Team bilden, sodass dielangjährigen Erfahrungen durch den Prozess der Sozialisierung weitergegeben werden.In der Siemens AG (Abschnitt 4.4) übernimmt der Practice Leader einer Forschungskommunedie wichtige Aufgabe, künftig wichtiges Wissen zu selegieren und entsprechend zu kennzeichnen.Knowledge Broker wiederrum beobachten bestimmte Diskussionsforen und warten diese. HochwertigeInhalte wie auch Aktualität stehen hier im Vordergrund. Bei Rolls-Royce (Abschnitt 4.5) werdenzum einen bei der Analyse von unternehmensinternen Prozessen Schlüsselmitarbeiter identifiziert unddurch Anreizsysteme an das Unternehmen gebunden. Zweitens setzt Rolls-Royce auch auf gezielteExternalisierung von “tacit knowledge”, indem ein wissensbasierter Prozess durch strukturierte Interviewsausgearbeitet und multimedial aufbereitet wird.Schließlich spielt auch das Management (Abschnitt 4.6) in diesem Prozess eine wichtige Rolle:Dieses muss natürlich die Ressourcen für die Wartung des Intranets zur Verfügung stellen. Zudementscheidet auch das Management, welches Wissen bewahrt und für den künftigen Gebrauch gespeichertund welches vorhandene Wissen wieder entlernt werden soll. Gerade in größeren Organisation istdie Vorgang des Selegierens aufgrund der vielen Erfahrungen, die täglich im Unternehmen entstehen,notwendig.In Tabelle 5.6 sind die Losungsansätze für den Prozess der Wissensbewahrung überblicksmässigdargestellt.TechnologienIn erster Linie geht es bei der Bewahrung von Wissen um Angelegenheiten des Managements wiedas Selegieren, das Speichern und das Aktualisieren von kritischen Wissensbeständen. Aus technologischerSicht ist die regelmäßige Sicherung der Daten im IT-System zu erwähnen. Des Weiterenfällt auch das Protokollieren von formellen oder informellen Treffen oder das Dokumentieren vonProjektphasen oder Arbeitsabläufen in den Prozess der Wissensbewahrung, wenn das Managemententschlossen hat, dass sich dieser Aufwand lohnt und das so externalisierte Wissen gespeichert undverteilt werden soll. Schließlich ist auch das Entlernen bzw. Archivieren von nicht mehr benötigtemWissen bei der Wissensbewahrung zu berücksichtigen.Bei der Bewahrung von Wissensdokumenten ist als IT-System primär ein Document-Management-System zu nennen, was bereits bei anderen Wissensprozessen (Wissensidentifikation, Wissenserwerb,usw.) bereits angedeutet wurde. Diese meist auf Datenbanken basierenden Systeme ermöglichen dasstrukturierte Speichern von Dokumenten und erlauben in der Regel die Eingabe oder automatischeGenerierung von Meta-Informationen. Eine gute Bedienbarkeit und effiziente Suchalgorithmen sindweitere Garanten dafür, dass ein Document-Management-System eine wichtige Basistechnologie fürein organisationales Gedächtnis sein kann. Weitere Applikation können auf einem guten Document-Management-System aufgebaut sein, wie in Kapitel 6 noch zu sehen sein wird.


116 KAPITEL 5. ANFORDERUNGEN AN WISSENSMANAGEMENTProblembereich Auswahl an Problempunkten Mögliche LösungsansätzeWissensbarrieren Sichern von Projektwissen Besprechungen, DokumentierenSichern von Kundengespräche Aufzeichnung, ProtokolleSichern von implizitem Wissen Binden von Schlüsselmitarbeiter,Externalisierung, SozialisierungInformationsflut Umfangreiche Wissensbestände Kategorisierung, Visualisierung,FiltermechanismenViele SuchresultateIntelligente SuchalgorithmenIrrelevante InformationenFilterung mittels MetadatenInformationsqualität Qualität erzeugter Dokumente Metadaten, AnnotationenAktualisieren von Dokumenten Metadaten, ExpertenErstellen von MetadatenAutomatisches Generieren, ExperteMehrsprachige DokumenteAutomatische Übersetzung, ExperteSteigerung der QualitätBewertung durch ExpertenKategorisierung des Wissens durch ExpertenLernfähigkeit Selegieren von kritischem Wissen WissensmaklerEntlernen von veraltetem Wissen WissensmaklerAnreizsystem für Schlüsselmitarbeiter Prämien, AktienoptionenWartung des IntranetsPersonal-, HardwareressourcenEinsatz von IT Verwalten des gesichertem Wissens Document ManagementSichern der InformationenBackupstrategieTabelle 5.6: Übersicht Wissensbewahrung5.8 Wissensziele definierenWie bereits bei der Wissensbewahrung zu sehen ist, sind in diesem und auch in allen anderen Wissensprozessenwichtige Entscheidungen des Managements eines Unternehmens notwendig. Diese Einflußnahmeder unternehmerischen Führungsebene aus Sicht des Wissensmanagements wird in einemeigenen Prozess, nämlich in jenem der Wissensziele zusammengefasst. Wissensziele benötigt man fürdie strategische Ausrichtung des Wissensmanagements, also um Lernanstrengungen eine Richtung zugeben.Man unterscheidet drei Gruppen von Wissenszielen: Normative Wissensziele nehmen Einfluß aufdie rechtliche Struktur eines Unternehmens. Sie werden durch unternehmenspolitische Aktivitäten umgesetztund sollen eine Verbesserung der Unternehmenskultur bewirken. Strategische Ziele hingegenbeschäftigen sich mit der Organisationsstruktur und Managementsystemen. Mittels interner Initiativensollen Verbesserungen in den Wissensprozessen erwirkt werden. Die operativen Wissensziele sorgenfür die Umsetzung der Wissensmanagement-Initiativen, indem konkrete Projekte definiert und durchgeführtwerden, um die Leistungserbringung hinsichtlich wissensbasierter Tätigkeiten zu steigern.Der größte Problembereich bei der Definition von Wissenszielen sind die Wissensbarrieren (Abschnitt3.3). Gegen individuelle Barrieren wirken der von der Schindler Aufzüge AG (Abschnitt4.2) vorgeschlagene Wandel von der Personalisierungs- zur Kodifizierungsstrategie. Ein erster Schritthierfür wäre das Erfassen der Kompetenzen eines Experten durch ein Skill-Management-System undeine Zuordnung des Mitarbeiters zu einem oder mehreren Fachgebieten. In weiterer Folge kann danndas implizite Wissen eines Experten teilweise oder im Extremfall zur gänze externalisiert werden,s<strong>of</strong>ern dies für die Weiterentwicklung der Kernkompetenzen eines Unternehmens vorteilhaft ist. Derschrittweise Wandel zur Kodifizierungsstrategie verhindert auf alle Fälle individuelle Barrieren.Der besondere Umgang mit bestimmten Mitarbeitergruppen, wie ihn Teltech (Abschnitt 4.3) prak-


5.8. WISSENSZIELE DEFINIEREN 117tiziert, dient dem Abbau von individueller Barriern. IT-Fachkräfte, die in einen schwierigen Suchvorgangdurch den Wissensanalysten eingebunden werden, müssen zum einen nicht gelangweilt auf einErgebniss warten und teilen zudem das Erfolgserlebnis einer gelungenen Suche.Auch die Siemens AG (Abschnitt 4.4) beschäftigte sich bei der Erstellung des KM-Frameworksmit Wissenszielen. So lautet ein Grundsatz für Knowledge Management in der Siemens AG, dass eindefiniertes Wissensziel nie die Geschäftsstrategie außer Acht lassen darf. Beispielsweise ist der Aufbauvon Wissen, welches weder Kernkompetenzen noch ein Produkt des Unternehmens verbessert,eine Verschwendung von Ressourcen, wie leicht einzusehen ist. Auch die Schaffung einer <strong>of</strong>fenenUnternehmenskultur ist bei der Siemens AG als normatives Wissensziel festgelegt. Das Stellen vonFragen oder das Anbringen von Kritik ist explizit von den Mitarbeitern erwünscht. Ebenso sollen Abteilungsleiterwie auch die Practice Leader den Mitarbeitern entsprechende Freiräume für wissensbasierteTätigkeiten einräumen. Schließlich haben die Knowledge Broker in der Siemens AG auch dieAufgabe, Tätigkeiten zur Verbesserungen der Unternehmenskultur durchzuführen.Das Management (Abschnitt 4.6) eines Unternehmens, welches seine Kernkompetenzen auf- oderausbauen will, muss natürlich Anzeizsysteme für wissensbasierte Tätigkeiten schaffen. Zudem müssendie Führungskräfte die definierten normativen und strategischen Wissensziele vorleben, um die Mitarbeitervon deren Notwendigkeit zu überzeugen. In Hinblick auf die Informationsqualität obliegt esebenfalls den Führungskräften, Qualitätskriterien und Ziele für das Qualitätsmanagement von Informationenzu definieren.Gerade der Wandel eines Unternehmens zu einer lernenden Organisation (Abschnitt 3.7) wirdhauptsächlich vom Management getragen. So muss man vom Organisationskonzept des Taylorismus(“maximaler Ertrag mit minimalem Aufwand”) wegkommen und moderne Konzepte wie die LeanProduction (“schlanke Produktion und füllige Mitarbeiterqualifikation”) forcieren. Mit diesem Paradigmenwechselist in erster Linie gemeint, dass ein großes Unternehmen einzig mit einer Steigerungder Produktion nicht dauerhaft wachsen kann. Irgendwann wird der Markt übersättigt sein und die Produktekönnen nicht mehr abgesetzt werden. Lean Production setzt nun auf eine Weiterentwicklung derKernkompetenzen, womit ein Unternehmen intelligentere Produkte schaffen und neue Dienstleistungenanbieten kann. Durch diesen Wandel von einem reinen Produzenten zu einem produktions- undserviceorientierten Unternehmen kann auch ein großer und weltweit präsenter Konzern Umsätze undGewinne steigern.Aus Sicht der Organisationsstruktur empfiehlt sich für wissensintensive Tätigkeiten das Bildenvon sozialen Systemen. Eine solche Suborganisation, die aus einer überschaubaren Anzahl an Mitarbeiterbesteht, ist wesentlich lernfähiger und kann sich auf einen Bereich innerhalb des Unternehmenskonzentrieren. Durch diese Spezialisierung ist ein soziales System effizienter als eine starre Unternehmenshierachie,durch die höhere Lernfähigkeit ist eine größere Flexibilität gegeben. Interessantfür Unternehmensbereiche oder auch kleinere Einheiten wie soziale Systeme ist die Möglichkeit, sichvom gesamten Unternehmen durch Eigenheiten wie beispielsweise ein eigenes Logo oder erweitertekulturelle Werte, die jedoch sehr wohl im Einklang mit den Werten der Organisation stehen müssen,abzugrenzen. Diese spezifischen Besonderheiten stärken den internen Zusammenhalt und erlauben eingesundes Konkurrenzdenken in einem großen Konzern. Die Schindler Aufzüge AG (Abschnitt 4.2)ermöglicht zum Beispiel für einzelne Projekte eigene Portale, wodurch ein solches Projektteam eineSonderstellung innerhalb des Konzerns hat.Nun kann man auch für das gesamte Unternehmen normative und strategische Wissensziele definierenund diese dann auf eine solche soziale Einheit “herunterbrechen”. In der Schindler AufzügeAG gibt es unter anderem Wissensingenieure, welche eine Suborganisation zu einer lernenden Einheitüberführen sowie Strategien und Maßnahmen für Wissensmanagement – also die definierten Wissensziele– umsetzen. Für das Unternehmen selbst übernehmen KM-Rollen wie der Chief Knowledge Officer(CKO) oder ein Kompetenzfeldverantwortlicher (KFV) die Aufgabe, Wissensziele zu definieren


118 KAPITEL 5. ANFORDERUNGEN AN WISSENSMANAGEMENTund umzusetzen.Hinsichtlich der Wissensziele ist in Tabelle 5.7 eine entsprechende Übersicht über die Probembereicheund die in diesem Abschnitt erarbeiteten Lösungsansätze zu sehen.Problembereich Auswahl an Problempunkten Mögliche LösungsansätzeWissensbarrieren Individueller Barrieren Wandel zu Kodifizierungsstrategie,Info-Center, Soziale EventsKulturelle Barrierengemeinsame Regeln, soziale EventsBürokratie/HierachienWissensmakler, Einsatz von ITUnternehmensweiter Zusammenhalt Definition gemeinsamer WerteWeltweit einheitliches Auftreten Image- und QualitätsstandardsZusammenhalt in Abteilungen Abgrenzung durch EigenheitenVerbreitung der Unternehmenswerte persönliche Treffen, ITSichern von implizitem Wissen ExternalisierungKommunikative ProzesseVideokonferenzen, TreffenLernfähigkeit Anpassung, Flexibilität Gebilde sozialer EinheitenInnovationsfreundliche Umgebung Konzept der Lean ProductionManagement der Wissensbestände KM-RollenFestlegen der Kernkompetenzen KM-RollenEinsetzen von KM-RollenCKO, KFV, WissensmaklerSpezialisierung von Abteilungen Zuweisung von KompetenzenEinsatz von IT Abgrenzung von Abteilungen BereichsportalUnterstützung des Managements Workflow, Workgroup ComputingTabelle 5.7: Übersicht WissenszieleTechnologieWie bereits erwähnt wurde, empfielt sich als Organisationsstruktur für ein großes, verteiltes Unternehmenaus Gründen der Lernfähigkeit ein Netzwerk von sozialen Systemen. Eine interessante IT-Komponente in diesem Zusammenhang ist ein Bereichsportal. Ein solches Portalsystem ermöglicht es,dass Bereiche und Abteilungen über eine eigene, anpassbare Oberfläche auf das Informationssystemzugreifen können. Die Anpassbarkeit betrifft bezüglich der Oberfläche eine eigene Farbe, ein Logo,usw. und bezüglich des Inhalts eine Sammlung von Hyperlinks, eine eigene Themenstruktur, usw. DesWeiteren ist auch ein Newssystem interssant, welches die interne Struktur der Organisation unterstütztund das Portal mit Neuigkeiten der unter- und übergeordneten Organisationseinheiten versorgt.Ansonsten geht es bei der Definition von Wissenszielen um die Einflußmöglichkeiten auf die einzelnenBausteine des Wissensmanagement. Diese Aktivitäten betreffen in erster Linie das Managementeines Unternehmens. Das Management kann natürlich wie jedes andere Team im Unternehmen durchWorkgroup Computing oder Workflow-Systeme unterstützt werden.Eine Überprüfung der Wissensziele, also quasi eine Art Controlling, ist für das Management allerdingserst dann möglich, wenn das organisationale Wissen bzw. wissensbasierte Prozesse gemessenwerden können. Mit der Bewertung von Wissen beschäftigt sich der nun folgende Abschnitt.5.9 Wissen bewerten“Was man nicht messen kann, kann man nicht managen!” (anonyme Managerweisheit)


5.9. WISSEN BEWERTEN 119Diese anonyme Weisheit deutet darauf hin, dass eine Optimierung der Wissensprozesse durch Definitionvon Wissenszielen eigentlich nur möglich ist, wenn das vorhandenen Wissen auch bewertetwerden kann.Der Prozess der Wissensbewertung stellt Methoden zur Bewertung des Erfolgs der Lernprozessezur Verfügung. Es wird dabei “gemessen”, ob die formulierten Wissensziele erfolgreich umgesetztwurden. Weiters behandelt dieser Prozess Indikatoren für Wissensmanagement und Möglichkeiten derBilanzierung des intellektuellen Kapitals.Die Siemens AG (Abschnitt 4.4) setzt zur Bewertung von externalisierten Wissen in den Forschungskommunenzum einen Review Members ein, welche bestimmte Foren sowie Daten und Dokuementein einzelnen Bereichen des organisationalen Gedächtnisses regelmäßig begutachten. Zumanderen gibt es gerade für jede Community Of Practice einen zuständigen Technical Editor, der ebenfallsentsprechende Dokumente beurteilt. Auf diese Weise wird ein hoher Qualitätsstandard für die imSystem befindlichen Informationen gschaffen.Der Bereich der Bewertung von Unternehmensstrategien ist ebenfalls im WissensmanagementKonzept der Siemens AG berücksichtigt. Man verwendet hierbei das Managementinstrument “balancedscorecard”, mit welchem Geschäftsprozesse verschiendenen Perspektiven – beispielsweise der finanziellenPerspektive, Lern- und Wachstumsperspektiven, usw. – gegenübergestellt werden. Auf dieseWeise können Visionen des Unternehmens visualisiert und die Umsetzung derselben bewertet werden.Durch den “balanced scorecard”-Ansatz erhält man eine Bewertung der Lernprozesse eines Unternehmens,welche man mit den strategischen Wissenszielen gleichsetzen kann. Das Management verfügtso über eine Bewertung der strategischen Wissensziele und kann diese bei Bedarf abändern oder neueZiele definieren.Ein sehr mächtiges Instrumentarium zur Bewertung der eigenen Fähigkeiten ist das Benchmarking.Es obliegt dem Management (Abschnitt 4.6), einen direkten Vergleich des Unternehmens mitunmittelbaren Konkurrenten durchzuführen. Man kann so beispielsweise festzustellen, ob das andereUnternehmen einen Innovationsvorsprung aufgebaut hat oder man selbst der Technologieführer ist.Auch einen Vergleich bezüglich der Kundenzufriedenheit, welche durch Casting Services wie zumBeispiel einer Umfrage oder durch das eigene Call-Center erreicht werden kann, sollte man hier inErwägung ziehen.Tabelle 5.8 zeigt eine Übersicht über den Prozess der Wissensbewertung.Problembereich Auswahl an Problempunkten Mögliche LösungsansätzeLernfähigkeit Bewertung von Wissen durch ExpertenBewertung von Lernprozessen “balanced scorecard”Einsatz von IT Qualitätsbewertung Document ManagementZwingende Dokumentenbewertung WorkflowKundenzufriedenheitOnline-UmfragenAuswerten von Kundendaten Data WarehousingIndikatorensysteme für KM Spezials<strong>of</strong>twareTabelle 5.8: Übersicht WissensverteilungTechnologienTechnologisch gesehen ist für die Wissensbewertung ein Document-Management-System interessant.Hier kann man einerseits eine Qualitätsbewertung von Inhalten realisieren, andererseits kann man aberauch die Informationen, die sich in einem solchen System befinden, statistisch auswerten. Gerade ineinem großen, verteilten Konzern kann man so anhand des KM-Systems ein internes Benchmarking


120 KAPITEL 5. ANFORDERUNGEN AN WISSENSMANAGEMENTunter den einzelnen Bereichen und Abteilungen durchführen und so ein gesundes Konkurrenzdenkenfördern.Bei automatisierten Arbeitsabläufen, die durch ein Workflow-System realisierbar sind, kann zudemeine Bewertung für Daten oder Dokumente erzwungen werden. Die Kundenzufriedenheit kanneinerseits durch eine Umfrage auf der eigenen Webseite oder durch das Call-Center erhoben werdenoder aber durch Auswertung von Kundendaten durch Data Warehousing Systeme.Ansonsten ist auch dieser Wissensprozess eher durch Management-Methoden als durch gängige IT-Systeme gekennzeichnet. Das automatische Generieren von Wissensindikatoren oder Wissensbilanzenist allerdings bei einzelnen Unternehmen wie zum Beispiel der Skandia durch eigens entwickelter IT-Komponenten möglich. Diese Indikatorensysteme oder Monitoring Tools sind jedoch nur im Intranetder entsprechenden Unternehmen verfügbar und nicht am Markt als Standards<strong>of</strong>tware erhältlich.5.10 Ideales KM-SystemAus dem Untersuchungsbereich und den Abschnitten 5.2 bis 5.9 geht hervor, dass die in Tabelle 5.9beschriebenen Komponenten ideal für ein KM-System in großen, verteilten Konzernen sind.IT-KomponenteDocument ManagementMitarbeiterverwaltungSearch-EngineWorkgroup ComputingWorkfloweLearning SystemPortalsystemNewssystemeWeb-ServicesEigenschaften, BestandteileStrukturierte Dokumentenverwaltung, Zugriffskontrolle, Metadaten,Usability, Mehrsprachigkeit, <strong>Version</strong>skontrolle, Annotationen,Hyperlinks, Importieren von InformationenPeople Directory, Expertensuche, Skill Management, Benutzerpr<strong>of</strong>ileSuche über Bereiche eines Servers, Suche über mehrere Server,Suche in externen Systemen, komplexe Suchabfragen, Thesaurus,Suche nach grammatikalischen Variationen, phönitische SucheAufgabenverwaltung, verteilter Kalender, Diskussionsforum,Repository für Daten, Adressverwaltung, Projektverwaltung,Email, Mobilfunk, Videokonferenz, Mailinglist, Whiteboard, ChatEditor, Simulator, Engine, MonitorIndividuelle Umgebung, Umgebung für Teams, Online-Kurse,Online-Prüfungen, Multimediale Inhalte, Diskussionsforum, ChatBenutzerportal, Bereichsportal, Ideenbörse, HandelsplattformUnternehmensnews, News-Watchdog, News-Parser, News-PublishingOnline-Shop, Support-Site, Data Warehousing, Umfragen,FAQ-System, Helpdesk, Recommendation SystemTabelle 5.9: Komponenten eines idealen KM-SystemsDie wichtigste Komponente zur Verwaltung von explizitem Wissen ist natürlich ein Document-Management-System, welches eine strukturierte Ablage der Dokumente, eine Zugriffskontrolle, Metadatenund die anderen in der Tabelle 5.9 erwähnten Eigenschaften bietet. Des Weiteren sind dieVerwaltung der Mitarbeiter von einem großen, verteilten Unternehmen sowie eine umfangreiche Suchfunktionalitätnach Experten wesentliche Kriterien für ein Knowledge Management System in einemgroßen Konzern. Das Verwalten der Fähigkeiten sowie das Speichern von Benutzerpr<strong>of</strong>ilen solltenebenfalls unterstützt werden.Auch eine effiziente Wissensauffindung muss durch entsprechenden Suchmechanismen möglichsein. So sollte ein Benutzer Bereiche am Server, über mehrere Server hinweg und auch in externen Systemennach Informationen suchen können. Neben der Eingabe eines einfachen Suchbegriffs sollte ein


5.11. ZUSAMMENFASSUNG 121erfahrener User auch die Möglichkeit haben, komplexe Abfragen zu erstellen. Ideal wäre es, wenn auchBegriffe mit ähnlicher Bedeutung (Thesaurus) oder variierender Schreibweise sowie grammatikalischeAbwandlungen bei der Suche berücksichtigt werden.Ein Workgroup-Computing-System dient der Unterstützung von Teams, ein Workflow-Systemwird zur Automatisierung von Abläufen im Unternehmen eingesetzt. eLearning-Systeme ermöglichenes, einzelnen Mitarbeitern oder Teams Lerninhalte, die idealerweise multimedial aufbereitet sind, zuvermitteln und zu diskutieren sowie Online-Prüfungen durchzuführen. Portal- und Newssysteme sowiewebbasierte Dienste ergänzen das ideale Informationssystem eines großen und verteilten Konzerns.Zusätzlich zu diesen Anforderungen an ein KM-System für ein großes und verteiltes Unternehmengibt es noch drei Aspekte, die ein dermaßen komplexes IT-System, wie es hier beschrieben ist, mit sichbringen sollte:1. Eine der wesentlichsten Anforderungen an ein komplexes und umfangreiches S<strong>of</strong>tware-Produktist ein modularer Aufbau desselben. Modularität bedeutet für ein großes System, dass es optimalan die Bedürfnisse eines Kunden angepasst werden kann. Auch für die künftige Erweiterungendes Produkts sowie für den Prozess der S<strong>of</strong>twareentwicklung selbst ist ein modularer Aufbaueine wichtige Vorraussetzung.2. Des Weiteren kann man auch die Verwendung des XML-Formats für die Konfiguration des Systemsfordern. XML 3 ist eine Vereinfachung der sehr umfangreichen Markup-Sprache SGML 4und dient zur Beschreibung von Informationen in geeigneter, logischer Art und Weise. NachAngaben des W3C 5 soll sich XML als der führende Standard der Informationsbeschreibungdurchsetzen. [Behme et al. 2000]3. Eine dritte wesentliche Eigenschaft für ein derartiges KM-System ist das Speichern der Datenin einer kommerziellen Datenbanklösung. Entsprechende Produkte bieten zum einen ausgereifteBackup-Strategien und berücksichtigen auch Aspekte wie Zugriffskontrolle, Datenkonsistenz(Roll-Back-Mechanismen), Sicherheit, Datenmigration, uvm.5.11 ZusammenfassungDie Entscheidung, welche Technologie nun in einem Unternehmen oder im Falle eines großen Konzernsin einer Suborganisation zum Einsatz kommen soll, liegt in erster Linie beim Management.Hierfür müssen vorerst sämtliche Geschäfts- und Wissensprozesse analysieren und wesentliche Kompetenzendes Unternehmens identifiziert werden. Dann muss überlegt werden, in welcher Form und inwelchen Umfang das organisatorische Wissen durch ein System erfasst werden soll. Fehlende Kompetenzenmüssen entweder erworben oder selbst entwickelt und bei Bedarf ebenfalls externalisiert werden.Erst dann kann entweder ein am Markt verfügbares Produkt oder eine selbst entwickelte S<strong>of</strong>tware-Lösung zur Unterstützung von Knowledge Management im Intranet des Unternehmens etabliert werden.Bevor auf konkrete Technologien eingegangen wird, sei an dieser Stelle nochmals erwähnt, dassvor einer voreiligen Einführung von IT-Systemen eine entsprechende Unternehmenskultur geschaffenwerden muss. Vor allem normative Zielsetzungen wie ein <strong>of</strong>fenes und innovationsfreundliches Unternehmensklima,der Abbau von Wissensbarrieren, usw. sind essentielle Grundvoraussetzungen für eine3 eXtensible Markup Language4 Standard Geneneralized Markup Language5 World Wide Web Consortium


122 KAPITEL 5. ANFORDERUNGEN AN WISSENSMANAGEMENTerfolgreiche Wissensmanagement-Initiative. Ebenso muss das Management strategische Wissensziele,die die Geschäftsstrategie berücksichtigen, vorgeben und ein Controlling für die Wissensprozesseetablieren. Aus den Fallstudien in Kapitel 4 geht hervor, dass sich die Schaffung und Besetzung vonbestimmten KM-Rollen wie den Chief Knowledge Office, Kompetenzfeldverantwortliche (PracticeLeader), Knowledge Broker (Wissensmakler) oder Wissensanalysten als sehr günstig auf die hier angedeutetenAspekte auswirkt. Speziell in Konzernen mit vielen tausenden Mitarbeitern bedarf es dieserWissensfunktionen, damit eine Beschäftigung mit Wissensmanagement nachhaltigen Erfolg aufweist.Nun aber werden die in diesem Kapitel vorgestellten Komponenten eines idealen KM-Systemenochmals kurz zusammengefasst:Zum Aufbau eines organisationalen Gedächtnisses eignet sich primär ein daten- oder dokumentenbasiertesInformationssystem, welches eine strukturierte Dokumentenverwaltung unterstützt. WichtigeAnforderungen des Systems sind zum einen ein hierachisches Ablagesystem zum Kategorisieren derDaten und Dokumente sowie die Möglichkeit, Verknüpfungen zwischen den Informationen zu schaffen.Um qualitativ hochwertige Informationen im System speichern zu können, ist das Generieren oderEingeben von Meta-Informationen vorteilhaft – so gibt der Autor, das Erstellungsdatum oder andereBewertungskriterien Auskunft über die Qualität der Informationen. Eine <strong>Version</strong>skontrolle für Dokumenteund das Unterstützen von Annotationen wirken sich ebenfalls positiv auf die Informationsqualitätaus.Des Weiteren sind Usability-Grundsätze wie eine einheitliche und benutzerfreundliche Oberflächedes Systems und ein schneller Zugriff auf den Inhalt wichtig dafür, dass das organisationale Wissenin einem Informationssystem genutzt wird. Um kritische Informationen zu schützen bedarf es zudemeiner ausgereiften Zugriffskontrolle. Schließlich sollte das “corporate memory” einfach zu sichern sein,was beispielsweise mit einem datenbankbasierten System zu realisieren ist.Große und verteilte Konzerne müssen sich auf alle Fälle die Mitarbeiter im internen Informationssystemverwalten können. Ideal wäre eine Skill-Management-Komponente, um die Fähigkeiten derMitarbeiter optimal zum Nutzen des Unternehmens einsetzen zu können. Eine Verknüpfung der Fachgebietezu den internen und externen Experten eines Unternehmens, die Möglichkeit einer effizientenSuche und das Erstellen von Benutzerpr<strong>of</strong>ilen sind wesentliche Anforderungen an ein solches Systemzur Mitarbeiterverwaltung.Die Wissensauffindung im KM-System selbst kann als zentrale Anforderung für die Wissensnutzunggesehen werden. Eine Suche nach Informationen sollte über bestimmte Bereiche eines Servers,über mehrere Server sowie in externen Systemen möglich sein und auch Begriffe mit ähnlicher Bedeutungoder Schreibweise sowie grammatikalische Abwandlungen berücksichtigen.Für virtuelle und reale Teams können Workgroup-Computing-Systeme für eine asynchrone Kommunikationeingesetzt werden. Typische Workgroup-Computing-Komponenten sind Diskussionsforen,verteilte Terminkalender, Aufgabenlisten und Ordner für den Datenaustausch. Diese Technologien, dieeiner Pull-Strategie folgen, dienen dem Aufbau und der Erhaltung eines Wissensnetzes. Als kommunikationsunterstützendenTechnologien sind Email, Mobilfunk Chat, oder Videokonferenz-Systeme zunennen. Diese Push-Technologien unterstützen die Wissensmultiplikation im Unternehmen.Prozesse und Projekte innerhalb des Konzerns können am besten durch ein Workflow-System unterstütztwerden. Gerade bei Verteilung der Betriebsstätten sind solche Systeme vorteilhaft, da Mitarbeiterauf diese Weise kommunizieren und Dokumente austauschen können. Als besonderes Featurebietet ein Workflow-System die Möglichkeit der Visualisierung der Projektphasen oder Prozess-Stufen,wodurch Mitarbeiter ein besseres Verständnis für deren Tätigkeiten erhalten. Auch daten- und dokumentenbasierteTechnologie eignet sich für Prozesse und Projekte im Unternehmen – so können ineinem solchen System Protokolle von Besprechungen sowie “lessons learned” und “best pactices” vonProjekten abgelegt und so zu einem Teil des organisationalen Gedächtnisses werden.


5.11. ZUSAMMENFASSUNG 123Die durch den Aspekt der Lernfähigkeit eines großen Konzerns getätigten Überlegungen zur Organisationstruktur,die idealerweise durch ein Gebilde von sozialen Systemen realisiert wird, findetam besten Unterstützung durch Kommunikationstechnologie sowie durch ein bereichseigenes Portalsystem,welches zusätzlich durch eine IT-Komponenten für Unternehmensnachrichten erweitert werdenkann. Auf diese Weise kann sich eine Abteilung im Rahmen des gemeinsamen KM-Systems vonden anderen Suborganisationen abgrenzen. Für Teams und Mitarbeiter selbst eignen sich eLearning-Systeme ideal, um Lerninhalte im Unternehmen zu vermitteln. Hier sollten Kurse und Prüfungen onlineabgehalten werden können.Für die Betreuung der Kunden gibt es folgende Unterstützung durch IT-Systeme: Mittels DataWarehousing kann man Informationen über Kunden sammeln und diese für wichtige Management-Entscheidungen heranziehen. Dienstleistungen für die Kunden können über datenbankbasierte Lösungenwie Online-Shops, Supportangebote, FAQ-Systeme, Helpdesks und Recommendation Systems aufder eigenen Webseite realisiert werden. Eine intensive Kundenbetreuung kann aber auch mittels einesCall-Centers geschehen.Bei teuren Individualprodukten für Kunden können S<strong>of</strong>tware-Tools zum Entwurf und zur Voransichteines Produktes verwendet werden. Der entsprechende Kunde kann bei Bedarf sogar an derEntwicklung des Produktes mitwirken. Schließlich können bei Prozessen, in denen Stakeholder einesgroßen Unternehmens beteiligt sind, Groupware-Systeme verwendet werden. Dies macht Sinn, wennbeispielsweise ein Kunde oder ein Zulieferer besonders stark in die betriebliche Leistungserbringungeingebunden ist. Gerade für diesen letzten Aspekt eignen sich auch Handelsplattformen, mit welchenUnternehmen untereinander Aufträge vermitteln können.Nach dieser kurzen Zusammenfassung der wesentlichen IT-Systeme zur Unterstützung des Wissensmanagementsin großen und geographisch verteilten Unternehmen, wird im nun folgenden Kapiteldas Informationssystems Hyperwave vorgestellt und auf die in diesem Kapitel erarbeiteten Anforderungenan ein ideales KM-System evaluiert.


124 KAPITEL 5. ANFORDERUNGEN AN WISSENSMANAGEMENT


125Kapitel 6Technische Umsetzung mit Hyperwave6.1 MotivationNach der Erarbeitung von Anforderungen an Knowledge Management in großen und geographischverteilten Unternehmen und daraus resultierenden Schlußfolgerungen auf IT-Komponenten, welchefür die einzelnen Wissensprozesse vorteilhaft sein können, soll nun geschildert werden, welche Komponentedes vorgestellten idealen KM-Systems (siehe Abschnitt 5.10) mit dem InformationssystemHyperwave realisiert werden kann.Zunächst wird in Abschnitt 6.2 kurz die Entstehungsgeschichte von Hyperwave zusammengefasst.Abschnitt 6.3 zeigt sodann, wie die Dokumentenverwaltung mit dem Hyperwave Informationssystemumgesetzt werden kann und welche wesentlichen Eigenschaften des idealen Systems erfüllt werden.In Abschnitt 6.4 wird die Realisierung der Mitarbeiterverwaltung vorgestellt, Abschnitt 6.5 behandeltdie Suchmechanismen von Hyperwave. Abschnitt 6.6 zeigt überblicksmässig das Workgroup-Computing-System von Hyperwave.In Abschnitt 6.7 ist die eLearning-Komponente beschrieben. Die Abschnitte 6.8 und 6.9 schildernkurz, wie Newssysteme sowie diverse Web-Services realisiert werden können.Schließlich wird in Abschnitt 6.10 das Hyperwave Informationssystem hinsichtlich der drei zusätzlichenAnforderungen an ein S<strong>of</strong>twareprodukt (siehe Abschnitt 5.10) evaluiert. In Abschnitt 6.11 werdenVorschläge für Komponenten, die bis dato noch nicht durch die Produktpalette von Hyperwaveabgedeckt sind, erarbeitet.Zunächst aber folgt eine kurze Schilderung der Erfolgsgeschichte von Hyperwave.6.2 Die Entstehungsgeschichte von HyperwaveDer Ursprung von Hyperwave ist im Jahr 1989 am Institut für Informationsverarbeitung und Computergestützteneue Medien (IICM) an der TU <strong>Graz</strong> zu finden. Zu dieser Zeit wurde am IICM an denVorgaben für ein “optimal large-scale hypermedia system” gearbeitet. Dieses System sollte Schwierigkeiten,die bei anderen Systemen zu dieser Zeit auftraten, beseitigen. Zu den Schwierigkeiten zähltenbeispielsweise das Fehlen einer integrierten Suchhilfe, inkonsistente Hyperlinks, keine klare Trennungzwischen Inhalt und Layout, usw. Als vom Ministerium für Wissenschaft die Finanzierung einerPrototyping-Phase zugesagt wurde, begann im Jannuar 1990 die Implementierung eines Prototyps unterdem Namen “Hyper-G”. Zwei Programmierer arbeiteten an der ersten <strong>Version</strong> des Servers. Dererste Prototyp von Hyper-G implementierte bereits Gopher und das HTTP-Protokoll. [Maurer 1996]


126 KAPITEL 6. TECHNISCHE UMSETZUNG MIT HYPERWAVEIm Jänner 1992 wurde Hyper-G im universitären Informationssystem der TU <strong>Graz</strong> (TUGinfo) zumersten mal weltweit im praktischen Einsatz erprobt. Der Erfolg dieses Systems und die steigende Popularitätdes Internets zeigten, dass Hyper-G tatsächlich für eine große Anzahl von Anwendungeneingesetzt werden kann. Dieser Erfolg machte es möglich, eine zweite Phase zu finanzieren, in welcherder Prototyp von Hyper-G in ein tatsächliches Produkt umgewandelt werden konnte. Diese zweitePhase begann im Sommer 1992. Seitdem wurde Hyper-G in einer Kooperation aus IICM und demInstitut für Hypermedia-Systeme des Jonanneum Research weitergeführt. Ein wichtiger Meilensteinwar der Einsatz von Hyper-G bei der European Space Acency (ESA) für ein “Guide and Directory”System. [Maurer 1996]Anfang Februar 1997 wurde die Hyperwave Information Management GmbH (Hyperwave) mitSitz in München gegründet. Hyperwave hat sämtliche Rechte sowie den Quell-Code von Hyper-Gerworben und entwickelt diese als Hyperwave Information Server (HIS) selbstständig weiter. Knappsechs Wochen später wurde Hyperwave vom amerikanischen Byte Magazine auf der CeBIT in Hannovermit dem “Best <strong>of</strong> Show Award” ausgezeichnet. Noch im November desselben Jahres ist die HyperwaveInformation Management GmbH aus München als erstes deutsches Unternehmen Gewinner des“European IT Prize” der Europäischen Union (EU). [Hyperwave 2001]Hyperwave verfügt inzwischen über 180 Kunden aus unterschiedlichen vertikalen Märkten, unteranderem Finanzdienstleister, Behörden, Forschungseinrichtungen, Medien- und Technologieunternehmen.Zum weltweiten Kundenkreis gehören zum Beispiel Unternehmen wie Banca d’Italia,UBS, BMW, McCann-Erickson, Porsche Informatik, Siemens, Universal Music, Daimler Chrysler,Bank Austria/Creditanstalt Group, MET Life, die European Space Agency (ESA) und das US-Verteidigungsministerium. Gegenwärtig positioniert sich Hyperwave als Anbieter für Knowledge ManagementSysteme. [Hyperwave 2001]Nach diesem Rückblick auf die Entstehungsgeschichte von Hyperwave und einer kurzen Darstellungdes Status Quo werden im nächsten Abschnitt herausragende Eigenschaften des Hyperwave Informationssystemsbezüglich der im letzten Kapitel erarbeiteten Anforderungen an ein in großen undverteilten Unternehmen einsetzbares KM-System evaluiert.6.3 Document ManagementEine in Kapitel 5 häufig erwähnte IT-Komponente eines idealen KM-Systems für ein großes und verteiltesUnternehmen ist das Document-Management-System. Das Grundsystem der Hyperwave Produktpalette,der Hyperwave Informationsserver 6 (IS/6), unterstützt die Verwaltung von Dokumentenbereits in Grundzügen.Durch die zusätzliche Installation der eKS 1 kann der IS/6 um Funktionen wie <strong>Version</strong>skontrolle,Annotationen, usw. erweitert werden. Für einige der in Abschnitt 5.10 erarbeiteten Eigenschaften istes zudem erforderlich, das Zusatzpaket eKP 2 zu installieren.Es werden nun die eben genannten Eigenschaften des idealen Document-Management-Systems derReihe nach betrachtet und das Hyperwave Informatiossystem bezüglich dieser Aspekte evaluiert.Strukturierte DokumentenverwaltungDie wichtigste Eigenschaft einer Document-Management-Komponente ist die Möglichkeit, die Dokumentestrukturiert abzuspeichern. Auf diese Weise können Wissensbestände kategorisiert werden, wasbeispielsweise bei der Wissensidentifikation (siehe Abschnitt 5.2) vorteilhaft ist.1 Hyperwave eKnowledge Suite2 Hyperwave eKnowledge Portal


6.3. DOCUMENT MANAGEMENT 127Abbildung 6.1: Dokumentenverwaltung mit dem IS/6Der Hyperwave Information Server bietet in der Grundfunktionalität die Verwaltung von Informationsobjektenan. So können Dokumente innerhalb von Verzeichnissen (Collections) abgelegt werden,mit den Collections wiederrum kann man eine hierachische Struktur am Server schaffen (siehe Abbildung6.1). Jedes Dokument muss mindestens zu einer Collection gehören, kann aber zugleich auchin anderen Collections vorkommen. Die Navigation wird entlang der Collectionhierarchie, die einemazyklischen Graphen entsprechen muss, vollzogen. Dadurch ist es auch möglich, Dokumente sichtbarzu machen, zu denen kein eigentlicher Link existiert. [Hyperwave 2001g]UsabilityEin besonderer Aspekt für die Wissensnutzung ist die Berücksichtigung von Usability-Grundsätzen beieinem Informationssystem. Eine einheitliche Oberfläche, einfache Benutzbarkeit, konsistente Darstellungder Inhalte sowie der rasche Zugriff sind Grundvoraussetzungen dafür, dass ein System genutztwird.Gerade in punkto Usability ist das Hyperwave Informationssystem gut durchdacht. Der Zugriff aufder Informationssystem erfolgt über einen Web-Browser, der auf jedem Rechner installiert sein sollte.Die Oberfläche selbst, die in Abbildung 6.1 zu sehen ist, ist sehr übersichtlich gestaltet.Der Header zeigt an, welcher Benutzer gerade angemeldet ist, und beinhaltet zudem die Suchmaske.Darunter werden der aktuelle Pfad sowie fünf sehr intuitiv gestaltete Buttons (<strong>Home</strong>-Collectiondes Benutzers, An- und Abmeldung, Benutzereinstellungen, Schreib- und Lesemodus, Hilfe) angezeigt.Das linke Frame bietet einen Treeview, mit welchem man die Collectionhierachie auf dem Servererkunden kann. Schließlich wird im rechten Frame der Inhalt von Collections oder Dokumentendargestellt.Einzig die Performance des Hyperwave Informationssystems erweist sich gelegentlich als unvorteilhaft.Dies liegt zum einen daran, dass man über das Netzwerk auf die Informationen zugreift, zumanderen kann der Server durch den Betrieb des IS/6 und ein Datenbanksystem bei vielen tausend Zugriffen,die in einem großen Konzern durchaus erreichbar sind, überlastet sein.


128 KAPITEL 6. TECHNISCHE UMSETZUNG MIT HYPERWAVEMetadatenBeim Erwerb, der Verteilung, Nutzung, Bewahrung und Bewertung von Wissen (Abschnitte 5.3, 5.5,5.6, 5.7 und 5.9) wurde im letzten Kapitel verstärkt auf die Qualität der Informationen bzw. dessenBeschreibung durch Metadaten hingewiesen.Durch Meta-Informationen wie auch durch die Bewertung durch Experten kann die Qualität vonin Dokumenten festgehaltenem Wissen deutlich verbessert werden. Ein besonderer Aspekt in einemgroßen und verteilten Konzern ist der Einsatz von Metadatensätze, also Gruppen von Meta-Informationen. Mit Hilfe dieser kann derselben Information in unterschiedlichen Abteilungen oderBereichen verschiedene Qualitätskriterien zugewiesen werden.Abbildung 6.2: Standardattribute des IS/6Eine herausragende Eigenschaft des Hyperwave IS/6 ist die Unterstützung von sogenannten Metadaten,wie in Abbildung 6.2 zu sehen ist. Jedem Objekt am Server können nämlich zur zusätzlichenBeschreibung Metadaten (Attribute) hinzugefügt werden. Das System selbst verwaltet und setzt dabeiAttribute wie Autor, Erstellungs- und Modifizierungsdatum oder den Typ eines Dokuments. MittelsEingabemaske kann man beim Anlegen oder Editieren eines Objekts die Angabe von bestimmten Metadatenerzwingen, wie unter anderem auch in Abbildung 6.2 beim Attribut “Objektname” (rechtsseitigeMarkierung) zu sehen ist. [Hyperwave 2001g]Eine Erweiterung um Metadatensätze ist von Hyperwave standardmässig nicht ermöglicht. DieseFunktionalität kann beispielsweise durch Erweiterung der Eingabemasken selbst erreicht werden,indem für jeden Metadatensatz ein eigener Folder entwickelt wird.ZugriffskontrolleWichtig bei der Verteilung von Wissen (Abschnitt 5.5) ist eine Zugriffskontrolle, damit sensible Informationennicht von allen Mitarbeitern im Unternehmen oder aber von extern angebundenen Per-


6.3. DOCUMENT MANAGEMENT 129sonengruppen wie Kunden, Partner oder Lieferanten eingesehen werden können. Auch steigt die Informationsqualitätdurch ein Rechtesystem und daraus resultierenden Zugriffsbeschränkungen, da dieQuantität an Informationen reduziert wird.Der Hyperwave IS/6 unterstützt verschiedene Stufen der Identifikation, sodass jeder berechtigteBenutzer Objekte in den Server einbringen und verwalten kann. Ein System von Zugriffsberechtigungenerlaubt die selektive Vergabe von Zugriffsrechten auf Dokumente und Collection für bestimmteUser und Gruppen. [Hyperwave 2001g]MehrsprachigkeitIn einem Unternehmen, das in vielen Ländern ansässig ist, spielt die Mehrsprachigkeit des KM-Systems und des darin gespeicherten, expliziten Wissens eine große Rolle für die Informationsqualität.Die in vielen Wissensprozessen erwähnte Unterstützung von Mehrsprachigkeit ist bei dem IS/6 nur beschränktvorhanden. Das System selbst bietet vom Interface her nur Sprachunterstützung für Englischund Deutsch an. Für Attribute wie Titel oder Beschreibung sind bis zu 11 Sprachen konfigurierbar,welche von der Search-Engine (Thesaurus) berücksichtigt werden.<strong>Version</strong>skontrolleAls besonderer Aspekt der Wissensbewahrung (Abschnitt 5.7) in Bezug auf die Informationsqualitätkann auch eine <strong>Version</strong>skontrolle von Dokumenten gesehen werden. Der IS/6 bietet nur in Kombinationmit dem eKS 3 die <strong>Version</strong>skontrolle für Dokumente an, wodurch die Entstehung eines Dokumentsgenau aufgezeichnet und auf alte <strong>Version</strong>en zurückgegriffen werden kann. [Hyperwave 2001d]AnnotationenAuch das Kommentieren von Dokumenten oder Passagen aus Dokumenten ist ein interessanter Aspektfür die Informationsqualität. Gerade Experten können so die Qualität von vorliegenden Dokumentenverbessern, indem sie Begriffe erklären oder zu Textstellen ihre Meinung kundgeben und diese zu denDokumenten hinzufügen, ohne dass diese inhaltlich verändert werden.Auch dieses besondere Feature wird vom Hyperwave IS/6 unterstützt. Beliebige Dokumente bzw.Teile von HTML- oder Textdokumenten können mit Anmerkungen versehen werden. Diese Anmerkungensind wiederrum eigene Objekte. Der Ersteller der Anmerkung braucht dabei keine Schreibrechteauf das anzumerkende Dokument haben. [Hyperwave 2001d]HyperlinksEin Feature, das dem Bereich der Informationsqualität (siehe Abschnitt 3.6) zuzuordnen ist, ist jenesder Hyperlinks. Mit solchen Verweisen kann man auf Informationen innerhalb oder außerhalb einesSystems zeigen. Problematisch an solchen Links ist, dass die Information, auf die verweist wird, nichtmehr existieren kann. Man spricht in diesem Fall von einem “broken link”. Speziell für die Wissensnutzung(Abschnitt 5.6) sind Verweise auf nicht mehr existente Dokumente im Intra- oder Internet fürden Anwender sehr ärgerlich.Der Hyperwave Information Server behandelt Links zwischen Dokumenten als eigene Objekte,womit eine prinzipielle Vernetzung mit jedem und auch von jedem Dokumenttyp aus möglich ist.Hyperlinks können daher auch beispielsweise mitten in ein Audi<strong>of</strong>ile zeigen. Nach dem Bearbeiten3 Hyperwave eKnowledge Suite


130 KAPITEL 6. TECHNISCHE UMSETZUNG MIT HYPERWAVEvon Dokumenten werden die Links automatisch aktualisiert, “broken links” sind daher nicht möglich.Herausragend an der Linkverwaltung von Hyperwave ist, dass auch Hyperlinks dem internen Rechtesystemunterliegen und ein User einen Verweis auf ein Dokument oder eine Collection nur sieht, wenner zumindest Leserechte darauf hat. [Hyperwave 2001g]Problematisch sind jedoch Verweise auf Seiten von anderen Webservern, weil dies der IS/6 nichtberücksichtigt. Externe Links können allerdings mit entsprechenden Tracks für das Hyperwave InformationPortal verwaltet und konsistent gehalten werden. [Hyperwave 2001]Importieren von InformationenBeim Wissenserwerb oder auch bei der Eigenentwicklung von Wissen (siehe Abschnitte 5.3 und 5.4)ist ein entscheidendes Kriterium, dass Dokumente und Informationen in das KM-System eingebrachtwerden können.Der IS/6 bietet hierzu die Möglichkeit, dass man Dateien uploaden kann. Dies ist jedoch nur sinnvoll,wenn nur eine geringe Anzahl an Dokumente zu importieren sind. Ansonsten empfiehlt sich einTool wie die Virtual Folders, mit welchem man ganze Verzeichnisstrukturen direkt in das HyperwaveInformationssystem übernehmen kann. [Hyperwave 2001g]Eine automatisierte Einbinung von externen Informationen ist nur durch zusätzliche Komponentenmöglich: Mit dem Hyperwave Team Workspace, der in Abschnitt 6.6 noch genauer vorgestellt wird,können Emails automatisch in ein Diskussionsforum eingebracht werden. [Hyperwave 2001d]Zudem können mit bestimmten Tracks, die für das Hyperwave Information Portal verfügbar sind,automatisch Informationen wie zum Beispiel Börsenkurse oder Newsbeiträge in das System übernehmen.[Hyperwave 2001]6.4 MitarbeiterverwaltungDie ausgearbeiteten Anforderungen an ein IT-System in Kapitel 5 zeigen aus vielen Blickpunkten, dassin einem großen und verteilten Unternehmen die EDV-mäßige Erfassung der Mitarbeiter und derenFähigkeiten eine geradezu essentielle Notwendigkeit ist, nicht zuletzt, um auf das implizite Wissen derMitarbeiter zugreifen zu können. Dementsprechend ist natürlich die Umsetzung dieses Aspekts in einIT-System interessant.People DirectoryDer Hyperwave IS/6 selbst bietet hier mit der in Abschnitt 6.3 vorgestellten Benutzer- und Gruppenverwaltungausreichende Unterstützung für die Errichtung eines sogenannten “People Directory”. So kannman mit Administrator-Rechten organisationale Einheiten erzeugen und diesen Benutzer und Gruppenzuweisen. Die Gruppen können in einem Unternehmen verwendet werden, um Mitarbeiter zu Teamszusammenzufassen oder aber um bestimmte Mitarbeitergruppen zu bilden. [Hyperwave 2001e]Ein weiteres Feature des IS/6 ist das Erzeugen von Gruppenhierachien, wodurch Mitglieder einerunteren Ebene gleichzeitig auch zu den Gruppen der oberen Ebenen zählen. Zudem kann ein Benutzerzu beliebig vielen Gruppen zugewiesen werden, womit ein Mitarbeiter zum Beispiel mehreren Teamsangehört oder mehrere Funktionen innerhalb des Unternehmens besitzt. Man kann durch dieses Gruppenkonzeptauch die Rechte eines oder mehrerer Benutzer ausweiten, ohne direkt die Userobjekte zuverändern. [Hyperwave 2001e]


6.5. SEARCH-ENGINE 131Abbildung 6.3: Beispiel für eine BusinesscardDie Visualisierung der Attribute eines Users erfolgt durch die sogenannte Businesscard, wie inAbbildung 6.3 zu sehen ist. Im Hyperwave Informationssystem wird beim Anklicken eines Users eineigenes Fenster mit den Daten des Benutzers geöffnet. In der vorliegenden <strong>Version</strong> des IS/6 können derzeitnur Vor- und Zuname, eine Beschreibung, die übergeordneten Gruppen sowie die Email-Adresseangegeben werden. [Hyperwave 2001g]Benutzerpr<strong>of</strong>ileZusätzliche Attribute, die in Abbiltung 6.3 nicht angezeigt werden, ermöglichen, dass sich ein Benutzerein individuelles Pr<strong>of</strong>ile erstellen kann. In erster Linie kann man damit die Oberfläche des Systemsanpassen. So kann man die Navigationshilfen aktivieren bzw. wegschalten. Auch für das Look&Feeldes Systems kann man zwischen unterschiedlichen Motiven wählen. Schließlich kann ein Benutzerbestimmte Aktionen bei der Anmeldungen durchführen lassen sowie die Sprache für die Dialoge undmehrsprachigen Inhalte auswählen.Einschränkungen der Serverbereiche lassen sich über die Zugriffskontrolle des Systems realisieren.So kann ein Administrator durch Zuweisen bzw. Entfernen von Gruppen den Zugriff auf das Systemerweitern bzw. einschränken. Der Benutzer kann dadurch nur Bereiche einsehen, auf die er zumindestLeserechte hat. Dies gilt auch für Dokumente und Verweise.ExpertensucheSchließlich gibt es im Hyperwave IS/6 eine Expertensuche, mit der man nicht nur die Userobjekte,sondern auch die von Benutzern erstellten Dokumente auf vorkommende Begriffe durchsuchen kann.Abbildung 6.4 zeigt, dass nicht nur Ergebnisse mit dem exakten Wortlaut, sondern auch jene mit ähnlichenBegriffen (Thesaurus) aufgelistet werden. [Hyperwave 2001g]Die Verwaltung der Mitarbeiter ist mit dem Hyperwave Informationserver auch ohne zusätzlicheKomponenten auch für einen großen und verteilten Konzern möglich.6.5 Search-EngineEin zentraler Punkt der Wissensnutzung (Abschnitt 5.6) ist die Auffindung von Informationen. Ingroßen und verteilten Unternehmen ist eine Suche über den gesamten Datenbestand zumeist nichtmöglich, da die Abteilungen und Suborganisationen <strong>of</strong>t eigene IT-Systeme verwenden, die bei derSuche nicht berücksichtigt werden.


132 KAPITEL 6. TECHNISCHE UMSETZUNG MIT HYPERWAVEAbbildung 6.4: Ergebnisse einer ExpertensucheSuchbereicheGerade die Suche ist ein integraler Bestandteil von Hyperwave. Sie erstreckt sich sowohl auf Links undMetadaten als auch auf die eigentlichen Inhalte der gespeicherten Dokumente. Der Gültigkeitsbereichder Suche kann sowohl auf eine Collection des Servers eingeschränkt, als auch auf Collections andererHyperwave Server (Server Pool) erweitert werden. [Hyperwave 2001g]Eine Suche in externen Informationssystemen wie beispielsweise dem Internet ist mit dem HyperwaveInformationssystem nicht möglich. Hier gibt es jedoch Tools für das Hyperwave InformationPortal, sogenannte Tracks, welche unter anderem ein Interface für verschiedenste Suchmaschinen imInternet zur Verfügung stellt. [Hyperwave 2001]Auch für die Suche in anderen Informationssystemen im Intranet gibt es eigene Tracks für dasHyperwave Information Portal. So kann mit diesen Tracks auf andere Informationssysteme wie beispielsweiseMicros<strong>of</strong>t Exchange, Micros<strong>of</strong>t Access oder Lotus Notes zugegriffen werden. Des Weiterengibt es eigene Portaltracks, mit welchen Emails abgeholt und verschickt oder aber aus einemOutlook-Folders angezeigt werden können. [Hyperwave 2001]Für speziellere Informations- oder Datenbanksysteme muss man allerdings eigene Schnittstellenentwickelt. Dies kann entweder über Portaltracks, oder aber durch Technologien wie Servlets oderLDAP 4 geschehen. [Hyperwave 2001e]ThesaurusDer in der Teltech-Fallstudie (Abschnitt 4.3) bzw. in einigen Wissensprozessen erwähnte Thesauruserweist sich als vorteilhaft, wenn es darum geht, Fachbegriffe auf entsprechende Wissensbestände abzubilden.Ideal ist natürlich, wenn das System nicht nur auf explizites Wissen (Dokumente), sondernauch auf “tacit knowledge” (Experten) verweisen kann.Das Informationssystem Hyperwave bietet die Möglichkeit, einen solches Thesaurus-System zurealisieren. Die defaultmässig eingestelte Search-Engine des IS/6, Verity, unterstützt nämlich folgendedrei Features: [Hyperwave 2001e]• Thesaurus: Auffinden von Dokumenten mit Wörtern, die die gleiche Bedeutung wie der Suchbegriffhaben4 Lightweight Directory Access Protocol


6.5. SEARCH-ENGINE 133• Variations: Auffinden von Dokumenten mit Wörtern, die grammatikalisch vom Suchbegriff abweichen• Sounds like: Auffinden von Dokumenten mit Wörtern ähnlicher SchreibweiseDas Besondere an Verity ist, dass man damit auch eine Volltextsuche in unterschiedlichen Dokumenttypenwie HTML-, <strong>PDF</strong>- oder Word-Dokumente durchführen kann. Zudem bietet die Verity-Search-Engine auch Unterstützung für 11 Sprachen. [Hyperwave 2001e]Abbildung 6.5: Ergebnisse einer SucheEntsprechend der eben beschriebenen Eigenschaften von Verity fungiert der Suchmechanismus desIS/6 wie ein Thesaurus. In Abbildung 6.5 ist zu sehen, wie die Suchergebnisse dargestellt werden. Sowird oben die Anzahl der Resultate angegeben und jeweils 10 Ergebnisse pro Seite angezeigt.Zu beachten ist, dass bei einem Resultat die prozentuelle Übereinstimmung mit dem Suchbegriffangegeben wird. Entsprechende Abweichungen erfolgen ja durch die Suche nach ähnlichen Begriffenoder grammatikalischen Variationen eines Wortes. Es werden auch Links auf das Objekt selbst, auf dieParent-Collection und auf den Autor angezeigt. Des Weiteren sind auch das Änderungsdatum und derServer, auf welchem ein Objekt gespeichert ist, in der Auflistung der Suchresultate zu sehen.


134 KAPITEL 6. TECHNISCHE UMSETZUNG MIT HYPERWAVE6.6 Workgroup ComputingIn Kapitel 5 wurde in einigen Wissensprozessen auf den Nutzen eines Groupware Systems verwiesen.Für teamorientiertes Arbeiten erweist sich hierbei ein sogenanntes Workgroup-Computing-System alsvorteilhaft. Diese stellen meist einen virtuellen Arbeitsbereich zur Verfügung, von dem aus Mitgliedereines Teams auf die verschiedenen Funktionen zugreifen können.Typische Funktionen von Workgroup Computing Systemen sind etwa: [Rollett 2000]• die Verwaltung eines gemeinsamen Terminkalenders• asynchrone und synchrone Kommunikationswerkzeuge• ein Repository für gemeinsamer Daten• das Management der Aufgaben• die Verwaltung der KundenadressenZu den asynchrone Kommunikationswerkzeugen zählen dabei persönliche Emails, Mailinglistenund Diskussionsforen, zur synchronen Kommunikation können zum Beispiel Chatrooms oder Videokonferenzenbenutzt werden. Dazu kann noch der gleichzeitige Einsatz von gemeinsamen Whiteboardsoder synchronisiertem Browsing kommen. Neuere Entwicklungen wie Instant Messaging Systemebrechen die Grenze zwischen synchronen und asynchronen Kommunikationsformen langsamauf. [Rollett 2000]Der Team WorkspaceDer Hyperwave IS/6 selbst bietet nur einfache Kommunikationswerkzeuge wie beispielsweise das Versendenvon Emails per Shortcut. Die Workgroup Computing Komponente selbst befindet sich in einemeigenen Package, welches auf Dokumentklassen beruht und zusätzlich installiert werden muss (sieheAbschnitt 6.10). Im eKS 5 befindet sich mit dem Hyperwave Team Workspace (HTW) eine sehrmächtige Applikation für die Zusammenarbeit in einem Team. [Hyperwave 2001d]Nach Installation der eKS kann man virtuelle Arbeitsbereiche für Teams, sogenannte Workspaces,im Hyperwave Informationssystem anlegen. Ein Workspace bietet ein einfaches Rollenkonzept, welcheseinen Administrator, einen Teilnehmer und einen Betrachter vorsieht, sowie folgende fünf Module:Mitgliederverwaltung, verteilter Kalender (siehe Abbildung 6.6), Aufgabenverwaltung, Repositoryfür gemeinsame Dokumente, Diskussionsforum. [Hyperwave 2001d]Man kann sagen, dass der Team Workspace sehr umfangreiche Unterstützung für Teams, insbesondersauch für virtuelle Teams bietet. Die vier vorhandenen Komponenten des HTW sind sehr mächtigeWerkzeuge, um Aktivitäten innerhalb von Teams, die auch über mehrere Betriebsstätten verteilt seinkönnen, zu planen und durchzuführen. Zudem wird mit dieser Technologie das Wissen der Mitgliederund auch jenes der Teams selbst externalisiert und im Hyperwave Informationssystem gespeichert.Zu einem kompletten Workgroup-Computing-System fehlen dem Hyperwave Team Workspace allerdingsnoch Komponenten wie eine Adress- und Projektverwaltung sowie Kommunikationstechnologienwie Videokonferenzen oder gemeinsame Whiteboards, die ja ebenfalls zur Unterstützung eines(virtuellen) Teams eingesetzt werden. Die Funktionalität einer Mailingliste kann mit dem Diskussionsforumdes HTW realisiert werden, Chat-Systeme sind in der eLearning-Komponente enthalten, die nunfolgend vorgestellt wird.5 Hyperwave eKnowledge Suite


6.7. ELEARNING SYSTEM 135Abbildung 6.6: Monatsansicht des Kalenders6.7 eLearning SystemWie bei den Überlegungen zur lernenden Organisation (siehe Abschnitt 3.7) sowie bei der Wissensverteilung(siehe Abschnitt 5.5) erwähnt wurde, ist eine Lernumgebung für Individuen und Teamsvorteilhaft. Über ein solches System können Lerninhalte an Mitarbeiter weitergegeben und so interneWeiterbildungsprogramme umgesetzt werden. Neben dem Abhalten von Kursen und Prüfungen sindauch Kommunikationstechnologien wesentlich, damit die Inhalte diskutiert werden können.Für das Hyperwave Informationssystem gibt es für die eben genannte Funktionalität ein eigenesPackage, welches zusätzlich installiert werden muss. Die sogenannte eLS 6 ermöglicht das Abhaltenvon Online-Kursen zu selbst definierten Fachgebieten und Themen. Der Leiter eines virtuellen Kurseskann multimediale Inhalte in das System einbringen. Die Teilnehmer erarbeiten sich sodann dieseLerninhalte und legen am Ende eine Prüfung darüber ab. [Hyperwave 2000]Ein interessantes Feature ist das Anbringen von Annotationen zu diesen Inhalten. So können Kursteilnehmerihre Erfahrungen einbringen. Des Weiteren werden auch Teams unterstützt, indem Benutzerzu einer Gruppe zusammengefasst und von eigenen Tutoren betreut werden können. Auf diese Weisemuss sich nicht der Ersteller der Lerninhalte, der in der Regel nicht vor Ort sein wird, um den Kurskümmern, sondern die Betreuung kann durch einen Mitarbeiter (Experten) in der gleichen Abteilunggeschehen. [Hyperwave 2000]Auch kommunikative Elemente sind Bestandteile der eLS. So kann man in Diskussionsforen undmittels Chat- oder Messaging-System über die Kursinhalte diskutieren. In punkto Chat gibt es sogardie Möglichkeiten von öffentlichen und privaten Chats sowie virtuelle Sprechstunden mit dem Tutoroder dem Autor eines Kurses. [Hyperwave 2000]6 Hyperwave eLearning Suite


136 KAPITEL 6. TECHNISCHE UMSETZUNG MIT HYPERWAVE6.8 NewssystemNewsdienste sind einerseits notwendig, um für ein Unternehmen wesentliche Fachgebiete zu beobachten,damit wichtige Entwicklungen nicht versäumt werden. Andererseits kann man damit auch aufNeuerungen in der eigenen Abteilung oder im laufenden Projekt aufmerksam machen.Die Workgroup Computing Komponente von Hyperwave (siehe Abschnitt 6.6) erlaubt, dassEmails, die beispielsweise von Newsletter-Diensten verschickt werden, in ein Diskussionsforum eingebrachtwerden können. Auch ein automatische Verschicken von Emails kann mit dem Diskussionsforumdes HTW ermöglicht werden.Zudem bieten bestimmten Tracks, die für das Hyperwave Information Portal verfügbar sind, dieMöglichkeit, dass automatisch Informationen wie zum Beispiel Börsenkurse oder Newsbeiträge in dasSystem übernommen werden. Die so eingefügten Informationen werden bei der Suche berücksichtigt,können aber auch durch spezielle Komponenten wie zum Beispiel dem Bereichsportal (siehe Abschnitt7.2) visualisiert werden.6.9 Web-ServicesWeb-Services werden in erster Linie zur Betreuung der Kunden eingesetzt, wie Abschnitt 4.7 gezeigthat. Als Technologien hierfür wurden Dienste wie Online-Shops, Support-Seiten, Umfragen, FAQ-Systeme, Helpdesks und Recommendation Systeme genannt.Die Realisierung solcher Services geschieht primär mittels Hyperwave Information Portal sowiedurch eigens entwickelte Lösungen. So gibt es Tracks, mit denen Inhalte eines Hyperwave Informationssystemsangezeigt oder verändert werden können. [Hyperwave 2001]Das Auswerten von Daten, wie es ein Data Warehousing System ermöglicht, wird zwar von Hyperwaveselbst nicht unterstützt, jedoch ist diese Funktionalität durch die Datenbanksysteme, auf die derIS/6 aufsetzt, gegeben. Gerade Oracle 7 und MS SQL 8 haben eine entsprechende Komponente bereitsintegriert.Des Weiteren kann man mittels Dokumentklassen, Servlets oder anderen Technologien Inhalte desServers für das Web aufbereitet und auch durch formularbasierte Aktionen modifiziert werden. Fallstudienwie jene der Bayerischen Landesbausparkasse 9 , die mittels Hyperwave eine Informations- undServiceplattform realisiert hat, sind auf der Webseite von Hyperwave 10 zu finden. [Hyperwave 2001]6.10 Weitere AnforderungenWie in Abschnitt 5.10 beschrieben wurde, gibt es neben den erarbeiteten Komponenten eines idealenKM-Systems für große und verteilte Unternehmen drei weitere Aspekte, die in erster Linie dasProduktkonzept betreffen. Diese drei Anforderungen werden nun der Reihe nach behandelt.Modularer AufbauEine der wesentlichsten Anforderungen an ein komplexes und umfangreiches S<strong>of</strong>tware-Produkt istein modularer Aufbau desselben. Modularität bedeutet für ein großes System, dass es optimal an die7 www.oracle.com8 www.micros<strong>of</strong>t.com9 www.lbs-bayern.de10 www.hyperwave.de


6.10. WEITERE ANFORDERUNGEN 137Bedürfnisse eines Kunden angepasst werden kann. Auch für die künftige Erweiterungen des Produktssowie für den Prozess der S<strong>of</strong>twareentwicklung selbst ist ein modularer Aufbau eine wichtige Vorraussetzung.Dieser Aspekt ist im Hyperwave Informationssystem in mehrfacher Weise berücksichtigt. So bietetdas Basisprodukt – der Information Server 6 – grundlegende Funktionalität wie Zugriffskontrolle,Document Management, Suchmechanismen, usw. Durch den Erwerb von Zusatzprodukten kann diesesBasissystem um Module wie beispielsweise ein Workgroup-Computing-System erweitert werden.[Hyperwave 2001c]Des Weiteren gibt es für den IS/6 noch ein Package, welches ein Portalsystem für das HyperwaveInformationssystem realisiert. Eine notwendige Eigenschaft dieses Portalsystems ist die Anpassungsfähigkeitauf einen Benutzer. Der User kann die Oberfläche des Portalzugangs nach den eigenenBedürfnissen konfigurieren und sogar andere Applikationen – sogenannte Tracks – hinzufügen. DerAspekt der Anpassungsfähigkeit an den Benutzer ist aus Knowledge Management Sicht gerade für denProzess der Wissensnutzung (Abschnitt 5.6) vorteilhaft. [Hyperwave 2001a]Auch ein Modul zum Einrichten einer virtuellen Lernumgebung, mit welcher elektronische Kurseabgehalten werden können, ist für den Hyperwave Information Server verfügbar. Eine Ergänzungdes Intranetsystems um eine solche Komponente ist natürlich für lernende Organisationen, hierspeziell aufgrund der Möglichkeit einer verteilten Wissensentwicklung und -nutzung interessant.[Hyperwave 2000]Alles in allem ist der Aspekt Modularität rund um das Hyperwave Informationssystem sehr gutberücksichtigt. Die einzelnen Module sind in der Regel mittels Dokumentklassen implementiert undsetzen auf dem Basissystem IS/6 auf. Auf diese Weise können auch künftige Module für das HyperwaveInformationssystem realisiert werden. Die Einbettung der Module in den IS/6 erweist sich zudemfür die Usability des Gesamtsystems als vorteilhaft. So bietet dieser Ansatz eine einheitliche und konsistenteOberfläche für den User, ermöglicht aber dennoch eine Anpassung der Benutzerschnittstelle,die sich auf alle Module im gleichem Maße auswirkt. [Hyperwave 2001f]Konfiguration mittels XMLEine Eigenschaft für eine gute Administrierbarkeit eines Systems ist die Les- und Wartbarkeit der Konfigurationsdateien.Dieses Feature ist zwar aus Sicht des Wissensmanagements weniger bedeutsam ist,der IS/6 ermöglicht jedoch die Konfiguration der einzelnen Systemkomponenten mittels Konfigurationsdateien,die im XML-Format gespeichert sind. Aufgrund der Verwendung von XML zur Konfigurationdes IS/6 ist die Lesbarkeit der Konfigurationsdateien im Vergleich zum früheren Format wesentlichhöher.Datenspeicherung in kommerziellen DatenbanksystemenKommerzielle Datenbanksysteme bieten Konzepte für Datensicherung, Zugriffskontrolle, Datenkonsistenz(Roll-Back-Mechanismen), Sicherheit, Datenmigration, uvm. Aus diesem Grund ist es vorteilhaft,wenn ein KM-System eines großen Konzerns zum Speichern der Daten ein entsprechendesProdukt verwendet.Während als Frontend des Hyperwave Information Servers ein Webbrowser oder ein produkteigenerClient dient, werden im Hintergrund die Daten ab dem IS/6 ausschließlich in der Datenbank vonrenomierten Herstellern 11 gespeichert. Vorteilhaft an dieser Lösung sind die oben erwähnten, mächtigenMechanismen, die ein kommerzielles Datenbank-Produkt implizit ermöglicht.11 derzeit Micros<strong>of</strong>t SQL und Oracle Database


138 KAPITEL 6. TECHNISCHE UMSETZUNG MIT HYPERWAVE6.11 Vorschläge für weitere ModuleTrotz der sehr umfangreichen Funktionalität, die der Hyperwave IS/6 und zusätzliche Packagesermöglicht, können nicht alle Komponenten eines idealen KM-Systems für große und verteilte Konzerne(siehe Abschnitt 5.10) umgesetzt werden.Die Document-Management-Komponente ist bereits sehr ausgereift. Hier muss man nur zu eigenentwickeltenModulen greifen, wenn sehr seltene Funktionalität wie zum Beispiel eine Schnittstelle zueinem wenig bekannten Informationssystem gewünscht wird.Die systematische Verwaltung der Mitarbeiter und das Erstellen von Benutzerpr<strong>of</strong>ilen ist mit derProduktpalette von Hyperwave möglich. Ein Vorschlag für eine mögliche Erweiterung des IS/6 ist eineKomponentne zum Erfassung von Fähigkeiten und Fachgebieten. Zwar kann man durch die Expertensucheund somit über die publizierten Dokumente eines Users auf deren Fähigkeiten schliessen,allerdings kann weder der Administrator noch der Benutzer selbst Fachgebiete und Fertigkeiten eingeben.Die Search-Engine von Hyperwave (Verity) wiederum erweist sich als sehr ausgereift und bietetdie wesentlichen Eigenschaften, die in Kapitel 5 hinsichtlich der Suchfunktionalität erarbeitet wurden.Der Hyperwave Team Workspace (HTW) unterstützt Teams durch Funktionen wie einem verteiltenKalender, Diskussionsforen, eine Aufgabenverwaltung und ein Repository für gemeinsame Daten. EinChat-System ist in der eLearning-Komponenten von Hyperwave (eLS) enthalten. Nicht berücksichtigtsind Projekt- und Adressverwaltung sowie Kommunikationstechnologien, obgleich man mit demDiskussionsforum das automatische Versenden von Emails, also eine Mailinglist, realisieren kann. DieEmail-Kommunikation selbst muss jedoch von einem seperaten Mailsystem vorgenommen werden.Technologien wie Mobilfunk und Videokonferenzen können natürlich nur mit entsprechenden Gerätenbzw. mit eigener S<strong>of</strong>tware umgesetzt werden.Ein weiterer Vorschlag für eine zu entwickelnde Komponenten ist ein Workflow-System, mit welchemman Geschäftsprozesse oder andere formale Abläufe im Unternehmen unterstützen kann. VirtuelleLehrveranstaltungen können hingegen mit dem eLearning-System (eLS) von Hyperwave abgehaltenwerden.Die vorliegende Produktpalette von Hyperwave bietet mit dem eKP 12 die Möglichkeit einerInterface-Anpassung auf Userebene, allerdings wäre es auch wünschenswert, ein konfigurierbares Portalsystemfür Unternehmensbereiche einsetzen zu können. Ein solches Bereichsportal erweist sich anhandder Überlegungen zu lernenden Organisationen (siehe Abschnitt 3.7) als vorteilhaft und sollteimplementiert werden.Newssysteme und Web-Services können, wie bereits geschildert, mittels Portaltracks des eKP realisiertwerden. Wirkliche Speziallösungen in diesem Bereich müssen jedoch ebenfalls selbst entwickeltwerden. Dies gilt insbesonders für Web-Services.6.12 ZusammenfassungIn diesem Kapitel wurde geschildert, wie einzelne Komponenten des in Kapitel 5 erarbeiteten, idealenKM-Systems für große und verteilte Unternehmen mit dem Informationssystem Hyperwave realisiertwerden können.So wurde gezeigt, wie Document Management, die Mitarbeiterverwaltung, Suchmechanismen,Workgroup Computing, Newssysteme und Web-Services mit dem IS/6 und entsprechenden Zusatz-12 Hyperwave eKnowledge Portal


6.12. ZUSAMMENFASSUNG 139produkten realisiert werden könne. Insgesamt schneidet das Hyperwave Informationssystem bei dieserEvaluierung sehr gut ab.Vor allem die Document-Management-Komponente bietet sehr viele wesentliche Features wiestrukturierte Dokumentenverwaltung, gute Usability, die Verwendung von Metadaten, Zugriffskontrolle,Mehrsprachigkeit, Verweise auf interne und externe Informationen, Annotationen, <strong>Version</strong>skontrollefür Dokumente sowie das Einbringen von externen Informationen. Dem gegenüber stehenSchwachpunkte bei der Konsistenz von externen Links bzw. Performanceprobleme bei extremer Belastungdes Servers. Auch bei einigen speziellen Problemen wie der Anbindung von Fremdproduktenoder das Bereitstellen von Metadatensätze muss man auf zusätzliche Tools wie Portaltracks oder imschlimmsten Falle auf eigenentwickelte Module setzen.Die Mitarbeiterverwaltung selbst bietet nur ein einfaches Erfassen der wichtigsten Daten einesMitarbeiters. Die Expertensuche hingegen berücksichtig neben den Stammdaten der Mitarbeiter auchderen verfasste Dokumente. Die Search-Engine von Hyperwave selbst ist zudem sehr umfangreich underlaubt die Suche nach Begriffen mit ähnlicher Bedeutung oder grammatikalischen Variationen. Vor allemdie Anzeige der Suchresultate ist besonders übersichtlich und stellt die wichtigsten Informationenkompakt dar.Mit dem Team Workspace (HTW) verfügt Hyperwave auch über eine umfangreiche Workgroup-Computing-Komponente, die wesentliche Anwendungen wie der Aufgabenverwaltung, einen verteiltenKalender, ein Diskussionsforum sowie ein Repository für die Dokumente eines Teams bereitstellt.Schließlich sind auch Newssysteme und Webservices realisierbar, wobei man für diese Anwendungenvermehrt auf Portaltracks zurückgreifen bzw. spezielle Komponenten in der Regel gar selbst entwickelnmuss.Das Produktkonzept von Hyperwave selbst ist sehr modern und bietet neben der angepriesenen Modularitätauch die Anbindung von kommerziellen Datenbanksystemen sowie die Konfiguration mittelsXML.Das nun folgende Kapitel greift beispielhaft zwei Komponenten, die in Abschnitt 6.11 für eineImplementierung vorgeschlagen wurden, auf und beschreibt die Entwicklung dieser Module für dasHyperwave Informationssystem.


140 KAPITEL 6. TECHNISCHE UMSETZUNG MIT HYPERWAVE


Kapitel 7Entwickelte Hyperwave Komponenten7.1 MotivationIm letzten Kapitel wurde gezeigt, wie wesentliche IT-Komponenten eines idealen KM-Systems fürgroße, verteilte Unternehmen mit der Produktpalette von Hyperwave umgesetzt werden können. Beider Erarbeitung der Realisationsmöglichkeiten stellte sich jedoch heraus, dass trotz des sehr umfangreichenProduktumfangs bestimmte Komponenten fehlen.In diesem Kapitel werden nun beispielhaft zwei dieser Komponenten (siehe Abschnitt 6.11), dieergänzend zu der von Hyperwave gebotenen Funktionalität entwickelt wurden, vorgestellt. Der Verfasserder vorliegenden Arbeit hat im Rahmen der Diplomarbeit an der Entwicklung dieser Modulemitgewirkt.Abschnitt 7.2 beschreibt ein Bereichsportal, mit dem Suborganisationen eines großen Konzernsabgebildet werden können. In Abschnitt 7.3 wird ein Workflow-System behandelt, mit welchemGeschäftsprozesse oder andere Abläufe in einem Konzern automatisiert werden können.7.2 BereichsportalEin erster Aspekt für ein KM-System, welches in einem großen und verteilten Unternehmen zumEinsatz kommen soll, ist eine Erweiterung des Gesamtsystems um bereichseigene Zugangsportale.Große, multinationale Konzerne sind aufgrund der Überlegungen bezüglich Lernfähigkeit aus Abschnitt3.7 sowie wegen der unterschiedlichen Unternehmensbereiche in viele und wesentlich kleinereSuborganisationen bzw. auch in eigenständige, losgelöste Unternehmen gegliedert. Neben dieserUnterteilung des gesamten Unternehmens muss man auch die Stakeholder (siehe Abschnitt 4.7) undhier speziell die Kunden und Zulieferer, die ebenfalls in ein Informationssystem eingebunden werdenkönnen, berücksichtigen.Deshalb sollte ein KM-System zwar im Hintergrund einen gemeinsamen Datenpool, auf welchemman von allen Suborganisationen aus und unter der Vergabe von entsprechenden Berechtigungen Zuganghat, verwenden, allerdings erweist es sich auch als günstig, wenn die einzelnen Unternehmensbereichesowie externe Partner ein eigenes, individuell anpassbares Frontend erhalten. Ein solchesBereichsportal grenzt die einzelnen Suborganisationen voneinander ab und kann auch organisationalenWissensbarrien wie zum Beispiel die fehlende Identifikation mit dem Unternehmen entgegenwirken.Ein speziell angepasster Zugang zum KM-System ist im Grunde eine Maßnahme zur Förderung des“corporate identity”.Das Bereichsportal besteht im wesentlichen aus drei Komponenten, nämlich der <strong>Home</strong>Page- und141


142 KAPITEL 7. ENTWICKELTE HYPERWAVE KOMPONENTENder Tree-Komponente, welche das Frameset ermöglichen sowie aus der Registrierungskomponente,die für das Registrieren der Benutzer notwendig ist.<strong>Home</strong>Page-KomponenteEin Bereichsportal kann einerseits mit dem eKnowledge Portal [Hyperwave 2001b] von Hyperwave,einem Portalsystem für den Hyperwave Information Server, realisiert werden. Diese Lösung bietet eineMenge an Anpassungsmöglichkeiten für eine Abteilung bis hin zu einem einzelnen Mitarbeiter. Andererseitskann eine solche Komponente für den IS/6 auch mittels eigens entwickelten Dokumentklassenerstellt werden, wie das Modul “<strong>Home</strong>Page” zeigt. Vorteil dieser Variante ist, dass man nicht nurdie Oberfläche, sondern auch die Inhalte und die Navigation an einen Unternehmensbereich anpassenkann.Abbildung 7.1: Sichtbare Bereiche des FramesetsAbbildung 7.1 zeigt den schematischen Aufbau des auf Dokumentklassen basierten Bereichsportal.Die Oberfläche besteht aus dem Header, der Informationen rund um das Unternehmen bietet, einemBereich für die Navigation sowie dem Hauptfenster für die Inhalte. Das Frame für die Navigation istwiederrum in einen Bereich für die Linkverwaltung, den Treeview und die Suche unterteilt.Nachfolgend wird nun die Funktionalität der einzelnen Bereiche beschrieben:• Der Header zeigt neben dem Logo für das Unternehmen und der Bereichsbezeichnung einenTicker mit dem Aktienkurs und einen mit aktuellen Nachrichten. Die Inhalte dieser zwei Tickerwerden extern eingespielt. Zudem birgt der Header noch je einen Shortcut für die Sprachumschaltung,das Bereichsportal des Benützers, die An- und Abmeldung sowie ein Pull-Down-Menü zum Erreichen anderer Unternehmensbereiche.• Der Bereich Quicklinks beinhaltet sämtliche für einen Unternehmensbereich definierten Verweise.Diese Links können vom Administrator mittels einer XML-Datei festgelegt werden.• Direkt unter den Quicklinks befindet sich der sogenannte Treeview. Hier können sowohl Collectionhierachiendes Servers wie auch statisch erstellte Strukturen visualisiert werden. Die Konfigurationdes Baumes erfolgt ebenfalls mittels XML-Datei.• Das Bereich “Search” erlaubt neben der Eingabe eines Suchbegriffs auch die Wahl eines Gültigkeitsbereiches,der von der aktuellen Collection über den Unternehmensbereich bis hin zum gesamtenServer reichen kann. Die erhaltenen Suchresultate erscheinen in einem eigenem Fenster,ein gewähltes Suchergebnis wird wiederrum im Content-Frame angezeigt.


7.2. BEREICHSPORTAL 143• Schließlich werden im Content-Frame die Inhalte des aktuellen Objects angezeigt. Befindet mansich zum Beispiel auf einer Startseite des Portals, so sind oben ein bereichsspezifischer Banner,dann die Informationen zum aktuellen Objekt und ganz unten sogenannte Hotlines, die voneinem eigenen Newssystem bezogen werden, dargestellt. Wählt man im Gegensatz dazu ein Dokumentaus, so wird entweder der Inhalt angezeigt oder – s<strong>of</strong>ern dies der Browser unterstützt– das Dokument mit der jeweiligen Applikation geöffnet. Weiters beinhaltet der Content-Frameauch das Menü, welches die Hyperwave Standardfunktionalität wie beispielsweise die Umschaltungzwischen Ansichts- und Bearbeitungsmodus, das Erstellen oder Ändern von Collectionsund Dokumenten, usw. zur Verfügung stellt.Mit der <strong>Home</strong>Page-Komponente kann man nun den einzelnen Bereichen eine eigene Oberflächegeben, indem man den Titel des Bereichs, einen Banner, das Objekt mit dem Inhalt für den Newsticker,die Rahmen-, Text- und Iconfarbe und die Collection mit den Hotlines setzt sowie die Quicklinks undden Tree konfiguriert. Zudem kann man für die einzelnen Suborganisationen eigene Inhalte festlegen.Des Weiteren können die Zugriffsrechte für das aktuelle Bereichsportal gesetzt werden. Wechselt einBenutzer nun in einen anderen Bereich, wird das Frameset mit den eben erwähnten Einstellungen derausgewählten <strong>Home</strong>Page-Komponente neu aufgebaut.RegistrierungskomponenteEin Benutzer kann sich registrieren, um erweiterte Nutzungsmöglichkeiten des Portals zu erhalten.Wie Abbildung 7.2 zeigt, sind neben dem Usernamen die Email-Adresse, Vor- und Nachname, einepersönliche Beschreibung, der Bereich des Benutzers, die Betriebsstätte, das gewünschte Einstiegsportalund die Sprache anzugeben.Abbildung 7.2: Maske für die Registration


144 KAPITEL 7. ENTWICKELTE HYPERWAVE KOMPONENTENMit diesen Daten werden die in Abschnitt 6.4 vorgestellten Benutzer-Attribute erweitert. Nacheiner erfolgreichen Registrierung erhält der Benutzer das Passwort per Email, kann sich am Systemanmelden und gelangt so zum gewählten Bereichsportal. Über einen eigenen Punkt im Menü kann derBenutzer seine Daten nachträglich ändern.Dieses sehr einfache Benutzerverwaltung ist ein erster Schritt zur Erfassung und Bereichszuordnungder Mitarbeiter eines großen und verteilten Unternehmens, allerdings kann diese Lösung nichtmit einem Skill-Management-System, wie in Kapitel 5 beschreiben, mithalten. Es fehlt vor allem dieMöglichkeit der direkten Eingabe von Fähigkeiten – auf Kompetenzen kann nur indirekt über die Dokumentedes Users im System geschlossen werden. Die Suchfunktionalität wiederrum wird durch Standardfunktionalitätdes IS/6 abgedeckt, wie Abschnitt 6.4 gezeigt hat.ImplementationDie S<strong>of</strong>tware-Architektur des Bereichsportals selbst ist sehr einfach gehalten. Diese Komponente bestehtaus drei Dokumentklassen, wobei “<strong>Home</strong>Page” das Frameset selbst zur Verfügung stellt, “Tree”für die Darstellung und Funktionalität des Navigations-Frames verantwortlich ist und “Register” dieRegistrierung der Benutzer übernimmt.Wesentlich komplexer als die Struktur der Dokumentklassen ist dagegen das Frameset selbst. Wiein Abbildung 7.3 zu sehen ist, besteht dieses aus drei großen Bereichen, nämlich einen Header, demNavigation-Frame (Quicklinks, Treeview, Search) sowie dem Content-Frame. Von der Funktionalitäther wurden die sichtbaren Frames bereits beschrieben. Was jedoch in dieser schematischen Übersichtauffällt, ist ein zusätzliches Frame zwischen dem Treeview und der Suchmaske.Abbildung 7.3: Schema des FramesetsDieses für den Benutzer unsichtbare Control-Frame übernimmt die wichtige Aufgabe der Kommunikationmit dem Server. Klappt man beispielsweise einen aus der Collection-Hierachie dynamischerzeugten Knoten des Navigations-Trees auf, so müssen vom Server die Children dieser Collectionabgefragt und sodann dargestellt werden. Dies geschieht mittels clientseitigen Javascript-Funktionenim Control-Frame, die so erhaltenen Daten werden dann in den Treeview weitergeleitet.Auch für die Interaktion zwischen dem Content- und dem Navigations-Frame ist der Control-Frame zuständig. Gelangt man zum Beispiel im Content-Frame auf ein neues Bereichsportal, so wirddas gesamte Frameset neu geladen.Schließlich beinhaltet auch der Header wichtige Javascript-Funktionen, die für das Frameset notwendigsind. So ermöglichen diese clientseitigen Funktionen unter anderem, dass der Navigations-


7.3. WORKFLOW 145Frame als ganzes oder Bereiche wie die Suche sowie die Quicklinks weggeklappt werden können.Durch diese Aktionen kann der Content-Frame oder aber der Treeview vergößert werden.Mit diesen Details der Implementation wird die Beschreibung dieser IT-Komponente abgeschlossenund nun folgend die zweite Technologie, das Workflow-System, behandelt.7.3 WorkflowDie zweite Komponenten, die hier als eigenentwickeltes Modul gezeigt werden soll, ist das Workflow-System, welches für den IS/6 entwickelt wurde. Bevor auf dieses Modul eingegangen wird, folgt einekurze Erklärung des Begriffs Workflow Management und ein Überblick über den Aufbau eines solchenSystems.“Beim Workflow Management geht es um die Logistik von Geschäftsprozessen, also umdie Planung, Ausführung, Kontrolle und Automatisierung dieser Prozesse. Mit Hilfe geeigneterWerkzeuge wird der Weg von Dokumenten, Informationen und Aufgaben vonMitarbeiter zu Mitarbeiter verfolgt und analysiert. Daraus werden formale Regeln abgeleitet,auf deren Grundlage Workflow Systeme dann den Ablauf dieser Prozesse steuernkönnen. Die Herangehensweise ist also prozessorientiert und reduktionistisch – das Problemwird in kleinere Teilprobleme zerlegt, die von verschiedenen Mitarbeitern erledigtwerden können.” [Rollett 2000]Die Vorteile eines derartigen Ansatzes sind etwa: [Rollett 2000]• Effizienzsteigerung durch die Eliminierung unnötiger Schritte• Bessere Prozesskontrolle durch standardisierte Arbeitsmethoden und die Nachverfolgbarkeit derAktivitäten• Besserer Kundenservice durch die Konsistenz der Prozesse und eine genauere Vorhersagbarkeitetwa der Antwortzeiten• Flexiblere Prozessanpassungen durch die Kontrolle über die Prozesse mittels S<strong>of</strong>twareWorkflow Systeme fungieren für den Anwender im allgemeinen nicht nur als Wegweiser, sondernerzwingen eine konsistente Einhaltung der vorgegebenen Anforderungen. Üblicherweise setztenWorkflow Systeme sich aus vier Hauptkomponenten zusammen: [Rollett 2000]• Workflow Editor zur grafischen Planung von Prozessen• Workflow Simulator zum Simulieren und Verifizieren der Prozesse• Workflow Engine zur Prozessausführung auf Basis der erarbeiteten Regeln• Workflow Monitor für die Kontrolle der laufenden ProzesseEs wird nun ein Workflow-System vorgestellt, welches mittels Dokumentklassen entwickelt wurdeund in den Hyperwave Templatesatz eingespielt werden muss. Bezüglich der Funktionalität bietet dasWorkflow-System alle oben genannten Bestandteile, die nun ausführlicher beschrieben werden.


146 KAPITEL 7. ENTWICKELTE HYPERWAVE KOMPONENTENWorkflow EditorAls erstes muss eine Prozessdefinition bestehend aus der Mitgliederverwaltung, einem Folder für Dokumentesowie einer Aufgabenliste erstellt werden. Folgende Rollen, die teilweise durch die Mitgliederverwaltungder Prozessdefinition festgelegt werden können, gibt es:• Prozessdesigner: Jener Benutzer, der die Prozessdefinition erzeugt hat, wird vom System automatischals Designer gesetzt• Koordinatoren: Alle User, die Kontrolle über eine aus der Definition gestarteten Instanz haben• Beobachter: Alle Benutzer, die Einblick in eine solche Instanz erhaltenDer Folder für Dokumente zu einem Workflow wird automatisch angelegt. Man hat als Designerdie Möglichkeit, bereits beim Anlegen der Prozessdefinition, Dateien und ganze Hierachien in diesenFolder, das sogenannte Arbeitspaket, zu kopieren oder zu verschieben. Beim Starten einer Instanz sinddiese Dokumente s<strong>of</strong>ort verfügbar.Abbildung 7.4: Task-Liste einer ProzessdefinitionDie Taskliste schließlich ist das Herzstück der Prozessdefinition. Wie Abbildung 7.4 zeigt, könnenhier System- und Benutzeraufgaben hinzugefügt werden. Ein System-Task ist ein Task, welcher keineTeilnehmer hat und eine bestimmte Funktionalität implementiert. So existieren bei vorliegendemWorkflow-System folgende System-Tasks:• Der Start-Task markiert den Beginn einer Instanz. Jede Prozessdefinition kann nur einen Taskdieser Art besitzen.• Wird ein End-Task erreicht, so endet eine Instanz.• Der Publish-Task veröffentlicht den Inhalt des Workpackage.


7.3. WORKFLOW 147• Der Milestone-Task überprüft, ob ein Meilenstein innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums erreichtwurde oder nicht.• Der Reassignment-Task weist einer Benutzeraufgabe andere (vordefinierte) Teilnehmer zu.Für einen User-Task hingegen ist kennzeichnend, dass er bei Erreichen einem oder mehreren Teilnehmernin deren persönliche Aufgabenliste zugewiesen wird. Die laufende Instanz wird solange angehalten,bis einer der Teilnehmer oder bei entsprechender Konfiguration alle diese Aufgabe beendethaben. Das Besondere an User-Tasks ist des Weiteren, dass sie nach einer bestimmten Zeit ablaufen,von den Teilnehmern zurückgewiesen oder an andere User delegiert werden können. NachfolgendeBenutzeraufgaben gibt es im Workflow-System:• Der Basic-Task erlaubt den jeweiligen Teilnehmern, dass sie einen bestimmten Zugriff auf dasWorkpackage erhalten und mit den dort befindlichen Dokumenten arbeiten können.• Die Auswahl-Aufgabe ermöglicht es, dass der erste Benutzer, der diese beendet, den nächstenzur Auswahl stehenden Task startet.• Der Reassignment-Task wiederrum ermöglicht es, dass die Teilnehmer einer anderen Benutzer-Aufgabe geändert werden. Diesesmal kann jedoch der User, der diesen Task erhält, die neuenTeilnehmer selbst vergeben.Eine Besonderheit beim Definieren eines Prozesses ist die Verwendung von Platzhaltern. Platzhalterkönnen anstelle von Usern oder Gruppen des IS/6 für bestimmte Attribute der Prozessdefinition wiezum Beispiel bei der Auswahl der Teilnehmer eines Tasks angegeben werden. Diese werden dann zurLaufzeit der Instanz aufgelöst und durch die Gruppen oder User ersetzt.Abbildung 7.5: Benutzerwizard und Platzhalter


148 KAPITEL 7. ENTWICKELTE HYPERWAVE KOMPONENTENWie in Abbildung 7.5 gezeigt wird, sind im sogenannten User Wizard, der hier zur Auswahl vonTask-Teilnehmern aufgerufen wurde, alle verfügbaren Placeholder für dieses Attribut aufgelistet. Nebenden bereits vorgestellten Rollen Koordinatoren, Beobachter und Prozessdesigner sind dies unteranderem die Teilnehmer von bestimmten oder allen Aufgaben, der Initiator der Instanz, der Stellvertreterdes Initiators oder die Gruppenmitglieder des Initiators.Abbildung 7.6: Tool zur ProzessmodellierungDiese Phase der Erstellung der Prozessdefinition wird durch ein Tool zur grafischen Modellierungunterstützt, wie in Abbildung 7.6 zu sehen ist. Weiters unterstützt das Workflow-System von Hyperwaveauch eine <strong>Version</strong>skontrolle für die Prozessdefinitionen, womit mehrere <strong>Version</strong>en einer Definitionverwaltet werden können.Workflow SimulatorIst eine Prozessdefinition erstellt, muss eine diese auf Gültigkeit und Vollständigkeit überprüft werden.Eine gültige Definition meint, dass es nur einen Start-Task gibt und dass sämtliche Aufgabenerreicht werden können. Gültigkeit ist ein notwendiges Kriterium für das Starten einer Instanz ist.Ist eine Definition ungültig, kann daraus keine Instanz erzeugt werden und es werden entsprechendeFehlermeldungen mit Hinweise auf die fehlerhaften oder fehlende Übergänge zwischen den Aufgabenausgegeben.


7.3. WORKFLOW 149Eine Instanz selbst wird durch einem fünf Schritte umfassenden Wizard aus einer Prozessdefinitionerzeugt, wobei spätestens hier eine unvollständige Definition komplettiert werden muss. Es können zudiesem Zeitpunkt noch nicht vorhandene Attribute wie Koordinatoren, Teilnehmer von Benutzeraufgabensowie der Inhalt des Workpackage festgelegt werden.Workflow EngineNach dem erfolgreichen Initiieren einer Instanz werden die Tasks der Reihe nach abgearbeitet. Gelangtman zu einem User-Task, so wird den Teilnehmern diese Aufgabe in deren Task-Liste gelinkt, wie inAbbildung 7.7 zu sehen ist.Abbildung 7.7: Task-Liste eines BenutzersDer Benutzer kann nun einen Task annehmen, ablehnen oder weiterleiten. Wird eine Aufgabe voneinem oder mehreren Benutzern beendet, so wird die Instanz der Prozessdefinition fortgesetzt, bisentweder ein neuer User-Task initiiert oder ein End-Task erreicht wird. Im letzteren Fall wird dieInstanz beendet und archiviert.


150 KAPITEL 7. ENTWICKELTE HYPERWAVE KOMPONENTENWorkflow MonitorZum Beobachten und Beeinflussen einer Instanz gibt es die zwei Rollen, die bereits vorgestellt wurden.Beobachter haben lesenden, Koordinatoren gar schreibenden Zugriff auf auf die Instanz. Diese bietetneben der Mitgliederverwaltung und dem Workpackage eine Übersicht über die Tasks und deren Statussowie eine chronologische Aufzeichnung der bereits vergangenen Aktionen seit Start der Instanz (sieheAbbildung 7.8).Abbildung 7.8: History einer InstanzDie Übersicht über die Aufgaben der laufenden Instanz ist in Abbildung 7.9 dargestellt. Hier werdenim Gegensatz zur Prozessdefinition bei den Tasks zusätzliche Attribute angezeigt. So kann manzum Beispiel sehen, welche Aufgabe gerade aktiv ist.Auf dieser Übersicht über die Aufgaben kann ein Koordinator aber auch eine Instanz direkt beeinflussen.So kann ein solcher die laufende Instanz abbrechen oder diese anhalten und später wiederfortsetzen. Das Abbrechen wirkt sich wie das Erreichen eines End-Tasks aus – die Instanz wird beendetund archiviert. Ein Anhalten und Fortsetzen hat im Grunde nur Auswirkungen auf diverse zeitgesteuerteEreignisse.Im Falle eines Fehlers in einer laufenden Instanz wird diese automatisch angehalten und die Koordinatorenbenachrichtigt. Auf diese Weise können sie den Fehler beheben und die Instanz fortsetzen.Die Workflow-Komponente für das Hyperwave Informationssystem bietet darüber hinaus nocheine Menge anderer Features wie beispielsweise einen Reminder für die User-Tasks, automatischeEmail-Benachrichtigung bei diversen Ereignissen, usw.


7.3. WORKFLOW 151Abbildung 7.9: Übersicht über eine laufende Instanz


152 KAPITEL 7. ENTWICKELTE HYPERWAVE KOMPONENTENImplementationDas Workflow-System ist in punkto Funktionalität sehr umfangreich, entsprechend aufwendig warauch das Design der Architektur. Wie bereits die letzte Komponente basiert auch diese auf Dokumentklassen,wobei anzumerken ist, dass es beim Workflow-System eine Besonderheit gibt: Bei diesemHyperwave-Modul wurde eine Trennung zwischen Funktionalität (Dokumentklassen) und Visualisierung(User-Interface-Klassen) realisiert.Das Framework hierzu wurde in einem gemeinsamen Projekt zwischen Hyperwave und der WebApplication Group (IICM) entwickelt. Vorteilhaft an der Trennung zwischen Dokumentklassen undUI-Klassen ist in erster Linie eine sauberes S<strong>of</strong>tware-Design. So ist es wesentlich einfacher, die Visualisierungdieser Komponenten zu ändern. Des Weiteren wurde eine Steigerung der Performancegegenüber dem bisherigen Ansatz, der die Trennung mittels eigener Dokumentklassen für Funktionalitätund solcher für die Visualisierung realisiert, festgestellt. [Legenstein 2001]Abbildung 7.10: Übersicht über die DokumentklassenEine grobe Übersicht über alle Dokumentklassen ist in Abbildung 7.10 zu sehen. Es folgt nun eine


7.3. WORKFLOW 153Auflistung der Klassen mit einer kurzen Beschreibung:• HW WF Task: Basisfunktionalität eines Tasks; alle System- und Benutzeraufgaben sowie dieWorkflow-Klasse sind davon abgeleitet• HW WF TaskUserEdit, HW WF TaskUserChoice, HW WF TaskUserReassignment: die bereitsbeschriebenen Benutzeraufgaben• HW WF TaskStart, HW WF TaskEnd: Systemtasks für das Starten bzw. Beenden einer Instanz• HW WF TaskMilestone, HW WF TaskPublish, HW WF TaskReassignment: die anderen, bereitserklärten Systemaufgaben• HW WF WorkFlow: zentrale Klasse für die Prozessdefinition und die laufende Instanz (zweiverschiedene Visualisierungen für Header und Mitgliederverwaltung)• HW WF TaskContainer: beinhaltet sämtliche Aufgaben; es gibt je eine Visualisierung für dieTaskliste eines Benutzers, einer Prozessdefinition und einer laufenden Instanz• HW WF Package: stets Teil eines HW WF WorkFlow; ermöglicht die strukturierte Dokumentenverwaltungin einem WorkPackage• HW WF HistoryContainer: Teil einer laufenden Instanz; zeichnet Ereignisse der Instanz chronologischauf• HW WF History: ein Eintrag für den HistoryContainer• HW WF WorkflowDefinition<strong>Version</strong>Container: ermöglicht eine <strong>Version</strong>skontrolle für eine Prozessdefinition• HW WF WorkflowDefinitionContainer: zur strukturierten Verwaltung von Prozessdefinitionen• HW WF StartCaseContainer, HW WF CaseScheduler: unabhängige Dokumentklassen; Starteiner Instanz bei Eintreten von bestimmten Ereignissen• HW WF TemporaryContainer: Hilfsklasse für das Starten einer Instanz durch den CaseWizard• HW WF Participant: speichert Daten der Teilnehmer eines aktiven BenutzertasksDie Visualisierung dieser Klassen geschieht durch die User-Interface-Klassen, die im Template-Satz vorhanden sein müssen. Die Zuweisung zwischen Dokument- und UI-Klasse erfolgt durch eineeigens dafür entwickelte Factory.FazitDas Workflow-System ist ein mächtiges Werkzeug für Planung, Ausführung, Kontrolle und Automatisierungvon beliebigen Geschäfts- oder Wissensprozessen in einem Unternehmen. Gerade bei der Verteilungvon Betriebsstätten, wie es bei großen Unternehmen <strong>of</strong>t der Fall ist, können auch übergreifendeProzesse mit diesem System unterstützt werden. Die sehr umfangreiche Funktionalität der Workflow-Komponente ist ein Garant dafür, dass die Prozesse optimiert und zudem zuverlässiger durchgeführtwerden können.


154 KAPITEL 7. ENTWICKELTE HYPERWAVE KOMPONENTEN7.4 ZusammenfassungEin großer und verteilter Konzern kann wohl zur Unterstützung des Wissensmanagements nicht nurvorgefertigte Produkte verwenden, sondern wird zusätzlich zur genauen Abstimmung auf das Unternehmenfehlende Funktionalität durch eigenentwickelte Komponenten abdecken müssen.Ergänzend zu den in Kapitel 6 erwähnten IT-Komponenten, die mittels der Produktpalette vonHyperwave realisiert werden können, wurden hier folgende zwei Komponenten beschrieben:Zum einen hat ein auf einen Unternehmensbereich anpassbares Portalsystem, wie in Abschnitt 7.2gezeigt wurde, positive Auswirkungen auf den Zusammenhalt der Mitarbeiter des Bereichs und somitauf die Unternehmenskultur. So kann man mit dieser Komponenten die einzelnen Suborganisationendurch ein eigenes Layout und eigene Inhalte voneinander abgrenzen und so die Zusammengehörigkeitin den Abteilungen und Bereichen fördern.Schließlich können mit dem vorgestellten Workflow-System Geschäftsprozesse und andere unternehmensinterneAbläufe erfasst, optimiert und automatisiert werden. Dies bedeutet gerade in großenund verteilten Unternehmen ein enormes Einsparungspotential, da bei Prozessen, die mehrere Abteilungenoder Betriebsstätten betreffen, verhindert werden kann, dass Tätigkeiten mehrfach ausgeführtoder wichtige Abläufe vergessen werden.Das nächste Kapitel fasst nun die Erkenntnisse dieser Arbeit zusammen und gibt einen Ausblickauf künftige Entwicklungen.


155Kapitel 8Zusammenfassung und AusblickFür große und weltweit angesiedelte Konzerne wird es mehr und mehr eine Notwendigkeit, sich mit derRessource Wissen im und rund um das Unternehmen auseinander zu setzen. Wachstum kann in solchenKonzernen nur mehr schwer durch eine Steigerung der Produktion erzielt werden, in erster Linie wirdman auf Produktvielfalt, neue innovative Erzeugnisse und begleitende Dienstleistungen setzen müssen.Dies bedingt natürlich, dass das intellektuelle Potential aller Mitarbeiter des Unternehmens mobilisiertwerden muss.Wissensmanagement beschäftigt sich mit der Möglichkeit der Einflussnahme auf die RessourceWissen in einem Unternehmen. In einem großen und geographisch verteilten Technologie-Konzernsind dabei bestimmte Kernprozesse des Wissensmanagement zu beachten. So muss bestehendes Wissenvorerst identifiziert und fehlendes Wissen erworben oder selbst entwickelt werden. Zum Zweckeder Nutzung muss das Wissen natürlich im Unternehmen verteilt sowie für den künftigen Gebrauchbewahrt werden. Schließlich ist es für ein Controlling der Ressource Wissen auch notwendig, dass eineBewertung vorgenommen wird und das Management durch die Definition von Wissenszielen intervenierenkann.In großen und geographisch verteilten Unternehmen stößt man bei der Beschäftigung mit KnowledgeManagement auf eine Reihe von Problembereichen, die es zu bewältigen gilt. So müssen voreiner Einführung von IT-Systemen notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dies betrifftdie Unternehmensstruktur, die mit einem losen Gebilde von überschaubar kleinen, spezialisiertenEinheiten flexibler als ein hierachisches Modell ist, das Organisationskonzept, welches weniger aufdie Optimierung von Ressourcen denn auf die Entwicklung von Innovationen ausgelegt sein sollte,und natürlich die Unternehmenskultur, wo individuelle und organisationale Wissensbarrieren die wissensintensivenProzesse im Unternehmen hemmen.Auch Forschungstätigkeiten und projektbezogenes Arbeiten erweisen sich in einem geographischverteilten Konzern als problematisch. Aus informationstechnologischer Sicht wurden in großen Unternehmenspeziell die Problembereiche Überangebot und mangelnde Qualität von Informationen sowieein schlecht geplanter Einsatz von Informationstechnologien erkannt.Mögliche Auswege aus einzelnen Punkten der eben aufgezählten Problembereiche wurden indieser Arbeit anhand der Fallstudien über die weltweit ansässige Schindler Aufzüge AG, den KM-Dienstleister Teltech, den Technologie- und Service-Konzern Siemens sowie den Automobil- undRaumfahrzeughersteller Rolls-Royce und anhand von zwei wesentlichen Aspekten eines lernendenUnternehmens, nämlich jenen des Managements und der Beziehung zu Kunden, gezeigt.Aus den so erarbeiteten Lösungsansätzen wurden allgemeine, organisatorische Maßnahmen sowieAnforderungen an ein ideales KM-System für Wissensmanagement in einem großen und geographischverteilten Unternehmen erstellt. Danach wurde die Umsetzung von vorteilhaften Komponenten, die für


156 KAPITEL 8. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICKden Einsatz in einem Konzern geeignet sind, mit der Produktpalette von Hyperwave gezeigt. Schließlichwurden auch zwei für das Hyperwave Informationssystem entwickelte Module genauer vorgestellt.Immer mehr große Unternehmen beschäftigen sich mit Knowledge Management, um die Wandlungvon einem reinen Produktanbieter zu einem integrierten Technologie- und Servicekonzern zuvollziehen. Dieser Trend ist in nahezu jeder Branche zu erkennen, wie unter anderem die im Untersuchungsbereichgewählten Fallstudien gezeigt haben.Bevor nun aber ein IT-System eingeführt wird, sollten zuerst entsprechende Wissensfunktionen imUnternehmen geschaffen werden. Für ein großes, verteiltes Unternehmen auf jeden Fall notwendig istein Chief Knowledge Officer, der die Wissensaktivitäten im gesamten Unternehmen managt, sowieTechnologiebeauftragte für die einzelnen Bereiche. In Abteilungen sollten Wissensmakler bestimmtwerden, die benötigtes Wissen innerhalb des Konzerns oder zumindest im eigenen Unternehmensbereichvermitteln können.Mit einem solchen Grundgerüst an KM-Rollen lassen sich nicht nur einzelne Problembereiche desWissensmanagements bewältigen, auch eine Analyse der wesentlichen Wissensprozesse kann einfachdurchgeführt. Zudem können auf diese Weise IT-Komponenten, die wissensbasierte Tätigkeiten imUnternehmen unterstützen, identifiziert werden. Zur Umsetzung dieser Komponenten ist es für einengroßen Konzern ratsam, dass ein umfangreiches und ausgereiftes Produkt wie das in dieser Arbeitvorgestellte Hyperwave Informationssystem verwendet wird. Die Eigenentwicklung eines solchen Systemsmacht aus Kosten- und Zeitgründen wenig Sinn. Nicht unterstützte Funktionalität eines kommerziellenProduktes muss natürlich durch Entwicklung eigener Module realisiert werden.Bestimmte Kernprozesse des Wissensmanagement wie beispielsweise die Entwicklung, Verteilungund Nutzung von Wissen wurden inzwischen schon in vielen Konzernen behandelt und sind entsprechendgut aus organisatorischer und informationstechnologischer Sicht durchdacht und unterstützt.Andere Wissensprozesse, nämlich vor allem die Definition und Umsetzung von Wissenszielen und dieWissensbewertung, wurden und werden nur am Rande behandelt.Speziell über der Bilanzierung von intellektuellen Kapital gibt es noch verhältnismässig wenig Literaturund vor alle kaum marktreife Produkte, weshalb diesem Bereich ein starkes Wachstum prognostiziertwerden kann. Auch die Visualisierung von Wissensbeständen oder das automatische Einbringenvon Informationen sind für die Zukunft interessante Gebiete. Mit diesen Anwendungsbereichen wirdsich auch Hyperwave auseinandersetzen müssen, damit das derzeit sehr umfangreiche Produkt künftigenAnforderungen gerecht wird.


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160 LITERATURVERZEICHNIS


Abbildungsverzeichnis2.1 Die Ebenen der Begriffshierachie [Probst et al. 1999] . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.2 Kreislauf von Wissen und Information [Reif 2000] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.3 Aufbau der organisationalen Wissensbasis [Probst et al. 1999] . . . . . . . . . . . . . 112.4 Bausteine des Wissensmanagement [Probst et al. 1999] . . . . . . . . . . . . . . . . . 132.5 Formen der Wissensumwandlung [Laskowski 2001] . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152.6 Spirale der Wissensschaffung [Laskowski 2001] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163.1 Barrierenmatrix [Lugger et al. 2001] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263.2 Barrierenwürfel [Lugger et al. 2001] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263.3 Dimensionen der Informationsqualität [Nohr 2000] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433.4 Evolution der virtuellen Organisation [Scholz 1994] . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524.1 Verankerung von Lernzielen in der Projektmethodik [Schindler et al. 2000] . . . . . . 614.2 Vertrauensschwankungen im Projektverlauf [Schindler et al. 2000] . . . . . . . . . . . 634.3 Das Management lernender Unternehmen [Bullinger et al. 1997a] . . . . . . . . . . . 834.4 Informations-Portfolio [Bullinger et al. 1997a] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 844.5 Lernprozesse in einem Unternehmen [Bullinger et al. 1997b] . . . . . . . . . . . . . . 894.6 Strategien für kundenbezogene Lernprozesse [Bullinger et al. 1997b] . . . . . . . . . 904.7 Kundenbezogene Lernprozesse bei der Akquisition [Bullinger et al. 1997b] . . . . . . 914.8 Co-Produktion vs Co-Destiny-Beziehung [Bullinger et al. 1997b] . . . . . . . . . . . 925.1 Bausteine des Wissensmanagement [Probst et al. 1999] . . . . . . . . . . . . . . . . . 996.1 Dokumentenverwaltung mit dem IS/6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1276.2 Standardattribute des IS/6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1286.3 Beispiel für eine Businesscard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1316.4 Ergebnisse einer Expertensuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1326.5 Ergebnisse einer Suche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1336.6 Monatsansicht des Kalenders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1357.1 Sichtbare Bereiche des Framesets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1427.2 Maske für die Registration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1437.3 Schema des Framesets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144161


162 ABBILDUNGSVERZEICHNIS7.4 Task-Liste einer Prozessdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1467.5 Benutzerwizard und Platzhalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1477.6 Tool zur Prozessmodellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1487.7 Task-Liste eines Benutzers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1497.8 History einer Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1507.9 Übersicht über eine laufende Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1517.10 Übersicht über die Dokumentklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152


Tabellenverzeichnis2.1 Ebenen der Informations- und Wissensverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93.1 Abgrenzungen der virtuellen Organisation [Scholz 1994] . . . . . . . . . . . . . . . . 544.1 Grundsätze des Knowledge Engineering [Hammersley et al. 1999] . . . . . . . . . . . 804.2 Trends in der Unternehmensumwelt [Bullinger et al. 1997a] . . . . . . . . . . . . . . 844.3 Multimediale Technologien zur Gestaltung lernender Unternehmen . . . . . . . . . . 875.1 Übersicht Wissensidentifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1025.2 Übersicht Wissenserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1055.3 Übersicht Wissensentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1075.4 Übersicht Wissensverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1105.5 Übersicht Wissensnutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1135.6 Übersicht Wissensbewahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1165.7 Übersicht Wissensziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1185.8 Übersicht Wissensverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1195.9 Komponenten eines idealen KM-Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120163

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