REZENSIONEN: GELESENDienstschluss beim KunstdienstVON JENS LANGER, REDAKTIONSMITGLIEDKörner, Dorothea: Zwischen allen Stühlen. Zur Geschichtedes Kunstdienstes der Evangelischen Kirchein Berlin 1961 – 1989. Mit einem Vorwort von ManfredRichter und einem Gespräch mit Heinz Hoffmann. Herausgegebenvom Kunstdienst der Evangelischen Kirchein Verbindung mit dem Institut für vergleichende Staat-Kirche-Forschung. Berlin: Hentrich & Hentrich 2005,240 S.Nach Paul Tillich (1886 – 1965) kann ein von Braque gemalter Fischmehr religiöse Substanz vermitteln als manche gut gemeinte so genanntechristliche Kunst. Mit seinen theologischen Anregungen undentsprechendem Interesse gehört Tillich zu den geistigen Vätern derKunstdienste der evangelischen Kirche und ihren regionalen Formationen.Von der Entstehung aus der Dresdner „Bürgerinitiative fürKunst aus dem evangelischen Raum“ (1928) bis zur institutionellenFormierung ist nach Jahrzehnten eines erfolgreichen Dialogs und einerpraktischen Kooperation zwischen Künstlerschaft und Kirche, Kunstwissenschaftund Theologie nunmehr das Ende dieser rühmenswertenInstitution herbeigeführt worden. Auflösung nach erfolgreicher Evaluierungkönnte es heißen, und das sogar mit der üblichen Phasenverschiebungzwischen kirchlichen und anderen betroffenen Institutionen.Die Autorin beschreibt an einem Fallbeispiel die Geschichte von geglücktemUnterfangen und schmerzlichem Ende. Der Kunstdienst inBerlin, mit gewichtigen, zum Teil gesamtdeutschen kirchlichen Gremienim Hintergrund ist gewiss ein potentes Exempel für diese Einrichtungenauch in anderen Regionen.Im Vordergrund des institutionalisierten Engagements für Künstlerinnenund Künstler stand lt. Vfn. zunächst die Garantie für die Qualitätkünstlerischer Arbeit in den evangelischen Kirchgemeinden, aber ebensoein Nachholbedarf an Informationen über die Moderne. So resümiertKörner für die sechziger Jahre: „Der Kunstdienst war die einzigeGalerie in der DDR, die dank des gesamtdeutschen Charakters derevangelischen Kirche der Union auch nach dem Bau der Berliner Mauergesamtdeutsch bzw. Ost-West-übergreifend agieren konnte.“ „Selbstdie Referenten zu Barlach und Fritz Kühn reisten aus der Bundesrepublikan. Spezialisten aus der DDR wurden lediglich für weit zurückliegendehistorische Themen herangezogen. Die Situation der bildendenKunst in der DDR spielte in den Veranstaltungen des Kunstdiensteswährend der 60er Jahre keine Rolle, obwohl in der DDR bedeutendeDenkmäler für die ehemaligen KZ entstanden, eine Historienmalereisich mit Faschismus und den deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkriegauseinandersetzte, den Vietnamkrieg thematisierte, jüngereKünstler in Berlin und Dresden ihre Unbehaustheit darstellen undWolfgang Mattheuer bereits auf die biblische Mythologie zurückgriff.“Auch noch in den siebziger Jahren wurde die klassische Moderne inden Veranstaltungen des Kunstdienstes unermüdlich aufgearbeitet inVorträgen, Foren und Ausstellungen mit bedeutendem Zulauf trotzdurch die Staatsfunktionäre eingeschränkter Öffentlichkeit. Das Zieldieser Mittlerinstitution zwar damals eben „nicht das Engagement fürdie wilden avantgardistischen Formen der siebziger Jahre“, auch nicht„die Durchsetzung unliebsamer DDR-Künstler“. In den achtziger Jahrenhingegen nimmt sich der Kunstdienst verstärkt gesellschaftspolitischerThemen an: Ausstellungen zum Lebensgefühl in Ost-Berlin(1987) und in der DDR (1989), zum Antisemitismus (1988) und zuLateinamerika (1989) zeugen davon. Außerdem widmete sich die Einrichtungneuen Kunstformen und gelangte so insgesamt auf die Höheder Zeit und ihrer Herausforderungen: Auch diese enorme Leistung inhistorischer Dimension konnte vor der Ökonomisierung der Gesamtgesellschaftinklusive ihres kirchlichen Subsystems letzen Endes (!)nicht bestehen: „Es ist daher zu bedauern, dass der Kunstdienst vonBerlin Ende 2005 aus finanziellen Gründen abgewickelt wird. Seinegroße Bedeutung zwischen 1961 und 1989 in Ost-Berlin wird erst vordem Hintergrund der DDR-Geschichte deutlich. Indem der Kunstdienstmehr als seinen kirchlichen Auftrag wahrnahm und im SinnePaul Tillichs als Korrektiv und Impulsgeber in der säkularen Gesellschaftwirkte, als Schutzraum, Bildungs- und Kommunikations-Zentrumfür Außenseiter und Randgruppen knüpfte er an die Gründungsintentionenvon Dresden 1928 an. Weil er seine christlich-spirituellenWurzeln nicht verleugnete wurde er in einer atheistischen Gesellschaftfür viele Menschen so wichtig.“Diese trotz einiger Wiederholungen und Längen stets interessante,gleichwohl angenehm sachliche Auflistung historischer Vorgänge gewinntihr besonderes Kolorit durch die um Fairness bemühte Darstellungder handelnden Personen und ihrer Konflikte mit Behörden inStaat - und Kirche. Eine solche Querschnittsstudie zur institutionalisiertenKirchlichkeit weist auf viel reichere Ressourcen, zusätzlichesPotential an Akteuren und komplexere politische Interventionen derevangelischen Kirche in der DDR hin, als es die pauschale Beschränkungauf das konsistoriale und episkopale Ensemble in vielen historischenUntersuchungen zu den bekannten vierzig Jahren nahe legt.Nach dem Körnerschen Buch muss bei aller Enttäuschung doch auchausgerufen werden: Beata Berolina! Es gibt diesen Nachruf auf einebewundernswerte Leistung und Institution! Berlin erhält auch dasTrostpflaster des Amtes einer Kulturbeauftragten der EvangelischenKirche in Deutschland – wenig Personnage in der Fläche, aber immerhin!In <strong>Rostock</strong> wurde in der Marienkirche Oktober 2006 eine Ausstellungmit „jungen Bildern“ der achtzigjährigen Malerin MechthildMannewitz aus den vergangenen 2 Jahren eröffnet. Nur von wenigenwurde bemerkt, dass es sich um die letzte Ausstellung des Kunstdienstesder Evangelischen-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs undseiner Kuratorin Regine Passig handelte. Die Würdigung dieser Leistungsteht noch in den Sternen. ¬32
Reklameaus Ihrer Umgebung„Das unfrohe Soldatenleben in der NVA ...“Ostsee-Zeitung„Für alle NVA-Nostalgiker ...“Hanse-Anzeiger„Die unguten Erinnerungen eines Volksmarine-Angehörigen...“Neues DeutschlandRüdiger FuchsGenosse Matrose!kartoniert, 262 S.,ISBN 3-89954-196-016,40 EURerschienen im:BS-Verlag <strong>Rostock</strong>Hannes-Meyer-Platz 2718146 <strong>Rostock</strong>Tel. 0381-65 04 22Fax 0381-65 04 11Email: info@bs-verlag-rostock.deEnde der 80er. Raketenschnellboote fahren über die stürmischeOstsee, nicht weniger bewegten Zeiten entgegen.Aber noch ist die militärische Führung alles andere als„klar zur Wende“.Der Matrose Volkmar Haas erinnert sich. Er berichtet vonMachtspielen, Überwachung und Gewalt; von Jugendliebeund Trennung; von Feindschaft und Freundschaft.Seine Geschichte liefert ein authentisches Bild vom Alltagbei der Volksmarine und den Hoffnungen, Zweifeln undSehnsüchten junger Leute in den letzten drei Jahren derDDR.Mit einem Glossar seemännischer und militärischer Fachausdrückeim Anhang.Über den AutorRüdiger Fuchs (*1969) ist Buchhändler, Künstler, Kinderbuchautor,Mitinhaber des Charlatan-Verlages <strong>Rostock</strong> undschreibt gelegentlich für die Stadtgespräche.Leseproben, Rezensionen, Shop unter:www.bs-verlag-rostock.de / www.genosse-matrose.de