WAS SONST NOCH PASSIERTEMecklenburg-Vorpommern und die Welt -ein Rückblick auf die letzten Monate des Jahres 2006*2. OktoberDer Siemens-Vorstand verzichtet auf die geplanteGehaltserhöhung um 30 %. Dafür gabes viel Lob, sodass bei einem kräftigen Gehaltszuschlagim nächsten Jahr keine Protestezu erwarten sind. Frau Merkel zeigte sich begeistertvon diesem Modell. Erfolg durch Verzicht!Sie kündigte an, dass Rentner undHartz IV Empfänger für den Erfolg der Wirtschaftein bisschen verzichten sollen. ImGegenzug werde sie dafür auf Sympathien undAnsehen verzichten.Der deutsche Aufschwung ist nun auch inZahlen und Geld messbar. Die Bundesagenturfür Arbeit (BA) wird in diesem Jahr einenÜberschuss von 12 Milliarden Euro erwirtschaften.In Regierungskreisen gibt man sicheuphorisch: Die BA hat das Geld erwirtschaftet,indem sie es nicht an die über 4 MillionenArbeitslose auszahlte. Wenn die Arbeitslosenzahlenkräftig steigen würden, hätte die BAviel mehr Möglichkeiten Geld nicht auszuzahlen.So müssten sich bereits mit 7 bis 8Millionen Arbeitslosen um 30 Milliarden Euroerzielen lassen.Für die ewig Skeptischen wurde ergänzt, dassbei den derzeit aktiven Politikern dauerhaftsinkende Arbeitslosenzahlen definitiv ausgeschlossenwerden können.Bundeskanzlerin meinte dazu, dass das nichtso tragisch sei. Den meisten ihrer Kabinettskollegenhätten auch 8 Klassen gereicht.22. NovemberIn <strong>Rostock</strong> sind zwei Tonnen Gammelfisch,die regionale Variante des Gammelfleisches,aufgetau(ch)t. Der Inhaber des Fischhandelserklärte, dass der Gammelfisch im Rahmender Touristengewinnung vom Wirtschaftsministeriumangefordert worden sei.17. OktoberSchwarz/Weiß in Graustufen: Die Leistungsindividualisten(11 Prozent); die EtabliertenLeistungsträger (15 Prozent); die KritischeBildungselite (9 Prozent); das Engagierte Bürgertum(10 Prozent); die Zufriedenen Aufsteiger(13 Prozent); die Bedrohte Arbeitnehmermitte(16 Prozent); die SelbstgenügsamenTraditionalisten (11 Prozent); die AutoritätsorientiertenGeringqualifizierten (7 Prozent);das Abgehängte Prekariat (8 Prozent).19. OktoberSeit dem EU-Beitritt sind die Polen mit derSicherung ihrer Grenze sichtlich überfordert.Während die polnische Küstenwache eindeutsches Ausflugsschiff beschießt, können240 weißrussische Kälber ungehindert denBug durchschwimmen und nach Polen gelangen.Die mutige Tat der Kälber wird leidernicht belohnt. Sie werden in den nächsten Tagennach Weißrussland abgeschoben. EineReaktion Lukaschenkos auf den Vorfall istnoch nicht bekannt.23. Oktober31. OktoberRegier noch mal, Harry! SPD und CDU inMecklenburg-Vorpommern haben sich auf eineKoalition geeinigt, bei der man lieber nichtvon Größe spricht. Bei dem Postengerangel istder SPD dann auch noch das Innenministeriumabhanden gekommen. Das ficht HaraldRingstorff aber nicht an. Die Verkörperungmecklenburg-vorpommerscher Dynamik antworteteauf Journalistenfragen, während er amHorizont die Wetteraussichten abschätzte:„Wir haben uns etwas länger Zeit genommen.“Ja, Harry. Danke!11. NovemberKünftig soll es einen Quiz „Wer wird Bundesbürger“geben. Einbürgerungswillige Ausländersollen in einem 60-Minuten-Test staatsbürgerlichesGrundwissen nachweisen. EinEntwurf für den geplanten bundesweiten Testschlägt 33 Aufgaben vor, die im Jauch-Modusgelöst werden sollen. Horst Köhler wird dieRolle des Telefonjokers übernehmen und alsPublikum soll die Schweriner Landtagsfraktionder NPD fungieren.17. NovemberLaut PISA-Nachfolgestudie lernen sehr vieleSchüler in der 10. Klasse in Mathematik undNaturwissenschaften nichts hinzu. Die24. NovemberDie EU ist gespalten wie polnische Schweinehälften.Beim Gipfeltreffen in Helsinki scheitertenKooperationsvereinbarungen zwischender EU und Russland an einem Veto der Polen.Es war aber nicht das Verhalten der Russenin Tschetschenien, das die Polen erregte,sondern das Importverbot Russlands für polnischesFleisch. Die Haltung Polens wurde bereitsdurch Solidaritätsbekundungen vonFrankreich und Litauen gestärkt.Auch die Engländer zeigten sich nicht begeistertvon den Russen. Wenn sie sich schon vergiften,sollen sie es doch zu Hause tun. Undmusste es ausgerechnet Polonium 210 sein?26. NovemberDer konjunkturelle Aufschwung der deutschenWirtschaft droht durch den Mangel anFachkräften gebremst zu werden. Oliver Heikaus,Arbeitsmarktexperte beim DeutschenIndustrie- und Handelskammertag (DIHK)forderte deshalb: „Wir müssen unseren Arbeitsmarktstärker als bisher für qualifizierteAusländer öffnen.“ Die Bundesregierung verhandeltbereits mit Rumsfeld als Jung-Nachfolger.¬Auszüge aus einer Zusammenstellungvon Holger Blauhut2
Neuigkeiten aus der Provinz - liebevoll hinterfragtDer Stadt <strong>Rostock</strong> geht´s momentan finanziellnicht gut. Steht ja jeden Tag in der Zeitung.Dabei wird gebaut, gebaut, gebaut.Zum Beispiel wurde die Stadthalle umgebaut.Neue Technik, neue Zuschnitte der Räumeund außenrum eine Bauchbinde in den <strong>Rostock</strong>erFarben. Zwar klappt es nicht so richtigmit der neuen Technik und die Klos sind verstopft,aber das wird schon noch. Und das <strong>Rostock</strong>erStadtsäckel wurde mit den Umbaukostenvon 3,4 Millionen Euro nicht belastet.Alles aus eigener Tasche bezahlt. Und RolandMethling ist hoch erfreut, wie das die Stadthallegeschafft hat und überweist weiterhinjährlich drei Millionen Euro an die Stadthalle.Was wäre eigentlich passiert, wenn der Zoodirektorverkündet hätte, man bräuchte keineSpenden fürs neue Affenhaus, das würde manaus Eigenmitteln aufbringen? Oder wenn die„Stubnitz“-Crew ihr Schiff für ne halbe Millionaus Eigenmitteln überholen lassen würde?Der Rotstift des Finanzsenators wärewohl kaum zu bremsen.Mitte Dezember zog die <strong>Rostock</strong>er MesseundStadthallengesellschaft dann ein Jahresresümeeund alle Printmedien ergossen sich inLobliedern. (Wer verliert schon gern Anzeigenkunden.)Messehalle und Stadthalle stündenwirtschaftlich auf gesunden Füßen, weildie Stadt auch 2007 3 Millionen überweisenwürde. Und ab 2008 (wenn die Stadt Zuschüssestreicht) würde sich auch das Land finanziellauch beteiligen. Warum nicht eher?Und natürlich muss die OZ im Schlusssatz ihresBeitrags zum genannten Thema erwähnen,dass Messe und Stadthalle wichtige Werbefaktorenseien. Sicher, mit der Stadthalle kannman Werbung für grausigste DDR-Architekturmachen und mit der Messehalle für grausigsteAkustik. Keiner der Schreiberlinge fragtnach, warum für solche wundervollen Starswie Carmen im Nebel auch noch Steuergelderverschleudert werden, wobei es doch schonverboten sein müsste, derartigen Schwachsinnüber GEZ-Gebühren zu finanzieren.Die Stadthalle hat noch mehr umgebaut, z.B.ihre Internetpräsenz. Die Navigation zumTicketservice ist gewöhnungsbedürftig undeine zielgenaue Platzbuchung gibt’s auchnicht, dafür wurden aber sogar Karten für dieMitarbeiterversammlung der Stadtverwaltungangeboten. Leider war schon ausverkauft. Beidem Gesprächsbedarf kein Wunder. Außerdemwar ausverkauft, weil es bei derartigenVeranstaltungen immer super Jobs zu gewinnengibt. Wer Herrn Methling am dämlichstenkommt, wird arbeitslebenslang mit einenPosten als Frühstücksdirektor mit 2500 Euronetto im Monat belohnt. Es soll allerdings sogarLeute geben (wie den Herrn Horcher), dieso undankbar sind, solche Posten auch nochzurückzugeben.Die nächste Baustelle ist der Doberaner Platz.Der Platz wurde am 14. Oktober eingeweiht.Zwei Monate später war das Ende der Bauarbeitenimmer noch nicht in Sicht. Zur Einweihungsang Bernhard am Brink, obwohlauch der nicht fertig war (ich meine den Platz,der Bernhard ist schon lange fertig, sonst würdeder nicht auf Baustellen singen).Und wenn der Platz mal fertig ist, wird es fürRadfahrer nicht besser. Radwege gibt es keine,die Gehwege (irgendwo muss man ja lang)sind teilweise schmaler als vorher. Aber für dieRadfahrer gibt es jetzt doch eine Lösung. DieStraßenbahngleise dürfen ab sofort befahrenwerden, wenn man die entsprechende Genehmigunghat. Die bekommt man im Kundenzentrumder RSAG für 20 Euro, als Beleg gibtein schönes T-Shirt dazu, dass beim Befahrender Gleise immer zu tragen ist. Es trägt dieAufschrift: „Ich bin eine Straßenbahn“.Die Wartezonen an den Straßenbahnen sindjetzt so groß wie ein Tennisplatz. Leute, dienicht ganz so schnell sind, können sich jetztnicht mehr im Wartehäuschen unterstellen.Die Bahn ist nämlich schon wieder weg, eheman den Weg vom Häuschen zur Bahn zurükkgelegthat.Und wie auch auf dem Neuen Markt und demKonrad-Adenauer-Platz (das ist der Bereichvorm Bahnhof ) gibt’s auf dem DoberanerPlatz keine Bäume. Das ist vorausschauend sogemacht worden, wegen der Videoüberwachungzum G8-Gipfel. Man stelle sich nur vor,Osama bin Laden würde nicht entdeckt werden,weil er sich auf dem Doberaner Platz hintereiner deutschen Eiche versteckt hatte.Wegen der Sicherheit (und nur deswegen) sollnun auch noch der Brunnen auf dem NeuenMarkt für die Gipfel-Zeit abgebaut werden.Der Osama würde nämlich überhaupt nichtauffallen, würde er neben den traurigen Männernsitzen. Zur weiteren Sicherheit wurdenin 5 Metern Höhe über dem Doberaner Platzacht Heiligenscheine angebracht, die im Dunkelnleuchten. Da stellt sich kein islamischerTerrorist drunter.Und nun noch auf die Schnelle einige Bemerkungenzur Chefetage der Stadtverwaltung.Es wurde ja schon berichtet, wieviel die WI-RO für die Rom-Reise des Aufsichtsrats ausgegebenhat. Nun gibt es neue Gerüchte. BausenatorGrüttner musste nämlich aufgrundseines Gesundheitszustandes (Folgen einesFahrradunfalls!) in seinem Spezialbett übernachtenund soll deshalb täglich um 15.30Uhr von der Flugbereitschaft der Stadtverwaltungvon Rom nach Schwerin (!) ausgeflogenworden sein. Am nächsten Morgen ging esdann zurück nach Rom. Und so ging das vierNächte lang. Und bezahlt hat das die Stadtund nicht die WIRO.Bei unserem Finanzsenator, Herrn Scholze,weiß ich nie, ob er es ernst meint, was er so erzähltoder ob der Rheinländer karnevalistischeScherze macht. Bei solchen Wortschöpfungenwie z.B. Stellenverstärkungspool (dasollen Mitarbeiter rein, die zum Abschuss freigebensind) muss man wohl von einem Scherzausgehen. Und damit es Herr Scholze so richtigkrachen lassen kann, will er sich unter demTarnnamen „Haushaltskonsolidierung“ dreiweitere Jecken in den drögen Norden holen.Aber irgendwo hört der Spaß dann doch auf,finde ich. Und deswegen wollte ich HerrnScholze auf diesem Wege darauf hinweisen,dass er es auch als gestresster und gehetzter Senatorunterlassen sollte, Bushaltestellenhäuschenmit dem Auto rechts zu überholen. Jawohl,Herr Senator, ich habe Sie genau erkannt.Zum Jahresende überraschte uns der Oberbürgermeisterdann noch mit dem Vorhaben,dass <strong>Rostock</strong> endlich wieder Großstadt werdensolle und dazu nur noch 1000 Einwohnerfehlen würden. Und alle Zeitungen titelten imChor, dass <strong>Rostock</strong> bald wieder Großstadt sei.Als ob 1000 Einwohner wirklich den Ausschlaggeben könnten, ob eine Stadt Großstadtist oder nicht. Eine Großstadt solltenicht nach Einwohnern gemessen werden,sondern an der Infrastruktur, an Arbeitsplätzen,an kulturellen und Bildungsangeboten,an Lebensqualität. Und so ganz nebenbei,Großstadt darf sich jede Stadt nennen, diemindestens 100000 Einwohner hat. Aber dieseErbsenzählerei überlasse ich gern HerrnMethling, der nichts Wichtigeres zu tun zuhaben scheint, als 1000 Leute einzufangen.Ich habe mir meinen Entschluss wirklichnicht leicht gemacht, aber: ich bleibe hier.Ihre Alma Atemlos ¬3