Herzlichen Dank - ausseerland.net
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Drei Charaktere - ein genius loci<br />
Das Ausseerland erinnert sich heuer anlässlich ihrer 100. Geburtstage dreier großer Österreicher: des Dirigenten Herbert von<br />
Karajan und der beiden Schriftsteller Friedrich Torberg und Hans Weigel. Für Torberg wird in seinem geliebten Altaussee heuer<br />
noch ein Gedenkstein errichtet. VIA ARTIS-Tafeln erzählen dort seit geraumer Zeit vor seinen verschiedenen sommerlichen<br />
Wohnsitzen, von seinem Leben und Wirken.<br />
Für Karajan und Weigel stellt die Kulturelle Arbeitsgemeinschaft Grundlsee in Zusammenarbeit mit dem Narzissenfest Verein zwei<br />
neue VIA ARTIS-Tafeln auf. Die für Herbert von Karajan finden Sie vor der beschilderten Villa Karajan in Mosern, oberhalb des<br />
Kaiserlichen Stalles. Die für Hans Weigel ist etwas versteckter: Sie steht im Gaiswinkl an der schmalen Straße, die im Kreuz gegenüber<br />
dem Gabillon-Haus von der Seeuferstraße bergwärts abzweigt. Lutz Maurer und Franz Neumayr begaben sich auf eine<br />
Spurensuche in Grundlsee.<br />
Schriftsteller,<br />
Übersetzer, Kritiker -<br />
Hans Weigel<br />
Am 12. August um 20 Uhr findet<br />
beim Veit in Gössl die Lesung der<br />
Grundlseeliebhaberin Elfriede Ott<br />
statt. Elfi Ott, die Kammerschauspielerin,<br />
bekannt durch unzählige<br />
Theater- und TV-Rollen, Kabarettabende<br />
und Bücher, Professorin<br />
und Lehrerin einer ganzen Schauspielergeneration,<br />
geadelt durch<br />
die Bezeichnung „Volksschauspielerin“,<br />
eine „wienerische, eine<br />
österreichische Institution“ eben!<br />
„Andere zum Lachen zu bringen,<br />
hat nichts mit der Befindlichkeit der<br />
eigenen Seele zu tun“ schreibt sie<br />
in einem ihrer Bücher. Aus allen<br />
aber spricht zwischen den Zeilen -<br />
wie bei vielen Komödianten -<br />
Nachdenklichkeit, oft auch Trauer<br />
einer verletzlichen Seele. „Für die<br />
Seele und zum Auftanken komme<br />
ich immer wieder an den<br />
Grundlsee; ich habe ihn durch meinen<br />
Lebensmenschen, den Hans<br />
Weigel kennen und lieben<br />
gelernt!“.<br />
Hans Weigel, der bekennende<br />
Grundlseer und damit das Pendant<br />
zum glühenden Altausseer Friedrich<br />
Torberg, wäre wie dieser heuer<br />
100 Jahre alt geworden. „Man sagt,<br />
der Grundlsee wäre düster und<br />
kalt“ schrieb Weigel in seinem<br />
Buch „Oh du mein Österreich“ über<br />
seinen See. „Man sage es! Schon<br />
dass ich einiges wenige des<br />
großen Geheimnisses preisgegeben<br />
habe, reut mich. Denn es<br />
könnte sein, dass der Grundlsee<br />
allzu sehr unter die Leute kommt<br />
und so seine Besonderheit verliert,<br />
die da heißt: Einsamkeit. Ich liebe<br />
den Grundlsee so sehr, dass ich es<br />
jahrelang vermied, ihn wiederzusehen.“<br />
Der Theaterkritiker und Schriftsteller<br />
wurde am 29. Mai 1908 in<br />
Wien geboren. Er besuchte das<br />
Akademische Gymnasium, inskribierte<br />
zunächst Jus in Hamburg –<br />
in Deutschland machte er im Jahre<br />
1927 auch seine ersten literarischen<br />
Versuche – und kam 1928<br />
nach Wien zurück. Dort arbeitete er<br />
vorerst in einem Buchverlag. In den<br />
Dreißigerjahren wurde er zum<br />
Mitautor an Wiener Kleinkunstbühnen,<br />
eine Tätigkeit, die er bis<br />
1938 ausübte. Während des<br />
Krieges hielt sich Weigel im<br />
Schweizer Exil auf, wo er für Kabaretts<br />
sowie als Verlagslektor arbeitete.<br />
Nach Kriegsende kehrte er<br />
bald nach Österreich zurück und<br />
begann 1946 seine Tätigkeit als<br />
viel beachteter Theaterkritiker.<br />
Schon in jungen Jahren war<br />
Weigel, wie seinen frühen Briefen<br />
zu entnehmen ist, zur Sommerfrische<br />
oft am Grundlsee gewesen.<br />
Leider sind seine Wohnorte von<br />
damals nicht mehr eruierbar. Wohl<br />
aber seine späteren Aufenthalte im<br />
Grundlseer Haus der Schauspielerin<br />
Jutta Bornemann. Nur<br />
wenige wissen noch, dass Bornemann<br />
auch Texte für die Glanzzeit<br />
des Wiener Kabaretts nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg schrieb und ihr<br />
gastfreundliches Haus deshalb für<br />
Gerhard Bronner, Carl Merz, Peter<br />
Wehle und eben auch Hans Weigel<br />
zum sommerlichen Refugium<br />
wurde.<br />
Der Talentscout<br />
In seinem Buch schrieb Weigel<br />
weiter: „Altaussee und Grundlsee:<br />
keine Orte, keine Täler, keine<br />
Kessel, keine Gebiete, sondern<br />
Weltanschauungen und als solche<br />
einander natürlich feindselig. … Es<br />
ist an dem (würde Hofmannsthal<br />
sagen, der zur Ausseer Partei<br />
gehörte), dass die Beziehung zu<br />
diesen Dörfern und Seen weit über<br />
die flüchtige, widerrufliche des<br />
Sommergasts hinausgeht, es ist<br />
Liebe, Verfallensein, unauflösliche<br />
Bindung, die uns an diese selbstgewählte<br />
zweite Heimat kettet, und<br />
wer nicht teil hat daran seit jeher,<br />
der fühlt sich hier fast wie ein<br />
Eindringling, wie ein ungebetener<br />
Zeuge des Familienlebens. Es<br />
wäre viel zu sagen über Altaussee,<br />
das ein Erdteil für sich, über<br />
Grundlsee, das eine Welt für sich<br />
ist …“ Hans Weigel gehörte eben<br />
seit Kindestagen zu dieser Welt, so<br />
wie Friedrich Torberg zum Erdteil<br />
Altaussee.<br />
Berühmt wurde Weigel neben seinen<br />
Theaterkritiken auch als Förderer<br />
jüngerer österreichischer Autoren.<br />
So gilt er beispielsweise als<br />
Entdecker von Ingeborg Bachmann.<br />
Durch die 1951 bis 1954<br />
herausgegebene Anthologiereihe<br />
„Stimmen der Gegenwart“ bot er<br />
jungen Schriftstellern ein Publikationsforum.<br />
Zu diesen jungen<br />
Literaten gehörte auch der viel zu<br />
früh verstorbene Herbert Zand aus<br />
Knoppen.<br />
„Herbert Zand, verheiratet, lebte<br />
auf dem Bauernhof seiner Eltern<br />
und war in jeder Hinsicht nicht<br />
rustikal. Groß, still, nach innen<br />
gekehrt, scheu, zögernd, blaß.“ –<br />
Hans Weigel in seinem Nachruf auf<br />
den zu früh verstorbenen Dichter.<br />
„Ein verhaltenes Leuchten – ich<br />
kann´s nicht anders sagen – ging<br />
von ihm aus. Er wirkte nicht dörflich,<br />
nicht steirisch, er sprach ohne<br />
Dialekt-Anklänge. Wir schlossen<br />
Freundschaft an diesem Mittag,<br />
unsere Sympathien waren leise<br />
wie alles, was von ihm kam. Er<br />
kam nach Wien und saß an unserem<br />
Tisch im Café Raimund.<br />
Jedesmal, wenn er erschien, sangen<br />
wir, quasi als Flüsterchor: „Gott<br />
erhalte, Gott beschütze unsern<br />
Kaiser, unsern Zand.“ Er winkte beschwichtigend<br />
ab, aber es freute<br />
ihn.“ Weigel setzte sich auch dafür<br />
ein, dass Zand für seinen Roman<br />
„Letzte Ausfahrt“ den großen<br />
Österreichischen Staatspreis erhielt.<br />
„Sein reifstes Werk, die<br />
Erzählung „Der Weg nach Hassi el<br />
emel“, dem „Alten Mann“ des überschätzten<br />
Hemingway verwandt,<br />
aber meiner Überzeugung nach<br />
überlegen, war eines seiner letzten<br />
werke.“<br />
Weigel erkannte auch früh das<br />
Talent von Alfred Komarek: „Der<br />
unbestrittene Meister des Feuilletons<br />
in diesem Jahrhundert war<br />
Alfred Polgar. Ein kluger Kollege<br />
nannte ihn „Marquis Prosa“. Von<br />
diesem Adelsgeschlecht ist auch<br />
Alfred Komarek. Als Alfred Polgar<br />
starb, nannte ich ihn meinen<br />
Nekrolog den „letzten Ritter des<br />
Feuilletons“. Ich bin glücklich darüber,<br />
dass ich mich damals geirrt<br />
habe.“ Der so Geadelte war auch<br />
einer der letzten Besucher von<br />
Hans Weigel in seinem Maria-<br />
Enzersdorfer Quartier: „Er wusste<br />
von meinem Besuch in Maria-<br />
Enzersdorf, kam mir entgegen mit<br />
seinen dicken Brillengläsern – er<br />
sah ja damals nicht mehr sehr gut<br />
– und begrüßte mich mit den<br />
Als Journalist ein Literat - als Literat ein<br />
Journalist: Hans Weigel.<br />
Worten „Ich kann Sie nicht mehr<br />
sehen, aber schiacher als ich können<br />
Sie auch nicht sein!“, um mir<br />
dann zu erzählen, dass er gerade<br />
an einem Buch arbeite, dessen<br />
Drucklegung er wahrscheinlich<br />
nicht mehr erleben würde.“<br />
Columbus entdeckt<br />
den Grundlsee<br />
„Seltsam sind die Ortsnamen“<br />
schrieb Weigel über seinen See:<br />
„Im Kreuz“, „Im Schachen“ nennen<br />
sich die Häusergruppen an dem<br />
einen ureinsamen Ufer, noch einsamer<br />
bist du am anderen Ufer, wo<br />
die Siedlung „bei den Wienern“<br />
liegt. Am fernen Ende erstreckt sich<br />
das „Gößl“, da bist du so weit fort<br />
vom Ort Grundlsee, als läge ein<br />
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