11.07.2015 Aufrufe

Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

AusbildungGesetzliche Schuldverhältnisse im System des Schuldrechtsvon Lukas Beck (Würzburg)Lukas Beck, Jahrgang 1986, hat an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg Rechtswissenschaft <strong>und</strong> EuropäischesRecht <strong>stud</strong>iert. Seit August 2011 ist er ebenfalls in Würzburgwissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für BürgerlichesRecht, Deutsches <strong>und</strong> Europäisches Handels- <strong>und</strong> Gesellschaftsrechtvon Prof. Dr. Christoph Teichmann. Gleichzeitigpromoviert er über ein konzernrechtliches Thema. Danebenarbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut fürPsychotherapie <strong>und</strong> Medizinische Psychologie (Effiziente Prüfungsvorbereitung).A. SchUldrEcht AlS rEcht dEr SchUldvErhältNiSSEi. SchUldvErhältNiSSE iM ENGErEN UNd wEitErEN SiNNEDas BGB behandelt in seinem zweiten Buch das Recht der Schuldverhältnisse.<strong>Die</strong> Schuldverhältnisse sind Gegenstand des Schuldrechts. 1Beschäftigt man sich mit dem Schuldrecht, sieht man sich häufigdem Begriffspaar des „Schuldverhältnisses im engeren Sinn“ <strong>und</strong> des„Schuldverhältnisses im weiteren Sinn“ gegenüber. 2 Das BGB verwendetnämlich den Begriff des Schuldverhältnisses uneinheitlich.ii. SchUldvErhältNiS iM ENGErEN SiNNWenn etwa in § 243 Abs. 2 BGB oder § 362 Abs. 1 BGB vom Schuldverhältnisgesprochen wird, ist damit das einzelne Forderungsrecht 3 ,der einzelne Anspruch, wie er in § 194 Abs. 1 BGB legaldefiniert ist,gemeint. 4 Nicht auf den ersten Blick erkennbar ist, welche Bedeutungdaneben § 241 Abs. 1 S. 1 BGB als Teil der ersten Vorschrift desRechts der Schuldverhältnisse (Buch 2 des BGB) hat. <strong>Die</strong> Aussage,dass der Gläubiger Kraft des Schuldverhältnisses berechtigt ist, vomSchuldner eine Leistung zu fordern, liest sich ähnlich wie die Formulierungdes § 194 Abs. 1 BGB, nach der der Anspruch das Recht voneinem Anderen, ein Tun oder Unterlassen zu fordern, ist. Der Begriffdes Anspruchs ist aber der umfassendere. 5 Ansprüche müssen nämlichnicht schuldrechtlicher Natur sein. 6 Insbesondere können auchdingliche Ansprüche, wie der des § 985 BGB bestehen. 7 § 241 Abs. 1BGB meint also den schuldrechtlichen Anspruch. Das ist das Schuldverhältnisim engeren Sinne. Da jedem Recht eine Pflicht gegenübersteht,zählt auch diese zum Schuldverhältnis. Das Schuldverhältnisim engeren Sinne ist damit das Recht des Gläubigers, vom Schuldnereine Leistung zu fordern, dem zwingend die Pflicht des Schuldnersfolgt, diese Leistung vorzunehmen. 81 Medicus/Lorenz, Schuldrecht I AT, 19. Aufl. 2010, § 1 vor Rn. 1.2 Zur Entstehung <strong>und</strong> Verwendung der Begriffe s. Olzen, in: Staudinger BGB, Neubearb. 2009, § 241Rn. 36 ff.; Harke,Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rn. 16 f.3 Olzen, in: Staudinger BGB, Neubearb. 2009, § 241 Rn. 36.4 Vgl. Peters/Jacoby, in: Staudinger BGB, Neubearb. 2009, § 194 Rn. 14; Harke, AllgemeinesSchuldrecht, 2010, Rn. 16.5 Bachmann, in: MünchKomm BGB, 6. Aufl. 2012, § 241 Rn. 6; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I AT,19. Aufl. 2010, § 1 Rn. 6; Rüthers/Stadler, BGB AT, 17. Aufl. 2011, § 4 Rn. 2.6 Rüthers/Stadler, BGB AT, 17. Aufl. 2011, § 4 Rn. 2; vgl. Bachmann, in: MünchKomm BGB, 6. Aufl.2012, § 241 Rn. 7. Zu den Folgen Medicus/Lorenz, Schuldrecht I AT, 19. Aufl. 2010, § 1 Rn. 6: <strong>Die</strong>speziellen Vorschriften über den schuldrechtlichen Anspruch sind auf die Ansprüche außerhalbdes Schuldrechts nicht anwendbar.7 Auf den Anspruch aus § 985 BGB können bei gleicher Interessenlage die Vorschriften desallgemeinen Schuldrechts aber entsprechende Anwendung finden, Gursky, in: Staudinger BGB,Neubearb. 2006, § 985 Rn. 2.8 Medicus/Lorenz, Schuldrecht I AT, 19. Aufl. 2010, § 1 Rn. 6; Mansel, in: Jauernig BGB, 14. Aufl. 2011,§ 241 Rn. 2.iii. SchUldvErhältNiS iM wEitErEN SiNNWenn aber in Buch 2, Abschnitt 8 des BGB „Einzelne Schuldverhältnisse“genannt werden, ist damit die gesamte schuldrechtliche Beziehungzwischen den Beteiligten gemeint. 9 Es kommt also nicht mehrnur auf das einzelne Forderungsrecht des Gläubigers <strong>und</strong> die Erfüllungspflichtdes Schuldners an, sondern auf die Beschreibung dergesamten (gegenseitigen) Beziehung zwischen den Parteien. Gegenstanddieser Betrachtung ist bspw. der Vertrag; daneben aber auchdie hier interessierenden gesetzlichen Schuldverhältnisse. Im Schuldverhältnisim weiteren Sinne bestehen Schuldverhältnisse im engerenSinne gem. § 241 Abs. 1 BGB. 10 Das sind die Leistungspflichtender Parteien. Daneben bestehen aber auch Nebenpflichten, die zurRücksicht auf den anderen Teil verpflichten, § 241 Abs. 2 BGB. § 241Abs. 2 BGB meint indes wieder das Schuldverhältnis im engerenSinne: Aus der einzelnen Leistungsbeziehung, also dem Recht voneinem anderen etwas zu verlangen, erwächst dem jeweiligen Gläubigerdie Pflicht zur Rücksichtnahme. Er darf also nicht rücksichtslosvom Schuldner die Leistung verlangen. Da § 241 Abs. 2 BGB davonspricht, dass jeder Teil des Schuldverhältnisses verpflichtet ist, wirddeutlich, dass beide Parteien bei der einzelnen Beziehung verpflichtetsind. D.h., die Rücksichtnahmepflicht bezieht sich nicht nur aufdas Recht zur Forderung, sondern auch auf die Pflicht zur Erfüllung.Der Schuldner darf also auch nicht rücksichtslos erfüllen. Aus demeinzelnen Forderungsrecht des einen Gläubigers erwächst ihm alsodie Nebenflicht, rücksichtsvoll zu fordern <strong>und</strong> dem Schuldner dieNebenpflicht, rücksichtsvoll zu erfüllen. Im gegenseitigen Vertrag,bei dem beide Parteien zur Leistung verpflichtet sind (§ 320 BGB),müssen also alle Beteiligten hinsichtlich ihres Forderns <strong>und</strong> ihres ErfüllensRücksicht nehmen.iv. FolGEN<strong>Die</strong> Notwendigkeit der Unterteilung in Schuldverhältnisse im engeren<strong>und</strong> weiteren Sinn wird deutlich, wenn man sich die Wirkungeinzelner Normen ansieht: Gem. § 362 BGB erlischt durch Erfüllung,also tatsächliche Leistungsbewirkung, das Schuldverhältnis. Damitkann aber nur das Schuldverhältnis im engeren Sinne gemeint sein.Verträge werden nämlich regelmäßig wegen des gegenseitigen Leistungsaustauschs(do-ut-des) geschlossen: <strong>Die</strong> eine Partei verpflichtetsich zu einer Leistung in Erwartung einer Leistung der Gegenseite. Erfülltnun aber nur eine Partei, soll davon nicht der gesamte Vertrag –das Schuldverhältnis im weiteren Sinne – erlöschen. Das hätte nämlichzur Folge, dass durch Erfüllung der einen Leistungsverpflichtungauch die andere erlischt. Das soll aber gerade nicht der Fall sein, wiesich auch aus § 326 Abs. 1 S. 1 BGB ergibt. Nach dieser Vorschrift sollnämlich die eine Leistungsverpflichtung nur ausnahmsweise entfallen,nämlich wenn die andere aufgr<strong>und</strong> von § 275 Abs. 1, 2 oder 3BGB gestört ist. Welche Art von Schuldverhältnis das Gesetz jeweilsmeint, ergibt sich also aus dem Zusammenhang.9 BGH, NJW 1954, 231, 232 = BGHZ 10, 391; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I AT, 19. Aufl. 2010, § 1Rn. 8; Musielak, Gr<strong>und</strong>kurs BGB, 12. Aufl. 2011, § 4 Rn. 148; Olzen, in: Staudinger BGB, Neubearb.2009, § 241 Rn. 36.10 So auch Medicus/Lorenz, Schuldrecht I AT, 19. Aufl. 2010, § 1 Rn. 8.230<strong>Iurratio</strong>Ausgabe 4 / 2012

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!