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Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

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Fallbearbeitungstrafbar. Zwar wird die gesendete E-Mail in Bs E-Mail-Account (etwa unterder Rubrik „gesendete E-Mails“) „verbucht“. A hat aber lediglich den Datenbestandvergrößert, indem er neue Daten hinzugefügt hat. § 303a I Var. 4StGB verlangt aber eine Beeinträchtigung des Bedeutungsgehalts 62 .P. StrAFBArKEit dES A GEMäß § 240 i StGBEine Strafbarkeit gemäß § 240 I StGB kommt in Betracht, wenn mandavon ausgeht, A habe B genötigt, die Kündigung ihres Arbeitsverhältnissessowie die Eröffnung des durch Cs Strafanzeige eingeleitetenErmittlungsverfahrens zu dulden. Hierfür fehlt es jedoch schonam tauglichen Nötigungsmittel.Q. StrAFBArKEit dES A GEMäß § 201A i, ii StGBIndem er die Filmdatei, auf der die an sich selbst sexuelle Handlungenvornehmende B zu sehen ist, anfertigte <strong>und</strong> online stellte, kannA wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durchBildaufnahmen strafbar sein.i. oBJEKtivEr tAtBEStANdIn Rede steht eine WebCam-Aufnahme, die zeigt, wie A in ihrerWohnung sexuelle Handlungen an sich selbst vornimmt. Da A dieAufnahme später ins Internet stellte, muss auch eine vorherige Abspeicherungerfolgt sein. A hat also die Bildaufnahme i.S.d. § 201a IVar. 1 StGB hergestellt 63 . Da gerade ein Vorgang aus der sexualbezogenenIntimsphäre der B Gegenstand der Aufnahme ist 64 , hat A Bshöchstpersönlichen Lebensbereich verletzt <strong>und</strong> damit den Taterfolgherbeigeführt. Indem er beliebigen Internet-Usern den Zugriff auf dieseAufnahme ermöglichte 65 , hat A auch den objektiven Tatbestand des§ 201a II Var. 2 StGB erfüllt. Nahe liegt ferner, dass sich A das aufgenommeneBildmaterial selbst angesehen hat 66 , sodass auch von einem„Gebrauchen“ i.S.d. § 201a II Var. 1 StGB auszugehen ist.ii. SUBJEKtivEr tAtBEStANd; rEchtSwidriGKEit UNdSchUldA handelte bzgl. aller objektiven Merkmale vorsätzlich, § 15 StGB,wobei anzunehmen ist, dass A bereits bei der Aufnahme mit demVorsatz des späteren Zugänglichmachens handelte. An Rechtswidrigkeit<strong>und</strong> Schuld bestehen keine Zweifel.iii. ErGEBNiSDas Herstellen i.S.d. § 201a I Var. 1 StGB bildet mit dem Zugänglichmacheni.S.d. § 201a II Var. 2 StGB eine einheitliche Tat 67 , sodass Ainsoweit nur gemäß § 201a II Var. 2 StGB strafbar ist. § 201a II Var.1 StGB ist hierzu mitbestrafte Nachtat 68 . Berechtigte i.S.d. § 77 II 1, 2StGB sollten Strafantrag stellen, §§ 205 I 1, 77 ff. StGB.r. StrAFBArKEit dES A GEMäß § 201 i StGBDa diese Aufnahme nicht nur Bild-, sondern auch Tonmaterial enthält,ist ferner an eine Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeitdes Wortes zu denken.Bei den Dingen, die B vor sich hin sagte, handelt es um ein nichtöffentlichgesprochenes Wort i.S.d. § 201 I Nr. 1 StGB. Vor dem Hintergr<strong>und</strong>des Normzwecks, die Flüchtigkeit des gesprochenen Wortesvor der unbefugten Verwandlung in jederzeit reproduzierbareAufzeichnungen zu schützen, unterfallen § 201 I Nr. 1 StGB auchSelbstgespräche 69 . Entsprechend dem unter Q. I.) Gesagten hat A diesauf einem Tonträger i.S.d. § 201 I Nr. 1 StGB aufgenommen sowieeben diese Aufnahme i.S.d. § 201 I Nr. 2 StGB gebraucht <strong>und</strong> überdas Internet Dritten zugänglich gemacht, wobei er vorsätzlich, § 15StGB, rechtswidrig <strong>und</strong> schuldhaft handelte. Entsprechend dem unterQ. III.) Gesagten ist A gemäß § 201 I Nr. 2 Var. 2 StGB strafbar.Berechtigte i.S.d. § 77 II 1, 2 StGB sollten Strafantrag stellen, §§ 205I 1, 77 ff. StGB.S. StrAFBArKEit dES A GEMäß § 185 StGB Z.N.d. BIndem A diese Videoaufnahme online stellte, ist er auch wegen Beleidigungstrafbar. <strong>Die</strong> Missachtung kommt darin zum Ausdruck, dassBs Sexualität beliebigen Dritten im Internet zur Ansicht preisgegebenwird. Hierin ist ein Angriff auf Bs Schamgefühl, Menschenwürde<strong>und</strong> damit ihre Ehre zu sehen 70 . Berechtigte i.S.d. § 77 II 1, 2 StGBsollten Strafantrag stellen, §§ 194 I 1, 5; 77 ff. StGB.t. StrAFBArKEit dES A GEMäß §§ 238 iii, 22, 23 i StGBDa mangels Taterfolg das Gr<strong>und</strong>delikt des § 238 I StGB nicht zurVollendung ge langte 71 , im Tod der B jedoch der Eintritt der schwerenFolge i.S.d. § 238 III StGB zu erblicken ist, kommt eine Strafbarkeitwegen erfolgsqualifizierten Versuchs der Nachstellung mitTodesfolge in Betracht. Ungeachtet der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungenbereitet schon die Frage nach dem gr<strong>und</strong>sätzlichen„Ob“ der Strafbarkeit Probleme. <strong>Die</strong>s ergibt sich daraus, dass derGr<strong>und</strong>deliktsversuch straflos ist, § 12 II i.V.m. § 23 I Hs. 2 StGB.Für eine gr<strong>und</strong>sätzliche Strafbarkeit mag sprechen, dass aus einemUmkehrschluss zu § 12 III StGB die Verbrechensqualität des § 238III StGB folgt <strong>und</strong> der Versuch eines Verbrechens gemäß § 23 I Hs.1 StGB stets strafbar ist 72 . Auch wird zu bedenken gegeben, dass dieHerabstufung zur fahrlässigen Tötung der oft hohen Schuldschwerenicht gerecht werde 73 . Beide Ansatzpunkte können jedoch nichtdarüber hinweghelfen, dass dann entgegen § 18 StGB dem Eintrittder schweren Folge keine strafschärfende, sondern strafbarkeitsbegründendeWirkung zukäme. Aufgr<strong>und</strong> des sehr frühen „Versuchs“-Zeitpunkts ergäbe sich zudem ein vor dem Übermaßverbot nicht zurechtfertigender Strafrahmensprung 74 .U. StrAFBArKEit dES A GEMäß §§ 223 i, 227 i StGBDadurch, dass sich B infolge von As Drangsal in den Tod stürzte,kann A wegen Körperverletzung mit Todesfolge strafbar sein.Das setzt eine vorsätzliche, rechtswidrige <strong>und</strong> schuldhafte Körperverletzungz.N.d. B voraus. Zur Annahme einer Körperverletzungi.S.d. § 223 I StGB gelangt man, wenn man im Hervorrufen von Verzweiflung,Schockiertheit <strong>und</strong> Trauma eine körperliche Misshandlung<strong>und</strong>/oder eine Ges<strong>und</strong>heitsschädigung erblickt. Dann mussaber die bloße Beeinträchtigung des psychischen Wohlbefindensinsoweit ausreichen. Neben dem Wortlaut des § 223 I StGB spricht62 Fischer, § 303a StGB, Rn. 12.63 Vgl. Rengier, BT II, § 31 Rn. 13.64 Vgl. BT-Drucks. 15/1891, S. 7.65 Vgl. LK-Valerius, § 201a StGB, Rn. 25.66 Vgl. LK-Valerius, § 201a StGB, Rn. 24.67 LK-Valerius, § 201a StGB, Rn. 44.68 LK-Valerius, § 201a StGB, Rn. 24, 44.69 Fischer, § 201 StGB, Rn. 2 f.70 Vgl. BGHSt. 9, 17 (18).71 Siehe Zweiter Tatkomplex, A. I. 3.).72 Vgl. Kühl, AT, § 17a Rn. 46.73 So Mitsch, NJW 2007, 1237 (1241).74 Statt vieler: Gazeas, JR 2007, 497 (505).258<strong>Iurratio</strong>Ausgabe 4 / 2012

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