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Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

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Schwerpunktfend. 36 <strong>Die</strong> in § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO genannten Aufhebungsgründemüssen von dem Antragsteller geltend gemacht werden, wohingegendie in § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genannten Gründe von Amts wegenzu berücksichtigen sind. 37 Bei den von Amts wegen zu beachtendenAufhebungsgründen besteht – entgegen des missverständlichenWortlauts – kein Ermessensspielraum. Vielmehr muss das staatlicheGericht in einem solchen Fall den Schiedsspruch zwingend aufheben.38 Wird der Schiedsspruch aufgehoben, bestimmt § 1059 Abs. 5ZPO, dass das Schiedsgericht erneut zu entscheiden hat.Von Amts wegen zu berücksichtigenden Aufhebungsgründen sinddie fehlende Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes (§ 1059 Abs. Nr.2 a ZPO) <strong>und</strong> der Verstoß gegen die (deutsche) öffentliche Ordnung(§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO). Im Gegensatz zur fehlenden Schiedsfähigkeitwird der Verstoß gegen den ordre public vielfach als Aufhebungsgr<strong>und</strong>vorgebracht. Eine Verletzung des ordre public liegtnach der Rechtsprechung nur dann vor, wenn der Schiedssprucheine Norm verletzt, die die Gr<strong>und</strong>lagen des staatlichen oder wirtschaftlichenZusammenlebens regelt, oder wenn er mit deutschenGerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruchsteht. 39 Es wird zwischen dem materiell-rechtlichen <strong>und</strong> dem verfahrensrechtlichensowie dem nationalen <strong>und</strong> internationalen ordrepublic unterschieden. 40 Zum materiell-rechtlichen ordre publiczählen etwa zwingende Vorschriften des Kartellrechts, zum verfahrensrechtlichenordre public insbesondere der Gr<strong>und</strong>satz des rechtlichenGehörs <strong>und</strong> das Recht der Parteien auf ein faires Verfahren. 41Eine Unterscheidung zwischen dem nationalen <strong>und</strong> dem internationalenordre public wird deshalb vorgenommen, weil bei der Vollstrekkungausländischer Schiedssprüche wegen der geringeren Verbindungzu Deutschland ein geringeres Interesse an der Einhaltung nationalerGr<strong>und</strong>sätze besteht. 42 Insgesamt ist festzuhalten, dass eine Verletzungdes ordre public nur selten bejaht wird <strong>und</strong> deutsche Gerichte hier einensehr restriktiven Ansatz vertreten. <strong>Die</strong> in US-Gerichten teilweise verbreiteteGewährung eines Strafschadensersatzes würde, wenn in einemSchiedsspruch enthalten, aber beispielsweise an der Hürde des ordre publicscheitern.verträgen über die Anerkennung <strong>und</strong> Vollstreckung von Schiedssprüchenunberührt bleiben: 45 Das Gericht hat den ausländischenSchiedsspruch anzuerkennen <strong>und</strong> für vollstreckbar zu erklären,wenn eine wirksame Schiedsvereinbarung vorliegt (Art. II UNÜ)<strong>und</strong> keine Versagungsgründe nach Art. V UNÜ entgegenstehen. DerKatalog in Art. V UNÜ enthält im Wesentlichen die Aufhebungsgründedes § 1059 ZPO, der Art. V UNÜ nachgebildet ist. Auch beiausländischen Schiedssprüchen besteht in der deutschen Rechtsprechungeine vollstreckungsfre<strong>und</strong>liche Tendenz, sodass die Versagungder Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs in der Praxisdie Ausnahme darstellt.J. FAZitGerade bei internationalen Sachverhalten entscheiden sich dieParteien zur Beilegung ihrer Streitigkeiten häufig für die Durchführungeines Schiedsverfahrens. <strong>Die</strong> Vorteile gegenüber Verfahrenvor staatlichen Gerichten bestehen für die Parteien insbesonderein der Möglichkeit einer flexiblen Gestaltung desVerfahrens <strong>und</strong> in der erleichterten internationalen Vollstreckbarkeiteines Schiedsspruchs. Im Einklang mit der fortschreitendenGlobalisierung internationaler Wirtschaftsbeziehungendürfte die Schiedsgerichtsbarkeit daher immer stärkere Akzeptanzerlangen. <strong>Die</strong>s sollte sich langfristig auch auf die juristischeAusbildung auswirken <strong>und</strong> es ist zu hoffen, dass –zumindest im Kontext des internationalen Wirtschafts- <strong>und</strong> Prozessrechts– die internationale Schiedsgerichtsbarkeit ihren verdientenPlatz in Vorlesungen erkämpft. Bis dahin hoffen wir mitunserer Kurzdarstellung der wichtigsten Gr<strong>und</strong>züge den Leserneugierig gemacht <strong>und</strong> zur vertieften Befassung mit der Materieangeregt zu haben. Im Lichte unserer praktischen Erfahrungenmit diesem äußert spannenden Bereich könnten wir dies zumindestvoller Überzeugung empfehlen.<strong>Die</strong> in § 1059 Abs. Nr. 1 ZPO aufgelisteten Gründe, müssen vom Antragstellerbegründet geltend gemacht werden. § 1059 Abs. 2 Nr . 1ZPO enthält als Aufhebungsgründe das Fehlen der Schiedsfähigkeit,die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung, die Verletzung vonVerfahrensvorschriften <strong>und</strong> die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts.Beruft sich der Antragsteller auf die Verletzung von Verfahrensvorschriftenoder auf die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts, muss diesgr<strong>und</strong>sätzlich bereits im Schiedsverfahren gerügt worden sein, weilsonst die Präklusion droht (§§ 1027, 1040 Abs. 2 S. 3 ZPO).2. AUSläNdiSchE SchiEdSSPrüchEAusländische Schiedssprüche können nicht von deutschen staatlichenGerichten aufgehoben werden. <strong>Die</strong>sen ist stattdessen, wennentsprechende Gründe vorliegen, die Anerkennung im Inland zuversagen. 43 <strong>Die</strong> Anerkennung <strong>und</strong> Vollstreckung ausländischerSchiedssprüche richtet sich nach dem New Yorker Übereinkommens(nachfolgend UNÜ), 44 wobei die Vorschriften in anderen Staats-36 Geimer, in Zöllner, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 1059 ZPO, Rn. 9.37 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Auflage 2008, Rn. 2175.38 Kröll/Kraft, in: Böckstiegel/Kröll/Nacimiento, Arbitration in Germany, § 1059, Rn. 40.39 BGH NJW-RR 1991, 757; Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 23.40 BGH NJW 2007, 772, 774.41 BVerfG NJW 2004, 2149, 2150.42 Zum Ganzen Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 23.43 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Auflage 2008, S. 522, Rn. 2175.44 BGBl 1961 II S. 121.45 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Auflage 2008, S. 598, Rn. 2502.242<strong>Iurratio</strong>Ausgabe 4 / 2012

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