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Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

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SchwerpunktGr<strong>und</strong>lage für das Verfahren bildet. 21 Schiedsinstitutionen unterstützendie Parteien bei der Erledigung der Streitigkeit (Zustellungder Schiedsklage, Konstituierung des Schiedsgerichts, Übermittlungder Schriftsätze etc.) <strong>und</strong> sind teilweise mit rechtlichen Befugnissen(Kompetenzprüfung, Ernennungsstelle, Ergebniskontrolle etc.)ausgestattet. 22 <strong>Die</strong> meisten Institutionen verfügen zudem über eineSchiedsrichterliste, aus der die Schiedsrichter für die einzelne Streitigkeitgewählt werden können. Im internationalen Wirtschaftsverkehrentscheiden sich die Parteien häufig für die Regeln der InternationalenHandelskammer (ICC) <strong>und</strong> bei nationalen Sachverhaltenist die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) die amhäufigsten gewählte Schiedsinstitution. Zudem gibt es eine Vielzahlvon branchenspezifischen Schiedsinstitutionen (z.B. das Schiedsgerichtdes Deutschen Kaffeeverbandes in Hamburg), die für die Parteiengeeignete Verfahrensregeln <strong>und</strong> eine Auswahl geeigneter Entscheidungsträgerzur Verfügung stellen.<strong>Die</strong> Ad-hoc Schiedsgerichtsbarkeit zeichnet sich dadurch aus, dassdie Schiedsrichter die Aufgabe der Verfahrensführung <strong>und</strong> die organisatorischeAbwicklung des Verfahrens ohne Unterstützung durcheine Schiedsinstitution übernehmen. 23 Für Hilfe bei der Konstituierungdes Schiedsgerichts, Ersatzbestellung von Schiedsrichtern <strong>und</strong>andere Fragen der Unterstützung des Schiedsverfahrens sind subsidiärdie staatlichen Gerichte am Schiedsort zuständig (§ 1035 ZPO).Besonders die von der Kommission der Vereinten Nationen für internationalesHandelsrecht (UNCITRAL) entworfene Schiedsordnung(UNCITRAL Arbitration Rules) wird gerne für Ad-hoc Verfahrengenutzt, weil sie trotz fehlender Administration durch eineSchiedsinstitution ein bewährtes Regelwerk darstellt. Teilweise wirdder Begriff der Ad-hoc Schiedsgerichtsbarkeit auch dahingehendverstanden, dass die Parteien nicht nur auf die Administration desVerfahrens durch eine Schiedsinstitution verzichtet haben, sondernzudem überhaupt keine Verfahrensregeln vor Ausbruch der Streitigkeitvereinbart haben. Aber auch in solchen Fällen lassen sich überdie Wahl des Schiedsortes <strong>und</strong> die damit erfolgende Verankerung innationalen Schiedsverfahrensvorschriften die notwendigen Gr<strong>und</strong>regelnfür das Schiedsverfahren bestimmen.G. vErFAhrEN vor dEM SchiEdSGErichtNachfolgend wird auf die Gr<strong>und</strong>züge des schiedsrichterlichen Verfahrenseingegangen <strong>und</strong> hierbei der Beginn des Verfahrens, die Bildungdes Schiedsgerichts <strong>und</strong> das Verfahren zur Beweisaufnahmenäher betrachtet.i. BEGiNN dES SchiEdSvErFAhrENS UNd rEchtlichE FolGENZum Beginn eines Schiedsverfahrens enthalten die ZPO <strong>und</strong> die Regelnder Schiedsinstitutionen nähere Angaben. Nach § 1044 S. 1 ZPObeginnt das schiedsrichterliche Verfahren an dem Tag, an dem derBeklagte den Antrag, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen,empfangen hat. § 1044 ZPO regelt die Einleitung des Verfahrens<strong>und</strong> ist von der Übermittlung der Schiedsklage (§ 1046 Abs. 1 ZPO)an das Schiedsgericht <strong>und</strong> den Beklagten zu unterscheiden. Der Antragmuss als konstitutive Bedingung die Mindestvoraussetzungendes § 1044 S. 2 ZPO erfüllen: Neben der Bezeichnung der Parteien<strong>und</strong> der Angabe des Streitgegenstandes, bedarf es eines Hinweisesauf die Schiedsvereinbarung. 2421 Wolff, in: JuS 2008, 108, 109.22 Münch, in Münchener Kommentar ZPO, 3. Auflage 2008, Vorb. §§ 1025 ff. Rn. 11.23 Wolff, in: JuS 2008, 108, 109.24 Münch, in Münchener Kommentar ZPO, 3. Auflage 2008, § 1044 Rn. 13.Im Bereich institutioneller Schiedsverfahren wird für den Beginndes Verfahrens häufig nicht zwischen Vorlageantrag <strong>und</strong> Klage unterschieden.Regelmäßig wird für den Beginn des Schiedsverfahrensan den Zeitpunkt des Eingangs des das Verfahren eröffnenden Dokumentsbei der Schiedsinstitution angeknüpft <strong>und</strong> die Zustellungan den Beklagten erfolgt durch die Schiedsinstitution <strong>und</strong> wird vonder Zahlung eines Vorschusses für die Verfahrenskosten abhängiggemacht. 25 <strong>Die</strong> inhaltlichen Voraussetzungen an den Inhalt eines solchenAntrages sind bei institutionellen Verfahren regelmäßig strengerals nach § 1044 S. 2 ZPO. 26Der Beginn des Verfahrens hat Bedeutung für die damit verb<strong>und</strong>enenprozessualen <strong>und</strong> materiell-rechtlichen Auswirkungen. In prozessualerHinsicht verhindert der Beginn des schiedsrichterlichenVerfahrens, dass die Streitparteien denselben Streitgegenstand einemweiteren Schiedsgericht vorlegen (sog. Schiedshängigkeit). Der Beginndes Schiedsverfahrens begründet jedoch keine Rechtshängigkeitnach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO, sodass ein Rückgriff auf Anrufungstaatlicher Gerichte zu diesem Zeitpunkt weiterhin möglich bleibt. 27Vereinbaren die Parteien nichts Abweichendes, begründet die Zustellungdes Antrags an den Beklagten die Hemmung der Verjährungder Ansprüche (§ 204 Nr. 11 BGB). <strong>Die</strong>se Wirkung tritt unabhängigdavon ein, ob ein Schiedsrichter benannt oder das Schiedsgerichtbereits konstituiert ist. Umstritten ist, ob die Hemmung der Verjährungauch dann eintritt, wenn sich später die Unzuständigkeit desSchiedsgerichts herausstellt. 28 Der Beginn des schiedsrichterlichenVerfahrens führt auch zum Verzug des Schuldners (§ 286 Abs. 1 S. 2BGB) mit den Folgen einer verschärften Haftung nach den §§ 292,987, 989, 991, 994 Abs 2, 996 BGB. Der Beginn des Verfahrens begründetzudem einen Anspruch auf Prozesszinsen nach § 291 BGB. 29ii. BildUNG dES SchiEdSGErichtS<strong>Die</strong> Freiheit der Parteien zur Gestaltung des Schiedsverfahrens zeigtsich insbesondere bei der Besetzung des Schiedsgerichts. Regelmäßigist ein Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern besetzt, von denen jedePartei einen wählt. <strong>Die</strong> beiden von den Parteien benannten Schiedsrichterbestimmen dann den dritten Schiedsrichter als Vorsitzenden(§§ 1034, 1035 ZPO), wobei in der Praxis häufig die Parteien einengewissen Einfluss ausüben können. Möglich ist auch, dass sich dieParteien auf einen Einzelschiedsrichter einigen, der von den Parteiengemeinsam bestimmt wird. Verweigert eine Partei ihre Mitwirkungbei der Bildung des Schiedsgerichts, erfolgt auf Antrag eine Bestimmungdurch das zuständige Oberlandesgericht (§§ 1035 Abs. 3, 1062Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Im Bereich institutioneller Schiedsverfahren enthaltendie Schiedsordnungen spezielle Regelungen zur Bildung desSchiedsgerichts (z.B. § 12 DIS-SchO, Art. 12, 13 ICC-SchO).Probleme bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts könneninsbesondere bei sog. Mehrparteienverfahren auftreten, bei denensowohl auf Kläger- als auch auf Beklagtenseite mehrere Parteien vomSchiedsspruch erfasst werden. Beispiele hiefür sind etwa Beschlussmängelstreitigkeiteneiner Kapitalgesellschaft oder Streitigkeiten innerhalbeiner Anspruchskette, etwa bei der Durchführung komplexerGroßprojekte. Da die Schiedsvereinbarung lediglich die Parteienerfasst, die die Schiedsvereinbarung geschlossen haben, bedarf es25 Vgl. § 6.1, 7 DIS-SchO, Art. 4 Abs. 2, Abs. 5 ICC-SchO.26 Vgl. § 6 DIS-SchO („Klage“); Art. 4 ICC-SchO („Schiedsklage“).27 Zum Ganzen Münch in Münchener Kommentar ZPO, 3. Auflage 2008, § 1044 Rn. 29 f.28 Vgl. Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Auflage 2008, Rn. 767; wegendes Wortlauts des § 204 Nr. 11 BGB wird dies überwiegend bejaht, siehe etwa Wilke, RIW 2007,189, 193 mwN.29 Voit in Musielak ZPO, 9. Auflage 2012, § 1044 Rn. 6.240<strong>Iurratio</strong>Ausgabe 4 / 2012

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