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Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

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Schwerpunktanwendbare nationale Recht zu bestimmen. Haben die Partien denSchiedsort zum Beispiel in Deutschland, oder einer bestimmtenStadt in Deutschland gewählt, so sind auf das Verfahren die Vorschriftendes zehnten Buchs der ZPO anzuwenden. Zudem richtetsich die örtliche Zuständigkeit der staatlichen Gerichte nach demSchiedsort (§ 1062 ZPO). Der Ort, an dem die mündlichen Verhandlungenstattfinden, kann mit dem Schiedsort übereinstimmen,jedoch auch losgelöst vom Schiedsort gewählt werden (§ 1043 Abs. 2ZPO). Parteien die mit dem Schiedsort Frankfurt implizit die Anwendbarkeitder Vorschriften des Zehnten Buchs der ZPO vereinbart haben,können durchaus einvernehmlich festlegen, sich für die mündlichenVerhandlungen in der Schweiz zu treffen.2. ANwENdBArES rEchtBei der Wahl des materiellen Rechts können sich die Parteien nebenstaatlichen Rechtsordnungen auch für nichtstaatliches Recht (softlaw) entscheiden oder das Schiedsgericht zur Entscheidung nachBilligkeit ermächtigen (§ 1051 ZPO). Das von den Parteien gr<strong>und</strong>sätzlichfrei wählbare für die Entscheidung in der Sache anwendbareRecht ist jedoch vom anwendbaren Schiedsverfahrensrecht zu unterscheiden,das sich nach dem Schiedsort richtet.3. Ad-hoc odEr iNStitUtioNEllES SchiEdSvErFAhrENIn der Schiedsvereinbarung können die Parteien auch regeln, ob sieihre Streitigkeiten auf Gr<strong>und</strong>lage der Regeln einer von den Parteienzu benennenden Schiedsinstitution, oder im Wege eines sogenanntenAd-hoc Verfahrens, also eines Verfahrens ohne Administrationdurch eine Schiedsinstitution, austragen wollen (s. ausführlich untenF.). Entscheiden sich die Schiedsparteien für ein institutionelles Verfahren,bieten die jeweiligen Schiedsinstitutionen Formulierungsbeispielefür eine Schiedsvereinbarung. <strong>Die</strong>se sollten von den Parteienregelmäßig übernommen werden, um nachträgliche Streitigkeitenüber Wirksamkeit <strong>und</strong> Reichweite der Schiedsvereinbarung zu vermeiden.iii. rEchtSNAtUr dEr SchiEdSvErEiNBArUNG<strong>Die</strong> Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung wird unterschiedlich beurteilt.Eine Ansicht qualifiziert die Schiedsvereinbarung rein prozessual,wohingegen andere in der Schiedsvereinbarung einen materiellenVertrag über prozessrechtliche Beziehungen sehen. 16 Eine vermittelndeAnsicht nimmt einen gemischten Vertrag an, der sowohlprozessuale als auch materielle Elemente in sich vereint. Durchgesetzthat sich mittlerweile wohl die Ansicht, die eine Schiedsvereinbarungtrotz materiell-rechtlicher Nebenpflichten als Prozessvertragqualifiziert. 17iv. wirKSAMKEitSvorAUSSEtZUNGEN dEr SchiEdSvErEiN-BArUNGEine Schiedsvereinbarung schließt eine Entscheidung durch diesonst zuständigen staatlichen Gerichte nur dann aus, wenn sie bestimmteWirksamkeitsvoraussetzungen erfüllt. Hierzu muss dieSchiedsvereinbarung zunächst ein bestimmtes Rechtsverhältnis bezeichnen(sog. Bestimmtheitserfordernis). 18 Es ist daher ratsam, denAnwendungsbereich der Schiedsvereinbarung möglichst weit zu16 Voit, in: Musielak, ZPO, § 1042, Rn. 3.17 BGH NJW 2009, 1962, 1964 mwN.18 Etwa Lachmann, SchiedsVZ 2003, 28, 29.fassen, um künftige Streitigkeiten über den Umfang der Schiedsvereinbarungzu vermeiden. Weiterhin ist bei der Frage der Wirksamkeiteiner Schiedsvereinbarung zwischen formellen <strong>und</strong> materiellenUnwirksamkeitsgründen zu differenzieren. In formeller Hinsichtgenügt für Schiedsverfahren mit Schiedsort in Deutschland gr<strong>und</strong>sätzlichjede Form der Nachrichtenübermittlung, die den Nachweiseiner Schiedsvereinbarung sicherstellt. Allerdings ist bei Beteiligungeines Verbrauchers nach § 1031 Abs. 5 ZPO eine eigenhändige Unterzeichnungauf einer Urk<strong>und</strong>e erforderlich, die nur die Schiedsvereinbarungenthält. Formfrei wirksam sind dagegen bloße Verfahrensregelungen,mit denen die Parteien die Ausgestaltung <strong>und</strong> denAblauf des Verfahrens vereinbaren können. In materiell-rechtlicherHinsicht gelten die allgemeinen Unwirksamkeitsgründe wie etwa die§§ 105 Abs. 1, 134, 138 BGB. Ein wichtiger Gr<strong>und</strong>satz in internationalenSchiedsverfahren, der sich in Deutschland in § 1040 Abs. 1S. 2 ZPO wiederfindet, ist die sog. Doctrine of Separability. <strong>Die</strong>sebestimmt, dass die Nichtigkeit des Hauptvertrages nicht die in ihmenthaltene Schiedsklausel erfasst, sodass § 139 BGB nicht gilt. Damitwird vermieden, dass bei Streit über die Wirksamkeit eines Vertragesautomatisch auch ein Schiedsverfahren über diese Streitfrage ausgeschlossenwäre oder zumindest ebenfalls im Streit stünde.Eine besondere Unwirksamkeit kann sich auch aus der fehlendenSchiedsfähigkeit ergeben. 19 Hierbei wird zwischen objektiver <strong>und</strong>subjektiver Schiedsfähigkeit unterschieden. Nach § 1030 Abs. 1ZPO ist die objektive Schiedsfähigkeit bei vermögensrechtlichenAnsprüchen gr<strong>und</strong>sätzlich gegeben <strong>und</strong> weiterhin dann, wenn dieAnsprüche Gegenstand eines Vergleichs sein können. <strong>Die</strong> subjektiveSchiedsfähigkeit (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 a ZPO) regelt die Fähigkeit einerPartei, eine Schiedsvereinbarung abzuschließen <strong>und</strong> liegt regelmäßigbei Rechts- <strong>und</strong> Geschäftsfähigkeit der handelnden Personen vor.v. wirKUNG dEr SchiEdSvErEiNBArUNGEine wirksame Schiedsvereinbarung hat zur Folge, dass der Beklagtenvor einem staatlichen Gericht die Schiedseinrede gegen die Zulässigkeitder Klage erheben kann (§ 1032 ZPO) (hierzu ausführlichersogleich unter E.I.). Bei der Wirkung einer Schiedsvereinbarung istzu beachten, dass diese gr<strong>und</strong>sätzlich lediglich die Parteien bindet.Allerdings ist nach dem Gr<strong>und</strong>satz des § 401 BGB eine Übertragungder Schiedsvereinbarung durch Einzel– oder Gesamtrechtsübertragungmöglich. Eine Erstreckung der Schiedsbindung auf verb<strong>und</strong>eneUnternehmen (group of companies doctrine) wird von deutschenGerichten hingegen abgelehnt.E. ZUStäNdiGKEit dES SchiEdSGErichtS UNd PrüFUNGdUrch diE StAAtlichEN GErichtEBereits bei Beginn des schiedsgerichtlichen Verfahrens können Fragenüber die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts oder der staatlichenGerichte auftreten. Wie ausgeführt, ist die Zuständigkeit einesSchiedsgerichts gr<strong>und</strong>sätzlich dann gegeben, wenn zwischen denParteien über den Streitgegenstand eine wirksame Schiedsvereinbarungabgeschlossen wurde (§§ 1029, 1032 ZPO). <strong>Die</strong> Wirksamkeit<strong>und</strong> Reichweite der Schiedsvereinbarung ist bei Beginn eines Verfahrenszwischen den Parteien häufig streitig. Anerkannt ist zunächst,dass dem Schiedsgericht eine sog. Kompetenz-Kompetenz zur Prüfungder eigenen Zuständigkeit zukommt (§ 1040 Abs. 1 S. 1 ZPO).Eine solche Kompetenz muss gesetzlich begründet sein <strong>und</strong> kannsich nicht lediglich aus der Schiedsvereinbarung ergeben. Ansonsten19 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Auflage 2008, S. 598, Rn. 278 ff.238<strong>Iurratio</strong>Ausgabe 4 / 2012

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