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Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

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Schwerpunktter den Streitparteien sein Schlichtungs- oder Vergleichsergebnis zurAnnahme vorlegt, ohne aber den Streit bindend zu entscheiden. Abzugrenzenist schließlich auch das Schiedsgutachten (§§ 317 ff. BGB),das eine einzelne Sach- oder Rechtsfrage (etwa das Bestehen einesMangels oder des Verschuldens) eines Streitkomplexes, nicht aberden Streit selbst, verbindlich klärt <strong>und</strong> auf einem speziellen Schiedsgutachtenvertragder Parteien beruht.c. vortEilE UNd BESoNdErhEitEN dEr SchiEdSGErichtS-BArKEit GEGENüBEr vErFAhrEN vor StAAtlichEN GErichtENEs gibt viele Gründe für die Parteien, gerade bei grenzüberschreitendenStreitigkeiten den Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit zuvereinbaren. <strong>Die</strong> Vorteile <strong>und</strong> Besonderheiten werden nachfolgendkurz dargestellt.i. vortEilEInsbesondere bei internationalen Sachverhalten haben Schiedsverfahrenals Konfliktlösungsmechanismus gegenüber Verfahren vorstaatlichen Gerichten regelmäßig erhebliche Vorteile. 6 Im Vergleichzur staatlichen Gerichtsbarkeit kann die Schiedsgerichtsbarkeit beisachgerechter Verfahrensgestaltung der schnellere <strong>und</strong> effizientereWeg der Streitbeilegung darstellen. 7 <strong>Die</strong> Parteien können das Verfahreneinvernehmlich auf den Streitgegenstand anpassen, wie sogleichbei den Besonderheiten (II.) näher erläutert wird. Hierdurchlassen sich insbesondere bei hohen Streitwerten Verfahrenskosteneinsparen. 8 Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ist der Wegvor Schiedsgerichte auch häufig deshalb die bevorzugte Option derStreitschlichtung, weil hiermit ein neutrales Forum gewählt werdenkann <strong>und</strong> keine Partei vor die Gerichte der anderen Partei ziehenmuss. 9 Hinzu kommt, dass ein Schiedsverfahren gegenüber demstaatlichen Verfahren teilweise als die schonendere, die Partei- <strong>und</strong>Geschäftsbeziehung weniger belastende Alternative gesehen wird.Im Gegensatz zu den meisten Verfahren vor staatlichen Gerichtenbedarf es in Schiedsverfahren auch keiner Vertretung durch Rechtsanwälte,wobei in der Praxis dennoch regelmäßig Rechtsanwälte dieParteivertretung übernehmen. Weiterhin werden die Nichtöffentlichkeitdes Verfahrens <strong>und</strong> regelmäßig auch die Vertraulichkeitspflichtder Beteiligten eines Schiedsverfahrens von den Parteien alszentrale Vorteile eines Schiedsverfahrens angesehen, 10 insbesonderewenn es darum geht, Geschäftsgeheimnisse zu schützen. Ein weiterergroßer Vorteil gegenüber staatlichen Gerichtsurteilen ist die fastweltweite erleichterte Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen aufGr<strong>und</strong>lage des New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung<strong>und</strong> Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1958 (nachfolgend„New Yorker Übereinkommen“). 11ii. BESoNdErhEitENSchiedsverfahren weisen gegenüber Verfahren vor staatlichenGerichten mehrere Besonderheiten auf. Zentrales Merkmal vonSchiedsverfahren ist die Freiheit der Schiedsparteien zur Gestaltungdes Verfahrens. 12 So ermöglicht der Gr<strong>und</strong>satz der Parteiautonomiedie Wahl besonders qualifizierter Personen als Schiedsrichter, dieWahl der Verfahrenssprache <strong>und</strong> des Ortes des Verfahrens. Zudem6 Vgl. Wolff, in: JuS 2008, 109.7 Schütze, Schiedsgericht <strong>und</strong> Schiedsverfahren, 5. Auflage 2012, S. 14.8 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Auflage 2008, Rn. 163.9 Ebbing, Private Zivilgerichte, 2003, S. 57 f.10 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Auflage 2008, Rn. 143 ff.11 BGBl 1961 II S. 121.12 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Auflage 2008, Rn. 3.können der Gegenstand der Streitentscheidung, die Reichweite derEntscheidungskompetenz des Schiedsgerichts <strong>und</strong> die nähere Ausgestaltungdes Verfahrens von den Parteien einvernehmlich oder überdie Wahl der anwendbaren Schiedsregeln bestimmt werden. Eineweitere Besonderheit von Schiedsverfahren ist das gr<strong>und</strong>sätzlicheFehlen von Berufungs- <strong>und</strong> Revisionsmöglichkeiten. 13 <strong>Die</strong>s ist einerder wichtigsten Gründe, warum man Schiedsverfahren häufig einekürzere Verfahrensdauer als Gerichtsverfahren zuspricht. 14Auch wenn zwischen den Parteien eine Schiedsvereinbarung besteht,ist die Parteiautonomie insoweit eingeschränkt, als die staatlichenGerichte zur Unterstützung <strong>und</strong> Kontrolle des Schiedsverfahrens zuständigbleiben. So können die staatlichen Gerichte bei der Bildungdes Schiedsgerichts (§ 1035 ZPO), bei der Beweisaufnahme (§ 1050ZPO) sowie bei Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes(§ 1041 ZPO) unterstützend tätig werden. Eine (begrenzte) Überprüfungdes Schiedsgerichts durch staatliche Gerichte findet schließlichim Rahmen des Aufhebungs- <strong>und</strong> Vollstreckbarerklärungsverfahrens(§§ 1059 ff. ZPO) statt.d. SchiEdSvErEiNBArUNG AlS GrUNdlAGE dES SchiEdSvEr-FAhrENSGr<strong>und</strong>lage jedes Schiedsverfahrens im Bereich von Wirtschaftsstreitigkeitenist die Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien, die imFolgenden näher betrachtet wird.i. AllGEMEiNES ZUr SchiEdSvErEiNBArUNGFür das deutsche Schiedsverfahrensrecht bestimmt § 1029 ZPO, dassdie Schiedsvereinbarung eine vertragliche Vereinbarung mit demInhalt darstellt, Streitigkeiten aus einem bestimmten Rechtsverhältnisendgültig unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit einerschiedsrichterlichen Entscheidung zu unterwerfen. Obwohl mit demAbschluss einer Schiedsvereinbarung gr<strong>und</strong>sätzlich der Verzicht aufden staatlichen Rechtsschutz verb<strong>und</strong>en ist, ist die Vereinbarkeiteiner solchen Vereinbarung mit Art. 92 GG anerkannt, weil dieserArtikel nur die staatliche Rechtsprechung betrifft <strong>und</strong> kein Rechtsprechungsmonopoldes Staates begründet. 15ii. wEitErE rEGlUNGSMöGlichKEitEN iN dEr SchiEdSvEr-EiNBArUNGIn einer Schiedsvereinbarung können die Parteien neben dem Ausschlusseiner Entscheidung durch die zuständigen staatlichen Gerichteden Schiedsort, die Besetzung des Schiedsgerichts, die Sprachedes Verfahrens <strong>und</strong>, soweit nicht schon anderweitig geschehen, dasanwendbare materielle Recht regeln.1. SchiEdSortGerade in Verfahren mit ausländischen Beteiligten ist es ratsam, denOrt des schiedsrichterlichen Verfahrens bereits in der Schiedsvereinbarungfestzulegen. Denn dieser bestimmt nicht etwa in ersterLinie, wie man vielleicht zunächst meinen könnte, den Ort an demdie Schiedsverhandlung stattfinden soll. Der Schiedsort ist ein juristischesKonzept, das es erlaubt, in internationalen Sachverhaltenmit mehreren Anknüpfungspunkten das auf das Schiedsverfahren13 Hierzu etwa Harbst, SchiedsVZ 2007, 22 ff.14 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Auflage 2008, Rn. 155 ff.15 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Auflage 2008, S. 598, Rn. 228 ff.<strong>Iurratio</strong>Ausgabe 4 / 2012237

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