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Algebraische Modelltheorie

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<strong>Algebraische</strong> <strong>Modelltheorie</strong>Volker WeispfenningSkriptum einer Vorlesung,gehalten im Wintersemester 1995/96an der Universität Passau.Ausgearbeitet und ergänzt von Matthias Aschenbrenner.


InhaltsverzeichnisVorwortvKapitel 1. Was ist <strong>Modelltheorie</strong>? 1Kapitel 2. Grundlegende Vereinbarungen. Der Kompaktheitssatz 52.1. Voraussetzungen 52.2. Notation 52.3. Modell- und Folgerungsbeziehung 62.4. Kompaktheitssatz und Varianten 62.5. Vollständigkeit und Entscheidbarkeit 82.6. Umgang mit Konstanten 82.7. Einige Definitionen. Theorien und elementare Klassen 10Kapitel 3. Persistenz und die Diagrammethode 133.1. Persistenz und Abschlüsse von Formelmengen 133.2. Elementare Erweiterungen 153.3. Eine naive Vermutung zur Persistenz 163.4. Das Diagrammlemma 183.5. Das Kriterium von Henkin 193.6. Charakterisierung von Φ-Erweiterungen 203.7. Der erste Persistenzsatz 223.8. Drei lokale Sätze aus der Gruppentheorie 26Kapitel 4. Modellvollständigkeit 314.1. Robinsons Test 314.2. Algebraisch abgeschlossene Körper 324.3. Axiomatisierung modellvollständiger Klassen 354.4. Induktive Strukturklassen. Der Erhaltungssatz von Lyndon 364.5. Vollständigkeit 394.6. Algebraisch abgeschlossene Körper fester Charakteristik 41Kapitel 5. Substrukturvollständigkeit und Quantorenelimination 455.1. Der zweite Persistenzsatz 455.2. Substrukturvollständigkeit und Quantorenelimination 485.3. Q.E. für algebraisch abgeschlossene Körper 515.4. Effektive Q.E. für algebraisch abgeschlossene Körper 515.5. Übertragungsprinzipen für algebraisch abgeschlossene Körper 535.6. Die Amalgamierungseigenschaft 615.7. Der Satz von Macintyre-McKenna-van den Dries ∗ 63Kapitel 6. Reell abgeschlossene Körper 65iii


6.1. Angeordnete Körper und reelle Abschlüsse 656.2. Polynomfunktionen in reell abgeschlossenen Körpern 726.3. Sturmsche Ketten 756.4. Der Satz von Tarski-Seidenberg 806.5. Ein Satz von van den Dries ∗ 846.6. Semialgebraische Mengen und Funktionen 886.7. Der reelle Nullstellensatz. Zwei Sätze von Lang 996.8. Die Lösung des 17. Hilbertschen Problems 105Kapitel 7. Existentiell abgeschlossene und generische Strukturen 1097.1. Motivation. Der Eindeutigkeitssatz 1097.2. Ein Existenzsatz für generische Strukturen 1127.3. Modelltheoretisches Erzwingen 1157.4. Modellbegleiter und Modellvervollständigung 1227.5. Existentiell abgeschlossene kommutative Ringe 1277.6. Semiprime Ringe ∗ 1307.7. Existentiell abgeschlossene Gruppen 1387.8. Existentielle Abgeschlossenheit und Q.E. für Moduln ∗ 1487.9. Vollständige Q.E. für Moduln ∗ 1707.10. Abelsche Gruppen ∗ 178Kapitel 8. Modelltheoretische Resultanten 1918.1. Existenzsätze für infinitäre Resultanten 1938.2. Infinitäre Axiomatisierungen generischer Klassen 1968.3. Existenzsätze für endliche Resultanten 1998.4. Einfache Strukturen 2018.5. Anwendung: Existentiell abgeschlossene Gruppen 2038.6. Ein abstrakter Nullstellensatz ∗ 204Kapitel 9. Ultraprodukte 2119.1. Filter und Ultrafilter 2119.2. Reduzierte Produkte, Ultraprodukte, Ultrapotenzen 2149.3. Beweis des Kompaktheitssatzes. Eigenschaften von Ultraprodukten 2179.4. Löwenheim-Skolem-Sätze und Kategorizität 2239.5. Topologisches zum Raum der Modelle 2289.6. Ein Beispiel eines Nichtstandardbeweises ∗ 238Literaturverzeichnis 241iv


VorwortEs ist nicht ungewöhnlich, daß aus der Mitschrift eines Hörers einer Vorlesung einmehr oder weniger knappes Skript entsteht, das als eine Stütze bei der Wiederholungdes Stoffes dienen kann.Das hier vorliegende Skript von M. Aschenbrenner zu meiner Vorlesung imWS 1995/96 sprengt diesen Rahmen in vieler Hinsicht. Herr Aschenbrenner hatnicht nur das Gerüst der Definitionen, Beispiele und Resultate mit ausführlichen(sowohl inhaltlichen als auch historischen) Motivationen aufgefüllt. Er hat das Materialder begleitenden Übungen in das Skript integriert und selbständig die relevanteLiteratur durchforstet. Große Teile daraus, die ich aus Zeitgründen weggelassenhabe, oder um die Vorkenntnisse der Hörer nicht zu sehr zu strapazieren (sowohlim Bereich der <strong>Modelltheorie</strong> als auch der Algebra), sind zum Stoff der Vorlesunghinzugekommen. Schließlich wurde ein umfassendes Literaturverzeichnis angefügt.Aus dem ganzen Skript spricht die Begeisterung des abfassenden Autors fürdie Algebra, <strong>Modelltheorie</strong> und die strukturelle Sichtweise der Mathematik im allgemeinen.Der Stoff der Vorlesung beschränkt sich auf die heute weitgehend ”klassischen“Begriffe und Resultate vor 1980 aus dem Dunstkreis der A. Robinsonschen Sichtder <strong>Modelltheorie</strong>. Vieles davon ist heute Lehrbuchstoff geworden. Eine Ausnahmebildet vielleicht die bis heute zu wenig beachtete Theorie der modelltheoretischenResultanten, sowie die Betonung ”lokaler“ Persistenzsätze (vgl. [177]) gegenüberihren ”globalen“ Versionen Modellvollständigkeit und Substrukturvollständigkeit.Mein Dank gilt Herrn Matthias Aschenbrenner für sein unermüdliches Engagement,das zu diesem außergewöhnlichen Skript geführt hat, sowie Herrn MarkusSchweighofer für das Korrekturlesen.Volker Weispfenning,Passau, den 22. Mai 1996.Auch mein Dank an Markus Schweighofer für die Übernahme der überaus mühsamenAufgabe des Korrekturlesens, welche er mit der ihm eigenen akribischen Genauigkeiterfüllte; ohne seine Mithilfe wäre das Skriptum in dieser Form nicht denkbargewesen. Für verbleibende Fehler bin natürlich in Gänze ich selbst verantwortlich.M. A.v


KAPITEL 1Was ist <strong>Modelltheorie</strong>?<strong>Modelltheorie</strong> ist das Studium mathematischer Strukturen mittels der Methodender mathematischen Logik. Unter mathematischen Strukturen“ verstehen wir in”dieser Vorlesung hauptsächlich Strukturen der Algebra, also etwa Gruppen, Ringe,Körper, Moduln usw., nicht jedoch topologische Räume o.ä. Dies ist dadurchbedingt, daß wir uns auf der Seite der mathematischen Logik auf die Logik ersterStufe beschränken wollen, da ihre <strong>Modelltheorie</strong> besonders schöne Eigenschaftenbesitzt, die bei Logiken höherer Stufe in der Regel verloren gehen. (Dennoch sinddiese bedeutsam, da sie besser für die <strong>Modelltheorie</strong> von Strukturklassen wie dieder topologischen Räume geeignet sind.) Die algebraische <strong>Modelltheorie</strong> ist alsoim Überschneidungsbereich von Algebra und mathematischer Logik beheimatet;Chang-Keisler [2] schreiben schlagwortartig: <strong>Modelltheorie</strong> = Algebra + Logik“.”Was macht aber nun den spezifisch modelltheoretischen Zugang zur Algebraaus? Unter Algebra“ verstand man bis weit ins 19. Jahrhundert im wesentlichen”Techniken zur Lösung algebraischer Gleichungssysteme über konkret“ gegebenen”Rechenbereichen“ (wie Z, Q, R, C) mit endlichen exakten symbolischen Mitteln”— kurz das Bereitstellen von Werkzeugen zum Rechnen. (Der Schwerpunkt lagauf algorithmischen Fragen.) Diese Auffassung wandelte sich, mit dem genialenVorläufer E. Galois, in einem Zeitraum von etwa fünfzig Jahren um die Jahrhundertwendeunter dem Einfluß der Arbeiten von R. Dedekind, D. Hilbert, E. Steinitz,E. Noether und vieler anderer grundlegend. Mit dem Erscheinen der ersten Auflageder Modernen Algebra von B. van der Waerden im Jahr 1910 [39] manifestiertsich die moderne“, wie man sagen könnte strukturelle Sichtweise der Algebra zum”ersten Mal in Form eines Lehrbuchs; der Verfasser bezieht sich ausdrücklich aufdie Vorlesungen von Emmy Noether und Emil Artin. (Später führte diese strukturelleMethodik durch N. Bourbaki auch in anderen Gebieten der Mathematikzu einer vollständig neuen Grundlegung.) Algebra war nun (und ist bis heute) dieUntersuchung abstrakt“ gegebener algebraischer Strukturen mit Hilfe der axiomatischenMethode sowie die Klassifizierung solcher Strukturen bis auf Isomorphie.”Isomorphe Strukturen sind bekanntlich von ihren algebraischen Eigenschaften herununterscheidbar, auch wenn sie über weitere, in diesem Sinne nicht algebraische“”Eigenschaften verfügen, bzgl. derer sie durchaus sehr verschieden sein können, z.B.:Jede endliche Gruppe der Ordnung p, p Primzahl, ist isomorph zu Z/pZ. Oder:Vermöge der exp-Funktion ist (R, 0, +) ∼ = (R >0 , 1, ·).Historisch nahezu parallel zur Entwicklung der modernen Algebra ist die dermathematischen Logik. (Die grundlegenden Arbeiten stammen dabei von G. Frege,D. Hilbert, B. Russell, A. N. Whitehead, K. Gödel, A. Church, A. Tarski u.v.a.)In der mathematischen Logik wird die durch den strukturellen Gesichtspunkt inder Algebra so zentral gewordene axiomatische Methode und der Beweisbegriff ansich mit mathematischen Mitteln untersucht: Man führt eine formale Sprache zur1


Notation mathematischer Sachverhalte ein, definiert einen Folgerungs- und Erfüllbarkeitsbegriff,einen Deduktionskalkül usw. In Bezug auf die Algebra ergibt sichdamit z.B. die Möglichkeit, algebraische Eigenschaften durch Sätze in einer formalisiertenSprache, etwa in der Logik erster Stufe, auszudrücken, z.B. die Lösbarkeitvon Polynomgleichungen und -ungleichungen. (Eigenschaften, die dergestalt in derLogik erster Stufe formulierbar sind, nennt man elementar.) Mit Hilfe von Ergebnissenund Methoden der Logik kann damit etwa das Zusammenspiel zwischen dersyntaktischen Gestalt der Sätze und ihrer Semantik untersucht werden. Diese Ideeist der Anfang der <strong>Modelltheorie</strong>, die — mit Vorläufern wie L. Löwenheim, Th. Skolem,A. Tarski, A. I. Malcev — erstmals in voller Allgemeinheit von A. Robinsonin die Tat umgesetzt und in den fünfziger und sechziger Jahren von Robinson,Tarski und einer vielzahl weiterer zu einer umfangreichen Theorie ausgebaut wurde.1 Bis heute ist sie weiter sowohl in die Breite als auch in die Tiefe gewachsenund hat sich zu einer eigenständigen Disziplin in der Mathematik entwickelt. (DerAusdruck ”<strong>Modelltheorie</strong>“ erscheint zum ersten Mal bei Tarski [167].) Mit derFormalisierung algebraischer Aussagen einhergehend wird der ”Ununterscheidbarkeitsbegriff“in der Algebra von dem der Isomorphie zu dem der elementaren Äquivalenzzweier Strukturen vergröbert: Zwei Strukturen sind elementar äquivalent,wenn sie dieselben Sätze (der Logik erster Stufe) erfüllen. Isomorphe Strukturensind dann elementar äquivalent, i.a. gilt aber nicht die Umkehrung; elementar äquivalente,nicht-isomorphe Strukturen werden also im Lichte der Logik erster Stufe(und bzgl. einer Sprache der ersten Stufe) als äquivalent angesehen, auch wenn sievom algebraischen Standpunkt durchaus andere Eigenschaften haben können. (Inder Sprache der Kategorientheorie lautet das: Man geht von der Kategorie allerStrukturen und strukturerhaltendenden Abbildungen einer algebraischen Theorie,etwa der Gruppen und Gruppenhomomorphismen, über zu einer Kategorie mitdenselben Objekten und den sog. elementaren Abbildungen als Morphismen.)Damit haben wir einen Aspekt der (algebraischen) <strong>Modelltheorie</strong>, nämlich dieCharakterisierung algebraischer Strukturen bis auf elementare Äquivalenz, beleuchtet.Als weitere sind die Konstruktion von Strukturen mit gewissen vorgeschriebenenelementaren Eigenschaften mittels Substruktur-, Erweiterungs-, Kettenkonstruktionenoder Ultraproduktbildung usw. zu nennen. Ferner ergeben sich algorithmischeFragestellungen, wie sie sich als Entscheidungsprobleme in natürlicher Weisestellen: Vorgelegt eine Klasse K von Strukturen und eine elementare Aussage ϕüber solche Strukturen; kann ϕ entschieden werden, d.h. gibt es einen Algorithmus,der bei Vorlage von ϕ entscheidet, ob ϕ in allen Strukturen aus K gilt oder nicht?(Derartige Probleme werden wir in der Vorlesung jedoch nur am Rande behandeln.)Zentral für Anwendungen der <strong>Modelltheorie</strong> und mit dem ersten erwähntenGesichtspunkt verwandt ist die Schaffung neuer Beweisprinzipien für die Algebra.Wir werden z.B. später (in §4) beweisen, daß jeder algebraisch abgeschlosseneKörper K der Charakteristik 0 elementar äquivalent zum komplexen Zahlkörper Cist ( ”Lefschetz-Prinzip“). Um eine elementare Eigenschaft ϕ für einen (oder alle)algebraisch abgeschlossenen Körper K mit char(K) = 0 zu beweisen oder zu widerlegen,genügt es damit, dies für K = C zu tun, wo dies — unter der Verfügbarkeitmächtiger Hilfsmittel wie das der komplexen Funktionentheorie — eventuell wesentlicheinfacher vonstatten gehen kann. Wegen ihrer Ungewohntheit konnten sich1 Biographisches zu Robinson und Tarski findet man in [17] bzw. [79]; [71], [173] sind Teileeiner Serie von Artikeln im Journal of Symbolic Logic, die das Werk Tarskis würdigen.2


anfänglich nur wenige Mathematiker mit diesen neuen modelltheoretischen Beweismethodenund Begriffen anfreunden, gleichwohl die dadurch erzielten mathematischenErgebnisse durchaus Aufmerksamkeit erregten, wie die Arbeiten von J. Axund S. Kochen zur Artinschen Vermutung in der p-adischen Zahlentheorie (füreinen Überblick siehe [104]), der einfache modelltheoretische Beweis der Lösungdes 17. Hilbertschen Problems durch Robinson (vgl. §6.8) oder die Lösung des Problemsder Existenz eines invarianten Unterraums für polynomial kompakte Operatorenin der Hilbertraumtheorie durch Bernstein-Robinson zeigen. ([52]; vgl. auchden Übersichtsartikel [119].) Der bekannte Mathematiker P. Halmos drückt diesesUnbehagen in seiner Autobiographie ([186], S. 204) sehr dezidiert so aus:And, finally, logicians point proudly to a handful of mathematicaltheorems whose first proof used the techniques of formallogic; the one nearest to my work is the Bernstein-Robinsonresult concerning invariant subspaces of polynomially compactoperators. [. . . ] The logic proofs of mathematics theorems, allof them as far as I know, are dispensable: they can be (and theyhave been) replaced by proof using the language and techniquesof ordinary mathematics. The Bernstein-Robinson proofuses non-standard models of higher order predicate languages,and when Abby (Abraham Robinson’s nickname) sent me hispreprint I really had to sweat to pinpoint and translate its mathematicalinsight. Yes, I sweated, but, yes, it was a mathematicalinsight and it could be translated. The paper didn’t convinceme (or anyone else?) that non-standard models shouldforthwith be put into every mathematician’s toolkit; it showedonly that Bernstein and Robinson were clever mathematicianswho solved a difficult problem, using a language they spokefluently. If they had done it in Telegu instead, I would havefound their paper even more difficult to decode, but the extradifficulty would have been one of degree, not of kind.Inzwischen ist diese Ansicht aber wohl kaum mehr haltbar: ModelltheoretischeSchlußweisen sind in einer Reihe von Gebieten der Mathematik im Einsatz, und dassehr junge Feld der reellen algebraischen Geometrie hat sie geradezu in ihr Fundamentaufgenommen (vgl. [55], [66]). Ein berühmtes Beispiel für die Schlagkraftsolcher Beweisprinzipien ist das folgende: Sei R ein reell abgeschlossener Körper(vgl. §6) und D eine (nicht notwendig assoziative) Divisionsalgebra über R, d.h. eineR-Algebra, in der die Division eindeutig ausführbar ist. (Beispiele über demKörper R sind R mit dim R R = 1, C mit dim R C = 2 oder die QuaternionenalgebraH mit dim R H = 4.) Dann ist stets dim R D ∈ {1, 2, 4, 8}. Dieser Satz für R = Rist ein tiefliegendes topologisches Resultat und als Satz von Kervaire-Milnor (1958)bekannt. (Über reelle Divisionsalgebren informiere sich der interessierte Leser indem ausgezeichneten Artikel von Hirzebruch-Koecher-Remmert in [184], S. 147–252, hier insbesondere Kap. 11). Für beliebige reell abgeschlossene Körper ist esbis heute nicht gelungen, einen rein algebraischen Beweis dieser Aussage zu führen.Mittels etwas <strong>Modelltheorie</strong> ergibt sie sich jedoch wegen der bekannten Gültigkeitfür R = R aus einem zum Lefschetz-Prinzip analogen Satz von Tarski, dem wir in§6 begegnen werden. Nach [55] ein ”mit überlegenen mathematischen Methodengeführter Beweis [welcher] nichts zu wünschen übrigläßt.“3


KAPITEL 2Grundlegende Vereinbarungen. DerKompaktheitssatz2.1. VoraussetzungenFür die Lektüre dieses Skripts setzen wir beim Leser eine gewisse Vertrautheitmit den Grundbegriffen und wesentlichen Resultaten der mathematischen Logikund universellen Algebra voraus, etwa im Umfang von [25], darüber hinaus — ingeringerem Maße — mit einigen Konzepten der ”klassischen“ Algebra (vgl. dazueventuell [31], [34], [39]). (Abschnitte, die weitergehendes Vorwissen erfordern, sindmit einem Stern gekennzeichnet; sie können ohne Schaden überlesen werden.)Insbesondere sollte der Leser auf der syntaktischen Seite parat haben, was manunter einer Sprache L der Prädikatenlogik erster Stufe und Termen, Formeln undSätzen über L versteht, und wie konjunktive, disjunktive und pränexe Normalformenvon L-Formeln aufgebaut sind. Auf semantischer Seite sollte der Begriff derL-Struktur, des Homomorphismus zwischen L-Strukturen und der Striktheit von Homomorphismengeläufig sein, und im Hinblick auf den Übergang zwischen Syntaxund Semantik die Definition der Modellbeziehung, des semantischen Folgerungsbegriffs(s.u.), der Erfüllbarkeit von Formeln und die Sätze über die Überführbarkeitvon Formeln in die genannten Normalformen.Gelegentlich wird im Zusammenhang mit den einleitend bereits erwähnten algorithmischenAspekten der <strong>Modelltheorie</strong> auch auf die einfachsten Begriffsbildungen,etwa rekursive Aufzählbarkeit oder Entscheidbarkeit, aus der Berechenbarkeitstheoriezurückgegriffen. Wir werden durchgehend die Church’sche These bemühen undEntscheidungs- bzw. Aufzählungsverfahren lediglich informell spezifizieren.An einigen Stellen werden Begriffe der Booleschen Algebra wie der eines (distributiven)Verbands, einer Booleschen Algebra usw. verwendet; der Leser kann sich,so sie ihm noch nicht vertraut sind, darüber in [40] informieren. Über KardinalundOrdinalzahlen wird (in naiver Art und Weise) ebenfalls verfügt; vgl. dazu eventuell[16], §7 oder [185].2.2. NotationEinige Bemerkungen vorweg zur Notation: Wir bezeichnen Terme mit t, t ′ , . . . ,Formeln durch ϕ, ψ, ϑ, . . . , Strukturen durch A, B, C usw. und ihre Universendurch A, B bzw. C, usw. Die Substrukturbeziehung zwischen L-Strukturen A und Bnotieren wir als A ⊆ B. Ist A eine L-Struktur und B eine Menge, so bezeichne L(B)die um Konstantensymbole b für alle Elemente b ∈ B erweiterte Sprache L. (Späterwerden wir des öfteren nicht mehr streng zwischen den formalen Symbolen b undden Elementen b ∈ B unterscheiden.) Ferner sei (A, B) die zugehörige Expansion5


von A zu einer L(B)-Struktur durch b (A,B) := b für alle b ∈ B; dual dazu sei C|Ldie Restriktion einer L(B)-Struktur C auf die Sprache L.Wir treffen folgende Vereinbarung: In allgemeinen modelltheoretischen Betrachtungen(Definitionen, Beweisen usw.) wollen wir genau zwischen einer StrukturA und ihrem Universum A sowie zwischen den Operationssymbolen f und ihrerInterpretation f A bzgl. A unterscheiden; befassen wir uns jedoch mit speziellenalgebraischen Strukturen, so schließen wir uns dem in der Mathematik üblichenSprachgebrauch an und trennen nicht mehr zwischen Struktur und Trägermengebzw. Operationssymbol und Operation; so bezeichne z.B. Q sowohl den Körper Qder rationalen Zahlen als auch dessen Universum Q.Sei ϕ eine L-Formel; wir schreiben ϕ(x 1 , . . . , x n ) für eine zu ϕ gehörige erweiterteFormel mit Variablen x 1 , . . . , x n ; dies soll andeuten, daß die x 1 , . . . , x npaarweise verschieden und die in ϕ frei vorkommenden Variablen in der Menge{x 1 , . . . , x n } enthalten sind. Sind t i Terme und x i paarweise verschiedene Variablenüber L (1 ≤ i ≤ n, n ∈ N), so notieren wir die simultane Substitution der t ifür die x i in der Form ϕ[t 1 /x 1 , . . . , t n /x n ].Die Kardinalzahl einer Menge M notieren wir als card(M), im Fall endlicherMengen auch als |M|. Ist κ eine Kardinalzahl, so sei κ + die kleinste Kardinalzahl> κ. ℵ 0 ist die erste unendliche Kardinalzahl. Die Potenzmenge von M wird als 2 Mgeschrieben. Die natürlichen Zahlen sind N = {1, 2, 3, . . . }, und N 0 ist {0, 1, 2, . . . }.2.3. Modell- und FolgerungsbeziehungIst ϕ eine Formel in L, so schreiben wir die Modellrelation als A |= ϕ; daß eine Formelϕ in allen L-Strukturen wahr (also allgemeingültig) ist, notieren wir als |= ϕ.Wir legen (im Einklang mit [25]) folgenden semantischen Folgerungsbegriff zugrunde:Ist Φ eine Menge von Formeln in L (bzw. K eine Klasse von L-Strukturen), soschreiben wir Φ |= ϕ (bzw. K |= ϕ), falls ϕ in allen Modellen von Φ gilt (bzw. ϕin allen Strukturen A ∈ K erfüllt ist). Ausführlich heißt dies im Fall Φ: Für jedeL-Struktur A gilt: Wenn A |= Φ, so A |= ϕ. Zum Beispiel gilt also mit ϕ := (x = z),ψ := (x = y) zwar {ψ} |= ϕ, aber nicht |= ψ → ϕ.Zum Zusammenhang zwischen Substitution und Modellrelation: Wir schreibenfür eine L-Struktur A, a 1 , . . . , a n ∈ A, paarweise verschiedene Variablen x 1 , . . . , x nund eine L-Formel ϕ(x 1 , . . . , x n ) im folgenden öfters kurz nur A |= ϕ(a 1 , . . . , a n )für (A, A) |= ϕ[a 1 /x 1 , . . . , a n /x n ].Übung. Eine Übung zur Wiederauffrischung: Sei Q der Körper der rationalenZahlen bzgl. der Sprache L = {0, 1, +, −, ·}. Gibt es eine erweiterte L-Formel ϕ(x)derart, daß für alle q ∈ Q gilt: q ≥ 0 ⇔ Q |= ϕ(q)? Hinweis: Jede natürlicheZahl kann als Summe von vier Quadraten natürlicher Zahlen geschrieben werden( ”Vierquadratesatz“).2.4. Kompaktheitssatz und VariantenSei im folgenden L eine feste Sprache erster Stufe.— Unser wesentliches Hilfsmittelbeim Aufbau der <strong>Modelltheorie</strong> wird das als Kompaktheitssatz bekannte Resultatsein, daß sich sehr leicht aus dem in der mathematischen Logik bewiesenen GödelschenVollständigkeitssatz [80], [107] ergibt; informell lautet dieser wie folgt (füreine exakte Fassung und Beweis vgl. [25], Satz 2.4.5 oder [20]):6


Gödelscher Vollständigkeitssatz. Es gibt ein System logischer Axiomeund Regeln, das zu einer gegebenen Formelmenge Φ genau alle semantischen Folgerungenaus Φ aufzählt.□Damit erhält man, da der dabei verwendete syntaktische Beweisbegriff finitärist, unmittelbar (vgl. etwa [25], Satz 2.4.7):Kompaktheitssatz. Sei Φ eine Menge von L-Formeln, ϕ eine L-Formel. Giltdann Φ |= ϕ, so existiert eine endliche Teilmenge Φ ′ ⊆ Φ mit Φ ′ |= ϕ. □Es sei an dieser Stelle erwähnt, daß der Kompaktheitssatz auch ohne Zuhilfenahmeeines logischen Kalküls auf rein semantischer Ebene sehr elegant mittelseiner Ultraproduktbildung bewiesen werden kann; wir werden einen solchen Beweisin §9 kennenlernen.Ferner erhalten wir aus dem Vollständigkeitssatz folgendes Korollar, das manauch als eine ”abstrahierte“ Version dieses Satzes bezeichnen könnte:Korollar 2.4.1. Sei L abzählbar und effektiv gegeben, Φ eine rekursiv aufzählbareMenge von Formeln. Dann ist auch die Menge {ϕ : Φ |= ϕ} aller semantischenFolgerungen aus Φ rekursiv aufzählbar.Beweis. Sei {φ n } n∈N eine rekursive Aufzählung von Φ. Da L abzählbar undeffektiv gegeben ist, ist die Menge der syntaktisch korrekten L-Formeln abzählbarund rekursiv aufzählbar; sei {ϕ n } n∈N eine rekursive Aufzählung dieser Menge. Wirgehen nach dem bekannten “dove-tailing”-Algorithmus vor: Sei Φ n (n ∈ N) dieMenge der ersten n Formeln von Φ, d.h. Φ n = {φ m : m ≤ n}. Damit generiereman für n = 1, 2, 3, . . . sukzessive mit dem gemäß Vollständigkeitssatz existierendenvollständigen und korrekten Kalkül eine endliche Aufzählung aller Beweise derLänge n mit Voraussetzungen aus Φ n , die höchstens die Formeln ϕ 1 , . . . , ϕ n enthalten,und notiere die jeweilige Endformel.□Gelegentlich sind Umformulierungen des Kompaktheitssatzes leichter anzuwenden;wir werden v.a. die Varianten aus den folgenden beiden Korollaren verwenden.Korollar 2.4.2. Sei Φ eine Menge von L-Formeln. Falls Φ kein Modell besitzt,so existiert ein endliches Φ ′ ⊆ Φ, so daß auch Φ ′ kein Modell besitzt.Beweis. Besitze Φ kein Modell. Wähle nun etwa ϕ := ¬(x = x). Dann gilttrivialerweise Φ |= ϕ; also existiert nach dem Kompaktheitssatz ein endliches Φ ′ ⊆Φ mit Φ ′ |= ϕ, d.h. Φ ′ hat kein Modell.□Oft ist es nützlich, den Formelbegriff etwas weiter zu fassen und auch beliebige(auch unendliche) Konjunktionen und Disjunktionen zuzulassen: Sei {ϕ i } i∈I eineFamilie von L-Formeln (I eine beliebige Indexmenge) mit zugehörigen Erweiterungenϕ i (x 1 , . . . , x n ). Dann nennen wir Formeln der Art∧ ∨ϕ i ,i∈IL ∞ -Formeln, und definieren deren Semantik wie folgt: Sei A eine L-Struktur,a 1 , . . . , a n ∈ A; dann gelte( ) ∧ϕ ii∈IA |=i∈Iϕ i(a 1 , . . . , a n ),7


falls für alle i ∈ I gilt: A |= ϕ i (a 1 , . . . , a n ), und( ) ∨ϕ ii∈IA |=(a 1 , . . . , a n ),falls es ein i ∈ I gibt derart, daß A |= ϕ i (a 1 , . . . , a n ). (Insbesondere werden Konjunktionenmit leerer Indexmenge stets als wahr, Disjunktionen mit leerer Indexmengestets als falsch interpretiert.)Durch den Übergang von einer Sprache L der Logik erster Stufe zu L ∞ erzielenwir einen Zugewinn an Ausdrucksstärke (vgl. Übung nach Def. 2.7.2). In der Situationder folgenden Version des Kompaktheitssatzes handelt es sich jedoch lediglichum eine Möglichkeit zur suggestiveren Notation:Korollar 2.4.3. Sei Φ eine Menge von L-Sätzen, {ϕ i } i∈I eine Familie von L-Sätzen. Gilt Φ |= ∨ i∈I ϕ i, so existiert ein endliches J ⊆ I mit Φ |= ∨ i∈J ϕ i. (Manbeachte: Bei der letztgenannten Disjunktion handelt es sich um eine L-Formel.)Beweis. Nach Voraussetzung hat Φ∪{¬ϕ i : i ∈ I} kein Modell. Mit Kor. 2.4.2folgt: Es gibt ein endliches J ⊆ I derart, daß Φ ∪ {¬ϕ i : i ∈ J} kein Modell hat,d.h. Φ |= ∨ i∈J ϕ i.□Wir definieren:2.5. Vollständigkeit und EntscheidbarkeitDefinition 2.5.1. Eine Menge Φ von L-Formeln heißt vollständig, falls fürjeden L-Satz ϕ gilt: Φ |= ϕ oder Φ |= ¬ϕ. Φ heißt entscheidbar, falls die Mengealler semantischen Folgerungen aus Φ entscheidbar (rekursiv) ist.Den Zusammenhang zwischen Vollständigkeit und Entscheidbarkeit einer widerspruchsfreienFormelmenge beleuchtet der folgende Satz. (Vgl. auch Def. 2.7.2in §2.7.)Satz 2.5.2. Sei Φ eine rekursiv aufzählbare und vollständige Formelmenge.Dann ist Φ entscheidbar.Beweis. Falls Φ inkonsistent ist, so ist Φ trivialerweise entscheidbar; sei alsonun Φ konsistent. Sei {ϕ i } i∈N eine rekursive Aufzählung der Folgerungen von Φ. Seiϕ eine beliebiger L-Satz. Dann existiert wegen der Vollständigkeit von Φ ein i ∈ N,so daß ϕ = ϕ i oder ¬ϕ = ϕ i . Erzeuge nun ϕ 1 , ϕ 2 , ϕ 3 , . . . , bis einer der beiden Fälleeintritt. Dieses Verfahren entscheidet die Menge der semantischen Folgerungen ausΦ. □Übung. Man überlege sich, an welcher Stelle im zweiten Fall des vorstehendenBeweises die Voraussetzung der Widerspruchsfreiheit von Φ einging.2.6. Umgang mit KonstantenDas zeitweilige Erweitern einer vorgegebenen Sprache L um einige Konstantensymbole,etwa einer Teilmenge B ⊆ A der Trägermenge einer Struktur A, zu derSprache L(B) ermöglicht es, in den L(B)-Formeln spezifisch auf die Objekte derStruktur A Bezug zu nehmen; dieser freizügige Umgang mit um Konstanten angereicherten,dann eventuell überabzählbaren Sprachen ist ein Charakteristikum, dasdie <strong>Modelltheorie</strong> gegenüber der ”klassischen“ mathematischen Logik auszeichnet.8


Zudem sind Konstanten als Ersatz für freie Variablen in Formelmengen oft einfacherzu handhaben. Wir zeigen hier zwei zwar einfache, jedoch sehr praktischeSätze zur Handhabung von Konstanten; zunächst ein bereits aus [25] bekannterSatz (Theorem 2.4.2), eine Art semantisches Pendant des dort behandelten ”Deduktionstheorems“:Satz 2.6.1. Sei Φ eine Formelmenge in L, ϕ ein L-Satz, ψ eine L-Formel.Dann gilt:Φ ∪ {ϕ} |= ψ ⇔ Φ |= (ϕ → ψ)Beweis. Gelte zunächst Φ |= (ϕ → ψ). Sei ψ(x 1 , . . . , x n ) eine erweiterte Formelzu ψ. Sei A eine L-Struktur, a 1 , . . . , a n aus A. Gilt dann A |= Φ ∪ {ϕ}, soA |= (ϕ → ψ)(a 1 , . . . , a n ), und damit A |= ψ(a 1 , . . . , a n ). Da a = (a 1 , . . . , a n )beliebig aus A n war, gilt A |= ψ.Sei nun umgekehrt Φ∪{ϕ} |= ψ vorausgesetzt. Sei A eine L-Struktur, und gelteA |= Φ. Sei a 1 , . . . , a n ∈ A mit A |= ϕ(a 1 , . . . , a n ); dann folgt, da ϕ Satz ist, A |= ϕ,also A |= ψ(a 1 , . . . , a n ). Dies zeigt A |= (ϕ → ψ).□Nun zu den angekündigten Sätzen über den Umgang mit Konstanten:Satz 2.6.2. Sei Φ eine Formelmenge in L, ϕ eine L-Formel, und c 1 , . . . , c nseien L-Konstanten, die weder in Φ noch in ϕ vorkommen. Giltso folgtΦ |= ϕ[c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ],⎛⎛⎜⎜Φ |= ∀x 1 · · · ∀x n ⎝⎝∧1≤i,j≤nc i=c j⎞ ⎞⎟ ⎟x i = x j ⎠ → ϕ⎠ .Beweis. Sei A eine L-Struktur, und ϕ(x 1 , . . . , x n , y 1 , . . . , y m ) Erweiterung vonϕ. Betrachte die Stelle (a 1 , . . . , a n , b 1 , . . . , b m ) in A. Gelte A |= Φ und a i = a j für1 ≤ i, j ≤ n mit c i = c j . Man ändere nun A zu einer Struktur B durch Modifikationvon c A i : Setze cB i := a i für i = 1, . . . , n. (Dies ist offenbar wohldefiniert.) Danngilt immer noch B |= Φ, und daher B |= ϕ ( )c B 1 , . . . , c B n , b 1 , . . . , b m , also B |=ϕ(a 1 , . . . , a n , b 1 , . . . , b m ), und somit A |= ϕ(a 1 , . . . , a n , b 1 , . . . , b m ).□Korollar 2.6.3. Sei Φ eine Formelmenge in L, ϕ eine L-Formel, und seienc 1 , . . . , c n paarweise verschiedene L-Konstanten, die weder in Φ noch in ϕ vorkommen.Gilt Φ |= ϕ[c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ], so folgt Φ |= ∀x 1 · · · ∀x n (ϕ).□Korollar 2.6.4. Sei Φ eine Formelmenge in L, ϕ, ψ Formeln; c 1 , . . . , c n seienpaarweise verschiedene Konstanten in L, die weder in Φ noch in ϕ oder ψ vorkommen.Dann gilt: AusΦ |= ( ϕ[c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ] → ψ )folgtΦ |= ( ∃x 1 · · · ∃x n (ϕ) → ψ ) .Beweis. O.B.d.A. nehmen wir an, daß x 1 , . . . , x n nicht in ψ vorkommen. NachVoraussetzung gilt dann Φ |= (ϕ → ψ)[c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ]. Nach dem eben bewiesenenKor. 2.6.3 folgt nun: Φ |= ∀x 1 · · · ∀x n (ϕ → ψ). Da nun ∀x 1 · · · ∀x n (ϕ → ψ)logisch äquivalent ist zu ¬∃x 1 · · · ∃x n (ϕ)∨ψ, ergibt sich Φ |= ( ∃x 1 · · · ∃x n (ϕ) → ψ ) ,wie gewünscht.□9


2.7. Einige Definitionen. Theorien und elementare KlassenSei L eine Sprache erster Stufe. Wir definieren einige Formelmengen:Definition 2.7.1. Sei n ∈ N 0 .(i) Es bezeichne At = At L die Menge der atomaren Formeln, Ba = Ba Ldie Menge der Basisformeln (d.h. der atomaren und negiert atomarenFormeln), Qf = Qf L die Menge der quantorenfreien Formeln, Sa = Sa Ldie Menge der Sätze und schließlich Fo = Fo L die Menge aller Formelnüber L.(ii) Bekanntlich heißt ferner ϕ ∈ Fo pränex, falls ϕ von der Gestaltϕ = Q 1 x 1 · · · Q n x n (ψ)mit Q i ∈ {∃, ∀} und quantorenfreiem ψ ∈ Qf; man nennt ψ häufig denKern von ϕ.(iii) Die Menge der existentiellen Formeln ∃ 1 = (∃ 1 ) L bestehe aus allen pränexenFormeln∃x 1 · · · ∃x n (ψ)mit ψ ∈ Qf; analog sei ∀ 1 = (∀ 1 ) L die Menge aller universellen Formeln,d.h. aller Formeln der Bauart∀x 1 · · · ∀x n (ψ)mit ψ ∈ Qf. Wir schreiben des öfteren nur kurz ∀x(ψ) bzw. ∃x(ψ) mitx = (x 1 , . . . , x n ) für ∀x 1 · · · ∀x n (ψ) bzw. ∃x 1 · · · ∃x n (ψ).(iv) Allgemein enthalte für m ∈ N 0 die Menge ∃ m = (∃ m ) L alle Formeln∃∀∃} {{· ·}· (ψ)m Blöckemit quantorenfreiem Kern ψ, wobei ∃ bzw. ∀ hier jeweils für einen Blockexistenz- bzw. allquantifizierter Variablen ∃x 1 · · · ∃x n bzw. ∀x 1 · · · ∀x nstehe. Analog sei ∀ m = (∀ m ) L definiert. Die vorstehende Bemerkung zurabkürzenden Schreibweise mittels Tupeln x von Variablen x 1 , . . . , x n giltsinngemäß auch hier.Übung. Man gebe ein Axiomensystem für die Gruppentheorie an, und zwar:(i) Über der Sprache L = {1, ·, −1 } mittels ∀ 1 -Sätzen;(ii) über der Sprache L = {1, ·} mit ∀ 2 -Sätzen;(iii) über der Sprache L = { · } mit ∃ 3 -Sätzen.Wir kommen nun zu den im folgenden zentralen Begriffen der Modellklasse,der Theorie und der elementaren Klasse.Definition 2.7.2. Sei Φ eine Menge von L-Sätzen, K eine Klasse von L-Strukturen.Dann seiMod(Φ) := {A : A L-Struktur, A |= Φ}die Klasse aller Modelle von Φ undTh(K) := {ϕ ∈ Sa L : K |= ϕ}die Theorie von K. K heißt eine elementare Klasse (im weiteren Sinne), falls eineSatzmenge Φ in L existiert mit K = Mod(Φ). Φ heißt eine L-Theorie, falls Φwiderspruchsfrei ist in dem Sinne, daß für keine L-Formel ϕ gilt Φ |= (ϕ ∧ ¬ϕ), und10


deduktiv abgeschlossen ist in dem Sinne, daß für alle L-Sätze ϕ mit Φ |= ϕ folgt,daß ϕ ∈ Φ.Th({A}) mit einer einzelnen L-Struktur A kürzt man als Th(A) ab, entsprechendMod({ϕ}) als Mod(ϕ) mit ϕ ∈ Sa L . Th(K) für K ≠ ∅ ist stets eine L-Theoriegemäß obiger Definition.Beispiel. Sei L = ∅ und K die Klasse aller endlichen Mengen. Dann ist Knicht elementar.Beweis. Wir nehmen zu L die abzählbar vielen Konstanten {c i } i∈N hinzuund erhalten eine neue Sprache L ′ . Ist K elementar, etwa K = Mod(Φ) mit einerFormelmenge Φ in L, so gilt (in L ′ ):Φ |= ∨ i


(a) K ⊆ Mod(Th(K)),(b) K ⊆ K ′ ⇒ Mod(Th(K)) ⊆ Mod(Th(K ′ )),(c) Mod(Th(Mod(Th(K)))) = Mod(Th(K));(ii) Für alle L-Satzmengen Φ, Φ ′ gilt:(a) Φ ⊆ Th(Mod(Φ)),(b) Φ ⊆ Φ ′ ⇒ Th(Mod(Φ)) ⊆ Th(Mod(Φ ′ )),(c) Th(Mod(Th(Mod(Φ)))) = Th(Mod(Φ)).Ferner gilt für Klassen K von L-Strukturen und widerspruchsfreie L-SatzmengenΦ:(i) K ist elementar genau dann, wenn K = Mod(Th(K)),(ii) Φ ist eine Theorie genau dann, wenn Φ = Th(Mod(Φ)).Mod( · ), Th( · ) vermitteln eine Bijektion zwischen der Gesamtheit der nichtleerenelementaren Klassen und den Theorien.□Übung. Man beweise Prop. 2.7.3.Theorien und elementare Klassen sind also zwei verschiedene, einander entsprechendeAspekte ein und desselben Konzepts. Vollständige Theorien sind besondersinteressant:Satz 2.7.4. Sei Φ eine L-Theorie. Dann sind folgende Eigenschaften äquivalent:(i) Φ ist vollständig.(ii) Φ ist eine maximale L-Theorie.(iii) Φ = Th(A) für alle A |= Φ.(iv) Φ = Th(A) für ein A |= Φ.Beweis. Zu (i) ⇒ (ii): Ist Ψ ⊃ Φ eine Theorie und etwa ψ ∈ Ψ \ Φ, so ist alsoψ /∈ Φ, somit ¬ψ ∈ Φ ⊆ Ψ, und damit ψ ∧ ¬ψ ∈ Ψ, Widerspruch.Zu (ii) ⇒ (iii): Ist A |= Φ, so Φ ⊆ Th(A), also Φ = Th(A) aufgrund derMaximalität von Φ.Zu (iii) ⇒ (iv): Trivial, da jede widerspruchsfreie Satzmenge Φ ein Modellbesitzt. (Hätte Φ kein Modell, so gälte nach Definition der Modellbeziehung stetsΦ |= ϕ für alle L-Formeln ϕ.)Zu (iv) ⇒ (i): Trivial.□Da jede widerspruchsfreie Menge von L-Formeln ein Modell hat, folgt:Korollar 2.7.5. (Satz von Lindenbaum, nach [159]) Jede widerspruchsfreieMenge Φ von L-Sätzen ist in einer vollständigen L-Theorie enthalten, der Vervollständigungvon Φ.□12


KAPITEL 3Persistenz und die DiagrammethodeIn diesem Abschnitt sei L eine beliebige Sprache der Logik erster Stufe.3.1. Persistenz und Abschlüsse von FormelmengenVor dem ersten wesentlichen Resultat über die Persistenz logischer Formeln unterErweiterungen zwischen L-Strukturen haben wir einige technische Vorbereitungenzu treffen.Definition 3.1.1. Seien A und C L-Strukturen, B eine nichtleere Teilmengevon A, und h: B → C eine Abbildung. Sei ferner ϕ eine L-Formel mit Erweiterungϕ(x 1 , . . . , x n ). Wir sagen, h erhält ϕ oder auch ϕ ist persistent unter h, falls füralle a 1 , . . . , a n ∈ B gilt: Wenn A |= ϕ(a 1 , . . . , a n ), so folgt C |= ϕ(h(a 1 ), . . . , h(a n )).Eine Menge Φ von L-Formeln ist persistent unter h, falls alle ϕ ∈ Φ unter herhalten bleiben.h heißt eine elementare Abbildung, falls A = B und h die Menge Fo L allerFormeln erhält.Bemerkungen.(i) Wie man sich sehr leicht überzeugt, ist diese Definition der Persistenzeiner Formel ϕ unabhängig von der Wahl der Erweiterung ϕ(x 1 , . . . , x n )von ϕ.(ii) Man kann die auf der Teilmenge B der Trägermenge A von A definierteFunktion h auch als eine bzgl. A partielle Abbildung ansehen; h ist danneine totale Abbildung, falls B = A gilt.Beispiele. Seien A, C L-Strukturen und h: A → C eine Abbildung. Dann gilt(vgl. [25], 1.3.2):(i) h ist ein Homomorphismus zwischen A und C genau dann, wenn h alleatomaren L-Formeln erhält.(ii) h ist ein strikter Homomorphismus von A nach C genau dann, wenn halle atomaren L-Formeln sowie alle negierten Prädikate erhält.(iii) h ist ein injektiver Homomorphismus von A nach C, genau wenn h alleatomaren Formeln und alle negierten Gleichungen erhält.(iv) h ist eine Einbettung von A in C genau dann, wenn h alle Basisformeln,d.h. alle atomaren und negiert atomaren L-Formeln erhält.Wir wollen nun im folgenden zeigen, daß eine Φ-erhaltende Abbildung h: B →C (wobei wieder Φ eine L-Formelmenge, A und C L-Strukturen und B eine Teilmengevon A seien) sogleich Boolesche Kombinationen — und bei weitergehendenAnnahmen über h sogar auch All- und Existenzabschlüsse — der Formeln aus Φerhält. Dazu definieren wir zunächst allgemein den Abschluß einer Formelmenge.13


Definition 3.1.2. Sei Φ eine Menge von L-Formeln, sowie Ω ⊆ {¬, ∧, ∨, ∃, ∀}.Der Abschluß von Φ unter Ω ist definiert als die kleinste Menge Φ ′ von L-Formelnderart, daß Φ ′ ⊇ Φ und Φ ′ abgeschlossen ist unter den logischen Operationen ausΩ.Beispiele. Wie beziehen uns wieder auf die zugrundeliegende Sprache L undbetrachten die Formelmengen At = At L , Ba = Ba L , Fo = Fo L und Qf = Qf L .(i) Die Menge Qf der quantorenfreien Formeln ist der Abschluß der Mengeder atomaren Formeln unter {∧, ∨, ¬}.(ii) Die Menge Fo aller Formeln über L ist der Abschluß der Menge deratomaren Formeln unter {∧, ∨, ¬, ∃, ∀}.(iii) Sei Ba ′ der Abschluß der Menge aller L-Basisformeln unter {∧, ∨, ∃}.Dann ist jede Formel in Ba ′ logisch äquivalent zu einer existentiellenFormel, und umgekehrt ist jede existentielle L-Formel in Ba ′ enthalten;bis auf logische Äquivalenz ist also der Abschluß von Ba unter {∧, ∨, ∃}nichts anderes als die Menge ∃ 1 .Lemma 3.1.3. Sei Φ eine Menge von L-Formeln, A und C L-Strukturen, B ⊆ A,und h: B → C eine Φ-erhaltende Funktion. Dann erhält h auch den Abschluß vonΦ unter {∧, ∨}, und falls zusätzlich A = B gilt (d.h. h eine totale Funktion auf Aist), auch den Abschluß von Φ unter {∧, ∨, ∃}.Beweis. Sei Φ ′ der Abschluß von Φ unter {∧, ∨} bzw. (falls A = B) unter{∧, ∨, ∃}. Wir beweisen die Aussage durch Induktion über den Aufbau der Formelnaus Φ ′ ; der Induktionsschritt lautet: Sind ϕ, ψ ∈ Φ ′ persistent unter h, so auch ϕ∧ψ,ϕ ∨ ψ und (im Fall A = B) ∃x(ϕ). Für ∧, ∨ ist dies trivial. Sei ϕ(x 1 , . . . , x n , x) eineErweiterung von ϕ, und gelte A |= ∃x(ϕ)(a 1 , . . . , a n ) für (a 1 , . . . , a n ) ∈ A n ; diesist d.u.n.d. der Fall, wenn es ein a ∈ A gibt mit A |= ϕ(a 1 , . . . , a n , a). Damit folgtC |= ϕ(h(a 1 ), . . . , h(a n ), h(a)), also C |= ∃x(ϕ)(h(a 1 ), . . . , h(a n )).□Definition 3.1.4. Eine existentielle Formel über L heißt positiv existentiell,falls sie keine Negationen enthält; die Menge der positiv existentiellen L-Formelnschreibt man als ∃ + = (∃ + ) L .Bemerkung. Bis auf logische Äquivalenz sind die positiv existentiellen Formelngerade die Formeln aus dem Abschluß von At unter {∧, ∨, ∃}.Beispiele.(i) Jeder Homomorphismus erhält alle positiv existentiellen Formeln.(ii) Jede Einbettung erhält alle existentiellen Formeln.Die Aussage aus Lemma 3.1.3 kann natürlich etwas verschärft werden, wennman weiß, daß h surjektiv ist:Lemma 3.1.5. Sei Φ eine Menge von L-Formeln, A und C L-Strukturen, B ⊆ A,und h: B → C eine surjektive Φ-erhaltende Funktion. Dann erhält h auch denAbschluß von Φ unter {∧, ∨, ∀}, und falls zusätzlich A = B gilt, auch den Abschlußvon Φ unter {∧, ∨, ∀, ∃}.Beweis. Analog zum Beweis von 3.1.3. Zu zeigen ist nur noch: Ist ϕ persistentunter h, so auch ∀x(ϕ). Sei dazu ϕ(x 1 , . . . , x n , x) wieder eine Erweiterung von ϕ,14


sowie a 1 , . . . , a n ∈ B mit A |= ∀x(ϕ)(a 1 , . . . , a n ). Sei c ∈ C; dann existiert ein b ∈ Bmit h(b) = c. Damit A |= ϕ(a 1 , . . . , a n , b), und also:C |= ϕ(h(a 1 ), . . . , h(a n ), h(b)) = ϕ(h(a 1 ), . . . , h(a n ), c)Da c ∈ C beliebig war, folgt C |= ∀x(ϕ)(h(a 1 ), . . . , h(a n )).Wir wenden dieses Lemma nun auf At L und Ba L an. Zuerst jedoch:Definition 3.1.6. Der Abschluß der Menge At L aller atomaren Formeln über Lunter {∧, ∨, ∃, ∀} wird als die Menge Pos = Pos L der positiven Formeln bezeichnet.Beispiele. Seien A, C L-Strukturen. Dann erhalten wir sofort aus Lemma3.1.5:(i) Ist h: A → C ein surjektiver Homomorphismus, so erhält h die MengePos.(ii) Ist h: A → C ein Isomorphismus, so erhält h alle L-Formeln.3.2. Elementare ErweiterungenWir spezialisieren uns nun auf den Fall, daß für L-Strukturen A, C mit A ⊆ C derInklusionshomomorphismus A ↩→ C eine Formel ϕ bzw. eine Formelmenge Φ erhält.Definition 3.2.1. Seien A, C L-Strukturen mit A ⊆ C, sowie ϕ eine L-Formelund Φ eine Menge von L-Formeln. Dann sagen wir, die Erweiterung A ⊆ C erhalteϕ (bzw. Φ) oder auch A ⊆ C ist eine ϕ- (bzw. Φ-) Erweiterung, falls id: A → C dieFormel ϕ (bzw. die Formelmenge Φ) erhält, und schreiben dafür A ≼ C oder A ≼ ϕ Cϕ(bzw. A ≼ C oder A ≼ Φ C). Man nennt A oft auch eine ϕ- (bzw. Φ-) SubstrukturΦvon C.Eine Erweiterung A ⊆ C heißt elementare Erweiterung, falls sie alle Formelnerhält; dafür schreibt man dann A ≼ C.(Der Begriff der elementaren Erweiterung rührt von Tarski und Vaught her[169].)Beispiel. Jede Erweiterung A ⊆ C zwischen L-Strukturen A, C ist eine Ba-Erweiterung (siehe [25], Lemma 1.2.7) und somit auch eine ∃ 1 -Erweiterung.Der folgende Satz ist oft hilfreich beim Nachweis, daß eine Struktur elementareSubstruktur einer anderen ist.Satz 3.2.2. (Tarski-Vaught-Test, [169]) Seien A, B L-Strukturen. Dann istA ≼ B genau dann, wenn A ⊆ B und gilt:(TV) Für alle n ∈ N 0 , ϕ(x, x), x = (x 1 , . . . , x n ) und a ∈ A n : Ist (B, A) |=∃x(ϕ)[a/x], so existiert ein b ∈ A mit B |= ϕ(b, a).Beweis. Daß A ≼ B die angegebene Bedingung impliziert, ist trivial. Umgekehrtzeigen wir durch Induktion über den Formelaufbau, daß für alle erweitertenL-Formeln ψ(y 1 , . . . , y m ) gilt: Ist a ∈ A m , so gilt A |= ψ(a) genau dann, wennB |= ψ(a). Für atomare Formeln ψ ist dies klar wegen A ⊆ B. Im Induktionsschrittist einzig der Fall ψ(y) = ∃(ϕ(x, y)) nichttrivial. Aber nun gilt (A, A) |= ∃x(ϕ)[a/x]d.u.n.d., wenn ein b ∈ A existiert mit A |= ϕ(b, a), was nach Induktionsvoraussetzunggleichbedeutend ist mit B |= ϕ(b, a) für ein b ∈ A, und das nach Voraussetzung(TV) mit (B, A) |= ∃x(ϕ)[a/x].□15□


Korollar 3.2.3. Sei B eine L-Struktur.(i) Sei A ⊆ B, A ≠ ∅ derart, daß (TV) erfüllt ist. Dann ist 〈A〉 B ≼ B eineelementare Substruktur mit Universum A.(ii) Sei C ⊇ B. Gibt es für jede endliche Teilmenge A ⊆ B und jedes c ∈ Ceinen A punktweise festlassenden Automorphismus von C mit f(c) ∈ B,so folgt B ≼ C.Beweis. Für (i) wende den Tarski-Vaught-Test auf die Formeln x = c (c Konstantevon L) und x = f(a 1 , . . . , a n ) (f ein n-stelliges Operationssymbol aus L,a 1 , . . . , a n ∈ A) an.Zu (ii) verwende ebenfalls Tarski-Vaught: Sei ϕ(x, x 1 , . . . , x n ) eine L-Formel,b ∈ B n mit (C, C) |= ∃x(ϕ)[b/x]; zu zeigen ist die Existenz eines c ∈ B mit C |=ϕ(c, b). Wir erhalten zunächst nur die Existenz eines c ∈ C mit C |= ϕ(c, b). Wähleaber nun f : C → ∼= C, f|{b 1 , . . . , b n } = id mit f(c) ∈ B. Es folgt C |= ϕ(f(c), f(b)),d.h. C |= ϕ(f(c), b).□Übung. Sei (Q, < Q ) bzw. (R, < R ) die Ordnung der rationalen bzw. reellen Zahlenals { 0 ist. (Offensichtlich hatjeder Kreis eine Länge von mindestens 2.) Wir sagen, w sei ein echter Kreis, fallsw ein Kreis einer Länge n ≥ 3 ist, so daß nur Anfangs- und Endpunkt desselbenübereinstimmen, falls also für alle 0 ≤ i < j ≤ n mit v i = v j folgt: i = 0, j = n.Wir nennen ferner G kreisfrei, falls es in G keinen echten Kreis gibt, und zusammenhängend,falls es zu zwei Knoten v, v ′ ∈ G stets einen Weg w = (v 0 , v 1 , . . . , v n )mit v 0 = v und v n = v ′ gibt. Zusammenhängende, kreisfreie Graphen nennt manBäume. Einelementige Bäume nennen wir trivial.Sei B die Klasse aller nichttrivialen Bäume, und seiϕ(x, y) := ¬∃z(xRz ∧ zRy).(ϕ besagt anschaulich: ”Die Knoten x und y sind nicht durch einen Weg der Länge2 miteinander verbindbar.“) Wir behaupten nun:16


Proposition 3.3.1. ϕ ist persistent unter Erweiterungen in B.Beweis. Seien G ⊆ H Graphen in B, und a, b ∈ G mit G |= ϕ(a, b). Dannexistiert ein a und b verbindender Weg (a = v 0 , v 1 , . . . , v n = b) minimaler Längein G; es ist nach Voraussetzung n ≠ 2. Angenommen nun, in H existiere ein cmit aR H cR H b; dann ist c /∈ G, und (v 0 , . . . , v n , c, v 0 ) ist ein echter Kreis in H, imWiderspruch zur Kreisfreiheit von H ∈ B. Damit auch H |= ϕ(a, b).□Übung. Man zeige, daß ϕ(x, y) in B äquivalent zu einer unendlichen Disjunktionψ(x, y) ∈ L ∞ von existentiellen Formeln ist.Jedoch gilt:Proposition 3.3.2. Es gibt keine existentielle L-Formel ψ(x, y), die in B äquivalentist zu ϕ(x, y).Beweis. Angenommen, es gäbe ein derartiges ψ(x, y). Sei ψ von der Formψ = ∃z 1 · · · ∃z n(ϱ(x, y, z1 , . . . , z n ) ) ,wobei ϱ quantorenfrei, n ∈ N 0 . Wir betrachten den Graphen G = (G, R G ) mitG := {0, 1, . . . , n + 3} undR G := { (0, 1), (1, 2), . . . , (n + 2, n + 3) } ∪ { (1, 0), (2, 1), . . . , (n + 3, n + 2) } .Es ist G ∈ B, und G |= ϕ(a, b) für a := 0, b := n+3. Nach Annahme gilt G |= ψ(a, b),d.h. es gibt j 1 , . . . , j n ∈ {0, . . . , n + 3} derart, daßG |= ϱ(a, b, j 1 , . . . , j n ).Sei nun G 0 derjenige Teilgraph von G mit Universum {a, b, j 1 , . . . , j n }, und seiH ⊇ G 0 definiert durchH := G 0 ∪ {c}, c > n + 3 und R H := R G ∪ { (a, c), (c, b), (c, a), (b, c) } ,also aR H cR H b. In G 0 existiert kein Weg von a nach b, da |G 0 | ≤ n+2 < n+4 = |G|.H ist folglich kreisfrei. Erweitere nun H zu einem zusammenhängenden, kreisfreienGraphen mit gleicher Knotenmenge H = {a, b, c, j 1 , . . . , j n } (durch Auffüllen“ ”aller bis auf eine Lücke“ in G ” 0 durch Wege der Länge 1); sei H 1 der so entstandeneGraph. Nach Konstruktion ist einerseits H 1 ∈ B und H 1 |= ¬ϕ(a, b), aberandererseits auch H 1 |= ψ(a, b), wie man sich leicht überlegt.□Damit haben wir zwar zunächst nur gezeigt, daß es keine existentielle L-Formelin denselben freien Variablen gibt, die zu ϕ äquivalent ist. Ist aber ψ(x, y, z 1 , . . . , z n )irgendeine in B zu ϕ(x, y) äquivalente L-Formel, so ist auch ψ[x/z 1 , . . . , x/z n ] eineexistentielle L-Formel in den freien Variablen x, y, die in B zu ϕ äquivalent ist, imWiderspruch zu Prop. 3.3.2.Wir haben anhand dieses ausführlichen Beispiels gesehen, daß für beliebigeKlassen K von Strukturen die Persistenz einer Formel ϕ unter Erweiterungen in Kzwar notwendig, aber nicht hinreichend für die Eigenschaft von ϕ, in K gleichwertigmit einer existentiellen Formel zu sein, ist. Für elementare Klassen K von Strukturenist die Situation aber anders; dies ist der Inhalt des ersten wichtigen Satzesdieser Vorlesung, für dessen Herleitung wir jedoch noch ein für die <strong>Modelltheorie</strong>zentrales Hilfsmittel brauchen, die sog. Diagrammethode.17


3.4. Das DiagrammlemmaWie bereits in §2.2 rekapituliert, bezeichnet L(B) für eine Menge B — typischerweiseeine Teilmenge einer L-Struktur A — die durch Hinzunahme neuer Konstanten bfür alle Elemente b von B erweiterte Sprache, und (A, B) die natürliche Expansionvon A zu einer L(B)-Struktur A ′ , d.h. b A′:= b für alle b ∈ B. Ferner bezeichnen wirmit Φ(B) für eine Formelmenge Φ über L die Menge aller L(B)-Sätze, die man ausden Formeln ϕ ∈ Φ durch Ersetzen der in ϕ frei vorkommenden Variablen durchKonstanten b mit b ∈ B erhalten kann.Definition 3.4.1. Sei A eine L-Struktur, B ⊆ A und Φ eine Menge von L-Formeln. Dann heißtD Φ (A, B) := {ϕ ∈ Φ(B) : (A, B) |= ϕ}das Φ-Diagramm von (A, B). Ist speziell Φ = Ba, so heißtD(A, B) := D Ba (A, B)das Diagramm von (A, B). Ist Φ = Fo, so ist offensichtlich D Φ (A, B) = Th(A, B)die (elementare) Theorie von (A, B). (Vgl. Def. 2.7.2.)Beispiel.(i) Sei A := C über der Sprache L = {0, 1, +, −, ·}, B := ∅, Φ := Ba.Dann enthält D Φ (A, B) = D(C, ∅) alle korrekten Gleichungen und Ungleichungenzwischen ganzen Zahlen, repräsentiert durch konstante Terme.D(A, C) ”kodiert“ C bis auf Isomorphie.(ii) Die bekannten Multiplikationstafeln von (beispielsweise endlichen) Gruppen( ”Cayleytafeln“) sind im wesentlichen nichts anderes als Diagrammein besonders übersichtlicher Anordnung.Seien A und C L-Strukturen, B ⊆ A, Φ eine Formelmenge. Dann sagen wir,C läßt sich zu einem Modell des Diagramms D Φ (A, B) expandieren, falls es eineL(B)-Expansion C ′ von C gibt, so daß C ′ |= D Φ (A, B). Damit können wir nundas Diagrammlemma formulieren, das Persistenzeigenschaften zwischen A und C intermini des Diagramms von (A, B) auszudrücken gestattet:Diagrammlemma. Seien A, C L-Strukturen, B ⊆ A, Φ eine Formelmenge.Dann sind äquivalent:(i) Es existiert eine Φ-erhaltende Abbildung h: B → C.(ii) C läßt sich zu einem Modell C ′ von D Φ (A, B) expandieren.Bei (i) ⇒ (ii) gilt dabei b C′ := h(b) für alle b ∈ B, bei (ii) ⇒ (i) gilt h(b) := b C′für alle b ∈ B.Beweis. (i) ⇒ (ii): Definiere C ′ durch b C′:= h(b) für alle b ∈ B als L(B)-Expansion von C. Sei nun ϕ ∈ Φ so daß ψ := ϕ[b 1 /x 1 , . . . , b n /x n ] ∈ Φ(B). Falls(A, B) |= ψ, so folgt A |= ϕ(b 1 , . . . , b n ), also C |= ϕ(h(b 1 ), . . . , h(b n )), somit C ′ |= ψ,d.h. C ′ |= D Φ (A, B).(ii) ⇒ (i): Definiere h: B → C durch h(b) := b C′für alle b ∈ B. Sei ϕ ∈ Φ mitErweiterung ϕ(x 1 , . . . , x n ) und a 1 , . . . , a n ∈ B, so daß A |= ϕ(a 1 , . . . , a n ). Definierenun ψ := ϕ[a 1 /x 1 , . . . , a n /x n ]; dann gilt (A, B) |= ψ, m.a.W. ψ ∈ D Φ (A, B). Esfolgt C ′ |= ψ, und nach Definition von h also C |= ϕ(h(a 1 ), . . . , h(a n )). h erhältsomit Φ.□18


Mittels einer geeigneten kanonischen isomorphen Identifizierung kann man imfolgenden stets annehmen, daß im Fall Ba ⊆ Φ, A = B ein C, welches eine derbeiden äquivalenten Bedingungen des Diagrammlemmas erfüllt, bereits A als Φ-Substruktur enthält; dies ist ein Spezialfall des folgenden Korollars.Korollar 3.4.2. Seien A, C L-Strukturen, B ⊆ A, Φ eine Menge von L-Formeln mit Ba ⊆ Φ, sowie C ′ eine Expansion von C zu einem Modell von D Φ (A, B).Dann existiert eine zu C isomorphe L-Struktur D mit D ⊇ B, so daß id: B → DΦ-erhaltend ist.— Insbesondere gilt also im Fall A = B: Erfüllen A, C, Φ dieVoraussetzungen des Diagrammlemmas, so kann man stets ein D ∼ = C mit A ≼ Dwählen.Beweis. Nach dem Diagrammlemma existiert eine Φ-erhaltende Abbildungh: B → C. h besitzt eine eindeutig bestimmte Fortsetzung zu einer Einbettungh: 〈B〉 ↩→ C. Insbesondere ist h(〈B〉) isomorph zu 〈B〉. D entsteht aus C, indemman jedes h(c) durch sein Urbild c ersetzt (c ∈ 〈B〉). Dann gilt D ∼ = C, B ⊆ D, undid: B → D ist Φ-erhaltend, da h: B → C Φ-erhaltend ist.□Eine Anwendung der Diagrammethode:3.5. Das Kriterium von HenkinKorollar 3.5.1. (Henkins Kriterium, [81]) Sei K eine elementare Klasse vonL-Strukturen, A eine L-Struktur. Genau dann kann A zu einer Struktur aus Kerweitert werden, wenn dies lokal der Fall ist, d.h. wenn jede endlich erzeugte Substrukturvon A zu einer Struktur aus K erweitert werden kann.Beweis. Nur der Schluß vom Lokalen aufs Globale muß bewiesen werden.Sei K = Mod(Σ), Σ eine L-Satzmenge. Betrachte Φ := Σ ∪ D(A, A). Nach demDiagrammlemma und dem Kompaktheitssatz reicht es zu zeigen, daß jede endlicheTeilmenge von Φ ein Modell besitzt. Jede solche ist aber in einer MengeΦ 0 := Σ ∪ D(A 0 , A 0 ) enthalten, wobei A 0 eine endlich erzeugte Substruktur vonA ist. Nach Voraussetzung hat Φ 0 aber stets ein Modell.□Beispiele.(i) Jede Halbordnung kann zu einer linearen Ordnung fortgesetzt werden.(Szpilrajn, [157])(ii) Jede lineare Ordnung kann in eine dichte lineare Ordnung eingebettetwerden.(iii) Jede abelsche Gruppe kann in eine teilbare abelsche Gruppe eingebettetwerden (vgl. auch Kor. 7.8.12, Prop. 7.8.13). (Erinnerung: Eine abelscheGruppe G heißt teilbar, falls für alle g ∈ G ein g ′ ∈ G und ein n ∈ Nexistieren mit ng ′ = g ′ + g ′ + · · · + g ′ = g.)Beweis. (ii) ist klar. (Betrachte die dichte lineare Ordnung (Q,


Sei σ eine Permutation von {0, . . . , n} derart, daß m σ(0) ≺ m σ(1) ≺ · · · ≺ m σ(n) .Betrachte M − := {m i : m i < m n+1 } und M + := {m i : m n+1 < m i }. Für alle0 ≤ i, j ≤ n mit m i ∈ M − , m j ∈ M + gilt m i < m j , also auch m i ≺ m j . Somitexistiert ein k ∈ {0, . . . , n + 1} mit M − ⊆ {m σ(i) : 0 ≤ i < k} und M + ⊆ {m σ(i) :k ≤ i ≤ n}. Wir definieren < ′ als Erweiterung von ≺ so, daß m σ(k−1) < ′ m n+1(falls k > 0) und m n+1 < ′ m σ(k) (falls k < n + 1).Zu (iii): Nach dem Struktursatz für endlich erzeugte abelsche Gruppen (sieheSatz 7.10.5) ist eine endlich erzeugte abelsche Gruppe direkte Summe von gewissenzyklischen Gruppen (Z oder Z/p n Z, mit p prim und n ∈ N), und da direkte Summenteilbarer abelscher Gruppen wieder teilbar sind, bleibt einzusehen, daß jede derdort auftretenden zyklischen Gruppen in eine teilbare Gruppe eingebettet werdenkann; dies ist aber leicht: Für Z wähle Q, für Z/p n Z die p-te Prüfergruppe (siehe§7.10.2). □3.6. Charakterisierung von Φ-ErweiterungenAls eine weitere Anwendung der Diagrammethode beweisen wir den folgenden Satz3.6.2, der es ermöglicht, die Klasse aller Φ-Substrukturen einer elementaren KlasseK zu charakterisieren; insbesondere werden wir sehen, daß diese Klasse ebenfallselementar ist.Definition 3.6.1. Sei K eine Klasse von L-Strukturen, Φ eine Menge vonL-Formeln. Definiere dann{}S Φ (K) := A : A L-Struktur, und es existiert B ∈ K: A ≼ BΦ.Wir nennen S Φ (K) die zu K gehörige Klasse aller Φ-Substrukturen.Beispiel. Sei Φ := Ba. Dann ist S Φ (K) = S(K), wobeiS(K) = { A : A L-Struktur, und es existiert B ∈ K: A ⊆ B }die aus [25] (Def. 1.3.13) bekannte Klasse aller Substrukturen von K ist.Übung. Sei AG die Klasse aller abelschen Gruppen über der Sprache L = {1, ·}.Zeige: S(AG) ist die Klasse aller kommutativen Monoide mit Kürzungsregel.Satz 3.6.2. Sei K = Mod(Σ), wobei Σ eine Menge von L-Sätzen. Sei Φ eineMenge von L-Formeln mit Ba ⊆ Φ und Φ ′ der Abschluß von ¬Φ := {¬ϕ : ϕ ∈ Φ}unter {∨, ∀}, sowie Φ ′′ := {ϕ ∈ Φ ′ : Σ |= ϕ}. Dann gilt:S Φ (K) = Mod(Φ ′′ )Im Fall Φ = Ba erhält man also S(K) = Mod(Ψ) mitΨ := {ϕ ∈ ∀ 1 : Σ |= ϕ}.Beweis. Sei A ∈ S Φ (K). Dann gibt es also ein B ∈ K mit A ≼ Φ B. Es giltB |= Φ ′′ ; dann gilt aber auch A |= Φ ′′ . Denn angenommen, dies wäre nicht der Fall,d.h. es existiere ein Satz ϕ ∈ Φ ′′ mit A |= ¬ϕ. O.B.d.A. sei ϕ von der Form( m)∨ϕ = ∀x 1 · · · ∀x n ¬ϕ i (ϕ i ∈ Φ).i=120


Dann gibt es also gewisse a 1 , . . . , a n ∈ A, so daß für alle 1 ≤ i ≤ m gilt: A |=ϕ i (a 1 , . . . , a n ). Damit haben wir aber nach Voraussetzung auchm∧B |= ϕ i (a 1 , . . . , a n ),i=1im Widerspruch zu B |= Φ ′′ . Dies zeigt S Φ (K) ⊆ Mod(Φ ′′ ).Umgekehrt sei jetzt A |= Φ ′′ vorausgesetzt. Es genügt zu zeigen, daß Σ ∪D Φ (A, A) ein Modell hat; dann hat nämlich ein solches Modell B bis auf Isomorphiedie Eigenschaft A ≼ Φ B, es ist B ∈ Mod(Σ) = K, und die Behauptung folgt.Angenommen, Σ ∪ D Φ (A, A) hat kein Modell. Der Kompaktheitssatz besagt dann:Es gibt eine endliche Teilmenge {ϕ ′ 1, . . . , ϕ ′ m} ⊆ D Φ (A, A), wobei die ϕ ′ i die Formϕ ′ i = ϕ[a 1 /x 1 , . . . , a n /x n ]mit ϕ i ∈ Φ, a j ∈ A paarweise verschiedenhaben, so daß Σ ∪ {ϕ ′ 1, . . . , ϕ ′ m} kein Modell hat. D.h. wir haben Σ |= ∨ mi=1 ¬ϕ′ i .Umgang mit Konstanten (Kor. 2.6.3) liefert:( m)∨Σ |= ∀x 1 · · · ∀x n ¬ϕ i =: ψDann ist ψ ∈ Φ ′′ , also (da A |= Φ ′′ ): A |= ψ. Nach Wahl von ϕ ′ i ∈ D Φ(A, A) gilt(A, A) |= ϕ ′ i für i = 1, . . . , m, also( m)∧A |= ϕ i (a 1 , . . . , a n ),im Widerspruch zu A |= ψ.i=1Wir sagen, K sei gegen Substrukturbildung abgeschlossen, wenn S(K) = K ist.Damit folgt aus Satz 3.6.2 unmittelbar:Satz 3.6.3. (Erhaltungssatz von ̷Loś-Tarski, [96], [167]) Eine elementare KlasseK ist genau dann gegen Unterstrukturbildung abgeschlossen, wenn sie eine Axiomatisierungmittels ∀ 1 -Sätzen besitzt.Beweis. Sei Σ eine Menge von universellen Sätzen mit K = Mod(Σ). Sei A ∈ Kund B ⊆ A eine Substruktur; sei ϕ = ∀x 1 · · · ∀x n (ϱ) mit quantorenfreier Formelϱ(x 1 , . . . , x n ), und gelte A |= ϕ. Ist dann (b 1 , . . . , b n ) ∈ B n eine Stelle in B ⊆ A,so gilt A |= ϱ(b 1 , . . . , b n ), und nach Definition der Substrukturbeziehung folgt auchB |= ϱ(b 1 , . . . , b n ), also insgesamt B |= ϕ, und S(K) = K.Sei umgekehrt K gegen Substrukturbildung abgeschlossen; mit Satz 3.6.2 folgtdann K = S(K) = Mod(Ψ) für eine Menge Ψ universeller L-Sätze.□Ebenso unmittelbar folgt:Korollar 3.6.4. Sei L abzählbar und effektiv gegeben. Ist K = Mod(Σ) eineelementare Klasse mit rekursiv aufzählbarer Axiomenmenge Σ ⊆ Sa L , und Φeine rekursiv aufzählbare Menge von Formeln, so besitzt auch S Φ (K) ein rekursivaufzählbares Axiomensystem, i.e. eine rekursiv aufzählbare Satzmenge Ψ mitS Φ (K) = Mod(Ψ).i=1□Beweis. Übung.□21


3.7. Der erste PersistenzsatzDie §§3.5 und 3.6 waren nur Zwischenstationen auf dem Weg zu folgendem wichtigenResultat über die Charakterisierung persistenter Formeln. (Ad hoc nennenwir hier eine L-Formelmenge Φ gleichungsumfassend, falls Φ alle Gleichungen derForm x = y mit beliebigen Variablen x, y enthält und gegen Variablensubstitutionabgeschlossen ist, d.h. mit ϕ auch ϕ[y/x] enthält, und negationsfähig für Σ, fallsein ϕ ∈ Φ existiert mit Σ |= ¬ϕ, wobei Σ eine L-Satzmenge sei.)Erster Persistenzsatz. Sei K = Mod(Σ) mit einer Menge Σ von L-Sätzen.Φ sei eine gleichungsumfassende, für Σ negationsfähige Menge von L-Formeln undψ(x 1 , . . . , x n ) eine L-Formel, die unter allen Φ-erhaltenden Abbildungen h: A → C,wobei A, C ∈ K, persistent ist. Sei Φ ′ der Abschluß von Φ unter {∧, ∨, ∃}. Dannexistiert ein ϕ ∈ Φ ′ derart, daß ϕ in K äquivalent ist zu ψ, d.h. Σ |= (ψ ↔ ϕ) gilt.Beweis. O.B.d.A. sei n ≥ 1. Seien d 1 , . . . , d n paarweise verschiedene neueKonstanten. Wir schreiben für die Dauer der Beweises ˆϕ statt ϕ[d 1 /x 1 , . . . , d n /x n ],für L-Formeln ϕ(x 1 , . . . , x n ); ˆϕ ist dann ein Satz in L(D), D := {d 1 , . . . , d n }. SeifernerΦ ′′ := { ¬ ˆϕ : ϕ ∈ Φ ′ , Σ |= (ϕ → ψ) } .Da Φ negationsfähig für Σ ist, ist Φ ′′ ≠ ∅. Wir zeigen:{ }1. Die L(D)-Satzmenge Σ ∪ Φ ′′ ∪ ˆψ hat kein Modell.Hieraus folgt mit dem Kompaktheitssatz: } Es existieren ϱ 1 , . . . , ϱ m ∈ Φ ′ mit ¬ˆϱ i ∈Φ ′′ , so daß Σ∪{¬ˆϱ 1 , . . . , ¬ˆϱ m }∪{ˆψ kein Modell besitzt. (Wegen Φ ′′ ≠ ∅ o.B.d.A.m ≥ 1.) Dann( m)∧Σ |= ¬ˆϱ i → ¬ ˆψ , also Σ |=i=1(ˆψ →)m∨ˆϱ i .Somit folgt Σ |= ∀x(ψ → ϱ), wobei x := (x 1 , . . . , x n ), ϱ := ∨ mi=1 ϱ i ∈ Φ ′ . NachWahl der ϱ i folgt Σ |= ∀x(ϱ i → ψ) für jedes i = 1, . . . , m. Damit( m)∨Σ |= ∀x ϱ i → ψ ,i=1also Σ |= ∀x(ϱ ↔ ψ), und der Satz ist bewiesen.Es verbleibt der Nachweis { } der Behauptung (1.): Wir argumentieren indirekt;angenommen, Σ ∪ Φ ′′ ∪ ˆψ hat ein Modell A ′ . A ′ ist eine L(D)-Struktur; sei Adie Einschränkung von A ′ auf L. Sei a i := d A′i . Dann gilt (A, A) |= Σ, (A, A) |=ψ(a 1 , . . . , a n ) und (A, A) |= ¬ϕ(a 1 , . . . , a n ) für alle ϕ(x 1 , . . . , x n ) ∈ Φ ′ mit derEigenschaft Σ |= (ϕ → ψ). Nun wollen wir beweisen:2. D Φ (A, A) ∪ Σ ∪ {¬ψ ′ } mit ψ ′ := ψ[a 1 /x 1 , . . . , a n /x n ] ∈ Sa L(A) hat keinModell.Hieraus erhalten wir dann (1.) wie folgt: Mit Hilfe des Kompaktheitssatzes gibt esϕ 1 , . . . , ϕ l ∈ Φ (wegen n ≥ 1 und (x 1 = x 1 ) ∈ Φ o.B.d.A. l ≥ 1) und paarweiseverschiedene b 1 , . . . , b k ∈ A \ {a 1 , . . . , a n } sowie Variable y 1 , . . . , y k dergestalt, daßmitϕ ′ i := ϕ i [a 1 /x 1 , . . . , a n /x n , b 1 /y 1 , . . . , b k /y k ] ∈ D Φ (A, A)22i=1


auch schon Σ ∪ {¬ψ ′ , ϕ ′ 1, . . . , ϕ ′ l} kein Modell hat. Damit also( m)∧Σ |= ϕ ′ i → ψ ′ .i=1Beseitigen der b j gemäß Kor. 2.6.3 liefert, da diese paarweise verschieden sind (mity := (y 1 , . . . , y k )):( ( l∧))Σ |= ∃y ϕ i [a 1 /x 1 , . . . , a n /x n ] → ψ[a 1 /x 1 , . . . , a n /x n ]i=1Beseitigen der a j gemäß Satz 2.6.2 (x := (x 1 , . . . , x n )):⎛ ⎛⎛⎞ ⎞ ⎞⎜ ⎜⎜∧ ⎟l∧ ⎟ ⎟Σ |= ∀x ⎝∃y ⎝⎝x i = x j ⎠ ∧ ϕ i ⎠ → ψ⎠ =: ˜ϕ1≤i,j≤na i=a jEs gilt A |= ˜ϕ, da A |= Σ. Sei⎛⎛⎜⎜ϕ := ∃y 1 · · · ∃y k ⎝⎝∧1≤i,j≤na i=a ji=1x i = x j⎞⎟⎠ ∧l∧i=1ϕ i⎞⎟⎠ .Wegen der Eigenschaft von Φ, gleichungsumfassend zu sein, ist ¬ ˆϕ ∈ Φ ′′ , ferner(A, A) |= ϕ(a 1 , . . . , a n ) wegen ϕ ′ i ∈ D Φ(A, A). Aber auch A ′ |= ¬ ˆϕ, also (A, A) |=¬ϕ(a 1 , . . . , a n ), Widerspruch.Es ist also nun noch der Beweis der Behauptung (2.) zu leisten. Sei dazu C ′ eineL(A)-Struktur, die Modell von D Φ (A, A) ∪ Σ ∪ {¬ψ ′ } ist; sei C := C ′ |L. Dann istC ∈ K. Mit dem Diagrammlemma existiert eine Φ-erhaltende Abbildung h: A → Cmit h(a i ) := a C′i . Da C ′ |= ¬ψ[a 1 /x 1 , . . . , a n /x n ], gilt C |= ¬ψ(h(a 1 ), . . . , h(a n )).Wegen A |= ψ(a 1 , . . . , a n ) und der Voraussetzung des Satzes bzgl. ψ folgt C |=ψ(h(a 1 ), . . . , h(a n )), und dies ist widersprüchlich.□Bemerkung 3.7.1. Die Voraussetzungen ”Φ gleichungsumfassend“ und ”Φ negationsfähigfür Σ“ sind zwingend erforderlich, wie folgende Beispiele demonstrieren.Sei L := ∅, Σ := {∀x∀y(x = y)}, also K := Mod(Σ) die Klasse der einelementigenMengen.(i) Ist Φ := {x ≠ x}, ψ := (x = x), so ist ψ persistent unter allen AbbildungenB → C mit B ⊆ A, A, C ∈ K, aber in K nicht äquivalent zueiner Formel aus Φ ′ , da Σ |= ¬ϕ für alle ϕ ∈ Φ ′ , aber Σ |= ψ. Φ ist nichtgleichungsumfassend, obwohl negationsfähig für Σ.(ii) Ist Φ die Menge aller Gleichungen x = y zwischen Variablen x, y, undψ := (x ≠ x), so ist ψ persistent unter allen Abbildungen B → C, wobeiB ⊆ A, A, C ∈ K, aber in K nicht äquivalent zu einer Formel aus Φ ′ ,weil Σ |= Φ ′ , aber Σ |= ¬ψ. Φ ist zwar gleichungsumfassend, aber nichtnegationsfähig für Σ.Korollar 3.7.2. Falls man in obigem Satz zusätzlich Ba ⊆ Φ voraussetzt,kann man die Bedingung des Satzes über ψ (ψ persistent unter allen Φ-erhaltendenAbbildungen zwischen Strukturen in K) ersetzen durch: ψ ist persistent unter allenΦ-Erweiterungen A ≼ C mit A, C ∈ K.Φ23


Beweis. Die eine Richtung ist trivial, da A ≼ Φ C bedeutet, daß id: A → CΦ-erhaltend ist. Zur Umkehrung sei h: A → C Φ-erhaltend mit Strukturen A, C ausK und a 1 , . . . , a n ∈ A mit A |= ψ(a 1 , . . . , a n ). Mit Kor. 3.4.2 zum Diagrammlemmafolgt: Es existiert ein D ∼ = C, etwa mit Isomorphismus j : C → D, so daß A ≼ Φ Dund j|h(A) = h −1 . Dann folgt D |= ψ(a 1 , . . . , a n ), also C |= ψ(j −1 (a 1 ), . . . , j −1 (a n ))und damit C |= ψ(h(a 1 ), . . . , h(a n )).□Korollar 3.7.3. Sei K = Mod(Σ) mit einer Satzmenge Σ und ψ eine L-Formel. Dann gilt:(i) ψ ist persistent unter Einbettungen zwischen Strukturen in K genau dann,wenn ψ in K äquivalent ist zu einer existentiellen Formel.(ii) ψ ist persistent unter Erweiterungen zwischen Strukturen in K genaudann, wenn ψ in K äquivalent ist zu einer existentiellen Formel.(iii) Ist zusätzlich At negationsfähig für Σ, so gilt: ψ ist persistent unter Homomorphismenzwischen Strukturen in K genau dann, wenn ψ in K äquivalentist zu einer positiv existentiellen Formel.Beweis. Wähle Φ := Ba für (i), (ii) bzw. Φ := At für (iii) im ersten Persistenzsatz;für (ii) verwende das vorhergehende Kor. 3.7.2.□Übung. Sei H die Klasse der Halbordnungen bzgl. der Sprache L = {≤}. Mancharakterisiere die L-Formeln, die in H persistent sind unter injektiven Homomorphismen.Zum Abschluß dieses Paragraphen wollen wir noch ein zum Erhaltungssatz von̷Loś-Tarski analoges Ergebnis herleiten, für dessen Beweis wir jedoch etwas mehrArbeit leisten müssen. Wir nennen im folgenden eine Klasse K von L-Strukturenabgeschlossen gegen Erweiterungen, falls für alle A ∈ K und Strukturen B ⊇ Afolgt, daß auch B ∈ K.Satz 3.7.4. (Erhaltungssatz von ̷Loś, [96]) Eine elementare Klasse K ist genaudann gegen Erweiterungen abgeschlossen, wenn sie eine Axiomatisierung mittelseiner ∃ 1 -Satzmenge Σ zuläßt.Beweis. Wegen der Definition der Substrukturrelation ist nur die eine Richtungder Aussage wirklich beweisbedürftig (vgl. auch Bsp. zu Lemma 3.1.3): SeiK = Mod(Σ) eine elementare, erweiterungsabgeschlossene Strukturklasse, mit ΣSatzmenge über L. Zunächst beweisen wir folgende einfache Hilfsbehauptung:(∗) Für alle Strukturen A und alle Modelle B |= Th(A) ∩ ∃ 1 istwiderspruchsfrei.Th(B) ∪ D(A, A)Beweis von (∗): Sei ψ := ϕ[a 1 /x 1 , . . . , a n /x n ] eine endliche Konjunktion von Aussagenaus D(A, A), also ϕ ∈ Qf, a 1 , . . . , a n ∈ A mit (A, A) |= ψ. Dann gilt alsoA |= ∃x 1 · · · ∃x n (ϕ), also ∃x 1 · · · ∃x n (ϕ) ∈ Th(A) ∩ ∃ 1 . Da B |= Th(A) ∩ ∃ 1 ,so haben wir B |= ∃x 1 · · · ∃x n (ϕ). Also existieren b 1 , . . . , b n ∈ B mit (B, B) |=ϕ[b 1 /x 1 , . . . , b n /x n ], und wir gelangen durch Erweiterung von B zu einer L(A)-Struktur B ′ mittels a B′i := b i für i = 1, . . . , n und a B′ := c (mit c ∈ B beliebig)für alle anderen a ∈ A zu einem Modell von Th(B) ∪ {ψ}; also gilt nach Kompaktheitssatzauch (∗).24


Wir zeigen nun, daß für Ψ := {ϕ ∈ ∃ 1 : Σ |= ϕ} gilt: K |= Mod(Ψ). Wegennachfolgendem allgemeineren Lemma reicht es, dafür nachzuweisen, daß B |= Σfür alle A ∈ K und B |= Th(A) ∩ ∃ 1 . Seien also A, B dergestalt gewählt. Mit (∗)erhalten wir ein Modell C ′ von Th(B) ∪ D(A, A) über L(A), für dessen L-ReduktC wir wegen Kor. 3.4.2 A ⊆ C annehmen können. Damit folgt C ∈ K wegen derAbgeschlossenheit von K gegen Erweiterungen, und wegen C |= Th(B) schließlichB ∈ K.□Lemma 3.7.5. Sei ∆ eine gegen ∨ abgeschlossene Menge von L-Sätzen, K eineelementare Klasse, etwa K = Mod(Σ) mit Satzmenge Σ; sei Σ ∆ := {ϕ ∈ ∆ : Σ |=ϕ}. Dann gilt K = Mod(Σ ∆ ) genau dann, wenn für alle A ∈ K und B |= Th(A)∩∆gilt B ∈ K.Beweis. Es sei zum Beweis der nichttrivialen Richtung B |= Σ ∆ ; zu zeigenist B ∈ K. Dazu müssen wir nach Voraussetzung lediglich ein A ∈ K mit B |=Th(A) ∩ ∆ finden. Setze wie üblich ¬∆ := {¬ϕ : ϕ ∈ ∆}. Es reicht offenbar,die Widerspruchsfreiheit von Σ ∪ (Th(B) ∩ ¬∆) zu verifizieren: Denn ist A |=Σ∪(Th(B)∩¬∆), so gilt B |= Th(A)∩∆; ist nämlich ϕ ∈ Th(A)∩∆ mit B |= ¬ϕ,so folgt A |= ¬ϕ wegen ¬ϕ ∈ Th(B) ∩ ¬∆, ein Widerspruch zu ϕ ∈ Th(A). Seienalso ϕ 1 , . . . , ϕ n ∈ ∆ und B |= ∧ ni=1 ¬ϕ i. Sei ϕ := ∨ ni=1 ϕ i. Dann ist B |= ¬ϕ, undϕ ∈ ∆ nach Voraussetzung. Wäre Σ ∪ {¬ϕ i : i = 1, . . . , n} nicht widerspruchsfrei,so hätten wir Σ |= ϕ, also ϕ ∈ Σ ∆ , und somit B |= ϕ, Widerspruch.□In den anschliessenden Übungen beschäftigen wir uns mit der Charakterisierungelementarer Erweiterungen mittels sog. Sandwiches.Definition 3.7.6. Sei K eine elementare Klasse von L-Strukturen, A, B ∈ K,A ⊆ B, n ∈ N 0 . Ein n-Sandwich in K zu A ⊆ B ist eine Kette von L-StrukturenA i ∈ KA = A 0 ⊆ B = A 1 ⊆ A 2 ⊆ A 3 ⊆ · · · ⊆ A n ⊆ A n+1derart, daß stets A i ≼ A i+2 für i = 0, . . . , n − 1. Eine alternierende Kette in K isteine Kette von L-Strukturen(3.7.1) A 0 ⊆ A 1 ⊆ A 2 ⊆ A 3 ⊆ · · ·derart, daß stets A i ≼ A i+2 für alle i ∈ N 0 . Wir nennen die Kette (3.7.1) einealternierende Kette in K zu A ⊆ B, falls sie alternierend und A 0 = A, A 1 = B ist.Übung. Sei K eine elementare Klasse von L-Strukturen, A, B ∈ K, A ⊆ B.Man zeige, daß für alle n ∈ N 0 giltA ⊆ B erhält alle ∀ n+1 -Formeln genau dann, wenn ein C ∈ Kexistiert mit A ⊆ B ≼∀ nC und A ≼ C,und beweise damit den folgenden Satz:Satz 3.7.7. Sei K eine elementare Klasse von L-Strukturen, A, B ∈ K, A ⊆ B.Dann:(i) Für alle n ∈ N 0 gilt: Es ist A ≼ ∀n B dann und nur dann, wenn in K einn-Sandwich zu A ⊆ B existiert.(ii) Genau dann gilt A ≼ B, wenn es in K eine alternierende Kette zu A ⊆ Bgibt.□25


3.8. Drei lokale Sätze aus der GruppentheorieBereits mit den sehr geringen modelltheoretischen Grundlagen, die wir bis jetzterarbeitet haben, sind interessante algebraische Anwendungen möglich. Wir werdenin diesem Abschnitt sehen, daß man mit dem Kompaktheitssatz unter anderem überein sehr flexibles Instrument zur Übertragung von Sätzen von endlich erzeugtenStrukturen auf unendliche Strukturen verfügt. Dazu betrachten wir exemplarischdie Sprache L = {1, ·, −1 } und die Klasse G der Gruppen als L-Strukturen. EineMenge Γ von L-Sätzen heißt erblich, wenn für alle Gruppen G und jede UntergruppeH von G gilt: G |= Γ ⇒ H |= Γ. (Z. B. ist Γ sicher erblich, wenn Γ ⊆ ∀ 1 .)Beispiele. Die Mengen {α}, {π n }, {ω m } mit den L-Sätzen α := ∀x∀y(x · y =y · x), π n := ∀x (∨ ni=0 xi = 1 ) (für n ∈ N 0 ) und⎛⎞ω m := ∀x 0 · · · ∀x m⎝∨x i = x j⎠ (für m ∈ N 0 )0≤i


(iii) ∀x(R 0 x) ( R ” 0 = G“);(iv) ∀x(R n x ↔ x = 1) ( R ” n = {1}“);(v) ∀x(R i x → R i−1 x), für i = 1, . . . , n ( R ” i ⊆ R i−1 “).Sei i ∈ {1, . . . , n}. Ist ϕ eine L-Formel, so sei ϕ ∗ (i) diejenige L∗ -Formel, die aus ϕentsteht, indem jede Gleichung t 1 = t 2 zwischen L-Termen t 1 , t 2 durch R i (t 1 · t −12 )ersetzt wird, und jede Teilformel der Form ∃x(ψ) durch ∃x(R i−1 x ∧ ψ); es seiΓ ∗ i := {ϕ∗ (i) : ϕ ∈ Γ i}. G ∗ ist ein Modell von Σ := Th(G) ∪ Σ 0 ∪ Γ ∗ 1 ∪ · · · ∪ Γ ∗ n, undist umgekehrt H mit den Interpretationen H i ⊆ H für R i (i = 0, . . . , n) ein Modellvon Σ, so ist H eine Gruppe vom Typ (Γ 1 , . . . , Γ n ). Ferner gilt:(∗) Ist H eine Untergruppe der Gruppe G und G vom Typ (Γ 1 , . . . , Γ n ), so istauch H vom Typ (Γ 1 , . . . , Γ n ). (Denn kanonisch ist G i−1 ∩ H/G i ∩ H ↩→G i−1 /G i , und Γ i ist erblich.)Damit folgt insbesondere: Ist G vom Typ (Γ 1 , . . . , Γ n ) und H eine endlich erzeugteUntergruppe von G, so ist auch H vom Typ (Γ 1 , . . . , Γ n ).Sei nun umgekehrt jede endlich erzeugte Untergruppe H von G vom Typ(Γ 1 , . . . , Γ n ). Wir zeigen: Φ, bestehend aus dem Ba-Diagramm von G zusammenmit Σ, ist erfüllbar. Sei dazu ∆ eine endliche Teilmenge von Φ, g 1 , . . . , g m die in ∆vorkommenden Konstanten aus G. Sei H die von g 1 , . . . , g m erzeugte Untergruppein G. Da H ⊆ G, ist H als L(H)-Struktur ein Modell von ∆ \ Σ. Nach Voraussetzungist H vom Typ (Γ 1 , . . . , Γ n ), und es existieren also Teilmengen H 0 , . . . , H nvon H, so daß H ∗ mit den Interpretationen H i für R i Modell von Σ ist. Also ist H ∗Modell von ∆. Mit dem Kompaktheitssatz folgt, daß nun auch Φ erfüllbar ist, esexistiert also eine Gruppe G ′ vom Typ (Γ 1 , . . . , Γ n ), die G als Untergruppe enthält(nach Diagrammlemma). Mit (∗) folgt, daß auch G von Typ (Γ 1 , . . . , Γ n ) ist. □Als Spezialfall Γ i := {α} folgt:Korollar 3.8.2. (Malcev, [109]) G hat eine auflösbare Normalreihe der Längen genau dann, wenn jede endlich erzeugte Untergruppe von G eine auflösbare Normalreiheder Länge n hat.□Sagt man, eine Gruppe besitze eine gewisse Eigenschaft lokal, falls jede endlicherzeugte Untergruppe die besagte Eigenschaft hat, so hat also eine Gruppe G eineauflösbare Normalreihe der Länge n genau dann, wenn G lokal eine auflösbareNormalreihe der Länge n besitzt.Eine Gruppe heißt fast abelsch, wenn sie einen abelschen Normalteiler von endlichemIndex besitzt. Für n := 2, Γ 1 := {ω m }, Γ 2 := {α} erhält man dann ausSatz 3.8.1:Korollar 3.8.3. Eine Gruppe G ist fast abelsch genau dann, wenn es einm ∈ N 0 gibt, so daß G lokal stets einen abelschen Normalteiler vom Index ≤ mbesitzt.□Wir verwenden nochmals die Beweismethode von Satz 3.8.1, um folgendes Resultatherzuleiten, wahrscheinlich der erste rein algebraische Satz überhaupt, dessenBeweis in essentieller Weise <strong>Modelltheorie</strong> verwendete. Man sagt, eine Gruppe Gist eine lineare Gruppe n-ten Grades. falls G in GL(n; K) eingebettet werden kann,wobei K ein Körper ist. (n ∈ N.)Satz 3.8.4. (Malcev, [108]) Sei n ∈ N, G eine Gruppe. G ist eine lineareGruppe n-ten Grades genau dann, wenn dies lokal der Fall ist.27


Beweis. Sei L n die Klasse aller linearen Gruppen n-ten Grades. ErweitereL zu L ∗ = {1, ·, −1 , 0, +, −, ∗, π ij }, wobei +, ∗ binäre Operationssymbole seien, 0ein Konstantensymbol und − sowie π ij (1 ≤ i, j ≤ n) unäre Operationssymbole.Sei GL n die Klasse aller L ∗ -Strukturen (G, 1, ·, −1 , +, −, ∗, 0, π ij ) mit den folgendenEigenschaften:(i) Zwei Elemente g 1 , g 2 ∈ G sind gleich gdw. π ij (g 1 ) = π ij (g 2 ) für allei, j ∈ {1, . . . , n}.(ii) Ist K := {π ij (g) : g ∈ G, 1 ≤ i, j ≤ n}, so ist (K, 0, 1, +, −, ∗) ein Körper.(iii) Es ist π ij (1) = δ ij für 1 ≤ i, j ≤ n.(iv) Die Operation · ist die Matrixmultiplikation.(v) Für jedes g ∈ G ist ( π ij (g) ) 1≤i,j≤n ∈ GL(n; K), und ist (α ij) 1≤i,j≤n ausGL(n; K), so existiert ein a ∈ G mit α ij = π ij (a) für alle i, j ∈ {1, . . . , n}.GL n ist elementar bzgl. L ∗ . (Der Leser gebe übungshalber L ∗ -Sätze an, die (i)–(v) formalisieren.) Ferner gilt: G ∈ G ist eine lineare Gruppe n-ten Grades genaudann, wenn G zu einer L ∗ -Struktur G ∗ ∈ S(GL n ) erweitert und expandiert werdenkann. S(GL n ) ist universell axiomatisierbar durch Σ ⊆ (∀ 1 ) L ∗ nach dem Satz von̷Loś-Tarski. Wir zeigen, daß L n = {G ∗ |L : G ∗ ∈ S(GL n )} durchΦ := { ϕ ∈ (∀ 1 ) L : für alle G ∗ ∈ S(GL n ): G ∗ |L |= ϕ }axiomatisiert werden kann. Daraus folgt dann sofort die Behauptung, denn ist G ∈ Glokal eine lineare Gruppe n-ten Grades, G selbst aber nicht, so existiert ein ϕ ∈ Φ,etwa ϕ = ∀x(ψ) mit ψ(x) quantorenfrei, so daß G |= ∃x(¬ψ); wähle ein Tupel gmit G |= ¬ψ(g). Dann ist die Untergruppe 〈g〉 ⊆ G nicht aus L n , Widerspruch.—Zunächst ist sicherlich L n ⊆ Mod(Φ). Umgekehrt sei G |= Φ, G ∈ G; betrachtedie L ∗ (G)-Satzmenge Ψ, bestehend aus Σ und dem Diagramm von G. Angenommen,Ψ habe kein Modell; wähle mit dem Kompaktheitssatz Ψ ′ ⊆ Ψ endlichohne Modell, und bezeichne g 1 , . . . , g m (m ≥ 1) die in Ψ ′ vorkommenden Konstantenvon G, sowie ψ(x 1 , . . . , x m ) die Konjunktion aller Formeln ϕ(x 1 , . . . , x m ) mitϕ[g 1 /x 1 , . . . , g m /x m ] ∈ Ψ ′ \Σ. (Es ist Ψ ′ \Σ ≠ ∅, da Ψ ′ inkonsistent.) Dann gilt alsoΣ |= ¬ψ[g 1 /x 1 , . . . , g m /x m ]); mit Kor. 2.6.3 folgt Σ |= ∀x 1 · · · ∀x m (¬ψ) =: ϑ. Aberϑ ist damit aus Φ, müßte also in G gelten, im Widerspruch zu G |= ψ(g 1 , . . . , g m ).Mit dem Diagrammlemma existiert also eine L ∗ (G)-Struktur aus S(GL n ), derenL-Redukt G als Untergruppe enthält; also G ∈ L n .□Korollar 3.8.5. Sei G eine Gruppe. Genau dann ist G die multiplikativeGruppe eines Körpers, wenn G lokal die multiplikative Gruppe eines Körpers ist.□Man vgl. in diesem Zusammenhang auch Satz 7.10.23.— Wir wenden uns geordnetenGruppen zu: Eine geordnete Gruppe ist eine Gruppe G, zusammen miteiner linearen Ordnung, die mit der Gruppenoperation verträglich ist, d.h.g < h ⇒ k · g < k · h, g · k < h · k für alle g, h, k ∈ G.G heißt anordbar, falls eine Ordnung auf G existiert, so daß (G,


Beweis. Nach dem Struktursatz für endlich erzeugte abelsche Gruppen (sieheSatz 7.10.5) hat jede endlich erzeugte torsionsfreie abelsche Gruppe G die FormG ∼ = Z n für ein n ∈ N. G ist damit anordbar, indem man von der in kanonischerWeise geordneten abelschen Gruppe Z ausgeht und Z n mit der induzierten lexikographischenOrdnung versieht.□Ein weiterer lokaler Satz, aus dem wir dann die gewünschte Umkehrung erhaltenwerden, ist:Satz 3.8.7. (̷Loś, [94]) Eine Gruppe G ist anordbar genau dann, wenn G lokalanordbar ist.Beweis. Die Richtung ”G anordbar ⇒ G lokal anordbar“ ist trivial. Zur Umkehrung:Sei G lokal anordbar. Erweitere L zu L ∗ = {1, ·, −1 ,


ϕ 1 := (Q 2 x 2 · · · Q n x n (ψ)). Es ist ¬ϕ 1 äquivalent zu ˜Q 2 x 2 · · · ˜Q n x n (¬ψ), wobei˜∃ := ∀, ˜∀ := ∃. Nach Induktionsannahme existieren dann existentielle Formeln∃z 1 · · · ∃z k (ϱ)∃u 1 · · · ∃u l (σ)Man unterscheide nun zwei Fälle:äquivalent zu ϕ 1 in K, ϱ ∈ Qf,äquivalent zu ¬ϕ 1 in K, σ ∈ Qf.1. Q 1 = ∃: Dann ist ϕ äquivalent zu ∃x 1 ∃z 1 · · · ∃z k (ϱ).2. Q 1 = ∀: Da ϕ 1 in K äquivalent ist zu ∀u 1 · · · ∀u l (¬σ), folgt, daß ϕ äquivalentist in K zu ∀x 1 ∀u 1 · · · ∀u l (¬σ). Diese Formel ist nach (iii) aber inK gleichwertig mit einer existentiellen Formel.Dies vervollständigt den Induktionsschritt.Definition 4.1.2. Eine primitive L-Formel ist eine existentielle L-Formel derForm( m)∧∃x 1 · · · ∃x n ψ i mit ψ i ∈ Ba.i=1Korollar 4.1.3. Unter den Voraussetzungen des Satzes hat man folgende weitere,zu (i)–(v) äquivalente Bedingung:(vi) Für alle A, B ∈ K mit A ⊆ B und alle b 1 , . . . , b m ∈ A und primitivenL-Formeln ϕ(y 1 , . . . , y m ) gilt:B |= ϕ(b 1 , . . . , b m ) ⇒ A |= ϕ(b 1 , . . . , b m )Beweis. (ii) ⇒ (vi): Nach (ii) gilt, da ¬ϕ äquivalent ist zu einer ∀ 1 -Formel:Ist A |= ¬ϕ(b 1 , . . . , b m ), so auch B |= ¬ϕ(b 1 , . . . , b m ).(vi) ⇒ (ii): Sei ϕ := ∀x 1 · · · ∀x n (ψ) eine universelle L-Formel mit ψ quantorenfrei.ψ ist logisch äquivalent zu einer Formel in konjunktiver Normalform,etwa ∧ ki=1∨ lij=1 ψ ij mit ψ ij ∈ Ba. ϕ ist damit logisch äquivalent zu ∧ ki=1 ϱ i mitϱ i := ∀x 1 · · · ∀x n ( ∨ l ij=1 ψ ij). Jedes ¬ϱ i ist äquivalent zu einer primitiven Formel σ i .Wegen (vi) bleibt jedes ϱ i unter Erweiterungen zwischen Strukturen aus K erhalten,und damit ebenso ϕ.□4.2. Algebraisch abgeschlossene KörperWir betrachten die Sprache L = {0, 1, +, −, ·} der Ringe. Es sei Kö die Klasse derKörper (als L-Strukturen). Kö ist eine elementare Klasse.Übung. Man gebe ein ∀ 2 -Axiomensystem für die Klasse der Körper an.Sei AAK die Klasse der algebraisch abgeschlossenen Körper als Strukturenüber L; es ist AAK ≠ ∅, da etwa C ∈ AAK. AAK ist eine elementare Klassemit einem rekursiv aufzählbaren (aber unendlichen) Axiomensystem; man nehmenämlich einfach die Axiome für Körper zusammen mit(( d∑)) }{∀Y 1 · · · ∀Y d Y d ≠ 0 → ∃X Y i X i = 0 : d ∈ N .i=0(Im Zusammenhang mit Polynomen verwenden wir auch Großbuchstaben als Variablen.)32□


Wir wollen nun die Modellvollständigkeit der Klasse AAK herleiten; dazu verwendenwir den in der kommutativen Algebra bewiesenen, fundamentalen HilbertschenNullstellensatz (vgl. [33], I, Prop. 3.7). Zur Erinnerung:Definition 4.2.1. Sei R ein kommutativer Ring mit Eins, a ein Ideal von R.Dann heißt√ a := {f ∈ R : ∃n ∈ N : f n ∈ a}das Radikalideal von a. Ein Ideal a heißt radikal, falls √ a = a.Daß √ a tatsächlich ein Ideal ist, sieht man so ein: Sind f, g, p, q ∈ R, und istf n ∈ a für ein n ∈ N und g m ∈ a für ein m ∈ N, so folgtm+n∑( )(pf + qg) m+n m + n=(pf) i (qg) m+n−i ∈ aii=0wegen i ≥ n oder m + n − i ≥ m für alle i = 0, . . . , m + n.— Ferner:Definition 4.2.2. Sei K ein Körper, a ein Ideal von K[X 1 , . . . , X n ]. Dannnennt manV (a) := { (a 1 , . . . , a n ) ∈ K n : ∀f ∈ a : f(a 1 , . . . , a n ) = 0 }die durch a definierte (affine) algebraische K-Varietät oder algebraische Mannigfaltigkeit(im affinen Raum A n (K) ≃ K n ). Ist umgekehrt V = V (a) eine algebraischeVarietät, so setzeI(V ) := { f ∈ K[X 1 , . . . , X n ] : ∀(a 1 , . . . , a n ) ∈ V : f(a 1 , . . . , a n ) = 0 } .Wegen dem Hilbertschen Basissatz ([33], I, Prop. 2.3) ist V ⊆ A n (K) genaudann eine K-Varietät, wenn es endlich viele Polynome f 1 , . . . , f m gibt derart, daßV = { (a 1 , . . . , a n ) ∈ K n : f i (a 1 , . . . , a n ) = 0 für alle i = 1, . . . , m } .I(V ) ist ein Ideal von K[X 1 , . . . , X n ] mit I(V ) ⊇ a. Es ist sehr wohl I(V ) ≠ amöglich. (Ist etwa a = (X1 2 ), so ist X 1 ∈ I(V (a)), aber X 1 /∈ a.) Jedoch gilt füralgebraisch abgeschlossene Körper:Hilbertscher Nullstellensatz. Sei K algebraisch abgeschlossen. Für einbeliebiges Ideal a von K[X 1 , . . . , X n ] gilt I(V (a)) = √ a.□Übung. Bilden I( · ) und V ( · ) eine Galois-Verbindung? (Vgl. Prop. 2.7.3.)Wir benötigen für unsere Zwecke folgendes (in der Tat zum Hilbertschen Nullstellensatzäquivalentes, siehe Bem. nach Lemma 4.2.6) Korollar, bekannt auch alsschwacher Nullstellensatz“:”Korollar 4.2.3. Sei K ein algebraisch abgeschlossener Körper. Ein Systemf 1 (X 1 , . . . , X n ) = 0,· · ·f m (X 1 , . . . , X n ) = 0von Polynomgleichungen über K hat dann und nur dann keine Lösung in K n , wenndas konstante Polynom 1 als Linearkombinationm∑1 = p i f ii=1mit p i ∈ K[X 1 , . . . , X n ] ausgedrückt werden kann.33


Beweis. Nach dem Nullstellensatz ist, falls V (f 1 , . . . , f m ) = ∅, die 1 im Radikalvon (f 1 , . . . , f m ). Die Umkehrung liegt auf der Hand.□Wir sind nun in der Lage, damit die Modellvollständigkeit der Klasse der algebraischabgeschlossenen Körper zu beweisen; erstmals wurde dies von Robinson[124] nachgewiesen. (Später — in §5.5.2 — werden wir einen alternativen Zugangzur Modellvollständigkeit von AAK erhalten, der dieses algebraische Hilfsmittelvermeidet und sogar zu einem Beweis desselben führt; vgl. aber Bem. 4.2.7.)Satz 4.2.4. Die Klasse AAK ist modellvollständig.Beweis (mit Kriterium (vi) des Robinson-Tests). L-Terme in VariablenX i können geschrieben werden als Polynome aus Z[X 1 , . . . , X n ]; atomare Formelnkönnen geschrieben werden als Polynomgleichungenf(X 1 , . . . , X n ) = 0 mit f ∈ Z[X 1 , . . . , X n ].Primitive Formeln haben dann die Gestalt( k)∧∃X 1 · · · ∃X n ϕ i (X 1 , . . . , X n )(Y 1 , . . . , Y m );i=1o.B.d.A. ist jedes ϕ i von der Formf(X 1 , . . . , X n , Y 1 , . . . , Y m ) = 0 oder f(X 1 , . . . , X n , Y 1 , . . . , Y m ) ≠ 0mit f ∈ Z[X 1 , . . . , X n , Y 1 , . . . , Y m ].Seien K, K ′ algebraisch abgeschlossene Körper, K ⊆ K ′ , b 1 , . . . , b m ∈ K, sodaß (mit X = (X 1 , . . . , X n ), Y = (Y 1 , . . . , Y m ) und b = (b 1 , . . . , b m ))K ′ |= ∃X(k1∧i=1f i (X, Y) = 0 ∧∧k 2i=k 1+1f i (X, Y) ≠ 0)(b).Setze f i (X, b) =: g i (X 1 , . . . , X n ) ∈ K[X 1 , . . . , X n ]. Nach Voraussetzung ist(k1)∧∧k 2K ′ |= ∃X g i (X) = 0 ∧ g i (X) ≠ 0 .i=1i=k 1+1Wir setzen g := ∏ k 2i=k g 1+1 i, erhalten so(k1)∧K ′ |= ∃X g i (X) = 0 ∧ g(X) ≠ 0 ,i=1und bringen den Rabinowitsch-Trick zum Einsatz: Sei Z eine neue Variable ungleichX 1 , . . . , X n ; setze h := (1 − Zg) ∈ K[X 1 , . . . , X n , Z]. Damit verwandelt sich dieUngleichung in eine Gleichung, und wir erhalten:(k1)∧K ′ |= ∃X∃Z g i (X) = 0 ∧ h(X, Z) = 0i=1Also gibt es — trivialerweise — keine p 1 , . . . , p k1 , p ∈ K[X 1 , . . . , X n , Z], so daß1 = ∑ k 1i=1 p ig i + gh. Mit Korollar 4.2.3 erhalten wir, da K ⊆ K ′ ,(k1)∧K |= ∃X∃Z g i (X) = 0 ∧ h(X, Z) = 0 ,i=134


und eine geeignete Stelle in K ist Lösung des ursprünglichen Systems von Gleichungenund Ungleichungen in K.□Bemerkung 4.2.5. In der Tat ist der Hilbertsche Nullstellensatz in einemgewissen Sinne äquivalent mit der Modellvollständigkeit von AAK, denn es gilt:Sei AAK als modellvollständig angenommen; ist K ein algebraisch abgeschlossenerKörper und sind f 1 , . . . , f m ∈ K[X 1 , . . . , X n ] mit gemeinsamer Nullstelle a in einemErweiterungskörper L von K, so ist a ∈ L n ⊆ L n auch Nullstelle der f i imalgebraischen Abschluß L von L, und also haben f 1 , . . . , f m auch in K eine gemeinsameNullstelle. Das nachfolgende einfache Lemma und die anschließende Übungvervollständigen dann den Beweis der ausgesprochenen Behauptung.Lemma 4.2.6. Sei K ein Körper und f 1 , . . . , f m ∈ K[X 1 , . . . , X n ] derart daß(f 1 , . . . , f m ) ≠ K[X 1 , . . . , X n ]. Dann existiert ein Erweiterungskörper L von K, indem die f i eine gemeinsame Nullstelle besitzen.Beweis. Wegen (f 1 , . . . , f m ) ≠ K[X 1 , . . . , X n ] existiert ein maximales Ideal m,das alle f i enthält. L := K[X 1 , . . . , X n ]/m ist ein Körper; man hat die kanonischeInjektion φ: K → L, a ↦→ a + m, also o.E. K ⊆ L. Offensichtlich ist nun (X 1 +m, . . . , X n + m) gemeinsame Nullstelle der f 1 , . . . , f m in L. □Übung. Beweise den Hilbertschen Nullstellensatz unter der Voraussetzung desschwachen Nullstellensatzes (Kor. 4.2.3). (Hinweis: Rabinowitsch-Trick.)Bemerkung 4.2.7. Mit Hilfe des obigen Lemmas 4.2.6 kann man, wenn manwill, einen modelltheoretischen Beweis für den schwachen (und also auch den Hilbertschen)Nullstellensatz erbringen (sein Verständnis ist für das Nachfolgende nichtwesentlich). Sei K algebraisch abgeschlossen, und seien f 1 , . . . , f m ∈ K[X 1 , . . . , X n ]mit (f 1 , . . . , f m ) ≠ K[X 1 , . . . , X n ]; wähle L gemäß Lemma 4.2.6. Sei κ eine Kardinalzahlecht größer als max(card(K), card(L)), etwa κ := max(card(K), card(L)) + .Mit dem Satz von Löwenheim-Skolem aufwärts“ (§9.4) existieren elementare ErweiterungenL ′ und K ′ von L bzw. K mit Mächtigkeit κ. Sei B Transzendenzbasis”von L ′ /K, C Transzendenzbasis von K ′ /K. Mit einer mengentheoretischen Überlegung(siehe nachfolgende Übung) erkennt man, daß für eine Körpererweiterungk ′ /k, card(k) ≥ ℵ 0 , mit Transzendenzbasis B ′ gilt: card(k ′ ) = card(k(B ′ )), dak ′ /k(B ′ ) algebraisch ist, sowie card(k(B ′ )) = max(card(k), card(B ′ )). Somit folgtcard(B) = card(C) = κ. Man kann nun jede Bijektion B → C auf genau eineWeise zu einem K-Isomorphismus K(B) → K(C) fortsetzen, und diesen — da L ′bzw. K ′ die algebraischen Abschlüsse von K(B) bzw. K(C) sind — zu einem K-Isomorphismus L ′ → K ′ . Nun besitzt unser algebraisches Gleichungssystem f i = 0,i = 1, . . . , m, in L ′ eine Lösung, damit auch in K ′ und wegen K ≼ K ′ schließlichauch in K selbst.Übung. Man beweise die folgenden in obiger Bemerkung verwendeten Tatsachen:Sei L/K eine Körpererweiterung und card(K) ≥ ℵ 0 .(i) Ist L/K algebraisch, so ist card(K) = card(L).(ii) Ist B ⊆ L, so ist card(K(B)) = max(card(B), card(K)).4.3. Axiomatisierung modellvollständiger KlassenWir wenden uns nun den Axiomatisierungseigenschaften modellvollständiger Klassenzu.35


Satz 4.3.1. Sei K eine modellvollständige Klasse, K = Mod(Σ), von L-Strukturen.Dann existiert eine Menge ∆ von ∀ 2 -Sätzen in L, so daß K = Mod(∆). FallsL abzählbar und effektiv gegeben sowie Σ rekursiv aufzählbar ist, so kann man auch∆ rekursiv aufzählbar wählen.Beweis. Sei∆ 0 := {ϕ ∈ Sa L ∩ ∀ 1 : Σ |= ϕ}.Dann gilt Mod(∆ 0 ) = S(K). Sei ferner ∆ 1 die Menge aller ϕ ∈ Sa L ∩ ∀ 2 , so daßψ ∈ ∀ 1 , ϱ ∈ ∃ 1 existieren derart, daß ϕ universeller Abschluß der pränexen Normalformvon ψ → ϱ ist und Σ |= ψ ↔ ϱ gilt. Setze ∆ := ∆ 0 ∪ ∆ 1 . Dann giltK = Mod(Σ) ⊆ Mod(∆) ⊆ S(K). Es ist Mod(∆) ebenfalls modellvollständig, dennzu jeder universellen L-Formel ψ gibt es eine existentielle L-Formel ϱ (dieselbe wiefür K), so daß ∆ |= ψ ↔ ϱ. (Bis auf logische Äquivalenz liegt die eine Implikationliegt in ∆ 1 , die andere in ∆ 0 .) Zu zeigen ist Mod(∆) ⊆ K. Sei dazu A |= ∆; dann istA ∈ S(K), also existiert B ∈ K, A ⊆ B. Wir müssen A |= σ für alle σ ∈ Σ zeigen.Da Mod(∆) modellvollständig ist, gibt es einen L-Satz σ ′ existentiellen Typs mit∆ |= ¬σ ↔ σ ′ . Man weiß nun, daß B |= σ, also B |= ¬σ ′ , damit (¬σ ′ universell bisauf logische Äquivalenz!) A |= ¬σ ′ , und also A |= σ.□ist.Übung. Man zeige, daß die erste Behauptung in obigem Satz nicht umkehrbar4.4. Induktive Strukturklassen. Der Erhaltungssatz von LyndonKettenkonstruktionen sind in vielen mathematischen Beweisen zentral (vgl. etwaSatz 3.7.7). Wir erinnern an die formale Definition (vgl. [25], 1.2.10 ff.):Definition 4.4.1. Eine nichtleere Menge M von L-Strukturen heißt eine Kette,falls für alle A, B ∈ M gilt: A ⊆ B oder B ⊆ A. D.h.: (M, ⊆) ist eine total geordneteMenge.Bekanntlich ([25], Lemma 1.2.11) ist dann kanonisch die L-Struktur M = ⋃ Mwohldefiniert, und es gilt M ⊇ A für alle A ∈ M. Wir definieren ferner:Definition 4.4.2. Sei n ∈ N 0 ∪ {∞}. Eine Kette M von L-Strukturen heißen-elementar, falls für alle A, B ∈ M mit A ⊆ B gilt: A ≼ ∀n B. (Dabei stehe absofort ≼ ”∀∞ “ für ≼“.) Man nennt eine ∞-elementare Kette meist einfach nur eine”elementare Kette.Damit erhalten wir folgendes, auch als Satz über elementare Ketten bezeichnetesgrundlegendes Ergebnis über das Wohlverhalten elementarer bzw. allgemeiner n-elementarer Ketten [169]:Satz 4.4.3. Sei n ∈ N 0 ∪ {∞}. Ist M eine n-elementare Kette, so ist A ≼ ∀n⋃ M für alle A ∈ M.Beweis. Sei M := ⋃ M. Da A ≼ M genau dann, wenn A ≼ ∀n M für allen ∈ N 0 ist, genügt es, den Fall n ∈ N 0 zu betrachten. Durch Induktion über0 ≤ k ≤ n zeigen wir für alle m ∈ N, alle ∀ k -Formeln ϕ(x 1 , . . . , x m ), alle A ∈ Mund alle a = (a 1 , . . . , a m ) ∈ A m , daß M |= ϕ(a) genau dann, wenn A |= ϕ(a).Der Induktionsanfang k = 0 ist trivial wegen A ⊆ M. Sei also k ≥ 1, unddie Behauptung für k − 1 bewiesen, ϕ von der Form ϕ = ∀y(ψ) mit ∃ k−1 -Formelψ(x 1 , . . . , x m , y 1 , . . . , y l ), und gelte A |= ϕ(a). Wenn nun M ̸|= ϕ(a), so gibt es ein36


p ∈ M l mit M |= ¬ψ(a, p). Es existiert ein B ∈ M mit a 1 , . . . , a m , p 1 , . . . , p l ∈ B,für das nach Induktionsannahme (da ¬ψ(a, p) einem ∀ k−1 -Satz gleichwertig ist)B |= ¬ψ(a, p) gelten muß. Nun gilt aber nach Voraussetzung A ≼ ∀n B oder B ≼ ∀nA, und in beiden Fällen erhält man einen Widerspruch.Gelte umgekehrt M |= ϕ(a), und angenommen, es gibt ein p ∈ A l derart, daßA |= ¬ψ(a, p); wieder ist ¬ψ(a, p) ein ∀ k−1 -Satz, also folgt wegen A ≼ ∀k−1 M nachInduktionsannahme auch M |= ¬ψ(a, p), ein Widerspruch.□Dieser Satz läßt sich nicht auf beliebige Ketten übertragen, d.h. im allgemeinen⋃ist für n ∈ N 0 ∪ {∞} und eine Kette M von L-Strukturen nicht A ≼ ∀n M(Bsp. s.u.). Elementare Klassen von L-Strukturen, die unter Vereinigung beliebigerKetten abgeschlossen sind, verdienen deshalb besondere Beachtung:Definition 4.4.4. Eine Klasse K von L-Strukturen heißt induktiv, falls fürjede Kette M ⊆ K gilt, daß ⋃ M ∈ K.Lemma 4.4.5. Sei ∆ eine Menge von ∀ 2 -Sätzen aus L. Dann ist Mod(∆) induktiv.Beweis. Sei δ ∈ ∆, etwa δ = ∀x∃y(δ 1 ) mit x = (x 1 , . . . , x n ), y = (y 1 , . . . , y m ),δ 1 quantorenfrei. Sei M eine Kette in Mod(∆); dann gilt für alle A ∈ M: A |= δ.Sei M := ⋃ M. Sei a = (a 1 , . . . , a n ) ∈ M n ; zu zeigen ist M |= ∃y(δ 1 (a, y)). WähleA ∈ M so, daß a i ∈ A für alle 1 ≤ i ≤ n; es gibt dann b = (b 1 , . . . , b m ) ∈ A m , sodaß A |= δ 1 (a, b). Aber b i ∈ A ⊆ M für i = 1, . . . , m; also folgt M |= δ. □Damit erhalten wir aus Satz 4.3.1:Korollar 4.4.6. Jede modellvollständige Klasse von L-Strukturen ist induktiv.□Wir wollen nun zeigen, daß zu obigem Lemma 4.4.5 auch die Umkehrung gilt;dies führt zu:Satz 4.4.7. (Erhaltungssatz von ̷Loś-Suszko-Chang, [97], [60]) ElementareKlassen sind induktiv dann und nur dann, wenn sie ∀ 2 -Axiomatisierungen besitzen.Beweis. Die eine Richtung wurde bereits in Lemma 4.4.5 erledigt.Sei also K = Mod(Σ), Σ L-Satzmenge, induktiv. Wir zeigen K = Mod(Σ ′ ) mitΣ ′ := {ϕ ∈ ∀ 2 : Σ |= ϕ} und haben damit den Satz bewiesen. Sei deshalb A |= Σ ′ ;wir begründen in Kürze, daß dann ein B |= Σ mit ∀ 1 -erhaltender ErweiterungA ⊆ B existiert; nach Satz 3.7.7 (wähle dort n = 1, K = Mod(∅)) erhalten wirdann ein C mit A ⊆ B ≼ ∀1 C und A ≼ C, sukzessive also eine KetteA 0 = A ⊆ B = A 1 ⊆ A 2 ⊆ · · ·mit A 2i ≼ A 2(i+1) , A 2i+1 ∈ K für jedes i ∈ N 0 . Nach dem Satz 4.4.3 gilt M :=⋃{A2i : i ∈ N 0 } ≽ A. Da K induktiv ist, haben wir aber auch N := ⋃ {A 2i+1 : i ∈N 0 } ∈ K. Aber offenbar ist M = N, und es folgt A |= Σ.Es verbleibt uns damit die Konstruktion einer ∀ 1 -erhaltenden ErweiterungB ⊇ A mit B ∈ K. Es genügt offensichtlich der Nachweis, daß Σ ∪ D ∀1 (A, A)widerspruchsfrei ist. Nach Kompaktheitssatz und wegen der Abgeschlossenheit von∀ 1 gegenüber endlichen Konjunktionen bis auf logische Äquivalenz reicht es weiterhin,die Erfüllbarkeit vonΣ ∪ {∀x(ψ)[a/y]}37


mit ψ ∈ Qf, x = (x 1 , . . . , x n ), a = (a 1 , . . . , a m ) ∈ A m , a 1 , . . . , a m paarweiseverschieden und (A, A) |= ∀x(ψ)[a/y] zu zeigen. Angenommen, dies sei nichtder Fall, d.h. es gelte Σ |= ∃x(¬ψ)[a/y]. Umgang mit Konstanten liefert unsΣ |= ∀y∃x(¬ψ(x, y)) =: ϕ mit y = (y 1 , . . . , y m ). Da A |= Σ ′ und ϕ ∈ Σ ′ , folgtA |= ϕ, was (A, A) |= ∀x(ψ)[a/y] widerspricht.□Beispiel. Die Klasse TZ der torsionsfreien zyklischen Gruppen bzgl. L ={0, +} ist nicht induktiv, also auch nicht ∀ 2 -axiomatisierbar.Beweis. Jede Gruppe G ∈ TZ ist isomorph zu der additiven Gruppe (Z, 0, +)der ganzen Zahlen. Sei (Q, 0, +) die additive Gruppe der rationalen Zahlen undQ = {r n : n ∈ N} eine Abzählung von Q. Jede nichttriviale endlich erzeugteUntergruppe von Q, etwa auch 〈r 1 , . . . , r n 〉 mit n > 1, ist unendlich zyklisch, alsomit Z isomorph. Es gilt Q = ⋃ n∈N 〈r 1, . . . , r n 〉. In Q gilt der Satz ∀x∃y(x = ny) fürjedes n ∈ N, nicht aber in Z. (Betrachte n = 2.)□(Dies ist nicht sehr erstaunlich, denn TZ ist, etwa nach Löwenheim-Skolem-Tarski, [25], Satz 2.4.17, oder §9.4, überhaupt nicht axiomatisierbar.)Aus dem Satz über elementare Ketten erhalten wir nun noch als Zugabe einenweiteren Erhaltungssatz. Wir sagen, eine Klasse K von L-Strukturen sei abgeschlossenunter homomorphen Bildern, falls für alle L-Strukturen A, B und surjektiveHomomorphismen h: A ↠ B mit A auch B aus K ist, d.h. falls H(K) = K, wobeiH(K) := { B : es existiert A ∈ K und h: A ↠ B } .Wir wissen nach Lemma 3.1.5, daß surjektive Homomorphismen die FormelmengePos erhalten. Umgekehrt gilt:Satz 4.4.8. (Erhaltungssatz von Lyndon, [99]) Eine elementare Klasse K ≠ ∅ist abgeschlossen unter homomorphen Bildern genau dann, wenn sie eine Axiomatisierungdurch positive Sätze besitzt.Vor dem Beweis ein Lemma:Lemma 4.4.9. Seien A, B L-Strukturen, und existiere eine (Pos∩Sa)-erhaltendeAbbildung A → B. Dann existiert ein B ′ ≽ B und eine Pos-erhaltende Abbildungf : A → B ′ sowie ein A ′ ≽ A und eine ¬Pos-erhaltende Abbildung g : B → A ′ .Beweis. Indem wir zu isomorphen Kopien übergehen, können wir A ∩ B = ∅erreichen. Wir zeigen, daß Th(B, B) ∪ D Pos (A, A) widerspruchsfrei ist. Aufgrunddes Kompaktheitssatzes und der konjunktiven Abgeschlossenheit von D Pos (A, A)genügt es, die Konsistenz von Th(B, B) ∪ {ϕ[a/x]} für a = (a 1 , . . . , a n ), x =(x 1 , . . . , x n ), ϕ[a/x] ∈ D Pos (A, A) zu zeigen; angenommen, dies wäre nicht der Fall.Da die Konstanten a i disjunkt zu L(B) gewählt sind, folgt dann mit Satz 2.6.2⎛⎛⎞ ⎞⎜⎜∧ ⎟ ⎟Th(B, B) |= ∀x(ψ) mit ψ := ⎝⎝x i = x j ⎠ → ¬ϕ⎠ ,1≤i,j≤na i=a jalso B |= ¬∃x(¬ψ). Da ϕ ∈ Pos, ist ∃x(¬ψ) ∈ Pos ∩ Sa, also nach VoraussetzungA |= ¬∃x(¬ψ), im Widerspruch zu A |= ϕ(a). Mit dem Diagrammlemma folgt dieBehauptung.— Den zweiten Teil beweist man analog.□38


Beweis (Satz 4.4.8, nach [16], §10.3). Zum Beweis der nichttrivialen Richtungist wegen Lemma 3.7.5 zu zeigen, daß für alle B |= Th(A) ∩ Pos, wobeiA ∈ K, auch B ∈ K ist. Sei K = Mod(Σ) mit einer L-Satzmenge Σ. Wir verwendenein Kettenargument: Setze A 0 := A ∗∗0 := A, B 0 := B ∗∗∗0 := B. DaB |= Th(A) ∩ Pos, existiert nach obigem Lemma ein B ∗ 1 ≽ B ∗∗∗0 und ein Poserhaltendesf 0 : A ∗∗0 → B1. ∗ Expandiere A ∗∗0 , B ∗ 1 zu L(A 0 )-Strukturen A ∗∗∗0 :=(A ∗∗0 , A 0 ) und B ∗∗1 := (B ∗ 1, f 0 (A 0 )). Offensichtlich übertragen sich positive Sätzevon A ∗∗∗0 nach B ∗∗1 , und nach dem zweiten Teil des obigen Lemmas existiert A ∗ 1 ≽A ∗∗∗0 und g 1 : B1 ∗∗ → A ∗ 1 ¬Pos-erhaltend. Expandiere zu L(A 0 ∪ B 1 )-StrukturenA ∗∗1 := (A ∗ 1, g 1 (B 1 )), B ∗∗∗1 := (B ∗∗1 , B 1 ). Positive Sätze übertragen sich von A ∗∗1nach B ∗∗∗1 , wir finden also B ∗ 2 ≽ B ∗∗∗1 und f 1 : A ∗∗1 → B2 ∗ Pos-erhaltend, usw.(Man mache sich ein Bild!) Es gilt A ∗ n|L = A ∗∗n |L = A ∗∗∗n |L =: A n und B ∗ n|L =B ∗∗n |L = B ∗∗∗n |L =: B n für alle n ∈ N. Wir erhalten so zwei elementare KettenA = A 0 ≼ A 1 ≼ · · · und B = B 0 ≼ B 1 ≼ · · · mit Pos-erhaltenden Abbildungenf n : A n → B n+1 und ¬Pos-erhaltenden Abbildungen g n+1 : B n+1 → A n+1 für allen ∈ N 0 . Setze nun A ∞ := ⋃{ }A n : n ∈ N 0 , B∞ := ⋃{ }B n : n ∈ N 0 . Mit dem Satzüber elementare Ketten ist A ≼ A ∞ , B ≼ B ∞ . Man betrachte nun für n ∈ N dieL(A n−1 ∪ B n )-StrukturenA ∗∗n =(A ∗ n ,n−1⋃k=0A k ∪)n⋃g k (B k )k=1, B ∗∗∗n =Für alle a ∈ A k−1 , b ∈ B k , 1 ≤ k ≤ n gilt a A∗∗ nb A∗∗ n= g k (b), b B∗∗∗ n(A ∗ n ,n−1⋃k=0= a, a B∗∗∗ nf k (A k ) ∪)n⋃B k .k=1= f k−1 (a) und= b. Da f n : A ∗∗n → Bn+1 ∗ als Pos-erhaltende( )Abbildung einn → B ∗ n+1 ist (At ⊆ Pos!), gilt f n a A∗∗ n = a B∗ n+1 , undHomomorphismus A ∗∗( )wegen B ∗∗∗n ≼ B ∗ n+1 auch a B∗ n+1 = aB ∗∗∗n , also fn a A∗∗ n = a B∗∗∗ n für alle a ∈( )A n−1 . Ist a ∈ A k−1 mit 1 ≤ k ≤ n, so folgt f k−1 (a) = a B∗∗∗ n = f n a A∗∗ n =f n (a), also f k−1 = f n |A k−1 . Somit definiert f ∞ := ⋃ ∞n=0 f n einen HomomorphismusA ∞ (→ B) ∞ . Dieser ist sogar surjektiv, da für b ∈ B k , 1 ≤ k ≤ n gilt: f n (g k (b)) =f n b A∗∗ n= b B∗ n+1, wegen B ∗∗∗n ≼ B ∗ n+1 weiter b B∗ n+1= b B∗∗∗ n= b, also f n ◦ g k =id Bk . Da A |= Σ, folgt A ∞ |= Σ, also A ∞ ∈ K und nach Voraussetzung also auchB ∞ ∈ H(K) = K, somit B ∞ |= Σ, und schließlich B |= Σ, d.h. B ∈ K. □Übung. Sei L = {0, 1, +, −, ·}. Zeige: Die einelementigen L-Strukturen sinddie einzigen homomorphen Bilder von Körpern, die keine Körper sind.4.5. VollständigkeitZur Erinnerung: Wir nannten eine Menge Φ von L-Sätzen vollständig, falls für jedenSatz ψ über L gilt: Entweder Φ |= ψ oder Φ |= ¬ψ (vgl. Def. 2.5.1). Nun übertragenwir diesen Begriff auf Strukturklassen.Definition 4.5.1. Eine Klasse K von L-Strukturen heißt vollständig, falls füralle A, B ∈ K gilt: A, B sind elementar äquivalent, i.Z. A ≡ B, d.h. für alle L-Sätzeϕ giltA |= ϕ ⇔ B |= ϕ.(Vgl. Def. 2.4.15 in [25].)Bemerkungen. Offensichtlich gilt:39


(i) Zwei L-Strukturen A, B sind elementar äquivalent d.u.n.d., wenn ihreTheorien dieselben sind, und d.u.n.d., wenn die leere Abbildung ∅: A →B alle L-Sätze erhält.(ii) Es ist A ∼ = B eine hinreichende, aber nicht notwendige Bedingung fürA ≡ B. (Beweis!)(iii) Eine elementare Klasse K = Mod(Σ) ist d.u.n.d. vollständig, wenn dieL-Satzmenge Σ vollständig ist.(Der Begriff der elementaren Äquivalenz stammt von Tarski [162].)Übung. Sind N 0 und N elementar äquivalent als geordnete Mengen? Ist N 0eine elementare Erweiterung (als geordnete Menge) von N?Übung. Sind der Polynomring C[X] und sein Quotientenkörper C(X) elementaräquivalent? Ist C(X) elementare Erweiterung von C[X]?Es bedarf wohl keiner weiteren Begründung mehr, warum zu erwarten ist, daßvollständige elementare Klassen besonders schöne Eigenschaften besitzen: Hat mandie Vollständigkeit einer Klasse algebraischer Strukturen einmal nachgewiesen, sohat man wegen der elementaren Äquivalenz je zweier ihrer Instanzen ein mächtigesBeweisprinzip in der Hand: Um eine in der Logik erster Stufe formulierbareVermutung zu beweisen oder zu widerlegen, genügt es, dies für eine beliebiggewählte, günstigerweise besonders einfach ”aussehende“ Struktur zu tun; mit derVollständigkeit überträgt sich dieses Ergebnis dann auf jede andere algebraischeStruktur aus dieser Klasse.Wir geben nun eine einfache hinreichende Bedingung dafür an (nach [14], S. 74,[15], S. 95, [124]), daß Modellvollständigkeit Vollständigkeit impliziert. (Eine weiterewird in den nachstehenden Übungen behandelt.)Definition 4.5.2. Sei K eine Klasse von L-Strukturen. A ∈ K heißt einePrimstruktur von K, falls es zu jedem B ∈ K eine Einbettung h: A ↩→ B gibt.Beispiel. Die Klasse Kö aller Körper besitzt keine Primstruktur. Betrachtehierzu F 2 und Q. Angenommen, es gäbe K ∈ Kö mit Einbettungen K ↩→ F 2 ,K ↩→ Q. Dann würde einerseits K |= (1 + 1 = 0) folgen, andererseits aber auchK |= (1 + 1 ≠ 0), was absurd ist.Satz 4.5.3. Sei K eine modellvollständige Klasse von L-Strukturen, und Kbesitze eine Primstruktur. Dann ist K vollständig.Beweis. Sei A eine Primstruktur in K, seien B, C ∈ K beliebig. Zu zeigen istB ≡ C. Seien nun f : A ↩→ B, g : A ↩→ C nach Voraussetzung gewählte Einbettungen.Da K modellvollständig ist, erhalten f und g alle Formeln (vgl. Kriterium(v) des Modellvollständigkeitstests). Sei ϕ ein L-Satz und B |= ϕ. Da ¬ϕ unter ferhalten wird, ergibt sich A |= ϕ; da ϕ unter g persistent ist, folgt C |= ϕ. Analogerhält man B |= ϕ aus C |= ϕ.□In den folgenden Übungen geht es um den Begriff der sog. gemeinsamen Einbettungseigenschafteiner Klasse K von L-Strukturen und seinen Zusammenhangzu Modellvollständigkeit und Vollständigkeit.Definition 4.5.4. Sei K eine Klasse von L-Strukturen. K hat die gemeinsameEinbettungseigenschaft, falls es zu A, B ∈ K stets ein C ∈ K mit zugehörigenEinbettungen A ↩→ fC und B ↩→ gC gibt.40


Übung. Ist eine Klasse K modellvollständig mit gemeinsamer Einbettungseigenschaft,so ist K vollständig.Übung. Man beweise folgenden Satz:Satz 4.5.5. Sei K eine elementare Klasse von L-Strukturen. Dann sind folgendeAussagen äquivalent:(i) K hat die gemeinsame Einbettungseigenschaft.(ii) Für alle A, B ∈ K mit A ∩ B = ∅ gibt es eine L(A ∪ B)-Expansion C ′einer Struktur C ∈ K mit C ′ |= D(A, A) ∪ D(B, B).(iii) Für alle existentiellen L-Sätze ϕ, ψ gilt: Falls ϕ ein Modell A ∈ K besitztund ψ ein Modell B ∈ K besitzt, so besitzt auch ϕ ∧ ψ ein Modell C ∈K. □Übung. Man entscheide folgende Fragen für eine elementare Klasse K vonL-Strukturen:(i) Ist K vollständig, so hat K die gemeinsame Einbettungseigenschaft.(ii) Ist K vollständig, so ist K auch modellvollständig.4.6. Algebraisch abgeschlossene Körper fester CharakteristikWir wollen uns nun den Klassen Kö p der Körper einer bestimmten Charakteristik p(wobei p = 0 oder p eine Primzahl sei) über der Sprache der Ringe L = {0, 1, +, −, ·}zuwenden. Mit Kö ist auch Kö p für jedes p elementar. Zunächst zeigen wir:Proposition 4.6.1. Jedes Kö p (p = 0 oder p Primzahl) hat eine PrimstrukturK, und zwar ist dies K = Q für p = 0 und K = F p für p > 0. Offensichtlich ist dasisomorphe Abbild von K in einem Körper L mit char(L) = p genau der Primkörpervon L, d.h. der kleinste in L enthaltene Körper.Beweis. Zu p = 0: Jeder Körper L ∈ Kö 0 mit char(L) = 0 enthält vermögepq ↦→ (p · 1)(q · 1)−1 eine isomorphe Kopie von Q. Sei p > 0 prim, L ∈ Kö p . In Lgilt p · 1 = 0 und für n < p: n · 1 ≠ 0; also ist ϕ: F p = Z/pZ → L, n ↦→ n · 1 eineEinbettung.□Man weiß aus der Körpertheorie: Jeder Körper besitzt einen algebraischen Abschluß,d.h. zu jedem Körper k existiert ein algebraisch abgeschlossener Erweiterungskörperk, so daß jedes Element aus k algebraisch ist über k. Zu jeder algebraischenErweiterung K/k existiert ferner ein k-Homomorphismus f : K → k, d.h.ein Körperhomomorphismus (der als solcher injektiv, also eine Einbettung, ist) mitf|k = id k . (Damit ist k bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt, denn sind k undk ′ zwei algebraische Abschlüsse von k und f : k ′ → k ein k-Homomorphismus, soist der Zwischenkörper f(k ′ ) von k/k algebraisch abgeschlossen, und da k/f(k ′ )algebraisch also notwendig k = f(k ′ ), d.h. f : k ′ → k ein k-Isomorphismus.)Beispiel. Der algebraische Abschluß Q von Q ist der Körper der algebraischenZahlen. Q kann als Teilkörper von C aufgefaßt werden und ist abzählbar. (Vgl. [34].)Proposition 4.6.2. Sei p = 0 oder p > 0 prim. Kö p ist nicht modellvollständig.Beweis. Sei p = 0. Die Erweiterung R ⊆ C etwa ist nicht elementar, wieder Satz ∃x(x 2 + 1 = 0) zeigt. Sei p Primzahl, und wähle eine weitere Primzahlq > p. Sei K der algebraische Abschluß K = F p von F p . Dann hat X q − 1 in K q41


verschiedene Nullstellen (denn ist f := X q − 1, so ist f ′ = qX q−1 , und f ′ (c) = 0gdw. c = 0), aber unmöglich in F p , da p < q.□Wir spezialisieren uns nun in ähnlicher Weise bei AAK: Es bezeichne AAK pdie Klasse der algebraisch abgeschlossenen Körper, wobei wieder p = 0 oder p primsei. Hier ist die Sachlage viel schöner als im Fall von Kö p :Satz 4.6.3. Für jedes p (p = 0 oder p prim) ist die Klasse AAK p vollständig.Beweis. AAK p ist modellvollständig, da AAK p ⊆ AAK elementare Teilklassevon AAK und AAK modellvollständig ist.AAK p besitzt eine Primstruktur. Denn: Sei p = 0; dann ist Q Primstruktur vonKö p , und wir behaupten: Q ist Primstruktur von AAK p . Denn sei K ein algebraischabgeschlossener Körper mit char(K) = 0; es gibt eine Einbettung h: Q → K, undda Q/Q algebraisch und K algebraisch abgeschlossen ist, läßt sich diese fortsetzenzu einer Einbettung h: Q → K.— Analog argumentiert man im Fall p prim: F p istPrimstruktur in Kö p , und F p Primstruktur in AAK p .□Wir nennen eine Klasse K von L-Strukturen entscheidbar, falls Th(K) entscheidbarist, d.h. {ϕ : K |= ϕ} rekursiv.Korollar 4.6.4. Für jedes p (p = 0 oder p prim) ist AAK p entscheidbar.Beweis. Nach Satz 2.5.2 ist jede vollständige, rekursiv aufzählbare Satzmengeentscheidbar.□Korollar 4.6.5. Zwei algebraisch abgeschlossene Körper sind genau dann elementaräquivalent, wenn sie gleiche Charakteristik besitzen.Beweis. Übung.Wir haben also eine numerische Invariante, nämlich die Charakteristik, gefunden,anhand derer sich algebraisch abgeschlossene Körper bis auf elementareÄquivalenz charakterisieren lassen; ähnliche Invarianten existieren auch für andereKlassen algebraischer Strukturen (siehe [9]; vgl. auch §7.8). Man vergleiche auchmit dem folgenden klassischen Resultat (vgl. den Beweis mit dem in Bem. 4.2.7):Satz 4.6.6. (Steinitz, [154]) Zwei algebraisch abgeschlossene Körper überabzählbarerMächtigkeit sind isomorph genau dann, wenn sie gleiche Charakteristikund gleiche Mächtigkeit besitzen.Beweis. Seien K, L algebraisch abgeschlossen mit char K = char L, card K =card L ≥ ℵ 1 . K und L besitzen dann denselben Primkörper P ; wir spalten dieKörpererweiterungen K/P und L/P auf in einen rein transzendenten Teil P (B) =:K ′ /P bzw. P (C) =: L ′ /P und einen algebraischen Teil K/K ′ bzw. L/L ′ . Es istcard K ′ = card K = card L = card L ′ wegen card K ′ , card L ′ ≥ ℵ 0 (vgl. Übung (i)nach Bem. 4.2.7), sowie card K ′ = max(ℵ 0 , card B). card K ′ = ℵ 0 ist unmöglichwegen card K ≥ ℵ 1 ; somit card K ′ = card B, analog card L ′ = card C, mithincard B = card C. Jede Bijektion B → C kann zu einem Isomorphismus K ′ ∼ =→ L ′fortgesetzt werden, und da K bzw. L die algebraischen Abschlüsse von K ′ bzw. L ′sind, folgt K ∼ = L.□Zum Abschluß demonstrieren wir den Einsatz der Vollständigkeit von AAK 0durch eine einfache Übertragung des sog. affinen Satzes von Bézout für beliebige42□


algebraisch abgeschlossene Körper der Charakteristik 0 aus der Gültigkeit diesesSatzes für C. (Für C ist dieser selbstredend — unter Verwendung der in C zurVerfügung stehenden analytischen Methoden — einfacher zu beweisen als für allgemeinealgebraisch abgeschlossene Körper mit Charakteristik 0, wo für dessenBeweis nur Mittel der Algebra verwendet werden können; für einen analytischenBeweis siehe [136], für einen algebraischen [143].)Die klassische“ Form des Satzes von Bézout lautet [29]: Seien C ” 1 , C 2 zweialgebraische Kurven vom Grad d 1 bzw. d 2 in der projektiven Ebene über einemalgebraischen abgeschlossenen Körper K; haben C 1 , C 2 keine gemeinsame Komponente,so ist die Summe ihrer Schnittmultiplizitäten genau d 1 · d 2 , insbesondereschneiden sie sich in höchstens d 1 · d 2 Punkten. Sind C 1 = V (f), C 2 = V (g) ebenealgebraische Kurven ohne gemeinsame Komponente vom Grad d 1 bzw. d 2 imaffinen Raum A 2 (K), so bettet man sie in P 2 (K) ein und erhält ihre AbschlüsseC 1 = (F ), C 2 = (G), wobei F , G die Homogenisierungen von f bzw. g seien. Es istgrad(F ) = grad(f) = d 1 und grad(G) = grad(g) = d 2 , und auf der unendlich fernenGeraden liegen nur höchstens endlich viele Punkte von C i , i = 1, 2, denn ist etwa[0 : x 1 : x 2 ] ∈ C 1 ein solcher, d.h. F (0, x 1 , x 2 ) = 0, so gilt für die d 1 -te homogeneKomponente f (d1) von f dann f (d1)(x 1 , x 2 ) = 0, also (falls o.B.d.A. x 1 ≠ 0) auchf (d1)(1, x2x 1) = 0, und dies kann nur für endlich viele λ := x2x 1∈ K der Fall sein.Analog folgt die Endlichkeit von C 2 \ C 2 ⊆ P 2 (K) \ A 2 (K), C 1 und C 2 haben keinegemeinsame Komponente, und die projektive Version des Satzes Bézout ergibtcard(C 1 ∩ C 2 ) ≤ card(C 1 ∩ C 2 ) = grad(F ) · grad(G) = grad(f) · grad(g).Diese (im Fall ebener Kurven — wie gezeigt — leicht aus dem Projektiven ableitbare)Tatsache wird oft als affine Bézout-Ungleichung bezeichnet. Der Satz vonBézout kann auf höhere Dimensionen verallgemeinert werden; uns interessiert hierdie affine Variante:Satz von Bézout. Sei K ein algebraisch abgeschlossener Körper, char(K) =0. Seien f 1 , . . . , f n ∈ K[X 1 , . . . , X n ] mit grad(f i ) =: d i > 0; sei d := ∏ ni=1 d i.Haben f 1 , . . . , f n mehr als d viele gemeinsame Nullstellen in K n , so haben sie bereitsunendlich viele Nullstellen gemeinsam.(Anders formuliert: Ist K ein algebraisch abgeschlossener Körper der Charakteristik0 und a ein nulldimensionales Ideal von K[X 1 , . . . , X n ] mit einer Basisf 1 , . . . , f n , so gilt stets card(V (a)) = dim K K[X 1 , . . . , X n ]/a ≤ ∏ ni=1 grad(f i).)Beweis (unter Annahme des Satzes für K = C). Wir schreiben das allgemeinePolynom in X = (X 1 , . . . , X n ) vom Grad d i alsf i = ∑ ja i,j X j ,wobei j = (j 1 , . . . , j n ) alle Indizes mit j k ≥ 0 und ∑ j k ≤ d i durchlaufe; sei a ={a i,j } i,j ein die endlich vielen a i,j enthaltender Vektor. Für gegebene d 1 , . . . , d n , d =43


d 1 · · · d n und m > d seien die Formeln(ϕ n,d,d1,...,d n,m a, X (1) , . . . , X (m)) :=⎛⎝∧⎞m∧ n∧X (i) ≠ X (j) ∧ f k (X (i) ) = 0⎠ →1≤i d.Wir haben die Vollständigkeit von AAK 0 zur Übertragung einer Aussage vonC in jeden anderen Körper aus AAK 0 verwendet. Solche Beweismethoden nenntman Übertragungsprinzipien. Wir werden sie und weitere körpertheoretische undalgebraisch-geometrische Anwendungen der <strong>Modelltheorie</strong> in §5.5 nach Weiterführungder allgemeinen Theorie näher behandeln. (Einen Überblick über den Einsatzder Modellvollständigkeitseigenschaft in der Algebra gibt [103]. Die <strong>Modelltheorie</strong>der Körper im speziellen behandeln [5] und [10].)□44


KAPITEL 5Substrukturvollständigkeit undQuantoreneliminationIm vorhergehenden Abschnitt der Vorlesung haben wir uns mit Theorien bzw. Modellklassenbeschäftigt, für die jede L-Formel zu einer existentiellen L-Formel äquivalentwar. Nun wollen wir als zweite wichtige Eigenschaft von Modellklassen diesog. Substrukturvollständigkeit untersuchen; es wird sich zeigen, daß diese gleichwertigist mit der Tatsache, daß jede Formel sogar zu einer quantorenfreien Formeläquivalent ist. Dies ermöglicht weitreichende algebraische Anwendungsmöglichkeiten.5.1. Der zweite PersistenzsatzDer erste Persistenzsatz lieferte eine semantische Charakterisierung von existentiellenFormeln. Gesucht ist nun eine entsprechende Kennzeichnung der quantorenfreienFormeln. Sei K = Mod(Σ) eine elementare Klasse, Σ eine Satzmenge.Wir fragen uns: Was ist eine typische Erhaltungseigenschaft quantorenfreier Formelnbzgl. Strukturen in K? Dazu seien A, C ∈ K mit gemeinsamer SubstrukturB (nicht notwendigerweise aus K) sowie eine quantorenfreie Formel ϕ(x 1 , . . . , x n )über L und eine Stelle b = (b 1 , . . . , b n ) ∈ B n betrachtet. Dann gilt bekanntlich:A |= ϕ(b) ⇔ B |= ϕ(b) ⇔ C |= ϕ(b)Wir vermuten deshalb, die gewünschte charakterisierende Eigenschaft für Qf könntesein:Eine Formel ψ(x 1 , . . . , x n ) ist dann und nur dann in K äquivalentzu einem ϕ ∈ Qf, falls A |= ψ(b) ⇔ C |= ψ(b) für alleA, C ∈ K mit gemeinsamer Unterstruktur B ⊆ A, C und alleb ∈ B n .Der folgende (allgemeinere) Satz bestätigt die Richtigkeit dieser Vermutung.(Zur Definition einer gleichungsumfassenden bzw. für eine Satzmenge negationsfähigenFormelmenge vgl. §3.7.)Zweiter Persistenzsatz. Sei K = Mod(Σ) eine elementare Klasse von L-Strukturen, Φ eine gleichungsumfassende und für Σ negationsfähige Menge von L-Formeln, Φ ′ der Abschluß von Φ unter {∧, ∨}, ψ eine L-Formel. Dann ist ψ persistentunter allen Φ-erhaltenden Abbildungen h: B → C, wobei B ⊆ A, A, C ∈ K,genau dann, wenn ψ in K zu einer Formel ϕ ∈ Φ ′ äquivalent ist.Beweis. Sei ψ in K äquivalent zu ϕ ∈ Φ ′ ; da ja jede Formel in Φ unter partiellenΦ-erhaltenden Abbildungen h: B → C mit Definitionsbereich B ⊆ A zwischenStrukturen A, C ∈ K erhalten bleibt, bleibt auch ϕ ∈ Φ ′ und somit auch ψ unter herhalten.45


Umgekehrt sei jetzt ψ(x 1 , . . . , x n ) eine die geforderte Persistenzeigenschaft erfüllendeL-Formel, o.B.d.A. n ≥ 1. Wir gehen analog zum Beweis des ersten Persistenzsatzesvor. Wähle eine Menge D = {d 1 , . . . , d n } paarweise verschiedenerneuer Konstanten (d.h. welche nicht in L vorkommen mögen) und setze ˆψ :=ψ[d 1 /x 1 , . . . , d n /x n ]; ˆψ ist dann ein Satz in L(D). (Ebenso definiere man wiederfür eine beliebige erweiterte Formel ϕ(x 1 , . . . , x n ) im folgenden stets ˆϕ :=ϕ[d 1 /x 1 , . . . , d n /x n ].) Sei Φ ′′ := {¬ ˆϕ : ϕ ∈ Φ ′ , Σ |= (ϕ → ψ)}. Da Φ für Σ negationsfähigist, ist Φ ′′ ≠ ∅. Wir zeigen zunächst:{ }1. Σ ∪ Φ ′′ ∪ ˆψ hat kein Modell (bzgl. L(D)).{ Angenommen nämlich, es existiere eine L(D)-Struktur A ′ mit A ′ |= Σ ∪ Φ ′′ ∪ˆψ}. Sei A := A ′ |L; dann ist A ∈ K. Seien a i := d A′i für i = 1, . . . , n und B :={a 1 , . . . , a n }. Dann gilt A |= (ψ ∧ ¬ϕ)(a 1 , . . . , a n ) für alle ϕ ∈ Φ ′ mit Σ |= (ϕ → ψ).Wir benötigen nun:2. D Φ (A, B) ∪ Σ ∪ {¬ψ ′ } hat kein Modell, wobei ψ ′ := ψ[a 1 /x 1 , . . . , a n /x n ].Aus (2.) folgt dann nämlich mit Kompaktheitssatz: Es existieren ϕ 1 , . . . , ϕ m ∈ Φ,so daß ϕ ′ i := ϕ i[a 1 /x 1 , . . . , a n /x n ] in D Φ (A, B) liegen (i = 1, . . . , m), und so daßΣ |= ( ∧ mi=1 ϕ′ i → ψ′ ). Da die a i in Σ nicht vorkommen, folgt dann⎛⎞⎜ ∧ ⎟m∧Σ |= ∀x 1 · · · ∀x n (ϕ → ψ) mit ϕ := ⎝ x i = x j ⎠ ∧ ϕ i .1≤i,j≤na i=a jDa Φ gleichungsumfassend ist, gilt ϕ ∈ Φ ′ , also ¬ ˆϕ ∈ Φ ′′ . Aber A ′ |= ¬ ˆϕ, alsoA |= ¬ϕ(a 1 , . . . , a n ), und für 1 ≤ i ≤ m gilt (A, B) |= ϕ ′ i , A |= ϕ i(a 1 , . . . , a n ), für1 ≤ i, j ≤ n mit a i = a j gilt (A, B) |= (a i = a j ), A |= ( )x i = x j (a1 , . . . , a n ), alsoauch A |= ϕ(a 1 , . . . , a n ), Widerspruch.Dies zeigt die Richtigkeit von (1.); aus (1.) folgt dann weiter mit dem Kompaktheitssatz:( Es existieren ϱ 1 , . . . , ϱ l ∈ Φ ′ mit ¬ˆϱ i ∈ Φ ′′ (1 ≤ i ≤ l), so daß∧lΣ |=i=1 ¬ˆϱ i → ¬ ˆψ); wegen Φ ′′ ≠ ∅ kann l > 0 angenommen werden. Da die d j(j = 1, . . . , n) in Σ nicht vorkommen und paarweise verschieden sind, erhält man)l∨Σ |= ∀x 1 · · · ∀x n(ψ → ϱ i .Setze ϱ := ∨ li=1 ϱ i; wir haben ϱ ∈ Φ ′ wegen ϱ i ∈ Φ ′ . Nach Wahl der ϱ i gilt aber nunΣ |= (ϱ i → ψ) für 1 ≤ i ≤ l, damit auch Σ |= (ϱ → ψ), und schließlich Σ |= (ϱ ↔ ψ),und wir sind fertig.Es verbleibt damit nur der Nachweis von (2.); wir argumentieren (natürlich)indirekt. Es existiere eine L(B)-Struktur C ′ , die Modell von D Φ (A, B) ∪ Σ ∪ {¬ψ ′ }ist. Sei C := C ′ |L ihr L-Redukt. Das Diagrammlemma besagt nun: Es gibt eineΦ-erhaltende Abbildung h: B → C mit der Eigenschaft, daß h(a i ) = a C′i für jedesa i ∈ B. Da A, C ∈ K, B ⊆ A sind und A |= ψ(a 1 , . . . , a n ) gilt, folgt nach derPersistenzvoraussetzung über ψals C ′ |= ψ ′ , ein Widerspruch.i=1C |= ψ(h(a 1 ), . . . , h(a n )),46i=1□


Bemerkung. Wie in Bem. 3.7.1 sieht man ein, daß die Voraussetzungen bzgl. Φnicht fallengelassen werden können.Bevor wir Folgerungen aus diesem Satz ziehen, zunächst:Definition 5.1.1. Sei B ⊆ A∩C für zwei L-Strukturen A, C und Φ eine Mengevon L-Formeln. Dann schreibe (A, B) ≡Φ(C, B), falls für alle ϕ(x 1 , . . . , x n ) ∈ Φ,b 1 , . . . , b n ∈ B mit ϕ ′ := ϕ[b 1 /x 1 , . . . , b n /x n ] gilt:(A, B) |= ϕ ′ ⇔ (C, B) |= ϕ ′Korollar 5.1.2. (van den Dries’ Test, [68]) Sei K = Mod(Σ) eine elementareKlasse von L-Strukturen mit einer Satzmenge Σ, ψ eine L-Formel.(i) Es sei At negationsfähig für Σ. Genau dann ist ψ modulo K äquivalent zueiner positiven quantorenfreien Formel, wenn für alle A, C ∈ K, D ⊆ Aund Homomorphismen h: D → C gilt: Ist b 1 , . . . , b n ∈ D, soA |= ψ(b 1 , . . . , b n ) ⇒ C |= ψ(h(b 1 ), . . . , h(b n )).(ii) Sei Φ eine Formelmenge mit Ba ⊆ Φ, und Φ sei symmetrisch, d.h. fürjede Formel ϕ ∈ Φ ist ¬ϕ logisch äquivalent zu einer Formel in Φ, undabgeschlossen unter Substitution, d.h. für ϕ ∈ Φ und einen Term t undeine Variable x ist stets auch ϕ[x/t] ∈ Φ. Dann gilt die Äquivalenz derfolgenden Aussagen:(a) Für alle A, C ∈ K mit gemeinsamer Substruktur D (nicht notwendigerweisein K) und b 1 , . . . , b n ∈ D gilt:(A, D) ≡Φ(C, D) ⇒ (A, D) ≡ψ(C, D)(b) ψ ist in K äquivalent zu einer Formel ϕ aus dem {∧, ∨}-Abschlußvon Φ.(iii) Sei Φ = Ba. Dann sind äquivalent:(a) Für alle A, C ∈ K mit gemeinsamer Unterstruktur D gilt(A, D) ≡ψ(C, D).(b) ψ ist in K äquivalent zu einer quantorenfreien Formel.Beweis. Zu (i): Enthalte zunächst L eine Konstante. Man wende den Persistenzsatzauf Φ = At an. Φ ′ ist dann die Menge der positiven quantorenfreienFormeln. Wir wissen ferner: Sind A, C ∈ K, D = 〈B〉 ⊆ A und h: B → C eine Abbildung,die At erhält, so hat h genau eine Fortsetzung zu einem Homomorphismush: D → C.— Im allgemeinen Fall sei c eine neue Konstante für L. Sei K ′ die Klassealler L(c)-Modelle von Σ. Die Voraussetzung gilt nun auch für K ′ anstelle vonK, und ψ ist damit nach dem eben Bewiesenen in K ′ äquivalent zu einer positivenquantorenfreien L(c)-Formel; wir haben also Σ |= ψ ↔ (ψ ′ [c/x]) mit einer positivenquantorenfreien L-Formel ψ ′ . Also nach Umgang mit Konstanten Σ |= ψ ↔ ψ ′ .Für (ii) benutze im Fall einer Sprache L mit mindestens einer Konstanten, daßfür A, C ∈ K, D = 〈B〉 ⊆ A jede Ba-erhaltende Abbildung h: B → C genau eineFortsetzung zu einer Einbettung h: D → C besitzt; in unserem Fall wird dann Φauch von h erhalten. Im Fall einer konstantenlosen Sprache L argumentiert mananalog zu (i).Bei (iii) handelt es sich um den Spezialfall Φ = Ba von (ii).□47


5.2. Substrukturvollständigkeit und QuantoreneliminationWir untersuchen nun die Strukturklassen, für die eine der äquivalenten Bedingungendes obigen Korollars 5.1.2 für jede Formel erfüllt ist:Definition 5.2.1. Sei K eine elementare Klasse von L-Strukturen. Dann heißtK substrukturvollständig, falls für alle A, C ∈ K mit gemeinsamer Substruktur Bvon A und C (B nicht notwendig aus K!) gilt: (A, B) ≡ (C, B), d.h., falls für jedeerweiterte Formel ϕ(x 1 , . . . , x n ) und b 1 , . . . , b n ∈ B gilt:(A, B) |= ϕ(b 1 , . . . , b n ) ⇔ (C, B) |= ϕ(b 1 , . . . , b n )Bemerkungen. Sei K = Mod(Σ) eine elementare Klasse von L-Strukturen.(i) Ist K substrukturvollständig, so trivialerweise auch modellvollständig.(ii) K ist genau dann substrukturvollständig, wenn für jede Struktur A ∈S(K) die L(A)-Satzmenge Σ∪D(A, A) vollständig ist. (Beweis als Übung;vgl. auch mit Bem. 4.0.2.)Übung. Sei G die Klasse aller Graphen, die zu einem der beiden folgendenisomorph sind: G mit G := {a, b} (a ≠ b) und aR G b sowie H mit H := G und nichtaR H b. Ist G modellvollständig bzw. substrukturvollständig?In bestimmten Fällen folgt aus der Modellvollständigkeit auch die Substrukturvollständigkeiteiner Strukturklasse. Eine nichtleere Klasse von L-Strukturen heißteine Quasivarietät, wenn sie unter Isomorphismen, Substrukturen und der Bildungvon direkten Produkten abgeschlossen ist.Proposition 5.2.2. (Baldwin-Lachlan, [48]) Sei K eine elementare Quasivarietät,und K ∞ ⊆ K die Klasse der unendlichen Strukturen in K. K ∞ ist modellvollständiggenau dann, wenn K ∞ substrukturvollständig ist.Beweis. Seien A, C ∈ K ∞ mit gemeinsamer Substruktur B; es ist B ∈ K. Seienι A : A ↩→ A × A, a ↦→ (a, a), ι C : C ↩→ C × C, c ↦→ (c, c) die Diagonaleinbettungenund B ′ := ι A (B) = ι C (B). Da A × B ⊆ A × A, A × C und alle drei Strukturenaus K ∞ sind, ist sogar A × B ≼ A × A, A × C; analog B × C ≼ C × C, A × C.Also (A × A, B ′ ) ≡ (C × C, B ′ ). Da ι A und ι B elementare Einbettungen sind, folgt(A, B) ≡ (C, B), was zu beweisen war.□Den syntaktischen Aspekt des neu eingeführten Begriffs fassen wir wie folgt:Definition 5.2.3. Sei K elementare Klasse. Wir sagen, K erlaubt Quantorenelimination(Q.E.), falls es zu jeder L-Formel ϕ eine quantorenfreie L-Formel ϕ ′gibt, die in K äquivalent ist zu ϕ.Eine existentielle Formel ϕ heiße 1-existentiell, falls ϕ höchstens einen Existenzquantorenthält. Analog heißt ϕ 1-universell, falls ϕ universell mit höchstens einemAllquantor ist.Für den folgenden Satz vgl. [15], S. 234–236.Satz 5.2.4. (Charakterisierung substrukturvollständiger Klassen) Sei K elementareKlasse von L-Strukturen. Dann sind äquivalent:(i) K ist substrukturvollständig.(ii) Für alle 1-existentiellen L-Formeln ϕ und alle A, C ∈ K mit gemeinsamerSubstruktur B gilt: (A, B) ≡ ϕ (C, B).48


(iii) Zu jeder 1-existentiellen L-Formel ϕ gibt es eine quantorenfreie Formelϕ ′ , die in K äquivalent ist zu ϕ.(iv) K erlaubt Q.E.(v) Für alle A, C ∈ K, B ⊆ A und jede Einbettung h: B ↩→ C gilt: h erhältalle L-Formeln (bzgl. A nach C).Beweis. Die Implikation (i) ⇒ (ii) ist trivial, und (ii) ⇒ (iii) ein Spezialfalldes zweiten Persistenzsatzes.Für (iii) ⇒ (iv) zeigen wir für eine beliebige pränexe Formelϕ = Q 1 x 1 · · · Q n x n (ϱ),wobei Q i ∈ {∃, ∀}, ϱ quantorenfrei, durch Induktion nach n, daß ϕ in K äquivalentist zu einer quantorenfreien Formel ϕ ′ . Der Fall n = 0 ist klar (setze ϕ ′ := ϕ). ZumSchritt n → n + 1:Fall 1: ϕ hat die Form ϕ = ∃x 1 (ϕ 1 ) mit ϕ 1 := Q 2 x 2 · · · Q n+1 x n+1 (ϱ). NachInduktionsannahme existiert eine quantorenfreie Formel ϕ ′ 1 in L, so daßϕ ′ 1 in K äquivalent ist zu ϕ 1 . Dann ist ϕ äquivalent zu ∃x 1 (ϕ ′ 1) ist K,und nach (iii) existiert ein zu ϕ in K logisch gleichwertiges ϕ 2 ∈ Qf.Fall 2: ϕ hat die Form ϕ = ∀x 1 Q 2 x 2 · · · Q n+1 x n+1 (ϱ). Dann ist ¬ϕ äquivalent zu∃x 1 ˜Q2 x 2 · · · ˜Q n+1 x n+1 (¬ϱ) (wobei ˜∃ := ∀, ˜∀ := ∃). Nach Fall 1 existierteine quantorenfreie Formel ϕ ∗ , welche äquivalent ist (modulo K) zu ¬ϕ,und ϕ ist äquivalent zu ¬ϕ ∗ .Zu (iv) ⇒ (v): Sei ϕ(x 1 , . . . , x n ) erweiterte L-Formel und ϕ ′ (x 1 , . . . , x n ) einezugehörige L-Formel ohne Quantoren, die in K zu ϕ äquivalent ist; seien b 1 , . . . , b n ∈B, so daß A |= ϕ(b 1 , . . . , b n ). Da A ∈ K ist, folgt A |= ϕ ′ (b 1 , . . . , b n ), wegen B ⊆ Aferner B |= ϕ ′ (b 1 , . . . , b n ), da ϕ ′ quantorenfrei. In C gilt nun ϕ ′ (h(b 1 ), . . . , h(b n )),da h Einbettung ist. Da C ∈ K, folgt C |= ϕ(h(b 1 ), . . . , h(b n )).Für die Implikation (v) ⇒ (i) schließlich wähle h := id B .□Definition 5.2.5. Eine 1-primitive Formel ist eine primitive Formel mit nureinem Existenzquantor, d.h. von der Form( m)∧∃x ϕ i mit m ∈ N, ϕ i ∈ Ba.i=1Korollar 5.2.6. Unter den Voraussetzungen des Satzes hat man folgende weitere,zu (i)–(v) äquivalente Bedingung:(vi) Für alle 1-primitiven Formeln ψ und alle A, C ∈ K mit gemeinsamerSubstruktur B gilt: (A, B) ≡ψ(C, B).Beweis. Es gilt (i) ⇒ (vi) ⇒ (ii), da jede 1-existentielle Formel logisch äquivalentist zu einer Disjunktion 1-primitiver Formeln: Ist ϕ = ∃x(ϱ) mit ϱ ∈ Qf,so wähle eine disjunktive Normalform ϱ 1 = ∨ ∧i j ϱ ij, ϱ ij ∈ Ba von ϱ; dann ist ϕäquivalent zu ∨ i ∃x(∧ j ϱ ij).□Bemerkung 5.2.7. Ist K eine substrukturvollständige Klasse bzgl. einer konstantenlosenSprache L, so gibt es zu einer L-Formel ϕ nicht notwendig eine bzgl. Käquivalente quantorenfreie L-Formel in höchstens denselben freien Variablen wie ϕ.49


Als Beispiel betrachte man die Sprache L = {P } mit dem unären RelationssymbolP und die Klasse K aller unendlichen L-Strukturen, die dem Axiom∀x ( P (x) ) ∨ ∀x ( ¬P (x) )genügen. Diese ist elementar und substrukturvollständig, wie der Leser leicht zeigt,aber zu dem L-Satz ϕ := ∀x ( P (x) ) kann es keinen in K äquivalenten L-Satz ψ geben.Enthält hingegen L mindestens eine Konstante c, so können derartige Phänomenenicht auftreten: Ist ϕ(x 1 , . . . , x n ) gegeben und ψ quantorenfrei und äquivalentzu ϕ in K, etwa mit ψ(x 1 , . . . , x n , y 1 , . . . , y m ), so setze ψ ′ := ψ[c/y 1 , . . . , c/y n ]; es giltimmer noch K |= (ϕ ↔ ψ ′ ), aber ψ ′ hat nur noch freie Variablen aus {x 1 , . . . , x n }.Oftmals nützlich ist auch folgendes hinreichende Kriterium:Korollar 5.2.8. (Shoenfield-Test, [149], [150]) Sei K eine elementare Klassevon L-Strukturen, welche den folgenden zwei Bedingungen (Existenz von K-Abschlüssen und 1-Modellvollständigkeit) genügt:(i) Für alle A ∈ S(K) existiert ein K-Abschluß A von A, d.h. ein A ∈ K mit(A, A) ↩→ (B, A) für alle B ∈ K, B ⊇ A.(ii) Für je zwei A ⊆ B in K gilt A ≼ B, wobei 1−∀ 1 ⊆ ∀ 1 die Menge der1−∀ 11-universellen Formeln sei.Dann ist K substrukturvollständig.Beweis. Wir zeigen, daß (ii) in Satz 5.2.4 erfüllt ist. Seien A, C ∈ K mitgemeinsamer Substruktur B. Sei ϕ(x, y), x = (x 1 , . . . , x n ) eine quantorenfreie L-Formel, b ∈ B n mit (A, B) |= ( ∃y(ϕ) ) [b/x]; wir müssen zeigen, daß (C, B) |=( )∃y(ϕ) [b/x]. Sei B ∈ K mit B ⊆ B ⊆ A gemäß (i) ein K-Abschluß von B,o.E. B ⊆ C. Mit (ii) folgt (B, B) |= ( ∃y(ϕ) ) [b/x] wegen (A, B) |= ( ∃y(ϕ) ) [b/x]und A, B ∈ K, also auch (C, B) |= ( ∃y(ϕ) ) [b/x] wegen B ⊆ C.□Übung. Sei L = {


5.3. Q.E. für algebraisch abgeschlossene KörperWir betrachten im folgenden wieder unser prominentes Anwendungsbeispiel K :=AAK über der Sprache L = {0, 1, +, −, ·} der Ringe, und beweisen den folgenden,zuerst von Tarski (1948, nicht publiziert, vgl. [71]) und Robinson [15] bewiesenenSatz:Satz 5.3.1. Die Klasse AAK der algebraisch abgeschlossenen Körper ist substrukturvollständigund erlaubt somit effektive Q.E.Beweis. Wir verifizieren Bedingung (vi) des Satzes über die Charakterisierungder Q.E.: Sei ϕ eine 1-primitive Formel,( m)∧ϕ = ∃x f i (x, y 1 , . . . , y n ) = 0 ∧ g(x, y 1 , . . . , y n ) ≠ 0i=1mit f i , g ∈ Z[X, Y 1 , . . . , Y n ]. Seien K, K ′ ∈ AAK mit gemeinsamer Substruktur B;B ist ein Integritätsbereich. Seien nun b 1 , . . . , b n ∈ B mit K |= ϕ(b 1 , . . . , b n ). Setzef i (X) := f i (X, b 1 , . . . , b n ) ∈ B[X], g(X) := g(X, b 1 , . . . , b n ) ∈ B[X].Wir können annehmen, daß alle f i ≠ 0 sowie g ≠ 0 in B[X]. Denn sind allef i = 0, g ≠ 0, so gilt K |= ∃x(g(x) ≠ 0); man wähle d > grad(g) > 0, so daßchar(K) nicht d teilt, und setze f 1 := X d − 1. Dann K |= ∃x(f 1 (x) = 0 ∧ g(x) ≠ 0),denn: Es ist f 1 ′ = dX d−1 , also haben f 1 , f 1 ′ keine gemeinsame Nullstelle, also: f 1 hatd viele paarweise verschiedene Nullstellen in K, g aber nur höchstens grad(g) < dviele. Damit existiert mindestens eine Nullstelle von f 1 , die keine von g ist.Wähle nun α ∈ K mitm∧K |= f i (α) = 0 ∧ g(α) ≠ 0.i=1α ist algebraisch über dem Quotientenkörper Q ⊆ K von B, etwa mit Minimalpolynomh ∈ Q[X]. Es ist h|f i für i = 1, . . . , m in Q[X]; Division mit Rest ergibtg = qh + g ∗ für gewisse q, g ∗ ∈ Q[X] mit g ∗ = 0 oder grad(g ∗ ) < grad(h), damitg ∗ (α) ≠ 0, und h teilt g ∗ nicht in Q[X]. Da K ′ algebraisch abgeschlossen undQ ⊆ K ′ ist, existiert ein β ∈ K ′ mit h(β) = 0; es sind alle f i (β) = 0. h ist auchMinimalpolynom von β über Q, denn h ist irreduzibel über Q[X]; also ist auchg ∗ (β) ≠ 0 und daher g(β) ≠ 0. Damit K ′ |= ϕ(b 1 , . . . , b n ).□5.4. Effektive Q.E. für algebraisch abgeschlossene KörperDie Q.E. für algebraisch abgeschlossene Körper eröffnet weitreichende körpertheoretischeAnwendungsmöglichkeiten. Bevor wir darauf eingehen, wenden wir uns denalgorithmischen Konsequenzen zu.Definition 5.4.1. Sei K eine Klasse von L-Strukturen. Dann sagen wir, K seiquantorenfrei-entscheidbar (kurz: q.f.-entscheidbar), falls es einen Algorithmus gibt,der von jedem quantorenfreien L-Satz entscheidet, ob dieser in allen Strukturen ausK gilt oder nicht. Wir sagen, K sei quantorenfrei-vollständig (q.f.-vollständig), fallsfür jeden quantorenfreien L-Satz ϕ entweder K |= ϕ oder K |= ¬ϕ.Man beachte, daß die Q.f.-Entscheidbarkeit nicht die Q.f.-Vollständigkeit vonK impliziert. Offensichtlich gilt:Proposition 5.4.2. Sei L eine Sprache, die mindestens ein Konstantensymbolenthält, und K eine substrukturvollständige Klasse von L-Strukturen.51


(i) Falls L effektiv gegeben und K q.f.-entscheidbar mit rekursiv aufzählbaremAxiomensystem ist, so ist K entscheidbar.(ii) Falls K q.f.-vollständig ist, so ist K vollständig.Beweis. Zu (i): Sei K = Mod(Σ), Σ rekursiv aufzählbare L-Satzmenge. Danngibt es einen Algorithmus, der zu jeder L-Formel ϕ eine quantorenfreie L-Formelϕ ′ bestimmt, so daß ϕ und ϕ ′ in K äquivalent sind (Kor. 5.2.9), wobei o.B.d.A.ϕ ′ höchstens die frei vorkommenden Variablen von ϕ besitzt. (Ist ϕ mit genau denfreien Variablen x 1 , . . . , x n , und hat ϕ ′ freie Variablen y 1 , . . . , y m /∈ {x 1 , . . . , x n },so wähle ein Konstantensymbol c in L und setze ϕ ′′ := ϕ ′ [c/y 1 , . . . , c/y m ]. Danngilt K |= (ϕ ↔ ϕ ′′ ), und ϕ ′′ enthält höchstens die Variablen x 1 , . . . , x n frei.) Insbesondereist dann ϕ ′ ein quantorenfreier L-Satz, wenn ϕ ein L-Satz war. DerEntscheidungsalgorithmus für K bestimmt nun zu gegebenem L-Satz ϕ einen in Käquivalenten L-Satz ϕ ′ und entscheidet ϕ ′ .Zu (ii): Ist ϕ ein L-Satz, so existiert ein quantorenfreier L-Satz ϕ ′ mit K |=(ϕ ↔ ϕ ′ ) (da L eine Konstante enthält). Nach Voraussetzung gilt K |= ϕ ′ oderK |= ¬ϕ ′ und damit K |= ϕ oder K |= ¬ϕ.□Für die Klasse Kö der Körper bzw. die Klasse Kö p der Körper mit Charakteristikp (p Primzahl oder p = 0) erhalten wir:Lemma 5.4.3. Sei p eine Primzahl oder p = 0.(i) Kö und Kö p sind q.f.-entscheidbar.(ii) Kö p ist q.f.-vollständig.Beweis. Variablenfreie L-Formeln sind äquivalent zu n · 1 = 0 mit n ∈ N 0 .Wir wissen:in Kö 0 : n · 1 = 0 ⇔ n = 0in Kö p , p > 0: n · 1 = 0 ⇔ p|nEs folgt: In jeder Klasse Kö p läßt sich jede variablenfreie L-Formel algorithmischauswerten zu ”wahr“ oder ”falsch“; damit gilt dasselbe für alle quantorenfreienSätze. Somit sind alle Kö p q.f.-vollständig und q.f.-entscheidbar.Es verbleibt die Q.f.-Entscheidbarkeit von Kö. Zunächst stellen wir fest: Zu jedemquantorenfreien Satz ϕ kann man algorithmisch eine Primzahl p ϕ bestimmen,so daß jede atomare Teilformel ψ von ϕ äquivalent ist zu n · 1 = 0 mit n ∈ N 0 ,n < p ϕ . Für jeden Körper K mit char(K) = 0 oder char(K) ≥ p ϕ hat ϕ in Kdieselbe Auswertung zu ”wahr“ oder ”falsch“. Damit erhalten wir folgendes Auswertungsverfahrenfür ϕ in Kö: Man bestimme p ϕ wie eben und werte ϕ für alleKö p aus, wobei p die Menge{0} ∪ { p : p prim, p ≤ p ϕ}durchläuft. Setze die Auswertung von ϕ in Kö gleich wahr“ d.u.n.d. wenn alle”Einzelauswertungen wahr“ ergaben.□”Kö ist offenbar nicht q.f.-vollständig.— Unmittelbar erhält man einen erneutenBeweis vonKorollar 5.4.4. Sei p = 0 oder p > 0 prim.(i) AAK und AAK p sind entscheidbar.(ii) AAK p ist vollständig.52


Beweis. Unter Beachtung der Tatsache, daß es zu jeder Primzahl p einen algebraischabgeschlossenen Körper der Charakteristik p gibt (etwa F p ), kann der ebengeführte Beweis für AAK statt Kö und AAK p statt Kö p genauso geführt werden;mit Prop. 5.4.2 und Satz 5.3.1 folgt die Behauptung.□Übung. In den folgenden Übungen werden weitere Beispiele substrukturvollständigerTheorien untersucht (mit steigendem Schwierigkeitsgrad).(i) Sei G 1 die Klasse aller nichttrivialen, torsionsfreien, teilbaren, abelschenGruppen, betrachtet als L-Strukturen für die Sprache L = {0, +, −}. Manzeige, daß G 1 substrukturvollständig ist, und gebe ein effektives Q.E.-Verfahrenfür diese Klasse an.(ii) Sei L = {0, +, −, n, für den ϕ gilt.(ii) Sei p = 0 oder p prim. Es sind äquivalent:(a) ϕ gilt in einem algebraisch abgeschlossenen Körper der Charakteristikp.53


(b) ϕ gilt in allen algebraisch abgeschlossenen Körpern der Charakteristikp.(iii) Ferner sind äquivalent:(a) ϕ gilt in allen algebraisch abgeschlossenen Körpern.(b) ϕ gilt in allen algebraisch abgeschlossenen Körpern von Primzahlcharakteristik.(iv) Ist ϕ überdies ein ∀ 2 -Satz und gilt ϕ in jedem endlichen Körper, so giltϕ in jedem algebraisch abgeschlossenen Körper.Beweis. Zu (i): (a) ⇒ (b) ist eine Folge des elementaren Lefschetzprinzips.Für (b) ⇒ (a) ist wegen der Vollständigkeit von AAK 0 lediglich zu zeigen, daßϕ in mindestens einem Körper K ∈ AAK 0 gilt, was aber nichts anderes als dieErfüllbarkeit der SatzmengeΣ := {ϕ} ∪ Γ ∪ { p · 1 ≠ 0 : p ∈ N prim }bedeutet, wobei Γ ein Axiomensystem für AAK sei. Eine endliche Teilmenge Σ ′ ⊆ Σenthält nur endlich viele Aussagen p 1 · 1 ≠ 0, . . . , p n · 1 ≠ 0 (n ∈ N), und ist dann peine Primzahl mit p > p 1 , . . . , p n und K ∈ AAK p ein Modell von ϕ, so ist K auchModell von Σ ′ . Mit dem Kompaktheitssatz folgt die Behauptung.(ii) ist nichts anderes als die Vollständigkeit von AAK p ; (iii) beweist man analogzu (i).Zu (iv): Es sei p eine Primzahl. Der algebraische Abschluß F p von F p ist bekanntlichdie Vereinigung seiner eindeutig bestimmten endlichen Teilkörper F p mmit genau p m Elementen (m ∈ N); ferner ist F p r ⊆ F p s genau dann, wenn r|s.Also ist F := {F p m! : m ∈ N} eine aufsteigende Kette von Körpern mit ⋃ F = F p .Nach Voraussetzung gilt ϕ in allen F p m!, also nach Lemma 4.4.5 auch in F p . Da pbeliebig war, folgt die Behauptung aus (iii) und der Vollständigkeit von AAK p , pPrimzahl.□Übung. (Noether-Ostrowskischer Irreduzibilitätssatz) Sei K ein Körper, K einalgebraischer Abschluß von K. Ein Polynom f ∈ K[X 1 , . . . , X n ] heißt absolut irreduzibel,falls f in K[X 1 , . . . , X n ] irreduzibel ist. Für ein Polynom f ∈ Z[X 1 , . . . , X n ]und eine Primzahl p sei f p das Bild von f unter dem vom kanonischen EpimorphismusZ → Z/pZ = F p , a ↦→ a + (p) =: a induzierten RinghomomorphismusZ[X 1 , . . . , X n ] → F p [X 1 , . . . , X n ],∑aν1...ν nX ν11 · · · Xνn n ↦→ ∑ a ν1...ν nX ν11 · · · Xνn n .Zeige, daß f ∈ Z[X 1 , . . . , X n ] ⊆ Q[X 1 , . . . , X n ] absolut irreduzibel ist genau dann,wenn f p für alle bis auf endlich viele Primzahlen p absolut irreduzibel ist.Anhand einiger weiterer Beispiele (5.5.1–5.5.4) wollen wir nun die Nützlichkeitdieser Prinzipien kennenlernen.5.5.1. Polynomabbildungen. Sei K ein Körper, M ⊆ K m nichtleer. Untereiner polynomialen Abbildung oder Polynomabbildung F : M → K n verstehen wireine Funktion F , die komponentenweise durch Polynome definiert ist, d.h. für dief 1 , . . . , f n ∈ K[X 1 , . . . , X m ] existieren mitF (c) = (f 1 (c), . . . , f n (c)) für alle c ∈ M.Folgender von Ax [45] gefundene und später auch ”klassisch“ [54] bewiesene Satzder algebraischen Geometrie läßt sich damit einfach beweisen:54


Satz 5.5.2. Sei K algebraisch abgeschlossen, F : K n → K n eine Polynomabbildung.Ist F injektiv, so auch surjektiv.Beweis. Für festes n und gegebene Gradschranke d für den Totalgrad der Fdefinierenden Polynome f i , i = 1, . . . , n läßt sich die Behauptung als ∀ 2 -Satz ψ n,dformulieren. Da ψ n,d für alle endlichen Körper trivialerweise erfüllt ist, folgt mitSatz 5.5.1, (iv) die Behauptung.□(Offensichtlich ist die Umkehrung des obigen Satzes i.a. falsch.) Als (übungshalberzu beweisendes) Korollar hat man dann auch sofort die Verallgemeinerung:Korollar 5.5.3. Sei K algebraisch abgeschlossener Körper und V eine Varietätdes affinen Raumes A n (K) sowie V = V 1 ∪ · · · ∪ V m mit Varietäten V i ≠ ∅und F : V → V eine Abbildung von V in sich derart, daß F |V i jeweils eine Polynomabbildungist. Wenn F injektiv ist, so auch surjektiv.□5.5.2. Hilbertscher Nullstellensatz. Wie in §4.2 angekündigt, kann manmit Hilfe der Q.E. für die Klasse AAK nun leicht den Hilbertschen Nullstellensatzbeweisen. Dies sieht man, indem man die aus der Substrukturvollständigkeit vonAAK folgende Modellvollständigkeit ausnutzt und dann etwa wie in Bem. 4.2.5argumentiert, wo bereits die ” Äquivalenz“ von Modellvollständigkeit der AAK unddes Nullstellensatzes erörtert wurde. Tatsächlich können wir nun sogar eine ebenfallsvon Robinson [124] gefundene Verschärfung beweisen, die die Existenz uniformerSchranken für die Grade der auftretenden Polynome betrifft. Ist L/K eineKörpererweiterung, a ein Ideal in K[X 1 , . . . , X n ], V ⊆ L n , so schreiben wir V L (a)für {a ∈ L n : f(a) = 0 für alle f ∈ a }und I K (V ) für{f ∈ K[X1 , . . . , X n ] : f(a) = 0 für alle a ∈ V } .(Also V (a) = V K (a) für ein Ideal a ⊆ K[X 1 , . . . , X n ], I(V ) = I K (V ) für V ⊆ K n .)Satz 5.5.4. Es existiert eine Funktion σ : N×N → N, so daß für alle Körper Kund alle Polynome f, g 1 , . . . , g k ∈ K[X 1 , . . . , X n ] vom Grad ≤ d, für die V L (f) ⊇V L (g 1 , . . . , g k ) in einem beliebigen algebraisch abgeschlossenen Oberkörper L vonK, gilt: Es existieren Polynome h 1 , . . . , h k ∈ K[X 1 , . . . , X n ] vom Grad ≤ σ(n, d)mit f σ(n,d) = ∑ ki=1 h ig i .Wir zeigen zunächst folgende Variante des Nullstellensatzes, bei der wir voneinem beliebigen Grundkörper K ausgehen:Satz 5.5.5. Sei L/K eine Körpererweiterung, L algebraisch abgeschlossen, aein Ideal in K[X 1 , . . . , X n ]. Dann gilt I K (V L (a)) = √ a.Beweis. Wähle g 1 , . . . , g k ∈ K[X 1 , . . . , X n ] mit a = (g 1 , . . . , g k ). Daß zunächst√ a ⊆ IK (V L (a)), ist klar. Umgekehrt seif ∈ K[X 1 , . . . , X n ] mit V L (f) ⊇ V L (g 1 , . . . , g k ).Zu zeigen ist, daß ein m ∈ N und h 1 , . . . , h k ∈ K[X 1 , . . . , X n ] existieren mitf m = ∑ ki=1 h ig i . Wir verwenden den Rabinowitsch-Trick und stellen fest, daßg 1 , . . . , g k , 1−fZ (mit der neuen Variablen Z) keine gemeinsame Nullstellen in L besitzen.Wäre (g 1 , . . . , g k , 1 − fZ) ≠ K[X 1 , . . . , X n , Z], so gäbe es nach Lemma 4.2.6einen algebraisch abgeschlossenen Oberkörper M von K, in dem g 1 , . . . , g k , 1 − fZ55


eine gemeinsame Nullstelle besitzen, im Widerspruch zur Substrukturvollständigkeitvon AAK. Also existieren ˜h 1 , . . . , ˜h k+1 ∈ K[X 1 , . . . , X n , Z] mit1 =k∑˜h i g i + ˜h k+1 (1 − fZ).i=1Sei jetzt ϕ: K[X 1 , . . . , X n , Z] → K(X 1 , . . . , X n ) der K-Algebrenhomomorphismusmit ϕ(X i ) := X i , ϕ(Z) := 1/f. Es gilt dann1 =k∑i=1ϕ(˜h i )g i mit ϕ(˜h i ) = h if mi , h i ∈ K[X 1 , . . . , X n ], m i ∈ N 0 .Mit m := max{m 1 , . . . , m k } folgtf m =wie gewünscht.k∑h i g i mit h i := h i f m−mi ∈ K[X 1 , . . . , X n ],i=1□Damit:Beweis (Satz 5.5.4). Die Polynome vom Grad ≤ d bilden einen K-VektorraumV der Dimension δ(d), wobei δ(d) der Anzahl der Monome in X 1 , . . . , X nvom Grad ≤ d entspricht. Für das Ideal a := (g 1 , . . . , g k ) hat dann V ∩ a (als K-Vektorraum) Dimension ≤ δ(d); wir können also o.B.d.A. k ≤ δ(d) annehmen. DieAussage, daß es Polynome h 1 , . . . , h k vom Grad ≤ m gibt mit f m = ∑ ki=1 h ig i ,läßt sich als L(K)-Formel ϕ m ∈ ∃ 1 über die Existenz der Koeffizienten der h ielementar formulieren. Die Aussage, daß V L (f) ⊇ V L (a) für einen (und damit alle)algebraisch abgeschlossenen Oberkörper L ⊇ K, ist bzgl. AAK äquivalent zu einemquantorenfreien L(K)-Satz ϱ; ϱ gilt in K genau dann, wenn V L (f) ⊇ V L (a). Alsofolgt aus Satz 5.5.5 (wobei Σ ein L-Axiomensystem für die Körper sei)Σ ∪ {ϱ} |= ∨ m∈Nϕ m .Nach Kor. 2.4.3 existiert jetzt ein m 0 ∈ N mitΣ ∪ {ϱ} |=∨ϕ m .m≤m 0Wegen Σ |= (ϕ m → ϕ m ′) für m ≤ m ′ haben wir sogar Σ ∪ {ϱ} |= ϕ m0 , und mitσ(n, d) := m 0 die gesuchte uniforme Schranke, die nur von n, d abhängt. □(Mehr über die Anwendung der <strong>Modelltheorie</strong> zum Nachweis der Existenz uniformerSchranken findet man z.B. in [74], §7 und [8], §11.4.)Als weitere Anwendung der erzielten Ergebnisse werden wir nun zwei fundamentaleSätze der algebraischen Geometrie auf modelltheoretische Weise herleiten:Den ”Hauptsatz der klassischen Eliminationstheorie“ und den Satz von Chevalleyüber konstruktible Mengen im affinen Raum. Der Beweis des ersten Satzes verwendetlediglich den zweiten Persistenzsatz, für den zweiten benötigen wir die Q.E. fürAAK.56


5.5.3. Der Hauptsatz der Eliminationstheorie ∗ . In diesem Beispiel werdenGrundkenntnisse der kommutativen Algebra vorausgesetzt; es sei deshalb hiernur an die Definition einer projektiven Varietät erinnert: Der n-dimensionale projektiveRaum P n = P n (K) über einem Körper K ist bekanntlich die Menge aller eindimensionalenUntervektorräume ( ”Geraden durch den Nullpunkt“) in K n+1 . EinPunkt x ∈ P n (K) kann durch ein (n + 1)-Tupel (x 0 , . . . , x n ) ≠ (0, . . . , 0) im K n+1dargestellt werden, und (x ′ 0, . . . , x ′ n) ∈ K n+1 definiert denselben Punkt d.u.n.d.wenn es ein λ ∈ K ∗ gibt mit (x 0 , . . . , x n ) = λ(x ′ 0, . . . , x ′ n); die Äquivalenzklassevon (x 0 , . . . , x n ) bzgl. der dadurch definierten Äquivalenzrelation auf K m+1 \ {0}bezeichnen wir mit [x 0 : . . . : x n ] und nennen (x 0 , . . . , x n ) ein System homogenerKoordinaten von x. Kanonisch ist A n (K) ⊆ P n vermöge (x 1 , . . . , x n ) ↦→ [1 : x 1 :. . . : x n ]. Ist f ∈ K[X 0 , . . . , X n ], so heißt f homogen, falls ein k ∈ N 0 existiert mitf(λx) = λ k f(x) für alle x ∈ K n+1 , λ ∈ K; ein Punkt x ∈ P n (K) mit homogenenKoordinaten [x 0 : . . . : x n ] heißt Nullstelle von f, falls f(x 0 , . . . , x n ) = 0 (da fhomogen ist, ist dies offenbar wohldefiniert). V ⊆ P n (K) wird eine projektive algebraischeK-Varietät oder projektive algebraische Mannigfaltigkeit genannt, fallses homogene Polynome f 1 , . . . , f m ∈ K[X 0 , . . . , X n ] gibt, so daß V die Menge allergemeinsamen Nullstellen von f i in P n (K) ist. Eine Abbildung F : V → W zwischenprojektiven Varietäten V ⊆ P m , W ⊆ P n heißt (homogen) polynomial, falls homogenef 0 , . . . , f n ∈ K[X 0 , . . . , X m ] mit gleichem Grad d ∈ N 0 existieren, so daßF (c) = [f 0 (c) : . . . : f n (c)] für alle c ∈ V . (Insbesondere ist V ∩ V (f 0 , . . . , f n ) = ∅.)Für grundlegende Eigenschaften affiner bzw. projektiver K-Varietäten vgl. [33],Chap. I, oder [38]. Insbesondere sei daran erinnert, daß die affinen (projektiven)K-Varietäten die abgeschlossenen Mengen einer Topologie auf A n (bzw. P n ) sind,der sog. Zariski-Topologie auf A n (bzw. P n ). Für die Beschreibung des sog. Segre-Produkts P n × P m zweier projektiver Varietäten gilt: V ⊆ P n × P m ist genau dannabgeschlossen, wenn k Polynome f i ∈ K[X 0 , . . . , X n , Y 0 , . . . , Y m ] (1 ≤ i ≤ k) existieren,so daß die f i homogen in den X 0 , . . . , X n und den Y 0 , . . . , Y m getrennt sindund V die Menge der Nullstellen von f 1 , . . . , f k ist (vgl. etwa [38], I, Th. 5.1).Analoges gilt für das Produkt P n × A m eines projektiven und eines affinen Raums:V ⊆ P n × A m ist abgeschlossen genau dann, wenn in X 0 , . . . , X n homogene Polynomef 1 , . . . , f k ∈ K[X 0 , . . . , X n , Y 1 , . . . , Y m ] existieren, deren Nullstellenmengegerade V ist.Damit können wir formulieren:Hauptsatz der klassischen Eliminationstheorie. Ist V eine (projektiveoder affine) Varietät über einem algebraisch abgeschlossenen Körper K und Weine Zariski-abgeschlossene Teilmenge von V × P n , so ist das Bild von W unter derProjektion auf V ebenfalls Zariski-abgeschlossen.Wir verschieben den Beweis, bis wir einige technische Hilfsmittel bereitgestellthaben.— Man bemerkt sofort, daß allgemeiner gilt:Korollar 5.5.6. Das Bild einer projektiven Varietät unter einer polynomialenAbbildung ist abgeschlossen. Genauer: Sind V ⊆ P m und W ⊆ P n projektive Varietätenüber einem algebraisch abgeschlossenen Körper K und π : K m+1 → K n+1eine polynomiale Abbildung mit π(V ) ⊆ W , dann ist π(V ) eine abgeschlosseneTeilmenge von W in der Zariski-Topologie.Beweis. Sei X := {(π(x), x) : x ∈ V } ⊆ W × V der Graph von π|V . Da π(V )gleich dem Bild von X unter der Projektion auf W ist, reicht es zu zeigen, daß X57


abgeschlossen ist in W × V . Das Produkt W × W ist eine abgeschlossene Teilmengeim projektiven Raum P n × P n , ebenso die Diagonale∆ P n := {(x, x) : x ∈ P n } ⊆ P n × P n .(Für x = [x 0 : . . . : x n ] und y = [y 0 : . . . : y n ] aus P n ist (x, y) ∈ ∆ P n gdw.x i y j = x j y i für alle i, j = 0, . . . , n.) Damit ist auch∆ W := ∆ P n ∩ W × W ⊆ P n × P nabgeschlossen. Aber X ist nun das Urbild von ∆ W in W ×V unter der polynomialenAbbildung id ×π und also abgeschlossen.□Der Leser macht sich durch den Versuch, etwa das Bild von P 1 (C) unter derAbbildungP 1 (C) → P 2 (C), [x : y] ↦→ [x 3 : x 2 y + xy 2 : y 3 ]durch Polynome zu beschreiben, leicht klar, daß damit ein nichttrivialer Sachverhaltpostuliert wird.Für affine Varietäten ist der Satz i.a. falsch: V (XY − 1) ⊆ A 1 × A 1 ist abgeschlossen,aber die Projektion etwa auf die erste Komponente ist A 1 \ {0} und alsokeine abgeschlossene Teilmenge.Zur Vorbereitung für den Beweis des Hauptsatzes benötigen wir ein Ergebnisüber die Erweiterung von Ringhomomorphismen. Dabei nennen wir einen UnterringR eines Körpers K — aus hier nicht näher zu diskutierenden Gründen, vgl. [34],VII, §3, XII — einen Bewertungsring in K, falls für jedes x ∈ K ∗ stets x ∈ Roder x −1 ∈ R ist. Auf K definiere man eine Teilbarkeitsrelation durch x|y gdw.xz = y für ein z ∈ R (x, y ∈ R). Damit hat man eine totale, reflexive und transitiveRelation mit 1|0 und den Eigenschaftenx|y ⇒ xz|yz, z|x ∧ z|y ⇒ z|x + y für alle x, y, z ∈ K,eine sog. Bewertungsteilbarkeit auf K.— Im folgenden seien R, T kommutativeRinge (mit 1). (Kommutative Ringe seien im weiteren Verlauf des Skriptums immermit 1 zu verstehen, auch wenn dies hinfort nicht mehr stets explizit erwähnt wird.)Proposition 5.5.7. Sei R Unterring von T und T ganz über R. Sei ϕ: R → Kein Homomorphismus in einen algebraisch abgeschlossenen Körper K. Dann besitztϕ eine Erweiterung zu einem Homomorphismus von T nach K.Beweis. Sei p der Kern von ϕ, S := R \ p. p ist ein Primideal in R. Wir habendas kommutative Diagramm (mit Injektionen R ↩→ R p , T ↩→ S −1 T )T −−−−→↑⏐S −1 T↑⏐R −−−−→ S −1 R = R pund wir können ϕ zu einem Homomorphismus ϕ: R p → K erweitern vermögeϕ(x/y) := ϕ(x)/ϕ(y) für x ∈ R, y ∈ S. Es ist R p ein lokaler Ring mit maximalemIdeal m = {x/y : x ∈ p, y /∈ p} = ker(ϕ). Ferner ist auch S −1 T ganz über S −1 R.Also kann man o.B.d.A. schon von vornherein R als lokalen Ring mit maximalemIdeal m = ker(ϕ) annehmen. Nach dem “going-up”-Theorem ([33], Prop. 2.10)existiert ein maximales Ideal M von T über m, d.h. so daß M ∩ R = m. Dann sindT/M und R/m Körper, und T/M ist algebraisch über R/m; ferner ist R/m isomorphzu dem Unterkörper ϕ(R) von K, da ker(ϕ) = m; also existiert ein Isomorphismus58


ψ : R/m → ϕ(R), r + m ↦→ ϕ(r), so daß die Komposition R −→ R/m −→ ψK mit ϕidentisch ist ist. Nun kann man wegen T/M algebraisch über R/m ein ψ ′ : T/M →K finden, dasT −−−−→ T/M −−−−→ ψ′K↑ ↑ ↑⏐⏐ ⏐ ⏐idψR −−−−→ R/m −−−−→ Kkommutativ macht, und damit einen ϕ fortsetzenden Homomorphismus T → K.□Satz 5.5.8. Sei R ein Unterring eines Körper K und x ∈ K ∗ . Sei ϕ: R → Lein Homomorphismus von R in einen algebraisch abgeschlossenen Körper. Dannbesitzt ϕ eine Fortsetzung zu einem Homomorphismus von R[x] oder R[x −1 ] nachL.Beweis. Sei p = ker ϕ. Da man ϕ zu einem Homomorphismus ϕ: R p → Lfortsetzen kann, können wir o.B.d.A. davon ausgehen, daß R ein lokaler Ring mitmaximalem Ideal m = ker ϕ ist. Angenommen nun, mR[x −1 ] = R[x −1 ]. Dann schreibenwir1 = a 0 + a 1 x −1 + · · · + a n x −n mit a i ∈ m.Multiplikation mit x n ergibt(1 − a 0 )x n − a 1 x n−1 − · · · − a n = 0.Da a 0 ∈ m, ist (1 − a 0 ) /∈ m und also (1 − a 0 ) eine Einheit, weil R lokal. Teiltman durch 1 − a 0 , so sieht man, daß x ganz über R ist, und damit kann ϕ nachProp. 5.5.7 auf R[x] fortgesetzt werden. (Vgl. [33], II, Cor. 2.3, 2.4.)Ist andererseits mR[x −1 ] ≠ R[x −1 ], so existiert ein maximales Ideal M vonR[x −1 ] mit mR[x −1 ] ⊆ M, m ⊆ M ∩ R. Da m maximal und M ∩ R ≠ R, istM ∩ R = m. Man definiert nun die Einbettung ψ : R/m → L, r + m ↦→ ϕ(r), so daßdie zusammengesetzte Abbildung R −→ R/m −→ ψL gleich ϕ ist. Es ist kanonischR/m ↩→ T/M, wobei T := R[x −1 ], und man kann ψ zu einem Homomorphismusψ : T/M → L erweitern, gleichgültig, ob x −1 + M algebraisch oder transzendentüber R/m ist. Damit liefert die Komposition T −→ T/M −→ ψL das Gewünschte.□Korollar 5.5.9. Sei R Unterring eines Körpers K und ϕ: R → L ein Homomorphismusin den algebraisch abgeschlossenen Körper L. Sei T maximaler Unterringvon K, so daß R ⊆ T und ϕ auf T fortgesetzt werden kann. Dann ist T einlokaler Bewertungsring.Beweis. Sei S die Menge der Paare (A, ψ), wobei A ein Unterring von K mitR ⊆ A und der Homomorphismus ψ : A → L eine Fortsetzung von ϕ ist. Dann istS ̸= ∅ wegen (R, ϕ) ∈ S und S in offensichtlicher Weise induktiv geordnet bzgl.Inklusion und Restriktion. Nach dem Lemma von Zorn existiert ein maximalesElement (T, γ) ∈ S. Dann ist T lokal, da man sonst γ auf T p ⊆ K mit p := ker ϕfortsetzen könnte, und wegen dem vorhergehenden Satz 5.5.8 ist für x ≠ 0 stetsx ∈ T oder x −1 ∈ T .□Daß der Ring T aus dem letzten Korollar lokal ist, ist nicht verwunderlich, dennes gilt:59


Bemerkung. Jeder Bewertungsring ist ein lokaler Ring.Beweis. Sei A ⊆ K ein Bewertungsring des Körpers K. Wir zeigen, daß m :=A \ A ∗ ein Ideal von A ist. Für alle a ∈ A ist am ⊆ m. Sind ferner 0 ≠ a, b ∈ m,o.B.d.A. ab −1 ∈ A, so ist a − b = (ab −1 − 1)b ∈ m. m ist also ein Ideal, und damitdas eindeutig bestimmte maximale Ideal von A.□Insbesondere besagt der Beweis des Korollars, daß man einen Ringhomomorphismusvon einem Unterring eines Körpers K in einen algebraisch abgeschlossenenKörper stets auf einen Bewertungsring in K fortsetzen kann. Dies ist die Tatsache,die wir im Beweis des Hauptsatzes der Eliminationstheorie benötigen.Beweis des Hauptsatzes (nach [68]). Sei K ein algebraisch abgeschlossenerKörper. Wir haben zu zeigen:Sind die Polynome f 1 (X, Y), . . . , f k (X, Y) ∈ K[X, Y] mit X =(X 1 , . . . , X m ), Y = (Y 0 , . . . , Y n ) homogen in (Y 0 , . . . , Y n ), soexistieren Polynome g 1 (X), . . . , g l (X) ∈ K[X] derart, daß fürjedes c ∈ K m das System f 1 (c, Y) = · · · = f k (c, Y) = 0 genaudann eine nichttriviale Lösung in K besitzt, falls g 1 (c) = · · · =g l (c) = 0.(Im Fall der Projektion auf eine projektive Varietät benötigt man homogene Polynomeg i ; durch Zerlegen der g i in homogene Komponenten kann man solches stetserreichen.)Sei dazu⎛⎞m∨k∧ϕ(X) := ∃Y ⎝ Y j ≠ 0 ∧ f i (X, Y) = 0⎠ .j=1ϕ ist eine L(K)-Formel; durch Ersetzen der Konstanten aus K durch neue VariableZ 1 , . . . , Z p können wir ϕ in eine L-Formel umformen. Wir müssen beweisen,daß ϕ(X, Z) in AAK äquivalent ist zu einer positiv quantorenfreien Formel. NachKor. 5.1.2, (i) reduziert sich dies auf den Nachweis, daß für einen beliebigen Homomorphismusf : R → L von einem Unterring R eines algebraisch abgeschlossenenKörpers k in einen algebraisch abgeschlossenen Körper L und c ∈ R m , d ∈ R p gilt:Hat das Systemi=1f 1 (c, d, Y) = · · · = f k (c, d, Y) = 0eine nichttriviale Lösung in k, so hat das Systemf 1 (f(c, d), Y) = · · · = f k (f(c, d), Y) = 0eine nichttriviale Lösung in L. Wegen Kor. 5.5.9 können wir o.B.d.A. R bereitsals Bewertungsring in k annehmen. Multipliziert man eine nichttriviale Lösungin k mit einer geeigneten Konstanten λ, so kann man eine nichttriviale Lösungx ∈ R n+1 erhalten, bei der mindestens eine Koordinate x i in R invertierbar ist.(Ist x = (x 0 , . . . , x n ) und m maximal bzgl. der Bewertungsteilbarkeit unter dennichtverschwindenden x i , so wähle λ := 1/m.) Wendet man nun f auf f 1 (c, d, x) =· · · = f k (c, d, x) = 0 an, so erhält man eine Lösung f(x) von f 1 (f(c, d), Y) = · · · =f k (f(c, d), Y) = 0 in L, und f bildet die invertierbare Koordinate von x auf einvon Null verschiedenes Element von L ab.□60


5.5.4. Der Satz von Chevalley. Sei K ein algebraisch abgeschlossener Körper.Wir nennen die Elemente der Booleschen Mengenalgebra, die von den Mengender Form{(a1 , . . . , a n ) ∈ A n (K) : f(a 1 , . . . , a n ) = 0 } ⊆ A n (K) mit f ∈ K[X 1 , . . . , X n ](den affinen Hyperflächen) im A n (K) erzeugt wird, konstruktible Mengen. Die konstruktiblenMengen sind offensichtlicherweise genau die durch quantorenfreie L(K)-Formeln definierbaren Mengen (wobei L die Sprache der Ringe bezeichne). Damitgilt [35]:Satz 5.5.10. (Chevalley) Sei K algebraisch abgeschlossen, m < n aus N. JedeProjektion einer konstruktiblen Menge aus A n (K) auf A m ist konstruktibel in A m .Beweis. Ist X ⊆ A n (K) etwa durch die q.f. Formel ϕ(X 1 , . . . , X n ) definiert,so ist die Projektion auf A m ↩→ A m × 0 ⊆ A n definiert durch die Formelψ(X 1 , . . . , X m ) := ∃X m+1 · · · ∃X n(ϕ(X1 , . . . , X n ) ) .Man ersetzt in ψ die Konstanten aus K durch neue Variable Z 1 , . . . , Z k und erhältdie L-Formel ψ ′ . Wegen Satz 5.3.1 ist diese in AAK wieder äquivalent zu einerquantorenfreien Formel ϱ ′ , und nach Wiedereinsetzen der Konstanten anstelle derZ i erhält man eine zu ψ in AAK äquivalente q.f. L(K)-Formel ϱ.□Eine Funktion π : A n (K) → A m (K) heißt konstruktibel, wenn es ihr Graph inA n+m (K) ist. Ähnlich wie nach dem Hauptsatz der Eliminationstheorie folgt:Korollar 5.5.11. Das Bild einer konstruktiblen Menge unter einer konstruktiblenAbbildung ist konstruktibel.Beweis. Seien X ⊆ A n (K) und π : A n (K) → A m (K) konstruktibel mit definierenderq.f. L(K)-Formel ϕ(X 1 , . . . , X n ) bzw. ψ(X 1 , . . . , X n , Y 1 , . . . , Y m ). Dannist π(X) gegeben als die Projektion der Menge ˜X := {(π(x), x) : x ∈ X} ⊆ A m+nauf A m , so daß es reicht, die Konstruktibilität von ˜X einzusehen. Aber ˜X =G f ∩ A m × X mit den beiden konstruktiblen Mengen G f = {(π(x), x) : x ∈ A m },definiert durch ψ, und A m × X, definiert durch ϕ.□5.6. Die AmalgamierungseigenschaftSei K eine elementare Klasse. Wir beschäftigen uns mit der Frage: Unter welcheneinschränkenden Bedingungen ist K modellvollständig genau dann, wenn K substrukturvollständigist? Als eine solche Bedingung stellt sich die sog. Amalgamierungseigenschaftvon S(K) heraus.Definition 5.6.1. Sei K eine Klasse von L-Strukturen. Dann hat K die Amalgamierungseigenschaft(A.E.), falls für alle A, B, C ∈ K mit Einbettungen B ↩→ fA,B ↩→ gC gilt: Es existieren D ∈ K und Einbettungen A ↩→ hD, C ↩→ kD, so daßh ◦ f = k ◦ g, d.h. derart, daß das folgende Diagramm kommutiert:fB −−−−→ A⏐ ⏐g↓↓∃hC∃k−−−−→ D61


Bemerkung 5.6.2. Sei K abgeschlossen unter Isomorphismen. Dann hat K dieA.E. d.u.n.d., wenn für alle A, B, C ∈ K mit B ⊆ A, B ⊆ C, B = A ∩ C gilt: Esgibt Einbettungen h: A ↩→ D, k : C ↩→ D in ein D ∈ K mit h|B = k|B.Beweis. Die angegebene Eigenschaft ist zunächst ein Spezialfall der A.E. (f =id B , g = id B ). Falls allgemein A ←↪ f B ↩→ gC mit A, B, C ∈ K, so existieren A ′ ∼ = A,C ′ ∼ = C, so daß A ′ ∩ C ′ = B, und mit Voraussetzung haben wir Einbettungenh ′ : A ′ ↩→ D, k ′ : C ′ ↩→ D mit h ′ |B = k ′ |B. Wähle i: A → ∼= A ′ und j : C → ∼= C ′ miti|B = f −1 |B, j|B = g −1 |B, und setze einfach h := h ′ ◦i: A → D, k := k ′ ◦j : C → D.Wir wissen, daß i ◦ f = id B = j ◦ g, also h ◦ f = h ′ ◦ i ◦ f = h ′ ◦ id B = h ′ |B, ebensok ◦ g = k ′ |B, somit h ◦ f = k ◦ g.□Satz 5.6.3. Sei K elementare Klasse von L-Strukturen. Dann ist K substrukturvollständiggenau dann, wenn K modellvollständig ist und S(K) die A.E. besitzt.Beweis. Sei zunächst K modellvollständig, und S(K) habe die A.E.; seienA, C ∈ K mit gemeinsamer Substruktur B ∈ S(K), ϕ(x 1 , . . . , x n ) eine erweiterteL-Formel, b 1 , . . . , b n ∈ B. Zu zeigen ist: A |= ϕ(b 1 , . . . , b n ) impliziert C |=ϕ(b 1 , . . . , b n ). Mit A.E. existiert ein D ∈ S(K) und Einbettungen h: A ↩→ D,k : C ↩→ D, so daß h|B = k|B. Es gibt nun E ⊇ D, E ∈ K wegen D ∈ S(K).Die Abbildungen h: A → E, k : C → E erhalten wegen der Modellvollständigkeitalle L-Formeln; da A |= ϕ(b 1 , . . . , b n ), folgt E |= ϕ(h(b 1 ), . . . , h(b n )). Aberϕ(h(b 1 ), . . . , h(b n )) = ϕ(k(b 1 ), . . . , k(b n )). Damit erhalten wir C |= ϕ(b 1 , . . . , b n ).Sei jetzt K substrukturvollständig, also auch modellvollständig. Zu zeigen bleibtdie A.E. für S(K).— Seien A, B, C ∈ S(K) mit B ⊆ A, B ⊆ C, B = A ∩ C. SeiK = Mod(Σ) mit einer L-Satzmenge Σ. O.B.d.A. seien A, C ∈ K. Wir behaupten:Σ ∪ D(A, A) ∪ D(C, C) hat ein Modell (bzgl. L(A ∪ C)). Hieraus folgt dann:Falls D ′ ein Modell dieser Menge ist und D := D ′ |L, so ist D ∈ K, und mit demDiagrammlemma existieren Einbettungen h: A ↩→ D, k : C ↩→ D, so daß für alleb ∈ B gilt: h(b) = b D′= k(b), d.h. h|B = k|B.— Es bleibt der Beweis der Behauptung:Angenommen, Σ ∪ D(A, A) ∪ D(C, C) hat kein Modell; damit erhält manvia Kompaktheitssatz auch ϕ 1 , . . . , ϕ m , ψ 1 , . . . , ψ n ∈ Ba, paarweise verschiedenea 1 , . . . , a k ∈ A \ B, b 1 , . . . , b l ∈ B sowie c 1 , . . . , c p ∈ C \ B, so daß mit paarweiseverschiedenen Variablen x 1 , . . . , x k , y 1 , . . . , y l , z 1 , . . . , z p undgilt: Zwar sind alle ϕ ′′iDamit folgtϕ ′ i := ϕ i [b 1 /y 1 , . . . , b l /y l ], ϕ ′′i := ϕ ′ i[a 1 /x 1 , . . . , a k /x k ],ψ i ′ := ψ i [b 1 /y 1 , . . . , b l /y l ], ψ i ′′ := ψ i[c ′ 1 /z 1 , . . . , c p /z p ]∈ D(A, A), ψ′′ j ∈ D(C, C), aber Σ |= ¬(∧ mi=1 ϕ′′ i ∧ ∧ nj=1 ψ′′ j ).⎛m∧Σ |= ¬∃x 1 · · · ∃x k ∃z 1 · · · ∃z p⎝ ϕ ′ i ∧sogar⎛ ⎛ ( m)⎛ ⎞⎞⎞∧m∧Σ |= ∀y 1 · · · ∀y l⎝¬ ⎝∃x 1 · · · ∃x k ϕ i ∧ ∃z 1 · · · ∃z p⎝ ψ j⎠⎠⎠ ,also mit ϕ := ∃x 1 · · · ∃x k ( ∧ mi=1 ϕ i) und ψ := ∃z 1 · · · ∃z p ( ∧ mj=1 ψ j):i=1i=1n∧j=1A |= ϕ(b 1 , . . . , b l ), C |= ψ(b 1 , . . . , b l ),62ψ ′ j⎞⎠ ,j=1


wobei ϕ(y 1 , . . . , y l ), ψ(y 1 , . . . , y l ) erweiterte Formeln zu ϕ und ψ seien. Da K substrukturvollständigist, folgt C |= (ϕ ∧ ψ)(b 1 , . . . , b l ); aber C |= Σ, Widerspruch. □Als Anwendungsbeispiel betrachte man etwa die Klasse I aller Integritätsbereiche.Da I = S(AAK), erhält man aus Satz 5.6.3 die A.E. für I.Für die nächste Übung definieren wir:Definition 5.6.4. Eine L-Struktur A heißt ultrahomogen, falls jeder Isomorphismuszwischen endlich erzeugten Substrukturen von A zu einem Automorphismusvon A fortgesetzt werden kann.Übung. Sei A eine feste endliche L-Struktur. Sei K die Klasse aller zu Aisomorphen L-Strukturen.(i) Sei L endlich. Man zeige: Es ist K = Mod(Th(A)), und K ist eine modellvollständigeelementare Klasse. Ferner ist K substrukturvollständiggenau dann, wenn A ultrahomogen ist.(ii) Man bearbeite (i) für eine beliebige Sprache L.Ist A eine L-Struktur, so sagen wir, A erlaubt Quantorenelimination, falls diesfür Mod(Th(A)) = {B : B ≡ A} zutrifft. Als Korollar zur letzten Übung erhaltenwir:Korollar 5.6.5. Jeder endliche Körper K erlaubt Q.E.Beweis. Wir haben die Ultrahomogenität von K nachzuweisen. Seien R, Sisomorphe Unterringe von K; jeder endliche Integritätsbereich ist ein Körper, alsosind R, S Körper. Sei f : R → ∼= S; wir müssen zeigen, daß sich f zu einem Automorphismusvon K fortsetzen läßt. Da card(R) = card(S), sind die multiplikativenGruppen von R, S dieselbe Untergruppe der multiplikativen Gruppe von K, dieeine endliche zyklische Gruppe ist; es folgt R = S. Damit müssen wir nur zeigen,daß sich jeder Automorphismus eines Teilkörpers L ⊆ K auf K fortsetzenläßt. Sei F ⊆ L der Primkörper von K, etwa F = F p , p := char K, sowie L = F p n,K = F p k mit n|k. Aut(L) und Aut(K) sind zyklisch von Ordnung n bzw. k ([34], V,Th. 5.4) und werden jeweils vom Frobenius-Automorphismus ϕ n : L → L, x ↦→ x pbzw. ϕ k : K → K, x ↦→ x p erzeugt; aber ϕ k |L = ϕ n , und die Behauptung folgt. □5.7. Der Satz von Macintyre-McKenna-van den Dries ∗Wir haben gesehen, daß C, F p , p > 0 prim, sowie jeder endliche Körper K bzgl. L ={0, 1, +, −, ·} Q.E. erlauben (Satz 5.3.1, Kor. 5.6.5); es gilt auch die Umkehrung.Satz 5.7.1. (Macintyre-McKenna-van den Dries, [105]) Sei K ein Körper.Genau dann erlaubt K Q.E., wenn K endlich oder algebraisch abgeschlossen ist.Beweis. Sei K ein unendlicher Körper mit Q.E.; mit dem Satz von Löwenheim-Skolem aufwärts“ (vgl. §9.4) können wir annehmen, daß K unendlichen Transzendenzgradüber seine Primkörper besitzt (s. auch Bem. 4.2.7). Wir zeigen zunächst:”1. Für alle n ∈ N, a ∈ K hat X n − a eine Nullstelle in K.Denn wähle θ algebraisch unabhängig von a; dann ist auch θ n algebraisch unabhängigvon a, und X n − θ n hat die Nullstelle θ. Mit Q.E. folgt, daß jedes von aalgebraisch unabhängige Element eine n-te Wurzel besitzt, da alle solche Elementedieselben quantorenfreien Formeln über L({a}) erfüllen. Insbesondere hat aθ n einen-te Wurzel bθ mit b n = a, und dies zeigt (1.).63


2. Für alle n ∈ N und algebraisch unabhängige Elemente a 1 , . . . , a n ∈ Khatf = X n + a 1 X n−1 + · · · + a neine Nullstelle in K.Denn wähle b 0 , . . . , b n−1 ∈ K algebraisch unabhängig, p := ∏ n−1i=0 (X − b i); schreibep = X n + s 1 X n−1 + · · · + s n ,wobei die s 1 , . . . , s n algebraisch unabhängig über K sind; es handelt sich nämlich(bis auf das Vorzeichen) um die elementarsymmetrischen Funktionen in b 0 , . . . , b n−1([34], IV, §6). p hat Nullstellen in K; mit Q.E. folgt, daß auch f eine Nullstelle inK besitzen muß, weil a 1 , . . . , a n denselben quantorenfreien Formeln wie s 1 , . . . , s ngenügen muß. (2.) ist bewiesen.Angenommen nun, K wäre nicht algebraisch abgeschlossen, K(α) ⊇ K eineechte algebraische Erweiterung von K mit Minimalpolynom p, grad p =: n. Da Knach (1.) vollkommen ist, ist p separabel, und α besitzt n paarweise verschiedeneKonjugierte α 0 , . . . , α n−1 . Wähle algebraisch unabhängige Elemente t 0 , . . . , t n−1von K und setzef :=n−1∏i=0⎛⎞n−1∑⎝X − t j α j ⎠i .f ist aus K[t 0 , . . . , t n−1 ][X], denn es ist symmetrisch in den α i , mithin als Polynomder elementarsymmetrischen Funktionen in α 0 , . . . , α n−1 darstellbar ([34], IV,Th. 6.1); diese sind aber die Koeffizienten von p, also aus K. Damit können wir fschreiben alsj=0f = X n + g 1 X n−1 + · · · + g n mit g i ∈ K[t 0 , . . . , t n−1 ].Wir behaupten:3. Die g i sind algebraisch unabhängig über K.Um dies einzusehen, reicht es zu zeigen, daß K(g 1 , . . . , g n ) Transzendenzgrad n überK besitzt, also wegen trdeg(K(t 0 , . . . , t n−1 )/K) = n,K(t 0 , . . . , t n−1 ) ⊇ K(g 1 , . . . , g n ) ⊇ Kund der Transzendenzgradformel ([34], VIII, Exercise 3), daß jedes t i algebraischüber K(g 1 , . . . , g n ) ist. Seien ϱ 0 , . . . , ϱ n−1 die Wurzeln von f, also ϱ i := ∑ t j α j i .Dann gilt also:⎛1 α 0 . . . α n−1 ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞0 t 0 ϱ 0⎜1 α 1 . . . α1n−1⎟ ⎜ t 1⎟⎝. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ⎠ ⎝. . . . ⎠ = ⎜ ϱ 1⎟⎝. . . . . ⎠1 α n−1 . . . αn−1n−1 t n−1 ϱ n−1Die Matrix linker Hand ist aber invertierbar: Sie ist die Vandermondesche der paarweiseverschiedenen α i ; also erhalten wir nach Multiplikation mit ihrer Inversendie t j als Linearkombination der ϱ i . Letztere sind aber sicherlich algebraisch überK(g 1 , . . . , g n ). Dies zeigt (3.)Nach (2.) hat aber nun f eine Nullstelle in K, sagen wir β, also β = ∑ j t jα j ifür ein i ∈ {0, . . . , n − 1}, und α i wäre Nullstelle eines Polynoms vom Grad < n,im Widerspruch zu grad Irr(α i , K) = grad p = n.□64


KAPITEL 6Reell abgeschlossene KörperAls etwas weiter ausgeführte algebraische Fallstudie für das modelltheoretische Materialder letzten Abschnitte werden wir nun die Klasse der reell abgeschlossenenKörper näher untersuchen. Wir werden viele Parallelen zum Beispiel der algebraischabgeschlossenen Körper feststellen, wenngleich auch die <strong>Modelltheorie</strong> in demZweig der Algebra, welcher sich mit angeordneten Körpern im allgemeinen und reellabgeschlossenen Körpern im speziellen beschäftigt, sowie im zugehörigen Bereichder Geometrie, der semialgebraischen Geometrie, eine wesentlich wichtigere Rollespielt. (Vgl. [36], [28] und §6.6.)6.1. Angeordnete Körper und reelle AbschlüsseUnsere Motivation ist zunächst die Suche nach Axiomen für Th(R) bzgl. der SpracheL = {0, 1, +, −, ·,


(v) In einem nichtarchimedisch angeordneten Körper gibt es unendlich großeElemente, d.h. Elemente, die größer als jede rationale Zahl, und unendlichkleine Elemente, d.h. Elemente, die kleiner als jede positive rationaleZahl, aber größer als Null sind.Die Klasse der geordneten Integritätsbereiche und die Klasse der geordnetenKörper sind beide elementar (bzgl. L = {0, 1, +, −, ·,


die durch die Einbettung Q(X) ↩→ R, f ↦→ f(ϑ) auf Q(X) induzierteOrdnung.(iv) Definiert man die Teilmenge P ⊆ Q[X] als die Menge aller Polynomef = ∑ ni=0 a iX i mit a n > 0, zusammen mit dem Nullpolynom, so erhältman eine Anordnung von Q[X] und daher auch von Q(X). (Übung!)Letztere ist nichtarchimedisch. (X ist unendlich groß.)Es sei ΣK 2 die Menge aller Elemente von K, die sich als Summe von Quadratenschreiben lassen:ΣK 2 := { a 2 1 + · · · + a 2 n : n ∈ N 0 , a 1 , . . . , a n ∈ K }Proposition 6.1.4.(i) ΣK 2 ist in jedem präpositiven Kegel von K enthalten.(ii) ΣK 2 ist genau dann ein präpositiver Kegel, wenn −1 /∈ ΣK 2 .(iii) ΣK 2 ist unter Addition abgeschlossen.(iv) ΣK 2 \ {0} ist eine multiplikative Untergruppe von K ∗ .Beweis. (i), (ii), (iii) sind trivial. Zu (iv) beachte, daß aus ∑ a 2 i ≠ 0 folgt, daß( ∑ a 2 i )−1 = ∑ ( a i / ∑ aj) 2 2. □Definition 6.1.5. Ein Körper K heißt formal reell, wenn −1 /∈ ΣK 2 ist.Ein Körper ist also formal reell genau dann, wenn er eine Präordnung besitzt;ΣK 2 ist dann der kleinste präpositive Kegel von K. Offenbar besitzen alle formalreellen Körper Charakteristik 0.Lemma 6.1.6. Sei P ein präpositiver Kegel des Körpers K und a ∈ K \ P .Dann ist auch P − aP ein präpositiver Kegel von K.Beweis. (K1 ′ ) und (K2 ′ ) sind offensichtlich. Wäre −1 ∈ P − aP , etwa −1 =b−ac mit b, c ∈ P , so wäre c ≠ 0 und daher a = c −2 ·c(1+b) ∈ P , Widerspruch. □Lemma 6.1.7. Zu jedem präpositiven Kegel P von K gibt es einen positivenKegel P ′ von K mit P ⊆ P ′ .Beweis. Sei M die Menge aller P enthaltenden präpositiven Kegel. M istnichtleer und bzgl. der Inklusion induktiv geordnet; nach dem Zornschen Lemmaexistiert ein maximaler präpositiver Kegel P ′ in M. Dieser ist ein positiver Kegelvon K, denn ist a ∈ K \ P ′ , so ist P ′ = P ′ − aP ′ wegen Lemma 6.1.6 und derMaximalität von P ′ , also −a ∈ P ′ .□Korollar 6.1.8. Genau dann kann K zu einem geordneten Körper gemachtwerden, wenn K formal reell ist. (Formal reelle Körper heißen deshalb auch anordbar.)□Satz 6.1.9. Sei P ein präpositiver Kegel in dem Körper K. Dann ist P derSchnitt aller P enthaltenden positiven Kegel von K.Beweis. Die eine Inklusion ist trivial. Sei a ∈ K \ P in allen P enthaltendenpositiven Kegeln von K enthalten. Nach Lemma 6.1.6 ist P − aP ein präpositiverKegel, der nach Lemma 6.1.7 in einem positiven Kegel P ′ enthalten ist. Nun istaber a ∈ P ′ und −a ∈ P ′ , aber a ≠ 0, Widerspruch.□67


Korollar 6.1.10. (Artin, [43]) Sei char(K) ≠ 2 und a ∈ K. Genau dann ista in jedem positiven Kegel enthalten, wenn a als Summe von Quadraten darstellbarist. (Die Elemente von ΣK 2 heißen deshalb auch total positiv.)Beweis. Ist K formal reell, also ΣK 2 ein präpositiver Kegel, so folgt die Behauptungaus dem Satz. Ist K nicht formal reell, also −1 ∈ ΣK 2 , so ist ΣK 2 = K,da dann( ) 2 ( ) 2a + 1a − 1a = + (−1) ·22für jedes a ∈ K.Definition 6.1.11. Ein Körper K heißt reell abgeschlossen, falls gilt:(RA1) K 2 = {a 2 : a ∈ K} ist ein positiver Kegel in K.(RA2) Jedes Polynom f ∈ K[X] vom Grad ≥ 3 zerfällt in K[X], d.h. es existierenPolynome g, h ∈ K[X], so daß f = gh und g, h /∈ K.Proposition 6.1.12. Sei K ein Körper.(i) Ist K ein Körper, der(RA1 ′ ) K ist formal reell, und für jedes a ∈ K besitzt a oder −a in K eineQuadratwurzel.und (RA2) erfüllt, so ist K reell abgeschlossen, u.u. Ist K reell abgeschlossen,so ist überdies K 2 der einzige positive Kegel in K und dieinduzierte Ordnung die einzige, so daß K ein angeordneter Körper wird.(ii) Die Bedingung (RA2) kann äquivalent ersetzt werden durch(RA2 ′ ) Jedes nichtkonstante Polynom f ∈ K[X] ist ein Produkt aus seinemhöchsten Koeffizienten, Linearfaktoren (X − c) mit c ∈ K undquadratischen Faktoren der Form (X − d) 2 + e 2 mit d, e ∈ K.Beweis. Die Eindeutigkeitssaussage bzgl. K 2 ist klar wegen (RA1), da K 2 ⊆ Pfür jede Anordnung P ist; ist dann a ∈ P \ K 2 , so wäre −a ∈ K 2 ⊆ P , einWiderspruch zu a ≠ 0. (RA1) ⇔ (RA1 ′ ) ist klar.(RA2 ′ ) ⇒ (RA2) ist trivial. Zu (RA2) ⇒ (RA2 ′ ) führt man Induktion nachn = grad(f) > 0: n = 1 ist klar. Sei n = 2. Hat f eine Nullstelle in K, dann istf Produkt seines höchsten Koeffizienten und zweier Linearfaktoren. Hat f keineNullstelle in K, dann hat f die Form( (f = a(X 2 + bX + c) = a X + b ) ( 2 ( )) 2 b+ c − ,22)und dies ist eine Darstellung wie gewünscht: Da f keine Nullstelle hat und Quadratwurzelnexistieren, folgt nämlich c − (b/2) 2 ≥ 0, und daher hat c − (b/2) 2 eineWurzel. Für n ≥ 3 zerfälle f in g, h und wende die Induktionsannahme auf beidean.□Bemerkung 6.1.13. Wegen (RA1) kann man K auch als (in eindeutiger Weise)geordneten Körper betrachten, was wir ab jetzt auch tun werden. Die Klasse RAKder reell abgeschlossenen Körper ist elementar bzgl. L = {0, 1, +, −, ·, 0 → ∃y(y 2 = x))68□


und für (RA2) folgendes rekursiv aufzählbares Axiomenschema:⎛⎛⎞⎞n−1∨n∧ i∑(6.1.6) ∀y ⎝y n ≠ 0 → ∃z∃u ⎝ y i = z j u i−j⎠⎠d=1für alle n ≥ 3, mit y := (y 0 , . . . , y n ), z := (z 0 , . . . , z d ), u := (u 0 , . . . , u n−d ).Wir schreiben R, S, . . . für reell abgeschlossene Körper.— Bekanntlich ist C =R(i) mit i = √ −1 algebraisch abgeschlossen; allgemein gilt (mit C := R[i] :=R[X]/(X 2 + 1)):Fundamentalsatz der Algebra. Sei R ein Körper. R ist reell abgeschlossengenau dann, wenn C algebraisch abgeschlossen und C ≠ R ist.Beweis. Sei zunächst R reell abgeschlossen, f ∈ R[X] von positivem Grad.Aus (RA2 ′ ) erhalten wir eine Darstellung von f in R[X] als Produkt seines höchstenKoeffizienten, Linearfaktoren und quadratischen Faktoren der Form (X − d) 2 + emit d, e ∈ R, e > 0. In C[X] zerfällt jeder dieser quadratischen Faktoren weiter inLinearfaktoren, nämlichi=0j=0(X − (d + i √ e))(X − (d − i √ e)),wobei √ e ∈ R. Angenommen, C = R(i) wäre nicht algebraisch abgeschlossen. Dannexistiert ein Erweiterungskörper L ⊇ C (etwa der algebraische Abschluß von C) undein α ∈ L \ C, das algebraisch über C ist. Dann ([34], V, Prop. 1.7) ist α auchalgebraisch über R selbst, etwa mit Minimalpolynom f ∈ R[X]. f zerfällt in C[X]wie gezeigt in Linearfaktoren, es ist also α ∈ C, im Widerspruch zur Annahme. Da−1 /∈ R 2 , ist C ≠ R.Sei nun umgekehrt C ≠ R algebraisch abgeschlossen. Zu (RA1 ′ ): Wir zeigen alserstes, daß R 2 + R 2 ⊆ R 2 . Für alle a, b ∈ R gibt es nach Voraussetzung c, d ∈ R mita + bi = (c + di) 2 , also durch Koeffizientenvergleich (1, i ist Basis von C über R!)a = c 2 − d 2 , b = 2cd. Damit a 2 + b 2 = (c 2 + d 2 ) 2 ∈ R 2 , also insgesamt ΣR 2 = R 2 .Da R(i) = C ≠ R, ist −1 /∈ ΣR 2 , d.h. R ist formal reell. Ist ferner a ∈ R ∗ beliebig,b := 0, so sieht man, falls c = 0, daß folgt −a = d 2 , und falls d = 0, daß a = c 2 . Zu(RA2 ′ ): Sei f ∈ K[X] von positivem Grad. f zerfällt in C[X] in Linearfaktoren vomTyp (X − (c + di)). Wir betrachten die Konjugationsabbildung C → C, c + di ↦→c + di := c−di; diese ist ein K-Automorphismus von C, der in natürlicher Weise aufC[X] fortgesetzt werden kann. Betrachten wir die Linearfaktorzerlegung f = ∏ g kmit g k ∈ C[X], so folgt f = f = ∏ g k , d.h. zu jedem Linearfaktor (X − (c + di))in der Zerlegung von f erscheint auch der Faktor (X − (c − di)), da C[X] faktoriellist. Zusammenfassung konjugierter Paare ergibt(X − (c + di))(X − (c − di)) = (X − c) 2 + d 2 ,also (RA2 ′ ).□Wir sprechen im folgenden bei einem Polynom f ∈ R[X] über einem reellabgeschlossenen Körper R von einem a mit f(a) = 0 als einer reellen Nullstelle,falls a ∈ R, und als einer komplexen Nullstelle, falls a ∈ C = R(i).Korollar 6.1.14. Sei R ein reell abgeschlossener Körper, K ⊆ R ein Teilkörper.Dann ist der algebraische Abschluß K R von K in R wieder reell abgeschlossen.69


Beweis. O.B.d.A. sei K algebraisch abgeschlossen in R; sei i = √ −1. Dannist K(i) in R(i) algebraisch abgeschlossen. Denn ist α = a + bi ∈ R(i) algebraischüber K(i), wobei a, b ∈ R, so auch über K, und dasselbe gilt für α = a − bi, alsoauch für a = (α + α)/2 und b = i(α − α)/2. Folglich sind a, b ∈ K, also α ∈ K(i).Nach dem Fundamentalsatz ist R(i), wegen dem eben Gezeigten also auch K(i),algebraisch abgeschlossen; da i /∈ K, ist — wieder aufgrund des Satzes — auch Kreell abgeschlossen.□Kann man jeden geordneten Körper in einen reell abgeschlossenen Körper einbetten,und geht dies ”mit minimalen Aufwand“, etwa so wie bei der Konstruktioneines algebraischen Abschlusses? Um diese Frage zu beantworten, benötigen wireine weitere körpertheoretische Kennzeichnung der reell abgeschlossenen Körper.Zunächst zur Frage der Fortsetzung von Ordnungen auf Erweiterungskörper.Lemma 6.1.15. (Serre, [147]) Seien L ⊇ K Körper. Ein positiver Kegel P∑von K kann zu einem positiven Kegel von L erweitert werden genau dann, wennni=1 a iXi2 für alle n ∈ N, a 1 , . . . , a n ∈ P \ {0} keine nichttriviale Nullstelle in L nbesitzt.Beweis. Die Notwendigkeit der Bedingung ist klar. Sie ist auch hinreichend:Betrachte die MengeP 0 := {a 1 v 2 1 + · · · + a n v 2 n : n ∈ N, a 1 , . . . , a n ∈ P \ {0}, v 1 , . . . , v n ∈ L}.Offensichtlich ist P 0 + P 0 ⊆ P 0 , P 0 · P 0 ⊆ P 0 und L 2 ⊆ P 0 . Sei ∑ ni=1 a iv 2 i ∈ −P 0mit a i ∈ P \ {0}, v i ∈ L, n ∈ N. Dann gibt es also b j ∈ P \ {0}, w j ∈ L, m ∈ Nmit ∑ ni=1 a iv 2 i + ∑ mj=1 b jw 2 j = 0. Nach Voraussetzung folgt v i = 0, w j = 0. Alsoist P 0 ∩ (−P 0 ) = {0}. Mithin ist P 0 ⊇ P ein präpositiver Kegel von L, der nachLemma 6.1.7 in einem positiven Kegel von L enthalten ist.□Lemma 6.1.16. (Springer, [153]) Sei L ⊇ K eine algebraische Erweiterungungeraden Grades, und seien a 1 , . . . , a n ∈ K ∗ . Hat ∑ ni=1 a iXi 2 eine nichttrivialeNullstelle in L n , so auch in K n .Beweis. Es ist L = K(α 1 , . . . , α m ); man sieht, daß es wegen der Gradformelfür Körpererweiterungen ausreicht, den Fall einer einfachen Erweiterung L = K(α)zu betrachten. Sei f ∈ K[X] das Minimalpolynom von α über K; sei grad(f) =2m + 1 mit m ∈ N 0 . Wir beweisen durch Induktion nach m; der Fall m = 0 erledigtsich selbstredend. Sei deshalb m > 0. Da ∑ a i Xi2 eine nichttriviale Lösung in Lbesitzt, existieren g 1 , . . . , g n ∈ K[X], nicht alle Null, mit grad(g i ) ≤ 2m unda 1 g 2 1 + · · · + a n g 2 n = fhfür ein h ∈ K[X].(Folgt mit Hilfe des kanonischen Homomorphismus K[X] ↠ K[X]/(f) ∼ = K(α) =L.) Man kann dabei ggT(g 1 , . . . , g n ) = 1 annehmen. Sei d das Maximum dergrad(g i ). Angenommen, ∑ a i Xi2 hätte keine nichttriviale Lösung in K; dann folgt(2m + 1) + grad(h) = 2d, also grad(h) ≤ 2m und ungerade. Insbesondere hat heinen irreduziblen Faktor h 1 von ungeradem Grad. Betrachtet man den OberkörperF := K[X]/(h 1 ) von K, so ist [F : K] = grad(h 1 ) ≤ grad(h) < 2m + 1 und ungerade,andererseits hat ∑ a i Xi2 wegen der Teilerfremdheit von g 1, . . . , g n eine nichttrivialeLösung in F . Das steht im Widerspruch zur Induktionsvoraussetzung. □70


Korollar 6.1.17. Sei L ⊇ K eine endliche Körpererweiterung und P einpositiver Kegel von K. In den folgenden Fällen kann P jeweils zu einem positivenKegel in L erweitert werden:(i) Es ist L = K( √ a) und a ∈ P .(ii) [L : K] ungerade.Beweis. Wir verwenden das Kriterium aus Lemma 6.1.15. Seien a 1 , . . . , a n ∈P \ {0} und angenommen, es habe ∑ ni=1 a iXi 2 eine nichttriviale Lösung in L.(i) Ist L = K( √ a), a ∈ P \ {0}, so folgt 0 = ∑ √a i (b i + c i a) 2 für gewisseb i , c i ∈ K, die nicht alle gleich Null sind. Durch Koeffizientenvergleichbzgl. der K-Basis 1, √ a von L insbesondere 0 = ∑ a i b 2 i + ∑ aa i c 2 i in K.Da a, a i ∈ P \ {0}, sind auch aa i ∈ P \ {0}, damit folgt aber b i = c i = 0,ein Widerspruch.(ii) Ist [L : K] ungerade, so hat auch ∑ a i Xi2 eine nichttriviale Nullstelle inK nach Lemma 6.1.16, im Widerspruch zu a i ∈ P \ {0}.Damit ist die Behauptung in beiden Fällen gezeigt.□Wir erhalten folgende klassische Charakterisierung:Satz 6.1.18. (Artin-Schreier, [44]) Für einen Körper K sind äquivalent:(i) K ist reell abgeschlossen.(ii) K erfüllt (RA1) und(RA2 ′′ ) Jedes Polynom f ∈ K[X] ungeraden Grades hat eine Nullstelle inK.(iii) K ist formal reell, besitzt aber keine echte formal reelle algebraische Körperweiterung.(iv) Es gibt eine Anordnung von K, die auf keine echte algebraische Erweiterungvon K fortgesetzt werden kann.Beweis. (i) ⇒ (ii) ist klar, wenn man (RA2 ′ ) betrachtet, (iii) ⇒ (iv) ist trivial.Zu (ii) ⇒ (iii): Sei L ⊃ K eine echte, o.B.d.A. einfache Körpererweiterung L =K(α) mit α ∈ L. Ist f das Minimalpolynom von α über K, so ist grad(f) = [L :K] nach Voraussetzung gerade. Nun existiert ein L 1 ⊇ L, so daß L 1 ⊇ K eineGaloiserweiterung ist ([34], VI, Cor. 1.6), also [L : K] = [Gal(L 1 /K) : Gal(L 1 /L)]und damit auch ord Gal(L 1 /K) beide gerade. Damit enthält Gal(L 1 /K) nach demSatz von Sylow ([34], I, §6) eine 2-Sylow-Untergruppe S; sei k := Fix(L 1 ; S). Dannist [k : K] = [Gal(L 1 /K) : S] ungerade; nach dem Satz vom primitiven Elementund Voraussetzung muß k = K und somit S = Gal(L 1 /K) sein. Gal(L 1 /K) ist alsoeine 2-Gruppe, daher enthält Gal(L 1 /K) eine Untergruppe G mit G ⊇ Gal(L 1 /L)und Index 2 in Gal(L 1 /K), damit also L/K einen Zwischenkörper F vom Grad 2über K. Es gibt somit ein a ∈ K mit F = K( √ a). Da K 2 ein positiver Kegel unda /∈ K 2 ist, muß ein b ∈ K ∗ existieren mit a = −b 2 . Damit aber ist −1 = ( √ a/b) 2 ,und F nicht formal reell, also auch L nicht formal reell.— (iv) impliziert wegenKor. 6.1.17 zunächst (ii). Gelte nun (ii); wegen (RA1) ist √ −1 /∈ K. Ist L eineechte einfache Erweiterung von C := K(i), i := √ −1, so muß [L : C] gerade seinwegen (RA2 ′′ ) und [C : K] = 2. Wie im Beweis von (ii) ⇒ (iii) folgt die Existenzeiner Erweiterung F/C mit [F : C] = 2. Wir finden also a, b ∈ K, so daß α := a+bikein Quadrat in C ist; dazu muß notwendig b ≠ 0 sein, und mit (RA1) gibt es einc ∈ K mit a 2 + b 2 = c 2 , c > 0 bzgl. P := K 2 , sowie x, y ∈ K mitx > 0, sgn(y) = sgn(b), x 2 = (c + a)/2, y 2 = (c − a)/271


(c ± a > 0 wegen 0 ≠ b 2 = (c + a)(c − a)). Damit ist(x + iy) 2 = (x 2 − y 2 ) + 2xyi = a + bi = α wegen sgn(xy) = sgn(b) und (2xy) 2 = b 2 ,im Widerspruch zu √ α /∈ C. Also ist C algebraisch abgeschlossen, und mit demFundamentalsatz folgt (i).□Damit können wir auch — wegen (RA2 ′′ ) — das Axiomenschema (6.1.6) ersetzendurch die syntaktisch etwas einfacheren Sätze()∀y 0 · · · ∀y 2n+1 ∃xy 2n+1 ≠ 0 →2n+1∑i=0y i x i = 0(n ∈ N 0 ).Definition 6.1.19. Sei K ein geordneter Körper. Ein reeller Abschluß vonK ist ein über K algebraischer, reell abgeschlossener Oberkörper von K, dessenOrdnung die Ordnung auf K fortsetzt.Aus Satz 6.1.18, (iv) folgt sofort:Korollar 6.1.20. Jeder geordnete Körper K besitzt einen reellen Abschluß.(Insbesondere ist also S(RAK) = GKö.)Beweis. Sei P der positive Kegel von K. Man wende das Zornsche Lemmaauf die bzgl. komponentenweiser Inklusion induktiv geordnete Menge aller Paare(L, P L ), bestehend aus einem Zwischenkörper L der Erweiterung K/K und einempositiven Kegel P L in L mit P L ⊇ P , an.□Ähnlich dem algebraischen Abschluß eines Körpers ist der reelle Abschluß bisauf Isomorphie eindeutig bestimmt; im Gegensatz zu ersterem ist diese sogar eindeutig.Wir werden dies in §6.3 beweisen (Kor. 6.3.9).6.2. Polynomfunktionen in reell abgeschlossenen KörpernIn diesem Abschnitt notieren wir einige aus der reellen Analysis vertraute Sätze,die, wenn man sie auf Polynomfunktionen bzw. rationale Funktionen spezialisiert,auch in beliebigen anderen reell abgeschlossenen Körpern ihre Gültigkeit behalten.Sei K ein angeordneter Körper mit positivem Kegel P . Die Intervallschreibweise,etwa [a; b[ = [a; b[ Pfür die Menge aller c ∈ K mit a ≤ c < b, übertragen wirauf K. Wie üblich sei auch sgn = sgn P : K → {−1, 0, 1} die Vorzeichenfunktionbzgl. der von P gestifteten Ordnung auf K und | · | = | · | P : K → P, a ↦→ a·sgn(a)der Absolutbetrag. Der Leser zeigt leicht, daß tatsächlich die gewohnten Eigenschaftenerfüllt sind:(i) |a| ≤ 0, und |a| = 0 ⇔ a = 0,(ii) |ab| = |a| · |b|,(iii) |a + b| ≤ |a| + |b|,für alle a, b ∈ K. Die offenen Intervalle ]a; b[ (a < b aus K) bilden eine offene Basiseiner Topologie auf K. Die von dieser auf K n induzierte Produkttopologie wirdmit O(K n ) bezeichnet; sie macht K n zu einem Hausdorffraum. Bzgl. O(K) wirdK zu einem topologischen Körper, d.h. die Abbildungen K × K → K, (a, b) ↦→ a − bund K ∗ → K ∗ , a ↦→ a −1 sind stetig bzgl. O(K). Insbesondere gilt, wenn wir füreine rationale Funktion f ∈ K(X 1 , . . . , X n ) in gekürzter Darstellung f = g/h,g, h ∈ K[X 1 , . . . , X n ] die Menge D f := ∁h −1 (0) ⊆ K n als ihren Definitionsbereichbezeichnen: Rationale Funktionen über K sind auf ihrem Definitionsbereich stetig72


zgl. O(K n ). Man beachte jedoch, daß selbst im Fall eines reell abgeschlossenenKörpers R die Topologie O(R n ) wesentlich andere Eigenschaften als die gewohnteO(R n ) besitzen kann: Z.B. ist ein abgeschlossenes Intervall [a; b] (mit a < b in R)nicht notwendig kompakt bzgl. O(R n ); siehe dazu das Bsp. nach Kor. 6.6.16, fernervgl. auch [32], II, §6, Satz 1.Satz 6.2.1. (Cauchyschranke) Sei R reell abgeschlossen, f ∈ R[X] ein Polynom,f = ∑ ni=0 a iX i , a n ≠ 0. Dann liegen alle reellen Nullstellen von f im Intervall]−M; M[, wobei M := 1 + |a n−1 /a n | + · · · + |a 0 /a n |, und es ist sgn f(x) = sgn a n ,sgn f(−x) = (−1) n sgn a n für x ≥ M.Beweis. Man schreibe f = a n X n( 1 + (a n−1 /a n )X −1 + · · · + (a 0 /a n )X −n) . Istx ∈ R mit |x| ≥ M, so |x −i | ≤ M −i ≤ M −1 für i ≥ 1, also∣ (an−1 /a n )x −1 + · · · + (a 0 /a n )x −n∣ ∣ ≤(|an−1 /a n | + · · · + |a 0 /a n | ) M −1 < 1nach Dreiecksungleichung, somit|f(x)| ≥ |a n x n | · ∣∣1 − ∣ ∣(a n−1 /a n ) x −1 + · · · + (a 0 /a n ) x −n∣ ∣ ∣ ∣ > 0.Ferner hat f(x) dasselbe Vorzeichen wie a n x n , d.h. also sgn a n für x ≥ M undsgn(−1) n a n für x ≤ −M.□Satz 6.2.2. (Zwischenwertsatz für Polynome) Sei R reell abgeschlossen, f ∈R[X]. Seien a < b in R mit f(a) < 0 < f(b). Dann existiert ein c ∈ R mit a < c < bund f(c) = 0.Beweis. Schreibe f = d ∏ ri=1 (X − c i)f 1 mit d, c i ∈ R und f 1 (x) > 0 füralle x ∈ R, nach (RA2 ′ ). Wir behaupten: Es existiert ein i ∈ {1, . . . , r} mit a b. Damit istaber für alle x ∈ [a; b] stets sgn(x − c i ) konstant, also auch sgn(f(x)), und dies istwidersprüchlich.□Definition 6.2.3. Sei K ein geordneter Körper, f ∈ K(X 1 , . . . , X n ), M ⊆ D f .f heißt positiv definit (bzw. negativ definit) auf M, wenn f(x) > 0 (bzw. f(x) < 0)für alle x ∈ M. f heißt definit auf M, wenn es entweder positiv oder negativ definitauf M ist, und indefinit auf M, wenn es weder positiv noch negativ definit aufM ist. Entsprechend heißt f positiv semidefinit, (bzw. negativ semidefinit) auf M,wenn f(x) ≥ 0 (bzw. f(x) ≤ 0) für alle x ∈ M. Ist M = D f , so spricht man oftkurz nur von der positiven bzw. negativen (Semi-) Definitheit von f.Korollar 6.2.4. Sei R reell abgeschlossen, f ∈ K[X], f ≠ 0.(i) f hat in R[X] eine Darstellung der Form f = ∏ ri=1 (X −c i)f 1 mit r ∈ N 0 ,c i ∈ R und auf R definitem f 1 ∈ R[X].(ii) Sind a < b in R benachbarte Nullstellen von f, d.h. ist f(a) = f(b) = 0,und gibt es kein c ∈ ]a; b[ mit f(c) = 0, so ist f definit auf dem Intervall]a; b[.(iii) Sei f(a) > 0 (bzw. f(a) < 0). Dann existiert ein ε > 0 aus R, so daß fpositiv definit (negativ definit) ist auf ]a − ε; a + ε[.Beweis. Nur (iii) bedarf einer kleinen Erläuterung: Falls f ohne Nullstellenauf ganz R ist, so ist f definit auf ganz R. Sonst beachte, daß f überhaupt nurendlich viele Nullstellen hat, und wähle benachbarte Nullstellen c < a < d undwende (ii) an.□73


Satz 6.2.5. (Satz von Rolle für Polynome) Seien R reell abgeschlossen, f ∈R[X], a < b in R mit f(a) = f(b). Dann gibt es ein c ∈ ]a; b[ mit f ′ (c) = 0.Beweis. Sei d := f(a); o.B.d.A. sei d = 0 und a, b als benachbarte Nullstellenvon f angenommen. Schreibe f in der Formf = (X − a) r (X − b) s f 1 (r, s ∈ N)mit f 1 definit auf [a; b]. Formale Differentiation ergibtf ′ = r(X − a) r−1 (X − b) s f 1 + s(X − b) s−1 (X − a) r f 1 + (X − a) r (X − b) s f 1′= (X − a) r−1 (X − b) s−1 (r(X − b)f 1 + s(X − a)f 1 + (X − a)(X − b)f 1)′ ,} {{ }=:hAuswertung an den Stellen a und bh(a) = r(a − b)f 1 (a),h(b) = s(b − a)f 1 (b),also h(a)h(b) < 0. Mit dem Zwischenwertsatz existiert ein c ∈ ]a; b[ mit h(c) = 0.Es folgt f ′ (c) = (c − a) r−1 (c − b) s−1 h(c) = 0.□Satz 6.2.6. (Mittelwertsatz für Polynome) Sei R reell abgeschlossen, f ∈ R[X]von positivem Grad, a < b in R. Dann ist(b − a)f ′ (c) = f(b) − f(a) für ein c ∈ ]a; b[.Beweis. Der übliche Trick: Setzef(b) − f(a)g := (f − f(a)) − (X − a) ∈ R[X].b − aDann ist g(a) = 0 = g(b), und mit dem Satz von Rolle folgt die Behauptung.Übung. Sei R ein reell abgeschlossener Körper. Man zeige den Zwischenwertsatzund den Mittelwertsatz für rationale Funktionen f ∈ R(X).Satz 6.2.7. (Monotoniekriterium) Sei R reell abgeschlossen, f ∈ R[X] vonpositivem Grad, a < b in R. f ′ sei definit auf ]a; b[. Dann ist f streng monoton auf[a; b]. Insbesondere ist f(a) < f(b), falls f ′ positiv definit, und f(a) > f(b), falls f ′negativ definit auf ]a; b[ ist.Beweis. O.E. sei f ′ positiv definit auf ]a; b[. Angenommen, es ist f(a) ≥ f(b).Mit dem Mittelwertsatz existiert ein c ∈ ]a; b[ mitWiderspruch.0 < f ′ (c) =f(b) − f(a)b − a≤ 0,Korollar 6.2.8. Sei R reell abgeschlossen, f ∈ R[X]. Sei c ∈ R mit f ′ (c) > 0(bzw. f ′ (c) < 0). Dann existiert ein δ > 0 in R, so daß f streng monoton steigt(bzw. streng monoton fällt) auf ]c − δ; c + δ[.Beweis. Man verwende Kor. 6.2.4, (iii) und das Monotoniekriterium.Übung. (Thomsches Lemma, [170]) Sei R ein reell abgeschlossener Körper,f ∈ R[X] mit n := grad(f) > 0. Für ε ∈ {−1, 0, 1} {0,...,n−1} seiM f,ε := { x ∈ R : sgn(f (i) (x)) = ε i für alle 0 ≤ i < n } .Man zeige: M f,ε ist ein Intervall in R.74□□□


6.3. Sturmsche KettenSei f ∈ R[X] ein nicht-konstantes Polynom über einem reell abgeschlossenen KörperR, und seien a, b ∈ R mit a < b und f(a)f(b) ≠ 0. Nach dem Zwischenwertsatzexistiert eine Nullstelle im Intervall ]a; b[. Die Sturmsche Aufgabe lautet: Bestimmedie Anzahl der verschiedenen reellen Nullstellen von f im Intervall [a; b]! Eine klassischeMethode, diese Aufgabe algebraisch zu lösen, stammt von Sturm (1829); siewird im Beweis des Satzes von Tarski-Seidenberg eine wesentliche Rolle spielen.Definition 6.3.1. Sei K ein geordneter Körper, f 0 , . . . , f d ∈ K[X]\{0}, d ∈ N.Man nennt (f 0 , . . . , f d ) eine Sturmsche Kette (zu f 0 ) bzgl. eines Intervalls [a; b](a < b beide in K), falls folgendes gilt:(S1) f d ist definit auf [a; b].(S2) f 0 (a)f 0 (b) ≠ 0.(S3) Falls für ein c ∈ [a; b] gilt, daß f 0 (c) = 0, so folgt f 1 (c) ≠ 0.(S4) Falls für ein c ∈ [a; b] und i ∈ {1, . . . , d − 1} gilt, daß f i (c) = 0, so folgtf i−1 (c)f i+1 (c) < 0.Beispiele Sturmscher Ketten erhält man so:Definition 6.3.2. Seien f, g ∈ K[X], f nicht-konstant, g ≠ 0, K ein geordneterKörper, a < b beide in K. Ferner sei f(a)f(b) ≠ 0 und f, f ′ g ohne gemeinsameNullstellen in [a; b]. Definiere rekursiv f i wie folgt:f 0 := f,f 1 := f ′ g,f i+1 := q i f i − f i−1 mit grad(f i+1 ) < grad(f i ), für i ≥ 1, falls f i+1 ≠ 0.Dies ergibt eine wohldefinierte Folge (f 0 , . . . , f d ) mit d ≤ grad(f)+2 derart gewählt,daß f d+1 = 0, genannt die Sturmsche Kette zu f unter der Nebenbedingung g.Die Berechnung von f i+1 für i ≥ 1 erfordert also Division mit Rest in K[X],wobei der Rest mit negativem Vorzeichen notiert wird. Bis auf das Vorzeichen handeltes sich bei der Konstruktion von (f 0 , . . . , f d ) um den Euklidischen Algorithmus;insbesondere ist f d = ggT(f, f ′ g).Beispiel. Sei f := X + 1, g := X 2 + 1. Es ist d = 3 = grad(f) + 2 undf 0 = X + 1, f 1 = X 2 + 1, f 2 = −X − 1, f 3 = 2.Es handelt sich in der Tat um eine Sturmsche Kette im Sinne von Def. 6.3.1: (S1)ist klar, wenn man bedenkt, daß f d = ggT(f, f ′ g) ein gemeinsamer Teiler von f, f ′ gist, und f, f ′ g nach Voraussetzung keine gemeinsamen Nullstellen in [a; b] besitzen.(S2) und (S3) gelten nach Voraussetzung. Zu (S4): Sei f i (c) = 0 für ein a ≤ c ≤ b,0 < i < d. Dann folgt nach Konstruktion f i−1 (c) = q i (c)f i (c) − f i+1 (c) = −f i+1 (c),also f i−1 (c)f i+1 (c) ≤ 0. Aber für kein c ∈ [a; b], 0 ≤ j < d gilt f j (c) = f j+1 (c) = 0,wie man durch Induktion leicht zeigt: Der Fall j = 0 ist (S3); zum Schritt j − 1 → jsei f j (c) = f j+1 (c) = 0 angenommen, woraus f j−1 (c) = 0 folgt, im Widerspruch zuf j−1 (c) ≠ 0 nach Induktionsannahme. Damit also stets f j−1 (c)f j+1 (c) < 0.Definition 6.3.3. Sei K ein geordneter Körper, (a 0 , . . . , a d ) ∈ K d+1 , d ∈N. Wir definieren ZW(a 0 , . . . , a d ) als die Anzahl der Zeichenwechsel in der Folge75


(a 0 , . . . , a d ) nach Streichung der Nullen, d.h.ZW(a 0 , . . . , a d ) :=∣ { 0 ≤ i < d : a i a i+k < 0 für ein k > 0 mit a i+j = 0 für 1 < j < k }∣ ∣Beispiel. Es ist ZW(3, 0, 1, −5, 7 3, 0, −2) = 3 in K = Q.Im folgenden sei R stets ein reell abgeschlossener Körper.Lemma 6.3.4. Sei f = (f 0 , . . . , f d ) eine Sturmsche Kette bzgl. [a; b], a < b inR. Seien a ≤ α < c < β ≤ b mit f 0 (c) ≠ 0, und für alle δ ∈ [α; β] mit δ ≠ c seif j (δ) ≠ 0 für alle j ∈ {0, . . . , d}. Dann giltZW(f(α)) = ZW(f(β)).Beweis. Wir untersuchen das Vorzeichenverhalten aller Teilketten(f j−1 , f j , f j+1 ) für j = 1, . . . , d − 1.Ist f j (c) = 0, so ist wegen (S4) f j−1 (c)f j+1 (c) < 0, also können wir o.E. f j−1 (c) > 0annehmen, und somit ist nach Voraussetzung nur die Verteilungα c βf j−1 + + +f j σ 1 0 σ 2f j+1 − − −möglich, wobei σ 1 , σ 2 für + oder − steht; der Zeichenwechsel in dieser Folge istalso stets 1. Ist f j (c) ≠ 0, etwa f j (c) > 0, so können wir im Fall 1 < j < d − 1o.E. f j−1 (c)f j+1 (c) ≠ 0 annehmen (die andere Möglichkeit wird bereits vom ebenbehandelten Fall abgedeckt), und es ergibt sich die Verteilung(6.3.7)α c βf j−1 σ 1 σ 1 σ 1f j + + +f j+1 σ 2 σ 2 σ 2 ,mit σ 1 , σ 2 entweder + oder −. Ist j = d − 1, so haben wir wegen (S1) f j+1 (c) ≠0, und aus demselben Grund wie eben o.E. auch f j−1 (c) ≠ 0, also wieder eineVerteilung (6.3.7) vorliegen. Ist j = 1, so ist nach Voraussetzung f 0 (c) ≠ 0 undwieder o.E. f 2 (c) ≠ 0, also eine Verteilung (6.3.7) gegeben.□Lemma 6.3.5. Sei f = (f 0 , . . . , f d ) die Sturmsche Kette zu f ∈ R[X] mit Nebenbedingungg ∈ R[X] bzgl. [a; b], wobei a < b aus R. Seien a ≤ α < c < β ≤ b mitf 0 (c) = 0 und f j (δ) ≠ 0 für alle δ ∈ [α; β] mit δ ≠ c, j ∈ {0, . . . , d}. Dann giltZW(f(α)) − ZW(f(β)) = sgn(g(c)).Beweis. Betrachte (f 1 , . . . , f d ) auf [α; β]. Dies ist immer noch eine SturmscheKette bzgl. [α; β]. Es ist f 1 (c) ≠ 0, und die Voraussetzungen von Lemma 6.3.4 sinderfüllt. Es folgtZW(f 1 (α), . . . , f d (α)) = ZW(f 1 (β), . . . , f d (β)).Wir betrachten das Vorzeichenverhalten von (f 0 , f 1 ): Es ist g(c) ≠ 0, o.B.d.A. etwag(c) > 0. Dann muß f 0 (α)f 0 (β) < 0 sein, weil sonst c eine mehrfache Nullstelle von76


f, also f ′ (c) = 0 sein müßte; also o.E. f 0 (α) < 0, f 0 (β) > 0, undα c βf 0 = f − 0 +f ′ + + +f 1 = f ′ g + + +mit Monotoniekriterium, und die Behauptung folgt.□Damit folgt nun leicht:Satz von Sturm. Sei f = (f 0 , . . . , f d ) die Sturmsche Kette zu f ∈ R[X]bzgl. [a; b] mit Nebenbedingung g ∈ R[X], wobei a < b aus R, gemäß Def. 6.3.2.Dann gilt:ZW(f(a)) − ZW(f(b)) =∣ { x ∈ ]a; b[ : f(x) = 0, g(x) > 0 }∣ ∣ −∣ ∣{x ∈ ]a; b[ : f(x) = 0, g(x) < 0}∣ ∣Beweis. Durch allfälliges Verschieben von a zu a + ε, b zu b − ε (ε > 0)kann man o.B.d.A. annehmen, daß alle f i (a)f i (b) ≠ 0 sind für i = 0, . . . , d; diesläßt wegen der lokalen Konstantheit von x ↦→ ZW(f(x)) um a und b aufgrund von(S3), (S4) die Zeichenwechsel invariant, ebenso wegen (S2) die rechten Seiten derbehaupteten Gleichheit. Sei c 1 , . . . , c m mita < c 1 < c 2 < · · · < c m < bdie Folge aller Nullstellen von f 0 , . . . , f d in ]a; b[. Man wähle nun α 0 , . . . , α m mita = α 0 < c 1 < α 1 < c 2 < · · · < α m−1 < c m < α m = b;also f i (d) ≠ 0 für alle d ∈ [α j ; α j+1 ], d ≠ c j mit j = 0, . . . , m − 1, i = 0, . . . , d. Mitden Lemmata 6.3.4, 6.3.5 folgt der Satz.□Korollar 6.3.6. (Sturm) Unter den Voraussetzungen des Satzes giltZW(f(a)) − ZW(f(b)) = ∣ ∣ { x ∈ ]a; b[ : f(x) = 0 }∣ ∣ .Beweis. Spezialfall g = 1.□Korollar 6.3.7. Sei f die Sturmsche Kette zu f ∈ R[X] mit Nebenbedingung1, h die Sturmsche Kette zu f mit Nebenbedingung g ∈ R[X], beide bzgl. [a; b],a < b. Dann gilt:2 · ∣∣ { x ∈ ]a; b[ : f(x) = 0, g(x) > 0 }∣ ∣ =(ZW(f(a)) − ZW(f(b)))+(ZW(h(a)) − ZW(h(b)))Beweis. Da f und g keine gemeinsamen Nullstellen auf ]a; b[ besitzen, folgtmit Kor. 6.3.6 und dem SatzZW(f(a)) − ZW(f(b)) = |{f = 0, g > 0}| + |{f = 0, g < 0}|= − ( ZW(h(a)) − ZW(h(b)) ) + 2 · |{f = 0, g > 0}|,also die behauptete Gleichung.□77


Korollar 6.3.8. Der Satz von Sturm (und damit Kor. 6.3.6 und 6.3.7) giltsinngemäß auch für a = −∞, b = +∞, wobei wir für eine Sturmsche Kette f =(f 0 , . . . , f d ) mit f i = ∑ r ij=0 a ijX j , a iri ≠ 0ZW(f(−∞)) := ZW ( (−1) r0 a 0r0 , . . . , (−1) r da drd)definieren.ZW(f(+∞)) := ZW(a 0r0 , . . . , a drd )Beweis. Nach dem Satz über die Cauchyschranke existiert ein M > 0 so, daßsich alle Nullstellen der Polynomfunktion f im Intervall ]−M; M[ befinden undZW(f(−∞)) = ZW(f(−M)), ZW(f(+∞)) = ZW(f(M)) für die zugehörige Kette fist; auf [−M; M] kann jetzt der Satz von Sturm angewendet werden.□Damit zum Beweis der Eindeutigkeit des reellen Abschlusses.Korollar 6.3.9. (Artin-Schreier, [44]) Sei K ein geordneter Körper, und seienR, R ′ zwei reelle Abschlüsse von K. Dann existiert genau ein ordnungserhaltenderK-Isomorphismus ϕ: R ∼= → R ′ .Beweis. Wir zeigen zuerst, daß es für jede endliche Erweiterung R ⊇ E ⊇ Kzumindest eine ordnungserhaltende Einbettung von E über K in R ′ gibt. Sei (mitdem Satz vom primitiven Element, [34], V, Th. 4.6) E = K(α) mit α ∈ R undf das Minimalpolynom von α über K. Da K vollkommen, f also quadratfrei ist,sind die Voraussetzungen des Satzes von Sturm erfüllt; da die Zeichenwechsel inKor. 6.3.8 nur von den Koeffizienten von f abhängen, hat f in R und R ′ gleich vieleverschiedene Nullstellen, mindestens also eine, sagen wir β, in R ′ . Dann existiert einK-Isomorphismus ι: K(α) → ∼= K(β) mit α ↦→ β, da f auch das Minimalpolynom vonβ über K ist. Wir zeigen, daß ι ordnungserhaltend ist: Sei σ ∈ K(α) ⊆ R, 0 < σ,und γ ∈ R mit γ 2 = σ. Da R, R ′ (nach isomorpher Korrektur) reelle Abschlüsse desangeordneten Körpers E = K(α) sind und γ algebraisch über E ist, existiert eineK-Einbettung ι ′ : K(α, γ) ↩→ R ′ mit ι ′ = ι auf K(α), und es ist ι ′ (σ) = ι ′ (γ) 2 , alsoι(σ) > 0. ι bildet also Quadrate auf Quadrate ab, und ist somit ordnungserhaltend.Durch Anwendung des Zornschen Lemmas auf die Menge aller ordnungserhaltendenK-Homomorphismen E ↩→ R ′ , wobei E eine Zwischenkörper von R/K,erhalten wir wegen dem eben Bewiesenen einen ordnungserhaltenden K-Homomorphismusϕ: R → R ′ . ϕ ist zudem eindeutig bestimmt, denn ist α ∈ R die k-te Nullstelleseines Minimalpolynoms über K, so ist ϕ(α) ∈ R ′ notwendig auch die k-teNullstelle von Irr(α, K) in R ′ . Umgekehrt existiert nun auch genau ein ordnungserhaltendesϕ ′ : R ′ → R, ϕ ′ |K = id K , und mit der Eindeutigkeit folgt ϕ ′ ◦ ϕ = id R ,ϕ ◦ ϕ ′ = id R ′.□Wir sind also berechtigt, in Zukunft von dem reellen Abschluß eines geordnetenKörpers zu sprechen. Es wird dem Leser empfohlen, auch den eleganten Beweis derEindeutigkeit des reellen Abschlußes nach einer Idee von Knebusch [85] zu studieren,welche den Satz von Sturm vermeidet und stattdessen auf den SylvesterschenTrägheitssatz zurückgreift; eine Darstellung dieser Beweisvariante findet man bei[36], Thm. 3.10, oder in [51].— Die im Beweis dieses Korollars verwendete Idee,die Tatsache, daß jedes Polynoms f ∈ K[X] über einem geordneten Körper K inallen reell abgeschlossenen Erweiterungen von K gleich viele Wurzeln besitzt, auszunutzen,wird auch im Beweis des Satzes von Tarski-Seidenberg zentral werden.78


Unser nächstes Ziel ist jetzt, das Zählen von Nullstellen mit mehreren Nebenbedingungen,d.h. der Lösungen eines kombinierten Gleichungs-Ungleichungssystemsf = 0, g 1 > 0, . . . , g n > 0mit n ∈ N, f, g i ∈ R[X] von positivem Gradauf den Fall einer Nebenbedingung zu reduzieren.Sei dazu M eine endliche Teilmenge von R, so daß für alle c ∈ M alle g i (c) ≠ 0sind, für i = 1, . . . , n. Für ε ∈ {±1} n seiZ ε,M = Z ε := ∣ ∣ { c ∈ M : sgn g i (c) = ε(i) für alle 1 ≤ i ≤ n }∣ ∣ .Unser Interesse gilt natürlich der Berechnung von Z 1 n ,M , wobei 1 n = (1, . . . , 1).Wir bilden aus den g i kombinierte Polynome: Für δ ∈ {0, 1} n sei g δ := g δ(1)1 · · · gn δ(n) .Setze dannP δ,M = P δ := ∣ ∣ { c ∈ M : g δ (c) > 0 }∣ ∣ ,N δ,M = N δ := ∣ ∣ { c ∈ M : g δ (c) < 0 }∣ ∣ .Satz 6.3.10. Sei m := |M|. Dann gilt:(i) ∑ δ∈{0,1} n P δ = 2 n−1 (m + Z 1 n)(ii) ∑ δ∈{0,1} n N δ = 2 n−1 (m − Z 1 n)Subtrahiert man (ii) von (i), so erhält man die gesuchte Reduktion:Korollar 6.3.11. ∑ δ∈{0,1} n (P δ − N δ ) = 2 n Z 1 n.Beweis (des Satzes). Wir schließen durch Induktion nach n: Für n = 1 ergibtsichP 0 + P 1 = m + Z 1 , N 0 + N 1 = 0 + Z −1 = m − Z 1 .Zum Schritt n → n + 1 seien jetzt n + 1 Polynome g 1 , . . . , g n+1 gegeben. SetzeM p := {c ∈ M : g n+1 (c) > 0}, M n := {c ∈ M : g n+1 (c) < 0}und m p := |M p |, m n := |M n |, also m = m p + m n . Mit Induktionsannahme erhaltenwir wegen ∑ γ∈{0,1} P n (γ,0) = ∑ γ P γ:∑∑P δ = P (β,1) +∑P (γ,0)δ∈{0,1} n+1 β∈{0,1} n γ∈{0,1}∑n= P (β,1) + 2 n−1 (m + Z 1 n)β∈{0,1} nFerner∑P (β,1) = ∑ P β,Mp + ∑ N β,Mnβββ= 2 n−1 ( )m p + Z 1n ,M p+ m n − Z 1n ,M n= 2 n−1 ( m + Z 1 n ,M p− Z 1 n ,M n),□also wegen Z 1n ,M = Z 1n ,M p+ Z 1n ,M nund Z 1n ,M p= Z 1 n+1 ,M∑P δ,M = 2 n−1 ( )m + Z 1 n ,M p− Z 1 n ,M n+ m + Z 1 n ,Mδ= 2 n ( )m + Z 1n ,M p= 2 n ( )m + Z 1 n+1 ,M .Damit ist (i) gezeigt; (ii) ergibt sich analog.□79


6.4. Der Satz von Tarski-SeidenbergWir sind nun in der Lage, folgendes fundamentale Resultat zu zeigen:Satz 6.4.1. (Tarski-Seidenberg, [165], [146]) Die Klasse RAK der reell abgeschlossenenKörper bzgl. der Sprache L = {0, 1, +, −, ·, 0⎠ ,j=1wobei k, n ∈ N 0 , k + n > 0 und f j , g i ∈ K[X] mit grad(f j ), grad(g i ) > 0.Sei zunächst k > 0. Setze f := ∑ kj=1 f j 2 ; dann gilt in jedem formal reellenK ′ ⊇ K: f(a) = 0 gdw. ∧ kj=1 f j(a) = 0, für jedes a ∈ K ′ . Daher sei o.B.d.A. k = 1,also ϕ ′ von der Gestalt()n∧ϕ ′ = ∃x f(x) = 0 ∧ g i (x) > 0 .Da ϕ ′ nach Voraussetzung in R gilt, existiert ein α ∈ R mit f(α) = 0, g i (α) > 0für i = 1, . . . , n. Sei jetzt h ∈ K[X] das Minimalpolynom von α über K. Weilchar(K) = 0, also K vollkommen, ist h quadratfrei. Division mit Rest in K[X]ergibt f = qh, g i = q i h + r i mit grad(r i ) < grad(h) und r i (α) > 0 für i = 1, . . . , n.Somit sind h, h ′ und h, r i (i = 1, . . . , n) jeweils ohne gemeinsame Nullstelle in R.(Letzteres folgt daraus, daß grad(r i ) < grad(h), r i ≠ 0 und h Minimalpolynom allerseiner Nullstellen in jedem beliebigen Erweiterungskörper von K ist.) Wir wendenKor. 6.3.11 auf die Menge M := {c ∈ R : h(c) = 0} und die Polynome h undr 1 , . . . , r n an und bekommen0 < 2 n Z 1n ,M = ∑δ∈{0,1} n (P δ,M − N δ,M ) .Sei nun h δ für δ ∈ {0, 1} n die Sturmsche Kette zu h mit Nebenbedingung r δ :=∏ ni=1 rδ(i) i . Die Voraussetzungen des Satzes von Sturm sind erfüllt, und mit σ δ :=ZW(h δ (−∞)) − ZW(h δ (+∞)) folgti=1i=10 < ∑ δ(P δ,M − N δ,M ) = ∑ δσ δ .σ δ ist nun nur von den Koeffizienten der h, g i ∈ K[X] abhängig. Mit dem Satz vonSturm existiert also auch ein β ∈ S mit h(β) = 0, r i (β) > 0 für jedes i = 1, . . . , n.Dann ist auch f(β) = (qh)(β) = 0 und g i (β) = (q i h)(β) + r i (β) = r i (β) > 0, d.h. esgilt (S, K) |= ϕ ′ , also S |= ϕ.80


Nun zum Fall k = 0, also ϕ ′ = ∃x( ∧ ni=1 g i(x) > 0). Sei etwa α ∈ R mit g i (α) > 0für jedes i = 1, . . . , n. Sei d i := grad(g i ) > 0, c i der höchste nichtverschwindendeKoeffizient von g i (i = 1, . . . , n). Wir unterscheiden:(i) Es sind alle c i > 0. Wähle gemäß Satz 6.2.1 β ∈ S größer als das Maximumder Cauchyschranken der g i ; dann ist g i (β) > 0 für alle i = 1, . . . , n.(ii) Es sind alle (−1) di c i > 0. Wähle wieder β ∈ S genügend groß, so daßg i (−β) > 0 für alle i = 1, . . . , n.(iii) Sei M := {a ∈ R : g 1 (a), . . . , g n (a) > 0}. Liegt nicht Fall (i) oder (ii)vor, so ist M beschränkt in R; wegen α ∈ M ist M nichtleer. M ist eineendliche Vereinigung von Intervallen der Form ]γ; δ[ mit γ < δ aus R,derart daß g(γ) = g(δ) = 0 und g(β) ≠ 0 für β ∈ ]γ; δ[, wobei g := ∏ ni=1 g isei. Fixiere ein solches Intervall ]γ; δ[. Mit dem Satz von Rolle existiertein ε ∈ ]γ; δ[, so daß g ′ (ε) = 0 und g i (ε) > 0 für i = 1, . . . , n. Da wederFall (i) noch (ii) vorliegt, muß n ≥ 2 oder n = 1 und d 1 gerade sein; daweiter grad(g i ) > 0, haben wir grad(g) > 1, also grad(g ′ ) > 0, und wirsind wieder im anfänglich behandelten Fall k > 0 angelangt. Wir erhaltenein ε ′ ∈ S mit g ′ (ε ′ ) = 0 und g i (ε ′ ) > 0 für i = 1, . . . , n, insbesondere(S, K) |= ϕ ′ .Damit ist der Satz bewiesen.Dem Beweis des Satzes entnimmt man:Korollar 6.4.2. Ist R ein reell abgeschlossener Körper und(6.4.8) f 1 = 0, . . . , f n = 0, g 1 > 0, . . . , g m > 0mit n, m ∈ N 0 , f i , g j ∈ Q[X] ein System von Polynomgleichungen und -ungleichungen,so kann (6.4.8), falls lösbar, stets mit algebraischen Elementen gelöst werden.□Schließlich erhalten wir als unmittelbare Folgerung:Korollar 6.4.3. RAK ist vollständig, entscheidbar und erlaubt effektive Q.E.Beweis. RAK ist rekursiv aufzählbar axiomatisiert; damit folgt die effektiveQ.E. nach Kor. 5.2.9. Für den Rest genügt es (nach Prop. 5.4.2) zu zeigen, daß RAKq.f. vollständig und q.f. entscheidbar ist. Wir betrachten variablenfreie atomareFormeln in L; diese können als n · 1 > 0 oder n · 1 = 0 mit n ∈ Z geschriebenwerden, und sind äquivalent zu n > 0 bzw. n = 0.□Eine Anwendung:Übung. (Entscheidbarkeit der ebenen Geometrie) Sei L E = {L, Z, K, W, G}eine wie folgt definierte Sprache:(i) L, Z seien dreistellige Relationssymbole; wir lesen L(x, y, z) und Z(x, y, z)als: ”Die Punkte x, y, z sind kollinear“ bzw. ”Die Punkte x, y, z sind kollinear,und z liegt zwischen x und y“.(ii) K, W seien sechsstellige Relationssymbole, wobei K(x, y, z, u, v, w) undW (x, y, z, u, v, w) die Kongruenz von Dreiecken bzw. Winkeln ausdrücke,d.h. △xyz ∼ = △uvw bzw. ∡xyz = ∡uvw.(iii) G sei ein vierstelliges Relationssymbol, wobei G(x, y, u, v) als xy = uv zuverstehen ist.81□


Sei E = (E, L E , Z E , K E , W E , G E ) die L E -Struktur, in der E = R 2 und L, Z, K,W , G im Sinne der Elementargeometrie interpretiert werden. Der L E -Satz∀a∀b∀c∀u∀v∀w ( W (w, a, b, v, a, w) ∧ W (w, a, b, c, a, v) ∧ W (a, b, w, w, b, u)∧W (a, b, w, u, b, c) ∧ W (a, c, v, v, c, u) ∧ W (a, c, v, u, c, b) →G(u, v, v, w) ∧ G(v, w, w, u) )entspricht z.B. dem in E gültigen schönen Satz von Morley (1899):Drittelt man die Winkel eines Dreiecks, bilden die Schnittpunkteabwechselnder Winkeldreiteilender ein gleichseitiges Dreieck.(Siehe [187], III, §3.6.) Zeige durch Reduktion auf Th(R, 0, 1, +, −, ·, 0, grad(f i ), grad(g j ) > 0existiert ein a ∈ R mit(6.4.9) f 1 (a) = 0, . . . , f k (a) = 0, g 1 (a) > 0, . . . , g n (a) > 0genau dann, wenn ein solches a in R ′ existiert.Seien dazu L := K R und L ′ := K R′die algebraischen Abschlüsse von K in Rbzw. R ′ . Nach Kor. 6.1.14 sind L und L ′ reell abgeschlossen, und nach Kor. 6.3.9 existiertein ordnungserhaltender K-Isomorphismus ϕ: L → L ′ . a ∈ R erfülle (6.4.9);es reicht zu zeigen, daß ein b ∈ L existiert, das (6.4.9) erfüllt, weil dann ϕ(b) auch82


(6.4.9) erfüllt. Ist nun k > 0, so also speziell f 1 (a) = 0, also a ∈ K R = L. Istk = 0, so sei M die Menge aller Nullstellen der g 1 , . . . , g n in R; es ist M ⊆ L. IstM = ∅, so ist g i (0) > 0 für alle i = 1, . . . , n, weil wir sonst einen Widerspruch zumZwischenwertsatz hätten. Ist M ≠ ∅, so unterscheiden wir:(i) a > max M. Dann ist g i (max M + 1) > 0 für alle i = 1, . . . , n.(ii) a < min M. Dann ist g i (min M − 1) > 0 für alle i = 1, . . . , n.(iii) Es gibt benachbarte α, β ∈ M mit α < a < β. Aber dann hat mang i ( 1 2(α + β)) > 0 für alle i = 1, . . . , n.Dies vervollständigt den Beweis.□(Man vgl. auch den kurzen Artikel [71] für weitere Beweise und Bedeutung desSatzes von Tarski-Seidenberg. Ein zu Satz 5.7.1 analoges Ergebnis gilt auch für reellabgeschlossene Körper; vgl. §6.5.)Übung. Sei Σ := Th(R) in der Sprache L = {0, 1, +, −, ·} und K := Mod(Σ).Ist K modellvollständig bzw. substrukturvollständig?Bemerkung. In seiner Monographie [165] stellte Tarski das Problem, diemodelltheoretischen Eigenschaften der Struktur (R, 0, 1, +, −, ·,


schreiben können, wobei die P i ∈ R[X, Y, Z] homogene Polynome vom Grad i seien(i ∈ N 0 ). Sei nun (x, y, z) ∈ graph(f) ∩ U ′ beliebig. Für alle 0 < λ < 1 ist(λx, λy, λz) ∈ graph(f) ∩ U ′ , und∞∑0 = F 1 (λx, λy, λz) = P i (x, y, z)λ iwegen f(λx, λy) = λf(x, y). Also folgt insbesondere P i (a) = 0 für alle i ∈ N 0und a ∈ graph(f) ∩ U ′ . Wählt man i ∈ N 0 mit P i ≠ 0 in R[X, Y, Z], so folgtaus der Analytizität von f: P i (x, y, f(x, y)) = 0 für alle (x, y) ∈ R × R >0 ; speziellP i (x, 1, f(x, 1)) = 0 für alle x ∈ R, und exp wäre eine algebraische Funktion, wasaber bekanntlich nicht der Fall ist.□Die sich aus der Modellvollständigkeit von RAK und E ergebenden geometrischenKonsequenzen erläutert [55]; vgl. auch [69].i=06.5. Ein Satz von van den Dries ∗Wir zeigen zunächst in Analogie zu Satz 5.7.1:Satz 6.5.1. (Macintyre-McKenna-van den Dries, [105]) Sei K ein geordneterKörper, der bzgl. der Sprache L = {0, 1, +, −, ·, 0 oder q 1 (x) > 0 ∧ · · · ∧ q m (x) > 0 ∧ p(x) = 0,wobei p, q 1 , . . . , q m ∈ Z[x], p ≠ 0.Beweis. Kann dem Leser überlassen werden.Lemma 6.5.3. Seien K, K ′ modellvollständige Klassen von Strukturen bzgl. derselbenSprache L der Logik erster Stufe. Sei A ′ ∈ K ′ so gegeben, daß A ′ Substruktureiner Struktur aus K ist und zugleich A ′ eine Substruktur aus K enthält. Dann istauch A ′ ∈ K.Beweis. Sei A 1 ⊆ A ′ ⊆ A 2 mit A i ∈ K, i = 1, 2. Betrachte einen L-Satzϕ = ∀x∃y(ψ) ∈ Th(K) mit ψ(x, y) quantorenfrei. Angenommen, A ′ |= ¬ϕ. Da K ′modellvollständig ist, existiert nach Robinsons Test ein existentielles θ(x), so daßK ′ |= ∀x ( ¬∃y(ψ) ↔ θ ) . Es folgt A ′ |= ∃x(θ), und da θ existentiell ist, A 2 |= ∃x(θ).Also auch A 1 |= ∃x(θ), denn K ist modellvollständig. Daher exisiert ein a in A 1mit A 1 |= θ(a), und folglich A ′ |= θ(a). Somit (A ′ , A 1 ) |= ( ¬∃y(ψ) ) [a/x] undinsbesondere (A 1 , A 1 ) |= ( ¬∃y(ψ) ) [a/x]. Dies ist ein Widerspruch, denn A 1 ∈ K.Daher erfüllt A ′ jeden ∀ 2 -Satz aus Th(K), und da K modellvollständig ist, ist diesnach 4.3.1 die Behauptung.□Korollar 6.5.4. Sei K ein geordneter Körper, der bzgl. L = {0, 1, +, −, ·,


Lemma 6.5.5. Sei K ein geordneter Körper, P sein positiver Kegel, A derTeilkörper der algebraischen Zahlen in K. Dann liegt {a 2 : a ∈ A} dicht in P ∩ A.Beweis. Es ist {q 2 : q ∈ Q} dicht in P ∩ Q, so daß es also reicht, folgendes zuzeigen:(∗) A ist archimedisch angeordnet, d.h. für alle α ∈ A existiert ein n ∈ N mitn ≥ α. (Def. 6.1.1.)Denn aus (∗) folgt dann wie im Beweis der Dichtheit von Q in R, daß Q dichtin A ist ([183], 2.2.16). Sei zum Beweis von (∗) α ∈ A, p = Irr(α; Q) ∈ Q[X],etwa p = ∑ di=0 a iX i mit a i ∈ Q; aus dem Satz 6.2.1 über die Cauchyschrankefolgt |α| ≤ m für ein m ∈ Q, und mit einem n ∈ N, n ≥ m ist wie gewünschtα ≤ |α| ≤ m ≤ n.□Wir können damit direkt übergehen zu:Beweis (Satz 6.5.1). Ähnlich wie im Beweis zu Satz 5.7.1 können wir annehmen,daß trdeg(K/Q) = ∞ ist. Angenommen, K wäre nicht reell abgeschlossen.Sei A ⊆ K der Teilkörper der algebraischen Zahlen in K; nach dem Kor. 6.5.4 istA nicht reell abgeschlossen. Seip(X, Y) := X n + Y n X n−1 + · · · + Y 1 , Y := (Y 1 , . . . , Y n )und sei a := (a 1 , . . . , a n ) ∈ A n derart, daß p(X, a) ungeraden Grad und keineNullstelle in A besitzt. Wir nehmen an, daß p über A irreduzibel ist. Sei ϕ(Y) einein Mod(Th(K)) zu ∀X(p ≠ 0) äquivalente quantorenfreie Formel. Seif :=n−1∏i=0⎛⎞n−1∑⎝X − t j α j ⎠i ,wobei α 0 , . . . , α n die verschiedenen Wurzeln von p(X, a) im algebraischen Abschlußvon A sind, und t 0 , . . . , t n neue Variable, wie im Beweis von Satz 5.7.1. Wie dortfolgt, daß, falls wir f in der Formj=0f = X n + g n X n−1 + · · · + g 1 mit g i ∈ A[t 0 , . . . , t n−1 ]schreiben, die g 1 , . . . , g n über A algebraisch unabhängig sein müssen. ϕ(Y) ist mitLemma 6.5.2 o.B.d.A. eine Disjunktion von Formeln der Art(6.5.10) q 1 > 0 ∧ · · · ∧ q m > 0 oder q 1 > 0 ∧ · · · ∧ q m > 0 ∧ q = 0,mit q, q 1 , . . . , q m ∈ Z[Y], q ≠ 0. Ist nun a ′ = (a ′ 0, . . . , a ′ n−1) ∈ A n und a ′ i ≠ 0 für eini > 0, so ist a ′ 0 + a ′ 1α j + · · · + a ′ n−1α n−1j /∈ A (denn p = Irr(α j ; A)). Unter diesenVoraussetzungen hat daher f(a ′ 0, . . . , a ′ n−1) ∈ A[X] keine Nullstelle in A; deshalbauch A |= ϕ ( g 1 (a ′ ), . . . , g n (a ′ ) ) . Da g 1 , . . . , g n über A algebraisch unabhängig sindund A unendlich ist, gibt es keine echte Zariski-abgeschlossene Teilmenge X ⊆ A nmitX ⊇ {( g 1 (a ′ ), . . . , g n (a ′ ) ) ∈ A n : a ′ ∈ A n , a ′ i ≠ 0 für ein i > 0 } .(Vgl. [33], Prop. 1.3.) Also gibt es in der ϕ definierenden Disjunktion von Formelnaus (6.5.10) mindestens eine Formel der Gestaltψ(Y) := ( q 1 (Y) > 0 ∧ · · · ∧ q m (Y) > 0 )mit K |= ∃Y(ψ). Sei X := { a ′ ∈ A n : A |= ψ(a ′ ) } . Bezeichnet K den reellenAbschluß von K, so folgt K |= ∃Y(ψ), also wegen der Vollständigkeit von RAK85


auch R |= ∃Y(ψ) und damit Q |= ∃Y(ψ), denn X ist durch Ungleichungen mitrationalen Koeffizienten definiert (vgl. Kor. 6.4.2). Wähle nun a ′ = (a ′ 1, . . . , a ′ n) ∈Q n mit (a ′ 1, . . . , a ′ n) ∈ X. Sei ϱ eine reelle Nullstelle von p(a ′ ) ∈ Q[X]; schreibep(a ′ ) = (X − ϱ) ( b n−1 X n−1 + · · · + b 0)mit bn−1 , . . . , b 0 ∈ R, und wähle ε > 0so, daß für alle c ∈ Q n mit ‖c − a ′ ‖ ≤ ε auch c ∈ X gilt. (Dabei sei ‖ · ‖ dieeuklidische Norm auf dem R n .) Es ist b n−1 = 1; sei b ′ n−1 := 1, b ′ −1 := 0 =: b −1 , und(δ := √ ε 1+|ϱ|+max0≤i 0, x 2 ≠ a für alle x ∈ A } . Betrachtet man die durchLemma 6.5.2 gegebene Darstellung, so folgt, daß entweder Y endlich ist oder einoffenes Intervall ∅ ≠ ]a; b[ ⊆ A enthält; letzteres kann jedoch nicht passieren, denn{a 2 : a ∈ A} ist dicht im positiven Kegel von A, nach Lemma 6.5.5. Aber mit y ∈ Ysind auch yn 2 ∈ Y für alle n ∈ N. Daher muß Y = ∅ sein.Aus (1.) und (2.) folgt nun, daß A reell abgeschlossen ist, im Widerspruch zurAnnahme.□Tatsächlich gilt sogar folgende allgemeinere Aussage:Satz 6.5.6. (van den Dries, [67]) Jeder geordnete Ring (als L-Struktur, wobeiL = {0, 1, +, −, ·, 0 mit p ∈ Z[X] zu untersuchen. Ist p = 0, so gilt die zweite Alternative mitn := 1. Sei also von nun an p = ∑ di=0 a iX i ∈ Z[X], a d ≠ 0, etwa a d > 0. (DerFall a d < 0 wird analog behandelt.) Wir zeigen, daß die erste Alternative mit86


n := max ( |a 0 |, . . . , |a d | ) + 1 zutrifft: Sei r ≥ |a i | + 1 für i = 0, . . . , d. Wir zeigendurch Induktion nach i = 0, . . . , d, daß(6.5.11) r i ≥ |a i−1 |r i−1 + · · · + |a 0 | + 1.Für i = 0 ist dies trivial. Sei also i < d und gelte (6.5.11). Dann folgtr i+1 = r · r i≥( |a i | + 1 ) r i≥ |a i |r i + |a i−1 |r i−1 + · · · + |a 0 | + 1,und der Induktionsschluß ist vollzogen. Setzen wir i := d in (6.5.11), so erhaltenwirsomit p(r) > 0.a d r d ≥ r d ≥ |a d−1 |r d−1 + · · · + |a 0 | + 1 > ( a d−1 r d−1 + · · · + a 0),Damit zum Beweis von Satz 6.5.6. Aufgrund des vorhergehenden Satzes 6.5.1haben wir lediglich zu zeigen, daß es sich bei R um einen (kommutativen) Körperhandelt. Sei ζ(x) eine quantorenfreie L-Formel mit R |= ( ζ ↔ ∀y(yx = xy) ) , alsoZ(R) = { r ∈ R : R |= ζ(r) } ,wobei Z(R) das Zentrum von R sei. Da N ⊆ Z(R), existiert nach Lemma 6.5.7 einn ∈ N mit r ∈ Z(R) für alle r ≥ n. Ist nun r ∈ R beliebig, so entweder r + n ≥ n,also r + n ∈ Z(R), oder −r + n ≥ n, also −r + n ∈ Z(R), und in beiden Fällenr ∈ Z(R). Also:1. R ist kommutativ.Sei nun σ(x) eine quantorenfreie L-Formel mit R |= ( σ ↔ ∃y(y 2 = x) ) . Dan ≤ n 2 für alle n ∈ N, folgt aus dem besagten Lemma:(6.5.12) Es gibt ein M 1 ∈ N mit R |= σ(r) für alle r ∈ R, r ≥ M 1 .Ist r ≥ M 1 , so schreibe √ r für eine positive Lösung von y 2 = r in R. Dann giltfür alle natürlichen Zahlen n ≥ M 1 : (√ n + 1 + √ n )(√ n + 1 − √ n ) = 1. Weiter ist{√ n + 1 +√ n : n ≥ M1}nach oben unbeschränkt. Lemma 6.5.7 impliziert daherferner:(6.5.13) Es gibt M 2 ∈ N, so daß alle r ∈ R, r ≥ M 2 in R invertierbar sind.Insbesondere ist M 2 selbst invertierbar, und ist r ≥ 1, also rM 2 ≥ M 2 , so ist dahermit (6.5.13) auch r invertierbar. Also können wir o.B.d.A. annehmen, daß R dengeordneten Körper Q enthält. Ist nun r ∈ R mit r ≥ p q> 0, p, q ∈ N, so folgtrM 2 q ≥ M 2 , also ist rM 2 q und damit auch r invertierbar. Also:□(6.5.14) Alle r ∈ R mit |r| ≥ s für ein s ∈ Q, s > 0 sind invertierbar.Wir zeigen nun:2. Jedes nichtinvertierbare Element von R ist nilpotent.Sei r ∈ R nichtinvertierbar, r > 0. (Also ist r wegen (6.5.14) infinitesimal imVergleich zu Q.) Sei nun p ∈ Z[X], p ≠ 0, p = ∑ di=e a iX i mit d ≥ e, a d , . . . , a e ∈ Z,87


( ∑d−e)a d ≠ 0, a e ≠ 0. Dann folgt p(r) = r e i=0 a e+ir i , und ∑ d−ei=0 a e+ir i ist unendlichnahe an a e , also mit (6.5.14) invertierbar. Damit gilt:⎧⎪⎨ p(r) > 0 ⇔ a e > 0 ∧ r e ≠ 0,(6.5.15)p(r) = 0 ⇔ r⎪⎩e = 0,p(r) < 0 ⇔ a e < 0 ∧ r e ≠ 0.Sei τ(x) := ∀y(xy ≠ 1); τ ist in Mod(Th(R)) zu einer quantorenfreien L-Formeläquivalent, welche wir uns — analog zu Lemma 6.5.2 — als Disjunktion von Formelnder Artp 1 (x) = · · · = p k (x) = 0 ∧ q 1 (x) > 0 ∧ · · · ∧ q l (x) > 0mit k + l > 0, p 1 , . . . , p k , q 1 , . . . , q l ∈ Z[x] \ {0} gegeben denken können. Es istR |= τ(r). Mit (6.5.15) folgt: r ist nilpotent, oder alle genügend kleinen positivenrationalen Zahlen sind nicht invertierbar in R. Letzteres steht im Widerspruch(6.5.14), so daß damit (2.) bewiesen ist.— Nun zu:3. R ist reduziert, d.h. besitzt keine Nilpotenten außer 0.Zum Beweis dieser Aussage sei p eine Primzahl größer als M 2 und √ p eine positiveLösung von y 2 = p; diese existiert nach (6.5.13) und ist eindeutig, denn für r > 0ist ( √ p + r) 2= p + 2r√ p + r 2 > p. Betrachte ferner die Satzmenge∆ := Th(R, R) ∪ { 0 < c ∧ c < q : q ∈ Q, q > 0 }in der Sprache L({c}) mit dem neuen Konstantensymbol c. Jede endliche Teilmengevon ∆ ist erfüllbar (eine geeignete Expansion von R genügt), und damit existiert mitdem Kompaktheitssatz auch ein Modell R ′ von ∆. Indem wir R durch R ′ |L ≽ Rersetzen, können wir mit (6.5.14) o.B.d.A. davon ausgehen, daß R ein bzgl. Qinfinitesimales invertierbares δ > 0 enthält. Angenommen nun, R enthielte ein von0 verschiedenes nilpotentes Element. Dann existiert ein ε > 0 mit ε 2 = 0. Betrachtedie kanonisch geordneten Teilringe Z [ ε, ε √ p ] und Z [ ε, ε( √ p + δ) ] von R. JedesElement von Z [ ε, ε √ p ] kann in eindeutiger Weise in der Form a + bε + cε √ p mita, b, c ∈ Z geschrieben werden. (Ist nämlich a + bε + cε √ p = 0, so folgt aε = 0,also a = 0 wegen ε > 0 und der Torsionsfreiheit der additiven Gruppe von R,vgl. Bem. 6.1.2, ferner also ε(b + c √ p) = 0, somit 0 = ε(b + c √ p)(b − c √ p) =ε(b 2 − c 2 p), somit wieder b 2 = c 2 p, also b = c = 0.) Ähnlich sieht man ein, daßjedes Element von Z [ ε, ε( √ p + δ) ] in genau einer Weise als a + bε + cε( √ p + δ) mita, b, c ∈ Z geschrieben werden kann. Dann gilt:a + bε + cε √ p > 0 ⇔ a > 0 oder a = 0, b + c √ p > 0⇔ a > 0 oder a = 0, b + c( √ p + δ) > 0⇔ a + bε + cε( √ p + δ) > 0.Dies zeigt, daß es einen Isomorphismus f : Z [ ε, ε √ p ] → Z [ ε, ε( √ p + δ) ] geordneterRinge mit f(ε) = ε, f(ε √ p) = ε( √ p + δ) gibt. Sei ψ(y, z) eine quantorenfreieFormel mit R |= ( ψ ↔ ∃x ( x 2 = p ∧ xy = z )) . Es gilt R |= ψ ( ε, ε √ p ) , und daherauch R |= ψ ( f(ε), f ( ε √ p )) . Dies heißt aber, daß ε √ p = ε( √ p + δ), also εδ = 0 ist,im Widerspruch zu ε ≠ 0 und der Invertierbarkeit von δ. Damit ist (3.) bewiesen.Aus (1.)–(3.) folgt nun, daß R ein Körper ist, was zu beweisen war. □88


6.6. Semialgebraische Mengen und FunktionenIn der semialgebraischen Geometrie spielt das Tarski-Prinzip eine wichtige Rolle;wir können dies hier nur anhand ausgewählter Beispiele (im wesentlichen Satz 6.6.8und Kor. 6.6.26) demonstrieren. Den interessierten Leser verweisen wir auf dieÜbersichtsartikel [55] und [66], oder gar [28], [27]. Semialgebraische Geometrie istdie Geometrie semialgebraischer Mengen:Definition 6.6.1. Sei R ein reell abgeschlossener Körper. Die Elemente derBooleschen Mengenalgebra, die von den Mengen der Form{(a1 , . . . , a n ) ∈ A n (R) : f(a 1 , . . . , a n ) > 0 } ⊆ A n (R) mit f ∈ R[X 1 , . . . , X n ]im A n (R) ≃ R n erzeugt wird, nennt man semialgebraische Mengen. Die semialgebraischenMengen sind ersichtlich genau die durch quantorenfreie L(R)-Formeln inR definierbaren Mengen (wobei L die Sprache der geordneten Ringe sei).Die semialgebraischen Mengen entsprechen also den konstruktiblen Mengenim algebraisch abgeschlossenen Fall (§5.5.4).— Sei im folgenden stets R ein reellabgeschlossener Körper. Wir identifizieren A n (R) mit R n .Beispiel. Die MengeM := { (x, y) ∈ R 2 : x 2 /25 + y 2 /16 < 1 ∧ x 2 + 4x + y 2 − 2y > −4∧x 2 − 4x + y 2 − 2y > −4 ∧ (x 2 + y 2 − 2y ≠ 8 ∨ y > −1) }ist semialgebraisch ([28], Ex. 2.1.4).Übung. Zeichne M.Aus dem Satz von Tarski-Seidenberg folgt sofort, da L(R) eine Konstanteenthält:Proposition 6.6.2. Ist ϕ(x 1 , . . . , x n ) eine beliebige L(R)-Formel, so ist{(a1 , . . . , a n ) ∈ R n : R |= ϕ(a 1 , . . . , a n ) }semialgebraisch.Insbesondere erhält man folgendes, oftmals auch als Satz von Tarski-Seidenbergbezeichnetes und zum Satz von Chevalley analoges Ergebnis, dessen Beweis wortwörtlichderselbe ist:Satz 6.6.3. Seien m < n aus N. Jede Projektion einer semialgebraischen Mengeaus R n auf R m ist semialgebraisch in R m .□Übung. Gib eine quantorenfreie definierende Formel für die Projektion derMenge {(a, b, c, x) : a ≠ 0, ax 2 + bx + c = 0 } ⊆ R 4auf die ersten drei Komponenten an.Die folgende Übung zeigt, daß semialgebraische Mengen bei Studium affinerVarietäten über reell abgeschlossenen Körpern in natürlicher Weise auftreten.Übung. Man zeige, daß die semialgebraischen Mengen das kleinste System vonTeilmengen von R n bilden, das alle Bilder π m (A) von R-Varietäten A ⊆ R m (m ≥n) unter der kanonischen Projektion π m : R m → R n , (x 1 , . . . , x m ) ↦→ (x 1 , . . . , x n )(also π n = id) enthält.89□


Sei M ⊆ R n . Eine Funktion f : M → R m heißt semialgebraisch, wenn es ihrGraph als Teilmenge von R n+m ist.Übung. Seien f : R n → R m eine semialgebraische Funktion, A ⊆ R n und B ⊆R m semialgebraische Mengen. Man zeige, daß f(A), f −1 (B), A×B semialgebraischeMengen sind.Eine Vielzahl weiterer mit Hilfe semialgebraischer Mengen konstruierter Mengenkann ähnlich als semialgebraisch nachgewiesen werden.Übung. Sei M ⊆ R n eine semialgebraische Menge. Man zeige, daß auch derAbschluß, das Innere und der Rand von M (bzgl. der Topologie O(R n ) auf R n ,vgl. §6.2) semialgebraische Mengen sind. Man mache sich anhand von Beispielenklar, daß man den Abschluß (das Innere, den Rand) von M nicht einfach dadurcherhalten kann, daß man in der definierenden quantorenfreien Formel alle starkenUngleichungen durch schwache Ungleichungen (alle schwachen Ungleichungen durchstarke bzw. alle Ungleichungen durch Gleichungen) ersetzt.Sowohl im Beispiel der algebraisch abgeschlossenen Körper als auch der reellabgeschlossenen Körper haben wir gesehen, daß Vollständigkeit und Substrukturvollständigkeiteiner Theorie implizierten, daß Projektionen quantorenfrei-definierbarerMengen wieder quantorenfrei-definierbar sind. Dies ist kein Zufall:Übung. (Geometrische Deutung der Quantorenelimination) Sei L eine beliebigeSprache erster Stufe und A eine L-Struktur. Eine Menge M ⊆ A n (n ∈ N)heißt quantorenfrei-definierbar, falls es eine erweiterte quantorenfreie Formel ϕ(x)in L(A) gibt (x = (x 1 , . . . , x n )), so daßM = {a ∈ A n : A |= ϕ(a)}.Die Projektion einer solchen Menge M ist definiert durchπ(M) := { (a 1 , . . . , a n−1 ) ∈ A n−1 : (a 1 , . . . , a n ) ∈ M für ein a n ∈ A } .Man zeige: A erlaubt Q.E. genau dann, wenn das System der quantorenfrei-definierbarenMengen von A unter Projektionen abgeschlossen ist.Die Struktur semialgebraischer Teilmengen von R ist einfach:Proposition 6.6.4. Sei M ⊆ R. M ist semialgebraisch genau dann, wenn Meine endliche disjunkte Vereinigung von Intervallen mit Endpunkten in R ∪ {±∞}ist.Beweis. Wirklich beweisbedürftig ist nur eine Richtung: Sei M semialgebraisch.Falls M = {a ∈ R : f(a) > 0} mit f ∈ R[X], so ist M offensichtlich dieendliche Vereinigung paarweise disjunkter offener Intervalle, an deren EndpunktenR-Nullstellen von f oder ±∞ liegen. Das System aller Teilmengen von R, diedisjunkte Vereinigung von endlich vielen Intervallen sind, ist abgeschlossen unter∩, ∪, ∁, und die Behauptung folgt. □Zur Struktur semialgebraischer Funktionen in R:Lemma 6.6.5. (van den Dries, [69]) Ist f : R → R semialgebraisch, so gibt esin jeder nichtleeren offenen Menge U ⊆ R einen Punkt x ∈ U, an dem f stetig ist.Beweis. Mit dem Tarski-Prinzip reicht es, dies für R = R zu zeigen. Wirunterscheiden folgende Fälle:90


(i) Es gibt eine offene Menge V ⊆ U, V ≠ ∅, so daß f(V ) endlich ist.Sei etwa f(V ) = {ξ 1 , . . . , ξ k } und V i := f −1 (ξ i ), i = 1, . . . , k. V i istsemialgebraisch, also nach Prop. 6.6.4 eine endliche disjunkte Vereinigungvon Intervallen. Hätten alle V i leeres Inneres, so wäre V = V 1 ∪ · · · ∪ V keine endliche Punktmenge, was unmöglich ist; also existiert eine offeneTeilmenge W ⊆ V mit f|W konstant, also insbesondere stetig.(ii) Sonst. Wir definieren dann induktiv eine Folge von offenen TeilmengenU =: V 0 ⊇ V 1 ⊇ · · · von U mit V n+1 ⊆ V n . Ist dabei V n schon definiert,so erhält man V n+1 wie folgt: Sei X := f(V n ); nach Prop. 6.6.4 undwegen X unendlich enthält X ⊆ R ein Intervall ]a; b[, a < b, einer Länge≤ 1n+1 . Auch V n ∩ f −1( ]a; b[ ) enthält ein Intervall [c; d] mit c < d; setzeV n+1 := ]c; d[. Wähle nun x ∈ ⋂ ∞i=1 V i beliebig. Offenbar ist f stetig imPunkt x.Dies beweist das Lemma.Korollar 6.6.6. Ist f : R → R semialgebraisch, so existiert eine disjunkteZerlegungR = I 1 ∪ · · · ∪ I k ∪ Fvon R in offene Mengen I 1 , . . . , I k und eine endliche Menge F , so daß f auf jedemI j stetig ist (j = 1, . . . , k).Beweis. Sei S ⊆ R die Menge der Stetigkeitsstellen, U = R \ S die der Unstetigkeitsstellenvon f; beide sind semialgebraisch. Wäre U nicht endlich, so hätte esnichtleeres Inneres, im Widerspruch zu Lemma 6.6.5.□Bekanntlich heißt eine Teilmenge M ⊆ R n wegzusammenhängend, falls es zuallen a, b ∈ M stets einen Weg, d.h. eine stetige Abbildung w : [0; 1] → M mitw(0) = a, w(1) = b gibt. Wir definieren spezieller:Definition 6.6.7. M ⊆ R n heißt semialgebraisch wegzusammenhängend, fallsM semialgebraisch ist, und falls es zu allen a, b ∈ M stets einen semialgebraischenWeg w : [0; 1] → M mit w(0) = a, w(1) = b gibt (mit [0; 1] ⊆ R), dessen Graph alsTeilmenge von R n+1 also semialgebraisch ist.(Ein Weg R → R n ist dabei stetig bzgl. der Topologie O(R) auf R und O(R n )auf R n .)Wir wollen jetzt folgenden Satz beweisen, der in gewisser Weise Prop. 6.6.4verallgemeinert:Satz 6.6.8. (Whitney, [181]) Sei M ⊆ R n . M ist semialgebraisch dann undnur dann, wenn M eine endliche disjunkte Vereinigung semialgebraisch wegzusammenhängenderMengen ist. Insbesondere hat M nur endlich viele (Weg-) Zusammenhangskomponenten.Wir haben einige Beweisvorbereitungen zu treffen.Lemma 6.6.9. Sei f = a d Y d +· · ·+a 0 ∈ R[X 1 , . . . , X n ][Y ], a i ∈ R[X 1 , . . . , X n ].Dann sind folgende Mengen semialgebraisch:(i) {b ∈ R n : a d (b) ≠ 0},(ii) { b ∈ R n : f(b) ∈ R[Y ] hat genau k versch. reelle Nullstellen } , k ∈ N 0 .Beweis. (i) ist klar; (ii) ist parametrisch definierbar in R.91□□


Übung. Man zeige, daß die Menge in (ii), mit komplexen statt reellen Nullstellen,auch semialgebraisch ist.Definition 6.6.10. Seien f 1 , . . . , f m ∈ R[X 1 , . . . , X n , Y ], b ∈ R n mit f i (b) ≠ 0in R[Y ] für i = 1, . . . , m. Der Typ τ = τ(b) von (f 1 , . . . , f m ) an der Stelle b legefolgende Daten fest:(i) Den Grad jedes f i (b) ∈ R[Y ];(ii) die Anzahl der reellen Nullstellen jedes f i (b) ∈ R[Y ];(iii) die relative Anordnung aller reellen Nullstellen aller f i (b), d.h.|N τ | mit N τ := { a ∈ R : f i (b, a) = 0 für ein 1 ≤ i ≤ m }und, falls ξ 1 (b) < · · · < ξ |Nτ |(b) die Elemente von N τ , das Tupel({i : fi (b, ξ j (b)) = 0} ) 1≤j≤|N τ | .Direkt aus Lemma 6.6.9 erhält man:Korollar 6.6.11. Für fixierten Typ τ ist die Menge{b ∈ R n : (f 1 , . . . , f m ) hat an der Stelle b den Typ τ }semialgebraisch.Wir sagen, (f 1 , . . . , f m ) sei stabil unter Ableitungen, falls für alle j = 1, . . . , mmit f j auch alle nichtverschwindenden partiellen Ableitungen ∂f j /∂ k Y von f j nachY in {f 1 , . . . , f m } enthalten sind. Für den Beweis von Satz 6.6.8 bedeutsam istfolgende Beobachtung:Lemma 6.6.12. Sei M ⊆ R n semialgebraisch und (f 1 , . . . , f m ) stabil unterAbleitungen und auf M von festem Typ τ für alle b ∈ M. Dann ist für jedesi ∈ {1, . . . , |N τ |} die Funktion x ↦→ ξ i (x) von M nach R semialgebraisch stetig.Beweis. Der Graph von ξ i ist (mit N := |N τ |)⎧⎛⎞⎫⎨N∧⎩ (x, y) ∈ M × R : ∃y ∏⎬1 · · · ∃y N⎝ f j (x, y k ) = 0 ∧ y 1 < · · · < y N ∧ y = y i⎠⎭ ,k=1jalso semialgebraisch. Wir zeigen, daß alle ξ i : M → R stetig sind. Sei b ′ ∈ M festund ε > 0 vorgegeben. Es genügt, eine Umgebung U von b ′ in M zu finden, so daßfür alle i ∈ {1, . . . , N}ξ i (U) ⊆ ]ξ i (b ′ ) − ε; ξ i (b ′ ) + ε[ =: I i .Wir nehmen hierzu o.B.d.A. an, daß die I 1 , . . . , I N paarweise disjunkt sind. Für allei = 1, . . . , N gilt nun: Da y i := ξ i (b ′ ) einfache Nullstelle zumindest eines f ki (b ′ ) ∈R[Y ] ist, gibt es ein γ ∈ ]0; ε[, so daß für alle i ∈ {1, . . . , N} gilt:f ki (b ′ , y i − γ)f ki (b ′ , y i + γ) < 0.Dann existiert auch eine Umgebung U i von b ′ in M, so daßf ki (b, y i − γ)f ki (b, y i + γ) < 0 für alle b ∈ U i ,also f ki (b) eine Nullstelle zwischen y i − γ und y i + γ hat. Da das für jedes y i gilt,erhalten wir eine Umgebung U := ⋂ Ni=1 U i von b ′ in M so, daß f ki (b) für alle b ∈ U,i ∈ {1, . . . , N} eine in I i = ]y i − ε; y i + ε[ liegende Nullstelle hat; da (f 1 , . . . , f n ) aufM von festem Typ ist, sehen wir, daß diese Nullstelle stets ξ i (b) sein muß, und ξ istetig im Punkt b ′ ist.□92□


Bemerkung. Für eine nicht unter Ableitungen stabile Familie (f 1 , . . . , f m ) istdie Aussage von Lemma 6.6.12 i.a. falsch, wie das Beispiel m := 1, f 1 := f mitf := ( X − (Y − 1) 2) ( X + (Y + 1) 2)zeigt; auf ganz R ist f vom selben Typ, die Funktionen ξ 1 , ξ 2 : R → R sind jedochunstetig im Nullpunkt.Damit haben wir alle Zutaten für den Beweis von Satz 6.6.8 zusammen:Beweis (Satz 6.6.8). Eine Richtung ist trivial; zur anderen schließen wir mitInduktion nach n. Der Fall n = 1 wurde in Prop. 6.6.4 schon erledigt. Zum Induktionsschrittn → n + 1. M ⊆ R n+1 kann in R parametrisch definiert werden durcheine ∧-∨-Kombination von Polynomungleichungen der Form f i > 0 und f i ≥ 0,wobei 1 ≤ i ≤ m, f i ∈ R[X 1 , . . . , X n , Y ]. O.B.d.A. sei (f 1 , . . . , f m ) stabil unter Ableitungen;andernfalls nehme man die nichtverschwindenden partiellen Ableitungen∂f i /∂ k Y zu (f 1 , . . . , f m ) hinzu. Es bezeichne π : R n+1 → R n die Projektion auf dieersten n Komponenten; π(M) ist wieder semialgebraisch. Wir können annehmen,daß f 1 (b), . . . , f m (b) ≠ 0 in R[Y ] für alle b ∈ π(M); ansonsten zerlege man Mzunächst in die semialgebraischen Mengen{b ′ ∈ M : f i (π(b ′ )) ≠ 0 für i ∈ I, f i (π(b ′ )) = 0 für i ∈ {1, . . . , m} \ I } ,wobei I die Teilmengen von {1, . . . , m} durchläuft. SeiT := { τ : ex. b ∈ π(M), so daß (f 1 , . . . , f m ) an der Stelle b Typ τ hat } ;T ist offensichtlich endlich. Mit Kor. 6.6.11 ist auchM ′ τ := { b ∈ π(M) : (f 1 , . . . , f m ) hat an der Stelle b den Typ τ }semialgebraisch.⋃Da T endlich ist, ist π(M) die endliche disjunkte Vereinigungτ∈T M τ ′ und somit M = ⋃ τ∈T M τ mit M τ := π −1 (M τ ′ ) ∩ M. Für jedes τ ∈ Tkönnen wir nach Induktionsvoraussetzung M τ ′ in endlich viele paarweise disjunktesemialgebraisch wegzusammenhängende Mengen M i ′ zerlegen, also kann man M alsendliche disjunkte Vereinigung M = ⋃ ⋃τ i τπ −1 (M i ′ τ) ∩ M darstellen. Es genügtalso, die Behauptung für eine Menge M ⊆ R n+1 zu zeigen, für die π(M) semialgebraischwegzusammenhängend ist und (f 1 , . . . , f m ) auf π(M) konstanten Typ τhat.Die Funktionen b ↦→ ξ j (b) (mit 1 ≤ j ≤ |N τ |) von π(M) nach R sind stetigsemialgebraisch nach Lemma 6.6.12. M ist nun (vgl. auch Prop. 6.6.4) eine disjunkteVereinigung von Mengen der folgenden Form:(i) { (b, a) ∈ R n+1 : b ∈ π(M), a = ξ j (b) }(ii) { (b, a) ∈ R n+1 : b ∈ π(M), a > ξ j (b) }(iii) { (b, a) ∈ R n+1 : b ∈ π(M), a < ξ j (b) }(iv) { (b, a) ∈ R n+1 : b ∈ π(M), ξ j (b) < a < ξ j+1 (b) }(Mengen vom Typ (i) heißen sectors, Mengen vom Typ (ii)–(iv) sections.) Da π(M)semialgebraisch ist, ist offensichtlich jede Menge der Form (i)–(iv) auch wieder semialgebraisch.Da π(M) zudem semialgebraisch wegzusammenhängend ist, gibt eszu zwei Punkten (b, a), (b ′ , a ′ ) aus einer Menge der obigen Form eine semialgebraischestetige Abbildung w von [0; 1] in die Projektion dieser Menge auf R n mitw(0) = b und w(1) = b ′ . Wir geben nun Abbildungen w ∗ von [0; 1] in diese Mengenmit w ∗ (0) = (b, a) und w ∗ (1) = (b ′ , a ′ ) an:(i) t ↦→ ( w(t), ξ j (w(t) ) 93


(ii) t ↦→ ( w(t), ξ j (w(t)) + (a − ξ j (b))(1 − t) + (a ′ − ξ j (b))t )(iii) t ↦→ ( w(t), ξ j (w(t)) + (a − ξ j (b))(1 − t) + (a ′ − ξ j (b))t )(iv) t ↦→ ( w(t), ξ j (w(t)) + (a − v(t, b))(1 − t) + (a ′ − v(t, b ′ ))t ) mitv(t, x) := ξ j (w(t)) ξ j+1(w(t)) − ξ j (w(t)).ξ j+1 (x) − ξ j (x)In jedem Fall ist w ∗ offenbar semialgebraisch und stetig.Übung. Man mache sich anhand des Einheitskreises klar, wie in diesem Fall diein obigem Satz konstruierte Zerlegung in semialgebraische Zusammenhangskomponentenaussieht. Geht es auch mit weniger Komponenten?Eine weitere schöne Anwendung semialgebraischer Funktionen ist nachfolgenderSatz [56], der zunächst mit geometrischen Methoden bewiesen wurde:Satz 6.6.13. (Kurvenauswahllemma) Sei X ⊆ R n semialgebraisch und a ∈ X.Dann existiert ein ε > 0 und eine stetige Funktion f : ]0; ε[ → R n mit f ( ]0; ε[ ) ⊆ Xund lim x→0 f(x) = a.Zum Beweis verwenden wirProposition 6.6.14. (van den Dries, [70]) Sei X ⊆ R m+n semialgebraisch mitm, n ≥ 1. Es existiert eine semialgebraische Funktion f : R m → R n derart, daß füralle x ∈ R m gilt: Existiert ein y ∈ R n mit (x, y) ∈ X, so ist (x, f(x)) ∈ X. (Mansagt, Th(R) habe definierbare Skolemfunktionen.)Beweis. Induktion nach n ∈ N: Sei n = 1; für a ∈ R m sei X a := {y ∈ R :(a, y) ∈ X}. X a ist semialgebraisch und also eine endliche Vereinigung von Punktenund Intervallen I 1 , . . . , I k ≠ ∅ mit x i < x j für x i ∈ I i , x j ∈ I j , 1 ≤ i < j ≤ k.Definiere f(a) durch Fallunterscheidung:(i) f(a) := 0, falls X a = ∅ oder X a = R.(ii) f(a) := min X a , falls min X a existiert.(iii) f(a) := 1 2 (c + d), falls I 1 = ]c; d[ mit c < d aus R.(iv) f(a) := d − 1, falls I 1 = ] − ∞; d[ mit d ∈ R.(v) f(a) := c + 1, falls I 1 = ]c; +∞[ mit c ∈ R.f ist semialgebraisch und hat die gewünschte Eigenschaft. Zum Induktionsschritt1, . . . , n → n + 1 sei f : R m+n → R eine definierbare Skolemfunktion zu X ⊆R (m+n)+1 , g : R m → R n eine definierbare Skolemfunktion zu π(X), wobeiπ : R m+n+1 → R m+n , (x, y) ↦→ x(x ∈ R m+n , y ∈ R),beide existent nach Induktionsvoraussetzung. Setze h := g × ( f ◦ (id ×g) ) ; es isth: R m → R n+1 semialgebraisch, und sind x ∈ R m und y = (y 1 , . . . , y n+1 ) ∈ R n+1mit (x, y) ∈ X, also π(x, y) = (x, y 1 , . . . , y n ) ∈ π(X), so folgt (x, g(x)) ∈ π(X),somit (x, g(x), z) ∈ X für ein z ∈ R, also (x, h(x)) = (x, g(x), f(x, g(x))) ∈ X wiegewünscht.□Beweis (Satz 6.6.13). Sei D := { (δ, x) ∈ R 1+n : x ∈ X, |x − a| < δ } .Da Th(R) definierbare Skolemfunktionen besitzt, existiert nach Prop. 6.6.14, angewendetauf die semialgebraische Menge D, ein η > 0 und ein semialgebraischesf : ]0; η[ → X mit f(δ) ∈ X, |f(δ) − a| < δ für alle δ ∈ ]0; η[. NachKor. 6.6.6 existiert ein ε ∈ ]0; η[, so daß π i ◦ f : ]0; ε[ → π i (X) stetig ist, wobeiπ i : R n → R, (x 1 , . . . , x n ) ↦→ x i , für alle i = 1, . . . , n. Damit ist auch f stetig auf]0; ε[. □94□


Im Hinblick auf Zusammenhangseigenschaften semialgebraischer Mengen hatdies Konsequenzen.Definition 6.6.15. Eine semialgebraische Teilmenge M ⊆ R n heißt semialgebraischzusammenhängend, falls für je zwei in M abgeschlossene semialgebraischeTeilmengen A 1 , A 2 von M mit A 1 ∩ A 2 = ∅, A 1 ∪ A 2 = M stets A 1 = M oderA 2 = M ist.Beispiel. Der offene Einheitswürfel ]0; 1[ n ⊆ R n ist semialgebraisch zusammenhängend.Beweis. Angenommen nicht, also ]0; 1[ n = A 1 ∪ A 2 mit A 1 , A 2 semialgebraisch,abgeschlossen in ]0; 1[ n und nichtleer, disjunkt. Sei x 1 ∈ A 1 , x 2 ∈ A 2 undf : [0; 1] → ]0; 1[ n , ξ ↦→ (1 − ξ)x 1 + ξx 2 . Dann ist [0; 1] = f −1 (A 1 ) ∪ f −1 (A 2 ) eineZerlegung in abgeschlossene, disjunkte, nichtleere semialgebraische Mengen. Diesist aber unmöglich nach Prop. 6.6.4.□Korollar 6.6.16. Eine semialgebraische Teilmenge M ⊆ R n ist semialgebraischzusammenhängend genau dann, wenn sie semialgebraisch wegzusammenhängendist.Beweis. Ist M semialgebraisch wegzusammenhängend und M = A 1 ∪ A 2 eineZerlegung wie in Def. 6.6.15, und angenommen, A 1 , A 2 ≠ ∅, so wähle einen semialgebraischenWeg w : [0; 1] → M zwischen beliebigen Punkten x 1 ∈ A 1 , x 2 ∈ A 2 ;w −1 (A 1 ) ∪ w −1 (A 2 ) = [0; 1] ist eine disjunkte Zerlegung von [0; 1] ⊆ R in zweisemialgebraische Mengen, die in [0; 1] abgeschlossen sind; da [0; 1] semialgebraischzusammenhängt, folgt A 1 = ∅ oder A 2 = ∅, Widerspruch. Umgekehrt sei jetztM semialgebraisch zusammenhängend; wähle gemäß dem Satz von Whitney eineZerlegung von M in endlich viele disjunkte semialgebraische Wegzusammenhangskomponenten.Es reicht zu zeigen, daß eine solche Zusammenhangskomponente inM abgeschlossen ist; dies ist aber eine unmittelbare Folge von Satz 6.6.13. □Es sei angemerkt, daß i.a. Zusammenhang (im Sinne von O(R n )) und semialgebraischerZusammenhang nicht dasselbe sind.Beispiel. Betrachte den (nach Kor. 6.1.14) reell abgeschlossenen Körper R ader reell algebraischen Zahlen und M := ]−∞; π[∩R a = {x ∈ R a : x < π}. (Intervallewerden in diesem Beispiel in R gebildet.) Da π nicht algebraisch ist ([34], App. 1),ist M in R a offen-abgeschlossen, also R a unzusammenhängend bzgl. O(R a ). Fernerist sogar N := [0; 4] ∩ R a = {x ∈ R a : 0 ≤ x ≤ 4} nicht kompakt bzgl. O(R a ) (alsoder topologische Körper ( R a , O(R a ) ) nicht lokalkompakt): Ist {q n } n∈N ({p n } n∈N )eine monoton wachsend (fallend) gegen π konvergierende Folge rationaler Zahlen,so enthält die Familie F := { [0; q n [ ∩ R a : n ∈ N } ∪ { ]p n ; 4] ∩ R a : n ∈ N } , bestehendaus (bzgl. der auf N relativierten Topologie O(R a )) offenen Mengen mit ⋃ F = N,keine endliche Teilüberdeckung von N.Dasselbe Beispiel zeigt auch, daß eine semialgebraisch wegzusammenhängendeMenge nicht notwendig wegzusammenhängend im topologischen Sinne sein muß.(Betrachte z.B. wieder N = [0; 4] ∩ R a .) Das Definitionsintervall eines semialgebraischenWegs wird nämlich im reell abgeschlossenen Körper R, das eines Wegs (imtopologischen Sinne) in R gebildet. Jedoch gilt in R = R:Korollar 6.6.17. Sei M ⊆ R n eine semialgebraische Teilmenge. FolgendeAussagen sind gleichwertig:95


(i) M ist zusammenhängend.(ii) M ist semialgebraisch zusammenhängend.(iii) M ist semialgebraisch wegzusammenhängend.(iv) M ist wegzusammenhängend.Jede semialgebraische Teilmenge von R n besitzt also insbesondere endlich viele Zusammenhangskomponenten,die alle semialgebraisch sind.Beweis. Ist M zusammenhängend, so auch insbesondere semialgebraisch zusammenhängend.Ist M semialgebraisch zusammenhängend, so auch semialgebraischwegzusammenhängend nach Kor. 6.6.16, also insbesondere wegzusammenhängendin diesem Fall. Ist schließlich M wegzusammenhängend, so natürlich auchzusammenhängend.□Wir können nun Kor. 6.6.6 auf R n erweitern.Korollar 6.6.18. Sei M eine semialgebraische Teilmenge von R n und seif : M → R semialgebraisch. Dann existiert eine ZerlegungM = A 1 ∪ · · · ∪ A kvon M in semialgebraische Mengen, so daß f|A i stetig ist für i = 1, . . . , k.Beweis. Dem Beweis des Satzes von Whitney und Lemma 6.6.12 entnimmtman, daß man eine Zerlegung von graph f in semialgebraisch (wegzusammenhängende)Mengen B 1 , . . . , B k finden kann, für die ζ i : π(B i ) → R, wobei (x, ζ i (x)) ∈ B ifür alle x ∈ π(B i ), wohldefiniert und stetig ist (π : R n+1 → R n die Projektion aufdie ersten n Komponenten). Aber M = π(B 1 ) ∪ · · · ∪ π(B k ) ist eine Zerlegung vonM in semialgebraische Mengen, und f|π(B i ) = ζ i ; also erhält man mit A i := π(B i )die gesuchte Zerlegung.□Es gilt sogar mehr.Definition 6.6.19. Ist M ⊆ R n semialgebraisch und f : M → R eine Funktion,so sagen wir, f sei algebraisch, falls ein Polynom p ∈ R[X 1 , . . . , X n , Y ], p ≠ 0existiert mit p(x, f(x)) = 0 für alle x ∈ M.Korollar 6.6.20. Jede semialgebraische Funktion f : M → R ist algebraisch.Genauer: Es gibt eine Zerlegung von M in semialgebraische Mengen A 1 , . . . , A kund Polynome p 1 , . . . , p k ∈ p ∈ R[X 1 , . . . , X n ], p i ≠ 0, so daß für i = 1, . . . , k stets∂p i( ) ( )x, f(x) ≠ 0 und pi x, f(x) = 0 für alle x ∈ Ai .∂YBeweis. Wieder aus dem Beweis von Satz 6.6.8 ergibt sich, daß eine ZerlegungM = A 1 ∪ · · · ∪ A k von M in semialgebraische Teilmengen A i ⊆ R n und Polynomep 1 , . . . , p k ∈ R[X 1 , . . . , X n , Y ], p i ≠ 0 existieren, so daß f(x) eine einfache Nullstellevon p i (x) ∈ R[Y ] ist, für x ∈ A i , i ∈ {1, . . . , k}, also ∂p i /∂Y ( x, f(x) ) ( ) ≠ 0,p i x, f(x) = 0 für alle x ∈ Ai .□Bemerkung. Ist R = R, und sind M ⊆ R n , f : M → R semialgebraisch sowieU ⊆ M eine offene semialgebraische Umgebung von x ∈ M, so folgt aus Kor. 6.6.20und dem Satz über implizite Funktionen ([183], 10.2.2), daß f|U C ∞ ist. SemialgebraischeC ∞ -Funktionen g : V → R, wobei V ⊆ R n semialgebraisch und offen ist,heißen Nash-Funktionen. Kor. 6.6.20 zeigt, daß man das Studium semialgebraischerFunktionen auf das von Nash-Funktionen einschränken kann. (Für eine Einführungsiehe [28], Chap. 8, [66], §10.)96


Aus Kor. 6.6.20 folgt:Proposition 6.6.21. Sei a ∈ R und f : ]a; ∞[ → R semialgebraisch. Es existiertein r > a, n ∈ N und c ∈ R, so daß |f(x)| ≤ cx n für alle x ≥ r.Beweis. Kor. 6.6.20 sagt uns, daß ein Polynom p ∈ R[X, Y ] existiert mitp(x, f(x)) = 0auf ]a; ∞[.Schreibe p = ∑ mi=0 q iY i mit q 0 , . . . , q m ∈ R[X], q m ≠ 0; für genügend großes x istq m (x) stets ≠ 0. Für diese x folgt|f(x)| ≤ 1 + |q m (x)| −1( |q m−1 (x)| + · · · + |q 0 (x)| ) .Ist n das Maximum der Grade von q 0 , . . . , q m , so erhält man die Existenz derKonstanten c und r wie gewünscht.□Wie üblich sei ‖x‖ := √ ∑ ni=1 x2 i für x = (x 1, . . . , x n ) ∈ R n . Ein semialgebraischesM ⊆ R n ist genau dann offen bzgl. O(R n ), wenn für alle x 0 ∈ M ein ε > 0aus R existiert mit x ∈ M für alle x ∈ R n mit ‖x 0 − x‖ < ε.Bekanntlich nimmt jede stetige Funktion f : M → R auf einer nichtleeren abgeschlossenund beschränkten, d.h. kompakten Teilmenge M ⊆ R n ein Maximum an.(Vgl. [183], 3.17.10.) Eine triviale, aber wichtige Anwendung des Tarski-Prinzipsliefert:Bemerkung 6.6.22. Sei ∅ ≠ M ⊆ R n eine abgeschlossene und beschränktesemialgebraische Menge, f : M → R eine stetige semialgebraische Funktion. Dannnimmt f auf M ein Maximum an, d.h. es existiert ein x 0 ∈ M mit f(x) ≤ f(x 0 )für alle x ∈ M.Damit:Proposition 6.6.23. Sei f : M → R semialgebraisch stetig, M ⊆ R n abgeschlossen.Es existieren c ∈ R, m ∈ N mit|f(x)| ≤ c ( 1 + ‖x‖ 2) mfür alle x ∈ M.Beweis. Sei M t die semialgebraische abgeschlossene Menge {x ∈ M : ‖x‖ =t}, für t ∈ R. M t ist abgeschlossen und beschränkt, und{sup |f|(M t ), falls M t ≠ ∅v : R → R, t ↦→0, sonstist wohldefiniert nach Bem. 6.6.22. v ist semialgebraisch, und mit Prop. 6.6.21existieren r ∈ R, m ∈ N und c 1 ∈ R mit v(t) ≤ c 1 t m für t ≥ r. Sei ferner c 2 dasMaximum von |f| auf {x ∈ M : ‖x‖ ≤ r}, und c := max(c 1 , c 2 ). Dann ist sicherlich|f(x)| ≤ c ( 1 + ‖x‖ 2) mfür alle x ∈ M.□Das Wachstum semialgebraischer Funktionen ist also durch Polynomfunktionenbeschränkt. Eine schöne Anwendung dieses Ergebnisses:Beispiel. (McKenna, nach [69]) Das Inverse einer bijektiven Polynomabbildungp: C n → C n ist ebenfalls eine Polynomabbildung.Beweis. Wir identifizieren C n mit R 2n . p −1 ist eine ganze Funktion ([183],10.2.4, 9.9.6), somitf : C n → R, z ↦→ ∥ ∥ p −1 (x) ∥ ∥97


stetig und semialgebraisch. Mit Prop. 6.6.23 erhalten wir die Existenz eines c ∈ R,m ∈ N und r ∈ R mit f(z) ≤ c ( 1 + ‖x‖ 2) mfür alle z ∈ C n mit ‖z‖ ≤ r. Alsoauch ∥ p −1 (x) ∥ ( ≤ a 1 + supj ‖z j ‖ ) mmit a := n m c, für ‖z‖ ≥ r. Mit dem Satz vonLiouville ([183], 9.11.1, leicht modifiziert) folgt, daß p −1 eine Polynomabbildungist.□Übung. Sei p: C → C eine bijektive Polynomabbildung. Gib p −1 explizit alsPolynomabbildung an.Lemma 6.6.24. Seien M ⊆ R n eine abgeschlossene semialgebraische Teilmengeund f : M → R, g : M \ f −1 (0) → R semialgebraisch stetig. Dann existiert einN ∈ N, so daß h: M → R mit{(f N g ) (x), falls f(x) ≠ 0h(x) :=0, sonststetig auf M ist.Beweis. Für x ∈ M und u ∈ R seiM x,u := { y ∈ M : ‖y − x‖ ≤ 1 ∧ u · |f(y)| = 1 } .M x,u ist semialgebraisch, abgeschlossen und beschränkt. Definiere{0, falls M x,u = ∅v(x, u) :=sup { }|g(y)| : y ∈ M x,u , sonst.(Dies ist wiederum nach Bem. 6.6.22 wohldefiniert.) v : M × R → R ist semialgebraisch.Nach Kor. 6.6.20 ist M × R eine disjunkte Vereinigung endlich vielersemialgebraischer Mengen A 1 , . . . , A m , so daß für jedes i ∈ {1, . . . , m} ein Polynomh i ( ∈ R[X, U, V ) ] gefunden werden kann, für das h i (x, u) ∈ R[V ] nicht Nullund h i x, u, v(x, u) = 0 für alle (x, u) ∈ Ai ist. Sei x 0 ∈ M mit f(x 0 ) = 0fest. Sei h x0 das Produkt aller derjenigen h i mit A i ∩ ( {x 0 } × R ) ( ≠ ∅. Das Polynomh x0 (x 0 ) ist ≠ 0, und es ist h x0 x0 , u, v(x 0 , u) ) = 0 für alle u ∈ R. NachProp. 6.6.21 existiert ein p(x 0 ) ∈ N und Zahlen r(x 0 ), c(x 0 ) ∈ R, r(x 0 ) > 0, sodaß für alle u ≥ r(x 0 ) gilt: |v(x 0 , u)| ≤ c(x 0 ) p(x0) . Dem Beweis von Prop. 6.6.21entnimmt man, daß p = p(x 0 ) von x 0 unabhängig gewählt werden kann, etwa alsdie Summe der Grade von h 1 , . . . , h m bzgl. der Variablen U. Für alle x ∈ M mit|f(x)| ≤ 1/r(x 0 ) und ‖x 0 − x‖ ≤ 1 gilt dann |f(x) p g(x)| ≤ c(x 0 ). O.B.d.A. seic(x 0 ) ≠ 0. Ist nun ε > 0, so existiert wegen der Stetigkeit von f in x 0 einδ ≤ 1 mit |f(x)| < min ( ε/c(x 0 ), 1/r(x 0 ) ) für alle x ∈ M mit ‖x 0 − x‖ < δ, also|f(x) p+1 g(x)| < ε für alle solchen x. Damit ist f N g mit N := p + 1, fortgesetztzu 0, stetig im Punkt x 0 ; da p unabhängig von x 0 ∈ M ist, folgt die Behauptung. □Satz 6.6.25. (Carral-Coste, [58]) Sei M ⊆ R n eine abgeschlossene semialgebraischeMenge, und seien f, g : M → R semialgebraisch stetig mit f −1 (0) ⊆g −1 (0). Dann existieren ein N ∈ N und eine semialgebraisch stetige Funktionh: M → R mit g N = hf.Beweis. Die Funktion 1/f ist semialgebraisch stetig auf M \ g −1 (0). NachLemma 6.6.24 existiert ein N ∈ N, so daß die zu 0 fortgesetzte Funktion g N /f aufganz M stetig und semialgebraisch ist, d.h. h: M → R mit h(x) := ( g N /f ) (x) fürx ∈ M mit g(x) ≠ 0 und h(x) := 0, sonst, ist semialgebraisch und stetig auf M. Esist g N = hf, wie gewünscht.□98


Als wichtige Folgerung erhalten wir eine berühmte Aussage über semialgebraischeFunktionen:Korollar 6.6.26. (Ungleichung von ̷Lojasiewicz, [92]) Seien M ⊆ R n eineabgeschlossene und beschränkte semialgebraische Menge und f, g : M → R zweisemialgebraische stetige Funktionen mit f −1 (0) ⊆ g −1 (0). Dann existiert ein N ∈ Nund ein c ∈ R mit |g| N ≤ c|f| auf M.Beweis. Satz 6.6.25, mit c := sup { |h(x)| : x ∈ M } .Ferner ergibt sich ein in der reellen Algebra bedeutsames Hilfsmittel (vgl. etwa[32], III), das auch als ”offene Q.E.“ bezeichnet wird:Korollar 6.6.27. (Endlichkeitssatz) Sei M ⊆ R n eine offene (bzw. abgeschlossene)semialgebraische Menge. Dann ist M eine endliche Vereinigung vonoffenen Basismengen (bzw. abgeschlossenen Basismengen), d.h. semialgebraischenMengen der Gestalt{x ∈ R n : f 1 (x) ϱ 0, . . . , f m (x) ϱ 0 }mit ϱ = > (bzw. ϱ = ≥) und f 1 , . . . , f m ∈ R[X 1 , . . . , X n ].Beweis. Es reicht, den Satz für offenes M zu beweisen, da sich die Behauptungfür eine abgeschlossene semialgebraische Menge daraus durch Übergang zumKomplement ergibt. M ist eine endliche Vereinigung von semialgebraischen Mengender Gestaltl⋂ {(6.6.16) B = x ∈ R n : f i (x) = 0 } m⋂ {∩ x ∈ R n : g j (x) > 0 }i=1mit Polynomen f i , g j . Setze f := f1 2 +· · ·+fl 2, g := ∏ m)i=1(|gi |+g i . Ist x ∈ R n \M, sofolgt aus f(x) = 0, daß g j (x) ≤ 0 für mindestens ein j ∈ {1, . . . , m}, also g(x) = 0.Nach Satz 6.6.25 existiert ein N ∈ N und eine stetige semialgebraische Funktionh: R n \ M → R mit g N = hf auf R n \ M. Nach Prop. 6.6.23 gibt es fernerhin einc ∈ R und ein p ∈ N mit |h(x)| ≤ c ( 1 + ‖x‖ 2) pfür alle x ∈ R n \ M. Sei nun⎧⎨(6.6.17) ˆB :=⎩ x ∈ Rn : f(x) · c ( (⎫m N1 + ‖x‖ 2) p∏ ⎬< 2 m g i (x))⎭ ∩ ˆB⋂ mmit ˆB :=j=1{x ∈ R n : g j (x) > 0 } . Es ist B ⊆ ˆB ⊆ M, denn wäre x ∈ ˆB \ M, sofolgte g(x) < 2 m ∏ g i (x), also 2 m > ∏( sgn g i (x)+1 ) = 2 m , was widersprüchlich ist.Ersetzt man somit in der gegebenen Darstellung von M als endliche Vereinigungvon Mengen B wie in (6.6.16) jedes solche B durch ˆB wie in (6.6.17), so erhält manfür M eine Darstellung wie behauptet.□Einen modelltheoretischen Beweis des Endlichkeitssatzes nach [68], basierendauf der Idee zum Beweis des Hauptsatzes der Eliminationstheorie in §5.5, findet derLeser in §6.7.2.j=16.7. Der reelle Nullstellensatz. Zwei Sätze von Lang6.7.1. Der reelle Nullstellensatz. Seien eine Körpererweiterung K/k, wobeiK algebraisch abgeschlossen ist, und ein Ideal a in k[X 1 , . . . , X n ] gegeben. Bekanntlichgilt für beliebige f ∈ k[X 1 , . . . , X n ] die Äquivalenz folgender Aussagen:99i=1□


(i) f(a) = 0 für alle a ∈ V K (a);(ii) f n ∈ a für ein n ∈ N.(Dies ist einfach der Hilbertsche Nullstellensatz, Satz 5.5.5.) Über reell abgeschlossenenKörpern K ist dies hochgradig falsch: Für K := k := R etwa ist mita := (X 2 + 1) die Aussage (i) für alle f ∈ k[X] richtig, da V K (a) = ∅, (ii) jedochnicht. Ziel dieses kurzen Abschnitts ist es, für reell abgeschlossene Körper Keine (i) ⇔ (ii) entsprechende Aussage, d.h. eine Charakterisierung von I k (V K (a))zu geben. Wir verwenden zu deren Herleitung das Tarski-Prinzip (genauer nur dieModellvollständigkeit von RAK).Ist A ein kommutativer Ring (mit 1), B ⊆ A, so schreiben wirΣB · A 2 := { b 1 a 2 1 + · · · + b n a 2 n : n ∈ N 0 , b i ∈ B, a i ∈ A }und ΣA 2 := ΣA 2 · A 2 . (Im Fall, daß A ein Körper ist, stimmt diese Notation mitunserer früheren überein.) Ferner verallgemeinern wir den Begriff des präpositivenKegels: P ⊆ A heißt präpositiver Kegel von A, falls(P1) P + P ⊆ P ,(P2) P · P ⊆ P ,(P3) −1 /∈ P ,(P4) A 2 ⊆ P .Damit gilt in Verallgemeinerung von Lemma 6.1.7:Lemma 6.7.1. Sei P 0 ein präpositiver Kegel von A. Dann existiert ein präpositiverKegel P ⊇ P 0 mit P ∪ (−P ) = A so, daß P ∩ (−P ) ein Primideal ist.Beweis. Nach dem Zornschen Lemma enthält die Menge der präpositiven Kegel,die P 0 erweitern, ein maximales Element P . Wir behaupten:P a ∩ (1 + P ) = ∅ oder − P a ∩ (1 + P ) = ∅ für alle a ∈ A.Denn wäre p 1 a = 1 + q 1 und −p 2 a = 1 + q 2 für p 1 , p 2 , q 1 , q 2 ∈ P , so würde sich−p 1 p 2 a 2 = (1+q 1 )(1+q 2 ) ∈ 1+P ergeben, also −1 ∈ P , was wegen (P3) unmöglichist. Nun zeigen wir:(i) P ∪ (−P ) = A. Sei dazu a ∈ A, und angenommen, P a ∩ (1 + P ) = ∅.Setze P ′ := P − P a. Wir haben A 2 ⊆ P ⊆ P ′ , −a ∈ P ′ , P ′ + P ′ ⊆ P ′ ,P ′ · P ′ ⊆ P ′ , ferner −1 /∈ P ′ wegen P a ∩ (1 + P ) = ∅. Also ist P ′ einpräpositiver Kegel, und aufgrund der Maximalität von P ist P = P ′ , also−a ∈ P . Ist −P a ∩ (1 + P ) = ∅, so folgt analog a ∈ P .(ii) p := P ∩ (−P ) ist ein Primideal. Da P ∪ (−P ) = A, ist p ein Ideal. Seiena 1 · a 2 ∈ p, a 1 , a 2 ∈ A, o.B.d.A. −a 1 , −a 2 /∈ P . Nach dem Beweis von (i)ist dann aber P a 1 ∩ (1 + P ) ≠ ∅, P a 2 ∩ (1 + P ) ≠ ∅, etwa p 1 a 1 = 1 + q 1 ,p 2 a 2 = 1 + q 2 für p 1 , p 2 , q 1 , q 2 ∈ P . Man erhält p 1 p 2 a 1 a 2 ∈ 1 + P , somit−1 ∈ P + p ⊆ P , Widerspruch.Damit ist alles bewiesen.Zentral für das folgende ist nun:Satz 6.7.2. Sei K ein geordneter Körper mit positivem Kegel P , f ein aufdem reellen Abschluß K von K positiv definites Polynom aus A := K[X 1 , . . . , X n ].Dann existieren s 1 , s 2 ∈ ΣP · A 2 mit f = (1 + s 1 )s −12 .100□


Beweis. Angenommen, nicht. Dann ist also f · ΣP · A 2 ∩ (1 + ΣP · A 2 ) = ∅.Sei I := f · ΣP · A 2 und P 0 := ΣP · A 2 − I. Es ist P 0 + P 0 ⊆ P 0 , P 0 · P 0 ⊆ P 0und A 2 ⊆ P 0 , ferner −1 /∈ P 0 : Wäre nämlich das Gegenteil von Letzterem der Fall,so hätten wir −1 = s 1 − fs 2 für gewissen s 1 , s 2 ∈ ΣP · A 2 , was f · ΣP · A 2 ∩ (1 +ΣP · A 2 ) = ∅ widerspricht. Also ist P 0 ein präpositiver Kegel von A, und nach demvorgehenden Lemma 6.7.1 ist P 0 in einem präpositiven Kegel P 1 von A enthalten,so daß P 1 ∪ (−P 1 ) = A und p := P 1 ∩ (−P 1 ) ein Primideal von A ist. BetrachteP 2 := P 1 + p ⊆ A/p; P 2 ist ein präpositiver Kegel von A/p mit P 2 ∪ (−P 2 ) = A/pund P 2 ∩ (−P 2 ) = {0}: Letzteres gilt, weil aus a + p = b + p mit a, b ∈ P 1 folgt, daßa + b ∈ p ⊆ (−P 1 ), also a = (a + b) − b ∈ (−P 1 ) und somit a ∈ P 1 ∩ (−P 1 ) = p. P 2kann nun zu einem positiven Kegel P ′ des Quotientenkörpers K ′ von A/p erweitertwerden, und es gilt K ⊆ K ′ , P = K ∩ P ′ , d.h. der durch P geordnete Körper(K,


also1 + ∑ ∑a i g i′ 2 = fj h ′ j + (1 − fY )h ′für gewisse f j ∈ a, a i ∈ P und h ′ j , h′ , g i ′ ∈ A′ . Durch Substitution von 1 fMultiplikation mit einer geeigneten Potenz f 2n erhält manf 2n + s ∈ a mit s := f 2n ∑ a i g ′ i2 ∈ ΣP · A 2 .für Y undSomit f ∈ r √ a, w.z.b.w.□Insbesondere sieht man nun, daß r √ a ein radikales Ideal von K[X1 , . . . , X n ]ist.— Der reelle Nullstellensatz ist Ausgangspunkt der reellen algebraischen Geometrieund reellen kommutativen Algebra, genauso wie der Hilbertsche NullstellensatzUrsprung der algebraischen Geometrie über algebraisch abgeschlossenen Körpernist; mehr dazu findet man in [28], [32]. [174] enthält eine Version des Dubois-Krivine-Rislerschen Satzes für Nonstandard-reell analytische Funktionskeime.6.7.2. Die Sätze von Lang ∗ . Wir beweisen nun zwei Sätze aus der klassischenArbeit [89] von Lang; beide wurden zuerst mit ”reellen Stellen“ formuliertund mit gänzlich anderen Methoden gezeigt, vgl. [32], II. Der erste Satz ist einedirekte Konsequenz aus dem schwachen reellen Nullstellensatz 6.7.3. Unter eineraffinen Algebra über einem Körper K versteht man eine endlich erzeugte kommutativeK-Algebra.Satz 6.7.4. (Homomorphiesatz von Artin-Lang, [43], [89]) Sei K ein geordneterKörper, K sein reeller Abschluß, und A eine affine K-Algebra, die ein Integritätsbereichist. Kann der Quotientenkörper Q(A) von A mit einer Ordnungversehen werden, welche die von K fortsetzt, so existiert ein K-Algebrenhomomorphismusϕ: A → K.Beweis. A hat die Form A ∼ = K[X 1 , . . . , X n ]/a mit einem endlich erzeugtenIdeal a, etwa a = (p 1 , . . . , p m ). Die Existenz von ϕ ist gleichbedeutend mit V K(a) ≠∅: Ist ϕ: A → K ein Homomorphismus von K-Algebren, so folgtp i (ϕ(ξ 1 ), . . . , ϕ(ξ n )) = ϕ(p i (ξ 1 , . . . , ξ n )) = ϕ(p i + a) = 0 für alle i = 1, . . . , m,wobei ξ j := X j + a ∈ A für j = 1, . . . , m. Hat umgekehrt p 1 = · · · = p m = 0 eineLösung (α 1 , . . . , α n ) ∈ K, so erhält man mit A → K, ξ i ↦→ α i einen wohldefiniertenHomomorphismus von K-Algebren. Die Behauptung folgt nun aus dem schwachenreellen Nullstellensatz.□Der zweite der beiden angekündigten Sätze beschäftigt sich mit der Fortsetzbarkeitvon Ringhomomorphismen von Teilringen angeordneter Körper mit Werten inreell abgeschlossenen Körpern auf konvexe Bewertungsringe. Ist (M, ≤) eine (partiell)geordnete Menge, so heißt dabei eine Teilmenge X ⊆ M konvex in M, wennfür alle x, y, z ∈ M gilt:x ≤ y ≤ z und x, z ∈ X ⇒ y ∈ X.Beliebige Durchschnitte konvexer Teilmengen sind wieder konvex; insbesondere gibtes zu jeder Teilmenge X ⊆ M eine eindeutig bestimmte kleinste konvexe ObermengeX c von X in M, die konvexe Hülle von X in M. Es ist offenbar dannX c = { y ∈ M : ∃x, z ∈ X : x ≤ y ≤ z } .102


Sei im folgenden stets K ein geordneter Körper mit positivem Kegel P . EinigeEigenschaften konvexer Teilringe von K:Lemma 6.7.5. Sei A ein Teilring von K und A c =: B die konvexe Hülle von Ain K.(i) B ist ein Teilring von K.(ii) B = A (d.h. A konvex) d.u.n.d., wenn [0; 1] ⊆ A. Mit A ist also auchjeder Oberring von A in K konvex.(iii) Ist A konvex in K, so ist A ein Bewertungsring von K.(iv) Ist A ein Bewertungsring von K, so ist A konvex in K gdw. m konvex inA ist, wobei m das maximale Ideal von A sei.(v) Ist a ⊆ A ein Ideal von A, so ist a c ein Ideal von B. a ist konvex (bzgl. derauf A eingeschränkten Ordnung A ∩ P von K) gdw. a = A ∩ a c .(vi) Ist A ein Bewertungsring und a ≠ A ein Radikalideal, so ist a prim.(vii) Zu jedem konvexen Primideal p von A existiert ein Primideal q von Bmit A ∩ q = p.Beweis. (i) ist klar, ebenso (v).— Zu (ii): Offenbar ist [0; 1] ⊆ A für die Konvexitätvon A notwendig. [0; 1] ⊆ A ist aber dafür auch hinreichend: Seien a, b ∈ A,c ∈ K mit a < c < b, also 0 < c − a < b − a und damit (b − a) −1 (c − a) ∈ A; daherfolgt c = (b − a) ( (b − a) −1 (c − a) ) + a ∈ A.— Zu (iii): Sei A ⊆ K konvex, a ∈ K ∗ .Ist |a| ≤ 1, so ist a ∈ A; andernfalls ist a −1 ∈ A.— Zu (iv): Sei A konvex in K.Seien a, b ∈ A mit 0 < b < a und a ∈ m = A \ A ∗ . Aus a −1 /∈ A und 0 < a −1 < b −1folgt b −1 /∈ A, also b ∈ m. Ist umgekehrt m konvex in A und wäre 0 < b < a mita ∈ A, b ∈ K \ A, so folgte 0 < 1 < ab −1 ∈ m, also 1 ∈ m, was unsinnig ist. Somitist A konvex in K.— Zu (vi): Seien a, b ∈ A mit ab ∈ a. Bezeichne |“ die zu A”gehörige Bewertungsteilbarkeit auf K (vgl. §5.5.3). Dann können wir o.B.d.A. a|bannehmen, also b = ac für ein c ∈ A. Damit b 2 = abc ∈ a, also b ∈ a.— Zu (vii): Seip ein konvexes Primideal von A. Dann ist √ p c ein Primideal von B nach (i), (iii),(v), (vi), und es ist A ∩ √ p c = √ p = p.□Damit:Satz 6.7.6. (Lang, [89]) Sei A ein Teilring von K, ϕ: A → R ein Homomorphismusgeordneter Ringe mit Werten in einem reell abgeschlossenen KörperR. Dann besitzt ϕ eine Fortsetzung zu einem Homomorphismus geordneter Ringeϕ ′ : A ′ → R ′ auf einen konvexen Bewertungsring A ′ ⊆ K mit Werten in einem reellabgeschlossenen Oberkörper R ′ von R.Beweis. Sei B := A c die konvexe Hülle von A in K. p := ker ϕ ist ein konvexesPrimideal von A; wähle gemäß Lemma 6.7.5, (vii) ein Primideal q von Bmit A ∩ q = p. Betrachte C := B q ⊆ K und das maximale Ideal m := qB qvon C; κ(C) := C/m wird durch den positiven Kegel π(P ∩ C) zu einem geordnetenKörper, wobei π : C → C/m die kanonische Abbildung bezeichne. Seiϕ: A/m∩A → R, a+(m∩A) ↦→ ϕ(a); diese ist wohldefiniert, da m∩A = qB q ∩A =q∩A = p = ker ϕ, und ordnungstreu, da A/m∩A ⊆ κ(C) durch π(P ∩C)∩(A/m∩A)geordnet und ϕ nach Voraussetzung ordnungstreu ist. Ist S ein reeller Abschluß desgeordneten Körpers κ(C), so existiert mit der A.E. für S(RAK) (Satz 5.6.3) ein reellabgeschlossener Körper R ′ ⊇ R und ein ordnungserhaltender Homomorphismus103


ψ : S → R ′ dergestalt, daßA/m ∩ A −−−−→ S⏐⏐ϕ↓↓ψR −−−−→ R ′kommutierend wird. Sei ψ : B → R ′ , b ↦→ ψ(b/1 + m); ψ ist ordnungserhaltend, undes ist für alle a ∈ Aψ(a) = ψ(a/1 + m) = ϕ ( a + (A ∩ m) ) = ϕ(a),also ψ die gesuchte Fortsetzung von ϕ auf A c .Wie am Ende von §6.6 angekündigt, erhalten wir daraus nun noch einen weiterenBeweis für den Endlichkeitssatz 6.6.27. Die Idee dahinter ist die Beobachtung,daß die Aussage des Satzes gerade ist, daß jede Formel ϕ(x 1 , . . . , x n ) über L(R) (Ldie Sprache der geordneten Ringe), die eine abgeschlossene semialgebraische MengeM ⊆ R n definiert, in RAK ∩ Mod(D(R, R)) zu einer positiven quantorenfreienL(R)-Formel äquivalent ist.Beweis (Satz 6.6.27). Wir überprüfen, daß die Voraussetzungen von Kor.5.1.2, (i) gelten. Gegeben die Situation□F↑⏐⏐A(6.7.18)↑⏐h−−−−→ L↑⏐R Rmit reell abgeschlossenen Körpern F , L, R, ferner A einem geordneten Teilring vonF und h: A → L einem Homomorphismus geordneter Ringe mit h|R = id, wobeidie vertikalen Pfeile Inklusionen bezeichnen, haben wir zu zeigen, daßF |= ϕ(a) ⇒ L |= ϕ ( h(a) ) für alle a ∈ A n .Gelte also F |= ϕ(a). Mit dem Homomorphismusfortsetzungssatz 6.7.6 von Langund der Modellvollständigkeit von RAK können wir annehmen, daß A ein konvexerBewertungsring von F ist. Ferner können wir in (6.7.18) davon ausgehen, daß Aein lokaler Ring mit maximalem Ideal ker(h) ist. (Ansonsten ersetze man A durchseine Lokalisierung bei ker(h).) Durch Verändern von R können wir weiterhin annehmen,daß h(R) = h(A). Dies sieht man wie folgt ein: Sei mit Zorns Lemma ˜Rein maximaler Teilkörper von A, welcher R umfaßt. Wir haben zu zeigen: ˜R ist reellabgeschlossen, und h( ˜R) = h(A). Wegen der Maximalität von ˜R ist ˜R in A algebraischabgeschlossen. Da A ein konvexer Teilring von F und F reell abgeschlossenist, gilt in A der Zwischenwertsatz für Polynome aus A[X]. Damit gilt dieser aberauch in ˜R: Wechselt p ∈ ˜R[X], p ≠ 0, zwischen a, b ∈ ˜R, a < b das Vorzeichen, sohat p, aufgefaßt als Polynom aus A[X], eine Wurzel c ∈ A, a < c < b, und es folgtc ∈ ˜R. Also ist ˜R reell abgeschlossen, und somit auch h( ˜R). Wäre nun a ∈ A mith(a) /∈ h( ˜R), so wäre also h(a) transzendent über h( ˜R). Da A lokal mit maximalemIdeal ker(h) = A \ A ∗ und also ˜R ∩ ker(h) = {0} ist, gilt somit für alle p ∈ ˜R[X],p ≠ 0 stets p(a) /∈ ker(h), also p(a) ∈ A ∗ . Dies heißt, daß ˜R(a) ⊆ A mit a /∈ A, im104


Widerspruch zur Maximalität von ˜R. Also h( ˜R) = h(A). Weil h| ˜R injektiv ist, istsogar ˜R ∼ = h(A) via h.Sei damit a ∈ A n mit F |= ϕ(a). Wegen den eben begründeten Annahmenexistiert ein b ∈ R n mit h(b) = h(a). Da h|R ein Isomorphismus R ∼ = h(A) undRAK modellvollständig ist, reicht es, R |= ϕ(b) nachzuweisen. Da ¬ϕ eine offenesemialgebraische Teilmenge M von R n definiert, gibt es für alle b ∈ M ein ε ∈ R,ε > 0, so daß( n)∑(6.7.19) ∀x 1 · · · ∀x n (x i − b i ) 2 < ε → ¬ϕi=1in R gilt, also auch in F . Nach Lemma 6.7.5, (iv) ist das maximale Ideal ker(h) vonA konvex in A. Da ker(h) ∩ R = {0} ist, erhalten wir a < ε für alle a ∈ ker(h). Daa i − b i ∈ ker(h), folgt ∑ ni=1 (a i − b i ) 2 < ε, und (6.7.19) impliziert F |= ¬ϕ(a), imWiderspruch zur Voraussetzung.□6.8. Die Lösung des 17. Hilbertschen ProblemsIm Jahre 1900 hielt D. Hilbert auf dem Internationalen Mathematikerkongreß inParis einen berühmt gewordenen Vortrag, in dem er 23 bis dato ungelöste mathematischeProbleme als Aufgabe für das neue Jahrhundert formulierte [83]. Seithersind viele von ihnen z.T. in unerwarteter Weise gelöst worden. (Für einen Überblickvgl. [84].) Dazu zählt das 17. Problem, die Darstellung definiter Formen durch”Quadrate“, das 1927 von E. Artin [43] vollständig gelöst wurde; es erforderte jedochdie Schaffung einer gänzlich neuen Theorie der angeordneten Körper, die vonArtin und Schreier in ihrer bahnbrechenden Arbeit [44] geleistet wurde, und derenAnfänge wir im §6.1 behandelt haben. Wir werden hier jedoch einen Beweis desArtinschen Satzes nach Robinson [122], [123] vorstellen, in dem die <strong>Modelltheorie</strong>reell abgeschlossener Körper voll zum Tragen kommt. (Für die klassische Lösungvgl. etwa [32], II, §12.) Erstaunlich ist die Kürze und Einfachheit des Beweises vonRobinson:Robinson made Tarski’s theorem not only an immediate consequenceof Artin-Schreier theory, but also it’s culmination:Artin’s solution of Hilbert’s 17th problem [. . . ] becomes in Robinson’shands a memorable one-liner [. . . ]. [71]Das 17. Hilbertsche Problem beschäftigt sich mit der Charakterisierung semidefiniterPolynome in reell abgeschlossenen Körpern R (bei Hilbert R = R). Prototypen(auf ganz R n ) positiv semidefiniter Polynome sind solche der Formm∑(6.8.20) f = gi 2 mit g 1 , . . . , g m ∈ R[X 1 , . . . , X n ].i=1Die erste Frage, die sich stellt, ist: Ist jedes positiv semidefinite Polynom von derForm (6.8.20)? Schon 1888 hatte Hilbert gezeigt, daß gilt:Lemma 6.8.1. Für jedes positiv semidefinite f ∈ R[X] existieren g 1 , g 2 ∈ R[X]mitf = g1 2 + g2.2Beweis. Wir schreibenf = ∏ ∏(X − α j ) rj ((X − (β k + iγ k ))(X − (β k − iγ k ))) s kjk105


in C[X] = R(i)[X] mit α j , β k , γ k ∈ R, r j , s k > 0 und α j , (β k + iγ k ), (β k − iγ k )paarweise verschieden. Da f positiv semidefinit ist, müssen alle r j gerade sein, alsogibt es g, q, r ∈ R[X] mitg 2 = ∏ j(X − α j ) rj , q ± ir = ∏ kDann ist f = g 2 · (q 2 + r 2 ) = (gq) 2 + (gr) 2 .(X − (β k ± iγ k )) s k.Hilbert wußte allerdings auch, daß für n ≥ 2 i.a. f nicht in der Form (6.8.20)dargestellt werden kann. (Sein Satz liefert noch genauere Informationen, vgl. [28],Th. 6.4.7.) Das erste explizite Beispiel eines positiv semidefiniten Polynoms, dasnicht Summe von Quadraten von Polynomen ist, wurde allerdings erst 1967 vonMotzkin [112] angegeben, nämlichf M := 1 + X 4 Y 2 − X 2 Y 4 − 3X 2 Y 2 ∈ R[X, Y ].Proposition 6.8.2. f M ist positiv semidefinit, aber keine Summe von Quadratenvon Polynomen in R[X, Y ].Beweis. Seig M := Z 6 + X 4 Y 2 + X 2 Y 4 − 3X 2 Y 2 Z 2 ∈ R[X, Y, Z]die Homogenisierung fM h von f M . Die positive Semidefinitheit von f M folgt aus derUngleichung zwischen arithmetischem und geometrischem Mittel (die sich natürlichwegen von Vollständigkeit von RAK von R nach R transportieren läßt):1 (z 6 + x 4 y 2 + x 2 y 4) ≥ 3√ x36 y 6 z 6 für alle (x, y, z) ∈ R 3 .Angenommen, f M wäre eine Summe von Quadraten in R[X, Y ], also f M = ∑ ki=1 f 2 imit f i ∈ R[X, Y ]. Durch Homogenisieren erhält man g M als Summe von Quadratenhomogener Polynome g i := f h i : g M = ∑ ki=1 g2 i ; dabei ist grad(g i) = 3. Keines der g ienthält die Summanden X 3 , Y 3 , ferner nicht X 2 Z, Y 2 Z (da g M X 4 Z 2 , Y 4 Z 2 nichtenthält), und ebenso nicht XZ 2 , Y Z 2 . Also muß jedes g i eine Linearkombinationvon XY 2 , X 2 Y , XY Z, Z 3 sein, und in ∑ gi 2 muß X2 Y 2 Z 2 mit einem nichtnegativenKoeffizienten erscheinen, so daß g M ≠ ∑ gi 2 folgt. Widerspruch. □Es ist nun naheliegend, die ursprüngliche Frage dergestalt abzuschwächen,daß nun nach einer Darstellung (6.8.20) von f durch rationale Funktionen g i ∈R(X 1 , . . . , X n ) gefragt wird. Das Hilbertsche 17. Problem lautet damit sinngemäßwie folgt:Hilberts 17. Problem. Gegeben sei ein Polynom f ∈ R[X 1 , . . . , X n ]. f seipositiv semidefinit auf R n . Gibt es ein m ≥ 1 und rationale Funktionen g 1 , . . . , g m ∈R(X 1 , . . . , X n ) mit f = g 2 1 + · · · + g 2 m?Ein ebenfalls von Hilbert stammender Zusatz ist:Zusatz. Sei K ⊆ R ein Teilkörper, der die Koeffizienten von f enthält. Kannman dann g 1 , . . . , g m ∈ K(X 1 , . . . , X n ) und p 1 , . . . , p m ∈ K, p i > 0 finden derart,daß f = p 1 g 2 1 + · · · + p m g 2 m?Zunächst einige einfache Eigenschaften positiv semidefiniter rationaler Funktionen.(Topologische Begriffe sind immer bzgl. O(R n ) zu verstehen.)Satz 6.8.3. Sei R ein reell abgeschlossener Körper.106□


(i) Ist U ⊆ R n eine nichtleere offene Teilmenge sowie f ∈ R[X 1 , . . . , X n ]ein auf U identisch verschwindendes Polynom, so ist f = 0.(ii) Ist f ∈ R(X 1 , . . . , X n ) positiv semidefinit auf einer offenen dichten Teilmengevon D f , so ist f überhaupt positiv semidefinit.(iii) Die positiv semidefiniten Funktionen bilden einen präpositiven Kegel vonR(X 1 , . . . , X n ).Beweis. Zu (i): Induktion nach n. Für n = 1 ist die Aussage klar; sei alson > 1. Wir setzen X := (X 1 , . . . , X n−1 ) und schreibenf = f(X, X n ) = f 0 (X)X d n + · · · + f d (X)(d ∈ N 0 , f 0 , . . . , f d ∈ R[X]).Man kann o.B.d.A. annehmen, daß U ein offener Quader ist, d.h. U = ∏ ni=1 ]a i; b i [mit a i < b i aus R. Für jedes (c ′ 1, . . . , c ′ n) = c ′ ∈ U ′ := ∏ n−1i=1 ]a i; b i [ verschwindetdas Polynom f(c ′ , X n ) = f 0 (c ′ )Xn d + · · · + f d (c ′ ) identisch auf ]a n ; b n [, worausf 0 (c ′ ) = · · · = f n (c ′ ) = 0 folgt. Die f j verschwinden also identisch auf U ′ , womitnach Induktionsvoraussetzung f 0 = · · · = f d = 0 folgt.Zu (ii): Klar wegen der Stetigkeit von x ↦→ f(x) für x ∈ D f .Zu (iii): Wegen (i) und der Stetigkeit von x ↦→ f(x), f ∈ R[X 1 , . . . , X n ]ist der Definitionsbereich jeder rationalen Funktion dicht und offen in R n . Seienf, g ∈ K(X 1 , . . . , X n ) ∗ positiv semidefinit. Da f + g und fg auf der dichten offenenTeilmenge D f ∩ D g von R n positiv semidefinit sind, sind sie positiv semidefinitauf D f+g bzw. D fg , also positiv semidefinit, nach (ii). Analog folgt, daß f 2 positivsemidefinit ist.□Hier also die Lösung des Hilbertschen Problems:Satz 6.8.4. (Artin, [43]) Sei K ein geordneter Körper mit reellem AbschlußR, sei f ∈ K[X 1 , . . . , X n ]. f ist positiv semidefinit auf R n genau dann, wenn 0


Beweis. Es ist K ⊇ Q; ist also f ∈ K[X 1 , . . . , X n ] positiv semidefinit aufK n , so auch auf R n , da Q n dicht in R n liegt. Nach Satz 6.8.4 gibt es m ∈ N 0 ,0 < p 1 , . . . , p m ∈ Q, g 1 , . . . , g m ∈ Q(X 1 , . . . , X n ) mit f = ∑ mi=1 p igi 2 . Es genügt zuzeigen, daß jedes p i als Summe von Quadraten in Q geschrieben werden kann. Istaber p = a b mit a, b ∈ N, so ist a b = abb= ∑ ab( 1) 2. 2 i=1 b □Die Tatsache, daß Q dicht in R ist, ist für Kor. 6.8.5 unabdingbar. Es gibtgeordnete Körper, die nicht dicht in ihrem reellen Abschluß sind. Ein Beispiel istder geordnete Körper Q(X) mit X > r für alle r ∈ Q (vgl. Bsp. in §6.1); ist R dessenreeller Abschluß, so ist Q(X) ∩ ] √ X; 2 √ X[ = ∅, wobei das Intervall ] √ X; 2 √ X[natürlich in R gebildet wird. Betrachte das Polynom f := (T 2 − X)(T 2 − 9 4 X) ∈R[T ]. Seine Nullstellen in R sind ± √ X, ± 3 2√X, und f ist also positiv definit aufQ(X); die Nullstellen aber sind allesamt einfach, da f ′ = 1 2 T (8T 2 − 13X), undim Intervall ] √ X; 2 √ X[ muß f damit das Vorzeichen wechseln. f kann also nichtals Summe von Quadraten rationaler Funktionen über Q(X) geschrieben werden,denn jede solche Summe ist positiv semidefinit sogar auf R.— McKenna [110]hat bewiesen, daß in einem geordneten Körper K d.u.n.d. jedes über K positivsemidefinite Polynom als Summe von Quadraten rationaler Funktionen dargestelltwerden kann, wenn K dicht in seinem reellen Abschluß liegt und in eindeutigerWeise angeordnet ist.Für Varianten zum 17. Hilbertschen Problem, insbesondere die Abschätzungenvon Pfister über die Anzahl der benötigten Quadrate, sowie historische Bemerkungensiehe [28], Chap. 6.108


KAPITEL 7Existentiell abgeschlossene und generischeStrukturen7.1. Motivation. Der EindeutigkeitssatzSei Q der Körper der rationalen Zahlen und f ∈ Q[X] ein Polynom über Q. Dannkann f eine Nullstelle in Q besitzen oder nicht. Zum Beispiel hat X 2 − 4 eineNullstelle, während X 2 + 1 und 0 · X 2 − 1 keine Wurzeln besitzen. Betrachten wirErweiterungskörper von Q, so können wir zwei Ursachen dafür, warum f in Q keineNullstelle besitzt, unterscheiden:(i) f hat aus essentiellen Gründen keine Wurzel in Q, d.h. weil überhauptkein Körper K ⊇ Q existiert, in dem f eine Wurzel besitzt. (Dies ist etwader Fall für 0 · X 2 − 1.)(ii) f hat aus zufälligen Gründen keine Wurzel, d.h. weil der Körper Q ”nichtgroß genug“ ist — m.a.W. es gibt einen Körper K ⊇ Q, in dem f eineWurzel besitzt. (Dies ist der Fall für X 2 + 1, welches im Körper C ⊇ Qeine Nullstelle hat.)Betrachten wir ein weiteres Beispiel. Sei R der Ring Z×Z und sei a = (2, 0) ∈ R.Dann haben die Polynome X 2 − a und aX − 1 beide keine Nullstellen in R. Suchenwir nach Wurzeln dieser Polynome in beliebigen kommutativen Ringen mit 1, die Rerweitern, so bemerken wir, daß X 2 − a in R aus zufälligen Gründen keine Wurzelbesitzt — in der Tat hat X 2 − a in R × Z eine Nullstelle — während aX − 1in R aus essentiellen Gründen keine Nullstelle aufweist — denn aX − 1 kann inkeinem kommutativen Ring R ′ ⊇ R eine Nullstelle besitzen. (Um dies einzusehen,sei b = (0, 1) ∈ R. Dann ist ba = 0, und ax = 1 impliziert 0 = bax = b ≠ 0, einWiderspruch.)Abstrakter ausgedrückt beschäftigen wir uns nun mit dem folgenden Problem:Angenommen wir betrachten eine feste Klasse K von L-Strukturen (etwa wie ebenK = Kö oder K = KR als die Klasse der kommutativen Ringe mit 1) über einerSprache L und eine Struktur A ∈ K: Welche Gleichungen mit Parametern habenLösungen in A, welche haben Lösungen in einer Erweiterung B ⊇ A, B ∈ K, undwelche habe keine Lösung in jeder Erweiterung B von A, B ∈ K? Wir könnennatürlich ebensogut Gleichungs- und Ungleichungssysteme in einer oder mehrerenVariablen untersuchen, ferner Systeme von Basisformeln in L, wenn etwa Lmindestens ein Relationssymbol enthält, oder allgemein Lösungen für irgendwelchequantorenfreie Formeln in L mit Parametern in A. (Im Moment wollen wir uns aufendliche Systeme von Basisformeln beschränken.)Formuliert in diesem allgemeineren Rahmen lautet unser Problem also wie folgt:Entscheide für einen gegebenen existentiellen Satz ϕ = ∃x(ψ(x)) in L(A),(i) ob (A, A) |= ϕ,109


(ii) oder ob es ein B ∈ K gibt mit A ⊆ B und (B, A) |= ϕ.Beispiel. Sei K die Klasse der geordneten kommutativen Ringe mit 1 und Ader geordnete Ring der ganzen Zahlen. Dann hat der Satz∃x∃y(x 2 + y 2 = 3 ∧ x < 0 ∧ y > 0)keine Lösung in Z, wohl aber in R (z.B. x = −1, y = √ 2); der Satz∃x∃y(x + y = 0 ∧ x > 0 ∧ y ≰ 0)hat keine Lösung in irgendeiner Erweiterung von Z in K.Es sollte nicht überraschen, daß dieses Problem im allgemeinen sehr schwierigist — es stellt eines der grundlegenden Probleme der Algebra und <strong>Modelltheorie</strong>dar. Um einen allgemeinen Zugang zu erhalten, untersuchen wir eine verwandteFrage: Die Beispiele haben gezeigt, daß es für gegebenes K und A ∈ K i.a. einigeSysteme von Gleichungen und Ungleichungen gibt, die aus zufälligen Gründen keineLösung in A besitzen, oder allgemeiner gesprochen existentielle L(A)-Sätze ϕ, sodaß (A, A) |= ¬ϕ, aber (B, A) |= ϕ für ein B ⊇ A, B ∈ K. Wir können fragen, obes Strukturen A in K gibt, für die dies nicht passieren kann, d.h. für welche gilt:(∗) Wann immer A ⊆ B ∈ K, ϕ ∈ (∃ 1 ) L(A) und (B, A) |= ϕ, so (A, A) |= ϕ.A werden wir dann existentiell abgeschlossen in K nennen. Wir wissen bereits, daßfür eine modellvollständige Klasse K die Bedingung (∗) bereits für alle A ∈ K erfülltist. Wie findet man nun in einer — i.a. nicht modellvollständigen — Klasse L-Strukturen,die existentiell abgeschlossen sind, und wie charakterisiert man existentielleAbgeschlossenheit? Ersetzt man ∃ 1 in der ”Vollständigkeitsforderung“ (∗) durchallgemeinere Formelmengen, so kann man auch fragen: Wie findet man in einergegebenen Klasse K von L-Strukturen ”große“ Unterklassen, die ”näherungsweise“modellvollständig — im Sinne einer modifizierten Form von (∗) — sind? Untereiner ”großen“ Unterklasse verstehen wir dabei (vgl. auch Bedingung (G3 n ) imnachfolgenden Satz, sowie Lemma 7.1.4):Definition 7.1.1. Sei K eine Klasse von L-Strukturen, K ′ ⊆ K. Dann heißtK ′ konfinal in K, falls sich jede Struktur aus K zu einer aus K ′ erweitern läßt, d.h.falls K ⊆ S(K ′ ).Beispiel. AAK ist konfinal in Kö, RAK ist konfinal in der Klasse GKö dergeordneten Körper.Die ”näherungsweise Modellvollständigkeit“ wird durch Bedingung (G2 n ) imnächsten Satz formalisiert; man betrachte die Definition der Modellvollständigkeit(Def. 4.0.1) und vergleiche sie für n = ∞ mit (G2 n ). Dabei beachte man aber, daßhier K ′ nicht als elementar vorausgesetzt ist!Satz 7.1.2. (Robinson, [126]) Sei K eine Klasse von L-Strukturen, n ∈ N 0 ∪{∞}. Dann gibt es höchstens eine Teilklasse K ′ von K mit den folgenden Eigenschaften:(G1) K ′ ist konfinal in K.(G2 n ) Sind A, B ∈ K ′ mit A ⊆ B, so auch A ≼ ∀n B.(G3 n ) Ist A ∈ K, so daß für alle B ∈ K ′ mit A ⊆ B stets A ≼ ∀n B, so ist sogarA ∈ K ′ .110


Definition 7.1.3. Falls existent, heißt K ′ die Klasse der n-generischen Strukturenin K, in Zeichen K ′ = G n (K). Für n = ∞ sprechen wir von G(K) := G ∞ (K)auch als von der Klasse der generischen Strukturen in K. (Offenbar gilt G 0 (K) = K.)Beweis. Seien K 1 , K 2 zwei Teilklassen von K, die die den Bedingungen (G1)–(G3 n ) genügen. Zu zeigen ist etwa K 1 ⊆ K 2 . Sei A ∈ K 1 . Um A ∈ K 2 zu beweisen,genügt es wegen (G3 n ) zu begründen, daß für alle B ∈ K 2 mit A ⊆ B bereitsA ≼ ∀n B; sei also B ∈ K 2 mit A ⊆ B. Da K 1 und K 2 konfinal in K sind, könnenwir rekursiv eine aufsteigende KetteA = A 0 ⊆ B = B 0 ⊆ A 1 ⊆ B 1 ⊆ A 2 ⊆ · · · mit A i ∈ K 1 , B i ∈ K 2 für i ∈ N 0finden. Setze C := ⋃ {A i : i ∈ N 0 } = ⋃ {B i : i ∈ N 0 }. Nach Bedingung (G2 n ) gilt füri < j stets A i ≼ ∀n A j und B i ≼ ∀n B j . Nach dem Satz 4.4.3 über elementare Kettengilt dann A ≼ ∀n C, B ≼ ∀n C. Sei nun ϕ(x 1 , . . . , x m ) eine ∀ n -Formel und a ∈ A mmit A |= ϕ(a). Angenommen, B |= ¬ϕ(a). Wegen ∀ n−1 ⊆ ∀ n haben wir B ≼ ∀n−1 Cund damit auch B ≼ ∃n C. Da ¬ϕ logisch äquivalent ist zu einer ∃ n -Formel alsoC |= ¬ϕ(a). Andererseits wegen A ≼ ∀n C auch C |= ϕ(a), Widerspruch. □Die Bedingung (G3 n ) ist in Wirklichkeit eine Maximalitätsforderung, denn esgilt:Lemma 7.1.4. Sei n ∈ N 0 ∪ {∞} und K eine Klasse von L-Strukturen. G n (K)existiert genau dann, wenn die größte Teilklasse von K, die (G1) und (G2 n ) erfüllt,existiert. Im Falle der Existenz sind die beiden genannten Klassen identisch.Zum Beweis benötigen wir die nachfolgende Proposition. Dabei definieren wirzu n ∈ N 0 ∪ {∞} und jeder Teilklasse H von K die Teilklasse H ∀n ⊆ K, bestehendaus allen Strukturen A ∈ K, so daß für alle B ∈ H mit A ⊆ B folgt: A ≼ ∀n B.Proposition 7.1.5. Die Zuordnung H ↦→ H ∀n ist ein Hüllenoperator auf derGesamtheit aller Teilklassen H von K, die (G1) und (G2 n ) (für K ′ := H) erfüllen,d.h.:(i) Mit H erfüllt auch H ∀n die Eigenschaften (G1) und (G2 n ).(ii) H ⊆ H ∀n für alle H ⊆ K, die (G1) und (G2 n ) erfüllen.(iii) Erfüllen H ⊆ H ′ ⊆ K die Bedingungen (G1), (G2 n ), so ist H ∀n ⊆ H ′ ∀ n.(iv) (H ∀n ) ∀n = H ∀n .Beweis. Seien H ⊆ H ′ Teilklassen von K, für die (G1), (G2 n ) richtig sind.Es folgt für alle A, B ∈ H aus A ⊆ B, daß A ≼ ∀n B; also H ⊆ H ∀n , d.h. (ii)ist bewiesen. Insbesondere erfüllt H ∀n auch (G1). Um zu sehen, daß H ∀n (G2 n )erfüllt, seien A, B ∈ H ∀n mit A ⊆ B. Nach (G1) existiert eine Erweiterung C vonB in H. Nach Definition von H ∀n ist A ≼ ∀n C und B ≼ ∀n C und somit A ≼ ∀n B.Damit ist (i) bewiesen.Nun sei A ∈ H ∀n und B ⊇ A, B ∈ H ′ ∀ n. Dann existiert eine Erweiterung Cvon B in H, und wir haben B ≼ ∀n C, A ≼ ∀n C und somit A ≼ ∀n B. Dies zeigtinsbesondere H ∀n ⊆ H ′ ∀ n.Schließlich sei A ∈ (H ∀n ) ∀n und B eine Erweiterung von A in H. Dann B ∈H ∀n , und somit A ≼ ∀n B. Wir haben (iv) gezeigt. □Offenbar ist (G3 n ) äquivalent zu K ′ = K ′ ∀ n. Damit:111


Beweis (von Lemma 7.1.4). Ist K ′ die größte unter den (G1) und (G2 n )erfüllenden Teilklassen von K, so folgt aus Prop. 7.1.5, (i), (ii): K ′ ⊆ (K ′ ) ∀n ⊆ K ′ .Umgekehrt nehmen wir an, daß K ′ = G n (K). Sei K ′′ eine (G1), (G2 n ) genügendeUnterklasse von K. Mit Prop. 7.1.5, (iv) und Satz 7.1.2 folgt K ′ = K ′′ ∀ n, also wegen(ii) K ′′ ⊆ K ′ .□7.2. Ein Existenzsatz für generische StrukturenBis jetzt wissen wir noch nichts über die Existenz der generischen Klassen G n (K).Ziel ist es nun, zu zeigen, daß für eine induktive Klasse K von L-Strukturen alleKlassen G n (K) (n ∈ N 0 ∪ {∞}) existieren. Wir tragen zunächst die formale undverallgemeinerte Definition des Begriffs der existentiellen Abgeschlossenheit, wiewir ihn einleitend entwickelt haben, nach:Definition 7.2.1. Sei n ∈ N 0 und K eine Klasse von L-Strukturen, so daß jedeErweiterung zwischen Strukturen in K eine ∀ n -Erweiterung ist. Dann heißt A ∈ K∃ n+1 -abgeschlossen in K, falls für alle B ∈ K mit A ⊆ B und alle ∃ n+1 -Sätzeϕ ∈ L(A) gilt:(B, A) |= ϕ ⇒ (A, A) |= ϕ∃ 1 -abgeschlossene Strukturen heißen existentiell abgeschlossen.Wir schreiben E n+1 (K) für die Klasse der ∃ n+1 -abgeschlossenen Strukturen undE(K) für die Klasse E 1 (K) der existentiell abgeschlossenen Strukturen in K.Beispiel. Eine triviale Quelle für Pathologien ist die (elementare) Klasse Kaller linear geordneten Mengen mit einem linken Randpunkt bzgl. der SpracheL = {


falls α eine Ordinalzahl mit α + 1 < λ ist, undA µ := ⋃A α ∈ K,α


warum A ∈ G n (K) ist. Hierzu reicht es wg. (G3 n ) aus, folgendes nachzuweisen:(∗) Für alle C ∈ G n (K) gilt: Aus A ⊆ C folgt A ≼ ∀n C.Sei also C ∈ G n (K) mit A ⊆ C gegeben. Da wir (G1) für E n+1 (G n (K))schon nachgewiesen haben, können wir D ∈ E n+1 (G n (K)) wählen mitA ⊆ C ⊆ D. Nach Voraussetzung haben wir A ≼ ∀n+1 D, außerdem C ≼ ∀nD. Es folgt A ≼ ∀n+1 D, insbesondere also auch A ≼ ∀n D. Dies zeigt (∗).Sei nun B ∈ G n (K) mit A ⊆ B und ϕ ein ∃ n+1 -Satz aus L(A)mit (B, A) |= ϕ; zu zeigen ist (A, A) |= ϕ. Da (G1) schon bewiesen ist,finden wir ein C ∈ E n+1 (G n (K)) mit A ⊆ B ⊆ C. Unter Beachtung derVoraussetzung und (∗) ergibt sich A ≼ ∀n+1 C, A ≼ ∀n B und B ≼ ∀n C.Angenommen, (A, A) |= ¬ϕ. Da ¬ϕ bis auf logische Äquivalenz ein ∀ n+1 -Satz aus L(A) ist, haben wir (C, A) |= ¬ϕ. Andererseits muß mit B ≼ ∀n Cauch B ≼ ∃n+1 C gelten, also (C, A) |= ϕ, was widersprüchlich ist.Die Gleichung G n+1 (K) = E n+1 (G n (K)) ist also bewiesen und damit die Existenzvon G n+1 (K) gesichert, so daß nur noch die Induktivität verbleibt: Sei M ̸= ∅eine Kette in G n+1 (K) = E n+1 (G n (K)) ⊆ G n (K) und C := ⋃ M. Da G n (K) nachInduktionsvoraussetzung induktiv ist, ist zumindest C ∈ G n (K). Sei nun D ∈ G n (K)mit C ⊆ D und ϕ ein ∃ n+1 -Satz aus L(C) mit (D, C) |= ϕ. Zu zeigen ist dann(C, C) |= ϕ. Es gibt ein A ∈ M mit ϕ ∈ L(A). Da A ∈ E n+1 (G n (K)) und D ∈ G n (K),folgt (A, A) |= ϕ. Ferner nach Satz 4.4.3 A ≼ ∀n+1 C, speziell A ≼ ∀n C und damitA ≼ ∃n+1 C. Also (C, A) |= ϕ.Der Induktionsschritt ist damit vollzogen. Wir weisen als nächstes die Existenzvon G(K) zusammen mit der behaupteten Gleichheit G(K) = G ∞ (K) =⋂n∈N 0G n (K) nach, indem wir (G1), (G2 ∞ ), (G3 ∞ ) für ⋂ n∈N 0G n (K) nachweisen:(G1) Zu A ∈ K bauen wir rekursiv eine aufsteigende Folge {A n } n∈N0 mit A 0 :=A und A n ∈ G n (K) für alle n ∈ N 0 . Wir setzen dann C := ⋃ {A n : n ∈ N 0 }und behaupten C ∈ ⋂ n∈N 0G n (K). Für jedes m ∈ N 0 gilt C = ⋃ n≥m A nund für jedes n ≥ m stets A n ∈ G m (K); da G m (K) induktiv ist, istC ∈ G m (K), und weil dies für beliebiges m richtig war, folgt C ∈ ⋂ G n (K),und wir haben in der Tat (G1).(G2 ∞ ) Jede Formel ist bis auf logische Äquivalenz eine ∀ n -Formel für ein gewissesn ∈ N 0 . Sind also A, B ∈ ⋂ n∈N 0G n (K) mit A ⊆ B, so gilt A ≼ ∀n B fürjedes n ∈ N 0 und damit A ≼ B.(G3 ∞ ) Sei A ∈ K, so daß für alle B ∈ ⋂ G n (K) mit A ⊆ B auch A ≼ B gilt. Zuzeigen: Für alle n ∈ N 0 ist A ∈ G n (K). Sei dazu n ∈ N 0 . Es genügt, füralle C ∈ G n (K) mit A ⊆ C zu folgern, daß A ≼ ∀n C. Da wir (G1) schonnachgewiesen haben, gibt es ein D ∈ G(K) mit A ⊆ C ⊆ D, also nachVoraussetzung A ≼ D, C ≼ ∀n D. Hieraus folgert man A ≼ ∀n+1 C, alsoauch A ≼ ∀n C.Schließlich ist G(K) als Schnitt von induktiven Klassen selbst wieder induktiv. □Übung. Sei K eine induktive Klasse von L-Strukturen, die unter Isomorphismenabgeschlossen sei, und sei n ∈ N 0 ∪ {∞}. Man zeige: G n (K) ist abgeschlossenunter Isomorphismen. (Hinweis: Man verwende alternierende Ketten.)Eine im Fall einer elementaren induktiven Klasse K und n ≥ 1 zu (G3 n ) äquivalenteBedingung ist die zunächst stärker aussehende(G3 ′ n) Sind A ∈ K, B ∈ K ′ mit A ≼ ∀n B, so folgt A ∈ K ′ .114


Satz 7.2.3. Sei K = Mod(Σ) induktiv und elementar mit einer L-SatzmengeΣ, und sei K ′ eine Teilklasse von K, die (G1), (G2 n ) für ein n ∈ N ∪ {∞} erfüllt.Dann gilt K ′ = G n (K) genau dann, wenn K ′ Eigenschaft (G3 ′ n) erfüllt.Beweis. Erfüllt K ′ (G1), (G2 n ), (G3 ′ n), so auch (G3 n ), so daß K ′ = G n (K).Ist K ′ = G n (K), so sei A ∈ K, B ∈ G n (K), A ≼ ∀n B, und sei C eine beliebigeErweiterung von A in G n (K). O.B.d.A. sei B ∩ C = A. Man sieht, daß C jeweils zueinem Modell jeder endlichen Teilmenge von Σ ∪ D(C, C) ∪ D(B, B) bzgl. L(B ∪ C)expandiert werden kann, weil A ≼ ∀1 B, so daß also ein D ∈ K mit B ↩→ D, C ↩→ Dexistiert; o.B.d.A. sei bereits D ∈ G n (K). Mit (G2 n ) und der Abgeschlossenheitvon G n (K) unter isomorphen Bildern folgt B ≼ ∀n D, C ≼ ∀n D, also A ≼ ∀n C. Mit(G3 n ) folgt A ∈ G n (K). □Wie im eben durchgeführten Beweis von Satz 7.2.3 zeigt man:Proposition 7.2.4. Sei K = Mod(Σ) induktiv und elementar mit einer L-Satzmenge Σ. Dann hat G n (K) die A.E. (für n ∈ N ∪ {∞}).□7.3. Modelltheoretisches ErzwingenIn diesem Abschnitt zeigen wir, wie man die generischen Strukturen mit Hilfeder Methode des unendlichen Erzwingens (infinite forcing) charakterisieren kann,und wir lernen ein zum Begriff des endlichen Erzwingens (finite forcing) gehörigesAnalogon zur Klasse G(K) der generischen Strukturen einer Strukturklasse Kkennen. Der Begriff des (endlichen) Erzwingens wurde in den sechziger Jahren vonPaul J. Cohen als Werkzeug für Unabhängigkeitsbeweise in der Mengenlehre erfundenund erfolgreich beim Nachweis der Unabhängigkeit der verallgemeinertenKontinuumshypothese eingesetzt. Robinson [129], [130] adaptierte und modifiziertediese Technik für modelltheoretische Zwecke und gelangte so zum Begriff der generischenStruktur. Der das forcing vermeidende Zugang zu den generischen Strukturen,den wir bislang dargelegt haben, geht auf Saracino [141] zurück.— Zunächstzum unendlichen Erzwingen:Definition 7.3.1. Sei K eine Klasse von L-Strukturen, A ∈ K und ϕ ein L(A)-Satz. Wir definieren die Relation A erzwingt ϕ (bzgl. K), i.Z. A ⊩ K ϕ oder einfachA ⊩ ϕ, durch Induktion über den Aufbau von ϕ wie folgt:(i) A ⊩ ϕ gdw. (A, A) |= ϕ, falls ϕ atomar;(ii) A ⊩ ϕ gdw. A ⊩ ϕ 1 und A ⊩ ϕ 2 , falls ϕ = ϕ 1 ∧ ϕ 2 ;(iii) A ⊩ ϕ gdw. A ⊩ ϕ 1 oder A ⊩ ϕ 2 , falls ϕ = ϕ 1 ∨ ϕ 2 ;(iv) A ⊩ ϕ gdw. A ⊩ ψ[a/x] für ein a ∈ A, falls ϕ = ∃x(ψ(x));(v) A ⊩ ϕ gdw. für keine Erweiterung B von A in K gilt: B ⊩ ψ, fallsϕ = ¬ψ.(In diesem Kontext betrachten wir Universalquantoren ∀x(. . . ) als Abkürzungfür ¬∃x(¬ . . . ).)Man beachte, daß diese Definition der Erzwingungsrelation mit der üblichenErfüllbarkeitsrelation (A, A) |= ϕ bis auf den Fall der Negation übereinstimmt. Indiesem Fall gehen bei der Definition von A ⊩ ϕ alle Erweiterungen von A in Kein, die Erzwingungsrelation kann also als eine modifizierte Erfüllbarkeitsrelationbetrachtet werden, die nicht nur die Eigenschaften von A, sondern darüber hinausauch die aller K-Erweiterungen von A in Betracht zieht. Insbesondere stimmen115


⊩ und |= für alle Sätze, die keine Negationen und Universalquantoren enthalten,überein.Das folgende Lemma enthält einige elementare Eigenschaften der Erzwingungsrelation:Lemma 7.3.2. Sei K eine Klasse von L-Strukturen, A ∈ K, ϕ ∈ L(A) ein Satz.(i) Gilt A ⊩ ϕ und A ⊆ B mit B ∈ K, so auch B ⊩ ϕ.(ii) Niemals gilt zugleich A ⊩ ϕ und A ⊩ ¬ϕ.(iii) Gilt A ⊩ ϕ, so A ⊩ ¬¬ϕ.(iv) Gilt A ⊩ ¬¬¬ϕ, so A ⊩ ¬ϕ.Beweis. Zu (i): Induktion über den Formelaufbau.Zu (ii): Falls A ⊩ ¬ϕ, so nie B ⊩ ϕ für A ⊆ B ∈ K, insbesondere für B := A.Zu (iii): Gilt A ⊩ ϕ, so erzwingt jede K-Erweiterung ϕ nach (i), als erzwingtkeine K-Erweiterung ¬ϕ nach (ii), d.h. A ⊩ ¬¬ϕ.Zu (iv): Gilt A ⊩ ¬¬¬ϕ, so erzwingt keine Erweiterung von A in K ¬¬ϕ. Alsoerzwingt nach (iii) keine Erweiterung von A in K ϕ, d.h. A ⊩ ¬ϕ.□Wir betrachten nun Strukturen, in denen Erzwingbarkeit und Erfüllbarkeit fürSätze, die aus einer vollen und symmetrischen Formelmenge entstehen, übereinstimmen.(Dabei nennen wir eine L-Formelmenge Φ voll, falls mit jeder Formel ϕauch alle Teilformeln von ϕ in Φ enthalten sind, und symmetrisch, falls mit ϕ auch¬ϕ aus Φ ist.)Satz 7.3.3. Sei K eine Klasse von L-Strukturen, A ∈ K, Φ eine volle undsymmetrische L-Formelmenge. Dann sind folgende Aussagen äquivalent:(i) Für alle ϕ ∈ Φ(A) gilt (A, A) |= ϕ gdw. A ⊩ ϕ.(ii) Für alle ϕ ∈ Φ(A) gilt (A, A) |= ϕ gdw. A ⊩ ¬¬ϕ.(iii) Für alle ϕ ∈ Φ(A) gilt entweder A ⊩ ϕ oder A ⊩ ¬ϕ.Beweis. (i) ⇒ (ii): Gilt (A, A) |= ϕ, so A ⊩ ϕ nach (i), also A ⊩ ¬¬ϕ nachLemma 7.3.2, (iii). Gilt nicht (A, A) |= ϕ, so (A, A) |= ¬ϕ, also nach (i) A ⊩ ¬ϕ,mithin nach Lemma 7.3.2, (ii) nicht A ⊩ ¬¬ϕ.(ii) ⇒ (iii): Wegen Lemma 7.3.2, (ii) gilt niemals zugleich A ⊩ ϕ und A ⊩ ¬ϕ.Wir zeigen durch Induktion über den Aufbau von ϕ, daß A ϕ ⇒ A ⊩ ¬ϕ. Füratomares ϕ folgt dies aus (ii) und Lemma 7.3.2 (iv); die einzigen nichttrivialen Fälleim Induktionsschritt sind die zu ϕ = ¬ψ und ϕ = ∃x(ψ(x)): Gilt A ¬¬ψ, so A ψmit Lemma 7.3.2, (iii), also A ⊩ ¬ψ nach Induktionsvoraussetzung, d.h. A ⊩ ϕ. GiltA ∃x(ψ(x)), so also A ψ[a/x] für alle a ∈ A, also mit InduktionsvoraussetzungA ⊩ ¬ψ[a/x] für alle a ∈ A. Nach Lemma 7.3.2, (iii) also A ⊩ ¬¬¬ψ[a/x], nach (ii)also (A, A) |= ¬ψ[a/x] für jedes a ∈ A; damit also (A, A) |= ¬ϕ. Wieder mit (ii):A ⊩ ¬¬¬ϕ; mit Lemma 7.3.2, (iv) schließlich A ⊩ ¬ϕ.(iii) ⇒ (i): Wir zeigen (i) durch Induktion über den Formelaufbau von ϕ. DerFall eines atomaren ϕ ist trivial, ebenso alle Fälle im Induktionsschritt bis auf ϕ =¬ψ. Hier gilt (A, A) |= ¬ψ gdw. nicht (A, A) |= ψ, also nach Induktionsannahmegdw. A nicht ψ erzwingt; dies wiederum ist nach (iii) äquivalent zu A ⊩ ¬ψ. □Wir wollen für den Moment die Klasse aller A ∈ K, die den äquivalentenAussagen (i)—(iii) aus Satz 7.3.3 genügen, mit K Φ bezeichnen. Wir sagen, A ∈ Kentscheide ϕ ∈ L(A), falls A ⊩ ϕ oder A ⊩ ¬ϕ. A entscheidet also alle ϕ ∈ Φ(A)genau dann, wenn A ∈ K Φ , nach Satz 7.3.3. Damit gilt: (Vgl. die Ähnlichkeit desBeweises zu dem von Satz 7.2.2!)116


Lemma 7.3.4. Sei K eine induktive Klasse von L-Strukturen, Φ eine volle undsymmetrische Formelmenge. Dann ist K Φ konfinal in K.Beweis. Sei A ∈ K, ϕ ∈ Φ(A). Nach Definition der Erzwingungsrelation hatA eine Erweiterung in K, die ϕ entscheidet. Definiere nun A ′ wie folgt: Sei {ϕ α } α


(iv) C ⊢ ϕ gdw. C ⊢ ψ[a/x], wobei a eine in C vorkommende Konstante sei,falls ϕ = ∃x(ψ(x));(v) C ⊢ ϕ gdw. keine Bedingung C ′ ⊇ C erzwingt ψ, falls ϕ = ¬ψ.(Wieder stehe ∀x(. . . ) für ¬∃x(¬ . . . ).)Bemerkung. Der Deutlichkeit halber sei angemerkt, daß es sich bei der Relation”C erzwingt ϕ“, wie wir sie eben definiert haben, um eine Teilklasse von{(C, ϕ) : es gibt A ∈ K mit C ⊆ D(A, A) endlich, ϕ ∈ SaL(A)}handelt.Beispiel. Sei K die Klasse aller {f}-Strukturen, wobei f ein einstelliges Operationssymbolsei. Dann gilt ∅ ⊢ ϕ, wobeiϕ := ∀y∃x 1 ∃x 2 (f(x 1 ) = y ∧ f(x 2 ) = y ∧ x 1 ≠ x 2 ).Jedoch gilt auch A ⊩ ϕ für alle A ∈ K. Ein Beispiel für eine Klasse K, einen Satzϕ und eine Struktur A, so daß A ⊩ ϕ, aber C ϕ für alle Bedingungen C bzgl. Kwerden wir in §7.5 (Satz 7.5.8) sehen.Analog zu Lemma 7.3.2 zeigt man:Lemma 7.3.8. Sei K eine Klasse von L-Strukturen, A ∈ K, ϕ ∈ L(A) ein Satz,C ⊆ D(A, A) eine Bedingung.(i) Gilt C ⊢ ϕ und ist C ′ ⊇ C eine Bedingung in K, so auch C ′ ⊢ ϕ.(ii) Niemals gilt zugleich C ⊢ ϕ und C ⊢ ¬ϕ.(iii) Gilt C ⊢ ϕ, so C ⊢ ¬¬ϕ.(iv) Gilt C ⊢ ¬¬¬ϕ, so C ⊢ ¬ϕ.Wir sagen, eine Bedingung C entscheide ϕ, falls C ⊢ ϕ oder C ⊢ ¬ϕ. JedeBedingung C kann zu einer Bedingung erweitert werden, die ϕ entscheidet. (Dennist C eine Bedingung mit C ¬ϕ, so gibt es nach Def. 7.3.7, (v) ein C ′ ⊇ C mitC ′ ⊢ ϕ.)Definition 7.3.9. Sei K eine Klasse von L-Strukturen, A ∈ K, ϕ ein L(A)-Satz. Wir sagen, A erzwingt ϕ (bzgl. K), i.Z. A ⊢ K ϕ oder kurz nur A ⊢ ϕ, falls eineBedingung C ⊆ D(A, A) existiert mit C ⊢ K ϕ. A heißt endlich generisch in K, fallsfür alle L(A)-Sätze ϕ gilt: A ⊢ ϕ ⇔ (A, A) |= ϕ. Die Klasse der endlich generischenStrukturen in K werde mit G f (K) bezeichnet. (Man nennt G(K) manchmal auchdie Klasse der unendlich generischen Strukturen in K.)Man sieht anhand von Satz 7.3.5, daß G f (K) das Gegenstück zu G(K) ist,wenn man anstelle der unendlichen von der endlichen Erzwingungsrelation ausgeht.Unmittelbar aus Lemma 7.3.8 folgt:Lemma 7.3.10. Sei K eine Klasse von L-Strukturen, A ∈ K, ϕ ∈ L(A) einSatz.(i) Gilt A ⊢ ϕ und A ⊆ B mit B ∈ K, so auch B ⊢ ϕ.(ii) Niemals gilt zugleich A ⊢ ϕ und A ⊢ ¬ϕ.(iii) Gilt A ⊢ ϕ, so A ⊢ ¬¬ϕ.(iv) Gilt A ⊢ ¬¬¬ϕ, so A ⊢ ¬ϕ.Daraus erhält man wie im Fall des unendlichen Erzwingens:118□□


Satz 7.3.11. Sei K eine Klasse von L-Strukturen, A ∈ K, Φ eine volle undsymmetrische L-Formelmenge. Dann sind folgende Aussagen äquivalent:(i) Für alle ϕ ∈ Φ(A) gilt (A, A) |= ϕ gdw. A ⊢ ϕ.(ii) Für alle ϕ ∈ Φ(A) gilt (A, A) |= ϕ gdw. A ⊢ ¬¬ϕ.(iii) Für alle ϕ ∈ Φ(A) gilt entweder A ⊢ ϕ oder A ⊢ ¬ϕ.□Wir wissen, daß für induktive Klassen K ≠ ∅ immer unendlich generischeStrukturen existieren, denn G(K) ist konfinal in K. Bei endlich generischen Strukturenist dies nicht immer zwingend der Fall: Ist L überabzählbar, so kann G f (K)auch leer sein. (Ein Beispiel dafür findet sich in [3], S. 106, Ex. 5.) Ist hingegen Labzählbar und K elementar, so können wir zeigen:Satz 7.3.12. Sei L eine abzählbare Sprache, K eine nichtleere elementare Klassevon L-Strukturen, C eine Bedingung bzgl. K. Dann existiert eine in S(K) endlichgenerische Struktur A ∈ S(K) mit (A, A) |= C. Insbesondere ist G f (S(K)) ≠ ∅.Wir benötigen zu seinem Beweis einige Hilfsaussagen. Dabei schreiben wir Φ ⊢ϕ für eine Menge Φ von Basissätzen und einen Satz ϕ, falls eine Bedingung C ⊆ Φmit C ⊢ ϕ existiert.Lemma 7.3.13. Sei L eine Sprache der Logik erster Stufe, K eine Klasse von L-Strukturen, A eine nichtleere Menge (die Menge der Zeugen) und Φ eine Teilmengevon Ba L(A) ∩ Sa L(A) . Φ habe die folgenden Eigenschaften:(i) Jede endliche Teilmenge von Φ ist konsistent.(ii) Für jeden L(A)-Satz ϕ gilt entweder Φ ⊢ K ϕ oder Φ ⊢ K ¬ϕ.(iii) Sind a, b ∈ A mit a ≠ b, so ist (a ≠ b) ∈ Φ.(Man sagt, Φ sei eine generische Menge.) Dann existiert genau eine L-Struktur Amit Universum A und D(A, A) = Φ, genannt das generische Modell M(Φ, A) zu Φund A.Beweis. Man definiere A wie folgt: Ist c ein Konstantensymbol von L, so setzec A := a mit a ∈ A, falls (c = a) ∈ Φ. Ein solches a existiert, da für ϕ := ∃x(c = x)wegen (ii) gilt: Entweder Φ ⊢ ϕ oder Φ ⊢ ¬ϕ. Gälte letzteres, also C ⊢ ¬ϕ für eineBedingung C ⊆ Φ, und ist nach (i) B mit (B, B) |= C, so folgt C ∪ {c = c B } ⊢ ϕ,im Widerspruch zu C ⊢ ¬ϕ; also Φ ⊢ ϕ und damit (c = a) ∈ Φ für ein a ∈ Anach Definition von ⊢. a ist zudem eindeutig bestimmt, denn sind a, a ′ ∈ A mit(c = a), (c = a ′ ) ∈ Φ, so kann (a ≠ a ′ ) nicht in Φ enthalten sein, mithin also a = a ′nach (iii). Ähnlich definiert man Funktionen und Relationen von A. Wir wissendann, daß D(A, A) ⊆ Φ. Ist umgekehrt ϕ ∈ Φ, so kann nicht ϕ /∈ D(A, A) sein, weilsonst (bis auf logische Äquivalenz) ¬ϕ ∈ D(A, A), also ϕ, ¬ϕ ∈ Φ wäre (bis auflogische Äquivalenz), im Widerspruch zu (i). Also D(A, A) = Φ.□Lemma 7.3.14. Ist L eine Sprache der Logik erster Stufe, K eine induktiveelementare Klasse, A ≠ ∅ eine Menge von Zeugen und Φ eine generische Menge,so daß jede endliche Teilmenge C von Φ ein Modell (B, B) mit B aus K besitzt.Dann ist M(Φ, A) ∈ E(K).Beweis. Sei A := M(Φ, A). Wir zeigen zuerst A ∈ K. Nach dem Satz von ̷Loś-Suszko-Chang ist K = Mod(Σ) mit einer ∀ 2 -Satzmenge Σ. Betrachte einen L-Satzϕ = ∀x∃y(ψ) ∈ Σ mit ψ(x, y) quantorenfrei, o.B.d.A. ψ = ∧ ∨i j ϱ ij mit ϱ ij ∈ Ba L ,und angenommen, in A gilt ¬ϕ, d.h. A |= ∃x(¬∃y(ψ)). Nach Eigenschaft (ii) undSatz 7.3.11 heißt dies, daß C ⊢ ¬∃y(ψ(y))[a/y] für ein Tupel a aus A und eine119


Bedingung C ⊆ Φ. Da aber C ∪ Σ konsistent ist, gibt es ein Modell B von Σ mit(B, B) |= C, B |= ϕ, also (B, B) |= ψ[a/x, b/y] mit b aus B, wobei o.B.d.A. a, baus A gewählt seien. Wir haben damit C ′ ⊢ ∃y(ψ(y))[a/x] für eine BedingungC ′ ⊇ C, wobei C ′ := C ∪ C ′′ und C ′′ die Menge aller Basisteilformeln ϱ ij [a/x, b/y]von ψ[a/x, b/y] mit (B, B) |= ϱ ij sei. Jetzt haben wir aber auch einen Widerspruch.Sei nun B eine Erweiterung von A in K und ∃x(ϕ(x)) ein existentieller L(A)-Satz mit quantorenfreiem Kern ϕ(x), der in (B, B) gültig ist; es sei o.B.d.A. ϕin der Form ϕ = ∧ ∨i j ϱ ij mit ϱ ij ∈ Ba L(A) vorgelegt, und b ein Tupel aus B,welches ϕ erfüllt. Sei C ⊆ Φ = D(A, A) ⊆ D(B, B) eine Bedingung; es existiert eineBedingung C ′ ⊇ C, C ′ ⊆ D(B, B) mit C ′ ⊢ ∃x(ϕ(x)), nämlich C ′ := C ∪C ′′ , wobeiC ′′ die Menge aller Basisteilformen ϱ ij [b/x] von ϕ ist, für die (B, B) |= ϱ ij [b/x].Also Φ ¬∃x(ϕ(x)) und damit (A, A) |= ∃x(ϕ(x)). Wir haben A ∈ E(K). □Beweis (Satz 7.3.12). Sei K = Mod(Σ) mit einer L-Satzmenge Σ. Sei Aeine abzählbar unendliche Menge von Konstantensymbolen, die die in L und Cvorkommenden Konstanten enthält, und {ϕ n } n∈N eine Abzählung aller L(A)-Sätze.Wir definieren eine aufsteigende Folge {C n } n∈N0 von L-Bedingungen C n bzgl. Kwie folgt: Es sei C 0 := C, und für n ∈ N 0 sei C n+1 eine Erweiterung von C n ,die ϕ n+1 entscheidet. Sei D := ⋃ n∈N 0C n . Wir behaupten: D ist das Diagrammeiner in S(K) endlich generischen Struktur A. Dazu zeigen wir zunächst, daß eineStruktur A ∈ S(K) mit Universum A existiert, so daß D = D(A, A). Durch D wirdsicher eine L-Struktur mit Universum A und D = D(A, A) definiert, da D =: Φdie in Lemma 7.3.13, (i)–(iii) geforderten Merkmale besitzt, D also generisch ist.Es gilt aber auch M(Φ, A) =: A ∈ S(K), da S(K) eine induktive elementare Klasseist und für jede endliche Teilmenge D ′ von D die Menge D ′ ∪ Σ konsistent istnach Konstruktion von D (Lemma 7.3.14).— Es gilt nun für alle Sätze ϕ ∈ L(A):Entweder A ⊢ ϕ oder A ⊢ ¬ϕ. Also mit Satz 7.3.11 (A, A) |= ϕ gdw. A ⊢ ϕ, für alleL(A)-Sätze ϕ.□Korollar 7.3.15. Sei L eine abzählbare Sprache, K eine nichtleere universellaxiomatisierte Klasse von L-Strukturen, C eine Bedingung bzgl. K. Dann existierteine in K endlich generische Struktur A ∈ K mit (A, A) |= ϕ für alle ϕ ∈ C. □Einige Eigenschaften von G(K) übertragen sich auf G f (K):Proposition 7.3.16. Sei K eine Klasse von L-Strukturen, A endlich generischin K. Dann ist A existentiell abgeschlossen in K. (D.h. G f (K) ⊆ E(K).)Beweis. Sei A ∈ G f (K), B ⊇ A eine Erweiterung in K, ϕ = ∃x(ψ(x)) einexistentieller L(A)-Satz, ψ = ∧ ∨i j ϱ ij mit Basisformeln ϱ ij , und gelte (B, A) |= ϕ.Gilt (A, A) |= ¬ϕ, so A ⊢ ¬ϕ, es existiert also eine Bedingung C in A mit C ⊢ ¬ϕ.Wähle b aus B mit (B, A) |= ψ(b); es existieren j i mit (B, A) |= ϱ iji (b) für alle i;sei C ′ die Vereinigung von C mit der Menge aller ϱ iji [b/x] ∈ D(B, B). C ′ ist eineBedingung, die ϕ erzwingt, da C ′ ⊢ ϱ iji (b). Dies widerspricht Lemma 7.3.8, (i), daC ⊆ C ′ und C ⊢ ¬ϕ.□Satz 7.3.17. Sei K eine Klasse von L-Strukturen. G f (K) erfüllt (G2 ∞ ) und(G3 ′ n) für alle n ≥ 1. Ist K induktiv, so auch G f (K).Beweis. Seien A, B ∈ G f (K) mit A ⊆ B. Jeder L(A)-Satz ϕ, der in A gilt,wird von A erzwungen, also auch von B, und gilt somit in B. Also A ≼ B.Dies zeigt (G2 ∞ ).— Zu (G3 ′ n): Sei A ∈ K, B ∈ G f (K), A ≼ ∀n B, n ≥ 1.120


Wir haben A ∈ G f (K) zu zeigen. Sei dazu ϕ(x) ein L-Satz, a aus A; wir zeigen,daß A ⊢ ϕ[a/x] oder A ⊢ ¬ϕ[a/x]. Da B ∈ G f (K), existiert eine BedingungC = {ψ 1 [a/x, b/y], . . . , ψ n [a/x, b/y]} mit L-Formeln ψ i (x, y) und b in B, dieϕ[a/x] oder ¬ϕ[a/x] erzwingt. Da A ≼ ∀1 B, existieren Elemente b ′ von A, so daßC ′ = {ψ 1 [a/x, b ′ /y], . . . , ψ n [a/x, b ′ /y]} eine Bedingung in A ist; C ′ erzwingt dannϕ[a/x] oder ¬ϕ[a/x], wie gewünscht.— Zur Induktivität: Sei M eine nichtleereKette von Strukturen in G f (K), M := ⋃ M. Ist ϕ ∈ L(M), so existiert ein A ∈ Mmit ϕ ∈ L(A), also A ⊢ ϕ oder A ⊢ ¬ϕ, und damit auch M ⊢ ϕ oder M ⊢ ¬ϕ, daM ∈ K.□Mit (G1) sieht es nicht so gut aus:Korollar 7.3.18. Sei K eine induktive elementare Klasse von L-Strukturen.Genau dann erfüllt G f (K) (G1), falls G f (K) = G(K), und dann ist E(K) = G f (K) =G(K).Beweis. Ist G f (K) = G(K), so gilt für G f (K) sicher (G1). Umgekehrt verwendeSatz 7.3.17 und Satz 7.2.3. Ist G f (K) konfinal in K, so erfüllt G f (K) dieEigenschaften (G1), (G2 1 ) und (G3 ′ 1), also ist E(K) = G 1 (K) = G f (K). □In §7.7 wird uns folgender Satz [100] zugute kommen.Satz 7.3.19. Sei K = Mod(Σ) eine nichtleere induktive elementare Klassevon L-Strukturen, wobei Σ eine Satzmenge über der abzählbaren Sprache L sei.Sei ferner {ϕ mn } m,n∈N eine Familie von existentiellen L-Formeln ϕ mn (x), x =(x 1 , . . . , x r ), so daß für alle A ∈ K, Bedingungen C ⊆ D(A, A) und a ∈ A r sowiem ∈ N gilt: Es gibt ein n ∈ N, so daßΣ ∪ C ∪ { ϕ mn [a/x] }konsistent ist. Dann existiert ein B ∈ E(K) mitfür alle m ∈ N, b ∈ B r .B |= ∨ n∈Nϕ mn (b)Beweis. O.B.d.A. seien die ϕ mn in der Form ∃y(ψ mn (x, y)) mit quantorenfreienψ mn in konjunktiver Normalform angenommen. Sei A eine abzählbar unendlicheMenge von Zeugen. Offenbar gilt:(∗) Ist ϕ(x) = ∃y(ψ(x, y)) eine existentielle L-Formel mit y = (y 1 , . . . , y s ),ψ = ∧ ∨i j ϱ ij ∈ Qf, ϱ ij ∈ Ba, d ∈ A r und C ⊆ L(A) eine Bedingung, sodaß Σ∪C∪{ϕ[a/x]} konsistent ist, so existiert eine Bedingung C ′ ⊆ L(A),C ′ ⊇ C dergestalt, daß C ′ ⊢ ϕ[a/x] und Σ ∪ C ′ ∪ {ϕ[a/x]} konsistent ist.(Läßt sich nämlich B ∈ K zu einem Modell von C ∪ {ϕ(a)} expandieren, sowähle a ′ ∈ B s , o.B.d.A. nach isomorpher Umbenennung a ′ ∈ A s , mit (B, B) |=ψ[a/x, a ′ /y], und definiere C ′ als die Vereinigung von C mit allen Basisteilformelnϱ ij [a/x, a ′ /y] von ψ[a/x, a ′ /y], für die (B, B) |= ϱ[a/x, a ′ /y].)Wähle nun eine Abzählung {(m k , a k )} k∈N aller Paare aus N × A r und eineAbzählung {ϕ k } k∈N aller L(A)-Sätze, und definiere induktiv eine aufsteigende Folgevon Bedingungen C 1 ⊆ C 2 ⊆ · · · in K wie folgt: C 1 := ∅, und ist C 2k schondefiniert, so wähle C 2k+1 ⊇ C 2k gemäß (∗) so, daß C 2k+1 ⊢ ϕ mk n k[a k /x], wobein k ∈ N nach Voraussetzung derart gewählt wurde, daß Σ ∪ C 2k ∪ {ϕ mk n k[a k /x]}konsistent ist; ist C 2k+1 schon definiert, so wähle C 2k+2 als eine Erweiterung von121


C 2k+1 , die ϕ k entscheidet. Setze schließlich Φ := ⋃ k∈N C k. Φ ist generisch, undB := M(Φ, A) ist nach Lemma 7.3.14 aus E(K) und hat nach Konstruktion diegewünschte Eigenschaft.□Korollar 7.3.20. Sei K = Mod(Σ) eine nichtleere, induktive und durch dieL-Satzmenge Σ axiomatisierte Klasse, wobei L abzählbar sei. Sei Φ eine abzählbareMenge von Basisformeln in den gemeinsamen freien Variablen x = (x 1 , . . . , x n ), sodaß für alle Bedingungen C ⊆ D(A, A), a ∈ A n mit A ∈ K ein ϕ ∈ Φ existiert, sodaß C∪{ϕ[a/x]} ein Modell mit L-Redukt in K besitzt. Dann existiert ein B ∈ E(K)derart, daß B |= ∨ ϕ∈Φ ϕ(b) für alle b ∈ Bn .□Beispiel. Sei Σ eine L-Satzmenge in einer abzählbaren Sprache L der Logikerster Stufe, so daß Mod(Σ) ≠ ∅ induktiv ist.(i) Enthält L die Sprache {1, ·, −1 } der Gruppen und Σ die Gruppenaxiome,und erfüllt für die Familie {ϕ n } n∈N mitϕ n (x) := (x n = 1)für alle n ∈ Ndie Menge Φ := {ϕ n : n ∈ N} die Voraussetzung von Kor. 7.3.20, so hatΣ ein Modell, dessen Restriktion auf L eine Torsionsgruppe ist.(ii) Enthält L die Sprache {0, 1, +, −, ·,


Wir werden nun zeigen, daß, falls K elementar und induktiv und nur eine derKlassen in (7.4.22) elementar ist, alle Klassen G n (K) übereinstimmen (und damitallesamt elementar sein müssen).Satz 7.4.1. Sei K eine elementare, induktive Klasse von L-Strukturen, K ′ einemodellvollständige, konfinale Teilklasse von K. Dann ist K ′ = E(K) = G n (K) füralle n ∈ N ∪ {∞}.Beweis. Sei n ∈ N ∪ {∞}; es ist (G1), (G2 n ), (G3 n ) für K ′ nachzuweisen:(G1) ist die vorausgesetzte Konfinalität von K ′ .(G2 n ) folgt aus der Modellvollständigkeit von K ′ .(G3 n ) Wir wissen (Satz 4.3.1): Da K ′ modellvollständig ist, gibt es eine MengeΣ von ∀ 2 -Sätzen aus L mit K ′ = Mod(Σ). Sei nun A ∈ K, so daß füralle B ∈ K ′ mit A ⊆ B auch A ≼ ∀n B. Zu zeigen ist, daß auch A ∈ K ′ .Wegen n > 0 haben wir A ≼ ∀1 B, also übertragen sich ∀ 2 -Formeln vonB nach A. Weil B |= Σ, folgt A |= Σ.Damit ist alles bewiesen.Korollar 7.4.2. Sei K eine induktive und elementare Klasse von L-Strukturen,und angenommen, eine der Klassen G m (K), m ∈ N ∪ {∞}, ist elementar.Dann ist E(K) = G n (K) für alle n ∈ N ∪ {∞}, und E(K) ist modellvollständig.Beweis. Da G m (K) (G2 1 ) erfüllt, ist sicherlich G m (K) modellvollständig nachdem Robinson-Test. Mit dem Satz folgt die Behauptung.□Satz 7.4.1 legt jetzt folgende Definition nahe:Definition 7.4.3. (Cherlin, [62]) Sei K eine elementare Klasse von L-Strukturenund K ′ eine modellvollständige, konfinale Teilklasse von K. Dann heißt K ′der Modellbegleiter von K.Bemerkung. Existiert ein Modellbegleiter von K, so ist dieser eindeutig bestimmt.(Er ist also der Modellbegleiter.)Beweis. Seien K ′ , K ′′ zwei modellvollständige, konfinale Teilklassen von K,und Σ ′ bzw. Σ ′′ Axiomensysteme für K ′ bzw. K ′′ . Aus Symmetriegründen reichtes, K ′ ⊆ K ′′ zu zeigen. Sei also A ∈ K ′ . Unter abwechselnder Anwendung derKonfinalität von K ′′ und K ′ in K erhält man eine KetteA =: A 0 ⊆ A 1 ⊆ A 2 ⊆ · · · mit A 2i ∈ K ′ , A 2i+1 ∈ K ′′ für alle i ∈ N 0 .Da K ′ , K ′′ modellvollständig und somit induktiv sind, ist B := ⋃ {A i : i ∈ N 0 } ∈K ′ ∩ K ′′ , insbesondere B |= Σ ′′ und wegen der Modellvollständigkeit von K ′ undA ⊆ B auch A |= Σ ′′ , d.h. A ∈ K ′′ .□Ist K sogar induktiv und existiert der Modellbegleiter K ′ von K, so gilt K ′ =E(K) = G n (K) für alle n ∈ N ∪ {∞}. Wegen Kor. 7.4.2 reicht, um die Existenzeines Modellbegleiters nachzuweisen, die Elementarität eines einzigen G n (K), n ∈N ∪ {∞}, zu verifizieren.Trivialerweise ist eine elementare Klasse K modellvollständig genau dann, fallsdie Klasse G(K) der generischen Strukturen existiert und mit K zusammenfällt; Kist dann sein eigener Modellbegleiter.123□


Definition 7.4.4. (Robinson, [126]) Sei K eine elementare Klasse von L-Strukturenund K ′ eine elementare, konfinale Teilklasse von K. Dann heißt K ′ die Modellvervollständigungvon K, falls für alle A, C ∈ K ′ mit gemeinsamer SubstrukturB ∈ K gilt, daß (A, B) ≡ (C, B).Bemerkung. Wenn K ′ eine Modellvervollständigung von K ist, so ist K ′ auchmodellvollständig und daher der Modellbegleiter von K. K besitzt also höchstenseine Modellvervollständigung.Angenommen, K hat einen Modellbegleiter. Wann ist dieser die Modellvervollständigungvon K? Eine notwendige und hinreichende Bedingung liefert (inVerallgemeinerung von Satz 5.6.3):Satz 7.4.5. Sei K ′ der Modellbegleiter der Klasse K von L-Strukturen. Genaudann ist K ′ die Modellvervollständigung von K, wenn K die A.E. besitzt.Beweis. Vergleiche den Beweis des Satzes 5.6.3, der den Spezialfall der Charakterisierungsubstrukturvollständiger Klassen behandelte. Man sieht leicht, daßman den Beweis analog führen kann, wobei K ′ im wesentlichen die Rolle von K undK im wesentlichen die Rolle von S(K) übernimmt.□Den Zusammenhang zwischen Substrukturvollständigkeit und ModellvervollständigungbeleuchtetLemma 7.4.6. K ist substrukturvollständig genau dann, wenn K Modellvervollständigungvon S(K) ist.Beweis. K ist Modellvervollständigung von S(K) d.u.n.d., wenn K eine elementare,konfinale Teilklasse der elementaren Klasse S(K) ist mit der Eigenschaft,daß für alle A, C ∈ K und B ∈ S(K) gilt: (A, B) ≡ (C, B). Sind diese Bedingungenerfüllt, so ist K offensichtlich substrukturvollständig. Ist umgekehrt Ksubstrukturvollständig, so ist K elementar und konfinal in S(K) ⊇ K mit (A, B) ≡(C, B) für alle A, C ∈ K, B ∈ S(K), so daß nur noch zu zeigen ist, daß mit K auchS(K) elementar ist; dies wurde aber bereits in Satz 3.6.2 bewiesen.□Beispiel. Beispiele für Theorien mit Modellvervollständigungen kennen wirschon zuhauf (vgl. u.a. §5):(i) Die Klasse AAK der algebraisch abgeschlossenen Körper ist Modellvervollständigungder Klasse Kö der Körper, sogar schon der Klasse I derIntegritätsbereiche. (Robinson, [126])(ii) Die Klasse RAK der reell abgeschlossenen Körper ist Modellvervollständigungder Klasse GKö der geordneten Körper. (Robinson, [126])(iii) Die Klasse der teilbaren, torsionsfreien, abelschen Gruppen ist Modellvervollständigungder Klasse der torsionsfreien abelschen Gruppen.(iv) Die Klasse der teilbaren, geordneten, abelschen Gruppen ist Modellvervollständigungder Klasse der geordneten abelschen Gruppen. (Robinson-Zakon, [132])(v) Die Klasse der atomfreien Booleschen Algebren ist Modellvervollständigungder Klasse der Booleschen Algebren.Übung. Sei L = {0, 1, ⊓, ⊔} und DV die Klasse der distributiven Verbände mit0 und 1, betrachtet als L-Strukturen. Besitzt DV einen Modellbegleiter bzw. eineModellvervollständigung?124


Beispiel. Eine Situation, in der keine Modellvervollständigung, aber ein Modellbegleiterexistiert, ist diese: Sei L ′ = {0, 1, +, −, ·} die Sprache der Ringe; seiFRK die Klasse der formal reellen Körper bzgl. L ′ ; sie ist elementar mit einemrekursiv aufzählbaren Axiomensystem. Sei RAK ′ die Klasse aller formal reellenKörper, in denen (RA1’), (RA2) gilt (vgl. Def. 6.1.11, Prop. 6.1.12); sie ist ebenfallselementar bzgl. L ′ (vgl. Bem. 6.1.13). Eine L ′ -Struktur K ′ ist aus RAK ′ genaudann, wenn sie (in eindeutiger Weise, vgl. 6.1.12) zu einer L-Struktur K ∈ RAKexpandiert werden kann, wobei L = {0, 1, +, −, ·, 2 2 gilt;nach Kor. 6.1.20, Kor. 6.3.9 existiert ein reell abgeschlossener Teilkörper (K 1 , < 1 )bzw. (K 2 , < 2 ) von R, K i ⊇ Q( √ 2) für i = 1, 2, so daß < 1 die erste, < 2 die zweiteAnordnung auf Q( √ 2) fortsetzt. RAK ist substrukturvollständig; also K i |= Th(R)bzgl. L ′ für i = 1, 2. Die beiden Körper haben die L ′ -Substruktur Q( √ 2) gemein,aber in K 1 gilt ∃x(x 2 = √ 2), in K 2 gilt ¬∃x(x 2 = √ 2), Widerspruch. □Beispiel. Wir untersuchen nun eine eher ”spielerische“ einfache Situation,in der kein Modellbegleiter existiert: Sei W die Klasse der kreisfreien Graphen(Wälder) bzgl. L = {R} (vgl. das Bsp. in §3.3). W ist zwar ∀ 2 -axiomatisierbar, alsoelementar und induktiv, aber:Proposition 7.4.8. E(W) ist nicht elementar, d.h. W hat keinen Modellbegleiter.Beweis. Zunächst:(∗) Alle G ∈ E(W) sind zusammenhängend.Sei dazu G ∈ E(W), u, v ∈ G. Angenommen, u und v liegen in verschiedenen Zusammenhangskomponentenvon G; dann gilt (G, G) ̸|= ∃x(uRx ∧ xRv). Definiere Hdurch H := G∪{w} mit w /∈ G und R H := R G ∪{(u, w), (w, u), (v, w), (w, v)}. NachAnnahme ist H kreisfrei, da u und v in verschiedenen Zusammenhangskomponentenvon G liegen. Es gilt also H ∈ W und G ⊆ H. Wegen (H, G) |= ∃x(uRx ∧ xRv) alsoauch (G, G) |= ∃x(uRx ∧ xRv), Widerspruch.Angenommen nun, E(W) = Mod(∆) für eine L-Satzmenge ∆. Fügt man neueKonstanten a und b zu L hinzu, so ist also die {R, a, b}-Satzmenge∆ ∪ { ¬∃x 1 · · · ∃x n (aRx 1 ∧ x 1 Rx 2 ∧ . . . ∧ x n Rb) : n ∈ N 0}∪ {a ≠ b}inkonsistent. Damit gibt es nach Kompaktheitssatz ein N ∈ N 0 derart, daß bereits∆ ∪ { ¬∃x 1 · · · ∃x n (aRx 1 ∧ x 1 Rx 2 ∧ . . . ∧ x n Rb) : 0 ≤ n ≤ N } ∪ {a ≠ b}inkonsistent ist. Da a und b in ∆ nicht vorkommen, gilt⎛⎞∆ |= ∀x∀y ⎝x ≠ y →∨∃x 1 · · · ∃x n (xRx 1 ∧ x 1 Rx 2 ∧ . . . ∧ x n Ry) ⎠ .0≤n≤N125


Andererseits wissen wir aufgrund der Induktivität von W, daß E(W) = G 1 (W)und damit insbesondere E(W) konfinal in W ist. Also können wir den kreisfreienGraphen G mit G := {0, . . . , N + 2}, R G := {(0, 1), (1, 2), . . . , (N + 1, N + 2)} ∪{(1, 0), (2, 1), . . . , (N + 2, N + 1)} zu einem Graphen H mit H |= ∆ erweitern. Da Hkreisfrei ist, können 0 und N + 2 in H nicht durch einen Weg einer Länge ≤ N + 1verbunden sein, und wir haben einen Widerspruch.□Übung. Man bestimme E(W). (Schwierig.)Ein weiteres einfaches Beispiel für eine elementare Klasse ohne Modellbegleitererhält man wie folgt:Übung. Sei L = { {c n } n∈N0 , < } die Sprache der Ordnungen zusammen mitpaarweise verschiedenen neuen Konstanten c n . Sei L die Klasse aller L-StrukturenO, die lineare Ordnungen sind, in denen c O 0 < c O 1 < c O 2 < · · · ein zu (N 0 ,


Dann existiert ein Oberkörper K ′ ⊇ K und ein a ′ ∈ K ′ mit f(a ′ ) = 0 (Lemma4.2.6), so daß wegen K ∈ A(I) auch ein a ∈ K mit f(a) = 0 existiert und somitK algebraisch abgeschlossen sein muß. Damit ist AAK ⊆ A(I) ⊆ A(Kö) ⊆ AAKbewiesen. Mit E(I) = E(Kö) = AAK folgt die Behauptung.□Im Körperfall sind also die Begriffe der algebraischen und existentiellen Abgeschlossenheitidentisch; dies ist ein Spezialfall folgenden allgemeinen Phänomens:Übung. Sei K eine Klasse von L-Strukturen. A ∈ K heißt einfach in K, fallscard(A) > 1 und für alle B ∈ K und jeden Homomorphismus h: A → B gilt:card(h(A)) = 1 oder h ist eine Einbettung. Die Klasse der in K einfachen Strukturenwerde mit S(K) bezeichnet.(i) Man bestimme die einfachen abelschen Gruppen und die einfachen kommutativenRinge mit 1.(ii) Sei K eine Klasse nichttrivialer (d.h. mindestens zweielementiger) L-Strukturen in einer algebraischen Sprache L. Sei die Klasse S(K) elementarund konfinal in K. Dann ist A(K) = E(K). Hinweis: ErweitereL um zwei neue Konstanten, und wende den ersten Persistenzsatz an.(Modelltheoretisches Analogon des Rabinowitsch-Tricks.)7.5. Existentiell abgeschlossene kommutative RingeSei KR die Klasse der kommutativen Ringe (mit 1) in der Sprache L = {0, 1, +, −, ·}.(Alle vorkommenden kommutativen Ringe seien im folgenden mit 1.) Wir werdenzeigen, daß, obwohl KR mit ∀ 2 -Sätzen axiomatisiert werden kann und somit induktivist, kein Modellbegleiter von KR existiert. Der Beweis beruht auf den nachfolgendendrei einfachen Lemmata. (Wir verstehen unter einem idempotenten Elementeines kommutativen Rings R ein r ∈ R mit r 2 = r, unter einem nilpotenten Elementein r ∈ R, so daß r n = 0 für ein n ≥ 1.)Lemma 7.5.1. Sei r ein Element eines kommutativen Rings R. Dann sind äquivalent:(i) r ist nicht nilpotent.(ii) In einer Erweiterung S ∈ KR von R teilt r ein idempotentes Element≠ 0.Beweis. Zu (ii) ⇒ (i): Angenommen, r sei nilpotent, etwa r n = 0 mit n ∈ N.Wähle nun einen Ring S ⊇ R und ein s ∈ S mit 0 ≠ rs = (rs) 2 . Es ist r 2n = 0,also existiert ein minimales m ∈ N 0 mit der Eigenschaft (rs) 2m = 0; wegen rs ≠ 0ist m ≥ 1. Dann ist aber 0 = ((rs) 2 ) 2m−1 = (rs) 2m−1 , im Widerspruch zur Wahlvon m.Zu (i) ⇒ (ii): Setze S := R[X]/((rX) 2 −rX). Die kanonische Abbildung R → Sist eine Einbettung. (Ist t ∈ R mit t ∈ ((rX) 2 − rX), also t = grX(rX − 1) für eing ∈ R[X], so folgt t = 0.) Schreiben wir f anstelle f + ((rX) 2 − rX) für f ∈ R[X],so gilt in S nun rX = (rX) 2 , so daß nur rX ≠ 0 zu zeigen bleibt. Angenommen,das Gegenteil wäre der Fall, d.h. es existiere ein g ∈ R[X] mit rX = g(r 2 X 2 − rX),etwa g = ∑ ni=0 a iX i mit a i ∈ R, a n ≠ 0. Daraus erhält man( n)∑ (rrX = a i X i 2 X 2 − rX ) n+2∑n+1∑= r 2 a i−2 X i − ra i−1 X i ,i=0127i=2i=1


und durch Koeffizientenvergleich gewinnt manr = −ra 0 , r 2 a 0 = ra 1 , r 2 a 1 = ra 2 , . . . , r 2 a n−1 = ra n , r 2 a n = 0.Also folgt 0 = r 2 a n = r 3 a n−1 = · · · = r n+2 a 0 = −r n+2 . Dies kann nicht sein, da rnicht nilpotent ist.□Lemma 7.5.2. Sei R ein kommutativer Ring und n ∈ N. Dann existiert einkommutativer Ring S ⊇ R und ein s ∈ S mit s n = 0, s n−1 ≠ 0.Beweis. Setze S := R[X]/(X n ).Lemma 7.5.3. Sei R ∈ E(KR), r ∈ R. Dann ist r nicht nilpotent genau dann,wenn ein s ∈ R existiert mit rs = (rs) 2 ≠ 0.Beweis. Direkt aus Lemma 7.5.1.Wir sind damit in der Lage zu zeigen:Satz 7.5.4. (Cherlin, [63]) Die Klasse der kommutativen Ringe besitzt keinenModellbegleiter.Beweis. Angenommen, E(KR) = Mod(∆) für eine L-Satzmenge ∆. Fügt maneine neue Konstante c zu L hinzu, so ist die Satzmenge∆ ∪ { c n ≠ 0 : n ∈ N } ∪ { ¬∃x(0 ≠ cx = (cx) 2 ) }nach Lemma 7.5.3 unerfüllbar. Nach dem Kompaktheitssatz existiert ein N ∈ N,so daß bereits∆ ∪ { c n ≠ 0 : 1 ≤ n ≤ N } ∪ { ¬∃x(0 ≠ cx = (cx) 2 ) }unerfüllbar ist. Da c in ∆ nicht vorkommt, haben wir also(∧ N∆ |= ∀y y n ≠ 0 → ∃x ( 0 ≠ yx = (yx) 2)) .n=1Wegen Lemma 7.5.2 existiert aber aufgrund der Konfinalität von E(KR) in KR(vgl. Satz 7.2.2) ein R ∈ E(KR) und ein r ∈ R mit r N ≠ 0 = r N+1 . Wegen R |= ∆gibt es also ein s ∈ R mit 0 ≠ rs = (rs) 2 . Nach Lemma 7.5.1 ist damit r nichtnilpotent, im Widerspruch zu r N+1 = 0.□Wir zeigen nun noch, daß G f (KR) ∩ G(KR) = ∅, daß es also keinen zugleichendlich und unendlich generischen kommutativen Ring gibt.Definition 7.5.5. Sei R ein kommutativer Ring, r ∈ R.(i) r heißt regulär, falls r von r 2 geteilt wird.(ii) r heißt potentiell nilpotent, falls r kein idempotentes Element außer Nullteilt (vgl. Lemma 7.5.1).(iii) φ sei definiert alsφ := ∀x∃y 1 ∃y 2 ∃y 3 ∀z ( x = y 1 + y 2 ∧ y 2 1y 3 = y 1 ∧ ((y 2 z) 2 = y 2 z → y 2 z = 0) ) .(φ besagt: ”Jedes Element x ist die Summe eines regulären Elements y 1und eines potentiell nilpotenten Elements y 2 .“)Lemma 7.5.6. Sei R ein kommutativer Ring, r ∈ R, n ∈ N. Dann sind äquivalent:(i) r n+1 teilt r n .128□□


(ii) r = r 1 + s mit r 1 regulär, s n = 0.(iii) r = r 1 + s mit r 1 regulär, s n = 0, r 1 s = 0.Beweis. Zu (i) ⇒ (ii): Nimm b ∈ R mit r n+1 b = r n . Setze r 1 := r n b n−1 ,s := r − r 1 . Dann r = r 1 + s,r 2 1b = r 2n b 2n−1 = r n−1 (r n+1 b)b 2n−2 = r 2n−1 b 2n−2 = · · · = r n b n−1 = r 1 ,sowies n = ∑ ( ) n(−1) i r n−i r in b i(n−1) = ∑ ( ) n(−1) i r n = 0.i iiiZu (ii) ⇒ (iii): Ist r = r 1 + s mit r1b 2 = r 1 , b ∈ R, und s n = 0, so setzer 1 ′ := r 1 (1 + bs), s ′ := s(1 − r 1 b). Dann r 1 ′ + s ′ = r und s ′n = s n (1 − r 1 b) n = 0; manüberprüft leicht unter Ausnutzung von s n = 0, daß r 1 ′ regulär ist. Es istr ′ 1s ′ = r 1 (1 + bs)s(1 − r 1 b) = r 1 s(1 − r 1 b + bs − r 1 b 2 s) = 0.Zu (iii) ⇒ (i): Ist r = r 1 + s mit r1b 2 = r 1 , b ∈ R, und s n = 0, r 1 s = 0, sor n+1 b = ∑ ( ) n + 1ri1s i n+1−i b = r1 n+1 b + s n+1 b = r1 n−1 r1b 2 = r1 n .iAber r n = ∑ ( nj j)rj1 sn−j = r1 n + s n = r1 n . □Lemma 7.5.7. Für Elemente r, s eines kommutativen Rings R sind äquivalent:(i) r teilt s in einer Erweiterung von R.(ii) Für alle x ∈ R: rx = 0 ⇒ sx = 0.Beweis. (i) ⇒ (ii) ist klar. Umgekehrt gelte (ii) und sei S := R[X]/(rX − s).Offensichtlich reicht es nachzuweisen, daß die kanonische Abbildung R → S einMonomorphismus ist. Sei c ∈ R und c = (rX − s)p mit p ∈ R[X], p = ∑ ni=0 p iX i .Wir erhalten eine Reihe von Gleichungen−c = sp 0 , rp 0 = sp 1 , rp 1 = sp 2 , . . . , rp n = 0.Mit (ii) ist 0 = sp n = rp n−1 , und induktiv folgt rp n = rp n−1 = · · · = rp 0 = 0, alsomit (ii) 0 = sp 0 = −c.□Satz 7.5.8. (Cherlin, [63]) Es gilt G f (KR) |= φ, G(KR) |= ¬φ. Insbesondereist G f (KR) ∩ G(KR) = ∅.Beweis. Sei R ∈ G(KR). Wir konstruieren eine Erweiterung in G(KR), in derφ nicht gilt; wegen (G2 ∞ ) gilt dann φ auch in R nicht. Wir definierenS ′ := R[Y, {X n } n∈N ]als den Polynomring in abzählbar vielen Unbestimmten Y, X 1 , X 2 , . . . ; sei a das vonY n+1 X n (n ∈ N) erzeugte Ideal in S ′ und S := S ′ /a. Dann gilt kanonisch R ↩→ S,und mit r := Y + a, s n := X n + a ∈ S: r n+1 s n = 0 ≠ r n s n (für alle n ∈ N).Damit teilt r n+1 niemals r n in einer Erweiterung T von S, nach Lemma 7.5.7. IstT ∈ G(KR) mit T ⊇ S, so gilt T ∈ E(KR), und mit Lemma 7.5.1, 7.5.6 folgtT |= ¬φ.Wir zeigen schließlich, daß G f (KR) |= φ. Dazu schreibe man φ = ∀x(ϕ) mitϕ(x) := ∃y 1 ∃y 2 ∃y 3 ∀z ( x = y 1 + y 2 ∧ y 2 1y 3 = y 1 ∧ ((y 2 z) 2 = y 2 z → y 2 z = 0) ) .Sei R also ein endlich generischer kommutativer Ring, und angenommen, R ⊢¬ϕ[r/x] für ein r ∈ R. Wähle C als eine endliche Teilmenge des Diagramms von R129


mit C ⊢ ¬ϕ[r/x]. Wir beweisen, daß ein T ∈ KR, s ∈ T und ein n ∈ N existieren,so daß C ∪ {r n+1 s = r n } eine Bedingung bzgl. KR ist. KR ist universell axiomatisiert,also S(KR) = KR; daher existiert dann nach Satz 7.3.12 ein S ∈ G f (KR) mitr n+1 s = r n in S, und nach Lemma 7.5.6 hat r in S eine Darstellung als Summeeines regulären und eines nilpotenten Elements, im Widerspruch zu C ⊢ ¬ϕ[r/x].Um s, n wie behauptet zu finden, sei R 0 ⊆ R der von den Konstanten von C und rerzeugte Unterring von R; R 0 erfüllt C. Ferner ist R 0 endlich erzeugt und somit insbesonderenoethersch (als homomorphes Bild eines Polynomrings Z[X 1 , . . . , X m ]).Sei I n := ann(r n ) ⊆ R 0 ; da R 0 noethersch ist, wird I 1 ⊆ I 2 ⊆ · · · stationär, d.h. wirhaben I n = I n+1 für ein n ∈ N, und nach Lemma 7.5.7 wird r n in einer Erweiterungvon R 0 von r n+1 geteilt; speziell existieren n, s wie behauptet.□Wir haben damit — wie in §7.3 behauptet — ein Beispiel, das den Unterschiedzwischen endlichem und unendlichem Erzwingen zu klären hilft: Es gibt zwar einenRing R mit R ⊩ ¬φ, etwa nach Satz 7.5.8 einen beliebigen unendlich generischenRing; aber keine Bedingung C bzgl. KR erzwingt ¬φ, denn sonst gäbe es nachSatz 7.3.12 einen endlich generischen Ring S ∈ KR mit S |= C, also S ⊢ ¬φ unddamit S |= ¬φ, im Widerspruch zur Aussage des Satzes 7.5.8.7.6. Semiprime Ringe ∗Anhand des Beispiels der kommutativen Ringe haben wir also jetzt zwei Extrema,die bei der modelltheoretischen Untersuchung algebraischer Theorien auftretenkönnen, kennengelernt: Die ”gute“ Situation, in der ein Modellbegleiter, jasogar eine Modellvervollständigung existiert: Die Klasse der algebraisch abgeschlossenenKörper ist Modellvervollständigung der Klasse der Integritätsbereiche. Unddie ”schlechte“ Situation, in der kein Modellbegleiter existiert, wie es für die Klassealler kommutativen Ringe der Fall ist. Im Beweis der letzten Tatsache spieltedie Existenz von Null verschiedener nilpotenter Elemente eine wesentliche Rolle.Natürlich besitzt ein Integritätsbereich keine von Null verschiedene nilpotente Elemente,da er ja keine Nullteiler besitzt. Man kann sich deshalb fragen, wie sichdie Klasse SKR der nichttrivialen semiprimen kommutativen Ringe (mit 1) verhält(bzgl. L = {0, 1, +, −, ·}), wobei wir einen Ring semiprim oder auch reduziert nennen,wenn er außer der Null keine weiteren nilpotenten Elemente enthält. Da etwader semiprime Ring F 2 × F 2 außer 0 und 1 noch weitere idempotente Elementehat, ist sicherlich AAK nicht konfinal in SKR, also kein Modellbegleiter, schongar keine Modellvervollständigung von SKR. In gewisser Weise verhindern also dieidempotenten Elemente, die Substrukturvollständigkeit von AAK bei der Suchenach einem Modellbegleiter von SKR auszunutzen. Andererseits haben wir in einerÜbung im Anschluß an Kor. 5.4.4 die Substrukturvollständigkeit für die Klasse deratomfreien Booleschen Algebren nachgewiesen. Wir stellen fest:Lemma 7.6.1. Sei R ein kommutativer Ring. Dann bildet (B(R), 0, 1, ⊓, ⊔, ∗),wobei B(R) die Menge der idempotenten Elemente von R bezeichnet undx ⊓ y := xy, x ⊔ y := x + y − xy, x ∗ := 1 − x (x, y ∈ B(R))sei, eine Boolesche Algebra, die sog. Boolesche Algebra der idempotenten Elementein R.Beweis. Nachrechnen. (Übung)130□


Im Rest dieses Abschnitts werden wir herleiten, daß SKR in der Tat einenModellbegleiter besitzt; es wird dies eine gewisse Klasse kommutativer Ringe Rsein, deren Boolesche Algebra B(R) atomfrei ist. (Die Darstellung lehnt sich v.a. an[3], III, §5 an.)Definition 7.6.2. Ein kommutativer Ring R wird regulär genannt (im vonNeumann’schen Sinne), falls alle Elemente von R regulär sind, also für alle r ∈ Rgilt: r 2 teilt r, d.h. es gibt ein s ∈ R mit r 2 s = r. (Ein solches s nennt manquasiinvers zu r.)Wir untersuchen nun die Struktur von Neumann-regulärer Ringe. Sofort bemerktman: Von Neumann-reguläre Ringe besitzen keine nichttrivialen Nilpotenten,denn ist 0 ≠ r ∈ R nilpotent und n ≥ 2 minimal mit r n = 0, so existiert einQuasiinverses s zu r, also 0 = r n s = r n−2 (r 2 s) = r n−1 , was absurd ist. ReguläreRinge sind also semiprim.Beispiele regulärer Ringe sind die direkten Produkte ∏ i∈I K i von Körpern K i ;für diese ist( ) ∏ {B K i = x ∈ ∏ }K i : x(i) ∈ {0, 1} für alle i ∈ I .i∈IWeniger triviale Exemplare erhält man über sog. Stonesche Räume:Definition 7.6.3. Sei (X, O) ein topologischer Raum.(i) Eine Teilmenge von X heißt offen-abgeschlossen, falls sie sowohl offen alsauch abgeschlossen ist.(ii) (X, O) heißt nulldimensional, falls er eine Basis aus offen-abgeschlossenenMengen besitzt.(iii) (X, O) heißt ein Stonescher Raum, falls er ein nichtleerer kompakter nulldimensionalerHausdorff-Raum ist. (Ein topologischer Raum soll dabeiwie gewohnt kompakt heißen, falls jede Überdeckung des Raums durch offeneTeilmengen eine endliche Teilüberdeckung besitzt, und Hausdorffsch,falls sich je zwei verschiedene Punkte durch disjunkte offene Mengen trennenlassen.)Proposition 7.6.4. Dann und nur dann ist ein topologischer Raum (X, O)Stonesch, wenn er nichtleer, kompakt und total-unzusammenhängend in dem Sinneist, daß für je zwei verschiedene Punkte x 1 , x 2 von X eine Zerlegung von X inoffene Mengen U, V ∈ O existiert mit x 1 ∈ U, x 2 ∈ V .Beweis. Sei (X, O) ein Stoneraum. Da dieser Hausdorffsch ist, existieren zux 1 ≠ x 2 offene Mengen U 1, ′ U 2 ′ mit x 1 ∈ U 1, ′ x 2 ∈ U 2 ′ und U 1 ∩ U 2 = ∅. Da erüberdies nulldimensional ist, kann man U 1 ′ als offen-abgeschlossen wählen; U := U 1′und V := ∁U 1 ist dann die gewünschte Zerlegung von X. Ist umgekehrt (X, O)nichtleer, kompakt und total-unzusammenhängend, so sicher auch Hausdorffsch.Zudem bildet die Menge der offen-abgeschlossenen Teilmengen von X eine Basisder Topologie: Ist U mit ∅ ⊂ U ⊂ X offen und x ∈ U, so wähle zu jedem y ∈ ∁Uoffene Mengen U y , V y um x bzw. y mit U y ∩ V y = ∅, U y ∪ V y = X, und setzeV := ⋂ y∈∁U U y. Da ∁U als abgeschlossene Teilmenge eines kompakten Raums selbstkompakt ist, gibt es schon endlich viele y 1 , . . . , y n /∈ U mit V = U y1 ∩ · · · ∩ U yn . Vist somit offen-abgeschlossen, enthält x und ist in U enthalten.□131


Sei K ein Körper, X ein topologischer Raum. Wir nennen f : X → K lokalkonstant, wenn es um jeden Punkt x ∈ X eine offene Menge gibt, auf der f konstantist. C(X; K) bezeichne die Menge der lokal konstanten Funktionen X → K. Bzgl.der punktweisen Operationen ist C(X; K) offensichtlich ein kommutativer Ring.Proposition 7.6.5. Sei X ein Stonescher Raum, K ein Körper. Dann gilt:(i) C(X; K) ist ein regulärer Ring.(ii) Die idempotenten Elemente von C(X; K) sind genau die charakteristischenFunktionen χ U offen-abgeschlossener Mengen U ⊆ X.(iii) Die Punkte x ∈ X entsprechen eineindeutig den Primidealen p des RingesC(X; K) vermöge den Zuordnungenx ↦→ p x := {f ∈ C(X; K) : f(x) = 0},p ↦→ x p ∈ ⋂ f∈pf −1 (0).(iv) Ist x ∈ X und p x das zugehörige Primideal, so kommutiert das DiagrammC(X; K) C(X; K)⏐⏐π↓↓ εxC(X; K)/p x∼ =−−−−→wobei π die kanonische Projektion und ε x : f ↦→ f(x) die Auswertungsabbildungist. Insbesondere ist jedes Primideal von C(X; K) maximal.Beweis. Zu (i): Ist f ∈ C(X; K), so definiere 1/f : X → K durch{1/f(x), falls f(x) ≠ 0,1/f(x) :=0, falls f(x) = 0.Dann ist 1/f ∈ C(X; K) und f 2 (1/f) = f.Zu (ii): Sei f ∈ C(X; K). Sei λ ∈ K; da f lokal konstant ist, existiert um jedenPunkt x ∈ f −1 (λ) eine offene Menge U x ⊆ f −1 (λ), also ist f −1 (λ) = ⋃ x∈f −1 (λ) U xoffen. Damit ist f stetig bzgl. der Topologie auf X und der diskreten Topologie aufK. Ist f also idempotent, so nimmt f wegen f(f − 1) = 0 nur Werte aus {0, 1} an,und also sind f −1 (1) und ∁f −1 (1) = f −1 (0) offen in X, mithin, f = χ f −1 (1).Zu (iii): Für jedes x ∈ X ist p x offenbar ein Primideal. Sei umgekehrt p ein Primidealvon C(X; K). Wir zeigen, daß für je endlich viele f 1 , . . . , f n ∈ p, o.B.d.A. f iidempotent, immer ⋂ n(0) ≠ ∅ ist; mit der Kompaktheit von X folgt danni=1 f −1i⋂f∈p f −1 (0) ≠ ∅. Wäre aber ⋂ ninduktiv ist max(f 1 ) = f 1 ∈ p undi=1 f −1iK(0) = ∅, so wäre 1 = max(f 1 , . . . , f n ). Abermax(f 1 , . . . , f i+1 ) = max(f 1 , . . . , f i ) + f i+1 − max(f 1 , . . . , f i )f i+1 ∈ pfür i = 1, . . . , n − 1, so daß 1 ∈ p folgen würde, was wegen p ≠ C(X; K) aber nichtmöglich ist. Es ist also ⋂ f∈p f −1 (0) ≠ ∅. Gäbe es ferner zwei Punkte x ≠ y in⋂f∈p f −1 (0), so wähle ein idempotentes f ∈ p und disjunkte offen-abgeschlosseneUmgebungen U x , U y von x bzw. y, auf denen f konstant 0 ist. Für g x := f + χ Ux ,g y := f − χ Uy ist dann aberg x g y = f 2 + fχ Ux − fχ Uy + χ Ux χ Uy = f ∈ p,132


aber g x , g y /∈ p wegen g x (x) = 1, g y (y) = 1, im Widerspruch zu p prim. Alsoexistiert in der Tat genau ein x p ∈ ⋂ f∈p f −1 (0). Es verbleibt nachzuweisen, daß dieangegebenen Abbildungen invers zueinander sind. Wir zeigen p xp = p. Die Inklusion” ⊇“ ist trivial. Sei umgekehrt f ∈ C(X; K) mit f(x p) = 0. Um jeden Punkt x ∈ Xgibt es eine o.B.d.A. offen-abgeschlossene Menge U x , so daß f|U x konstant ist, wegender Kompaktheit von X eine endliche Teilüberdeckung {U x } x∈I , die wir dann sogarals paarweise disjunkt annehmen können. Wir können also f als endliche Summeidempotenter Elemente darstellen, und man sieht, daß f ∈ p sein muß. x px = xschließlich ist klar.Zu (iv): Trivial, weil ε x surjektiv mit Kern p x ist.□Wir werden nun zeigen, daß jeder reguläre Ring dem eben vorgestellten Beispielähnelt.— Für einen kommutativen Ring R bezeichne Spec(R) das Spektrum von R,i.e. die Menge seiner Primideale, versehen mit der durch die BasismengenD(r) := {p ∈ Spec(R) : r /∈ p} (r ∈ R)erzeugten Topologie, der Zariski-Topologie auf Spec(R). Für grundlegende Eigenschaftenderselben vgl. [33]; insbesondere benötigen wir die wohlbekannten Aussagen:Lemma 7.6.6. Sei R ein kommutativer Ring. Dann gilt:(i) Spec(R) ist kompakt.(ii) √ (0) = ⋂ p∈Spec(R) p.(iii) N(R) := √ (0) ist die Menge aller nilpotenten Elemente von R. (Mannennt N(R) auch das Nilradikal von R.)Beweis. (iii) klar; (i) findet sich als III, Prop. 1.3 und (ii) als I, Cor. 4.5 in[33]. □Übung. Sei R ≠ {0} ein kommutativer Ring.(i) Ist 1 = e 1 + e 2 mit Nichteinheiten e 1 , e 2 ∈ R und e 1 · e 2 ∈ N(R), so istB(R) ≠ {0, 1}.(ii) Spec(R) ist zusammenhängend genau dann, wenn B(R) = {0, 1}.(iii) Ist R ein lokaler Ring, so ist Spec(R) zusammenhängend.Sei R ≠ {0} ein kommutativer Ring. Wir nennen die kanonische AbbildungR →∏R/p, r ↦→ (r mod p) p∈Spec(R)p∈Spec(R)die kanonische Repräsentation von R. Ihr Kern ist N(R) nach Lemma 7.6.6 (ii),sie ist also injektiv genau dann, wenn R semiprim ist. Wir schreiben im folgendenkurz r(p) für r mod p.Satz 7.6.7. (Struktursatz für von Neumann-reguläre Ringe) Sei R ≠ {0} einregulärer kommutativer Ring. Dann gilt:(i) Unter der kanonischen Repräsentation ist R isomorph zu einem Ringvon Funktionen auf Spec(R) mit Werten in Körpern R/p. Dabei wird jedesidempotente Element e mit der charakteristischen Funktion von D(e)identifiziert.(ii) Spec(R) ist ein Stonescher Raum, und eine Basis seiner Topologie istdurch die Mengen D(e), e ∈ B(R) gegeben.133


(iii) B(R) ist isomorph zur Booleschen Mengenalgebra aller offen-abgeschlossenenTeilmengen von Spec(R).Beweis. Zu (i): Da R semiprim ist, führt die kanonische Repräsentation R ineinen Ring von Funktionen auf Spec(R) mit Werten in Integritätsbereichen R/püber. Man überprüft sofort, daß mit R auch R/p, wobei p ∈ Spec(R), regulär ist,und jeder reguläre Integritätsbereich ein Körper ist. Für jedes idempotente Elemente ∈ R ist e(p) idempotent in R/p. Also ist e(p) ∈ {0, 1}, und e(p) = 0 gdw. p /∈ D(e).Also ist e die charakteristische Funktion von D(e).Zu (ii), (iii): Wir bemerken zunächst, daß wir zu jedem Element r ∈ R einidempotentes e finden können, so daß r teilt e und e teilt r: Man wähle einfachs ∈ R mit r 2 s = r und setze e := rs. Damit gibt es zu jedem r ∈ R ein assoziiertesidempotentes Element e mit D(r) = D(e); insbesondere wird die Zariski-Topologieauf Spec(R) von einer Basis von Mengen D(e), e ∈ B(R) erzeugt. Es bezeichneB ′ (R) diese Basis. Weil für e, f ∈ B(R) giltD(e) ∩ D(f) = D(ef) = D(e ⊓ f), D(e) ∪ D(f) = D(e + f − ef) = D(e ⊔ f)(da für p ∈ Spec(R) aus (e + f − ef) ∈ p, e, f /∈ p einerseits ef(e + f − ef) ∈ p,andererseits ef(e + f − ef) = e 2 f + ef 2 − e 2 f 2 = ef /∈ p) undSpec(R) \ D(e) = D(1 − e) = D(e ∗ ),ist (B ′ (R), ∩, ∪, ∁) eine Boolesche Algebra. Vermöge e ↦→ D(e) haben wir einenEpimorphismus Boolescher Algebren von B(R) auf B ′ (R). Dieser ist auch injektiv:Beachtet man, daß die zu der Booleschen Algebra B(R) gehörige kanonische Halbordnunggerade durch e ≤ f ⇔ f teilt e gegeben ist, so sieht man, daß e ≠ fd.u.n.d., wenn e nicht f teilt oder f nicht e teilt. Sei nun e ≠ f aus B(R), o.E. teile enicht f. Für die multiplikativ abgeschlossene Teilmenge S := {f n : n ∈ N 0 } = {1, f}und das Ideal I := (e) ist dann I ∩ S = ∅, nach dem Lemma von Krull ([33], I,Lemma 4.4) existiert also ein Primideal p ⊇ I von R mit p ∩ S = ∅, für das damitp /∈ D(e), p ∈ D(f), mithin D(e) ≠ D(f) gilt. Also ist B(R) ∼ = B ′ (R).Es ist stets Spec(R) ≠ ∅, weil R ≠ {0}, und da B ′ (R) unter Komplementbildungabgeschlossen ist, besteht B ′ (R) aus offen-abgeschlossenen Mengen, Spec(R)ist also nulldimensional, darüber hinaus kompakt nach Lemma 7.6.6 (i). Jede offenabgeschlosseneTeilmenge von Spec(R) ist damit sogar eine endliche Vereinigungvon offen-abgeschlossenen Basismengen aus B ′ (R), und damit mit einer Menge ausB ′ (R) identisch. B ′ (R) ist also die Menge aller offen-abgeschlossenen Teilmengenvon Spec(R). Es bleibt der Nachweis der Hausdorffeigenschaft für Spec(R) übrig.Seien p ≠ q aus Spec(R), o.B.d.A. p ⊈ q, und wähle r ∈ p\q. Dann ist q ∈ D(r) undp ∈ ∁D(r). Aber D(r) ist offen-abgeschlossen, also folgt, daß Spec(R) Hausdorffschist.□Ist R ein regulärer Ring, so sprechen wir nun von den Elementen p von Spec(R)als Punkten und von den Elementen f von R als Funktionen. Wir identifizieren jedesidempotente e von R mit der charakteristischen Funktion von D(e), gelegentlichsogar mit der Menge D(e) selbst.Ist ferner ϕ(x 1 , . . . , x n ) eine Formel in der Sprache L der Ringe, p ein Punktin Spec(R) und f 1 , . . . , f n Funktionen in R, so sagen wir, ϕ(f 1 , . . . , f n ) sei wahram Punkt p, falls R/p |= ϕ(f 1 (p), . . . , f n (p)). Wir sagen, ϕ(f 1 , . . . , f n ) sei wahr aufdem idempotenten Element e ∈ B(R), falls ϕ(f 1 , . . . , f n ) an jedem Punkt von ewahr ist; ϕ(f 1 , . . . , f n ) ist falsch auf e, falls ϕ(f 1 , . . . , f n ) an jedem Punkt von e134


falsch ist. (Es ist also denkbar, daß eine Formel an einem gegebenem Idempotentenweder wahr noch falsch ist.) Die grundlegende modelltheoretische Tatsache übervon Neumann-reguläre Ringe ist die folgende ([91], S. 383):Lemma 7.6.8. Sei R ≠ {0} ein regulärer Ring, ϕ(x 1 , . . . , x n ) eine quantorenfreieL-Formel, f = (f 1 , . . . , f n ) ∈ R n . Es existiert dann ein idempotentes Elemente ∈ B(R), so daß ϕ(f) auf e wahr und auf e ∗ = 1 − e falsch ist. (R enthält also diecharakteristische Funktion der Menge aller Punkte, auf denen ϕ(f) wahr ist.)Beweis. Wir wollen sehen, daß die Menge aller Punkte, auf denen ϕ(f) wahrist, eine offen-abgeschlossene Teilmenge von Spec(R) bildet. Da das System deroffen-abgeschlossenen Teilmengen gegen Boolesche Operationen abgeschlossen ist,reicht es, dieses für atomare L-Formeln ϕ einzusehen. Sei also ϕ(x) = (p(x) = 0)mit einem Polynom p über R. Wir haben bereits im Beweis von Satz 7.6.7 gesehen,daß ein e ∈ B(R) mit D(p(f)) = D(e) existiert. Dann ist ϕ(f) wahr auf 1 − e undfalsch auf e.□Jetzt sind wir in der Lage, den Modellbegleiter von SKR zu studieren. Es seiSKR ∗ die Klasse aller L-Strukturen, die folgenden Axiomen genügen:(R1) Den Axiomen für nichttriviale von Neumann-reguläre Ringe (mit 1);(R2) der Aussage: Alle normierten Polynome positiven Grades haben eine”Nullstelle“, d.h.()n−1∑∀y 0 · · · ∀y n−1 ∃x x n + y i x i = 0 für alle n ∈ N;i=0(R3) der Aussage: ”Die Boolesche Algebra der idempotenten Elemente istatomfrei“, d.h.∀x∃y(0 ≠ x = x 2 → 0 ≠ y = y 2 ∧ y ≠ x ∧ xy = y).Im Lichte unserer bisherigen Ergebnisse läßt sich der Gehalt von (R1)–(R3) wiefolgt fassen: Ist R Modell von (R1)–(R3), so gilt:(R1 ′ ) R kann als ein Ring von Funktionen auf einem Stoneschen Raum Spec(R)mit Werten in den Körpern R/p, p ∈ Spec(R) dargestellt werden,(R2 ′ ) jeder der Körper R/p ist algebraisch abgeschlossen,(R3 ′ ) Spec(R) besitzt keine isolierten Punkte.Wir zeigen zunächst:Lemma 7.6.9. Die Klasse SKR ∗ ist konfinal in SKR.Beweis. Sei R nichttrivialer semiprimer kommutativer Ring. Es ist Spec(R) ≠∅. Es sei X ein Stonescher Raum ohne isolierte Punkte (ein Cantorscher Raum); einsolcher existiert (vgl. §9.5). Die kanonische Repräsentation bettet R in ein Produktvon Integritätsbereichen R/p ein, welche jeweils in einen algebraisch abgeschlossenenKörper K p eingebettet werden können; sei C p := C(X; K p ) der Ring derlokal konstanten Funktionen von X nach K p . Identifiziere K p mit dem Unterringder konstanten Funktionen aus C p und setze S := ∏ p∈Spec(R) C p. Wir haben alsoEinbettungenR → ∏ R/p → ∏ K p → ∏ C p = S.Wir behaupten: S ist aus SKR ∗ . Da SKR ∗ unter Produktbildung abgeschlossenist, reicht es, dies für C p mit p ∈ Spec(R) nachzuweisen. (R1) ist dabei schon inProp. 7.6.5, (i) gezeigt worden. (R2) folgt sofort aus der Hilfsbehauptung135


(∗) Für jedes f ∈ C p existiert eine endliche Zerlegung U 1 , . . . , U k von X inoffen-abgeschlossene Teilmengen, so daß f auf jedem U i konstant ist.(∗) ergibt sich, wie in Prop. 7.6.5 schon gezeigt wurde, unmittelbar aus der Kompaktheitund Nulldimensionalität von X. (R3) schließlich folgt daraus, daß X keineisolierten Punkte besitzt und Hausdorffsch ist.□Wir können nun den Hauptsatz dieses Abschnitts beweisen:Satz 7.6.10. (Carson-Lipshitz-Saracino, [59], [91]) SKR ∗ ist der Modellbegleitervon SKR.Beweis. Wir zeigen E(SKR) = SKR ∗ . Die Inklusion E(SKR) ⊆ SKR ∗ ist klar:Ist R ∈ SKR existentiell abgeschlossen, so wende Lemma 7.6.9 an, um ihn in einenRing S ∈ SKR ∗ einzubetten. Die Definition der existentiellen Abgeschlossenheitund ein Blick auf die Form der Axiome (R1)–(R3) zeigt, daß R ∈ SKR ∗ sein muß.Umgekehrt sei R jetzt ein Modell von (R1)–(R3) und S ⊇ R semiprim, fernerϕ ∈ ∃ 1 , etwa ϕ(y) = ∃x(ψ(x, y)) mit quantorenfreiem Kern ψ(x, y), und f in Rmit S |= ϕ(f). Wir wollen zeigen, daß ϕ schon in R an der Stelle f gilt. Mit denüblichen Manipulationen kann man annehmen, daß ψ die Form⎛⎞n∧m∧ψ = ⎝ r i (x, y) = 0 ∧ s j (x, y) ≠ 0⎠i=1j=n+1mit Polynomen r i , s j besitzt (m ≥ n ≥ 1). Durch Anwendung von Lemma 7.6.9kann man darüber hinaus S ∈ SKR ∗ , insbesondere S regulär, voraussetzen.Erinnern wir uns an die Deutung von R als Funktionenring auf Spec(R), sosehen wir, daß für c die Gültigkeit von ψ an der Stelle (c, f) in R gleichbedeutendist mit(i) Für alle i = 1, . . . , n verschwindet die Funktion r i (c, f) auf Spec(R), und(ii) für alle j = n+1, . . . , m verschwindet die Funktion s j (c, f) an mindestenseinem Punkt von Spec(R) nicht.Wir betrachten deshalb die quantorenfreien L(R)-Formeln( n)∧ϱ 0 (x) := r i = 0 [f/y], ϱ j (x) := (ϱ 0 ∧ s j ≠ 0) [f/y] (j = n + 1, . . . , m).i=1Wir behaupten, daß die Erfüllbarkeit von ψ[f/y] in R äquivalent ist zu(α) ∃x(ϱ 0 (x)) ist an jedem Punkt von Spec(R) wahr, und(β) ∃x(ϱ j (x)) ist an einem Punkt von Spec(R) wahr, für j = n + 1, . . . , m.Es ist zunächst trivial, daß die Erfüllbarkeit von ψ[f/y] in R die Bedingungen(α), (β) zur Folge hat. Umgekehrt sei angenommen, (α), (β) wären erfüllt. Fürjedes j wähle einen Punkt p j , so daß ∃x(ϱ j (x)) an p j wahr ist, und c j in R, sodaß ϱ j [c j /x, f/y] an p j wahr ist. Sei nach Lemma 7.6.8 e ′ j die offen-abgeschlosseneMenge (das idempotente Element), auf der ϱ j [c j /x, f/y] wahr ist. Wegen p j ∈ e ′ jist e ′ j ≠ ∅, und da B(R) atomfrei ist, können wir offen-abgeschlossene e j ⊆ e ′ j sowählen, daß die e j nichtleer und disjunkt sind. Sei e 0 := ∁ ⋃ mj=n+1 e j. An jedemPunkt p von e 0 wähle nun Elemente c p von R gemäß (α), so daß ϱ 0 an der Stelle(c p (p), f(p)) in R/p gilt, und sei e p der Schnitt von e 0 mit der offen-abgeschlossenenMenge, auf der ϱ 0 [c p /x, f/y] gilt. Die Überdeckung {e p } p∈e0 von e 0 enthält danneine endliche Teilüberdeckung {e pi } i=1,...,k , und durch Verfeinerung können wir136


sogar e ′ p 1, . . . , e ′ p kfinden mit e ′ p i⊆ e pi , die eine Zerlegung von e 0 bilden. Definieredie Funktionen c auf Spec(R) durch{c pi (p), falls p ∈ e ′ pc(p) :=i,c j (p), falls p ∈ e j .Dann sind die c aus R, da ja c = ∑ ki=1 e′ p ic pi + ∑ mj=n+1 e jc j . Ferner gilt nachKonstruktion ψ an der Stelle (c, f), was beweist, daß ψ[f/y] in R erfüllbar ist.Wir haben damit bewiesen, daß die Erfüllbarkeit von ψ in R (bzw. S) gleichwertigist zur Gültigkeit von (α), (β) in R (bzw. S). Damit reduziert sich die Beweislastauf(∗) Gilt (α), (β) in S, so gilt (α), (β) in R.Sei p ∈ Spec(R). Wir behaupten: pS ist ein echtes Ideal in S. Denn ist dies nicht derFall, so existieren f 1 , . . . , f n ∈ p und s 1 , . . . , s n ∈ S mit 1 = s 1 f 1 + · · · + s n f n , also,falls p 1 := (f 1 , . . . , f n ) ⊆ R: p 1 S = S. Nun ist aber p 1 ein Hauptideal, da p 1 = (f),f := f 1 f1 −1 ⊔ · · · ⊔ f n fn−1 , wobei f −1i dasjenige eindeutig bestimme Quasiinversezu f i bezeichne, für welches f i (q) = 0 ⇔ f −1i (q) = 0 für alle q ∈ Spec(R) gilt.Also fS = S, damit f eine Einheit und p 1 = R, mithin p = R, im Widerspruchzu p Primideal. pS ist somit ein echtes Ideal von S mit pS ∩ R = p. Mit demZornschen Lemma sei p ′ ein echtes Ideal von S, welches maximal im Hinblick aufdiese Eigenschaft ist. p ′ ist ein maximales Ideal von S, da p maximal in R ist, undes ist p ′ ∩ R = p. Damit existiert für jedes p ∈ Spec(R) eine Einbettung(7.6.23) R/p −→ S/p ′ .Wegen (R2 ′ ) ist R/p algebraisch abgeschlossen. Da S (α) erfüllt, zeigt (7.6.23),daß R auch (α) erfüllt. Um (β) nachzuweisen, sei p ′ ∈ Spec(S) ein Punkt, andem ∃x(ϱ j )[f/y] gilt; setze p := p ′ ∩ R ∈ Spec(R), und folgere aus (7.6.23), daß∃x(ϱ j (x, f)) auch an der Stelle p gilt.□Wir haben damit wieder ein Beispiel für eine Strukturklasse mit Modellbegleiter,aber ohne Modellvervollständigung:Korollar 7.6.11. Die Klasse SKR der semiprimen kommutativen Ringe besitztkeine Modellvervollständigung.Beweis. Sei S der Ring aller reellwertigen stetigen Funktionen auf ]0; 1[, diesich zu stetigen Funktionen auf [0; 1] fortsetzen lassen. Sei R 1 der Ring aller reellwertigenFunktionen auf ]0; 1[ und R 2 der Ring aller reellwertigen Funktionen auf[0; 1]. Dann ist S ⊆ R 1 und S ↩→ R 2 . (Die stetige Fortsetzung auf [0; 1] ist eindeutig.)Betrachte die Funktion id ∈ S. Sie ist invertierbar in R 1 , aber ein Nullteiler inR 2 . R 1 und R 2 können also nicht über S amalgamiert werden. Nach dem Satz vonCarson-Lipshitz-Saracino und Satz 7.4.5 besitzt SKR keine Modellvervollständigung.□Betrachten wir jedoch nur die Teilklasse RKR ⊆ SKR der von Neumann-regulärenRinge, so gilt:Satz 7.6.12. (Cohn, [64]) RKR besitzt die A.E.([64] behandelt den weit schwierigeren nichtkommutativen Fall; für den Begriffder Regularität eines beliebigen Ringes vgl. Def. 7.9.1.)137


Korollar 7.6.13. SKR ∗ ist die Modellvervollständigung von RKR.Beweis (Satz 7.6.12). Seien R, R 1 , R 2 reguläre Ringe mit R ⊆ R 1 ∩R 2 . Seien{K i } i∈I , { K (k)i k(k = 1, 2) die Faktoren der kanonischen Repräsentationen}i k ∈I kvon R, R 1 , R 2 , also R ↩→ ∏ i∈I K i, R k ↩→ ∏ i k ∈I kK (k)i k(k = 1, 2). Im Beweis vonSatz 7.6.10 haben wir gesehen, daß zu jedem Primideal p von R ein Primideal q kvon R k existiert mit R ∩ q k = p, also R/p ↩→ R k /q k ; k = 1, 2. Also erhält mansurjektive Abbildungen ϕ k : I k → I mit Einbettungen f (k)i k: K ϕk (i k ) ↩→ K (k)i kfüralle i k ∈ I k . Wir haben Einbettungen ∏ i∈I K i ↩→ ∏ i k ∈I kK (k) vermöge (a i ) i∈I ↦→(f (k)i k(aϕk (i k )) ) i k ∈I kfür k = 1, 2. Daher können wir o.B.d.A. davon ausgehen, daßfolgende Situation vorliegt: Es ist I = I 1 = I 2 und K i ⊆ K (k)i für alle i ∈ I, k = 1, 2.Amalgamiere nun K (1)i und K (2)i über K i zu einem Körper L i mit Einbettungeng (k)i : K (k)i ↩→ L i (i ∈ I, k = 1, 2). Wir setzen T := ∏ ( )i∈I L i, g k := g (k)i (k =1, 2). Dann sind g 1 bzw. g 2 Einbettungen ∏ i∈I K(1) i ↩→ T bzw. ∏ i∈I K(2) i ↩→ T ,also g 1 |R 1 , g 2 |R 2 Einbettungen R 1 ↩→ T , R 2 ↩→ T , und da g (1)i |K i = id = g (2)i |K ifür alle i ∈ I, ist g 1 |R = id = g 2 |R.□Einen weiteren Beweis für Satz 7.6.12 findet man in Bem. 7.9.6.— Im Beweis desSatzes von Carson-Lipshitz-Saracino spielte die Darstellbarkeit regulärer Ringe alsRinge von Funktionen auf ihrem Spektrum mit Werten in Körpern und die Existenzeines Modellbegleiters für die Klasse (hier Kö) dieser ”Wertebereiche“ die zentraleRolle; Macintyre [102] und Weispfenning [175] haben diese Idee für Garben vonStrukturen bzw. subdirekte Produkte verallgemeinert.7.7. Existentiell abgeschlossene GruppenSei G die Klasse der Gruppen bzgl. der Sprache L = {1, ·, −1 }. G ist ∀ 2 -axiomatisierbarund also elementar und induktiv. In diesem Abschnitt werden wir beweisen, daßdie Klasse E(G) der existentiell abgeschlossenen Gruppen nicht elementar ist. DerBeweis beruht sehr stark auf der Tatsache, daß in G die A.E. gilt; genauer werden wirdazu das ”freie Produkt von Gruppen mit amalgamierter Untergruppe“ einführen.(Man kann diese Konstruktion auf andere Klassen von Strukturen verallgemeinern;siehe hierzu etwa [18], I, §4, oder auch [64]. Mehr über die Bedeutung derselben inder Gruppentheorie erfährt man in [37], §11.)Definition 7.7.1. Sei {G i } i∈I eine Familie von Gruppen mit gemeinsamer UntergruppeH. Eine freie Komposition von {G i } i∈I mit amalgamierter UntergruppeH ist eine Gruppe P zusammen mit einer Familie {j i } i∈I von Homomorphismenj i : G i → P mit j i |H = j i ′|H für alle i, i ′ ∈ I, so daß es für jede Gruppe G undjede Familie {f i } i∈I von Homomorphismen f i : G i → G mit f i |H = f i ′|H für jedesi, i ′ ∈ I genau einen Homomorphismus ϕ: P → G mit ϕ ◦ j i = f i für alle i ∈ I gibt:i ki∈I□G ij i⏐ ⏐↓G i⏐ ⏐↓f i∃ϕP −−−−→ G(P, {j i : G i → P } i∈I ) heißt freies Produkt von {G i } i∈I mit amalgamierter UntergruppeH, falls alle j i sogar Einbettungen sind. (P, {j i : G i → P } i∈I ) heißt freies138


Produkt von {G i } i∈I , falls es ein freies Produkt von {G i } i∈I mit amalgamierterUntergruppe 〈1〉 ist, wobei 〈1〉 die triviale Gruppe bezeichne.Die freie Komposition der Familie {G i } mit amalgamierter Untergruppe H istalso nichts anderes als ein Spezialfall der Fasersumme von {G i } über H in der Kategorieder Gruppen, die freie Komposition der G i mit amalgamierter Untergruppe〈1〉 nichts anderes als das Koprodukt, ist also einfach dual zum Produkt der G i definiert.Freie Kompositionen mit amalgamierter Untergruppe 〈1〉 sind nichts weiterals freie Produkte:Lemma 7.7.2. Ist P zusammen mit {j i } i∈I eine freie Komposition von {G i } i∈Imit amalgamierter Untergruppe 〈1〉, so sind die Homomorphismen j i Einbettungen.Jedes Koprodukt in der Kategorie der Gruppen ist also ein freies Produkt, u.u.Beweis. Sei i 0 ∈ I. Betrachte die Familie {f i } i∈I mit f i : G i → G i0 , x ↦→ 1 füri ∈ I \ {i 0 } und f i0 := id Gi0 . Dann gibt es ϕ: P → G mit ϕ ◦ j i = f i für alle i ∈ I,insbesondere ϕ ◦ j i0 = id Gi0 , also ist j i0 injektiv. □Da sich freie Kompositionen (und Produkte) mit amalgamierter Untergruppeaus freien Produkten konstruieren lassen, wie wir später sehen werden, werdenwir uns also nun hauptsächlich mit freien Produkten befassen. Die Einbettungenj i : G i ↩→ P werden in der Notation des freien Produkts in Zukunft meist unterdrückt;wir nehmen oft gleich G i ⊆ P an.Als Lösung eines universellen Problems ist die freie Komposition (das freie Produkt)einer Familie von Gruppen mit amalgamierter Untergruppe bis auf kanonischeIsomorphie eindeutig bestimmt:Satz 7.7.3. Sind P und Q freie Kompositionen (freie Produkte) von {G i } i∈Imit amalgamierter Untergruppe H, so ist P ∼ = Q.Beweis. Sind j i : G i → P , k i : G i → Q die zu P bzw. Q gehörigen Homomorphismen,so wähle Homomorphismen ϕ: P → Q und ψ : Q → P mit ϕ ◦ j i = k iund ψ ◦ k i = j i für alle i ∈ I:G ij i⏐ ⏐↓PAuch die DiagrammeG i⏐ ⏐↓k iϕ−−−−→ QG ik i⏐ ⏐↓QG i⏐ ⏐↓j iψ−−−−→ PG ij i⏐ ⏐↓G i⏐ ⏐↓j iG ij i⏐ ⏐↓G i⏐ ⏐↓j iψ◦ϕidP −−−−→ PP −−−−→PPkommutieren. Also ist ψ ◦ ϕ = id P und analog ϕ ◦ ψ = id Q .Bemerkung. Wegen des letzten Satzes dürfen wir von dem freien Produkt derFamilie {G i } i∈I sprechen. Wir notieren es (in Analogie zum Produkt) als ∐ i∈I G i;das freie Produkt endlich vieler Gruppen G 1 , . . . , G n schreibt man als G 1 ∐· · ·∐G n .Ebenso ist es natürlich erlaubt, das freie Produkt mit amalgamierter UntergruppeH zu schreiben; wir notieren dies im Fall zweier Gruppen G 1 , G 2 mit amalgamierterUntergruppe H als G 1 ∐ H G 2 .139□


Beispiel. Sei {G i } i∈I eine Familie (additiv geschriebener) abelscher Gruppen.Bekanntlich ist deren direkte Summe G := ⊕ i∈I G i die Untergruppe des direktenProdukts ∏ i∈I G i, die aus allen Familien {g i } i∈I mit nur endlich vielen g i ≠ 0besteht; man hat kanonische Einbettungen j i : G i ↩→ G vermöge (j i (g))(k) := δ ik gfür k ∈ I. Offenbar ist G = ∐ i∈I G i.Allgemein gilt:Satz 7.7.4. Die Kategorie der Gruppen besitzt Koprodukte, d.h.: Zu jeder Familie{G i } i∈I von Gruppen existiert das freie Produkt.Beweis. O.B.d.A. seien die G ∗ i := G i \ {1} paarweise disjunkt. BetrachteWörter über dem Alphabet A := ⋃ i∈I G∗ i . Ein solches Wort heiße reduziert, falls inihm nicht zwei Elemente aus demselben G ∗ i benachbart vorkommen; es bezeichneP die Menge aller reduzierten Wörter über A. Wir definieren eine Multiplikationauf P wie folgt: Seien v = a 1 . . . a m , w = b 1 . . . b n ∈ P . Liegen a m und b 1 im selbenG ∗ i und ist a m · b 1 ≠ 1, so seiv · w := a 1 . . . a m−1 (a m b 1 )b 2 . . . b n .Liegen a m und b 1 im selben G ∗ i und ist a m · b 1 = 1, so sei rekursivv · w := (a 1 . . . a m−1 ) · (b 2 . . . b n ).Liegen a m und b 1 schließlich in verschiedenen G ∗ i , so seiv · w := a 1 . . . a m b 1 . . . b n .Daß P mit dieser Multiplikation eine Gruppe bildet, zeigen wir bequemerweise miteinem sogenannten van-der-Waerden-Trick: Wir zeigen nämlich, daß P isomorph zueiner gewissen Untergruppe der Gruppe S P der Permutationen auf P ist. Definierehierzu für jedes a ∈ A die Funktion |a|: P → P durch⎧⎪⎨ (aa 1 )a 2 . . . a m , falls a und a 1 aus demselben G ∗ i und aa 1 ≠ 1,|a|(a 1 . . . a m ) := a 2 . . . a m , falls a und a 1 aus demselben G⎪⎩∗ i und aa 1 = 1,aa 1 a 2 . . . a m , falls a und a 1 aus verschiedenen G ∗ i .Da für a ∈ A stets |a| ◦ |a −1 | = id P = |a −1 | ◦ |a|, ist |a| ∈ S P und |a| −1 = |a −1 |.Definiere nun F als die von {|a| : a ∈ A} in S P erzeugte Untergruppe. JedesElement σ ∈ F läßt sich schreiben als σ = |a 1 |◦· · ·◦|a m |, wobei a 1 . . . a m ∈ P , da füra ∈ A ja |a| −1 = |a −1 | und für a, b ∈ G ∗ i immer |a| ◦ |b| = |ab|. Diese Darstellung istauch eindeutig, denn sind a 1 . . . a m , b 1 . . . b n ∈ P mit |a 1 |◦· · ·◦|a m | = σ = |b 1 |◦· · ·◦|b n |, so ist a 1 . . . a m = σ(ε) = b 1 . . . b n , wobei ε das leere Wort in P bezeichne. Manzeigt nun leicht, daß die wohldefinierte Zuordnung a 1 . . . a m ↦→ |a 1 | ◦ · · · ◦ |a m | vonP nach F einen Isomorphismus bildet. Also ist P auch eine Gruppe (mit neutralemElement ε).Schließlich zeigen wir, daß P zusammen mit den kanonischen Einbettungenj i : x ↦→ x für x ∈ G ∗ i , 1 ↦→ ε ein freies Produkt von {G i} i∈I ist. Sei hierzu eineGruppe G gegeben und eine Familie {f i } i∈I von Homomorphismen f i : G i → G. Zuzeigen ist, daß nun genau ein Homomorphismus ϕ: P → G existiert mit ϕ ◦ j i =f i . Zum Existenznachweis definiere ϕ durch a 1 . . . a m ↦→ f i1 (a 1 ) · · · f im (a m ), fallsa t ∈ G ∗ i t(1 ≤ t ≤ m). Die Eindeutigkeit erhält man so: Seien ϕ, ϕ ′ : P → G zwei140


Homomorphismen mit ϕ ◦ j i = f i = ϕ ′ ◦ j i . Sei a 1 . . . a m ∈ P . Es ergibt sichϕ(a 1 . . . a m ) = ϕ(a 1 ) · · · ϕ(a m )= f i1 (a 1 ) · · · f im (a m )= ϕ ′ (a 1 ) · · · ϕ ′ (a m )= ϕ ′ (a 1 . . . a m ),wobei die i t (1 ≤ t ≤ m) so gewählt seien, daß a t ∈ G ∗ i t.□Korollar 7.7.5. (Normalform) Sei g ∈ ∐ i∈I G i. Dann hat g eine eindeutigeDarstellung als g = g 1 · · · g m , wobei benachbarte g j in verschiedenen G ∗ i liegen. □Übung. Zeige: Eine freie Gruppe F ist freies Produkt unendlicher zyklischerGruppen.Damit können wir nun auch freie Kompositionen mit amalgamierter Untergruppekonstruieren. Wir benötigen nur den Spezialfall (allg. vgl. [18], II, §7):Satz 7.7.6. Seien G 1 , G 2 Gruppen mit gemeinsamer Untergruppe H. Dannexistiert eine freie Komposition von G 1 und G 2 mit Amalgam H.Beweis. Wir gehen von G 1 und G 2 zu isomorphen disjunkten Gruppen A 1 , A 2∼ = ∼ =über; seien i 1 : G 1 → A 1 , i 2 : G 2 → A 2 . Betrachte P := (A 1 ∐ A 2 )/N, wobei N derkleinste Normalteiler von A 1 ∐ A 2 sei, der {i 1 (h)i 2 (h −1 ) : h ∈ H} umfaßt. Dann istP zusammen mit j 1 := π 1 ◦ i 1 : G 1 → P und j 2 := π 2 ◦ i 2 : G 2 → P , wobei π i : A i →(A 1 ∐ A 2 )/N, a i ↦→ a i N (i = 1, 2) sei, eine (und damit die) freie Komposition vonG 1 , G 2 mit amalgamierter Untergruppe H. Denn man sieht sofort, daß j 1 |H = j 2 |H.Sei nun G mit f 1 : G 1 → G, f 2 : G 2 → G eine weitere Gruppe mit Homomorphismenf 1 , f 2 , so daß f 1 |H = f 2 |H. Die Definition des freien Produkts ergibt einen eindeutigbestimmen Homomorphismus ψ : A 1 ∐A 2 → G mit ψ|A 1 = f 1 ◦i −11 , ψ|A 2 = f 2 ◦i −12 .Sind a 1 ∈ A 1 , a 2 ∈ A 2 , so ψ(a 1 a 2 ) = f 1 (i −11 (a 1))f 2 (i −12 (a 2)). Für alle h ∈ H istdannψ(i 1 (h)i 2 (h −1 )) = f 1 (h)f 2 (h −1 ) = 1,da f 1 |H = f 2 |H; also N ⊆ ker ψ. Damit induziert ψ einen Homomorphismusϕ: (A 1 ∐A 2 )/N → G mit ϕ(j 1 (g 1 )) = ϕ(i 1 (g 1 )N) = ψ(i 1 (g 1 )) = f 1 (g 1 ) für g 1 ∈ G 1 ,analog ϕ(j 2 (g 2 )) = f 2 (g 2 ) für g 2 ∈ G 2 . ϕ ist eindeutig bestimmt, da P von den N-Nebenklassen von i 1 (G 1 ) ∪ i 2 (G 2 ) erzeugt wird.□Wir wollen nun zeigen, daß die eben konstruierte freie Komposition zweierGruppen mit amalgamierter Untergruppe bereits ein freies Produkt mit amalgamierterUntergruppe darstellt, also in Verallgemeinerung von Lemma 7.7.2, daß —im Fall zweier Gruppen — freie Kompositionen von Strukturen mit amalgamierterUnterstruktur mit den freien Produkten von Strukturen mit amalgamierter Unterstrukturzusammenfallen. (Dies gilt allgemein auch für beliebige Familien vonGruppen, vgl. [18], II, §7, und I, §4.) Dazu benötigen wir eine Normalform für dieElemente von G 1 ∐ H G 2 .Wir gehen aus von zwei Gruppen G 1 , G 2 mit einer Untergruppe H ⊆ G 1 ∩ G 2und wählen Isomorphismen i 1 : G 1 → A 1 , i 2 : G 2 → A 2 auf Gruppen A 1 , A 2 mitA 1 ∩ A 2 = ∅. Sei θ := i 2 ◦ i −11 |H ∼ =1 : H 1 → H 2 mit H 1 := i 1 (H), H 2 := i 2 (H). Fürjedes i = 1, 2 wähle ein Repräsentantensystem der linken Nebenklassen von H i inA i , wobei der Repräsentant der Nebenklasse H i gleich 1 sei; für a ∈ A i bezeichne141


l(a) den so gewählten Repräsentanten von aH i . Eine Normalform wollen wir jedesElement von A 1 ∐A 2 der Gestalt l(a 1 )l(a 2 ) . . . l(a n )h nennen, wobei h ∈ H 1 , n ≥ 0,und benachbarte l(a j ) in verschiedenen A i liegen. (Man beachte, daß l sowohl dieAuswahlfunktion auf A 1 als auch auf A 2 bezeichnet, also auf A 1 ∪ A 2 definiertist.) Im Fall H = 〈1〉 stimmt diese Normalform (bis auf eine rechts zu entfernende1 ∈ H 1 ) mit der in Kor. 7.7.5 über das reduzierte Wort hergeleiteten überein.Satz 7.7.7. (Normalform) Seien G 1 , G 2 Gruppen mit gemeinsamer UntergruppeH, und A 1 , A 2 , H 1 , H 2 , θ wie eben konstruiert. Dann besitzt jedes ElementwN ∈ G 1 ∐ H G 2 eine eindeutig bestimme Normalform F (w) mit wN = F (w)N, wobeigemäß Satz 7.7.6 G 1 ∐ H G 2∼ = (A1 ∐ A 2 )/N mit N als dem kleinsten {hθ(h −1 ) :h ∈ H 1 } umfassenden Normalteiler sei.Beweis. Jede Nebenklasse von N in A 1 ∐ A 2 hat einen Repräsentanten w =a 1 . . . a n , wobei benachbarte a i , a i+1 in verschiedenen A j liegen. (Kor. 7.7.5.) Wirzeigen durch Induktion über n ∈ N 0 , daß zu jeder Nebenklasse wN eine NormalformF (w) mit wN = F (w)N existiert.n = 0 ist trivial. Sei n = 1, also w = a 1 für ein a 1 ∈ A 1 ∪ A 2 . Wir schreibena 1 = l(a 1 )h mit h ∈ H 1 ∪H 2 . Ist h ∈ H 1 , so ist F (w) := l(a 1 )h eine Normalform fürwN, ist h ∈ H 2 , so wähle F (w) := l(a 1 )θ −1 (h). Sei nun n > 1 und F (a 1 . . . a n−1 ) =l(b 1 ) . . . l(b m )h nach Induktionsvoraussetzung. Wir definieren F (w) wie folgt:(i) Ist a n ∈ A 1 , so unterscheiden wir: Ist m > 0 und l(b m ) ∈ A 1 , sol(b m )ha n = l(l(b m )ha n )h ′ für ein eindeutig bestimmtes h ′ ∈ H 1 , so daßF (w) := l(b 1 ) . . . l(b m−1 )l(l(b m )ha n )h ′eine Normalform in wN ist. Ist m = 0 oder l(b m ) ∈ A 2 , so ha n = l(ha n )h ′′für genau ein h ′′ ∈ H 1 , also istF (w) := l(b 1 ) . . . l(b m−1 )l(ha n )h ′′eine Normalform in wN.(ii) Sei a n ∈ A 2 . Ist m > 0, so l(b m )ha n = l(b m )θ −1 (h)a n (mod N). Alsowird, falls m > 0 und l(b m ) ∈ A 2 , durchF (w) := l(b 1 ) . . . l(b m−1 )l(l(b m )θ(h)a n )θ −1 (h ′ )eine Normalform in wN gegeben, mit h ′ ∈ H 2 so, daß l(l(b m )θ(h)a n )h ′ =l(b m )θ(h)a n . Ist m = 0 oder l(b m ) ∈ A 1 , so seiF (w) := l(b 1 ) . . . l(b m )l(θ(h)a n )θ −1 (h ′′ )mit h ′′ ∈ H 2 dergestalt, daß l(θ(h)a n )h ′′ = θ(h)a n .Die Eindeutigkeit dieser Normalform zeigen wir mit dem van der Waerden-Trickdurch Angabe eines Homomorphismus Φ mit Urbildbereich (A 1 ∐ A 2 )/N, für dengilt: Ist F (w) ≠ F (w ′ ), so Φ(F (w)N) ≠ Φ(F (w ′ )N). Sei M die Menge aller Normalformen.Ist a ∈ A i , so definiere die Funktion |a|: M → M durch|a|(l(a 1 ) . . . l(a n )h) := F ([al(a 1 ) . . . l(a n )h]),wobei [w] die zu einem Wort w gemäß Kor. 7.7.5 gehörige Normalform bzgl. A 1 ∐A 2sei. Offensichtlich ist |1| = id M , und durch Fallunterscheidung zeigt man leicht, daßfür a, a ′ ∈ A 1 ∪ A 2 stets |a| ◦ |a ′ | = |aa ′ |. Also insbesondere |a −1 | = |a| −1 , und jedes|a| ist eine Permutation von M. Ist S M die Gruppe der Permutationen von M, so ista ↦→ |a| ein Homomorphismus A i → S M für i = 1, 2. Insbesondere ist für h ∈ H 1 ⊆A 1 die Abbildung |h|: M → M definiert, und |h| = |θ(h)|. Mit der definierenden142


Eigenschaft des freien Produkts können wir nun einen Homomorphismus ϕ: A 1 ∐A 2 → S M finden mitϕ(l(a 1 ) . . . l(a n )h) = |l(a 1 )| ◦ · · · ◦ |l(a n )| ◦ |h|.Es ist N ⊆ ker ϕ, also induziert ϕ einen Homomorphismus Φ: (A 1 ∐ A 2 )/N → S MdurchΦ(l(a 1 ) . . . l(a n )hN) = ϕ(l(a 1 ) . . . l(a n )h) = |l(a 1 )| ◦ · · · ◦ |l(a n )| ◦ |h|.Nun gilt (|l(a 1 )| ◦ · · · ◦ |l(a n )| ◦ |h|)(1) = l(a 1 ) . . . l(a n )h, also Φ(wN)(1) = F (w).Wäre also G(w) eine weitere Normalform in wN, so wäre auch Φ(wN)(1) = G(w),also G(w) = F (w).□Korollar 7.7.8. Seien G 1 , G 2 Gruppen mit gemeinsamer Untergruppe H.Dann existiert das freie Produkt G 1 ∐ H G 2 von G 1 , G 2 mit amalgamierter UntergruppeH und stimmt mit der freien Komposition von G 1 , G 2 mit amalgamierterUntergruppe H überein.Beweis. Seien A 1 , A 2 , N wie eben. Zu zeigen ist nur: A i → (A 1 ∐A 2 )/N, a i ↦→a i N ist eine Einbettung. Ist aber a i ∈ N, so F (a i )N = a i N = N = F (1)N, alsowegen der Eindeutigkeit der Normalform F (a i ) = F (1) = 1, und dies ist nur füra i = 1 möglich.□Wir erhalten daraus unmittelbar [144]:Korollar 7.7.9. Die Klasse G der Gruppen besitzt die A.E.Beweis. Sind H, G 1 , G 2 Gruppen mit G 1 ∩ G 2 = H, so betrachte P :=j 1j 1G 1 ∐ H G 2 mit den kanonischen Einbettungen G 1 ↩→ P , G 2 ↩→ P , j 1 |H = j 2 |H. MitBem. 5.6.2 folgt die Behauptung.□Für den Beweis des nächsten Satzes benötigen wir:Lemma 7.7.10. Sei G eine Gruppe, A eine Untergruppe von G, u /∈ G und〈u〉 die von u frei erzeugte zyklische Gruppe. Sei P := G ∐ 〈u〉, und U die vonG ∪ u −1 Au erzeugte Untergruppe von P . Dann ist U = G ∐ u −1 Au.Beweis. Wähle einen Homomorphismus ϕ: G∐u −1 Au → U mit ϕ|G = id undϕ|u −1 Au = id. ϕ ist surjektiv, da ϕ(G ∐ u −1 Au) eine Untergruppe von U ist, dieG und u −1 Au, also ganz U enthält. ϕ ist auch injektiv, denn sind g 1 , . . . , g m ∈ G,a 1 , . . . , a m ∈ A mitϕ(g 1 u −1 a 1 ug 2 u −1 a 2 u · · · u −1 a m u) = 1,so g 1 u −1 a 1 ug 2 u −1 a 2 u · · · u −1 a m u = 1 in U und damit in P , was wegen der Eindeutigkeitder Normalform nur für m = 0 möglich ist.□Wir können damit folgenden schönen Satz beweisen. (Er besagt, daß jederIsomorphismus zwischen Untergruppen einer festen Gruppe G zu einem sog. innerenAutomorphismus einer geeigneten größeren Gruppe H fortgesetzt werden kann, d.h.einem Automorphismus, der durch die Konjugation x ↦→ t −1 xt mit einem festent ∈ H gegeben ist.)Satz 7.7.11. (Higman-Neumann-Neumann, [82]) Seien G eine Gruppe, A, BUntergruppen von G und ϕ: A → B ein Isomorphismus. Dann existiert eine GruppeH ⊇ G und ein t ∈ H derart, daß ϕ(a) = t −1 at für alle a ∈ A.143


Beweis. Sei u /∈ G und 〈u〉 die von u frei erzeugte zyklische Gruppe, sowieP := G ∐ 〈u〉. Wir können o.E. P als Erweiterung von G annehmen. Sei U dievon G ∪ u −1 Au und V die von G ∪ u −1 Bu erzeugte Untergruppe von P . NachLemma 7.7.10 ist U = G ∐ u −1 Au und V = G ∐ u −1 Bu. Die Zuordnung u −1 au ↦→u −1 ϕ(a)u für a ∈ A definiert einen Homomorphismus von u −1 Au nach V . Dahergibt es einen Homomorphismus θ : U → V mit θ|G = id und θ(u −1 au) = u −1 ϕ(a)ufür alle a ∈ A. Da ϕ injektiv ist, überprüft man mit Hilfe der Normalform fürElemente aus V sofort, daß ker θ = {1}, also θ eine Einbettung ist. Da V von Gund u −1 Bu erzeugt wird und ϕ surjektiv ist, muß auch θ surjektiv sein. Also habenwir θ : U → ∼= V mit θ|G = id und θ(u −1 au) = u −1 ϕ(a)u für alle a ∈ A. Betrachtetman θ als eine Einbettung von U in P , so erhält man mit Kor. 7.7.9 eine GruppeH ⊇ P und eine Einbettung ψ : P → H, so daß das DiagrammU −−−−→ P⏐ ⏐θ↓↓∃ψP −−−−→ Hmit U ⊆ P ⊆ H kommutativ wird. Damit haben wir für jedes a ∈ A:u −1 au = ψ(θ(u −1 au)) = ψ(u −1 )ψ(ϕ(a))ψ(u) = (ψ(u)) −1 ϕ(a)ψ(u),da ψ|G = id. Somit ist ϕ(a) = (uψ(u) −1 ) −1 a(uψ(u) −1 ), d.h. wir können t :=uψ(u) −1 wählen.□Korollar 7.7.12. Sei G eine existentiell abgeschlossene Gruppe, A, B endlicherzeugte Untergruppen von G, und ϕ: A → B ein Isomorphismus. Dann existiertein t ∈ G, so daß für alle a ∈ A gilt: t −1 at = ϕ(a). (Existentiell abgeschlosseneGruppen sind also insbesondere ultrahomogen im Sinne von Def. 5.6.4.)Beweis. Nach dem Satz von Higman, Neumann und Neumann existiert eineGruppe H ⊇ G, so daß der Satz( n)∧∃x x −1 a i x = ϕ(a i )i=1in H bzgl. L(A) gilt, wobei a 1 , . . . , a n erzeugende Elemente von A seien. Da Gexistentiell abgeschlossen in G ist, gilt er auch in G. Sei t ein Element von G mitt −1 a i t = ϕ(a i ) für 1 ≤ i ≤ n. Dann ist die Abbildung θ : G → G, die durch θ(a) :=t −1 at gegeben ist, ein innerer Automorphismus von G, die mit ϕ auf a 1 , . . . , a n undsomit auf A übereinstimmt.□Lemma 7.7.13. Jede existentiell abgeschlossene Gruppe G enthält unendlichviele Elemente der Ordnung n für jedes n ∈ N.Beweis. Sei n ∈ N und H das direkte Produkt unendlich vieler Kopien derzyklischen Gruppe der Ordnung n, und G ′ := G × H. Dann gilt in G ′ für alle k ∈ Nder Satz ϕ k , wobei⎛⎞⎛⎞k∧n−1∧k∧ϕ k := ∃x 1 · · · ∃x k⎜⎝⎝x n i = 1 ∧ x j i ≠ 1 ⎠ ∧ x r ≠ x s⎟⎠ ,i=1und somit auch G |= ϕ k für alle k ∈ N.144j=1r,s=1r≠s□


Damit kommen wir zum ersten wichtigen Ergebnis über E(G):Satz 7.7.14. (Macintyre, [101]) E(G) ist nicht elementar, i.e. die Klasse derGruppen besitzt keinen Modellbegleiter.Beweis. Sei G ∈ E(G), a und b zwei Elemente von G derselben Ordnung. Danngibt es ein t ∈ G mit t −1 at = b. (Kor. 7.7.12, angewendet auf ϕ: 〈a〉 ∼= → 〈b〉 mitϕ(a) = b.)Angenommen nun, E(G) = Mod(∆) für eine Satzmenge ∆. Fügt man zu L neueKonstanten a und b hinzu, so ist also die {1, ·, −1 , a, b}-Satzmenge∆ ∪ { a n ≠ 1 : n ∈ N } ∪ { b n ≠ 1 : n ∈ N } ∪ { ¬∃x(x −1 ax = b) }inkonsistent. Also gibt es nach dem Kompaktheitssatz ein N ∈ N, so daß bereits∆ ∪ { a n ≠ 1 : 1 ≤ n ≤ N } ∪ { b n ≠ 1 : 1 ≤ n ≤ N } ∪ { ¬∃x(x −1 ax = b) }inkonsistent ist. Da G induktiv ist, ist aufgrund des Existenzsatzes für generischeStrukturen wegen G ≠ ∅ und der Konfinalität von E(G) auch E(G) ≠ ∅. Wählealso G ∈ E(G) und expandiere G zu einer {1, ·, −1 , a, b}-Struktur G ′ , wobei a und bgemäß Lemma 7.7.13 durch ein Element der Ordnung N +1 bzw. N +2 interpretiertwerde. Gäbe es nun ein t ∈ G mit t −1 at = b, so wäre ord(a) = ord(b). Daher ist G ′ein Modell der obigen inkonsistenten Satzmenge. Dies ist absurd.□Wir wollen nun ein weiteres Ergebnis von B. H. Neumann [115] beweisen:Satz 7.7.15. Keine existentiell abgeschlossene Gruppe ist endlich erzeugt.Zur Beweisvorbereitung benötigen wir ein Lemma. C(X) bezeichnet dabei füreine Teilmenge X einer Gruppe G den Zentralisator von X, d.h.C(X) = {g ∈ G : gx = xg für alle x ∈ X}.Es sei C 2 (X) := C(C(X)) und C(g) := C({g 1 , . . . , g n }) für g = (g 1 , . . . , g n ) ∈ G n .Lemma 7.7.16. Sei G ∈ E(G), g = (g 1 , . . . , g n ) ∈ G n . Dann istC 2 (g) = 〈g 1 , . . . , g n 〉.Beweis. Sei Ĝ := 〈g 1 , . . . , g n 〉 ⊆ G. Offensichtlich ist Ĝ ⊆ C2 (g). Ist andererseitsh ∈ C 2 (g), so gilt in G der L(G)-Satz∀x ( g 1 x = xg 1 ∧ . . . ∧ g n x = xg n → hx = xh ) =: ϕ.Damit gilt ϕ aber auch in jeder Erweiterung von G, da ¬ϕ existentiell und G ∈ E(G)ist. Sei H := Ĝ × Z/2Z mit der additiven Gruppe Z/2Z; kanonisch ist Ĝ ⊆ H, undin G ∐Ĝ H sind die Elemente von Ĝ die einzigen mit (ˆ1; 1) ∈ H kommutierenden.(ˆ1 sei das neutrale Element von Ĝ.) Da in G∐ ĜH ⊇ G aber ϕ gilt, folgt h ∈ Ĝ. □Damit erhalten wir nun unmittelbar:Beweis (Satz 7.7.15). Ist G eine endlich erzeugte existentiell abgeschlosseneGruppe, etwa mit Erzeugendensystem g 1 , . . . , g n (g := (g 1 , . . . , g n )), so ist nachLemma 7.7.16 G = C 2 (g) = C 2 (G). Wir konstruieren eine ErweiterungsgruppeH ⊇ G, in der der Satz∃y∃x(xg 1 = g 1 x ∧ . . . ∧ xg n = g n x ∧ yx ≠ xy)145


ichtig ist; dieser gilt dann aber auch in G, besagt jedoch dort, daß es ein Elementy /∈ C 2 (g) gibt, was absurd ist. Als H wähle etwa G × M, wobei M eine beliebigenichtabelsche Gruppe des Vertrauens bezeichne.□Wir zeigen zwei Ergebnisse über abzählbare existentiell abgeschlossene Gruppen.Korollar 7.7.17. Jede abzählbare existentiell abgeschlossene Gruppe besitztüberabzählbar viele Automorphismen.Beweis. Sei G ∈ E(G), card(G) = ℵ 0 . Man schreibe G = ⋃ n∈N G n als echtaufsteigende Vereinigung endlich erzeugter echter Untergruppen von G, G 1 := 〈1〉.(Dies ist möglich nach Satz 7.7.15.) Wir wollen einen Isomorphismus zwischen endlicherzeugten Untergruppen von G einen partiellen Automorphismus von G nennen.(Dies ist durch Kor. 7.7.12 gerechtfertigt.) Zwei partielle Automorphismen h 1 , h 2sollen kompatibel heißen, falls eine gemeinsame Erweiterung von h 1 , h 2 zu einempartiellen Automorphismus h 3 existiert. Wir behaupten:(∗) Jeder partielle Automorphismus h besitzt zwei inkompatible Erweiterungenh ′ , h ′′ .Damit erhält man die Behauptung wie folgt: Man konstruiert (ausgehend von id G1 )einen Binärbaum der Höhe ℵ 0 , an dessen Knoten partielle Automorphismen h stehenderart, daß(i) jedes h von zwei inkompatiblen h ′ , h ′′ mit h ′ , h ′′ mit h ′ |D(h) = h =h ′′ |D(h) (wobei D(h) der Definitionsbereich von h sei) gefolgt wird,(ii) auf der n-ten Ebene des Baums jeder partielle Automorphismus einen G nenthaltenden Definitions- und Wertebereich besitzt.(Man sieht leicht ein, daß dies mittels (∗) tatsächlich möglich ist.) Dann erhält manfür jeden der 2 ℵ0 verschiedenen, von der Wurzel ausgehenden Pfade π durch denBaum einen Automorphismus h π von G, und es ist h π ≠ h π ′ für Pfade π ≠ π ′ .—Somit verbleibt nur noch der Nachweis von (∗): Sei A ⊆ G der Definitionsbereichvon h. Wähle eine endlich erzeugte Untergruppe B ⊆ G echt größer als A (möglichnach Satz 7.7.15). h kann nun nach Kor. 7.7.12 zu einem inneren Automorphismusvon G erweitert werden; seine Einschränkung h ′ auf B liefert die eine Erweiterungvon h. Da B die Untergruppe A echt umfaßt, existiert nach Lemma 7.7.16 einElement b ∈ B mit b /∈ C 2 (A) = A, so daß also ein g ∈ G existiert, das mit A, abernicht mit b kommutiert. M.a.W.: Der durch g definierte innere Automorphismusläßt A punktweise fest, nicht aber b. Definiere nun h ′′ (x) := h ′ (g −1 xg) für allex ∈ B. h ′′ ist ein partieller Automorphismus, der mit h ′ inkompatibel ist. □Definition 7.7.18. Eine Gruppe G heißt ω-homogen, falls für alle endlichenMengen {g 1 , . . . , g n , h} ⊆ G jeder Monomorphismuszu einem Monomorphismusfortgesetzt werden kann.θ : 〈g 1 , . . . , g n 〉 → Gˆθ : 〈g 1 , . . . , g n , h〉 → GJede ultrahomogene Gruppe ist offenbar ω-homogen; nach Kor. 7.7.12 ist damitspeziell jede existentiell abgeschlossene Gruppe ω-homogen.146


Definition 7.7.19. Sei G eine Gruppe. Mit Sk(G) bezeichnen wir das Skelettvon G, die Klasse aller endlich erzeugten Gruppen, die in G eingebettet werdenkönnen.Satz 7.7.20.(i) Ist G eine abzählbare Gruppe, H eine ω-homogene Gruppe mit Sk(G) ⊆Sk(H), so kann G in H eingebettet werden.(ii) Zwei abzählbare ω-homogene Gruppen sind isomorph genau dann, wennsie dasselbe Skelett besitzen.Beweis. Zu (i): Sei {g n } n∈N ein Erzeugendensystem für G, und setze G n :=〈g 1 , . . . , g n 〉 für n ∈ N. Wir konstruieren eine Folge {ϕ n } n∈N von Einbettungenϕ n : G n ↩→ H mit ϕ n+1 |G n = ϕ n ; ϕ := ⋃ n∈N ϕ n ist dann eine Einbettung von G inH. Da G n endlich erzeugt und Sk(G) ⊆ Sk(H) gilt, existiert zumindest eine Einbettungθ n : G n ↩→ H. Setze ϕ 1 := θ 1 und definiere ϕ n+1 induktiv: Sind ϕ 1 , . . . , ϕ nbereits konstruiert mit den gewünschten Eigenschaften, so ist ϕ n ◦ (θ n+1 |G n ) −1 eineEinbettung von 〈θ n+1 (g 1 ), . . . , θ n+1 (g n )〉 ⊆ H in H mit θ n+1 (g i ) ↦→ ϕ n (g i ) für1 ≤ i ≤ n. Da H ω-homogen ist, kann diese Abbildung zu einer Einbettung ψ n+1von im θ n+1 in H erweitert werden; setze ϕ n+1 := ψ n+1 ◦ θ n+1 . Es istϕ n+1 (g i ) = ϕ n ◦ θ −1n+1 ◦ θ n+1(g i ) = ϕ n (g i ) für 1 ≤ i ≤ n,also ϕ n+1 |G n = ϕ n , wie gewünscht.Zu (ii): Seien K 1 = 〈 {g n } n∈N〉und K2 = 〈 {h n } n∈N〉zwei ω-homogene Gruppenmit selbem Skelett. Setze G 1 := 〈g 1 〉 und wähle eine Einbettung θ 1 : G 1 → K 2 , waswegen Sk(K 1 ) = Sk(K 2 ) möglich ist. Dann gehört 〈θ 1 (g 1 ), h 1 〉 =: H 1 zu Sk(K 2 ) =Sk(K 1 ), es existiert also eine Einbettung ϕ 1 : H 1 → K 1 . Da K 1 ω-homogen ist,können wir ϕ 1 so wählen, daß ϕ 1 (θ 1 (g 1 )) = g 1 . Sei G 2 := 〈ϕ 1 (H 1 ), g 2 〉. Dann existierteine Einbettung θ 2 : G 2 → K 2 , und wegen der ω-Homogenität von K 2 kannman θ 2 als Fortsetzung von θ 1 wählen mit θ 2 (ϕ 1 (h 1 )) = h 1 . Sei H 2 := 〈θ 2 (G 2 ), h 2 〉.Induktiv so fortfahrend können wir ϕ n als Fortsetzung von ϕ n−1 mit ϕ n (θ n (g n )) =g n wählen, sodann θ n+1 als Fortsetzung von θ n mit θ n+1 (ϕ n (h n )) = h n . Wir erhaltenso Einbettungen θ : K 1 ↩→ K 2 und ϕ: K 2 ↩→ K 1 durch θ := ⋃ n∈N θ n undϕ := ⋃ n∈N ϕ n, für die θ ◦ ϕ = id K2 und ϕ ◦ θ = id K1 . Also K 1∼ = K2 . □Sei Γ ≠ ∅ eine Menge und ∆ eine Menge von Wörtern über Γ. Man sagt, eineGruppe G hat die Präsentation (Γ, ∆) mit Erzeugenden Γ und Relationen ∆, fallsG ∼ = F/R, wobei F die von Γ frei erzeugte Gruppe und R der von ∆ in F erzeugteNormalteiler sei. G heißt rekursiv präsentierbar, wenn eine Präsentation (Γ, ∆)mit endlichem Γ und rekursivem ∆ existiert. Man sagt, G habe ein auflösbaresWortproblem, falls G endlich erzeugt ist und für ein (und damit alle) endlichenErzeugendensysteme Γ von G die Menge aller variablenfreien L(Γ)-Gleichungen γ,die in G gültig sind, entscheidbar ist, wobei L = {1, ·, −1 }. (Offenbar ist jede Gruppemit auflösbarem Wortproblem rekursiv präsentierbar.)B. H. Neumann [115] bewies das erstaunliche Ergebnis, daß jede Gruppe mitauflösbarem Wortproblem in jede existentiell abgeschlossene Gruppe isomorph einbettbarist. Mit Hilfe der Erzwingungsmethode können wir die von Macintyre [101]bewiesene Umkehrung zeigen:Satz 7.7.21. Wenn eine endlich erzeugte Gruppe G in jede existentiell abgeschlosseneGruppe isomorph einbettbar ist, so hat sie ein auflösbares Wortproblem.147


Die vom Standpunkt der Rekursionstheorie aus ”gutartigen“ Gruppen, nämlichdie rekursiv präsentierbaren mit auflösbarem Wortproblem, können nach den Sätzenvon Macintyre und Neumann algebraisch als diejenigen charakterisiert werden, dieUntergruppen aller existentiell abgeschlossener Gruppen sind. Einen Beweis für denSatz von Neumann, der den in [37], §12 zu findenden Einbettungssatz von Higmanverwendet, gibt [3], IV, §4. Einen Überblick gibt [140]; dort (und in [37], §12) findetman auch eine weitere, von Boone und Higman stammende Charakterisierung derGruppen mit auflösbarem Wortproblem.Beweis (Satz 7.7.21). Es sei L = {1, ·, −1 } die Sprache der Gruppen. Sei G 0eine von g 1 , . . . , g n erzeugte Gruppe mit nicht-auflösbarem Wortproblem. Sei Φ dieMenge aller quantorenfreien L-Formeln ϕ(x 1 , . . . , x n ) mit G 0 |= ¬ϕ(g 1 , . . . , g n ). Esgilt offenbar:(i) G 0 ist in eine Gruppe G d.u.n.d. nicht einbettbar, wenn G |= ∨ ϕ∈Φ ϕ(g′ )für alle g ′ ∈ G n .(ii) Ist ϕ(x 1 , . . . , x n ) eine quantorenfreie L-Formel, so ist entweder ϕ ∈ Φoder ¬ϕ ∈ Φ.(iii) Φ ist nicht rekursiv aufzählbar. (Denn sonst wäre nach (ii){ϕ(x1 , . . . , x n ) ∈ Qf : G 0 |= ϕ(g 1 , . . . , g n ) }rekursiv, im Widerspruch zur Voraussetzung über das Wortproblem vonG 0 .)Seien C eine beliebige Bedingung bzgl. der Klasse G der Gruppen, etwa eine endlicheTeilmenge des Diagramms der Gruppe H ∈ G, und c 1 , . . . , c n ∈ H. Sei Ψ C dieMenge aller quantorenfreien L-Formeln ϕ(x 1 , . . . , x n ), für die Σ∪C∪{ϕ(c 1 , . . . , c n )}nicht erfüllbar ist (wobei Σ ein endliches Axiomensystem für G sei); also ist ϕ ∈ Ψ Cgenau dann, wenn Σ ∪ C |= ¬ϕ(c 1 , . . . , c n ). Da C und Σ endlich sind, gilt(iv) Ψ C ist rekursiv aufzählbar,ferner:(v) Ist ϕ(x 1 , . . . , x n ) eine quantorenfreie L-Formel, so kann höchstens eineder Formeln ϕ, ¬ϕ aus Ψ C sein.Wäre nun Φ ⊆ Ψ C , so wäre wegen (ii) und (v) Φ = Ψ C , im Gegensatz zu (iii) undzu (iv). Also existiert ein ϕ ∈ Φ \ Ψ C , und Σ ∪ C ∪ {ϕ(c 1 , . . . , c n )} ist erfüllbar.Vermöge Kor. 7.3.20 existiert dann eine existentiell abgeschlossene Gruppe G mitG |= ∨ ϕ∈Φ ϕ(g′ ) für alle g ′ ∈ G n , und mit (i) sind wir am Ziel.□Ein weiteres Resultat über E(G) erhält man als Anwendung der Resultantenmethode,vgl. §8.5.7.8. Existentielle Abgeschlossenheit und Q.E. für Moduln ∗Als letztes algebraisches Anwendungsbeispiel in diesem §7 wollen wir die Klassealler Moduln über einem festen Ring im Hinblick auf die existentiell abgeschlossenenModuln und weitere modelltheoretische Eigenschaften wie Q.E. untersuchen. (DasStandardwerk zu diesem umfangreichen Gebiet ist [12].)Sei R ein (nicht notwendig kommutativer) Ring mit 1. Wir betrachten linkeR-Moduln M. (Im folgenden sei R, falls nicht ausdrücklich anders erwähnt, ein beliebigerRing mit 1, es seien alle vorkommenden Ringe mit 1 und alle Moduln [Ideale]linke Moduln [Ideale].) Definiere dazu die Sprache L R := {0, +, −, {µ λ } λ∈R }, wobei148


die µ λ einstellige Operationssymbole für die Skalarmultiplikation seien; wie gewohntschreiben wir λx anstelle von µ λ (x), für λ ∈ R. Es bezeichne M R die Klasse der(linken) R-Moduln, aufgefaßt als L R -Strukturen. Die Klasse M R ist gleichungsdefiniert,nach dem trivialen Teil des Satzes von Birkhoff ([25], Satz 1.4.14) alsoinsbesondere abgeschlossen unter Homomorphismen, Produkt- und Substrukturbildung.Ferner ist M R induktiv, die Klasse der existentiell abgeschlossenen Modulnist also nichtleer.7.8.1. Die A.E. für Moduln. Wir zeigen als erstes:Satz 7.8.1. M R hat die A.E.Dies wird sich sofort aus Lemma 7.8.4 ergeben. In Analogie zur Gruppentheorie(vgl. Def. 7.7.1) definieren wir — für den Spezialfall zweier Moduln —:Definition 7.8.2. Seien M, N zwei R-Moduln, α i : N → M i (i = 1, 2) R-Modulhomomorphismen. Eine Fasersumme von M 1 und M 2 über N (bzgl. α 1 , α 2 )ist ein Tripel (S, j 1 , j 2 ) bestehend aus einem R-Modul S und R-linearen Abbildungenj i : M i → S (i = 1, 2) mit j 1 ◦ α 1 = j 2 ◦ α 2 derart, daß folgende universelleEigenschaft erfüllt ist: Ist (T, f 1 , f 2 ) ein weiteres Tripel wie (S, j 1 , j 2 ), so existierteine eindeutig bestimmte R-lineare Abbildung l : S → T mit f i = l ◦ j i (i = 1, 2):(7.8.24)M ij i⏐ ⏐↓M if i⏐ ⏐↓(i = 1, 2)S∃l−−−−→TIst N ⊆ M 1 , M 2 und α 1 , α 2 = id, so heißt (S, j 1 , j 2 ) eine direkte Summe von M 1 ,M 2 mit amalgamiertem Untermodul N.(Kategorientheoretiker nennen die Fasersumme einen pushout in der Kategorieder R-Moduln.)Wie im Fall der Gruppen zeigt man leicht, daß die Fasersumme, falls sie existiert,bis auf einen kanonischen Isomorphismus eindeutig bestimmt ist.Proposition 7.8.3. Fasersummen von Moduln existieren stets.Beweis. Seien M 1 , M 2 , N und α i wie in Def. 7.8.2. Wir betrachten in M 1 ⊕M 2den Untermodul U aller Elemente (α 1 (n), −α 2 (n)) mit n ∈ N und setzen S :=(M 1 ⊕ M 2 )/U. Sei j i (i = 1, 2) die Komposition der kanonischen Injektion M i ↩→M 1 ⊕ M 2 mit dem kanonischen Epimorphismus M 1 ⊕ M 2 ↠ S. Nach Konstruktionvon U ist j 1 (α 1 (n)) = j 2 (α 2 (n)) für n ∈ N. Ist schließlich (T, f 1 , f 2 ) wie in (7.8.24),so haben wir eine R-lineare Abbildung h: M 1 ⊕ M 2 → T , (m 1 , m 2 ) ↦→ f 1 (m 1 ) +f 2 (m 2 ); und wir haben h(U) = 0, da f 1 ◦ α 1 = f 2 ◦ α 2 . Damit induziert h eineR-lineare Abbildung l : S → T mit l ◦ j i = f i für i = 1, 2. Da S = j 1 (M 1 ) + j 2 (M 2 ),ist sie zudem eindeutig bestimmt.□Sind M 1 , M 2 Moduln über R mit gemeinsamen Untermodul N, so schreiben wirM 1 ∐ N M 2 für die nach Prop. 7.8.3 existierende und modulo Isomorphie eindeutigbestimmte direkte Summe S von M 1 , M 2 mit amalgamiertem Untermodul N. (DieAbbildungen j 1 , j 2 werden in der Notation unterschlagen.)149


N −−−−→ M 1⏐⏐↓↓j 1j 2M 2 −−−−→ M1 ∐ N M 2Lemma 7.8.4. Seien M 1 , M 2 , N drei R-Moduln, α 1 : N → M 1 und α 2 : N →M 2 lineare Abbildungen. Dann gilt:ker(j 2 ) = α 2 (ker(α 1 )), ker(j 1 ) = α 1 (ker(α 2 )).Insbesondere gilt: Ist α 1 injektiv, so auch j 2 , ist α 2 injektiv, so auch j 1 .Beweis. Sei S = M 1 ∐ N M 2 und U wie im Beweis von Prop. 7.8.3. Es istklar, daß α 2 (ker(α 1 )) ⊆ ker(j 2 ). Ist m 2 ∈ ker(j 2 ) gegeben, so ist (0, m 2 ) ∈ U,also (0, m 2 ) = (α 1 (n), −α 2 (n)) für ein n ∈ N. Es folgt, daß n ∈ ker(α 1 ) undm 2 = α 2 (−n) ∈ α 2 (ker(α 1 )). Für ker(j 1 ) argumentiert man analog.□Damit ist auch Satz 7.8.1 bewiesen.— Für die duale Konstruktion des Faserproduktssowie Anwendungen in der kommutativen Algebra siehe [33], hier v.a. III,§5.7.8.2. Kohärente Ringe. Wir wollen in diesem Abschnitt u.a. eine hinreichendeund notwendige algebraische Bedingung an R für die Existenz eines Modellbegleitersvon M R herleiten. Es wird sich herausstellen, daß dies die Kohärenz desRinges R ist, weshalb wir uns diesem Begriff nun als nächstes zuwenden.Definition 7.8.5. [61] Sei R ein Ring. R heißt kohärent, falls für jedes n ∈ Nder Kern jedes Homomorphismus h: R n → R ein endlich erzeugter Untermodulvon R n ist.Proposition 7.8.6. Sei R ein beliebiger Ring. Dann sind äquivalent:(i) R ist kohärent.(ii) Jedes endlich erzeugte (Links-) Ideal von R ist endlich präsentierbar.(iii) Für alle n ∈ N und λ = (λ 1 , . . . , λ n ) ∈ R n ist(7.8.25) Λ := {µ ∈ R n : µ · λ = 0}endlich erzeugt. (Dabei sei µ · a := ∑ ni=1 µ ia i für einen beliebigen R-Modul M und a = (a 1 , . . . , a n ) ∈ M n , µ = (µ 1 , . . . , µ n ) ∈ R n .)Beweis. Die Äquivalenz von (i) und (iii) sollte klar sein. Sei R kohärent unda ein endlich erzeugtes (Links-) Ideal von R, etwa a = (λ 1 , . . . , λ n ) mit n ∈ N. Seih: R n → R der Homomorphismus mit h(e i ) = λ i , wobei e 1 , . . . , e n die Standardbasisvon R n sei. Wegen der Kohärenz ist ker(h) endlich erzeugt, und0 −→ ker(h) −→ R n h−→ a −→ 0ist eine endliche Präsentation von a. Sei umgekehrt jedes endlich erzeugte Idealvon R endlich präsentierbar und h: R n → R ein Homomorphismus, n ∈ N. Dannist im(h) ein Ideal von R, das von h(e 1 ), . . . , h(e n ) erzeugt wird; wir erhalten eineendliche Präsentation0 −→ K −→ F −→ gim(h) −→ 0von im(h) mit einem Homomorphismus g, einem freien R-Modul F endlichen Rangesund einem endlich erzeugten Untermodul K von F . Dann (vgl. etwa [33], IV,150


Prop. 1.15; der dortige Beweis überträgt sich auf den nichtkommutativen Fall)existiert ein Automorphismus α von R n ⊕ F , so daß α(ker(h) ⊕ F ) = R n ⊕ K;insbesondere ist auch ker(h) endlich erzeugt. Also ist R kohärent.□Beispiele.(i) Jeder noethersche Ring ist kohärent. Dies folgt aus dem HilbertschenBasissatz für Moduln, vgl. [34], X, Prop. 1.4.(ii) Ein einfaches Beispiel eines nichtkohärenten Rings erhält man wie folgt:Sei S := ∏ n≥3Z/nZ und R := {α ∈ S : α beschränkt.}. R ist Unterringvon S und nicht kohärent. Zum Beweis sei λ := 2 ∈ R; betrachteann(λ) = {µ ∈ R : µλ = 0} ⊆ R. ann(λ) ist nicht endlich erzeugt. Dennangenommen, S wäre ein endliches Erzeugendensystem fürann(λ) = {µ ∈ R : ∀n ≥ 3 : n|2µ(n)}.Alle µ ∈ ann(λ) haben endlichen Träger, alsosupp(S) ⊆ {3, . . . , N} für ein N ∈ N.Wähle µ ∈ R mit µ(k) := N für k = 2N und µ(k) := 0, sonst; es ist(µλ)(2N) = N ·2 = 0 und (µλ)(k) = 0·2 = 0 für k ≠ 2N, also µ ∈ ann(λ),aber µ ist keine R-Linearkombination von Elementen in S, da jede solcheeinen in {3, . . . , N} enthaltenen Träger hat.Folgendes Lemma [75] ist — obgleich seiner Einfachheit — für die weitereEntwicklung zentral:Lemma 7.8.7. Sei R ein Ring. Für einen R-Modul M, eine nichtleere IndexmengeI, eine Familie {a i } i∈I von Elementen von M und eine Familie {λ i } i∈I vonElementen aus R sind folgende Aussagen äquivalent:(i) Es existiert ein R-Modul N ⊇ M und ein b ∈ N, so daß λ i b = a i für allei ∈ I. (Das Gleichungssystem λ i x = a i , i ∈ I ist in einer Erweiterungvon M lösbar.)(ii) Für alle µ ∈ R (I) gilt: Ist ∑ i∈I µ iλ i = 0, so ist auch ∑ i∈I µ ia i = 0.Beweis. (i) ⇒ (ii) ist trivial. Zu (ii) ⇒ (i): Sei J das von allen λ i (i ∈ I)erzeugte Linksideal von R. Definiere die Abbildung g : J → M durch( ) ∑g µ i λ i := ∑ µ i a i für alle µ ∈ R (I) .i∈Ii∈Ig ist wohldefiniert wegen (ii) und linear. Sei (N, j 1 , j 2 ) die Fasersumme von M undR über J bzgl. g, id J . Nach Lemma 7.8.4 ist j 1 : M → N eine Einbettung; fürb := j 2 (1) gilt:λ i b = λ i j 2 (1) = j 2 (λ i ) = j 1 (g(λ i )) = j 1 (a i )Damit erfüllt x := b die Gleichungen λ i x = a i in N und ist das gewünschte Element.□Korollar 7.8.8. Sei M ∈ E(M R ), a = (a 1 , . . . , a n ) ∈ M n , λ = (λ 1 , . . . , λ n ) ∈R n mit n ∈ N. Dann gilt die Äquivalenz folgender Aussagen:(i) In M gilt ∃x( ∧ ni=1 λ ix = a i ), d.h. das Gleichungsystem λ i x = a i , i =1, . . . , n hat eine Lösung in M.(ii) Für alle µ ∈ R n gilt: Ist µ · λ = 0, so ist auch µ · a = 0.□151


Wir erhalten damit schon eine notwendige Forderung an R:Korollar 7.8.9. Sei R ein beliebiger Ring.(i) Ist E(M R ) eine elementare Klasse, d.h. hat M R einen Modellbegleiter, soist R kohärent.(ii) Sei R kohärent, n ∈ N, λ = (λ 1 , . . . , λ n ) ∈ R n und {µ 1 , . . . , µ m } einendliches Erzeugendensystem für Λ = {µ ∈ R n : µ · λ = 0}. Dann gilt(mit y = (y 1 , . . . , y n )):⎛ ( n) ⎞∧m∧E(M R ) |= ⎝∃x λ i x = y i ↔ µ j · y = 0⎠i=1Beweis. Zu (i): Sei E(M R ) elementar, aber R nicht kohärent, d.h. es existiereein n ∈ N und ein λ = (λ 1 , . . . , λ n ) ∈ R n , so daß Λ = {µ ∈ R n : µ · λ = 0} nichtendlich erzeugt ist. Sei E(M R ) = Mod(∆) mit einer L R -Satzmenge ∆, und seienc 1 , . . . , c n paarweise verschiedene neue Konstanten, c = (c 1 , . . . , c n ). Wir zeigen,daß dann die Satzmenge∆ ∪ { µ · c = 0 : µ ∈ Λ } { ( n)}∧∪ ¬∃x λ i x = c iein Modell besitzt; dies führt augenblicklich zu einem Widerspruch zu Kor. 7.8.8.Mit dem Kompaktheitssatz genügt es, für jede endliche Teilmenge S ⊆ Λ die Konsistenzvon(7.8.26) ∆ ∪ { µ · c = 0 : µ ∈ S } { ( n)}∧∪ ¬∃x λ i x = c inachzuweisen. Sei e 1 , . . . , e n die Standardbasis von R n und M := R n /〈S〉, wobeiwir die c i in M als e i + 〈S〉 interpretieren. Erweitere M zu N ∈ E(M R ). Dann giltin N:(1.) µ · c = 0 für alle µ ∈ S.(2.) ν · c ≠ 0 für alle ν ∈ Λ \ 〈S〉.Da Λ \ 〈S〉 ̸= ∅, folgt aus (2.) mit Kor. 7.8.8, daß ¬∃x( ∧ ni=1 λ ix = c i ) in N. N istein Modell von (7.8.26).Zu (ii): Die Richtung → folgt aus Kor. 7.8.8. Für die Umkehrung gelte µ j y = 0;für beliebiges µ = ∑ mj=1 ϱ jµ j aus Λ folgt dannµ · y = ∑ ∑(ϱ j µ ji )y i = ∑ ∑ϱ j (µ ji y i ) = 0,i jj ialso mit Kor. 7.8.8 die Behauptung.7.8.3. Injektive Moduln. Als weiteres Konzept wird das eines injektivenModuls bedeutsam werden; es verallgemeinert in gewisser Weise das einer teilbarenabelschen Gruppe.Definition 7.8.10. Ein R-Modul M heißt injektiv, falls für alle Teilmengen Ivon R und Familien {a λ } λ∈I von Elementen aus M gilt: Wenn das Gleichungssystemλx = a λ , λ ∈ I in einer Erweiterung von M eine Lösung besitzt, so hat es auchschon in M selbst eine Lösung. Wir schreiben I(M R ) für die Klasse aller injektivenR-Moduln.152j=1i=1i=1□


Übung. Man bestimme direkt aus der Definition I(M K ) für einen Körper K.Einige algebraische Äquivalenzen zur Injektivität enthält das folgende Lemma[47], wobei (iii) ⇔ (iv) auch als Baers Test für Injektivität bekannt ist.Lemma 7.8.11. Sei M ein R-Modul. Dann sind äquivalent:(i) M ist injektiv.(ii) M ist direkter Summand jedes R-Moduls, der M umfaßt.(iii ′ ) Jede exakte Sequenz0 −→ M −→ M ′ −→ M ′′ −→ 0zerfällt.(iii) Jedes Diagramm der folgenden Form kann vervollständigt werden:0 −−−−→ M ′′ −−−−→ M ′⏐ ⏐f↓↓∃hM(iv) Jedes Diagramm der folgenden Form, wobei a ein Ideal von R sei, kannvervollständigt werden:M0 −−−−→ a −−−−→ R⏐ ⏐f↓↓∃hMBeweis. (iii) und (iii ′ ) sind nicht viel mehr als Umformulierungen: Ist (iii)vorausgesetzt, so folgt (iii ′ ) durch Anwendung von (iii) aufM0 −−−−→ M −−−−→ M ′⏐ ⏐id↓↓∃hsofort. ([34], III, Prop. 3.2.) Umgekehrt sei ein exaktes DiagrammMM0 −−−−→ M ′′ −−−−→ M ′⏐f↓gegeben. Wir bilden die Fasersumme N über M ′′ :M0 −−−−→ M ′′ −−−−→ M ′⏐ ⏐f↓↓j 2Mj 1−−−−→ NDa M ′′ ↩→ M ′ , ist j 1 ein Monomorphismus (Lemma 7.8.4). Nach (iii ′ ) zerfälltdie Sequenz 0 −→ M −→ j1N −→ N/M −→ 0, wir haben also ϕ: N → M mitϕ ◦ j 1 = id M , und mit h := ϕ ◦ j 2 gilt h|M ′′ = ϕ ◦ (j 1 ◦ f) = f.Zu (ii) ⇒ (i): Betrachte ein Gleichungssystem (∗) λx = a λ , λ ∈ I, ∅ ≠ I ⊆ R,das in einer Erweiterung N von M eine Lösung b ∈ N besitzt. Dann ist nach153


Voraussetzung N = M ⊕ M ′ mit einem R-Modul M ′ , also b = m + m ′ mit m ∈ M,m ′ ∈ M ′ , und es folgtλm ′ = λm − a λ ∈ M ′ ∩ M = {0},also ist m ∈ M eine Lösung von (∗) in M.Zu (iii) ⇒ (ii): Sei ˜M ein M umfassender R-Modul. Mit M ′′ := M, M ′ := ˜M,f := id folgt aus (iii) sofort ˜M = M ⊕ ker(h).Zu (iv) ⇒ (iii): Sei ein Diagramm wie in (iii) gegeben. Wir untersuchen nunzunächst, wie man für ein x ∈ M ′ die Abbildung f auf N := M ′′ + 〈x〉 fortsetzenkann. Dazu betrachte das Ideala := {λ ∈ R : λx ∈ M ′′ }in R und die Abbildung ϕ: a → M, λ ↦→ f(λx). Nach Voraussetzung existiert einψ : R → M mit ψ|a = ϕ. Definiere nun f ′ : N → M wie folgt: Ist m = m ′′ +λx ∈ Nmit m ′′ ∈ M ′′ , λ ∈ R, so sei f ′ (m) := f(m ′′ ) + ψ(λ). Dann ist f ′ wohldefiniert,denn ist m = m ′′ + λx mit m ′′ ∈ M ′′ , λ ∈ R, so folgt (λ − λ)x = m ′′ − m ′′ ∈ M ′′ ,mithin λ − λ ∈ a undψ(λ − λ) = ϕ(λ − λ) = f((λ − λ)x) = f(m ′′ − m ′′ );offenbar ist f ′ ein Homomorphismus und f ′ |M ′′ = f.— Wir bilden jetzt die Mengealler Paare (N, g) von Moduln N und Homomorphismen g : N → M mit M ′′ ⊆N ⊆ M ′ und g|M ′′ = f; diese ist nichtleer und induktiv geordnet, besitzt also nachdem Lemma von Zorn ein maximales Element (N ′ , h). Wegen dem eben Bewiesenenmuß N ′ = M ′ sein, denn sonst könnte man h auf den echt größeren UntermodulN ′ + 〈x〉 von M ′ , x ∈ M ′ \ N ′ fortsetzen.Zu (i) ⇒ (iv): Definiere I := a, a λ := f(λ) für λ ∈ a. Man überprüft sofort,daß die Bedingung (ii) des Lemma 7.8.7 erfüllt ist, das Gleichungssystem λx = a λ(λ ∈ a) also eine Lösung m in M besitzt (nach der Definition der Injektivität).Definiere nun h: R → M, λ ↦→ λm. Offensichtlich ist h|a = f, wie gewünscht. □(Dualisiert man (iii ′ ), so erhält man die definierende Eigenschaft eines projektivenModuls, vgl. [33], IV,§3.)Korollar 7.8.12. Eine abelsche Gruppe ist injektiv (als Z-Modul) genau dann,wenn sie teilbar ist.— Insbesondere: Ist G eine injektive abelsche Gruppe und G ′ ⊆G eine Untergruppe, so ist auch G/G ′ ein injektive abelsche Gruppe, denn mit Gist auch G/G ′ teilbar.Beweis. Übung.□Wir wollen nun zeigen, daß die Klasse der injektiven R-Moduln konfinal in derKlasse aller R-Moduln ist. Für R = Z geht das leicht:Proposition 7.8.13. (Baer, [47]) I(M Z ) ist konfinal in M Z .Beweis. Sei G eine abelsche Gruppe aus M Z . Schreibe G = F/K mit einerfreien abelschen Gruppe F . F ist in dem Q-Vektorraum F ⊗ Z Q enthalten, welcheoffensichtlich teilbar ist. Damit ist wegen Kor. 7.8.12 G in der teilbaren abelschenGruppe (F ⊗ Z Q)/K enthalten.□Interessanterweise kann man dieses Ergebnis für den allgemeinen Nachweis derKonfinalität verwenden. Dazu dient folgende Beobachtung:154


Lemma 7.8.14. Ist R eine S-Algebra, S ein Ring, und N ein injektiver S-Modul, so ist M := Hom S (R, N) ein injektiver R-Modul. (Dabei ist M ein R-Modulvermöge (λϕ)(µ) := ϕ(λµ) für λ, µ ∈ R, ϕ ∈ M.)Beweis. Sei M ′′ ⊆ M ′ ein Untermodul und f : M ′′ → M ein Homomorphismus;nach Lemma 7.8.11, (iii) haben wir zu zeigen, daß f auf M ′ fortgesetzt werdenkann. Es gibt einen natürlichen Isomorphismus g : M → ∼= N von S-Modulnvia ϕ ↦→ ϕ(1). Sei f ′ := g ◦ f : M ′′ → N und h ′ eine Fortsetzung von f ′ gemäßLemma 7.8.11, (iii) auf M ′ , aufgefaßt als S-Modul. Wir definiere die gesuchte Abbildungh: M ′ → M als diejenige Funktion, die m ′ ∈ M ′ auf ϕ: R → N, λ ↦→ h ′ (λm ′ )abbildet.□Korollar 7.8.15. (Eckmann-Schöpf, [73]) Sei R ein beliebiger Ring. I(M R )ist konfinal in M R .Beweis. Sei M ein R-Modul. Es gibt eine Einbettung α: M → Hom Z (R, M),welche m auf die Abbildung ϕ mit λ ↦→ λm abbildet. Betrachten wir M zeitweiligals abelsche Gruppe, so wissen wir nach Prop. 7.8.13, daß ein Monomorphismusj : M ↩→ G in eine injektive abelsche Gruppe G existiert. Damit erhalten wir aucheinen Monomorphismus j ′ : Hom Z (R, M) → Hom Z (R, G). Nach Lemma 7.8.14 istHom Z (R, G) ein injektiver R-Modul, und j ′ ◦ α die gesuchte Einbettung von M ineinen injektiven Modul.□Tatsächlich geht es weit besser:Satz 7.8.16. (Eckmann-Schöpf, [73]) Sei M ein R-Modul. Dann kann M ineinen R-Modul M mit folgenden Eigenschaften eingebettet werden:(i) M ist eine injektive Erweiterung von M.(ii) Für jede injektive Erweiterung N von M kann folgendes Diagramm durcheine Einbettung h vervollständigt werden:(7.8.27)hM −−−−→ N↑ ↑⏐ ⏐MM ist bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt und heißt die injektive Hülle E(M)von M.Beweis. Wir wollen hier eine Erweiterung E ⊇ M eine essentielle Erweiterungnennen, falls der Schnitt jedes nichttrivialen Untermoduls von E mit M nichttrivialist. Sei F ⊇ M gemäß Kor. 7.8.15 eine injektive Erweiterung von M; da M ⊇ M essentiellist, ist die Menge der essentiellen Erweiterungen E von M mit F ⊇ E ⊇ Mnichtleer und zudem induktiv geordnet, enthält also nach dem Zornschen Lemmaeinen maximalen essentiellen F -Untermodul E ⊇ M. Wir zeigen, daß dann E injektivist. Sei N ein bzgl. der Eigenschaft N ∩ E = {0} maximaler Untermodul vonF ; ein solcher existiert nach Zorn. Wir zeigen E +N = F ; wegen E +N = E ⊕N istdann E injektiv. Betrachte α := π|E, wobei π : F ↠ F/N. α ist monomorph wegenE ∩ N = {0} und damit α(E) ⊆ F/N essentiell, wie sofort aus der Maximalitätvon N folgt. Wegen der Injektivität von F existiert eine Abbildung β : F/N → Fmit β ◦ α = id E . Da α(E) ∩ ker β = ker α = {0}, muß wegen α(E) ⊆ F/N essentiellker β = {0} sein. Insbesondere ist β(F/N) ⊇ E essentiell. Ist aber E ′ ⊇ E155M


eine essentielle Erweiterung von E in F , so ist offenbar E ′ ⊇ M auch eine essentielleErweiterung von M, also E ′ = E. Also β(F/N) = E, damit F/N = Eund E + N = F .— Wir setzen M := E; (i) ist dann erfüllt, und ist N ⊇ M eineinjektive Erweiterung, so existiert nach Lemma 7.8.11, (iii) eine Abbildung hwie in (7.8.27); da h|M = id und M ⊇ M essentiell, ist h eine Einbettung. Istdarüber hinaus ˜M eine weitere injektive Hülle von M, so existiert eine Einbettung˜h: M → ˜M mit ˜h|M = id; da damit ˜h(M) ein injektiver Untermodul von ˜M ist,ist ˜M = ˜h(M) ⊕ ˜M ′ für einen Modul ˜M ′ . Analog existiert h: ˜M ↩→ M, h|M = id,M = h( ˜M)⊕M ′ = h(˜h(M))⊕(h( ˜M ′ )⊕M ′ ). Da M ⊆ (h◦˜h)(M) ⊆ M und M ⊇ Messentiell ist, folgt M ′ , ˜M ′ = {0}, also M ∼ = ˜M.□Korollar 7.8.17. Seien M, N R-Moduln. Dann ist E(M ⊕ N) = E(M) ⊕E(N).Beweis. Diagrammjagd, als Übung.7.8.4. Positiv primitive Formeln und Dimensionssätze. Hauptergebnisdieses §7.8 wird ein Satz sein, der es erlaubt, beliebige L R -Formeln als Kombinationvon Formeln einfacheren Typs darzustellen, nämlich sog. positiv primitiven Formelnund Dimensionssätzen.Definition 7.8.18. Eine positiv primitive Formel (kurz: p.p. Formel) in L Rist eine Formel der Form( m)∧(7.8.28) ϕ = ∃x 1 · · · ∃x n ϕ i , (m, n ∈ N 0 )i=1wobei die ϕ i atomare L R -Formeln seien.Bemerkung 7.8.19. Wir sehen, daß wir o.B.d.A. stets davon ausgehen können,daß die ϕ i in der Gestaltn∑t∑λ ij x j = µ ik y k (i = 1, . . . , m)j=1k=1mit λ ij , µ ik ∈ R und den freien Variablen y 1 , . . . , y t von ϕ (t ∈ N 0 ) gegeben sind.ϕ beschreibt also die Lösbarkeit des linearen Gleichungssystems Ax = By in x mitden Parametern y, wobei A := (λ ij ) 1≤i≤m ∈ R m×n , B := (µ ik ) 1≤i≤m ∈ R m×t .1≤j≤n1≤k≤tAls Folgerung aus Kor. 7.8.9 ergibt sich: (Dabei heiße ein Ring R [primitiv]rekursiv, falls er auf einer [primitiv] rekursiven Teilmenge von N definiert ist und[primitiv] rekursive Operationen besitzt.)Lemma 7.8.20. Sei R kohärent. Dann ist jede p.p. L R -Formel ϕ in E(M R )äquivalent zu einer quantorenfreien p.p. Formel ϕ ′ (d.h. einer Konjunktion vonGleichungen). Ist R (primitiv) rekursiv und (primitiv) rekursiv ein endliches Erzeugendensystemfür den Modul Λ aus (7.8.25) bestimmbar, so ist die Q.E. (primitiv)rekursiv.Beweis. Es sei ϕ wie in (7.8.28). Wir führen Induktion nach n ∈ N 0 . Für n = 0ist nichts zu zeigen. Zum Induktionsschritt sei n > 0. Schreibe ϕ = ∃x 1 · · · ∃x n−1 (ψ)mit der p.p. Formel ψ(x 1 , . . . , x n−1 , y) := ∃x n ( ∧ ϕ i ). Mit Kor. 7.8.9, (ii) ist ψ äquivalentzu einer quantorenfreien p.p. L R -Formel ψ ′ , und mit Induktionsvoraussetzung,angewendet auf ∃x 1 · · · ∃x n−1 (ψ ′ ), folgt die Behauptung.□156□


Für einen beliebigen Ring R ist i.a. kein zu diesem Lemma analoges Ergebnis zuerwarten. Allerdings ändert sich dies, wenn wir allgemeiner auch infinitäre Formelnzulassen.Definition 7.8.21. Eine infinitäre p.p. Formel ist eine (L R ) ∞ -Formel der Bauart( ) ∧ϕ = ∃x 1 · · · ∃x n ϕ i , (n ∈ N 0 )i∈Iwobei die ϕ i atomare L R -Formeln und I eine beliebige Indexmenge sei.Bemerkung. Wir erinnern an die Konvention, daß ∧ i∈∅ ϕ i stets als wahrausgewertet wird. Die Bem. 7.8.19 trifft auch hier sinngemäß zu.Lemma 7.8.22. Sei R ein beliebiger Ring. In I(M R ) ist jede infinitäre p.p. Formelϕ äquivalent zu einer quantorenfreien infinitären p.p. Formel ϕ ′ .Beweis. Analog zum Beweis von Lemma 7.8.20. Für n = 1 gilt nach Definitionvon I(M R ) und Lemma 7.8.7( ( ())∧ t∑I(M R ) |= ∃x λ i x = ν ik y k ↔ ∧ ( ( ) ))∑ t∑µ i ν ik y k = 0 ,i∈I k=1λ∈Λ i∈I k=1wobei y 1 , . . . , y t freie Variablen, λ i , ν ik ∈ R und Λ := { µ ∈ R (I) : ∑ i∈I µ iλ i = 0 } .Der Induktionsschritt ist klar.□Korollar 7.8.23. Sei R ein Ring. In E(M R ) ist jede p.p. Formel äquivalentzu einer quantorenfreien infinitären p.p. Formel (mit denselben freien Variablen).E(M R ) erlaubt also eine infinitäre Q.E.Beweis. Sei ϕ p.p. und ϕ ′ nach Lemma 7.8.22 eine quantorenfreie infinitärep.p. Formel mit I(M R ) |= (ϕ ↔ ϕ ′ ). Ist dann M ∈ E(M R ), so erweitere M nachKor. 7.8.15 zu M ′ ∈ I(M R ). Da M ′ |= (ϕ ↔ ϕ ′ ), gilt auch M |= (ϕ ↔ ϕ ′ ),nach Definition von E(M R ). Weil L R eine Konstante enthält, kann man ferner ϕ ′o.B.d.A. als Formel in denselben freien Variablen wie ϕ annehmen. (Bem. 5.2.7.) □Wir untersuchen nun die durch p.p. Formeln definierbaren Teilmengen einesModuls.Sei ϕ(x, y) eine erweiterte p.p. Formel in L R , y = (y 1 , . . . , y t ), also ϕ von derForm( m)∧(7.8.29) ∃x 1 · · · ∃x n ϕ i (m, n ∈ N 0 )i=1mit ϕ i = ( ∑ nj=1 λ ijx j = µ i x + ∑ tk=1 µ iky k ). Weiter sei M ein R-Modul und c =(c 1 , . . . , c t ) ∈ M t . DefiniereDann gilt:Proposition 7.8.24.E M ϕ,c := { a ∈ M : M |= ϕ(a, c) } .(i) E M ϕ,0 ist eine Untergruppe der additiven Gruppe von M. Ist R kommutativ,so ist E M ϕ,0 ein Untermodul von M. (Dabei 0 := (0, . . . , 0) ∈ M t .)(ii) Entweder ist E M ϕ,c = ∅ oder E M ϕ,c eine Nebenklasse von E M ϕ,0.157


Beweis. Die ϕ(0) haben die Form ϕ(0) = ( ∑ λ ij x j = µ i x); man sieht, daß0 ∈ Eϕ,0 M und mit a, b auch a − b in Eϕ,0 M ist, sowie, falls R kommutativ ist, auchλa für λ ∈ R. Dies zeigt (i). Für (ii) überlegt man sich, daß, falls Eϕ,c M ≠ ∅, etwaa 0 ∈ Eϕ,c, M für alle a ∈ M gilt: a ∈ Eϕ,c M gdw. a − a 0 ∈ Eϕ,0.M □Wir schreiben kürzer M ϕ := E M ϕ,0. M ϕ wird eine p.p. definierbare Untergruppevon M genannt. (In der Literatur manchmal auch matrizielle Untergruppe oderendlich definierbare Untergruppe.)Proposition 7.8.25. Seien ϕ, ψ p.p.(i) Ist M ein R-Modul, so ist M ϕ ∩ M ψ = M ϕ∧ψ . Endliche Durchschnittevon p.p. Untergruppen sind also stets wieder p.p.(ii) Ist {M i } i∈I eine Familie von R-Moduln, I ≠ ∅, so ist (∏ i∈I M )i∏= ϕi∈I (M i) ϕ und (⊕ i∈I M )i = ⊕ ϕ i∈I (M i) ϕ .Beweis. (i) ist klar, da eine Konjunktion zweier p.p. Formeln äquivalent zueiner p.p. Formel ist. (ii) ergibt sich unmittelbar aus der Definition und verbleibtals Übung.□Seien ϕ(x, y), ψ(x, y) p.p. Formeln mit zugehörigen p.p. Untergruppen M ϕ ⊇M ϕ∧ψ in einem R-Modul M. Dann existiert zu jedem k ∈ N ein ∃ 2 -Satz dim ≥kϕ,ψ ,der in M besagt, daß [M ϕ : M ϕ∧ψ ] = ord(M ϕ /M ϕ∧ψ ) ≥ k ist, nämlich⎛⎞dim ≥kϕ,ψ := ∃x k∧k∧1 · · · ∃x k⎜⎝ ϕ[x i /x, 0/y] ∧ ¬ ( ϕ ∧ ψ ) [x j − x i /x, 0/y] ⎟⎠ ,i=1i,j=1i≠jwobei ϕ, ψ wie in (7.8.29) gegeben seien. Sätze dieser Art nennen wir Dimensionssätze.Aus der infinitären Q.E. für E(M R ) nach Kor. 7.8.23 erhalten wir:Korollar 7.8.26. Jeder Dimensionssatz δ ist invariant in E(M R ), d.h. sowohlδ als auch ¬δ sind persistent unter Erweiterungen in E(M R ).Beweis. Sei δ = dim ≥kϕ,ψmit k ∈ N und p.p. Formeln ϕ(x, y), ψ(x, y). Ersetzedie p.p. Formel (ϕ ∧ ψ) nach Kor. 7.8.23 durch eine infinitäre quantorenfreiep.p. Formel ∧ i ′ ∈I ϕ i ′ mit Gleichungen ϕ i ′. Dann ist δ äquivalent zu⎛⎞∨k∧k∧∃x 1 · · · ∃x k⎜⎝ ϕ[x i /x, 0/y] ∧ ¬ϕ i ′[x j − x i /x, 0/y] ⎟⎠ ,i ′ ∈Ii=1i,j=1i≠jalso einer Disjunktion existentieller Sätze. Da wir uns in E(M R ) befinden, folgt dieBehauptung.□Korollar 7.8.27. Sei R ein beliebiger Ring. Je zwei existentiell abgeschlosseneModuln erfüllen dieselben Dimensionssätze.Beweis. Seien M, N ∈ E(M R ), δ ein Dimensionssatz, M erfülle δ. ErweitereM × N zu L ∈ E(M R ). Dann M ↩→ L, N ↩→ L; nach Kor. 7.8.26 folgt L |= δ, alsoauch N |= δ.□158


Lemma 7.8.28. Sei R ein Ring, ϕ(x, y), ψ(x, y) p.p. Formeln in L R . Danngilt in E(M R ) entweder ¬ dim ≥2ϕ,ψoder für alle k ∈ N stets dim≥kϕ,ψ. M.a.W.: Fürjedes Paar p.p. Formeln ϕ, ψ gilt in allen existentiell abgeschlossenen R-Moduln Mentweder M ϕ = M ϕ∧ψ (d.h. E(M R ) |= (ϕ → ψ)(x, 0)) oder [M ϕ : M ϕ∧ψ ] = ∞.Beweis. Angenommen, es existiert ein M ∈ E(M R ) mit M |= dim ≥2ϕ,ψ . Wegendem vorstehenden Kor. 7.8.27 genügt es zu zeigen, daß es ein M ′ ∈ E(M R ) gibt,so daß für alle k ∈ N gilt: M ′ |= dim ≥kϕ,ψ . Sei N := M N . Da mit Prop. 7.8.25, (ii)N ϕ = (M ϕ ) N , N ϕ∧ψ = (M ϕ∧ψ ) N und [M ϕ : M ϕ∧ψ ] ≥ 2, folgt[N ϕ : N ϕ∧ψ ] ≥ k für alle k ∈ N.Erweitere jetzt N zu M ′ ∈ E(M R ). In E(M R ) ist ϕ ∧ ψ äquivalent zu einer (i.a. unendlichen)Konjunktion ϱ von Gleichungen (Kor. 7.8.23). Damit gilt also M |=(ϕ ∧ ψ ↔ ϱ) und folglich N |= (ϕ ∧ ψ ↔ ϱ). Somit ist in N jeder Dimensionssatzdim ≥kϕ,ψäquivalent zu einer (i.a. unendlichen) Disjunktion existentieller Formeln,und es folgt M ′ |= dim ≥kϕ,ψ .7.8.5. Der Satz von Baur-Monk. Wir steuern nun auf einen der grundlegendenSätze der <strong>Modelltheorie</strong> von Moduln zu, den Satz von Baur und Monk überrelative Q.E.; unsere Darstellung folgt [178]. Wir beginnen mit einigen allgemeinenBetrachtungen über abelsche Gruppen. (Wie üblich schreiben wir G ′ ≤ G,falls G ′ eine Untergruppe der Gruppe G ist, und [G : G ′ ] = ord(G/G ′ ), also[G : G ′ ] = card(G/G ′ ), falls card(G/G ′ ) < ℵ 0 , und [G : G ′ ] = ∞, sonst, wobeiG ′ Normalteiler von G sei; mit ∞ wird wie gewohnt gerechnet.)Proposition 7.8.29. Sei G eine (additiv geschriebene) abelsche Gruppe.(i) Seien K ≤ H ≤ G, L ≤ G. Dann ist [H ∩ L : K ∩ L] ≤ [H : K].(ii) Seien K ≤ H ≤ G. Dann ist [G : K] = [G : H] · [H : K].(iii) Seien H, K ≤ G, E, F Nebenklassen von H bzw. K. Dann ist entwederE ∩ F = ∅, oder E ∩ F ist eine Nebenklasse von H ∩ K.(iv) Seien H 1 , . . . , H n ≤ G, [G : H i ] < ∞ für 1 ≤ i ≤ n. Dann ist auch[G : ⋂ ni=1 H i] < ∞.(v) Seien H ≤ G, K ≤ G. Dann [G : H] = [G/K : H/H ∩ K] · [K : H ∩ K].Beweis. (i) ist klar. (Durch h(K ∩ L) ↦→ hK erhält man eine EinbettungH ∩L/K ∩L ↩→ H/K.) Zu (ii) beachte, daß nach dem Satz von Lagrange ord(G) =ord(H)·[G : H], ord(H) = ord(K)·[H : K], also ord(G) = ord(K)·[G : H]·[H : K],und ord(G) = ord(K) · [G : K]. (Oder einfach: 2. Isomorphiesatz.) Zu (iii) seiE ∩ F ≠ ∅, etwa g ∈ E ∩ F ; dann ist E ∩ F = g + H ∩ K.— Zu (iv): Induktionnach n ∈ N. n = 1 ist trivial. Sei n > 1. Dann[[[G :]n⋂H ii=1= [G : H 1] ·(ii)H 1 :n⋂i=1]H i ≤ [G : H 1 ] ·(i)G :]n⋂H i ,und der Induktionsschritt ist vollzogen. (v) schließlich folgt unmittelbar aus denbeiden Isomorphiesätzen und (ii): [G/K : H/H ∩ K] · [K : H ∩ K] = [G/K :HK/K] · [HK : H] = [G : HK] · [HK : H] = [G : H].□(ii)Die folgenden Aussagen stammen von B. H. Neumann [114].159i=2□


Lemma 7.8.30. Sei G eine abelsche Gruppe. Seien G 1 , . . . , G k ≤ G, sowie E iNebenklassen von G i , i = 1, . . . , k. Falls G = E 1 ∪ · · · ∪ E k , so ist [G : G i ] ≤ k fürein i ∈ {1, . . . , k}.Beweis. Induktion über die Anzahl D der verschiedenen Gruppen unter denG i . Ist D = 1, so sind die E 1 , . . . , E k Nebenklassen ein und desselben G 1 , und somit[G : G 1 ] ≤ k. Sei also D > 1. Definiere eine Quasiordnung auf {G 1 , . . . , G k } durchG i G j d.u.n.d., falls [G i : G i ∩ G j ] endlich ist. ist transitiv, da[G h : G h ∩ G j ] ≤ [G h : G h ∩ G i ∩ G j ]=(ii)≤(i)[G h : G h ∩ G i ] · [G h ∩ G i : G h ∩ G i ∩ G j ][G h : G h ∩ G i ] · [G i : G i ∩ G j ].Sei G i ∼ G j :⇔ (G i G j ∧ G j G i ) die induzierte Äquivalenzrelation und ≦die induzierte Halbordnung auf den Äquivalenzklassen [G i ]. Wähle eine bzgl. ≦maximale Klasse [G i ]. Wir können annehmen, daß [G i ] = {G 1 , . . . , G l } für einl ∈ {1, . . . , k}. Mit T := G 1 ∩ · · · ∩ G l erhalten wir [G : T ] = [G : G j ] · [G j : T ] fürj = 1, . . . , l, also()[G : T ] ≥ min [G : G j] · [G i : T ],1≤j≤lund somit()[G : T ] ≥min [G : G j]1≤j≤l· max1≤i≤l [G i : T ].Ferner ist nach Prop. 7.8.29, (iv) max [G i : T ] endlich.1≤i≤lAngenommen nun, es wären alle [G : G i ] > k für 1 ≤ i ≤ k. Dann folgt[G : T ] > k · max [G i : T ], und letztere Zahl ist größer oder gleich der Anzahl der1≤i≤lNebenklassen von T , welche in E 1 ∪· · ·∪E l enthalten sind. (Ist x+T in E i = x i +G ienthalten, so ordne x+T die Nebenklasse x i +T zu.) Also existiert eine Nebenklassex + T von T mit x ∈ G, die in E l+1 ∪ · · · ∪ E k enthalten ist, und somit(7.8.30) T ⊆ (−x + E l+1 ) ∪ · · · ∪ (−x + E k ).Nach Prop. 7.8.29, (iii) ist jedes E i′ := (−x + E i ) ∩ T entweder leer oder eineNebenklasse von G ′ i := G i ∩ T , für l + 1 ≤ i ≤ k. Nach Wahl der G 1 , . . . , G l ist[G j : T ∩ G i ] ≥ [G j : G j ∩ G i ] unendlich für 1 ≤ j ≤ l < i ≤ k. Ferner sind[G j : T ] endlich und [G j : T ∩ G i ] = [G j : T ] · [T : T ∩ G i ] nach Prop. 7.8.29, (ii),und somit [T : G ′ i ] = [T : T ∩ G i] = ∞ für l + 1 ≤ i ≤ k. Ferner ist nach (7.8.30)T = El+1 ′ ∪· · ·∪E′ k , wobei die E′ i leer oder Nebenklassen von G′ i sind, für l+1 ≤ i ≤k. Dies aber widerspricht der Induktionsannahme, denn G 1 ≠ G l+1 , . . . , G k , unddamit befinden sich unter G ′ l+1 , . . . , G′ khöchstens D −1 verschiedene Gruppen. □Lemma 7.8.31. Sei G eine abelsche Gruppe. Seien G 1 , . . . , G k ≤ G und E iNebenklassen von G i für i = 1, . . . , k. Es sei G = E 1 ∪· · ·∪E k und G ≠ E 2 ∪· · ·∪E k .Dann ist [G : G 1 ] ≤ k k .Beweis. Wieder führen wir Induktion über die Anzahl D der verschiedenenGruppen unter den G 1 , . . . , G k . Ist D = 1, so sind E 1 , . . . , E k Nebenklassen von G 1 ,und [G : G 1 ] ≤ k. Sei also D > 1. Nach Lemma 7.8.30 existiert ein i ∈ {1, . . . , k}mit [G : G i ] ≤ k. Ist [G : G 1 ] ≤ k, sind wir fertig; andernfalls können wir [G :G 2 ] ≤ k und somit G 2 ≠ G 1 annehmen. Wähle x ∈ G \ (E 2 ∪ · · · ∪ E k ) und setze160


F i := G 2 ∩ (−x + E i ) für 1 ≤ i ≤ k. Nach Prop. 7.8.29, (iii) sind die F i leer oderNebenklassen von G ′ i := G 2 ∩ G i , undG 2 = G ∩ G 2 = ( (−x + E 1 ) ∪ · · · ∪ (−x + E k ) ) ∩ G 2 = F 1 ∪ · · · ∪ F k .Man bemerke, daß G 2 ≠ F 2 ∪ · · · ∪ F k , da sonst 0 ∈ F i für ein i ∈ {2, . . . , k}, undsomit x ∈ E i ; ferner, daß aus G i = G 2 für ein i ∈ {2, . . . , k} folgt, daß F i = ∅ ist,weil sonst y ∈ F i impliziert, daß y + x ∈ E i und y ∈ G i , also x ∈ E i . Wir könneno.E. annehmen, daß G 2 = G i genau für alle i ∈ {2, . . . , h} gilt, wobei 1 ≤ h ≤ k ist.Dann istG 2 = F 1 ∪ F h+1 ∪ · · · ∪ F k , G 2 ≠ F h+1 ∪ · · · ∪ F k ,und G ′ 1, G ′ h+1 , . . . , G′ ksind höchstens (D − 1) verschiedene Gruppen. Nach Induktionsvoraussetzungist damit [G 2 : G ′ 1] ≤ (k − 1) (k−1) , also[G : G 1 ] ≤ [G : G 1 ∩ G 2 ] = [G : G 2 ] · [G 2 : G ′ 1] ≤ k · (k − 1) (k−1) ≤ k k ,wie gewünscht.Korollar 7.8.32. Sei G eine abelsche Gruppe. Seien G 1 , . . . , G k ≤ G und E iNebenklassen von G i für i = 1, . . . , k. Sei G = E 1 ∪ · · · ∪ E k , und seiDann ist G = ⋃ i∈I E i.istI := { i : 1 ≤ i ≤ k, [G : G i ] ≤ k k} .Beweis. Wende Lemma 7.8.31 nacheinander auf alle G i mit i /∈ I an.Ein in der elementaren Kombinatorik oft benütztes Prinzip ist das folgende.Lemma 7.8.33. (Sylvestersches Prinzip) Seien A 0 , . . . , A k endliche Mengen. EsA 0 ⊆ A 1 ∪ · · · ∪ A k(Dabei A 0 ∩ ⋂ i∈∅ A i := A 0 .)d.u.n.d., wenn∑I⊆{1,...,k}(−1) |I| ∣ ∣∣∣∣A 0 ∩ ⋂ i∈IA i∣ ∣∣∣∣= 0.Beweis. Induktion nach k ∈ N. Für k = 1 lautet die Aussage: A 0 ⊆ A 1 genaudann, wenn |A 0 | − |A 0 ∩ A 1 | = 0, und dies ist offensichtlich richtig. Sei k > 1. Dann∣∑ ∣∣∣∣(−1) |I| A 0 ∩ ⋂ ∣ ∣∣∣∣A i =i∈II(∣∑∣∣∣∣I⊆{1,...,k−1}(−1) |I| A 0 ∩ A k ∩ ⋂ ∣ ∣∣∣∣ A i +∣ (A 0 \ A k ) ∩ ⋂ ∣) ∣∣∣∣A i +i∈Ii∈I∑I⊆{1,...,k−1}(−1) |I|+1 ∣ ∣∣∣∣A 0 ∩ A k ∩ ⋂ i∈I∑I⊆{1,...,k−1}(−1) |I| ∣ ∣∣∣∣(A 0 \ A k ) ∩ ⋂ i∈IA i∣ ∣∣∣∣=A i∣ ∣∣∣∣,und dies ist nach Induktionsannahme gleich 0 d.u.n.d., wenn (A 0 \ A k ) ⊆ A 1 ∪ · · · ∪A k−1 , d.h. wenn A 0 ⊆ A 1 ∪ · · · ∪ A k .□161□□


Eine Kombination von Kor. 7.8.32 und Lemma 7.8.33 ergibt ein Kriteriumbetreffend die Überdeckung einer Nebenklasse durch endlich viele Nebenklassen.Überdeckungssatz. Sei G eine abelsche Gruppe, G i ≤ G, E i leer oder eineNebenklasse von G i für 0 ≤ i ≤ k. SetzeJ := { i : 1 ≤ i ≤ k, E i ≠ ∅ und [G : G i ] ≤ k k} ,H := G 0 ∩ · · · ∩ G k ,[N I :=N :={G 0 ∩ ⋂ i∈IG i : H]I ⊆ J : E 0 ∩ ⋂ i∈IE i ≠ ∅für I ⊆ J, undEs ist E 0 ⊆ E 1 ∪ · · · ∪ E k dann und nur dann, wenn ∑ ∑I∈N (−1)|I| N I = 0 (wobeinach Definition gleich 0 sei.).∅Beweis. Ist E 0 = ∅, so ist N = ∅, und somit ∑ ∅x ∈ E 0 und setze F i := −x + E i . Dann gilt}.= 0. Andernfalls wähleE 0 ⊆ E 1 ∪ · · · ∪ E k ⇔ G 0 ⊆ F 1 ∪ · · · ∪ F k ⇔ G 0 = ⋃ F j .7.8.32j∈JSei π : G → G/H der kanonische Epimorphismus und setze A 0 := π(G 0 ) = G 0 /H,A j := π(F j ) für j ∈ J. Nach Prop. 7.8.29, (iv) sind A 0 , A j für j ∈ J alle endlich,und es giltG 0 ⊆ ⋃ F j ⇔ A 0 ⊆ ⋃ A j .j∈Jj∈JNach Lemma 7.8.33 ist dies d.u.n.d. der Fall, wenn ∑ ∣ I⊆J (−1)|I| A0 ∩ ⋂ i∈I A ∣i = 0.Es ist nun A 0 ∩ ⋂ i∈I A i = π(G 0 ∩ ⋂ ⋂i∈I F i), und nach Prop. 7.8.29, (iii) G 0 ∩i∈I F i eine Nebenklasse von G 0 ∩ ⋂ i∈I G i. Somit haben wir |A 0 ∩ ⋂ i∈I A i| =|G 0 ∩ ⋂ i∈I G i/H| = N I < ∞. Dies vervollständigt den Beweis. □Nach diesen Vorarbeiten kommen wir nun zu dem bereits mehrfach angekündigtenSatz.Satz 7.8.34. (Baur-Monk, [50], [111]) Sei R ein beliebiger Ring. Dann ist inM R jede L R -Formel ϕ äquivalent zu einer Booleschen Kombination ϕ ′ von p.p. Formelnund Dimensionssätzen. (Die Klasse der Moduln erlaubt also Q.E. relativ zup.p. Formeln und Dimensionssätzen.)Beweis. Wir führen Induktion über den Aufbau von ϕ. Der einzig nichttrivialeFall ist der des Allquantors. Es genügt also zu zeigen, daß für eine ∧-∨-¬-Kombination ψ(x, y) von p.p. Formeln und Dimensionssätzen auch ϕ = ∀x(ψ(x, y))in M R zu einer solchen Kombination äquivalent ist. O.B.d.A. sei ψ eine Disjunktionvon p.p. Formeln und Dimensionssätzen und Negationen von solchen. Da die Variablex in den Dimensionssätzen nicht vorkommt, können wir ψ von der folgendenGestalt annehmen:k∨ l∨ψ = ψ i ∨ ¬ψ i mit p.p. ψ i .i=1i=k+1162


Dabei sei l > k; ansonsten füge man die Ungleichung ¬(0 = 0) hinzu. Ist k = 0,so ist ϕ äquivalent zu ¬∃x( ∧ li=k+1 ψ i), und dies äquivalent zur Negation einerp.p. Formel. Ist k > 0, setze ψ 0 := ∧ li=k+1 ψ i. Dann ist ψ äquivalent zu ψ 0 →∨ ki=1 ψ i. Sei M ∈ M R beliebig, G i := M ψi die zu ψ i gehörigen p.p. Gruppen. Fürjedes zu y passende b aus M gilt dannA |= ϕ(b) ⇔ E 0 ⊆ E 1 ∪ · · · ∪ E k , wobei E i = E M ψ i,b.Nach dem Überdeckungssatz (mit den dortigen Bezeichnungen) ist dies der Falld.u.n.d., wenn ∑ I∈N (−1)|I| N I = 0. Dies wiederum gilt genau dann, wenn M |=ϑ(b), wobei mit K := {1, . . . , k}ϑ (y) := ∨ ∨ ∨ϱ J ∧ ∧ )σ I,n,N ,ϱ J := ∧ j∈J∧σ I,n,N := ∃xJ⊆K N⊆2 Jj∈K\J(n : N→N∑0,I∈N (−1)|I| n(I)=0∀I∈N: n(I)≤k k2I∈N(∃x (ψ j (x, y)) ∧ ¬ dim ≥kk +1ψ 0,ψ j)∧(()¬∃x (ψ j (x, y)) ∨ dim ≥kk +1ψ 0,ψ j,ψ 0 ∧ ∧ i∈Iψ i)(x, y) ∧∧I ′ ∈2 J \N¬∃x(ψ 0 ∧ ∧dim ≥n(I)ψ ∧ 0∧ i∈I ψi,∧ ∧¬ dim≥n(I)+1j∈Kψj ψ ∧ 0∧ i∈I ψi,∧ .j∈K ψji ′ ∈I ′ ψ i ′)(x, y) ∧(Man beachte, daß die innerste Disjunktion in ϑ endlich ist; die Abschätzung durchk k2 ergibt sich mit Prop. 7.8.29, (i) aus[N I = G 0 ∩ ⋂ ] ⎡⎤G i : H ≤ ⎣G 0 : G 0 ∩⋂G j⎦ ≤ (k k ) ki∈Ij∈J\Iund dem Beweis von Prop. 7.8.29, (iv).)Damit M R |= (ϕ ↔ ϑ)(y), und ϑ ist von der gewünschten Form.Es sei an dieser Stelle angemerkt, daß der vorgestellte Beweis mit marginalenÄnderungen auch in dem viel allgemeineren Rahmen der von Fisher [76] definiertenabelschen Strukturen durchgeführt werden kann; vgl. hierzu [178]. Diese umfassenneben den von van der Waerden als abelsche Gruppen mit Operatoren bezeichnetenStrukturen ([39], §45) auch Bimoduln, Moduln mit ausgezeichneter Untergruppeu.v.m.7.8.6. Folgerungen aus dem Baur-Monk-Satz. Wir sammeln einige sichleicht ergebende Konsequenzen aus dem Satz von Baur-Monk ein.Korollar 7.8.35. Jeder L R -Satz ist in der Klasse der Moduln äquivalent zueiner Booleschen Kombination von Dimensionssätzen.Beweis. Sei ϕ ein L R -Satz. Nach dem Satz von Baur-Monk ist ϕ äquivalentzu einer Booleschen Kombination ϕ ′ von p.p. Formeln und Dimensionssätzen. WeilL R nicht konstantenlos ist, kann man nach Bem. 5.2.7 annehmen, daß ϕ ′ dieselben163□


freien Variablen wie ϕ enthält, also gar keine. Jeder p.p. Satz in ϕ ′ kann aber nunäquivalent durch 0 = 0 ersetzt werden.□Korollar 7.8.36. Für Moduln M, N sind gleichwertig:(i) M und N sind elementar äquivalent.(ii) M und N erfüllen dieselben ∀ 2 -Sätze.(iii) M und N erfüllen dieselben Dimensionssätze.Sei M ein R-Modul. Die ZahlenInv(ϕ, ψ, M) := [M ϕ : M ϕ∧ψ ] ∈ N ∪ {∞},wobei ϕ und ψ alle p.p. Formeln durchlaufen, nennt man auch die Baur-Monk-Invariantendes Moduls M. Wie schon im Fall der algebraisch abgeschlossenen Körperhaben wir also numerische Invarianten zur Unterscheidung elementarer Äquivalenz.Zum Berechnen von Baur-Monk-Invarianten sind die folgende Aussagen praktisch:Lemma 7.8.37. Sei {M i } i∈I eine nichtleere Familie von R-Moduln. Dann giltfür jede Baur-Monk-Invariante J = Inv(ϕ, ψ, −):( ) { } ( )∏ ∏⊕J M i = sup J(M i ′) : I ′ ⊆ I endlich = J M ii∈I i ′ ∈I ′ i∈IBeweis. Seien ϕ(x), ψ(x) p.p. Formeln. Mit Prop. 7.8.25, (ii) folgt( )( )∏ ∏M i M ii∈I i∈IDamit ( ∏i∈IM i)ϕ= ∏ i∈I(M i ) ϕ ,/ ( )∏M iψ= ∏ i∈I(M i ) ψ .(M i ) ϕ /(M i ) ϕ∧ψ ,∼ ∏ =ϕ i∈I ϕ∧ψ i∈Iund dies impliziert die erste Gleichung für J = Inv(ϕ, ψ, −). Die Berechnung derzweiten erfolgt vollkommen analog.□Definition 7.8.38. Sind M, N R-Moduln und p: M ↩→ N eine Einbettung,so heißt p eine reine Einbettung, falls p alle Negationen von p.p. Formeln erhält.M heißt ein reiner Untermodul von N oder M rein in N, falls M ⊆ N und dieInklusionsabbildung eine reine Einbettung ist.Also: M ist reiner Untermodul von N genau dann, wenn für alle m, n ∈ N 0 ,b ∈ M m und A ∈ R m×n gilt: Hat das Gleichungssystem Ax = b in N eine Lösung,so auch schon in M. Anders ausgedrückt: Für jede p.p. Formel ϕ gilt M ϕ = N ϕ ∩M.Genauer:Proposition 7.8.39. Sei M ein reiner Untermodul von N. Für alle p.p. Formelnϕ, ψ in L R , J = Inv(ϕ, ψ, −) gilt: J(N) = J(M)J(N/M). Insbesondere istN ≡ M ⊕ N/M und J(M) ≤ J(N).Beweis. Es reicht, N φ /M φ∼ = (N/M)φ für alle p.p. φ zu beweisen, denn dannfolgtJ(N/M) = [(N/M) ϕ : (N/M) ϕ∧ψ ] = [N ϕ /M ϕ : N ϕ∧ψ /M ϕ∧ψ ],also mit Prop. 7.8.29, (v) wie gewünscht J(N) = J(M)J(N/M). Sei also φ(y)eine erweiterte p.p. Formel. Zunächst gilt mit N |= ϕ(a), wobei a ∈ N, sicher164□


auch N/M |= ϕ(π(a)), wobei π : N ↠ N/M die kanonische Projektion sei; wegenM φ = M ∩ N φ folgt also N φ /M φ ⊆ (N/M) φ . Umgekehrt gelte N/M |= φ(π(a)) mita ∈ N, und φ sei etwa von der Form φ = ∃x 1 · · · ∃x n (ϑ) mit einer Konjunktion ϑvon atomaren Formeln. Sei b ∈ N n mit N/M |= ϑ(π(b), π(a)). Erweitern wir dieGleichungen ∑ j λ ijx j = µ i x in ϑ um die Variable z zu ∑ j λ ijx j = µ i x + z, so giltN/M |= ϑ(π(b), π(a), 0) mit ϑ(x, y, z). Damit gibt es also ein c ∈ M = ker(π) mitN |= ϑ(b, a, c), also N |= ∃y∃x 1 · · · ∃x n (ϑ)[c/z]. Da M rein in N und c ∈ M, giltauch M |= ∃y∃x 1 · · · ∃x n (ϑ)[c/z], sagen wir b ′ ∈ M n , a ′ ∈ M mit M |= ϑ(b ′ , a ′ , c),also auch N |= ϑ(b ′ , a ′ , c). Es folgt N |= ϑ(b−b ′ , a−a ′ , 0), also N |= φ(a−a ′ ). Aberπ(a−a ′ ) = π(a), und es ergibt sich π(a) ∈ N φ /M φ , wie gewünscht.— N ≡ M⊕N/Mfolgt nun aus Lemma 7.8.37.□Damit einige weitere Folgerungen aus dem Satz von Baur-Monk:Korollar 7.8.40. (Sabbagh, [138], [139]) Sei R ein beliebiger Ring.(i) Seien M ⊆ N zwei R-Moduln. Genau dann ist M ≼ N, wenn M rein inN und M ≡ N ist.(ii) Seien M ⊆ N ⊆ P Moduln über R, und M rein in N, N rein in P . Dannfolgt M ≡ N aus M ≡ P .(iii) Seien {M i } i∈I und {N i } i∈I zwei nichtleere Familien von R-Moduln. IstM i ≡ N i für jedes i ∈ I, so⊕∏⊕N i ,N i ,N i .i∈IM i ≡ ⊕ i∈Ii∈IM i ≡ ∏ i∈Ii∈IM i ≡ ∏ i∈IInsbesondere ist ⊕ i∈I M i ≡ ∏ i∈I M i.(iv) Sei I eine unendliche Menge, M ein R-Modul. Dann sind äquivalent:(a) M ≡ M ⊕ M (bzw. M ≡ M × M)(b) M ≡ M (I) (bzw. M ≡ M I )(c) Jede Baur-Monk-Invariante von M ist entweder 1 oder ∞.(v) Sind M ≼ N R-Moduln, so ist M ≡ M ⊕ (N/M). Sind M ⊆ N ⊆ N ′R-Moduln und ist N rein in N ′ , so ist N/M rein in N ′ /M.Beweis. Zu (i): Jede reine Einbettung erhält alle p.p. Formeln (als Einbettung)und deren Negationen (als reine Einbettung). Damit folgt die Behauptung aus demBaur-Monk-Satz.Zu (ii): Wegen Prop. 7.8.39 ist für alle p.p. Formeln ϕ, ψInv(ϕ, ψ, M) ≤ Inv(ϕ, ψ, N) ≤ Inv(ϕ, ψ, P ),wegen M ≡ P aber Inv(ϕ, ψ, M) = Inv(ϕ, ψ, P ), also Inv(ϕ, ψ, M) = Inv(ϕ, ψ, N),und Kor. 7.8.36 impliziert M ≡ N.Zu (iii): Lemma 7.8.37 zeigt, daß ⊕ M i und ∏ N i dieselben Baur-Monk-Invariantenbesitzen; also ⊕ M i ≡ ∏ N i . Analog in den anderen beiden Fällen.Zu (iv): (a) ⇒ (b): Mit Lemma 7.8.37 und J(M ⊕ M) = J(M) ist J(M (I) ) =J(M) für alle Invarianten J. Mit Kor. 7.8.36 folgt M ≡ M (I) .— (b) ⇒ (c): Es istJ(M) = J(M (I) ) = sup{J(M) k : k ∈ N}. Wäre also J(M) /∈ {1, ∞}, so folgte derWiderspruch ∞ ∈ N.— (c) ⇒ (a): Es ist J(M ⊕ M) = J(M) · J(M).— Den Fallder direkten Potenz erledigt man vollkommen analog.Zu (v): Der erste Teil ist klar nach Prop. 7.8.39; den zweiten zeigt man mitderselben Beweismethode wie in Prop. 7.8.39.□165


Übung. Sei R ein kommutativer Ring, der einen unendlichen Körper enthält.Zeige, daß M n ≡ M ω für alle n ∈ N.Hinsichtlich algorithmischer Aspekte notieren wir:Korollar 7.8.41. Sei R ein (primitiv) rekursiver Ring. Die im Satz vonBaur-Monk gegebene Abbildung, die einer beliebigen L R -Formel eine in M R äquivalenteFormel aus dem ∧-∨-¬-Abschluß der Menge aller p.p. Formeln und Dimenensionssätzenzuordnet, ist (primitiv) rekursiv; sinngemäß trifft dies auch aufKor. 7.8.35 zu.— Ist M ein R-Modul, so ist Th(M) (primitiv rekursiv) entscheidbargenau dann, wenn die Menge{(7.8.31) (ϕ, ψ, k) : k ∈ N, ϕ(x, y), ψ(x, y) p.p., [Mϕ : M ϕ∧ψ ] ≥ k }(primitiv) rekursiv ist.Beweis. Die erste Behauptung ist klar. Daß aus der (primitiv rekursiven) Entscheidbarkeitvon Th(M) die von (7.8.31) folgt, ist trivial. Umgekehrt existiertdann eine (primitiv) rekursive Funktion, die jedem Dimensionssatz δ einen Satzδ ′ ∈ {0 = 0, 0 ≠ 0} zuweist, so daß M |= (δ ↔ δ ′ ). Mit Kor. 7.8.35 folgt dieBehauptung.□Das folgende Korollar zeigt, daß selbst, falls kein Modellbegleiter von M R existiert,die Klasse M R gutartig“ ist.”Korollar 7.8.42. Sei R ein beliebiger Ring. Dann gilt für alle n ∈ N:E(M R ) = G n (M R ) = G(M R )Beweis. E(M R ) ist konfinal in M R . Ferner besitzt E(M R ) Eigenschaft (G2 ∞ ):Seien M, N ∈ E(M R ) mit M ⊆ N betrachtet; es ist M ≼ N zu zeigen. Aber diesfolgt unmittelbar aus Kor. 7.8.35 und Kor. 7.8.26. Da G(M R ) die größte Teilklassevon M R ist, welche (G1) und (G2 ∞ ) erfüllt, folgt die Behauptung wegen E(M R ) ⊇G(M R ).□Schließlich erhalten wir auch die gesuchte Bedingung an R, die die Existenzeines Modellbegleiters garantiert:Korollar 7.8.43. (Eklof-Sabbagh, [75]) M R hat einen Modellbegleiter (d.h.E(M R ) ist elementar) genau dann, wenn R ein kohärenter Ring ist.Beweis. Die eine Richtung wurde schon in Kor. 7.8.9, (i) bewiesen. Sei zurUmkehrung R als kohärent gegeben. Es gilt: In E(M R ) ist jede L R -Formel ϕ äquivalentzu einer quantorenfreien L R -Formel ϕ ′ . Denn mit Baur-Monk ist ϕ äquivalentzu einer ∧-∨-¬-Kombination von p.p. Formeln und Dimensionssätzen. Auf diep.p. Formeln wende nun Lemma 7.8.20, auf die Dimensionssätze Kor. 7.8.27 an.Sei K := Mod(Th(E(M R ))); dann ist M R ⊇ K ⊇ E(M R ). Es ist aber auchK = E(M R ) mit Satz 7.4.1, da mit E(M R ) auch K konfinal in M R ist, nach demeben Bewiesenen Q.E. erlaubt und somit substrukturvollständig und speziell modellvollständigist.□Es gilt sogar:Korollar 7.8.44. M R hat eine Modellvervollständigung genau dann, wenn Rein kohärenter Ring ist.166


Beweis. Aus Kor. 7.8.43, Satz 7.8.1 und Satz 7.4.5. (Oder direkt aus demBeweis von Kor. 7.8.43.)□Korollar 7.8.45. (Infinitäre Axiomatisierung von E(M R )) Sei R ein beliebigerRing, Ξ ein Axiomensystem für R-Moduln. Definiere∆ := Ξ ∪ { ϕ ′ → ϕ : ϕ p.p., ϕ ′ L ∞ -Konj. von Gleichg., E(M R ) |= (ϕ ↔ ϕ ′ ) } ∪{}¬ dim ≥2ϕ,ψ : ϕ, ψ p.p., E(M R) |= ¬ dim ≥2ϕ,ψ∪{}dim ≥kϕ,ψ : ϕ, ψ p.p., k ∈ N, E(M R) |= dim ≥kϕ,ψ.Dann gilt E(M R ) = Mod(∆).Beweis. Per definitionem gilt Mod(∆) ⊇ E(M R ). Es reicht, um Gleichheit zuerreichen, (G1) und (G2 1 ) zu beweisen. (G1) ist klar. Für (G2 1 ) ist wegen dem Satzvon Baur-Monk nur zu überprüfen, daß p.p. Formeln und Dimensionssätze unterErweiterungen in Mod(∆) erhalten bleiben. Für die Dimensionssätze sieht mandas an der Konstruktion von ∆. Sei also ϕ eine p.p. Formel. Wir wählen gemäßKor. 7.8.23 eine infinitäre Konjunktion ϕ ′ von Gleichungen mit E(M R ) |= (ϕ ↔ ϕ ′ )und zeigen, daß Mod(∆) |= (ϕ ↔ ϕ ′ ). (Daraus folgt dann ja die Behauptung.) Esist nur Mod(∆) |= (ϕ → ϕ ′ ) zu zeigen. Sei etwa ϕ ′ = ∧ i∈I ϕ′ i mit Gleichungenϕ ′ i . Da ϕ → ϕ′ i äquivalent zu einer universellen Formel ist, und in E(M R ) gilt, daßϕ → ∧ i∈I ϕ′ i , also E(M R) |= (ϕ → ϕ ′ i ), folgt aus der Konfinalität von E(M R) inM R auch M R |= (ϕ → ϕ ′ i ). Insgesamt also Mod(∆) |= (ϕ → ∧ i∈I ϕ′ i ). □Wir wollen uns nun noch den Zusammenhang zwischen E(M R ) und I(M R )im kohärenten Fall näher überlegen; offenbar gilt stets E(M R ) ⊆ I(M R ). In Verallgemeinerungdes Injektivitätsbegriffs wollen wir für eine Kardinalzahl κ einenModul M κ-injektiv nennen, wenn für alle Teilmengen I von R mit card(I) < κund Familien von Elementen {a λ } λ∈I aus M gilt: Wenn die Gleichungen λx = a λ ,λ ∈ I in einer Erweiterung von M eine Lösung besitzen, so auch schon in M selbst.(Offenbar ist ein Modul M injektiv genau dann, wenn er γ(R)-injektiv ist, wobeiγ(R) ≤ card(R) + die kleinste Kardinalzahl bezeichne, so daß alle Ideale von R einErzeugendensystem aus weniger als γ(R) Elementen besitzen.)Proposition 7.8.46. Sei R ein Ring, M ein R-Modul, κ eine Kardinalzahl.Dann sind äquivalent:(i) M ist κ-injektiv.(ii) Jedes Diagramm der folgenden Form, mit einem von weniger als κ Elementenerzeugten Ideal a, kann vervollständigt werden:0 −−−−→ a −−−−→ R⏐ ⏐f↓↓∃hMBeweis. (i) ⇒ (ii) beweist man analog zu (i) ⇒ (iv) in Lemma 7.8.11. Für(ii) ⇒ (i) sei λx = a λ mit λ ∈ I, 0 < card(I) < κ ein Gleichungssystem, das ineiner Erweiterung von M gelöst werden kann, also nach Lemma 7.8.7:∑µ i λ i = 0 ⇒ ∑ µ i a i = 0 für alle µ ∈ R (I) .i∈Ii∈I167M


Sei a das von den λ (λ ∈ I) erzeugte Ideal. Es folgt, daß ein Homomorphismusf : a → M mit f(λ) = a λ für alle λ ∈ I existiert. Ist h: R → M seine Fortsetzung,so ist h(1) eine Lösung des gegebenen Gleichungssystems in M.□Satz 7.8.47. (Eklof-Sabbagh, [75]) Die Klasse der ℵ 0 -injektiven Moduln überR ist axiomatisierbar in der Logik erster Stufe genau dann, wenn R kohärent ist.Beweis. Ist R kohärent, so erhält man vermöge Prop. 7.8.6, (iii) und Lemma7.8.7, (ii) unmittelbar eine Axiomatisierung der ℵ 0 -injektiven R-Moduln, nämlich⎧(⎨ m∧n)⎫∧⎬Ξ ∪ µ⎩ j · y = 0 ↔ ∃x λ i x = y i : n ∈ N, 〈µ 1 , . . . , µ m 〉 = Λ, λ ∈ R n ⎭ ,j=1i=1wobei Ξ ein Axiomensystem für R-Moduln sei. Umgekehrt sei jetzt ∆ ein Axiomensystemfür die Klasse der ℵ 0 -injektiven Moduln, aber R als nicht kohärent angenommen,d.h. es gebe ein n ∈ N, λ = (λ 1 , . . . , λ n ) ∈ R n , so daß Λ = {µ ∈ R n : µ·λ = 0}nicht endlich erzeugt ist. Man führt nun analog zum Beweis von Kor. 7.8.9, (i) einenWiderspruch herbei, wobei zu beachten ist, daß Kor. 7.8.8 sinngemäß auch für dieKlasse der ℵ 0 -injektiven Moduln anstelle von E(M R ) gilt, und die Konfinalitätvon I(M R ) (und damit der Klasse aller ℵ 0 -injektiven Moduln) in M R auszunutzenist.□In Kor. 7.8.45 haben wir eine infinitäre Axiomatisierung von E(M R ) gefunden,die für beliebige Ringe R gültig ist; es stellt sich die Frage nach einem einfachen(finitären) Axiomensystem im Falle eines kohärenten Rings.Übung. Man gebe einfache Axiome für E(M R ) für die Fälle, daß R ein Körperbzw. ein Ring der Form Z/nZ (n ∈ N) ist, an.Nennen wir einen R-Modul fett, wenn er Modell der L R -Satzmenge{}¬ dim ≥2ϕ,ψ : ϕ, ψ p.p., E(M R) |= ¬ dim ≥2ϕ,ψ∪{}dim ≥kϕ,ψ : ϕ, ψ p.p., k ∈ N, E(M R) |= dim ≥kϕ,ψist, so gilt:Korollar 7.8.48. Sei R ein beliebiger Ring. Ein R-Modul M ist existentiellabgeschlossen genau dann, wenn M fett und ℵ 0 -injektiv ist.Beweis. Jeder Modul M ∈ E(M R ) ist fett und ℵ 0 -injektiv, die Bedingung istalso sicher notwendig. Um die Umkehrung zu beweisen, genügt es nach Lemma 7.1.4und der Konfinalität von E(M R ) in M R , (G2 1 ) für die Klasse K der fetten ℵ 0 -injektiven Moduln zu zeigen. Ist also M ⊆ N eine Erweiterung in K und ϕ ∈ ∀ 1 ,so wählen wir gemäß Baur-Monk eine in M R zu ϕ äquivalente Formel ϕ ′ , wobeiwegen M, N fett o.B.d.A. lediglich der Fall, daß ϕ ′ eine negierte p.p. Formel ist,bearbeitet werden muß. Gälte ϕ ′ in M, aber nicht in N, so hätten wir ein endlichesGleichungssystem gefunden, das in einer Erweiterung von M, nämlich N, aber nichtin M selbst eine Lösung besitzt, im Widerspruch zur ℵ 0 -Injektivität von M. □168


ΞIm Fall, daß E(M R ) elementar ist, kann man also E(M R ) durch⎧(⎨ m∧n)⎫∧⎬∪ µ⎩ j · y = 0 ↔ ∃x λ i x = y i : n ∈ N, 〈µ 1 , . . . , µ m 〉 = Λ, λ ∈ R n ⎭j=1i=1{}∪ ¬ dim ≥2ϕ,ψ : ϕ, ψ p.p., E(M R) |= ¬ dim ≥2ϕ,ψ{}∪ dim ≥kϕ,ψ : ϕ, ψ p.p., k ∈ N, E(M R) |= dim ≥kϕ,ψaxiomatisieren, wobei wieder Mod(Ξ) = M R .Interessant ist schließlich die Frage, wann die Klasse I(M R ) aller injektivenModuln in der Logik erster Stufe axiomatisiert werden kann. ([9] enthält weitereInformationen zu derartigen Fragen; vgl. auch [179].) Wir zeigen dazu zunächstfolgende Charakterisierung noetherscher Ringe:Satz 7.8.49. (Bass, nach [61]) Ein Ring R ist noethersch genau dann, wennjede direkte Summe injektiver R-Moduln injektiv ist.Beweis. Offenbar gilt für einen endlich erzeugten R-Modul M und eine direkteSumme ⊕ ⊕i∈I M i von R-Moduln, daß das Bild jeder R-linearen Abbildung f : M →i∈I M i in einer endlichen Teilsumme M i1 ⊕ · · · ⊕ M in enthalten ist. Sei nun Rnoethersch und {M i } i∈I eine nichtleere Familie injektiver Moduln. Wir verwendenden Test von Baer, Lemma 7.8.11, (iv): Sei also a ein Ideal von R, f : a → ⊕ i∈I M ilinear. Da R noethersch ist, ist a endlich erzeugt, also existieren i 1 , . . . , i n ∈ I mitf(a) ⊆ M i1 ⊕· · ·⊕M in . Für jedes t ∈ {1, . . . , n} existiert nun wegen der Injektivitätvon M it eine Fortsetzung f t : R → M it von π it ◦ f auf R, wobei π it : ⊕ ns=1 M i s↠M it . Definiert man h: R → ⊕ ns=1 M i sdurch h(λ) := (f 1 (λ), . . . , f n (λ)), so hatman die gesuchte Fortsetzung von f auf R. Umgekehrt sei I(M R ) jetzt unter ⊕abgeschlossen und a 1 ⊆ a 2 ⊆ · · · eine Folge von Idealen in R, a := ⋃ n∈N a n. Zujedem a/a n existiert ein injektiver Modul M n mit a/a n ↩→ M n und zugehörigerAbbildung f n : a ↠ a/a n ↩→ M n . Die lineare Abbildung f : a → ⊕ n∈N M n, λ ↦→∑ ∞⋃ i=1 f n(λ) ist wohldefiniert, da zu jedem λ ∈ a ein m ∈ N existiert mit λ ∈n≥m a n, also f n (λ) = 0 für m ≥ n. Da nach Voraussetzung auch ⊕ n∈N M ninjektiv ist, existiert eine Fortsetzung h: R → ⊕ M n von f auf R. Aber R istendlich erzeugt als R-Modul, es gibt somit ein n ∈ N mit f(a) = h(a) ⊆ ⊕ ni=1 M i,d.h. a n+1 = a n+2 = · · · = a.□Im Kontrast dazu gilt:Proposition 7.8.50. Sei R ein Ring, κ eine Kardinalzahl, I ≠ ∅, {M i } i∈Ieine Familie von R-Moduln.(i) ∏ i∈I M i ist κ-injektiv genau dann, wenn jedes M i κ-injektiv ist.(ii) Ist κ ≤ ℵ 0 , so gilt: Sind alle M i κ-injektiv, so auch ⊕ i∈I M i.Beweis. (i) ist leicht und verbleibt als Übung. Zu (ii) betrachte ein Gleichungssystem(∗) λx = a λ (λ ∈ J ⊆ R, card(J) < κ, {a λ } λ∈J Familie in ⊕ M i ), das ineiner Erweiterung N von ⊕ M i eine Lösung besitzt. Für jedes i ∈ I hat dann auchλx i = π i (a λ ) mit λ ∈ I, π : ⊕ M i ↠ M i eine Lösung bzgl. x i in der ErweiterungN ⊇ M i , wegen M i injektiv also eine Lösung m i in M i , mithin (∗) eine Lösungn := ∑ i∈I m i.□Korollar 7.8.51. Folgende Aussagen sind äquivalent:169


(i) Jeder ℵ 0 -injektive Modul ist injektiv.(ii) R ist noethersch.Beweis. Zu (i) ⇒ (ii) verwende Prop. 7.8.50, (ii) und Satz 7.8.49, (ii) ⇒ (i)ist trivial mit Prop. 7.8.46.□Satz 7.8.52. (Eklof-Sabbagh, [75]) Die Klasse der injektiven Moduln über Rist axiomatisierbar in der Logik erster Stufe genau dann, wenn R noethersch ist.Beweis. Ist R noethersch, so auch kohärent, die injektiven Moduln sind genaudie ℵ 0 -injektiven Moduln, und mit Satz 7.8.47 folgt die Axiomatisierbarkeitsaussage.Umgekehrt sei R jetzt nicht noethersch, aber I(M R ) als elementar angenommen.Nach Satz 7.8.49 existiert eine unendliche Menge I und eine Familie injektiver R-Moduln {M i } i∈I , so daß ⊕ i∈I M i nicht injektiv ist. Aber es ist ⊕ M i ≡ ∏ M inach Kor. 7.8.40, (iii); nach Prop. 7.8.50, (i) wäre mit ∏ M i auch ⊕ M i injektiv,und das ist widersprüchlich.□7.9. Vollständige Q.E. für Moduln ∗Wir haben gesehen, daß M R Q.E. relativ zu Dimensionssätzen und p.p. Formelngestattet. Unter welchen Bedingungen an den Ring R erlaubt M R sogar vollständigeQ.E.? Dabei müssen wir uns natürlich auf nichttriviale R-Moduln beschränken. SeiM + Rdie Klasse aller nichttrivialen linken R-Moduln. Zunächst untersuchen wir,wann jeder Modul M ∈ M R Q.E. besitzt. Dazu definieren wir:Definition 7.9.1. Sei R ein (nicht notwendig kommutativer) Ring R. R heißtregulär, wenn für alle r ∈ R ein r ′ ∈ R existiert mit rr ′ r = r.Im kommutativen Fall stimmt diese Begriffsbildung mit der gleichnamigen ausDef. 7.6.2 überein; wie dort sei B(R) := {r ∈ R : r 2 = r}.— Ein linker R-ModulM heißt bekanntlich flach, wenn für jeden Monomorphismus α: A → B zwischenrechten R-Moduln A, B auch α ⊗ 1 M : A ⊗ R M → A ⊗ R M (1 M = id M ) ein Monomorphismusist, d.h. Tensorierung mit M kurze exakte Sequenzen in ebensolcheüberführt. (Analog wird Flachheit von rechten R-Moduln definiert.) Wir erinnernan folgendes Kriterium:Proposition 7.9.2. Ein linker R-Modul M ist flach genau dann, wenn fürjedes Linksideal a von R der Homomorphismus ι a ⊗1 M injektiv ist, wobei ι a : a ↩→ Rdie Inklusion ist.Beweis. Siehe [34], XVI, Prop. 3.7.Tatsächlich kann man sich auf endlich erzeugte Linksideale beschränken:Lemma 7.9.3. Ein linker R-Modul M ist flach genau dann, wenn für jedesendlich erzeugte Linksideal a von R der Homomorphismus ι a ⊗ 1 M injektiv ist.Zum Beweis benötigen wir:Proposition 7.9.4. Sei M ein linker R-Modul. Ist für einen Homomorphismusα: A → B zwischen rechten R-Moduln A, B der Homomorphismus α ⊗ 1 M : A ⊗ RM → B ⊗ R M nicht injektiv, so existiert ein endlich erzeugter Untermodul A 0 ⊆ A,so daß auch (α|A 0 ) ⊗ 1 M nicht injektiv ist.□170


Beweis. Nach Voraussetzung existiert ein Element 0 ≠ ∑ ni=1 a i⊗m i ∈ ker(α⊗1 M ), mit a 1 , . . . , a n ∈ A. Sei A 0 der von den a 1 , . . . , a n erzeugte Untermodul von A.Dann gilt 0 ≠ ∑ a i ⊗ m i ∈ A 0 ⊗ R M und ( ) ∑(α|A 0 ) ⊗ 1 M ( ai ⊗ m i ) = ∑ α(a i ) ⊗m i = 0 ∈ B ⊗ R M.□Beweis (Lemma 7.9.3). Sei ι a ⊗M Monomorphismus für jedes endlich erzeugteLinksideal a. Wäre für ein linkes Ideal a ⊆ R dann ι a ⊗1 M kein Monomorphismus,so gäbe es ein endlich erzeugtes Linksideal a 0 ⊆ a,so daß auch ι a0 ⊗ 1 M nicht injektivist (Prop. 7.9.4), dies im Widerspruch zur Annahme. Mit Prop. 7.9.2 folgt dieBehauptung.□Reguläre Ringe können wie folgt gekennzeichnet werden:Satz 7.9.5. Für einen Ring R sind folgende Bedingungen äquivalent:(i) R ist regulär.(ii) Jedes rechte (linke) Hauptideal von R ist direkter Summand von R.(iii) Jedes endlich erzeugte Rechtsideal (Linksideal) von R ist direkter Summandvon R.(iv) Jeder linke (rechte) R-Modul ist flach.Beweis. Da die Regularitätsforderung (i) links-rechts-symmetrisch ist, reichtes, in (ii)–(iv) die Bedingungen für rechte Ideale bzw. linke Moduln zu betrachten.(i) ⇒ (ii): Sei rR ein rechtes Hauptideal von R. Wähle r ′ ∈ R mit rr ′ r = r; dannist (rr ′ )(rr ′ ) = (rr ′ r)r ′ = rr ′ ; also e := rr ′ idempotent. Damit ist R = eR⊕(1−e)Rals rechter R-Modul, denn ist es + (1 − e)s ′ = 0, so folgt 0 = e(es + (1 − e)s ′ ) = es,0 = (1 − e)(es + (1 − e)s ′ ) = (1 − e)s ′ . Ferner eR = rr ′ R ⊆ rR, und wegen er = randererseits rR ⊆ eR, also zusammen rR = eR.(ii) ⇒ (iii): Wir zeigen durch Induktion nach der Anzahl der Erzeugenden, daßjedes endlich erzeugte rechte Ideal durch ein Idempotent erzeugt wird; wie ebenfolgt dann die Behauptung. Der Induktionsanfang ergibt sich aus (ii), denn istR = rR ⊕ a mit 1 = e 1 + e 2 , e 1 ∈ rR, e 2 ∈ a, so folgt e 2 1 = e 1 − e 1 e 2 mit e 2 1, e 1 ∈ rR,e 1 e 2 ∈ a, also e 1 e 2 = 0 und damit e 1 idempotent; analog folgt e 2 idempotent. Fernere 1 R ⊆ rR und weiter rR ⊆ e 1 R, denn für alle r ′ ∈ R folgt aus rr ′ = rr ′ e 1 +rr ′ e 2 mitrr ′ , rr ′ e 1 ∈ rR, rr ′ e 2 ∈ a, daß rr ′ e 2 = 0, also rr ′ ∈ e 1 R. Sei nun a = r 1 R+· · ·+r n Rein rechtes Ideal, n > 1. Nach Induktionsannahme gibt es ein Idempotent e ∈ Rmit eR = r 1 R + · · · + r n−1 R. Dann gilt r n R ⊆ er n R + (1 − e)r n R und folglicha = eR + r n R = eR + ( (1 − e)r n)R. Wie im Fall n = 1 gezeigt, gibt es ein f ∈ B(R)mit fR = ( (1−e)r n)R, so daß eR+rn R = eR+fR gilt. Wegen f ∈ ( (1−e)r n)R giltef = 0. Setze g := e+f(1−e). Dann ist gR = eR+fR = a: Daß gR ⊆ eR+fR, istklar. Ferner eR = geR ⊆ gR, sowie fR = f 2 R = (ef + f 2 + fef)R = (gf)R ⊆ gRwegen ef = 0, f 2 = f. Also tatsächlich gR = eR+fR. Schließlich ist g idempotent,wie man nachrechnet.(iii) ⇒ (iv): Nach Lemma 7.9.3 reicht es zu prüfen, ob für jede Inklusionsabbildungι a : a ↩→ R eines endlich erzeugten rechten Ideals a ⊆ R und einen beliebigenlinken R-Modul M die Abbildung ι a ⊗ 1 M ein Monomorphismus ist. Sei b ein rechtesIdeal von R mit a ⊕ b = R und e 1 ∈ a, e 2 ∈ b mit 1 = e 1 + e 2 . e 1 , e 2 sindaus B(R); ferner e 1 R ⊆ a. Ist a = r 1 R + · · · + r n R, so r i = e 1 r i + e 2 r i mit r i ∈ a,e 1 r i ∈ a, e 2 r i ∈ b, also e 2 r i = 0 (i = 1, . . . , n), und somit r 1 R + · · · + r n R =171


e 1 r 1 R + · · · + e 1 r n R ⊆ e 1 R. Sei ∑ a i ⊗ m i ∈ ker(ι a ⊗ 1 M ); es ist mit g := e 10 = ∑ a i ⊗ m i = ∑ ga i ⊗ m i = ∑ g 2 a i ⊗ m i = ∑ g ⊗ ga i m i =(∑ ) (∑ )g ⊗ gai m i = g ⊗ ai m i = 1 ⊗ ∑ ga i m iin R ⊗ R M, also ∑ ga i m i = 0 (denn R ist ein freier R-Modul), und ∑ a i ⊗ m i =g ⊗ ( ∑ ga i m i ) = g ⊗ 0 = 0 in a ⊗ R M. Folglich ist ι a ⊗ 1 M ein Monomorphismus.(iv) ⇒ (i): Sei r ∈ R; betrachte die Inklusion ι: rR ↩→ R. Nach (iv) ist ι ⊗1 R/Rr : rR ⊗ R (R/Rr) → R ⊗ R (R/Rr) ein Monomorphismus. Wegen(ι ⊗ 1R/Rr)(r ⊗ 1) = r ⊗ 1 = 1 ⊗ r1 = 1 ⊗ 0 = 0muß r ⊗ 1 = 0 gelten. Betrachte rR × R/Rr → rR/rRr, (rs, t) ↦→ rst + rRr (mitx := x + Rr für x ∈ R). Diese Abbildung ist wohldefiniert und R-bilinear. Wegender universellen Eigenschaft des Tensorprodukts gibt es einen Homomorphismusτ : rR ⊗ R R/Rr → rR/rRr mit τ (∑ ) ∑rs i ⊗ t i = rsi t i + rRr. Es folgt 0 =τ(r ⊗ 1) = r + rRr, also r ∈ rRr. Damit ist R als regulär nachgewiesen. □Bemerkung 7.9.6. Unter Verwendung von Satz 7.9.5 erhält man einen alternativenBeweis von Satz 7.6.12: Seien f 1 : R ↩→ R 1 , f 2 : R ↩→ R 2 Einbettungen,wobei R, R 1 , R 2 kommutative reguläre Ringe seien. Die kanonische Abbildungh: R 1 → R 1 ⊗ R R 2 ist dann eine Einbettung. (R 1∼ = R1 ⊗ R R.) Es ist daherh 1 (R 1 ) ∩ N = {0} (mit N := N(R 1 ⊗ R R 2 )), denn für t ∈ R 1 , n ∈ N gilt(t ⊗ 1) n = 0 ⇔ t n ⊗ 1 = 0 ⇔ t n = 0 ⇔ t = 0,letzteres wegen der Reduziertheit von R 1 . Somit ist die kanonische Abbildungg 1 : R 1 → (R 1 ⊗ R R 2 )/N eine Einbettung. Analog gelangt man zu einer Einbettungg 2 : R 2 → (R 1 ⊗ R R 2 )/N. Ferner ist g 2 ◦ f 2 = g 1 ◦ f 1 . Dies vervollständigtden Beweis, da (R 1 ⊗ R R 2 )/N semiprim ist und nach Lemma 7.6.9 also in einenregulären Ring eingebettet werden kann.Wir wollen nun zeigen:Satz 7.9.7. (Weispfenning, [179]) Sei R ein Ring. Die folgende Aussagen sindäquivalent:(i) R ist regulär.(ii) Jede p.p. Formel ist in M R zu einer quantorenfreien p.p. Formel äquivalent.(iii) Jeder Modul M ∈ M R erlaubt Q.E.(iv) Jeder von zwei Elementen erzeugte Modul M ∈ M R erlaubt Q.E.Um Satz 7.9.7 beweisen zu können, müssen wir etwas weiter ausholen. Sei R einRing, R + := ⋃ n∈N Rn . Eine Teilmenge B ⊆ R + heißt Linksidealbasis für R, fallsjedes endlich erzeugte Linksideal von Elementen β 1 , . . . , β n mit (β 1 , . . . , β n ) ∈ Berzeugt werden kann. Wir haben im Beweis von (ii) ⇒ (iii) in Satz 7.9.5 insbesonderegezeigt:Korollar 7.9.8. Ein Ring R ist regulär genau dann, wenn B(R) eine Linksidealbasisvon R ist.□172


Definiere für eine Linksidealbasis B ⊆ R + von R{ ( n)}∧∆(B) := ∃y β i y = x i : n ∈ N, (β 1 , . . . , β n ) ∈ B ,Γ(B) :=i=1{∧ n}β i x = 0 : n ∈ N, (β 1 , . . . , β n ) ∈ B .i=1Wir erhalten dann ein Kriterium für p.p. Q.E.:Lemma 7.9.9. Sei R ein Ring, K ⊆ M R , B eine Linksidealbasis für R.(i) In K ist jede Formel zu einer p.p. quantorenfreien Formel äquivalentgenau dann, wenn dies für alle Formeln aus ∆(B) zutrifft.(ii) Jede quantorenfreie p.p. Formel ϕ(x) ist in M R zu einer Formel ϕ ′ (x) ∈Γ(B) äquivalent.Beweis. Wir zeigen, wie man eine Formel ϕ(x) := ( ∧ mi=1 α ix = a i ) in M Räquivalent zu einer Formel ϕ ′ der Form⎛⎞n∧m∧ n∑ϕ ′ (x) := ⎝ β j x = b j ∧ a i = µ ij b j⎠j=1reduzieren kann, wobei (β 1 , . . . , β n ) ∈ B und a i , b j L R -Terme seien, in denen dieVariable x nicht vorkommt. Dies zeigt (ii), und durch Induktion über die Anzahl derzu eliminierenden Quantoren auch (i). Sei a := Rα 1 + · · · + Rα m und (β 1 , . . . , β n ) ∈B mit Rβ 1 +· · ·+Rβ n = a. Dann existieren ν ji , µ ij ∈ R (i = 1, . . . , m, j = 1, . . . , n)mit β j = ∑ mi=1 ν jiα i und α i = ∑ nj=1 µ ijβ j ; setze b j := ∑ mi=1 ν jia i . Gilt dannα i x = a i für alle i = 1, . . . , m, so folgt b j = ∑ mi=1 ν jiα i x = β j x undn∑n∑ ∑ m n∑ ∑ m n∑a i = α i x = µ ij β j x = µ ij ν ji α i x = µ ij ν ji a i = µ ij b j .j=1j=1Umgekehrt folgt aus β j x = b j , a i = ∑ j µ ijb j ebenso leicht α i x = a i .i=1i=1j=1j=1Mit dem Baur-Monk-Theorem und (i) aus dem Lemma folgt:Korollar 7.9.10. Sei R ein Ring, B eine Linksidealbasis für R, M ∈ M R .Kann man in Mod(Th(M)) jede Formel aus ∆(B) äquivalent durch eine p.p. quantorenfreieFormel ersetzen, so erlaubt M Q.E.□Damit kann man jetzt auch Satz 7.9.7 beweisen:Beweis (Satz 7.9.7). Für (i) ⇒ (ii) sei λ ∈ B(R). Dann gilt M R |= ( ∃y(λy =x) ↔ λx = x ) ; denn ist M ∈ M R , m, m ′ ∈ M mit λm ′ = m, so folgt λm = λ 2 m ′ =λm ′ = m. Mit Kor. 7.9.8 und Lemma 7.9.9, (i) folgt (ii) aus (i).— (ii) ⇒ (iii) istklar mit Baur-Monk, (iii) ⇒ (iv) ist trivial.— Zu (iv) ⇒ (i): Sei λ ∈ R beliebig;setze M := R ⊕ Rλ. Sei ϕ(x) := ∃y(λy = x) und ∨ i∈I ψ i mit⎛⎞ψ i (x) := ⎝ ∧µ ij x = 0 ∧ ∧ν ik x ≠ 0⎠j∈J i k∈K igemäß (iv) eine in Mod(Th(M)) zu ϕ gleichwertige quantorenfreie L R -Formel. Esgilt M |= ϕ ( (λ; 0) ) , also M |= ψ i0((λ; 0))für ein i0 ∈ I. Also µ i0jλ = 0, ν i0kλ ≠ 0173i=1j=1□


für alle j ∈ J i0 , k ∈ K i0 , somit M |= ψ i0((λ; λ)). Daher gibt es insbesondere einµ ∈ R mit λµλ = λ, wie gewünscht. □Wir kommen zu unserer angestrebten Charakterisierung der Ringe R mit vollständigerQ.E. für M + R :Satz 7.9.11. (Tyukavkin, [171]) Sei R ein Ring. Gleichwertig sind:(i) R ist ein unendlicher, einfacher, regulärer Ring.(ii) M + Rerlaubt Q.E.(iii) M + Rist modellvollständig.(iv) M + Rist modellvollständig und vollständig.Der Beweis verwendet etwas Strukturtheorie von Moduln und Ringen. (Dennötigen algebraischen Hintergrund findet man in [26]. Wir folgen [179] und [134],[135].) Der Leser zeigt leicht als Übung folgende bekannte Tatsache (oder vergleicht[26], 4.7):Lemma 7.9.12. Sei R ein Ring, e, f ∈ B(R). Dann sind die additiven GruppenHom R (Re, Rf) und eRf isomorph, wobei Hom R ( · , · ) den R-Modul der R-Homomorphismen zwischen zwei R-Moduln bezeichne. Im Fall e = f gilt sogarEnd R (Re) ∼ = eRe als Ringe, wobei End R ( · ) der Ring der R-Endomorphismen einesModuls sei.□Ein Schiefkörper ist bei uns ein nichttrivialer Ring, in dem zu jedem von Nullverschiedenen Element ein multiplikativ Inverses existiert.Lemma 7.9.13. (Schur, nach [26], 13.3) Ist M ein einfacher R-Modul, so istder Ring End R (M) ein Schiefkörper.Beweis. Es ist End R (M) ≠ 0, und jeder von Null verschiedene EndomorphismusM → M ist ein Isomorphismus.□Lemma 7.9.14. Sind e, f Idempotente eines Rings R, so sind äquivalent:(i) eR ∼ = fR.(ii) Es gibt u, v ∈ R mit uv = e, vu = f.(iii) Re ∼ = Rf.Beweis. Zu (i) ⇒ (ii): Sei ϕ: eR −→ ∼=fR, und r, r ′ ∈ R mit er = ϕ −1 (f),fr ′ = ϕ(e). Setze u := erf, v := fr ′ e. Dann folgt uv = erfr ′ e = ϕ −1 (f)fr ′ e =ϕ −1 (fr ′ )e = e, und symmetrisch auch vu = f.— Zu (ii) ⇒ (iii): Definiere ϕ: eR →fR, er ↦→ fvr. ϕ ist bijektiv mit Inverser fR → eR, fr ↦→ eur.— Da die Bedingungin (ii) links-rechts-symmetrisch ist, gilt auch (iii) ⇔ (ii).□Durch die äquivalenten Bedingungen in Lemma 7.9.14 wird eine Äquivalenzrelation∼ auf B(R) definiert.Ein R-Modul M heißt halbeinfach, wenn M als direkte Summe einfacher Untermodulngeschrieben werden kann. Ein Ring R heißt halbeinfach, falls R als R-Modulhalbeinfach ist. Ein Linksideal (Rechtsideal) a ⊆ R wird minimal genannt, wenna ≠ {0} und keine Linksideale (Rechtsideale) b mit 0 ⊂ b ⊂ a existieren. (R ist alsohalbeinfach genau dann, wenn R eine direkte Summe von minimalen Linksidealenist.)174


Lemma 7.9.15. Sei M ein R-Modul, {M i } i∈I eine Familie einfacher Untermodulnvon M mit M = ∑ i∈I M i. Für jeden Untermodul N von M gibt es eineTeilmenge J ⊆ I mit M = N ⊕ ⊕ j∈J M j.Beweis. Mit dem Zornschen Lemma erhalten wir eine Teilmenge J ⊆ I mitder Eigenschaft, daß ∑ j∈J M j = ⊕ ( ∑ )j∈J M j und N ∩j∈J M j = 0. Dann ist die( ∑ )Summe K := N +j∈J M j direkt. Wir behaupten K = M. Sei i ∈ I \ J. Da M ieinfach ist, ist M i ∩ K = M i oder M i ∩ K = 0. Letzteres würde der Maximalitätvon J widersprechen. Also M i ⊆ K für alle i ∈ I, d.h. K = M.□Korollar 7.9.16. Sei M halbeinfacher R-Modul, M = ⊕ i∈I M i mit den einfachenUntermoduln M i . Jede exakte Sequenz0 −→ K −→ fM −→ gN −→ 0zerfällt, und K, N sind beide halbeinfach. Es existiert eine Teilmenge J ⊆ I mitN ∼ = ⊕ j∈J M j, K ∼ = ⊕ i∈I\J M i.Beweis. Nach Lemma 7.9.15 existiert eine Teilmenge J ⊆ I mit der EigenschaftM = (im f) ⊕ ⊕ j∈J M j. Also zerfällt die Sequenz, es ist N ∼ = M/ im f⊕∼ =j∈J M j, K ∼ = im f ∼ = ⊕ i∈I\J M i.□Insbesondere sind also Untermoduln und Faktormoduln halbeinfacher Modulnselbst wieder halbeinfach.Zwei idempotente Elemente e, f ∈ B(R) eines Rings R heißen orthogonal, fallsef = 0 = fe. Ein e ∈ B(R) heißt primitiv, falls e ≠ 0 und für jedes Paar e 1 , e 2orthogonaler Idempotenter gilt:e = e 1 + e 2 ⇒ e 1 = 0 oder e 2 = 0.In halbeinfachen Ringen können primitive Idempotente prägnant gekennzeichnetwerden:Lemma 7.9.17. Sei e ein idempotentes Element eines halbeinfachen Rings R.Dann sind äquivalent:(i) e ist primitiv.(ii) eRe ist ein Schiefkörper.(iii) Re ist ein minimales Linksideal.(iv) eR ist ein minimales Rechtsideal.Beweis. (ii) ⇒ (i) ist klar, denn ist eRe ein Schiefkörper, so ist e ≠ 0, undwären e 1 , e 2 orthogonale Idempotente mit e = e 1 + e 2 , e 1 , e 2 ≠ 0, so wäreee 1 e = e 2 1e + e 2 e 1 e = e 1 e = e 2 1 + e 1 e 2 = e 1 ,als e 1 ∈ eRe und ebenso e 2 ∈ eRe mit e 1 e 2 = 0, im Widerspruch zur Nullteilerfreiheitvon eRe. (iii) ⇒ (ii) ist ebenfalls klar mit Lemmata 7.9.12 und 7.9.13. Es bleibtalso nur (i) ⇒ (iii) zu beweisen, denn (iv) ⇔ (ii) ergibt sich dann aus der Links-Rechts-Symmetrie von (ii). Wir zeigen zunächst: Re ist ein irreduzibler R-Modul.Seien dazu a, b Linksideale ≠ 0 mit Re = a ⊕ b. Schreibe e = a + b mit a ∈ a, b ∈ b.Es folgt ab = a(e − a) = ae − a 2 = a − a 2 wegen a ∈ Re, und also ab ∈ a ∩ b = 0.Somit ab = 0, analog ba = 0, und daher mit a + b = e 2 = a 2 + b 2 auch a = a 2 ,b = b 2 . Da e primitiv ist, muß a = 0 oder b = 0 sein, also e ∈ a oder e ∈ b und also175


= 0 oder a = 0, ein Widerspruch. Mit Kor. 7.9.16 ist Re halbeinfacher R-Modul,und als irreduzibler Modul also einfach.□Eine Darstellung der 1 in R ist eine endliche Menge {e 1 , . . . , e n } von primitiven,paarweise orthogonalen Idempotenten von R mit 1 = e 1 + · · · + e n . Es gilt:Proposition 7.9.18. Seien a 1 , . . . , a n Linksideale des Rings R. Dann sindäquivalent:(i) R = a 1 ⊕ · · · ⊕ a n als R-Moduln.(ii) Es gibt eine Darstellung e 1 , . . . , e n der 1 mit Re i = a i für i = 1, . . . , n.Beweis. Nur für n = 2. (Der allgemeine Fall wird dem Leser überlassen.) SeiR = a 1 ⊕ a 2 . Wähle e i ∈ a i (i = 1, 2) mit 1 = e 1 + e 2 ; man überprüft sofort, daße 1 , e 2 eine Darstellung der 1 in R bildet. Es ist Re 1 ⊆ a 1 , aber für a 1 ∈ a 1 folgta 1 = a 1 e 1 + a 1 e 2 = a 1 e 1 wegen a 1 e 2 ∈ a 2 , also a 1 ∈ Re 1 ; daher Re 1 = a 1 , undebenso Re 2 = a 2 . Ist umgekehrt Re 1 = a 1 , Re 2 = a 2 mit einer Darstellung e 1 , e 2der 1, so folgt R = Re 1 ⊕ Re 2 = a 1 ⊕ a 2 .□Proposition 7.9.19. Sei e 1 , . . . , e n eine Darstellung der 1 im Ring R, sowiei ∈ {1, . . . , n}. Mit Re i ist auch e i Re i unendlich.Beweis. Zunächst bemerken wir, daß Lemmata 7.9.12–7.9.14 implizieren, daßfür primitive idempotente Elemente e, f ∈ R gilt:(7.9.32) eRf ≠ 0 ⇔ e ∼ f, und dann eRf ∼ = eRe ∼ = fRf als Gruppen.Damit ergibt sich mit Prop. 7.9.18⎛ ⎞n∑n⊕Re i = 1Re i = ⎝ e j⎠ Re i = e j Re i = ⊕e j Re i∼ = (ei Re i ) k ,e j∼e ij=1j=1wobei k := ∣ ∣ { j : 1 ≤ j ≤ n, e j ∼ e i}∣ ∣ < ∞.□Ein Ring R heißt (linksseitig, rechtsseitig) artinsch, wenn jede absteigende Folgevon (Links- bzw. Rechts-) Idealen stationär wird. Für den Beweis des folgendenfundamentalen Satzes, der manchmal in der Algebra behandelt wird, sei auf [26](13.7, 7.6, 13.5) verwiesen:Satz 7.9.20. (Wedderburn-Artin) Sei R ein halbeinfacher Ring. R enthält eineendliche Menge {a 1 , . . . , a n } minimaler Linksideale, die ein Repräsentantensystemfür die Isomorphieklassen einfacher R-Moduln darstellt, so daß R = ⊕ a i R alsRinge, R = ⊕ a i als R-Moduln. Insbesondere enthält R eine Darstellung der 1. Eineinfacher Ring ist halbeinfach d.u.n.d., wenn er linksseitig (rechtsseitig) artinschist und d.u.n.d., wenn er ein minimales Linksideal besitzt.□Rothmaler [135] folgend definieren wir:Definition 7.9.21. Ein Ring R heißt Infend-Ring, falls für jedes (zweiseitige)Ideal a von R und jedes unendliche minimale Linksideal b von R := R/a mitb 2 ≠ 0 der Schiefkörper End R(b) unendlich ist. R heißt nichtsingulär, falls für alleRingelemente r ≠ 0 der Modul ann R (r) := {λ ∈ R : λr = 0} kein essentiellerUntermodul von R ist (vgl. Beweis von 7.8.16), d.h. es kein Linksideal a ≠ 0 mita ∩ ann R (r) = 0 gibt.176


( ”Infend“ soll dabei auf “infinite endomorphism ring” hindeuten.) Die Bedingungb 2 ≠ 0 an b läßt sich leicht erklären:Proposition 7.9.22. (Brauer, nach [135]) Sei b ein minimales Linksideal einesRinges R. b ist ein direkter Summand des R-Moduls R gdw. b 2 ≠ 0 gdw. b = Refür ein e ∈ B(R), e ≠ 0.Beweis. Sei b direkter Summand von R, etwa R = a ⊕ b mit einem Linksideala. Seien e 1 ∈ a, e 2 ∈ b mit e 1 + e 2 = 1; e 1 , e 2 sind eine Darstellung der 1 in R, undes gilt a = Re 1 , b = Re 2 . Daher b 2 = b ≠ 0. Sei umgekehrt b 2 ≠ 0, etwa xy ≠ 0mit x, y ∈ b. Dann ist by ⊆ b ein Linksideal mit by ≠ 0, also by = b und daherey = y für ein e ∈ b. Wäre 0 ≠ R(e − e 2 ) ⊆ b, so R(e − e 2 ) = b, also r(e − e 2 ) = xfür ein r ∈ R und damit 0 ≠ xy = r(ey − e 2 y) = 0, ein Widerspruch. Somit e = e 2 ,und b = Re ist ein direkter Summand R = Re ⊕ R(1 − e) von R. Der Rest folgtaus Prop. 7.9.18.□Wichtige Beispiele von Infend-Ringen und nichtsingulären Ringen:Bemerkung. Jeder halbeinfache und jeder einfache Ring ist ein Infend-Ring.Jeder einfache Ring ist nichtsingulär.Beweis. Sei R halbeinfach, a ≠ R ein Ideal von R. R = R/a ist ein halbeinfacherR-Modul nach Kor. 7.9.16, und sogar ein halbeinfacher Ring. Sei b einunendliches minimales Linksideal von R, b 2 ≠ 0, also b = Re für ein e ∈ B(R)nach Prop. 7.9.22. Nach dem Satz von Wedderburn-Artin existiert eine Darstellunge 1 , . . . , e n der 1 in R, und es gilt Re ∼ = Re i für ein i ∈ {1, . . . , n}. Mit Lemma 7.9.14folgt e ∼ e i , und (7.9.32) sowie Prop. 7.9.19 implizieren, daß eRe ∼ = e i Re i undletzterer Ring unendlich ist. Jedoch ist nach Lemma 7.9.12 End R(b) ∼ = Re, unddaher auch End R(b) unendlich. R ist also ein Infend-Ring.— Sei R einfach. R hatnur die zweiseitigen Ideale 0 und R. Wenn R überhaupt ein minimales Linksidealenthält, so ist R halbeinfach nach Wedderburn-Artin. Wegen dem eben Bewiesenenist R ein Infend-Ring. Sei ferner a die Menge der Elemente r ∈ R, so daß ann R (r)essentiell in R ist. Man überprüft leicht, daß a ein zweiseitiges Ideal ist, welches die1 nicht enthält. (Man zeige dazu, daß f(a) ⊆ a für jeden Endomorphismus f vonR.) Also muß a = 0 sein wegen der Einfachheit von R.□Infend-Ringe besitzen eine interessante Eigenschaft:Satz 7.9.23. (Rothmaler, [135]) Sei R ein Infend-Ring, dessen sämtliche nichttrivialenFaktormoduln nichtsingulär sind. Dann hat jeder unendliche einfache R-Modul folgende Eigenschaft:(Q 0 ) Für alle r ∈ R ist rM entweder trivial oder unendlich.Beweis. Angenommen nicht. Dann existiert ein maximales Linksideal a in Rmit M := R/a unendlich, aber rM = {0}∪ { rs i +a : 1 ≤ i ≤ k } , rs i /∈ a (1 ≤ i ≤ k)für ein k ∈ N, r ∈ R, s 1 , . . . , s k ∈ R. Sei a i := ann R (rs i + a) = { λ ∈ R : λrs i ∈ a } .Offensichtlich ist ann R (r) ⊆ ann R (rR + a) = { λ ∈ R : λrR ⊆ a } , und letztereMenge ist gleich ⋂ ki=1 a i. Sei zunächst M treu, soll heißen ann R (M) = 0. Dannimpliziert λrR ⊆ a, daß λr = 0, also ann R (r) = ⋂ ki=1 a i. Da R nichtsingulär ist,existiert ein Linksideal b ≠ 0 mit b ∩ ⋂ ki=1 a i = 0. Wir haben kanonischb ↩→ R / ⋂k k⊕a i ↩→ R/a i .i=1177i=1


Da a maximal ist, ist R/a i∼ = R/a. (Betrachte f ∈ HomR (R/a i , R/a), definiertdurch λ + a i ↦→ λrs i + a; f ist offenbar injektiv, wegen der Maximalität von a auchsurjektiv.) Also b ↩→ (R/a) k , und nach Lemma 7.9.15 existiert ein k ′ ∈ {1, . . . , k}mit b ∼ = (R/a) k′ , so daß es also ein Linksideal a ′ in R gibt mit R/a ∼ = a ′ . a ′ istein minimales Linksideal, also D := End R a ′ ein Schiefkörper nach dem Lemmavon Schur, und a ′ kann vermöge (f, a ′ ) ↦→ f(a ′ ) =: f · a ′ für f ∈ D, a ′ ∈ a ′ alsVektorraum über D aufgefaßt werden. Dann gilt in a ′ :(rf) · a ′ = (rf)(a ′ ) = rf(a ′ ) = f(ra ′ ) = f · (ra ′ ) für alle r ∈ R, f ∈ D, a ′ ∈ a ′ .Daher ist ra ′ ein Untervektorraum von a ′ . Aber ra ′ ist ≠ 0 und endlich, dennra ′ ∼ = rM; somit muß D endlich sein. Andererseits ist a ′2 ≠ 0. (Denn sonst wäre0 = a ′ 2 ∼ = a ′ (R/a), also a ′ = 0, da M = R/a treu ist.) Nach Definition der Infend-Ringe ist D unendlich, da a ′ ∼ = M unendlich ist. Dies ist ein Widerspruch.— Ist Mnicht treu, so fasse man M als Modul über dem Ring R/ ann R (M) auf. Wie ebenargumentiert man einen Widerspruch herbei.□Korollar 7.9.24. (Tyukavkin, [171]) Jeder Modul M über einem unendlicheneinfachen Ring R hat die Eigenschaft (Q 0 ).Beweis. Sei M ein Modul, der (Q 0 ) nicht erfüllt. Man kann annehmen, daß Mzyklisch ist, also M = R/a mit einem Linksideal a ≠ R. Wähle ein maximales echtesLinksideal a ′ ⊇ a. Dann besitzt R/a ′ ebenfalls (Q 0 ) nicht, denn alle nichttrivialenR-Moduln sind treu; ann R (N) ist nämlich ein echtes zweiseitiges Ideal für jedenR-Modul N ≠ 0. Ferner ist jeder R-Modul N unendlich, denn kanonisch gilt R ↩→N N mittels r ↦→ {rn} n∈N , weil N treu über R ist. Aus dem Satz folgt daher einWiderspruch.□Damit nun endlich:Beweis (Satz 7.9.11). Zu (i) ⇒ (ii): Nach Satz 7.9.7, (iii) reicht es zu zeigen,daß M + Rvollständig ist. Nach Baur-Monk, Satz 7.9.7, (ii) und Lemma 7.9.9, (ii) istdies der Fall, falls für alle Moduln M ∈ M + R, λ, ν ∈ B(R) mit λ /∈ Rν, νλ ≠ λgilt: λM/λM ∩ νM ist unendlich. (Denn für γ ∈ B(R) ist stets {m ∈ M : γm =0} = (1 − γ)M.) Wähle µ ∈ B(R) mit R = R(1 − λ) ⊕ R(1 − ν) ⊕ Rµ, alsoR(1 − µ) = R(1 − λ) + R(1 − ν). Dann ist λµ = µ und λM ∩ νM = µM, fernerλM/µM ∼ = (1 − µ)λM mit (1 − µ)λ ≠ 0. Also reicht es zu zeigen, daß für 0 ≠ γ ∈B(R) stets γM unendlich ist. Dies folgt aber sofort aus Kor. 7.9.24.(ii) ⇒ (iii) ist trivial, (iii) ⇒ (iv) folgt aus der Tatsache, daß M + Rdie gemeinsameEinbettungseigenschaft besitzt. (Satz 7.8.1 und Übung nach Def. 4.5.4.)Zu (iv) ⇒ (i): Da M + R vollständig ist und M+ Runendliche Moduln enthält, mußR unendlich sein. Sei a ein echtes zweiseitiges Ideal in R, λ ∈ a; dann ist R/a ∈ M + R ,R/a |= ∀x(λx = 0), also R |= ∀x(λx = 0) und damit λ = 0. Dies zeigt, daß R einfachist. Schließlich sei 0 ≠ λ ∈ R; betrachte die Erweiterung Rλ ⊆ R zwischen M + R -Moduln. Es gilt R |= ∃y(λy = λ), und wegen der Modellvollständigkeit von M + Rfolgt Rλ |= ∃y(λy = λ). Daher ist R regulär.□7.10. Abelsche Gruppen ∗Jede abelsche Gruppe ist ein Z-Modul, und umgekehrt. Jeder HomomorphismusA → A ′ abelscher Gruppen ist ein Z-Modulhomomorphismus, und umgekehrt. Esliegt also nahe, die in §7.8 erzielten Ergebnisse auf den Fall des Rings Z, also auf178


abelsche Gruppen, anzuwenden; dies geht im wesentlichen geradlinig von sich. (Inder Tat sind die im folgenden bewiesenen Sätze meist auch in allgemeineren Ringen,etwa für Moduln über Dedekindringen, gültig; vgl. [12], Ch. 2. [16], §14 studiertausführlich die <strong>Modelltheorie</strong> von (Z, 0, +, −).) Unsere Darstellung richtet sich nach[8], App. A.2. Zu abelschen Gruppen allgemein siehe [30].Sei hier stets L = {0, +, −} die Sprache der abelschen Gruppen und AG dieKlasse der abelschen Gruppen bzgl. dieser Sprache. Es gibt eine primitiv rekursiveFunktion L Z → L (bzw. L → L Z ), die jeder L Z -Formel (jeder L-Formel) eine inallen abelschen Gruppen äquivalente L-Formel (L Z -Formel) zuordnet; wir könnenalso zwischen den Sprachen L und L Z ohne Probleme hin- und herwechseln.7.10.1. Positiv primitive Formeln in abelschen Gruppen. Wir fragenuns zunächst, welche Sachverhalte in einer abelschen Gruppe durch p.p. Formelnausgedrückt werden können. Wir zeigen vorweg:Proposition 7.10.1. Sei A = (α ij ) ∈ Z m×n . Dann ist A über Z äquivalent zueiner m × n-Diagonalmatrix D, d.h. einer Matrix der Form D = (δ ij ) mit gewissenδ ij ∈ Z, 1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n, wobei δ ij = 0 für i ≠ j.Beweis. Zu zeigen ist: Es existieren eine über Z invertierbare m × m-MatrixP und eine über Z invertierbare n × n-Matrix Q mit P AQ = D, wobei D in dergewünschten Form sei. Wir bemerken vorweg, daß elementare Umformungen desTyps Multiplikation einer Zeile (Spalte) und Addition derselben zu einer anderen“”der Multiplikation mit in Z invertierbaren Elementarmatrizen entsprechen.— IstA = 0, so ist nichts zu zeigen. Sind X, Y ∈ Z m×n , so schreibe X Y , falls Yaus X durch endlich viele elementare Zeilen- oder Spaltenumformungen (über Z)hervorgeht; offenbar gilt X Y ⇒ Y X und X Y, Y Z ⇒ X Z, fürX, Y, Z ∈ Z m×n . Setze |X| := min |ξ ij| für X = (ξ ij ) ∈ Z m×n . Sei h := min |X| ∈ξ ij≠0 AXN; es gibt ein B ∈ Z m×n mit A B und |B| = h. Ist B = (β ij ), so existiert alsoein β rs ≠ 0, |β rs | = |B| = h; man setze τ := β rs , und sei B C := (γ ij ) mitγ 11 = β rs = τ. Wir zeigen: τ|γ 1j (1 < j ≤ n) und τ|γ i1 (1 < i ≤ m). Denn: Divisionmit Rest liefertγ 1j = λ j τ + ϱ j mit |ϱ j | < |τ| = h.Angenommen, ϱ j0 ≠ 0 für ein 1 < ϱ j0 ≤ n. Subtrahiere nun das λ j0 -fache der erstenSpalte von C von der j 0 -ten (dies ist eine elementare Umformung in Z); dann habenwir C E = (ε ij ) mit ε 1j0 = ϱ j0 , also A D = (δ ij ) und |D| ≤ |δ 1j0 | = |ϱ j0 |


(Dabei sei k|t für k ∈ N 0 und einen L-Term t eine Abkürzung für ∃y(ky = t).)Ferner ist p m |t(x) in AG zu einer Formel des Typsäquivalent.(i) 0 = 0, oder(ii) p m |p m′ x mit 0 ≤ m ′ < mBeweis. Wir wissen (Bem. 7.8.19), daß ϕ besagt (mit x = (x 1 , . . . , x n ))(7.10.33) Es existiert ein y, so daß Ax = By,wobei A, B Matrizen über Z und x, y als Spaltenvektoren zu lesen sind. WegenProp. 7.10.1 wissen wir ferner, daß invertierbare Matrizen P , Q über Z existieren,so daß D := P BQ eine Diagonalmatrix ist; somit ist (7.10.33) äquivalent zu(7.10.34) Es existiert ein z, so daß (P A)x = Dz.Aber (7.10.34) ist äquivalent zu einer Konjunktion von Formeln der Gestalt k|t(x),wobei t ein L-Term ist und k die Einträge der Hauptdiagonalen von D durchläuft.Die Formel 0|t(x) ist äquivalent zu t(x) = 0, und 1|t(x) zu 0 = 0. Ist k ∈ Z \ {0, 1},so beachte, daß für r, s ∈ N mit ggT(r, s) = 1 gilt: rs|t(x) gdw. r|t(x) und s|t(x).(Ist ry 1 = t(x) und sy 2 = t(x), so schreibe 1 = λr + µs mit λ, µ ∈ Z; wir erhaltent(x) = (λr + µs)t(x) = λrsy 2 + µrsy 1 = rs(λy 2 + µy 1 ), also rs|t(x).) Ist schließlichm ≥ 1, p prim mit p m |t(x), so hat t(x) die Form t(x) = p m′ (rx) mit m ′ ∈ N 0 , r ∈ Z,ggT(p, r) = 1, falls r ≠ 0. Ist m ′ ≥ m oder r = 0, so ist p m |t(x) äquivalent zu 0 = 0;ansonsten ist p m |t(x) dann äquivalent zu p m |p m′ x. (Ist p m y = p m′ rx, so wähleλ, µ ∈ Z mit 1 = λp m−m′ + µr, und schließe p m′ x = λp m x + µp m y = p m (λx + µy),also p m |p m′ x.)□Wir erhalten als Korollar aus dem Baur-Monk-Satz und Lemma 7.10.2:Satz 7.10.3. (Szmielews Definierbarkeitssatz, [156]) Sei A eine abelsche Gruppeund R eine n-stellige elementar definierbare Relation auf A, m.a.W.R = {a ∈ A n : A |= ϕ(a)} für eine L-Formel ϕ.Dann ist R eine Boolesche Kombination von Relationen, die durch L-Formeln desTyps (i), (ii) aus Lemma 7.10.2 definiert werden.□7.10.2. Zur Struktur abelscher Gruppen. Szmielew-Gruppen. Es seiA eine abelsche Gruppe. Wir schreiben T (A) für die Torsionsuntergruppe von A,d.h. die Untergruppe aller Torsionselemente von A:T (A) = { a ∈ A : ∃n ∈ N : na = 0 } = { a ∈ A : ord(a) < ∞ }A heiße wie üblich eine Torsionsgruppe, wenn T (A) = A.Ist p eine Primzahl, so sei A p die Untergruppe aller Elemente, deren Ordnungeine Potenz von p ist:A p = { a ∈ A : ∃n ∈ N 0 : ord(a) = p n}A p ist eine Torsionsgruppe. A heißt eine p-Gruppe, falls A p = A. Es gilt:Lemma 7.10.4. Sei A eine Torsionsgruppe. Dann ist A ∼ =⊕ A p .p prim180


Beweis. Betrachte den Homomorphismus ⊕ A p → A, (x p ) ↦→ ∑ x p . Sei jetztx = (x p ) in seinem Kern, also ∑ x p = 0. Sei q eine Primzahl mit x q ≠ 0. Dannhaben wirx q = ∑ p≠q(−x p ).Sei m := kgV{ord(x p ) : p ≠ q}; es ist mx q = 0. Aber ebenso ist q r x q = 0 fürein r ≥ 1; ist also d = ggT(m, q r ), so ist dx q = 0. Jedoch ist d = 1, also x q = 0.Der angegebene Homomorphismus ist somit injektiv. Zur Surjektivität: Sei A[m]für m ∈ N der Kern von x ↦→ mx, d.h. A[m] = {x ∈ A : mx = 0}. Wir zeigen:Ist m = rs mit ggT(r, s) = 1, r, s ≥ 1, so ist A[m] = A[r] + A[s]. Wähle nämlichλ, µ ∈ Z mit λr + µs = 1; dann ist x = λrx + µsx für x ∈ A[m], und λrx ∈ A[s],µsx ∈ A[r].— Induktiv folgt also: Ist m = ∏ p|mdie Zerlegung von m ≥ 1 inpεpPrimfaktoren, so ist A[m] = ∑ p|m]. Ist also x ∈ A beliebig, so existiert einA[pεpm ≥ 1 mit x ∈ A[m], und wegen A[p k ] ⊆ A p folgt die Behauptung.□Die vier grundlegenden Typen abelscher Gruppen sind:(α) Die zyklischen Gruppen der Ordnung p k , die wir hier als Z(p k ) schreiben.(p prim, k ∈ N.)(β) Die p-te PrüfergruppeZ(p ∞ ) := { z ∈ C : ∃n ∈ N : z pn = 1 }der p-ten komplexen Einheitswurzeln. (p prim.) Z(p ∞ ) kann als direkterLimes Z(p ∞ ) = lim Z(p k ) mit den durch z ↦→ p n z definierten Injektioneni k n : Z(p k ) → Z(p k+n ) aufgefaßt werden, oder alternativ als ⋃ k Z(pk )−→bzgl. der Kette Z(p 1 ) ⊆ Z(p 2 ) ⊆ · · · .(γ) Die Lokalisierung von Z am Primideal (p) ≠ (0), also{ a}Z (p) =b ∈ Q : a = 0 oder a ≠ 0 und ggT(a, b) = 1, ggT(b, p) = 1 ,betrachtet als additive abelsche Gruppe. (p prim.)(δ) Die additive Gruppe Q der rationalen Zahlen.Betreffend Teilbarkeits- und Torsionseigenschaften notieren wir:(α) Z(p k ) ist teilbar durch alle 0 ≠ m ∈ Z mit ggT(m, p) = 1; T (Z(p k )) =Z(p k ).(β) Z(p ∞ ) ist teilbar durch alle 0 ≠ m ∈ Z; T (Z(p ∞ )) = Z(p ∞ ).(γ) Z (p) ist teilbar durch alle 0 ≠ m ∈ Z mit ggT(m, p) = 1; T (Z (p) ) = 〈0〉.(δ) Q ist teilbar durch alle 0 ≠ m ∈ Z; T (Q) = 〈0〉.Wir haben E(Z(p k )) = Z(p ∞ ), E(Z (p) ) = Q. (Vgl. Satz 7.8.16.)Es sei an folgenden, für gewöhnlich in der Algebra bewiesenen Satz erinnert,zu dessen Beweis Prop. 7.10.1 der erste Schritt ist (vgl. [34], I, §8):Satz 7.10.5. (Struktursatz für endlich erzeugte abelsche Gruppen) Sei A eineendlich erzeugte abelsche Gruppe, B eine endliche abelsche p-Gruppe.(i) Es ist A ∼ = T (A) ⊕ A/T (A), und A/T (A) ist frei als Z-Modul, T (A)endlich.(ii) Es ist B ∼ = Z(p ν1 ) ⊕ · · · ⊕ Z(p νs ) mit durch B eindeutig bestimmter Exponentenfolge1 ≤ ν 1 ≤ · · · ≤ ν s .□181


Definition 7.10.6. Sei A eine abelsche Gruppe. A heißt reduziert, falls sieaußer 〈0〉 keine weiteren teilbaren Untergruppen besitzt.Beispiel. Die Gruppen Z(p k ), Z (p) sind reduziert. (p prim, k ≥ 1.)Proposition 7.10.7. Jede abelsche Gruppe A ist direkte Summe einer teilbarenGruppe D und einer reduzierten Gruppe C: A = D ⊕ C. Dabei ist D durch Aeindeutig bestimmt, während C bis auf Isomorphie eindeutig ist.Beweis. Offenbar gilt:(∗)∑Sind {D i } i∈I teilbare Untergruppen von A, so ist auch ihre Summei∈I D i teilbar.Die von allen teilbaren Untergruppen von A erzeugte Untergruppe D ist mit (∗)also teilbar; sie ist die größte teilbare Untergruppe von A. Teilbare Gruppen sindinjektiv (Kor. 7.8.12), also ist A = D ⊕ C mit einer Untergruppe C von A, undoffensichtlich ist C reduziert. Ist A = D ′ ⊕C ′ mit teilbarem D ′ und reduziertem C ′ ,so folgt D = (D ∩ D ′ ) ⊕ (D ∩ C ′ ). Da D ∩ C ′ teilbar und in der reduzierten GruppeC ′ enthalten ist, folgt D ∩ C ′ = {0}, also D ∩ D ′ = D, d.h. D ⊆ D ′ , also D = D ′wegen der Maximalität von D. Ist schließlich A = D ⊕ C ′ , so C ∼ = A/D ∼ = C ′ . □Diese Proposition erlaubt es also, sich bei Strukturuntersuchungen für abelscheGruppen auf teilbare und reduzierte Gruppen einzuschränken.Definition 7.10.8. Unter einer Szmielew-Gruppe wollen wir eine abelscheGruppe S der Form( )⊕ ⊕(7.10.35)Z(p n ) (αp,n−1) ⊕ Z(p ∞ ) (βp) ⊕ Z (γp)(p)⊕ Q (δ)p prim n∈Nverstehen, wobei α p,n−1 , β p , γ p , δ Kardinalzahlen ≤ ℵ 0 seien. (Dabei sei A (κ) füreine abelsche Gruppe A und eine Kardinalzahl κ die direkte Summe von κ vielenExemplaren von A.)Die Summe ⊕ (⊕p n Z(pn ) (αp,n−1)) nennen wir den reduzierten Torsionsteil derSzmielew-Gruppe, die Summe ⊕ p Z(p∞ ) (βp) den teilbaren Torsionsteil, ⊕ p Z(γp) (p)den reduzierten torsionsfreien und Q (δ) den teilbaren torsionsfreien Anteil von S.Es ist S p = (⊕ n Z(pn ) (αp,n−1)) ⊕ Z(p ∞ ) (βp) .Offensichtlich sind Szmielew-Gruppen höchstens abzählbar. Wir werden in Kürzezeigen, daß jede abelsche Gruppe zu einer Szmielew-Gruppe elementar äquivalentist. Vorweg untersuchen wir die Struktur teilbarer Gruppen. Wir haben als Beispieleteilbarer Gruppen die Prüfergruppen sowie die rationalen Zahlen kennengelernt; dieteilbaren Gruppen sind bis auf Isomorphie genau die direkten Summen von Gruppendieses Typs:Satz 7.10.9. Jede abzählbare teilbare abelsche Gruppe ist eine Szmielew-Gruppe.Genauer gilt: Jede teilbare abelsche Gruppe D hat die FormD = ⊕Z(p ∞ ) (βp) ⊕ Q (δ)für gewisse β p , δ.p prim182


Beweis. Die Torsionsuntergruppe T (D) von D ist teilbar; da T (D) damit injektivist, folgt D ∼ = T (D) ⊕ D 0 , wobei D 0 torsionsfrei und wegen der Teilbarkeitvon D auch teilbar ist, und daher als Q-Vektorraum aufgefaßt werden kann. AlsoD 0∼ = Q (δ) für δ := dim Q D 0 . (Isomorphie als Q-Vektorräume und erst rechtals Gruppen.) Ferner ist T (D) ∼ = ⊕ p prim D p nach Lemma 7.10.4; wir behaupten:Jedes D p hat die Form D p = Z(p ∞ ) (βp) für eine Kardinalzahl β p . Mittels ZornschemLemma erhalten wir zunächst eine maximale teilbare Untergruppe D p ′ vonD p in der gewünschten Form; D p ′ ist teilbar, also ein direkter Summand von D p :D p = D p ′ ⊕ D p ′′ . Wir zeigen:(∗) Ist p eine Primzahl und A ≠ 〈0〉 eine teilbare abelsche Gruppe mit A =A p , so ist kanonisch Z(p ∞ ) ↩→ A.Da D p ′ maximal und Z(p ∞ ) injektiv ist, enthält D p′′ kein isomorphes Abbild vonZ(p ∞ ), und da (D p ′′ ) p = D p ′′ teilbar ist, muß nach (∗) D p′′ = {0} sein.— Zu (∗):Wähle a ∈ A \ {0}; wegen der Teilbarkeit von A erhalten wir eine Folgea = a 1 , pa 2 = a 1 , pa 3 = a 2 , . . . , pa n+1 = a n , . . . .Offenbar ist Z(p ∞ ) ∼ = 〈a 1 , a 2 , . . .〉, wenn man a ∈ A p = A und Z(p ∞ ) = ⋃ k∈N Z(pk )bedenkt.□In der Gruppentheorie definiert man gemeinhin:Definition 7.10.10. (Prüfer, [117], [118]) Seien A 1 ≤ A 2 abelsche Gruppen.A 1 heißt rein in A 2 , falls für alle a ∈ A 1 und n ∈ N gilt: n|a in A 1 gdw. n|a in A 2 .Der Konflikt mit der Terminologie von Def. 7.8.38 läßt sich leicht auflösen:Proposition 7.10.11. (Prüfer, [117], [118]) Seien A 1 ≤ A 2 abelsche Gruppen.Dann ist A 1 als abelsche Gruppe rein in A 2 d.u.n.d., wenn A 1 als Z-Modul rein inA 2 ist. A 1 ist in diesem Fall ein direkter Summand von A 2 .Beweis. Sei A 1 rein in A 2 als abelsche Gruppe; wir zeigen, daß A 1 als Z-Modul in A 2 rein ist. (Die Umkehrung ist trivial.) O.B.d.A. sei A 2 endlich erzeugt.(Denn wir sind nur an endlichen linearen Gleichungssystemen interessiert.) NachSatz 7.10.5 ist A 2 /A 1 = ⊕ ni=1 〈a i + A 1 〉 mit gewissen a i ∈ A 2 , ord(a i + A 1 ) =: k i


Prop. 7.10.11 ist B ein direkter Summand von A, also A ∼ = B ⊕ A/B. Seien a i ∈ B,a i ≠ 0 mit B = ⊕ i∈I 〈a i〉, ord(a i ) = p ki . Um die Teilbarkeit von A/B nachzuweisen,reicht es wegen der Teilbarkeit aller a ∈ A = A p durch m ∈ Z mit ggT(m, p) = 1,die Teilbarkeit aller Elemente von A/B durch p zu zeigen. Das System {a i } istp-unabhängig. Denn wegen der Reinheit von B in A folgt aus ∑ n ij a ij ∈ p r A, daßk∑k∑n ij a ij = p r m ij a ij für gewisse m ij ∈ Z.j=1j=1Da eine direkte Summe vorliegt, muß n ij a ij = p r m ij a ij sein, also ord(a ij ) =p ki j |(p r m ij −n ij ), und mithin p r |n ij . {a i } ist zudem ein maximales p-unabhängigesSystem, denn ist {a i } zusammen mit einem b ∈ A, b ≠ 0, immer noch p-unabhängig,so ist 〈b〉 + ⊕ 〈a i 〉 sogar eine direkte Summe, die rein in A ist (nachprüfen!), undord(b) ist eine p-Potenz wegen A = A p ; wegen der Maximalität von B folgt dannb ∈ B = ⊕ 〈a i 〉, also b = 0, Widerspruch. Wir zeigen nun durch Induktion übert ∈ N, daß alle Elemente a ∈ A, a ≠ 0, ord(a) =: p t′ < p t modulo B durch p teilbarsind. Ist t = 1, so ist nichts zu zeigen. Ansonsten gilt für unser Element a wegender Maximalität von {a i }: Es existieren a i1 , . . . , a ik in {a i } sowie n i0 , . . . , n ik ∈ Zmit n i0 a ≠ 0, n ij a ij ≠ 0, so daß für ein r ∈ Nk∑n i0 a + n ij a ij ∈ p r A und p r ∤ n ij für ein j ∈ {0, . . . , k}.j=1Wegen der p-Unabhängigkeit der a i ist sicher p r ∤ n i0 ; schreibe also n i0 = p s m 0mit 0 ≤ s < r, ggT(m 0 , p) = 1, o.B.d.A. s < t ′ . Dann ist ∑ n ij a ij ∈ p s A, alson ij = p s m j für gewisse m 1 , . . . , m k ∈ Z; damit p s (m 0 a + ∑ m j a ij ) = p r b für einb ∈ A, also p s (m 0 a − p r−s b + ∑ m j a ij ) = 0. Nach Induktionsvoraussetzung istm 0 a − p r−s b + ∑ m j a ij mod B durch p teilbar; damit ist am 0 + B und wegenggT(m 0 , p) = 1 auch a + B durch p teilbar.□Damit wie versprochen:Satz 7.10.13. Jede abelsche Gruppe ist elementar äquivalent zu einer Szmielew-Gruppe.Beweis. Wegen dem Satz von Löwenheim-Skolem ”abwärts“ (§9.4) reicht es,dies für eine höchstens abzählbare abelsche Gruppe A einzusehen. Wir geben eineSzmielewsche Gruppe B an, die dieselben Baur-Monk-Invarianten wie A besitzt;mit Kor. 7.8.36 folgt dann A ≡ B.Hat A die reine Untergruppe C, so haben A und C ⊕ A/C nach Prop. 7.8.39dieselben Invarianten. T (A) ist eine reine Untergruppe von A: Gilt n|a in A fürn ∈ N, a ∈ T (A), etwa nb = a mit b ∈ A, so ist (n · ord(a))b = 0, also b ∈ T (A).A hat also dieselben Invarianten wie T (A) ⊕ A/T (A). T (A) ist direkte Summe derA p , p prim, nach Lemma 7.10.4. Nach Prop. 7.10.12 ist A p∼ = A′p ⊕ A p /A ′ p mitder reinen Untergruppe A ′ p von A p , wobei A ′ p eine direkte Summe von zyklischenGruppen Z(p k ) ist und A p /A ′ p teilbar, also nach Satz 7.10.9 eine Szmielew-Gruppe.Insgesamt ist T (A) also eine Szmielew-Gruppe. A/T (A) zerlegen wir zunächstgemäß Prop. 7.10.7 in D ⊕ C mit D teilbar, C reduziert. Im Hinblick auf Lemma7.8.37 reicht es zu zeigen: Eine torsionsfreie reduzierte abelsche Gruppe R hatdieselben Baur-Monk-Invarianten wie eine direkte Summe von Gruppen der FormZ (p) .184


In einer torsionsfreien Gruppe gilt: Ist n ≠ 0 und na = nb, so folgt a = b; giltnm|na, so folgt m|a. Mit Lemma 7.10.2 heißt dies, daß in R jede p.p. Formel ineiner freien Variablen x zu einer Konjunktion von Formeln der Art p n |x (p prim,n ∈ N) äquivalent ist, damit aber zu einer einzigen Formel k|x mit k ∈ N. Schreibenwir kA = {ka : a ∈ A} für die Untergruppe der durch k teilbaren Elemente von A,so ist also jede Baur-Monk-Invariante von R von der Form [jR : kR] mit j, k ∈ Z,j|k. Wir schreiben j = j 0 , j 1 , . . . , j s−1 , j s = k, wobei jedes j i+1 die Form j i p i miteiner Primzahl p i besitze (i = 0, . . . , s − 1), und erhalten[jR : kR] = [j 0 R : j 1 R] · [j 1 R : j 2 R] · · · [j s−1 R : j s R],mit [j i R : j i+1 R] = [j i R : j i p i R] = [R : p i R] (letzteres wegen R/p i R ∼ = j i R/j i p i Rvermöge r+p i R ↦→ j i r+j i p i R). Es folgt, daß die Invarianten von R durch die Werte[R : pR] mit p prim festgelegt werden. Jeder dieser Werte ist entweder p n mit n ∈ N 0oder ∞. (Ist R/pR endlich, so folgt aus p(r + pR) = 0 für r + pR ∈ R/pR, daß|R/pR| eine p-Potenz ist.) Nun ist aber Z (p) eine reduzierte torsionsfreie abelscheGruppe, und für jede Primzahl q ist{p, falls p = q,[Z (p) : qZ (p) ] =1, falls p ≠ q.Damit können wir mit Hilfe von Lemma 7.8.37 eine reduzierte torsionsfreie abelscheGruppe mit denselben Baur-Monk-Invarianten wie R konstruieren, nämlich{⊕Z (J(p))card R/pR, falls R/pR endlich,(p)mit J(p) :=ℵ 0 , sonst.p primDiese hat die Form (7.10.35).Die zu einer gegebenen abelschen Gruppe gehörige elementar äquivalente Szmielew-Gruppeist nicht notwendig eindeutig bestimmt; die beiden folgenden Propositionendemonstrieren dies. Wir sagen, eine abelsche Gruppe A habe beschränktenExponenten, falls nA = {0} für ein n ∈ N; ansonsten hat A unbeschränkten Exponenten.Proposition 7.10.14. Für eine abelsche Gruppe A sind äquivalent:(i) A hat unbeschränkten Exponenten.(ii) A ≡ A ⊕ Q.(iii) A ≡ A ⊕ Q (ℵ0) .Beweis. Daß aus (ii) und (iii) jeweils (i) folgt, ist klar. Gelte (i). Wir zeigen,daß für eine abelsche Gruppe B gilt: A ≡ B ⊕ Q (ℵ0) . Dann folgt mit Kor. 7.8.40,(iii): A ⊕ Q ≡ B ⊕ Q (ℵ0) ⊕ Q ∼ = B ⊕ Q (ℵ0) ≡ A, und (ii) folgt; (iii) ergibt sichähnlich. O.B.d.A. sei A ∩ Q (ℵ0) = ∅. Es reicht zu zeigen, daß die L(A ∪ Q (ℵ0) )-Satzmenge Φ, bestehend aus der L(A)-Theorie von A und dem Diagramm vonQ (ℵ0) , ein Modell besitzt, denn dann haben wir eine elementare Erweiterung C vonA, die eine zu Q (ℵ0) isomorphe Untergruppe enthält, und da Q (ℵ0) teilbar ist, folgtA ≡ B ⊕ Q (ℵ0) für eine geeignete abelsche Gruppe B. Angenommen, Φ hätte keinModell; nach dem Kompaktheitssatz und Satz 7.10.5 gibt es dann ein n ∈ N undeine endliche Menge ∆ von Sätzen aus dem Diagramm einer von n Elementen freierzeugten abelschen Gruppe, o.B.d.A. Z n , so daß die Satzmenge Ψ, bestehend ausder L(A)-Theorie von A zusammen mit ∆, kein Modell besitzt. Seien e 1 , . . . , e n dieEinheitsvektoren von Z n ; wir können annehmen, daß die einzigen Konstanten in185□


∆ außer 0 die e 1 , . . . , e n sind. ∆ besteht aus Gleichungen und Ungleichungen; daZ n von e 1 , . . . , e n frei erzeugt ist, sind alle Gleichungen in ∆ aus Th(AG) ableitbar.Damit ist ∆ bzgl. AG äquivalent zu einer endlichen Konjunktion von Ungleichungenλ i1 e 1 + · · · + λ in e n ≠ 0 mit λ i1 , . . . , λ in ∈ Z nicht alle gleichzeitig 0 (i = 1, . . . , m).Weil{ aber A unbeschränkten Exponenten hat, können wir ein a ∈ A mit ord(a) >∑n}kgVj=1 λ ij : 1 ≤ i ≤ m wählen und e 1 , . . . , e n allesamt als a interpretieren; Ψhat also doch ein Modell: Widerspruch.□Ist A eine abelsche Gruppe und p eine Primzahl, so sagen wir, A p habe beschränktep-Länge, falls es eine endliche obere Schranke für die Ordnungen allerElemente a ∈ A p mit p ∤ a gibt; andernfalls habe A unbeschränkte p-Länge.Proposition 7.10.15. Ist p eine Primzahl, A eine abelsche Gruppe unbeschränkterp-Länge, so ist A ≡ A ⊕ Z(p ∞ ) (ℵ0) ≡ A ⊕ Z (ℵ0)(p)Beweis. Der Nachweis von A ≡ A⊕Z(p ∞ ) (ℵ0) ist ähnlich zu Prop. 7.10.14 undverbleibt als Übung.— Zu A ≡ A⊕Z (ℵ0)(p) : Seien c 0, c 1 , . . . abzählbar viele paarweiseverschiedene neue Konstanten für L, und definiere die L({c i } i∈N0 )-Satzmenge{ k−1}∑Σ := Th(A) ∪ {p ∤ c i : i ∈ N 0 } ∪ n i c i ≠ 0 : k ∈ N, (n 0 , . . . , n k−1 ) ∈ Z k \ {0} .i=0Da A unbeschränkte p-Länge besitzt, erhalten wir mit dem Kompaktheitssatz einModell C ′ von Σ; sei C := C ′ |L. Es ist A ≡ C ≡ T (C) ⊕ C/T (C), letzteres wegenProp. 7.8.39, da T (C) rein in C ist. Setze B := C/T (C); nach Definition von Σ ist[B : pB] = ∞. Dem Beweis von Satz 7.10.13 entnehmen wir, daß, wenn wir B durcheine elementar äquivalente Szmielew-Gruppe B 1 ersetzen, der Summand Z (p) in B 1unendlich oft erscheinen muß, so daß B 1∼ = B1 ⊕ Z (ℵ0)(p) . Es folgt A ≡ T (C) ⊕ B ∼ 1 =T (C) ⊕ B 1 ⊕ Z (ℵ0)(p)≡ A ⊕ Z (ℵ0)(p)mit Kor. 7.8.40, (iii). □Wir sagen deshalb, eine Gruppe (7.10.35) sei eine strikte Szmielew-Gruppe,wenn(i) δ entweder 0 oder ℵ 0 ist, wobei( ⊕n Z(pn ) (αp,n−1) ⊕ Z(p ∞ ) (βp) ⊕ Z (γp)(p))unbeschränk-(ii) δ = 0 ist, falls ⊕ pten Exponenten hat, und(iii) für alle Primzahlen p gilt: β p = γ p = 0, falls die Gruppe unbeschränktep-Länge besitzt.7.10.3. Die Szmielew-Invarianten. Unser nächstes Ziel ist es, nachzuweisen,daß jede abelsche Gruppe zu einer eindeutig bestimmten strikten Szmielew-Gruppe elementar äquivalent ist. Wir führen einen Satz von Invarianten ein, dieeine strikte Szmielew-Gruppe bis auf Isomorphie festlegen.Definition 7.10.16. Sei A eine abelsche Gruppe, p eine Primzahl. Wie imBeweis von Lemma 7.10.4 schreiben wir A[p] für die Untergruppe {a : pa = 0}. Wirdefinieren die Szmielew-Invarianten von A wie folgt:(i) U(p; n; A) := [ (p n A)[p] : (p n+1 A)[p] ] ,(ii) D(p; n; A) := ord ( (p n A)[p] ) ,(iii) Tf(p; n; A) := [ p n A : p n+1 A ] ,186


(iv) Exp(p; n; A) := ord ( p n A ) ,für alle Primzahlen p und natürlichen Zahlen n ≥ 0.Bemerkungen 7.10.17. Es ist p n A = A ψn und (p n A)[p] = A ϕn für diep.p. Formeln ψ n (x) := ( p n |x ) und ϕ n (x) := ( px = 0 ∧ ψ n (x) ) . Wir haben also(i) U(p; n; A) = Inv(ϕ n , ϕ n+1 , A),(ii) D(p; n; A) = Inv(ϕ n , x = 0, A),(iii) Tf(p; n; A) = Inv(ψ n , ψ n+1 , A),(iv) Exp(p; n; A) = Inv(ψ n , x = 0, A).Bei den Szmielew-Invarianten handelt es sich somit um besondere Baur-Monk-Invarianten. U“ steht dabei für Ulm“, da die U(p; n; A) (p prim, n ≥ 0) auch” ”als die n-ten Ulm-Kaplansky-Invarianten von A bezeichnet werden (vgl. [30], VI,§37); D“ steht für dividierbar“ (teilbar), Tf“ für torsionsfrei“ und Exp“ für” ” ” ” ”Exponent“. Die zu diesen speziellen Baur-Monk-Invarianten gehörenden Dimensionssätzenennen wir”Szmielew-Dimensionssätze.Für unsere Gruppen (α)–(δ) erhalten wir: (p, q prim, n ≥ 0, k ≥ 1)U(p; n; −)D(p; n; −)Tf(p; n; −)Exp(p; n; −)Z(q k ) Z(q ∞ ) Z (q) Q{p, falls p = q, n = k − 1,1,{sonst.p, falls p = q, n < k,1,{sonst.p, falls p = q, n < k,1, sonst.⎧⎪⎨ p k−n , falls p = q, n < k,1, falls p = q, n ≥ k,⎪⎩q k , sonst.Übung. Verifiziere obige Tabelle.1 1 1{p, falls p = q,11, sonst.{11p, falls p = q,1, sonst.1∞ ∞ ∞Im folgenden sei formal n ℵ0 := ∞ für alle natürlichen Zahlen n.Satz 7.10.18. Jede strikte Szmielew-Gruppe ist durch ihre Szmielew-Invarianteneindeutig bestimmt.Beweis. Sei A eine strikte Szmielew-Gruppe wie in (7.10.35). Mit Hilfe derTabelle und Lemma 7.8.37 erhalten wirU(p; n; A) = p αp,n für alle n ≥ 0 und Primzahlen p.Der reduzierte Torsionsteil von A ist also durch die Invarianten U(−; −; A) eindeutigfestgelegt. Da A p = ⊕ n Z(pn ) (αp,n−1) ⊕ Z(p ∞ ) (βp) und A strikt ist, gilt: A hatunbeschränkte p-Länge genau dann, wenn α p,n ≠ 0 für unendlich viele n ≥ 0, odergleichbedeutend, wenn U(p; n; A) ≠ 1 für unendlich viele n ≥ 0. Ob A unbeschränktep-Länge besitzt oder nicht, wird somit auch durch die p-ten Ulm-Kaplansky-Invarianten von A festgelegt. Wir erhalten ferner:D(p; n; A) = p βp+∑ k≥n α p,kfür alle n ≥ 0 und Primzahlen p.Hat A unbeschränkte p-Länge, so ist β p = 0 aufgrund der Striktheit von A; ansonstenaber ist p ∑ k≥n α p,k= 1 für genügend großes n, also D(p; n; A) = p βp . Der187


teilbare Torsionsanteil von A ist also ebenfalls durch die Szmielew-Invarianten eindeutigbestimmt. In ähnlicher Weise folgtTf(p; n; A) = p γp+∑ k≥n α p,kfür alle n ≥ 0 und Primzahlen pund damit, daß auch der reduzierte torsionsfreie Teil von A eindeutig bestimmt ist.Sei nun B := ⊕ ( ⊕ )p n Z(pn ) (αp,n−1) ⊕ Z(p ∞ ) (βp) ⊕ Z (γp)(p), also A = B ⊕ Q (δ) .Wie wir gesehen haben, ist B durch die Szmielew-Invarianten eindeutig bestimmbar;insbesondere legen diese fest, ob B von unbeschränktem Exponenten ist. Hat Bunbeschränkten Exponenten, so ist δ = 0, da A strikt Szmielewsch ist. Sei also nunB von beschränktem Exponenten, etwa nB = {0} für n ∈ N. Ist n = 1, also B ={0}, so ist stets Exp(−; −; A) = ord(Q (δ) ), also A von beschränktem Exponentengenau dann, wenn Exp(−; −; A) ≡ 1. Sei also nun n ≥ 2; da für b ∈ B, r, s ∈ Nmit ggT(r, s) = 1 gilt, daß rs|b ⇔ r|b, s|b, also rsB = {0} ⇔ rB = sB = {0}, siehtman, daß o.B.d.A. n = p k für eine Primzahl p und ein k ≥ 1 angenommen werdendarf. Wir erhaltenExp(p; k; A) = ord(p k B) · ord(Q (δ) ) = ord(Q (δ) ),und es ist A von beschränktem Exponenten genau dann, wenn Exp(p; k; A) = 1.Damit sagen uns die Exponenteninvarianten, ob A von beschränktem oder unbeschränktemExponenten ist; ist letzteres der Fall, so ist δ = ℵ 0 , ansonsten δ = 0. □Korollar 7.10.19. Jede abelsche Gruppe ist zu genau einer strikten Szmielew-Gruppeelementar äquivalent.Beweis. Sei A eine abelsche Gruppe und B eine Szmielew-Gruppe wie in(7.10.35) mit B ≡ A gemäß Satz 7.10.13. Hat A unbeschränkten Exponenten,so kann man nach Prop. 7.10.14 δ = ℵ 0 wählen, ansonsten muß notwendig δ = 0sein; ist p eine Primzahl, und hat A unbeschränkte p-Länge, so kann man wegenProp. 7.10.15 β p = γ p = 0 erreichen. Da A und B dieselben Szmielew-Invariantenbesitzen, ist B durch A nach Satz 7.10.18 eindeutig festgelegt.□7.10.4. Die Sätze von Szmielew. Wir erhalten in Analogie zum Fall derModuln ein Ergebnis über relative Q.E.:Satz 7.10.20. (Szmielews Klassifikationssatz, [156]) Jede L-Formel ist in AGäquivalent zu einer Booleschen Kombination von Szmielew-Dimensionssätzen undFormeln des Typs (i), (ii) wie in Lemma 7.10.2. Insbesondere ist jeder L-Satz äquivalentzu einer Kombination von Szmielew-Dimensionssätzen.Beweis. Sei ϕ eine L-Formel. Nach dem Satz von Baur-Monk ist ϕ in AG äquivalentzu einer Booleschen Kombination von p.p. Formeln und Dimensionssätzen;um die p.p. Formeln kümmert sich Lemma 7.10.2, so daß wir nur noch sehenmüssen, daß jeder L-Satz in AG zu einer Booleschen Kombination von Szmielew-Dimensionssätzen äquivalent ist. Dies folgt aber unmittelbar aus Kor. 5.1.2, (iii),indem man für Φ die Menge aller Szmielew-Dimensionssätze und deren Negate,zusammen mit Ba wählt.□Analog zu Kor. 7.8.41 folgt:Korollar 7.10.21. Es gibt eine rekursive Abbildung, die einer beliebigen L-Formel eine in AG äquivalente Formel aus dem ∧-∨-¬-Abschluß der Menge allerFormeln des Typs (i), (ii) von Lemma 7.10.2 und Szmielew-Dimensionssätzen zuordnet.188


Beweis. Da AG rekursiv axiomatisierbar ist, ist die Menge der Folgerungenaus einem geeigneten Axiomensystem Ξ nach Kor. 2.4.1 rekursiv aufzählbar; nachdem Satz 7.10.20 existiert zu einer L-Formel ϕ eine Formel ψ der gewünschtenGestalt mit AG |= (ϕ ↔ ψ), die wir damit durch systematisches Aufzählen allerKonsequenzen aus Ξ ermitteln können.□Korollar 7.10.22. (Szmielews Entscheidbarkeitssatz, [156]) Die Theorie derabelschen Gruppen ist entscheidbar.Beweis. Sei ϕ ein L-Satz. Ermittle gemäß Kor. 7.10.21 einen Satz ψ mit AG |=(ϕ ↔ ψ), der eine Boolesche Kombination von Szmielew-Dimensionssätzen ist. Wirmüssen nun entscheiden, ob ψ in allen abelschen Gruppen gilt; wegen Kor. 7.10.19können wir uns auf strikte Szmielew-Gruppen beschränken. Bringe ¬ψ in die Form¬ψ = ∧ ni=1∨ mij=1 δ ij, wobei δ ij Szmielew-Dimensionssätze oder deren Negate sind.Jedem der n-Tupel (δ 1j1 , . . . , δ 1jn ) mit j i ∈ {1, . . . , m i } entspricht hinsichtlich derSzmielew-Invarianten eine Bedingung an eine abelsche Gruppe; mit Hilfe der obigenTabelle kann man systematisch feststellen, ob es eine strikte Szmielew-Gruppe gibt,die einem solchen n-Tupel von Bedingungen genügt. Ist dies für keines der m 1 · · · m nmöglichen Tupel der Fall, so ist ψ bzgl. AG wahr, ansonsten falsch.□Eine kuriose Anwendung:Satz 7.10.23. (Adler-Kogalovskiĭ-Sabbagh, [41], [87], [137]) Die Klasse allerGruppen, die multiplikative Gruppen von Körpern sind, ist nicht in der Logik ersterStufe axiomatisierbar.Beweis. Sei K ein beliebig gewählter algebraisch abgeschlossener Körper vonPrimzahlcharakteristik p mit trdeg(K/F p ) = ∞. Da K algebraisch abgeschlossenist, ist die multiplikative Gruppe K ∗ von K teilbar. Da alle über F p algebraischenElemente von K ∗ Einheitswurzeln sind, ist T (K ∗ ) = A ∗ , wobei A ⊆ K der relativealgebraische Abschluß F K p von F p in K sei. Da A ∗ teilbar, also direkter Summandvon K ∗ ist, folgt mit Satz 7.10.9 K ∗ = A ∗ ⊕ Q (δ) für eine Kardinalzahl δ ≥ ℵ 0 .Nun ist Q ≡ Q (δ) nach Satz 7.10.18 und der obenstehenden Tabelle, also A ∗ ⊕ Q ≡A ∗ ⊕ Q (δ) nach Kor. 7.8.40, (iii). Es reicht also nachzuweisen, daß kein KörperF mit F ∗ ∼ = A ∗ ⊕ Q existieren kann. Angenommen, F wäre ein solcher Körpermit ϕ: A ∗ ⊕ Q → ∼= F ∗ . F hat Primzahlcharakteristik: Denn wäre char(F ) = 0,so gäbe es (a; p), (b; q) ∈ A ∗ ⊕ Q mit 2 = ϕ(a; p), 3 = ϕ(b; q); wähle k ∈ N mit( ap ) kb = 1 und setze m := kp, n := kq; dann ist 2 m = 3 n in F , im Widerspruchqzur Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung in Z. Somit ist t transzendent (dennsonst wäre t eine Einheitswurzel in F ), insbesondere also t + 1 ∈ F ∗ , etwa t + 1 =at q mit algebraischem a ∈ F ∗ und q ∈ Q. Aber dann ist t selbst algebraisch:Widerspruch.□189


KAPITEL 8Modelltheoretische ResultantenSeien f, g ∈ Z[X, Y 1 , . . . , Y n ]. Gesucht ist ein Polynom r = r(f, g) ∈ Z[Y 1 , . . . , Y n ],so daß für jeden Körper K und c 1 , . . . , c n ∈ K gilt: Es ist r(c 1 , . . . , c n ) = 0 gdw.f(c 1 , . . . , c n ), g(c 1 , . . . , c n ) ∈ K[X] in jedem algebraisch abgeschlossenen KörperK ′ ⊇ K eine gemeinsame Nullstelle besitzen. M.a.W. für alle K ∈ Kö, c 1 , . . . , c n ∈K:K |= ( r(c 1 , . . . , c n ) = 0 )d.u.n.d. wennK ′ |= ∃X ( f(c 1 , . . . , c n )(X) = 0 ∧ g(c 1 , . . . , c n )(X) = 0 )für alle K ′ ∈ AAK mit K ′ ⊇ K. Ein solches r existiert stets, z.B. die sog. Sylvester-Resultante von f und g: Ist allgemein R ein Integritätsbereich und f = ∑ mi=0 a iX imit a i ∈ R, a m ≠ 0 und g = ∑ nj=0 b jX j , b j ∈ R, b n ≠ 0, so ist die Resultante vonf und g erklärt als die Determinante einer (m + n)-Matrix über R, der Sylvester-Matrix zu f, g:∣ a m a m−1 . . . a 0∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣a m a m−1 . . . a 0. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .r(f, g) :=a m a m−1 . . . a 0b n b n−1 . . . . . . . . . . b 0b n b n−1 . . . . . . . . . . b 0. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .∣b n b n−1 . . . . . . . b 0(Die leeren Stellen werden mit 0 aufgefüllt.) Die Diagonaleinträge lauten von linksoben nach rechts unten gelesen nacheinandera m , a m , . . . , a} {{ m , b} 0 , b 0 , . . . , b 0 .} {{ }n-malm-malMan beachte, daß die Determinante der 0 × 0-Matrix 0 gleich 1 ist, denn 0 ist die0-te Einheitsmatrix.— Sei R ein Integritätsbereich. Man zeigt nun:Satz 8.0.1. Seien m, n ∈ N 0 , a, b ∈ R \ {0}, α 1 , . . . , α m , β 1 , . . . , β n ∈ R,m∏n∏f = a (X − α i ), g = b (X − β j )i=1Polynome aus R[X]. Dann gilt r(f, g) = a n b m ∏ mi=1∏ nj=1 (α i − β j ).Die behauptete Resultanteneigenschaft von r ergibt sich nun unmittelbar ausdem Satz:191j=1


Korollar 8.0.2. Sind f, g ∈ R[X] zwei Polynome ≠ 0, so ist r(f, g) = 0 genaudann, wenn f, g in jedem algebraisch abgeschlossenen Körper, der R erweitert, einegemeinsame Nullstelle besitzen.□Die Aussage von Satz 8.0.1 erhält man ferner durch Induktion aus dem nachfolgendenLemma (und den Eigenschaften einer Determinantenfunktion).Lemma 8.0.3. Sei m ∈ N, α 1 , . . . , α m ∈ R, 0 ≠ g ∈ R[X]. Dann gilt( m)(∏m−1)∏r (X − α i ), g = g(α m ) · r (X − α i ), g .i=1i=1Beweis. Wir beweisen: Betrachtet man g als Polynom über dem IntegritätsringR[Y ], also als Element von R[Y ][X], so gilt( m−1)∏m−1∏(8.0.36) r(f, g) = g(Y ) · r (X − α i ), g mit f := (X − Y ) (X − α i ).i=1i=1(Mit Hilfe des Einsetzungshomomorphismus R[Y ] → R, p ↦→ p(α m ) folgt darausaugenblicklich die Behauptung.)Schreibe dazu f = ∑ mi=0 a iX i , g = ∑ nj=0 b jX j mit b n ≠ 0, a i ∈ R[Y ], b j ∈R. Man addiere nun in der Sylvestermatrix M von f, g die i-te Spalte Y m+n−i -mal zur letzten Spalte, für i = 1, . . . , m + n − 1; dadurch erhält man eine MatrixM 1 mit det M 1 = det M, in deren letzten Spalte nun nacheinander die EinträgeY m−1 f(Y ) = 0, . . . , Y 0 f(Y ) = 0, Y m−1 g(Y ), . . . , Y 0 g(Y ) stehen. Wir schreibenM 1 = g(Y ) · M 2 , wobei M 2 die Matrix sei, welche in der letzten Spalte die Einträge0, . . . , 0, Y m−1 , . . . , Y 0 besitzt und ansonsten mit M 1 und M übereinstimmt; damit(8.0.37) r(f, g) = det M = det M 1 = g(Y ) · det M 2 .Die a i sind lineare Polynome aus R[Y ], die b j konstante Polynome aus R[Y ]; daherist r(f, g) ein Polynom mit grad r(f, g) ≤ n aus R[Y ]. Damit folgt aus (8.0.37)wegen grad Y g(Y ) = grad g = n, daß det M 2 ein konstantes Polynom sein muß, undwir erhalten det M 2 = (det M 2 )(0) = det(M 2 (0)) nach Substitution von Y durch 0.(−1) m a m , (−1) m−1 a m−1 , . . . , (−1) 0 a 0 sind aber nun die elementarsymmetrischenFunktionen in Y, α 1 , . . . , α m−1 ∈ R[Y ], d.h.(−1) m a m = 1,(−1) m−1 a m−1 = Y + α 1 + · · · + α m−1 ,(−1) m−2 a m−2 = Y α 1 + · · · + α m−2 α m−1 ,. . .(−1) 0 a 0 = Y · α 1 · · · α m−1 .Es ist a 0 (0) = 0, und (−1) i a i (0) für i = 1, . . . , m sind die elementarsymmetrischenFunktionen in α 1 , . . . , α m−1 . Wegen a 0 ((0) = 0 sieht man durch Entwickeln nach∏m−1)der letzten Spalte, daß det(M 2 (0)) = ri=1 (X − α i), g . Mit (8.0.37) zeigt dies(8.0.36). □(Mehr über Eigenschaften der Sylvesterresultante findet man z.B. in [34], IV, §8oder [29], Anhang.)Allgemeiner gesprochen gilt für eine beliebige Formel ϕ(y) in der Sprache L ={0, 1, +, −, ·} mit y = (y 1 , . . . , y n ): Ist ψ(y) eine zu ϕ(y) in AAK äquivalente192


quantorenfreie Formel, so gilt für alle K ∈ Kö, c = (c 1 , . . . , c n ) ∈ K n : K |= ψ(c)d.u.n.d., wenn K ′ |= ϕ(c) für alle algebraisch abgeschlossenen ErweiterungskörperK ′ ⊇ K, d.h. die Gültigkeit von ψ in K an der Stelle c ist ein lokaler“ Test, um”über die Gültigkeit von ϕ in allen algebraisch abgeschlossenen Erweiterungen ander Stelle c zu entscheiden. In diesem Abschnitt werden wir uns mit der Existenzsolcher Tests ψ für beliebige Formeln ϕ und Klassen K von Strukturen befassen.Leider werden wir in vielen Fällen keine Formeln ψ erster Stufe mehr erhalten,sondern allgemeiner auch infinitäre Formeln über L ∞ω zulassen müssen: In L ∞ωwerden Formeln gemäß den Regeln in L zusammen mit folgenden zwei weiterenBildungsprinzipien aufgebaut: Ist {ϕ i } i∈I eine beliebige Familie von Formeln inL ∞ω , so sind auch∧ ∨ϕ i ,i∈IFormeln in L ∞ω . Es ist L ⊆ L ∞ ⊆ L ∞ω (vgl. §2.4); man beachte jedoch, daßdie Gesamtheit aller L ∞ω -Formeln (auch schon aller L ∞ -Formeln) eine echte Klassebildet. Die Semantik solcher L ∞ω -Formeln wird in kanonischer Weise erklärt;insbesondere wird ∧ i∈∅ ϕ i stets als wahr, ∨ i∈∅ ϕ i stets als falsch interpretiert.In Abstraktion der geschilderten Situation von Kö und AAK definiert manalso, Robinson [131] folgend, für eine beliebige Sprache L erster Stufe:Definition 8.0.4. Sei K eine Klasse von L-Strukturen und K ′ ⊆ K. Seienferner ϕ(x 1 , . . . , x n ) und ψ(x 1 , . . . , x n ) L ∞ω -Formeln, n ≥ 1. ϕ sei invariant in K ′ ,d.h. ϕ, ¬ϕ seien beide persistent unter Erweiterungen in K ′ . Dann heißt ψ eine(modelltheoretische) Resultante für ϕ (bzgl. K und K ′ ), falls für alle A ∈ K unda 1 , . . . , a n ∈ A gilt:A |= ψ(a 1 , . . . , a n ) ⇔ Für alle B ∈ K ′ gilt: ( A ⊆ B ⇒ B |= ϕ(a 1 , . . . , a n ) )Übung. Wir betrachten noch einmal das in einer Übung in §7.2 behandelteBeispiel der Klasse L aller Strukturen O bzgl. L = { {c n } n∈N0 , < } , die lineare Ordnungensind, in denen c O 0 < c O 1 < c O 2 < · · · ein zu (N 0 ,


Wir definierenψ := ∨ {ϱ(A,a) : (A, a) ∈ I } ,wobei für eine Menge Φ von L ∞ω -Formeln ∨ Φ definiert sei als ∨ ϕ∈Φϕ; ψ hat diegewünschte syntaktische Gestalt. Wir behaupten: ψ ist eine Resultante für ϕ. Seidazu A ∈ K und a = (a 1 , . . . , a n ) ∈ A n .Gelte zunächst B |= ϕ(a) für alle B ∈ K ′ mit B ⊇ A. Zu zeigen ist: A |= ψ(a).Wegen (A, A) |= D Ba (A, {a 1 , . . . , a n }) folgt dies aber aus A |= ϱ (A,a) (a).Gelte nun umgekehrt A |= ψ(a). Dann gibt es also ein B ∈ K, b = (b 1 , . . . , b n ) ∈B n mit C |= ϕ(b) für alle C ⊇ B aus K ′ und(A, A) |= σ[a 1 /x 1 , . . . , a n /x n ]für alle σ(x 1 , . . . , x n ) ∈ Ba mit σ[b 1 /x 1 , . . . , b n /x n ] ∈ D Ba (B, {b 1 , . . . , b n }). Mitb A′i := a i gilt dann für die L({b 1 , . . . , b n })-Expansion A ′ von A:A ′ |= D Ba (B, {b 1 , . . . , b n }).Setze B 0 := 〈{b 1 , . . . , b n }〉 B . (Dies ist wohldefiniert, da n ≥ 1.) Dann gilt auchA ′ |= D Ba (B 0 , {b 1 , . . . , b n }), und da Ba unter Termsubstitution abgeschlossen ist,gibt es nach Diagrammlemma eine Einbettung h: B 0 ↩→ A mit h(b i ) = a i . Da Kabgeschlossen unter Substrukturen ist, ist B 0 ∈ K. Sei nun C ∈ K ′ mit A ⊆ C;zu zeigen ist C |= ϕ(a). Da K ′ konfinal in K ist und K die A.E. hat, existiert einD ∈ K ′ mit B ⊆ D sowie ein E ∈ K, o.B.d.A. schon E ∈ K ′ , und EinbettungenC ↩→ k1E, D ↩→ k2E, so daß∃k2B −−−−→ D −−−−→ E↑↑⏐⏐⏐∃k 1hB 0 −−−−→ A −−−−→ Ckommutiert. Da (B, b) ∈ I, folgt D |= ϕ(b), also k 2 (D) |= ϕ(k 2 (b)) und wegen derAbgeschlossenheit von K ′ unter isomorphen Bildern und der K ′ -Invarianz von ϕauch E |= ϕ(k 2 (b)). Da nun k 2 (b) = k 1 (a), schließen wir, daß E |= ϕ(k 1 (a)). Alsok 1 (C) |= ϕ(k 1 (a)) und somit C |= ϕ(a).□Ist K elementar, kann man auch ohne die Forderung nach der A.E. auskommen,wenn man für die ψ ij in (8.1.38) existentielle Formeln zuläßt:Satz 8.1.2. Sei K ′ abgeschlossen unter Isomorphismen und konfinal in einerelementaren Klasse K von L-Strukturen. ϕ(x 1 , . . . , x n ) sei eine L ∞ω -Formel, dieinvariant in K ′ ist (n ≥ 1). Dann hat ϕ eine Resultante ψ(x 1 , . . . , x n ) bzgl. K undK ′ der Formψ = ∨ ∧ψ ij mit ψ ij ∈ ∃ 1 .i∈I j∈J iBeweis. Die Beweisidee ist ähnlich zu Satz 8.1.1: Sei wieder I die Klasse aller(A, a) mit A ∈ K, a = (a 1 , . . . , a n ) ∈ A n derart, daß ϕ an der Stelle (a 1 , . . . , a n ) inallen Erweiterungen von A in K ′ gilt, und seiϱ (A,a) (x 1 , . . . , x n ) :=∧σ(x 1 , . . . , x n )σ∈J (A,a)für (A, a) ∈ I, wobeiJ (A,a) := { σ ∈ ∃ 1 : σ[a 1 /x 1 , . . . , a n /x n ] ∈ D ∃1 (A, {a 1 , . . . , a n }) } .194


Wieder definieren wir ψ := ∨ { ϱ (A,a) : (A, a) ∈ I } ; ψ hat die gewünschte syntaktischeGestalt. Wir zeigen: ψ ist eine Resultante für ϕ. Sei dazu A ∈ K unda = (a 1 , . . . , a n ) ∈ A n .Gelte zunächst B |= ϕ(a) für jede Erweiterung B ∈ K ′ von A; zu zeigen istA |= ψ(a). Wegen (A, A) |= D ∃1 (A, {a 1 , . . . , a n }) folgt dies aber aus A |= ϱ (A,a) (a).Gelte nun umgekehrt A |= ψ(a). Dann gibt es also ein B ∈ K, b = (b 1 , . . . , b n ) ∈B n mit C |= ϕ(b) für alle C ⊇ B aus K ′ , und(8.1.39) (A, A) |= σ[a 1 /x 1 , . . . , a n /x n ]für alle σ ∈ ∃ 1 mit σ[b 1 /x 1 , . . . , b n /x n ] ∈ D ∃1 (B, {b 1 , . . . , b n }). Mit b A′ifür die L({b 1 , . . . , b n })-Expansion A ′ von A:A ′ |= D ∃1 (B, {b 1 , . . . , b n }).:= a i giltSetze jetzt B 0 := 〈{b 1 , . . . , b n }〉 B (n ≥ 1!). Wegen Ba ⊆ ∃ 1 haben wir dann A ′ |=D Ba (B 0 , {b 1 , . . . , b n }), und da Ba unter Termsubstitution abgeschlossen ist, nachDiagrammlemma eine Einbettung h: B 0 ↩→ A mit h(b i ) = a i . Sei nun C ∈ K ′ mitA ⊆ C; zu zeigen ist, daß C |= ϕ(a). Wir haben nun folgende Situation: Gesucht isteine Struktur D ∈ K ′ , die B erweitert, und eine Einbettung k : C → D, so daß dasDiagramm(8.1.40)B 0h⏐↓A ⊆ C−−−−→ B⏐↓∃k−−−−→ Dkommutativ wird. Damit folgt nämlich dann D |= ϕ(b) wegen (B, b) ∈ I, somitwegen der Isomorphieabgeschlossenheit von K ′ , der K ′ -Invarianz von ϕ und k(a) =b: k(C) |= ϕ(k(a)). Also auch C |= ϕ(a).— Somit verbleibt nur noch der Nachweis,daß (8.1.40) wie gewünscht konstruiert werden kann. Da K und K ′ unter isomorphenBildern abgeschlossen sind, können wir o.B.d.A. h = id, also B 0 ⊆ A und a = b,sowie C ∩ B = B 0 annehmen. Wähle ein Axiomensystem Σ für K. Wegen desDiagrammlemmas, der Abgeschlossenheit von K und K ′ unter isomorphen Bildernund a = b genügt es dann zu zeigen, daß die L(C ∪ B)-SatzmengeΣ ∪ D Ba (C, C) ∪ D Ba (B, B)ein Modell hat. (Mit der Konfinalität von K ′ in K haben wir dann nämlich auch sofortein D ∈ K ′ mit den gewünschten Eigenschaften.) Wir behaupten, daß sich(C, C) zu einem Modell dieser Satzmenge expandieren läßt. Da (C, C) |= Σ ∪D Ba (C, C), genügt es hierzu nach Kompaktheitssatz zu zeigen, daß sich für jedeendliche Teilmenge Φ ⊆ D Ba (B, B) die Struktur (C, C) zu einem Modell vonΦ expandieren läßt. Aus (8.1.39) folgt aber mit a i = b i ∈ C ∪ B: (C, C) |=D ∃1 (B, {b 1 , . . . , b n }), insbesondere (C, C) |= D ∃1 (B, ∅). Hieraus folgert man leichtdie Behauptung, denn ∃ 1 ist bis auf logische Äquivalenz unter (endlichen) Konjunktionenabgeschlossen.□Korollar 8.1.3. Sei K eine induktive, elementare Klasse von L-Strukturenund m ∈ N 0 ∪ {∞}. Sei ϕ(x 1 , . . . , x n ) eine ∀ m -Formel, n ≥ 1. Dann besitzt ϕbzgl. K und G m (K) eine Resultante ψ(x 1 , . . . , x n ) der Formψ = ∨ ∧ψ ij mit ψ ij ∈ ∃ 1 .i∈I j∈J i195


Im Fall m = 1 können alle J i sogar endlich gewählt werden.Beweis. Für den ersten Teil der Behauptung verifiziere die Voraussetzungendes Satzes: Nach einer Übung aus §7.2 ist G m (K) abgeschlossen unter isomorphenBildern. Sei nun m = 1. Wähle eine Resultante ψ ′ (x 1 , . . . , x n ) von ϕ bzgl. K undG 1 (K) = E(K) der Formψ ′ = ∨ ∧ψ ij mit ψ ij ∈ ∃ 1 .i∈Ij∈J ′ iEs gilt K |= (ψ ′ → ϕ), denn ist A ∈ K und a = (a 1 , . . . , a n ) ∈ A n mit A |= ψ ′ (a),so gibt es wegen der Konfinalität von E(K) in K ein B ∈ E(K) mit A ⊆ B, nachder Definition einer Resultante dann B |= ϕ(a), also wegen ϕ ∈ ∀ 1 auch A |= ϕ(a).Damit gilt alsoK |= ∧(ψ ij → ϕ) für alle i ∈ I.j∈J ′ iMit dem Kompaktheitssatz in seiner Variante des Kor. 2.4.3 existiert (nach kurzzeitigerEinführung neuer Konstanten) für jedes i ∈ I eine endliche Teilmenge J ivon J i ′ , so daß schon(8.1.41) K |= ∧(ψ ij → ϕ).j∈J i∧j∈J iψ ij auch eine Resultante fürWir behaupten, daß die L ∞ -Formel ψ := ∨ i∈Iϕ ist. Sei hierzu A ∈ K und a ∈ A n .Gelte zunächst A |= ψ(a) und sei B ∈ E(K) mit A ⊆ B. Zu zeigen ist: B |=ϕ(a). Da B ∈ K, genügt es wegen (8.1.41) nachzuweisen, daß es ein i ∈ I mitB |= ∧ j∈J iψ ij (a) gibt. Wegen ψ ij ∈ ∃ 1 genügt es, ein i ∈ I zu finden mit A |=∧j∈J iψ ij (a). Dies können wir aber einfach aufgrund der Voraussetzung A |= ψ(a).Umgekehrt sei nun für alle Erweiterungen B ⊇ A von A in E(K) stets B |= ϕ(a)gültig. Da ψ ′ eine Resultante für ϕ bzgl. K und E(K) ist, haben wir dann A |= ψ ′ (a)und somit auch A |= ψ(a).□Übung. Man überlege sich, warum in obigem Korollar auch im Fall m = 0 alleJ i endlich gewählt werden können. (Leicht.)8.2. Infinitäre Axiomatisierungen generischer KlassenWeitere Folgerungen aus Satz 8.1.2 betreffen infinitäre Axiomatisierungen der n-generischen Klassen.Korollar 8.2.1. (Infinitäre Axiomatisierung von G 1 (K)) Sei K eine induktive,elementare Klasse von L-Strukturen. Dann läßt sich E(K) = G 1 (K) = G 2 (K) (vgl.Übung in §7.2) durch infinitäre (L ∞ω -) Axiome der Gestalt( ) ∨∀x 1 · · · ∀x n ϕ i mit ϕ i ∈ ∃ 1i∈Iaxiomatisieren.196


Beweis. Da K induktiv und elementar ist, läßt sich K nach dem Satz von̷Loś-Suszko-Chang (§4.4) durch ∀ 2 -Sätze axiomatisieren; sei also Σ ⊆ ∀ 2 mit K =Mod(Σ). Wir behaupten, daß dann die Satzmenge ∆ bestehend aus Σ und⎧⎫⎨⎩ ∀(ϕ → ψ) : ϕ ∈ ∀ 1, ψ = ∨ ∧⎬ψ ij Res. für ϕ bzgl. K, E(K), ψ ij ∈ ∃ 1 , J i endl.⎭i∈I j∈J iein Axiomensystem für E(K) ist. (∀(ϱ) bezeichne den Allabschluß einer Formel ϱ.)Man beachte, daß alle Sätze in ∆ bis auf logische Äquivalenz von der behauptetenForm sind. Setze K ′ := Mod(∆) ⊆ K. Wir verifizieren die Bedingungen (G1), (G2 1 ),(G3 1 ) aus der Definition von G 1 (K) = E(K) für K ′ , um K ′ = G 1 (K) und damit dieBehauptung zu zeigen. Zunächst beweisen wir, daß(8.2.42) G 1 (K) = E(K) ⊆ K ′ .Sei dazu A ∈ G 1 (K) = E(K); wir haben A |= ∆ zu demonstrieren. Es ist klar, daßA |= Σ. Sei also ϕ(x 1 , . . . , x n ) ∈ ∀ 1 und ψ(x 1 , . . . , x n ) eine Resultante für ϕ bzgl. Kund E(K). Es genügt, A |= (ϕ → ψ) zu zeigen. Sei hierzu a ∈ A n mit A |= ϕ(a).Nach Definition der Resultante reicht es ferner, die Gültigkeit von ϕ an der Stellea in allen Erweiterungen B ∈ E(K) von A nachzuweisen; letzteres ist aber klar, daA existentiell abgeschlossen ist. (8.2.42) ist bewiesen.Die Bedingungen (G1) und (G3 1 ) folgen damit sofort aus (8.2.42). Zum Nachweisvon (G2 1 ) betrachte A, B ∈ K ′ mit A ⊆ B, ϕ(x 1 , . . . , x n ) ∈ ∀ 1 , a ∈ A n mitA |= ϕ(a). Nach Kor. 8.1.3 gibt es eine Resultante ψ für ϕ bzgl. K und E(K) vonder Formψ = ∨ ∧ψ ij mit ψ ij ∈ ∃ 1 , alle J i endlich.i∈I j∈J iDann haben wir wegen A |= ∆ auch A |= (ϕ → ψ), mithin also A |= ψ(a). Nachder Resultanteneigenschaft von ψ und A ⊆ B bedeutet dies: C |= ϕ(a) für jedeErweiterung C ∈ E(K) von B. Mit der Konfinalität von E(K) in K und der Formvon ϕ ergibt sich B |= ϕ(a).□Lemma 8.2.2. Sei K = Mod(Σ) eine induktive, elementare Klasse von L-Strukturenund m ∈ N 0 ∪ {∞}. Dann läßt sich G m (K) durch die Menge ∆, bestehendaus Σ und⎧⎨∧⎫⎩ ∀(ϕ ↔ ψ) : ϕ ∈ ∀ m, ψ Result. für ϕ bzgl. K, G m (K), ψ = ∨ ⎬ψ ij , ψ ij ∈ ∃ 1⎭i∈I j∈J iinfinitär axiomatisieren.Beweis. Sei K ′ := Mod(∆) ⊆ K. Wir zeigen, daß K ′ die Eigenschaften (G1),(G2 m ), (G3 m ) aus der Definition von G m (K) erfüllt. Dazu zeigen wir:(8.2.43) G m (K) ⊆ K ′Sei dafür A ∈ G m (K), also sicher A |= Σ. Sei ϕ ∈ ∀ m und ψ eine Resultantefür ϕ bzgl. K und G m (K). Es genügt, A |= (ϕ ↔ ψ) zu zeigen. A |= (ψ → ϕ)folgt unmittelbar aus der Definition einer Resultante und A ∈ G m (K), wohingegenA |= (ϕ → ψ) aus der Definition einer Resultante zusammen mit der Form von ϕund Eigenschaft (G2 m ) von G m (K) folgt.Damit folgen (G1) und (G3 m ) wieder sofort aus (8.2.43). Zum Nachweis von(G2 m ) seien A, B ∈ K ′ mit A ⊆ B, ϕ(x 1 , . . . , x n ) ∈ ∀ m , a = (a 1 , . . . , a n ) ∈ A n mit197


A |= ϕ(a 1 , . . . , a n ), o.B.d.A. n > 0; zu zeigen ist, daß ϕ an der Stelle a auch in Bgültig ist. Nach Kor. 8.1.3 besitzt ϕ bzgl. K, G m (K) eine Resultante ψ der Gestaltψ = ∨ ∧ψ ij mit ψ ij ∈ ∃ 1 .i∈I j∈J iWegen A |= ∆ haben wir A |= (ϕ ↔ ψ) und somit A |= ψ(a). Wegen der syntaktischenForm von ψ haben wir dann B |= ψ(a) und wieder wegen B |= (ϕ ↔ ψ)schließlich B |= ϕ(a).□Wir erhalten damit:Satz 8.2.3. (Infinitäre Axiomatisierung von G m (K)) Sei K eine induktive, elementareKlasse von L-Strukturen und m ∈ N 0 ∪ {∞}. Dann läßt sich G m (K) durcheine Menge ∆ m von infinitären Axiomen der Form⎛⎛⎞⎞∀x 1 · · · ∀x p⎝ ∨ ∃y 1 · · · ∃y q⎝ ∧ϕ ij (x 1 , . . . , x p , y 1 , . . . , y q ) ⎠⎠ mit ϕ ij ∈ ∃ 1i∈Ij∈J iaxiomatisieren.Beweis. Wähle ein ∀ 2 -Axiomensystem Σ für K. Dies ist möglich nach ̷Loś-Suszko-Chang (§4.4), da K induktiv ist. Wir definieren nun ∆ m für m ∈ N 0 induktivdurch die Festlegung ∆ 0 := Σ, ∆ m+1 := ∆ m ∪ Γ m+1 mit Γ m+1 als die Menge allerFormeln(∀x 1 · · · ∀x p (∃y1 · · · ∃y q (ψ)) ∨ ψ ′) ,wobei∨ ∧ϕ(x, y) ∈ ∀ m , ψ(x, y) eine Resultante für ϕ bzgl. K und G m (K) der Form ψ =i∈I j∈J iψ ij mit ψ ij ∈ ∃ 1 , ψ ′ (x) eine Resultante für ∀y(¬ϕ) bzgl. K, G m+1 (K)der Form ψ ′ = ∨ ∧i∈I ′ j∈Jψ ′ i ′ ij mit ψ′ ij ∈ ∃ 1, x = (x 1 , . . . , x p ), y = (y 1 , . . . , y q ).Alle Formeln aus Γ m+1 sind (bis auf logische Äquivalenz) von der richtigen Form;per Induktion haben also alle Formeln aus ∆ m , m ∈ N 0 das gewünschte Aussehen.Wir setzen K m := Mod(∆ m ) für m ∈ N 0 und zeigen K m = G m (K) durchInduktion nach m. Der Fall m = 0 erledigt sich von selbst; zum Induktionsschrittm → m + 1 betrachten wir beide Inklusionen getrennt.Zu K m+1 ⊇ G m+1 (K): Sei A ∈ G m+1 (K), also mit InduktionsvoraussetzungA ∈ E m+1 (G m (K)) ⊆ G m (K) = K m = Mod(∆ m ). Zu zeigen ist, daß A |= ∆ m+1 .Sei also x = (x 1 , . . . , x p ), y = (y 1 , . . . , y q ), ϕ(x, y) ∈ ∀ m , ψ(x, y) eine Resultantefür ϕ bzgl. K, G m (K), ϕ = ∨ ∧i∈I j∈J iψ ij mit ψ ij ∈ ∃ 1 , ψ ′ (x) Resultante für∀y(¬ϕ) bzgl. K, G m+1 (K) der Form ψ ′ = ∨ ∧i∈I ′ j∈Jψ ′ i ′ ij mit ψ′ ij ∈ ∃ 1. Wir habenA |= ∀x(∃y(ψ) ∨ ψ ′ ) zu zeigen, also aus A ̸|= ψ ′ (a) mit a = (a 1 , . . . , a p ) ∈ A p ,daß A |= (∃y(ψ))(a). Wegen der Resultanteneigenschaft von ψ ′ gibt es dann einB ∈ G m+1 (K) mit A ⊆ B und B |= (∃y(ϕ))(a). Da ∃y(ϕ) eine ∃ m+1 -Formelist, bleibt sie unter Substrukturbildung innerhalb von G m+1 (K) erhalten, daherA |= (∃y(ϕ))(a). Wegen ϕ ∈ ∀ m und A ∈ G m+1 (K) ⊆ G m (K) gilt nach Lemma 8.2.2A |= (ϕ ↔ ψ), wodurch die eine Inklusion folgt.Zu K m+1 ⊆ G m+1 (K): Sei A |= ∆ m+1 ; wir haben A ∈ E m+1 (G m (K)) =G m+1 (K) zu zeigen. Nach Induktionsannahme ist wegen A |= ∆ m ⊆ ∆ m+1 zumindestA ∈ G m (K). Wir wenden (G3 m ) an: Sei B ∈ G m (K), A ⊆ B; durchx = (x 1 , . . . , x p ), y = (y 1 , . . . , y q ), ϕ(x, y) ∈ ∀ m , o.B.d.A. p, q ≥ 1, geben wiruns eine beliebige ∃ m+1 -Formel ∃y(ϕ) vor. Seien a ∈ A p mit B |= (∃y(ϕ))(a).Wir zeigen A |= (∃y(ϕ))(a). Da E m+1 (G m (K)) = G m+1 (K) konfinal in G m (K) ist,198


können wir wegen der Form von ϕ o.B.d.A. B ∈ G m+1 (K) annehmen. Angenommennun, A |= (∀y(¬ϕ))(a). Nach Kor. 8.1.3 besitzt ϕ ∈ ∀ m eine Resultante ψ(x, y)bzgl. K, G m (K) der Form ∨ ∧i∈I j∈J iψ ij mit ψ ij ∈ ∃ 1 . Außerdem besitzt ∀y(¬ϕ)bzgl. K und G m+1 (K) eine Resultante ψ ′ (x) der Form ∨ ∧i∈I ′ j∈Jψ ′ i ′ ij mit ψ′ ij ∈ ∃ 1.Nach Lemma 8.2.2 gilt G m (K) |= (ϕ ↔ ψ) und daher A |= (∀y(¬ψ))(a), alsoA |= (¬∃y(ψ))(a). Nach Definition von ∆ m+1 haben wir dann A |= ψ ′ (a), und wegender Resultanteneigenschaft von ψ ′ und B ∈ G m+1 (K) folgt B |= (∀y(¬ϕ))(a),ein Widerspruch.Da wir nun für alle m ∈ N 0 die Klassen G m (K) durch die Satzmengen ∆ m axiomatisierenkonnten, sollte es klar sein, daß dann G(K) = G ∞ (K) = ⋂ m∈N 0G m (K)durch ⋃ m∈N 0∆ m axiomatisiert werden kann.□8.3. Existenzsätze für endliche ResultantenWir beschäftigen uns nun mit der Frage: Unter welchen Voraussetzungen kann manzu einer L-Formel eine endliche Resultante bzgl. K, K ′ finden? Sogar wenn K ′Modellbegleiter von K ist, muß nicht unbedingt immer eine endliche Resultanteexistieren, wie das nachfolgende Beispiel demonstriert.Beispiel. Sei K := FRK die Klasse der formal reellen Körper, K ′ := RAK ′die Klasse der Redukte reell abgeschlossener Körper, beide bzgl. der Sprache L ={0, 1, +, −, ·} der Ringe (vgl. §6, §7.2). Betrachte ϕ(x) := ∀y(¬y 2 = x). Eine Resultantefür ϕ ist∞∨ψ(x) := ∃z 1 · · · ∃z n (−x = z1 2 + · · · + zn),2n=1nach Kor. 6.1.10 und Prop. 6.1.12. Es kann keine endliche Resultante ψ ′ ∈ Lbzgl. K, K ′ geben, denn dann gälte K |= (ψ ↔ ψ ′ ), mit einer neuen Konstantenc in der erweiterten Sprache L c also auch K |= (ψ ↔ ψ ′ )[c/x], insbesonderealso Θ ∪ { ψ ′ [c/x] } |= ψ[c/x], wobei Θ ein Axiomensystem für FRK = Ksei, und mit Kor. 2.4.3 existiert ein N ∈ N mit Θ ∪ { ψ ′ [c/x] } |= ˜ψ[c/x], ˜ψ :=∨ Nn=1 ∃z 1 · · · ∃z n (−x = z1 2 + · · · + zn). 2 Also Θ |= (ψ ′ ↔ ˜ψ), womit ˜ψ auch eine Resultantefür ϕ bzgl. K, K ′ ist. Aber es gibt formal reelle Körper, in denen die Anzahlder benötigten Quadrate zur Darstellung total positiver Elemente unbeschränkt ist,z.B. R({X i } i∈N ). (Für einen Körper K heißt die kleinste Zahl d — falls sie existiert— für jede Summe von Quadraten in K eine Summe von d Quadraten in K ist, diePythagoras-Zahl von K; vgl. [9], Ch. 2, [28], §6.3.)Haben wir jedoch eine Modellvervollständigung vorliegen, ist die Situation besser,wie wir zeigen werden; ein Spezialfall davon ist:Proposition 8.3.1. Sei K ′ eine substrukturvollständige Klasse, K = S(K ′ ).Dann hat jede L-Formel bzgl. K, K ′ eine endliche quantorenfreie Resultante.Beweis. Da K ′ Q.E. erlaubt, wähle zu einer Formel ϕ ein quantorenfreiesÄquivalent ψ bzgl. K ′ . ψ ist offensichtlich Resultante von ϕ bzgl. K, K ′ . □Satz 8.3.2. Sei K induktive, elementare Klasse von L-Strukturen mit ModellvervollständigungK ′ . Dann hat jede Formel ϕ eine Resultante ψ ∈ ∃ 1 bzgl. K,K ′ .199


Beweis. Seien Σ, ∆ L-Satzmenge mit K = Mod(Σ), K ′ = Mod(∆). Fernersei ϕ(x 1 , . . . , x n ) eine L-Formel, n ≥ 1. K ′ ist auch Modellbegleiter von K unddaher modellvollständig. Nach Robinsons Test ist daher ϕ in K ′ äquivalent zu eineruniversellen Formel und kann daher o.B.d.A. als universell angenommen werden.Wir wissen, daß K ′ = G 1 (K) und daher nach Kor. 8.1.3, daß ϕ bzgl. K undK ′ eine Resultante ∨ i∈I ψ i mit ψ i (x 1 , . . . , x n ) ∈ ∃ 1 hat. Es genügt, eine endlicheTeilmenge J von I zu finden, so daß bereits ∨ i∈J ψ i eine Resultante der gewünschtenArt ist; dies wollen wir nun mit Hilfe des Kompaktheitssatzes erreichen.Wir erweitern hierzu L um ein neues, einstelliges Relationssymbol R zu derSprache L R . Für eine beliebige L-Formel σ definieren wir die R-Relativierung σ R ∈L R induktiv durch σ R := σ für σ ∈ At und(σ 1 ∧ σ 2 ) R := σ R 1 ∧ σ R 2 , (σ 1 ∨ σ 2 ) R := σ R 1 ∨ σ R 2 , (¬σ) R := ¬(σ R ),(∃x(σ)) R := ∃x(R(x) ∧ σ), (∀x(σ)) R := ∀x(R(x) → σ)für alle σ 1 , σ 2 , σ ∈ L. Für eine L-Formelmenge Φ sei schließlichDefiniere eine L R -Satzmenge Γ durchΦ R := {σ R ∈ L R : σ ∈ Φ}.Γ := ∆ ∪ Σ R ∪ {∃x(R(x))}∪{ ( m)∧∀x 1 · · · ∀x m R(x i )→R(f(x 1 , . . . , x m ))i=1Dann gilt für jede L R -Struktur A R mit A := A R |L:Wir zeigen:: f m-stell. L-Fkt.sym., m ∈ N 0}.(∗) A R |= Γ gdw. A ∈ K ′ und R AR ist Träger einer Unterstruktur R AR vonA mit R AR ∈ K.(8.3.44) Γ |= ∀x 1 · · · ∀x n(R(x 1 ) ∧ . . . ∧ R(x n ) →(ϕ ↔ ∨ i∈Iψ R i))Denn: Sei A R |= Γ mit A := A R |L, a = (a 1 , . . . , a n ) ∈ (R AR ) n . Zu zeigen ist, daßA |= ϕ(a) gdw. R AR |= ( ∨ i∈I ψ i)(a). Die Rückrichtung ist dabei klar nach Definitioneiner Resultante und (∗). Angenommen nun, R AR ̸|= ( ∨ i∈I ψ i)(a). Wegen derResultanteneigenschaft von ∨ i∈I ψ i gibt es dann ein B ∈ K ′ mit R AR ⊆ B undB |= (¬ϕ)(a). Da K ′ Modellvervollständigung von K ist, haben wir dann nach (∗)A |= (¬ϕ)(a). Damit ist (8.3.44) bewiesen.Nun zu⎛⎛⎞⎞n∧(8.3.45) ∃J ⊆ I, J endlich, mit ∀x 1 · · · ∀x n⎝ R(x i ) →⎠⎠ .i=1⎝ϕ ↔ ∨ j∈JSeien c 1 , . . . , c n neue Konstanten für L R . Nach (8.3.44) haben wir dannΓ ∪ { R(c i ) : i = 1, . . . , n } ∪ { ϕ[c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ] } |= ∨ i∈Iψ R i [c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ].ψ R j200


Nach Kor. 2.4.3 gibt es dann eine endliche Teilmenge I von J mitΓ ∪ { R(c i ) : i = 1, . . . , n } ∪ { ϕ[c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ] } |= ∨ j∈Jψ R j [c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ],also⎛⎛Γ |= ∀x 1 · · · ∀x n⎝R(x 1 ) ∧ . . . ∧ R(x n ) → ⎝ϕ → ∨ j∈Jψ R j⎞⎞⎠⎠ ,da die c i in Γ nicht vorkommen. Mit (8.3.44) ergibt sich wieder⎛⎛Γ |= ∀x 1 · · · ∀x n⎝R(x 1 ) ∧ . . . ∧ R(x n ) →⎝ϕ ↔ ∨ j∈Jψ R j⎞⎞⎠⎠ ,und dies ist (8.3.45).Wir zeigen nun, daß ∨ j∈J ψ j eine Resultante für ϕ bzgl. K und K ′ ist; sei hierzuA ∈ K mit a = (a 1 , . . . , a n ) ∈ A n . Gelte zunächst A |= ( ∨ j∈J ψ j)(a). Sei B ∈ K ′mit A ⊆ B. Zu zeigen ist: B |= ϕ(a). Wir definieren eine L R -Expansion B R vonB durch R BR := A. Mit (8.3.45) haben wir dann B R |= (ϕ ↔ ∨ j∈J ψR j )(a), alsoB |= ϕ(a) d.u.n.d., wenn A |= ( ∨ j∈J ψ j)(a). Dies ist mehr als wir brauchen.— DieUmkehrung ist genauso einfach: Gelte umgekehrt B |= ϕ(a) für jede ErweiterungB ⊇ A mit B ∈ K ′ ; sei B ∈ K ′ eine solche (K ′ ist konfinal in K). Definiere eineL R -Expansion B R von B durch R BR := A. Nach (8.3.45) haben wir dann wiederB |= ϕ(a) d.u.n.d., wenn A |= ( ∨ j∈J ψR j )(a).□8.4. Einfache StrukturenWir zeigen nun, wie man mit Hilfe der Resultantenmethode ein hinreichendes Kriteriumfür die Übereinstimmung der Klassen E(K) und A(K) der existentiell abgeschlossenenund algebraisch abgeschlossenen Strukturen erhalten kann (vgl. dazuDef. 7.4.9). Wir erinnern daran, daß wir eine Struktur A aus einer Klasse K vonL-Strukturen einfach in K nannten, falls card(A) > 1 und für alle B ∈ K und jedenHomomorphismus h: A → B gilt: card(h(A)) = 1 oder h ist eine Einbettung. DieKlasse der in K einfachen Strukturen wird mit S(K) bezeichnet. (Vgl. Übung imAnschluß an Prop. 7.4.10.) Wir untersuchen zunächst Resultanten quantorenfreierFormeln bzgl. S(K) und S(K):Satz 8.4.1. Sei K eine elementare Klasse von L-Strukturen und S(K) konfinalin K. L enthalte wenigstens zwei Konstantensymbole c, c ′ , für die K |= (c ≠ c ′ )gilt. Dann besitzt jede quantorenfreie Formel ϕ(x 1 , . . . , x n ) in L eine Resultanteψ(x 1 , . . . , x n ) bzgl. S(K), S(K) der Formψ = ∨ ∧ψ ij mit ψ ij (x 1 , . . . , x n ) ∈ ∃ + .i∈I j∈J iBeweis. Wir gehen ganz wie in §8.1 vor: Sei I die Klasse aller Paare (A, a)mit A ∈ S(K), a = (a 1 , . . . , a n ) ∈ A n , so daß für alle B ⊇ A, B ∈ S(K) stetsB |= ϕ(a). Für jedes (A, a) ∈ I definieren wir ψ (A,a) als die Konjunktion allerpositiv existentiellen Formeln ϑ(x 1 , . . . , x n ) in L, so daß ϑ[a 1 /x 1 , . . . , a n /x n ] ∈D ∃ +(A, {a 1 , . . . , a n }); setze ψ := ∨{ ψ (A,a) : (A, a) ∈ I } . Wir zeigen, daß dann ψ eineResultante für ϕ bzgl. S(K), S(K) ist; dazu sei A ∈ K einfach, a = (a 1 , . . . , a n ) ∈A n .201


Gelte zunächst für alle B ⊇ A, B ∈ S(K): B |= ϕ(a). Dann ist (A, a) in Ienthalten, und es folgt A |= ψ(a).Umgekehrt sei A |= ψ(a), also A |= ψ (B,b) (a) für ein (B, b) ∈ I mit b =(b 1 , . . . , b n ). Sei C eine beliebige Erweiterung von A in S(K) und sei die Abbildungh: {b 1 , . . . , b n } → A gegeben durch b i ↦→ a i , i = 1, . . . , n. (Falls b i = b j für i ≠ j,so ist notwendig auch a i = a j , so daß h wohldefiniert ist.) Dann läßt sich C zueinem Modell von D ∃ +(B, {b 1 , . . . , b n }) expandieren; wie im Beweis von Satz 8.1.2zeigt man mit Diagrammlemma und Kompaktheitssatz, daß aufgrund der Elementaritätvon K eine Erweiterung D ∈ K von C und ein Homomorphismus k : B → Dexistiert, so daß das Diagramm{b 1 , . . . , b n } −−−−→ B⏐⏐h↓↓kA ⊆ C −−−−→ Dkommutiert. Da S(K) konfinal in K ist, können wir D ∈ S(K) annehmen; da B ∈S(K), ist entweder k(B) einelementig oder k eine Einbettung von B in D. Es kommtaber nur letzteres in Frage, da K |= (c ≠ c ′ ). Da B |= ϕ(b), folgt D |= ϕ(k(b)),damit D |= ϕ(a) und schließlich C |= ϕ(a).□Korollar 8.4.2. Seien L, K, S(K) wie in Satz 8.4.1. Dann ist jede quantorenfreieL-Formel in S(K) äquivalent zu einer L ∞ -Disjunktion positiv existentiellerFormeln.Beweis. Sei ϕ(x 1 , . . . , x n ) quantorenfrei. Ist ψ(x 1 , . . . , x n ) = ∨ ∧i∈I j∈J iψ ijeine Resultante für ϕ gemäß Satz 8.4.1, so gilt(8.4.46) S(K) |= (ψ ↔ ϕ).Sei K = Mod(Σ) für eine L-Satzmenge Σ, c 1 , . . . , c n neue Konstantensymbole für L.Dann gilt — wegen der Konfinalität von S(K) und der Form von ψ, ϕ — Σ |= (ψ →ϕ)[c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ], also Σ |= ( ∧ j∈J iψ ij → ϕ)[c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ] für alle i ∈ I.Nach dem Kompaktheitssatz, Kor. 2.4.3, existieren endliche Teilmengen J i ′ von J i,∧j∈J ′ iψ ij .so daß schon Σ |= ( ∧ j∈Jψi ′ ij → ϕ)[c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ]. Setze ψ ′ := ∨ i∈IWir behaupten: ψ ′ ist auch eine Resultante für ϕ bzgl. S(K), S(K). Sei A ∈ S(K),a ∈ A n . Ist A |= ψ ′ (a) und B ⊇ A, B ∈ S(K), so folgt B |= ψ ′ (a), und soB |= ϕ(a). Umgekehrt: Gelte für alle B ⊇ A, B einfach in K, stets B |= ϕ(a).Dann gilt A |= ψ(a), und somit A |= ψ ′ (a), da |= (ψ → ψ ′ ).Damit gilt nun auch (8.4.46) mit ψ ′ anstelle von ψ, und da ψ ′ bis auf logischeÄquivalenz die gewünschte Gestalt hat, folgt die Behauptung.□Satz 8.4.3. Seien L und K wie in Satz 8.4.1, K zusätzlich induktiv. Dann sindfolgende Aussagen äquivalent:(i) S(K) ist konfinal in K.(ii) Jede Konjunktion negiert atomarer Formeln in L ist in A(K) äquivalentzu einer L ∞ -Disjunktion positiv existentieller Formeln.(iii) A(K) ⊆ S(K).Beweis. Zu (i) ⇒ (ii): Sei ϕ = ∧ ni=1 ¬ϕ i mit atomaren ϕ i und ψ = ∨ i∈I ψ i mitpositiv existentiellen ψ i , so daß S(K) |= (ψ ↔ ϕ); dies ist möglich nach Kor. 8.4.2.Dann ist die Formel ψ → ϕ äquivalent zu ( ∧ i∈I ¬ψ i) ∨ ( ∧ ni=1 ¬ϕ i) und bleibt somitunter Substrukturbildung in K erhalten. Da S(K) in K konfinal ist, gilt ψ → ϕ202


in K, insbesondere in A(K). Die Formel ϕ → ψ ist äquivalent zu der unendlichenDisjunktion ∨ i∈I ψ i∨ ∨ ni=1 ϕ i positiv existentieller L-Formeln. Aus der Konfinalitätvon S(K) in K und der definierenden Eigenschaft von A(K) folgt A(K) |= (ϕ → ψ).Zu (ii) ⇒ (iii): Für jede atomare Formel ϕ(x) in L (x = (x 1 , . . . , x n )) bezeichneϕ ′ (x) eine nach (ii) gewählte L ∞ -Disjunktion von ∃ + -Formeln, so daß A(K) |=∀x(¬ϕ(x) ↔ ϕ ′ (x)). (Da L Konstanten besitzt, ist dies gerechtfertigt.) Sei A ∈A(K), a = (a 1 , . . . , a n ) ∈ A n , h: A → B ein Homomorphismus nach B ∈ K undC ∈ A(K) eine wegen der Konfinalität von A(K) ⊇ E(K) existierende Erweiterungvon B. Dann gilt für jede atomare L-Formel ϕ(x): A |= ¬ϕ(a) impliziert A |= ϕ ′ (a),also B |= ϕ ′ (h(a)), und via C |= ϕ ′ (h(a)) also C |= ¬ϕ(h(a)) und schließlichB |= ¬ϕ(h(a)). Deshalb ist h eine Einbettung.Zu (iii) ⇒ (i): Trivial.□Wir erhalten damit die angekündigte Aussage über E(K) und A(K):Korollar 8.4.4. (Bacsich-Sabbagh, [46], [140]) Seien L, K wie in Satz 8.4.3,und angenommen, S(K) ist konfinal in K. Dann ist E(K) = A(K) ⊆ S(K).Beweis. Nach dem vorhergehenden Satz und der Konfinalität von E(K) in Khaben wir A(K) ⊆ S(K), da S(K) konfinal in K ist. Da E(K) ⊆ A(K), reicht es zuzeigen, daß in A(K) jede primitive Formel ϕ äquivalent ist zu einer L ∞ -Disjunktionpositiv existentieller Formeln. Wir können annehmen, daß ϕ von der Form⎛⎞n∧m∧ϕ = ∃x ⎝ ϕ j (x) ∧ ¬ϕ j (x) ⎠ mit ϕ j ∈ At, m ≥ n ≥ 1j=1j=n+1ist. Ersetzt man ∧ mj=n+1 ¬ϕ j(x) in A(K) gemäß Satz 8.4.3, (ii) äquivalent durcheine Disjunktion ∨ i∈I ∃y i(ψ i (y i , x)) mit ∃y i (ψ i (y i , x)) ∈ ∃ + , o.B.d.A. I ≠ ∅, sosieht man, daß ϕ in A(K) mit⎛⎞∨n∧∃x∃y i⎝ ϕ j (x) ∧ ψ i (y i , x) ⎠gleichwertig ist.i∈Ij=18.5. Anwendung: Existentiell abgeschlossene GruppenAlgebraisch abgeschlossene Gruppen wurden von Scott [145] eingeführt. Wir zeigenals Anwendung der Ergebnisse dieses Paragraphen folgenden Satz über den Zusammenhangzwischen existentiell und algebraisch abgeschlossenen Gruppen sowie einResultat von Neumann [113]:Satz 8.5.1. A(G) = E(G) ∪ {〈1〉}, und jede Gruppe in E(G) ist einfach.(Wie man sich sehr leicht überlegt, ist eine Gruppe als L-Struktur bzgl. derSprache L = {1, ·, −1 } der Gruppen einfach genau dann, wenn sie einfach im Sinneder Gruppentheorie ist, d.h. nichttrivial und ohne nichttriviale Normalteiler.)Zum Beweis des Satzes erweitere die Sprache L um ein neues Konstantensymbolc zu der Sprache L c , und definiere Γ c := Γ∪{c ≠ 1}, wobei Γ ein L-Axiomensystemfür die Gruppentheorie sei, sowie G c := Mod(Γ c ). Jedes Modell von Γ c (genauer: dieRestriktion dieses Modells auf L) ist eine nichttriviale Gruppe und jede nichttrivialeGruppe kann zu einem Modell von Γ c expandiert werden. Im Hinblick auf Satz 8.4.3203□


und Kor. 8.4.4 reicht es für den Beweis des Satzes, nachzuweisen, daß jede Konjunktionnegiert atomarer Formeln in L c in A(G c ) zu einer L ∞ -Disjunktion positivexistentieller Formeln äquivalent ist. Dies ist aber eine unmittelbare Folgerung ausdem nachstehenden Satz:Satz 8.5.2. Sei G ∈ G c , a ∈ G. Dann ist a ≠ 1 d.u.n.d., wenn es ein H ∈ G cmit G ⊆ H und t, u ∈ H gibt derart, daß c = t −1 aua −1 u −1 tuau −1 in H.In jedem G ∈ A(G c ) gilt dann die Äquivalenzx ≠ 1 ↔ ∃t∃u ( c = t −1 xux −1 u −1 tuxu −1) .Damit also ist jede Konjunktion negiert atomarer L c -Formeln in A(G c ) zu einerpositiv existentiellen L c -Formel äquivalent, wodurch Satz 8.5.1 bewiesen ist.Beweis von Satz 8.5.2. Daß die angegebene Bedingung hinreichend für a ≠1 ist, ist klar, weil sonst c = 1 (in G) folgen würde. Zum Beweis der Umkehrungbetrachte man ein u /∈ G und das freie Produkt G ∐ 〈u〉. In G ∐ 〈u〉 haben dieElemente aua −1 u −1 und cua −1 u −1 beide unendliche Ordnung, so daß nach demSatz von Higman, Neumann, Neumann eine Erweiterungsgruppe H ⊇ G ∐ 〈u〉 ⊇ Gund ein t ∈ H existiert mitDas ist die Behauptung.cua −1 u −1 = t −1 aua −1 u −1 t.Trivialerweise gilt mit Satz 8.5.1 auch:Korollar 8.5.3. Jede Gruppe kann zu einer einfachen erweitert werden.Der an einem eingehenderen Studium der existentiell abgeschlossenen Gruppeninteressierte Leser kann sich [6] zuwenden.8.6. Ein abstrakter Nullstellensatz ∗Wir haben bislang zwei elementare Strukturklassen K, die der algebraisch und reellabgeschlossenen Körper, kennengelernt, mit denen jeweils ein Nullstellensatz verknüpftwar, nämlich der Hilbertsche (§5.5.2) und der reelle (§6.7.1) Nullstellensatz.Für diverse weitere Klassen algebraischer Strukturen existieren derartige Sätze. Ihrgemeinsamer Gehalt ist in groben Zügen: Ist A ∈ K, und sind f 1 , . . . , f m , g Elementeaus der freien Adjunktion A[X 1 , . . . , X n ] von n Unbestimmten X 1 , . . . , X n an A([25], 1.4.18 ff.), so sind (mit x := (x 1 , . . . , x n ) und X := (X 1 , . . . , X n )) folgendeAussagen äquivalent:(i) Die Formel(∧ mϱ := ∀x ϕ ( f i (x) ) → ϕ ( g(x) ))i=1gilt in allen existentiell abgeschlossenen Erweiterungen von A in K.(ii) g(X) ∈ rad ( f 1 (X), . . . , f m (X) ) .Dabei ist ϕ(y) := (y = 0) und rad ( f 1 (X), . . . , f m (X) ) abhängig von K definiert√ (f1als (X), . . . , f m (X) ) (im Fall der algebraisch abgeschlossenen Körper) oder√ (f1r(X), . . . , f m (X) ) (im Fall der reell abgeschlossenen Körper). Die Bedingung□□204


(ii) stellt dabei also einen einer Resultante ähnlichen lokalen“ Test für die globale“” ”Gültigkeit von ϱ dar.Wir zeigen hier, daß man in ähnlicher Weise für jede induktive elementareKlasse K von L-Strukturen und atomare Formeln ϕ einen Nullstellensatz ableitenkann. Dazu beschäftigen wir uns zunächst mit einer Verallgemeinerung der Begriffe” Ideal“ und ” Radikal“. Die metamathematische“ Theorie der Ideale wurde von”Robinson [13] initiiert, vgl. [15]; unser Zugang ist jedoch nicht so allgemein.8.6.1. Ideale und Radikale. Sei L ′ eine Sprache der Logik erster Stufe,K = Mod(Σ) eine Klasse von L ′ -Strukturen, die nur nicht-einelementige Strukturenenthalte, Σ eine L ′ -Satzmenge, sowie ϕ(x 1 , . . . , x n ) eine quantorenfreie L ′ -Formel;setze x := (x 1 , . . . , x n ). Ferner sei L ⊆ L ′ , A eine L-Struktur, M ⊆ A n eine Teilmenge,A ′ eine L ′ -Struktur. Wir sagen, h: A → A ′ sei ein (L-L ′ -) Homomorphismus,falls h ein Homomorphismus A → A ′ |L zwischen L-Strukturen ist; wie im Fall einesL-L-Homomorphismus schreiben wir dann h: A → A ′ . Wir sagen, A sei eine (L-L ′ -) Erweiterung von A ′ , i.Z. A ′ ⊆ A, falls A ′ |L ⊆ A. Für jeden Homomorphimush: A → A ′ ist der ϕ-Kern von h definiert durchker ϕ (h) := { (a 1 , . . . , a n ) ∈ A n : A ′ |= ϕ ( h(a 1 ), . . . , h(a n ) )} .Wir nennen M ein K-ϕ-Ideal, falls ein A ′ ∈ K und ein Homomorphismus h: A → A ′existiert mit M = ker ϕ (h). Das K-ϕ-Radikal von M ist definiert alsrad K,ϕ (M) = rad(M) := ⋂ {I ⊆ A n : I ⊇ M K-ϕ-Ideal } .(Dabei sei ⋂ ∅ := A n .) M heißt K-ϕ-radikal oder ein K-ϕ-Radikal, falls M =rad K,ϕ (M). Einfache Eigenschaften von Idealen und Radikalen:(i) M ⊆ rad(M).(ii) M ⊆ M ′ ⇒ rad(M) ⊆ rad(M ′ ).(iii) rad(rad(M)) = rad(M).(iv) Jedes K-ϕ-Ideal ist K-ϕ-radikal.(v) Ist ϕ eine Konjunktion atomarer Formeln und K abgeschlossen unterdirekten Produkten, so ist jedes K-ϕ-Radikal M ⊂ A n ein K-ϕ-Ideal.Beweis. (i)–(iv) sind klar. Zu (v): Sei J die Menge aller K-ϕ-Ideale I ⊇ M;es ist J ≠ ∅ wegen M ≠ A n . Sei zu jedem I ∈ J eine L ′ -Struktur A ′ I und einHomomorphismus h I : A → A ′ I mit I = ker ϕ(h I ) gewählt. Sei A ′ := ∏ I∈J A I ∈ Kund h: A → A ′ , a ↦→ ( h I (a) ) . Dann ist ker I∈J ϕ(h) = ⋂ I∈J ker ϕ(h I ) = M, also Mein K-ϕ-Ideal.□Beispiele.(i) Sei KR (I, Kö) die Klasse der kommutativen Ringe (Integritätsbereiche,Körper) bzgl. der Sprache {0, 1, +, −, ·} und ϕ 0 (x) := (x = 0), sowie R einkommutativer Ring. Dann sind die KR-ϕ 0 -Ideale und KR-ϕ 0 -Radikale inR die Ideale (im Sinne der Ringtheorie) von R, die I-ϕ 0 -Ideale und Kö-ϕ 0 -Ideale in R die Primideale, und die I-ϕ 0 -Radikale und Kö-ϕ 0 -Radikalein R sind die Radikalideale von R.(ii) Sei K abgeschlossen unter homomorphen Bildern. Sei A ∈ K und seiϕ(x, y) := (x = y). Dann sind die K-ϕ-Ideale in A 2 genau die Kongruenzrelationenvon A, und für M ⊆ A 2 ist rad K,ϕ (M) die von M erzeugteKongruenzrelation.205


K-ϕ-Ideale und K-ϕ-Radikale können durch gewisse syntaktische Abschlußeigenschaftenbeschrieben werden. Wir nennen hier eine L ′ -Formel ψ ϕ-speziell vomGrad q und Rang r, falls ψ die Form⎛⎞q∧r∨(8.6.47) ψ = ∀x∀y∀z ⎝ ψ ′ ∧ ϕ[x i /x] → ϕ[y j /x] ⎠i=1hat, wobei x = (x 1 , . . . , x q ), y = (y 1 , . . . , y r ) mit n-Tupeln x i , y j , z = (z 1 , . . . , z s )und ψ ′ (x, y, z) eine Konjunktion atomarer L-Formeln ist. Ein L ′ -Satz ψ heißt K-ϕ-speziell, falls ψ ϕ-speziell und K |= ϕ ist. Damit:Satz 8.6.1. Sei A eine L-Struktur, M ⊂ A n . Dann und nur dann ist M einK-ϕ-Ideal, wenn für alle K-ϕ-speziellen Sätze ψ von beliebigem Grad und Rangder Form (8.6.47) und alle a 1 , . . . , a q ∈ M, a := (a 1 , . . . , a q ), b 1 , . . . , b r ∈ A n ,b := (b 1 , . . . , b r ) und c ∈ A s gilt:j=1A |= ψ ′ (a, b, c) ⇒ b j ∈ M für ein j ∈ {1, . . . , r}Beweis. Sei zunächst M = ker ϕ (h) mit h: A → A ′ , A ′ ∈ K, und seiena, b, c, ψ, ψ ′ wie im Satz. Dann gilt mit A |= ψ ′ (a, b, c) auch(A ′ , A ′ ) |= ψ ′[ h(a)/x, h(b)/y, h(c)/z ] q∧∧ ϕ [ h(a i )/x ] ,also nach Voraussetzung A ′ |= ∨ rj=1 ϕ[ h(b j )/x ] , da A ′ ∈ K und ψ K-ϕ-speziellerSatz. Somit b j ∈ ker ϕ (h) für ein j.— Umgekehrt sei die Bedingung an M erfüllt.Betrachte die L ′ (A)-SatzmengeΦ := Σ ∪ D At (A, A) ∪ { ϕ[a/x] : a ∈ M } ∪ { ¬ϕ[b/x] : b ∈ A n \ M } .Wir behaupten: Φ ist konsistent. Denn sonst liefert uns der Kompaktheitssatzeine Konjunktion ψ ′′ (x, y, z) von atomaren Formeln über L sowie endlich vielea 1 , . . . , a q ∈ M, b 1 , . . . , b r ∈ A n \ M (q ∈ N 0 , r ∈ N) und c = (c 1 , . . . , c s ) ∈ A s ,c 1 , . . . , c s paarweise verschieden, so daßΣ ∪ { ψ ′′ [a/x, b/y, c/z] } ∪ { ϕ[a i /x] : 1 ≤ i ≤ q } ∪ { ¬ϕ[b j /x] : 1 ≤ j ≤ r }bereits kein Modell besitzt, also⎛Σ |= ∀x∀y∀z ⎝ ψ ′ ∧q∧ϕ[x i /x] →i=1i=1⎞r∨ϕ[y j /x] ⎠gilt, wobei ψ ′ die Konjunktion von ψ ′′ mit allen Gleichungen x ij = x i′ j ′ für i, i′ ∈{1, . . . , q}, j, j ′ ∈ {1, . . . , n} mit a ij = a i ′ j ′ und y kl = y k ′ l ′ für k, k′ ∈ {1, . . . , r},l, l ′ ∈ {1, . . . , n} mit b kl = b k ′ l ′ sei. Nach Voraussetzung ist dann b j ∈ M fürein j ∈ {1, . . . , r}, ein Widerspruch. Sei nun A ′ ein Modell von Φ, und definiereeinen Homomorphismus h: A → A ′ durch h(a) := a A′ ; dann ist M = ker ϕ (h) nachKonstruktion.□Satz 8.6.2. Sei A eine L-Struktur, M ⊆ A n . Dann ist rad K,ϕ (M) die Mengealler b ∈ A n , für die a 1 , . . . , a q ∈ M, c ∈ A s und ein K-ϕ-spezieller Satz ψ vomRang 1 und Grad q wie in (8.6.47) existiert, so daß A |= ψ ′ (a, b, c).j=1206


Beweis. Sei S die im Satz angegebene Menge. Sind b ∈ S, a 1 , . . . , a q ∈ M,c ∈ A s , A |= ψ ′ (a, b, c), dann ist nach Satz 8.6.1 b ∈ I für jedes K-ϕ-Ideal I ⊇ M,also b ∈ rad K,ϕ (M); somit S ⊆ rad K,ϕ (M). Umgekehrt sei b ∈ A n \ S. Dann istΦ := Σ ∪ D At (A, A) ∪ { ϕ[a/x] : a ∈ M } ∪ { ¬ϕ[b/x] }konsistent. Denn sonst gäbe es wie eben eine Konjunktion atomarer L-Formelnψ ′ (x, y, z) und a 1 , . . . , a q ∈ M, c ∈ A s mit A |= ψ ′ (a, b, c) und()q∧Σ |= ∀x∀y∀z ψ ′ ∧ ϕ[x i /x] → ϕ[y/x] .i=1Aber dann ist b ∈ S nach Definition von S, ein Widerspruch. Folglich gibt es einA ′ |= Σ und einen Homomorphismus h: A → A ′ mit b /∈ ker ϕ (h). Somit ist b /∈ Ifür mindestens ein K-ϕ-Ideal I mit M ⊆ I, d.h. es ist b /∈ rad K,ϕ (M). □Ein Spezialfall von Satz 8.6.2 wurde zuerst von Robinson [128] gefunden.—Als Konsequenz erhalten wir, daß die Operation M ↦→ rad K,ϕ (M) von endlichemCharakter ist:Korollar 8.6.3. rad K,ϕ (M) = ⋃{ rad K,ϕ (M ′ ) : M ′ ⊆ M endlich } .Ferner sehen wir, daß das K-ϕ-Radikal einer endlichen Menge M durch eineL ∞ -Disjunktion ϱ von positiv existentiellen Formeln definiert werden kann, welchenur von K, ϕ und |M| = q, nicht aber von A abhängt; es ist diesϱ K,ϕ,q (x, y) := ∨ {∃z(ψ ′ ) : ψ K-ϕ-speziell vom Grad q, Rang 1 wie in (8.6.47) } .Korollar 8.6.4. Für jede L-Struktur A und jedes M = {a 1 , . . . , a q } ⊆ A ngilt: rad K,ϕ (M) = { b ∈ A n : A |= ϱ K,ϕ,q (a 1 , . . . , a q , b) } .□8.6.2. Der Nullstellensatz. Sei hier L eine Sprache der Logik erster Stufe,K = Mod(Σ) eine elementare Klasse, welche keine einelementigen Strukturen enthalte,Σ eine L-Satzmenge. Sei K ′ := ISP(K) die kleinste unter Isomorphismen,Substruktur- und Produktbildung abgeschlossene Oberklasse von K. In K ′ könnenwir die freie Adjunktion A[X] von X := {X 1 , . . . , X n } an A ∈ K bilden ([25],Satz 1.4.19). Wir erinnern daran, daß jedes Element von A[X] als t(X, a) geschriebenwerden kann, wobei t(x, y) ein L-Term, x = (x 1 , . . . , x n ), y = (y 1 , . . . , y s ),a ∈ A s ist. Ferner kann jede Abbildung h: X → A ′ , wobei A ′ ∈ K die StrukturA erweitere, zu einem eindeutig bestimmten Homomorphismus h: A[X] → A ′ mith|A = id A fortgesetzt werden.Sei nun K induktiv. Man betrachte folgendes Problem: Gegeben seien A |= Σund a ∈ A s . Sei( q)∧µ(u) := ∀x ϕ[t i1 /x 1 , . . . , t ik /x k ] → ϕ[t 1 /x 1 , . . . , t k /x k ] ,i=1wobei hier t ij (x, u), t j (x, u) L-Terme bezeichnen, x = (x 1 , . . . , x n ), u = (u 1 , . . . , u s )und ϕ(x 1 , . . . , x k ) eine L-Formel seien. Wann gilt µ(a) in allen existentiell abgeschlossenenErweiterungen von A in K? Unser Ziel ist es, einen Test für diese Eigenschaftin Form einer Beziehung zwischen den t ij (X, a) und t j (X, a) in A[X] zufinden. Zunächst bemerken wir:Proposition 8.6.5. Die folgenden Aussagen sind äquivalent:(i) µ(a) gilt in allen Erweiterungen von A in K.207□


(ii) µ(a) gilt in allen existentiell abgeschlossenen Erweiterungen von A in K.Hat K zusätzlich die A.E., so ist ferner äquivalent hierzu:(iii) µ(a) gilt in einer existentiell abgeschlossenen Erweiterung von A in K.Beweis. (i) ⇒ (ii) ist trivial. Gelte (ii); ist B ⊇ A eine Erweiterung von Ain K, so wähle ein C ∈ E(K) ≠ ∅ mit C ⊇ B ⊇ A; dann gilt C |= µ(a), und daµ universell ist, folgt B |= µ(a).— Nun besitze K die A.E.; (ii) ⇒ (iii) ist klarwegen E(K) ≠ ∅. Umgekehrt sei B ∈ E(K) mit B ⊇ A, B |= µ(a) gemäß (iii); istdann C ∈ E(K) eine Erweiterung von A, so existiert nach der A.E. ein D ∈ K mitg : B ↩→ D, h: C ↩→ D, g|A = h|A = id A . Da µ universell ist, folgt D |= µ(a), undsomit auch C |= µ(a). Dies zeigt (ii).□Der angekündigte Nullstellensatz kann jetzt bewiesen werden:Satz 8.6.6. (Weispfenning, [176]) Sei A ∈ K, Σ A := Σ ∪ D(A, A), K A :=Mod(Σ A ). Dann gilt µ(a) in allen existentiell abgeschlossenen Erweiterungen vonA in K genau dann, wenn(t1 (X, a), . . . , t k (X, a) ) ({∈ rad KA ,ϕ ti1 (X, a), . . . , t ik (X, a) : 1 ≤ i ≤ q }) ,wobei rad KA ,ϕ in A[X] gebildet wird.Beweis. Angenommen, B |= ¬µ(a) für ein B ⊇ A, B ∈ K. Wähle b ∈ B nmit( q)∧(B, B) |= ϕ[t i1 /x 1 , . . . , t ik /x k ] ∧ ¬ϕ[t 1 /x 1 , . . . , t k /x k ] [b/x, a/y].i=1Sei h: A[X] → B der eindeutig bestimmte Homomorphismus über A mit X i ↦→ b i ,i = 1, . . . , n; setze I := ker ϕ (h). I ist ein K A -ϕ-Ideal, welches t 1 (X, a), . . . , t q (X, a)enthält (mit t i := (t i1 , . . . , t ik )), nicht jedoch t(X, a) (mit t := (t 1 , . . . , t k )). Alsoist auch t(X, a) /∈ rad KA ,ϕ({t1 (X, a), . . . , t q (X, a)} ) .Umgekehrt sei t(X, a) /∈ rad KA ,ϕ({t1 (X, a), . . . , t q (X, a)} ) angenommen; dannexistiert ein Modell B von Σ A und ein Homomorphismus h: A[X] → B mit( q)∧(B, B) |= ϕ[t i /x] ∧ ¬ϕ[t/x] [b/x, a/y],i=1wobei b := ( h(X 1 ), . . . , h(X n ) ) ; also B |= ¬µ(a). Da B ∈ K A , ist h|A eine EinbettungA ↩→ B; modulo einem Isomorphismus können wir also B ⊇ A und h|A = id Aannehmen. Sei C eine existentiell abgeschlossene Erweiterung von B; dann folgtC |= ¬µ(a).□In [176] findet man eine auf der Charakterisierung 8.6.2 von Radikalen basierende”syntaktischere“ Formulierung von Satz 8.6.6, ferner eine allgemeine Aussageüber die Existenz uniformer Schranken im Nullstellensatz, analog zu Satz 5.5.4.Satz 8.6.6 kann nun in vielfältiger Weise angewendet werden. Wir demonstrierendies durch Herleitung eines Nullstellensatzes für von Neumann-reguläre kommutativeRinge (vgl. §7.6) und Divisionsalgebren. Sei RKR die Klasse der (nichttrivialen)regulären Ringe (mit 1), SKR ∗ deren Modellvervollständigung (Kor. 7.6.13), sowiewie gehabt ϕ 0 (x) := (x = 0).208


Lemma 8.6.7. Sei R ein regulärer Ring, a ⊆ R[X 1 , . . . , X n ] ein echtes Ideal.Genau dann ist√(8.6.48)a = radRKRR ,ϕ 0(a),wenn a ∩ R = (0).Beweis. Gelte zunächst (8.6.48). Wäre r ≠ 0 aus a ∩ R ⊆ √ a, so gäbe eswegen rad RKRR ,ϕ 0(a) = √ a ≠ R[X 1 , . . . , X n ] einen regulären Ring R ′ ⊇ R undeinen Homomorphismus ϕ: R[X 1 , . . . , X n ] → R ′ , ϕ|R = id R , mit r ∈ a ∩ R ⊆ ker ϕ,ein Widerspruch. Umgekehrt sei jetzt a ∩ R = (0). Ist ϕ: R[X 1 , . . . , X n ] → R ′ einHomomorphismus in einen regulären Ring R ′ ⊇ R mit ϕ|R = id R , ker ϕ = a, so folgtfür f ∈ √ a, also f k ∈ a für ein k ∈ N, daß ϕ(f) k = 0, wegen der Regularität vonR ′ also ϕ(f) = 0; damit √ a ⊆ rad RKRR ,ϕ 0(a). Weiter sei R ′ := R[X 1 , . . . , X n ]/ √ a;es ist √ a ≠ R[X 1 , . . . , X n ], also R ′ nicht trivial. Ferner √ a ∩ R = (0), denn ausf ∈ √ a ∩ R folgt f k ∈ a ∩ R = {0} für ein k ∈ N, also f = 0. Daher R ↩→ R ′ ,und √ a ist der Kern der kanonischen Abbildung R[X 1 , . . . , X n ] ↠ R ′ . Ferner ist R ′regulär. Damit ist rad RKRR ,ϕ 0(a) ⊆ √ a.□Unmittelbar aus 8.6.5–8.6.7 erhält man die folgende etwas speziellere Versioneines Satzes von Saracino-Weispfenning ([142], Thm. I.4.1):Satz 8.6.8. Sei R ein regulärer Ring, R ′ ∈ SKR ∗ , R ⊆ R ′ , a ⊆ R[X 1 , . . . , X n ]ein endlich erzeugtes Ideal mit a ∩ R = (0). Dann gilt√ a = IR(VR ′(a) ) ,wobeiI R (M ′ ) := { f ∈ R[X 1 , . . . , X n ] : f(x) = 0 für alle x ∈ M ′} ,V R ′(M) := { x ∈ R ′ n : f(x) = 0 für alle f ∈ M}für M ′ ⊆ R ′n , M ⊆ R[X 1 , . . . , X n ].Bemerkung. Die Bedingung a ∩ R = {0} ist notwendig. Betrachte z.B. denFall n = 1, e ∈ B(R), e ≠ 0, 1, und f := X 1 . Dann ist V R ′(e) = ∅, also f ∈I R (V R ′(e)) = R[X 1 ]; aber keine Potenz von f kann ein Vielfaches von e sein.—Saracino-Weispfenning [142] verwenden Satz 8.6.8 zur Entwicklung der Anfangsgründeeiner algebraischen Geometrie über kommutativen regulären Ringen.Sei k ein Körper. Wir betrachten die Sprache L k der k-Vektorräume wie in§7.8 und bilden L := L k ∪ {1, ·}, wobei · ein zweistelliges Operationssymbol fürdie Multiplikation und 1 ein Konstantensymbol für das bzgl. dieser Multiplikationneutralen Elements bezeichne. Es sei D k die Klasse der Divisionsalgebren über k(bzgl. der Sprache L), d.h. derjenigen (nicht notwendig kommutativen) assoziativenk-Algebren, in denen zu jedem von 0 verschiedenen Element ein multiplikativInverses existiert. Es gilt:Bemerkung. E(D k ) = A(D k ) ⊆ S(D k ).Beweis. Wegen Satz 8.4.3 und seinem Korollar reicht es zu zeigen, daß in D kjede negiert atomare Formel zu einer positiv existentiellen Formel äquivalent ist.Dies ist aber klar, denn ¬(t 1 = t 2 ), wobei t 1 , t 2 Terme über L sind, ist in D k zu∃x ( x · t 1 = x · t 2 + 1 ) gleichwertig.□209□


Die D k -ϕ 0 -Ideale in einer k-Algebra A sind genau diejenigen zweiseitigen Idealea ⊆ A, für die A/a über k mittels eines Algebrenhomomorphismus in eine DivisionsalgebraD eingebettet werden kann; man nennt sie d-prim. Das Radikal eines Idealsa ist demnach der Durchschnitt aller a enthaltenden d-Primideale, das d-Radikal.Die kleinste unter I, S und P abgeschlossene Oberklasse von D k ist die Klasse A kder k-Algebren in der Sprache L. Für eine Divisionsalgebra D über k ist D[X] alsoeine k-Algebra, seine Elemente sind Summen von Monomen der Formd 1 X i1 d 2 X i2 d 3 · · · d m X im d m+1 mit d i ∈ D, 1 ≤ i 1 , . . . , i m ≤ n, m ∈ N 0 .(Die Elemente von k kommutieren mit den Unbestimmten X 1 , . . . , X n . Der Leserzeige als Übung, daß es sich bei D[X] um das Koprodukt D ∗ k〈X〉 von D mit dervon X frei erzeugten k-Algebra k〈X〉 in der Kategorie der k-Algebren handelt. SindD ⊆ D ′ Divisionsalgebren, so ist D[X] ↩→ D ′ [X].) Man beachte, daß diese Definitionnichtkommutativer Polynome zwei wesentliche Unterschiede zum kommutativenFall aufweist:(i) Ein von Null verschiedenes Polynom kann die Nullfunktion definieren. Soist etwa iXi+X ∈ C R [X] von Null verschieden (denn i kommutiert nichtmit X), aber iXi + X definiert die Nullfunktion auf C.(ii) Es kann nichtkonstante Polynome in D[X] geben, die in keiner Divisionsalgebraüber k eine Nullstelle besitzen können. Sei etwa k ein Körper,dessen algebraischer Abschluß k keine rein inseparable Erweiterung vonk ist, also z.B. k ≠ k, char k = 0. Sei α ∈ k \ k separabel. Dann hatdas Polynom αX − Xα − 1 ∈ k(α) k [X] keine Nullstelle in irgendeinerDivisionsalgebra über k, die k(α) umfaßt. Denn wäre β eine solche, sofolgt mit p := Irr(α; k) ∈ k[X], etwa p = ∑ mi=0 a iX i :m∑ (p(α)β − βp(α) = a i α i β − βα i) m∑= a i α i−1 = p ′ (α),i=1denn durch Induktion nach i = 1. . . . , n zeigt man leicht, daß α i β −βα i =iα i−1 . Somit in k(α)i=1p ′ (α) = p(α)β − βp(α) = 0 · β − β · 0 = 0,im Widerspruch dazu, daß α separabel über k ist.Wir erhalten ohne Probleme aus Satz 8.6.6 folgende Abwandlung eines Satzesvon Amitsur und Procesi [42], [116]:Satz 8.6.9. Sei D eine Divisionsalgebra über dem Körper k, f ∈ D[X], a ⊆D[X] ein endlich erzeugtes Ideal. Genau dann ist f aus dem d-Radikal von a, wennjede Nullstelle von a in einer algebraisch abgeschlossenen Divisionsalgebra über k,die D erweitert, auch eine Nullstelle von f ist.□Eine algebraische Charakterisierung der d-Radikale findet man in [7], S. 229 ff.,welches umfangreiches weiteres Material über die <strong>Modelltheorie</strong> der Schiefkörperund Divisionsalgebren enthält.210


KAPITEL 9UltraprodukteIn diesem abschließenden Abschnitt beschäftigen wir uns mit einer algebraisch anmutendenMethode zur Konstruktion von Modellen, die der Ultraprodukte und Ultrapotenzen,die zum Standardwerkzeug des Modelltheoretikers gehört. Sie erlaubtes oft, ”syntaktische“ Überlegungen durch elegantere ”semantische“ Argumente zuersetzen; insbesondere werden wir so zu einem Beweis des Kompaktheitssatzes gelangen,der nicht auf den Gödelschen Vollständigkeitssatz zurückgreift.9.1. Filter und UltrafilterWir gehen von folgendem bekannten Beispiel aus: Gegeben sei eine Familie {G i } i∈Nadditiv geschriebener abelscher Gruppen und G := ∏ i∈N G i deren direktes Produkt.Der Träger supp(g) eines Elements g = {g(i)} i∈N aus G ist die Menge{i ∈ N : g(i) ≠ 0}. Die Menge aller g ∈ G mit endlichem Träger bildet offenbar eineUntergruppe von G, die wohlbekannte direkte Summe von {G i } i∈N , geschriebenals ⊕ i∈N G i. Oft hat die Faktorgruppe G/ ⊕ i∈N G i eine interessante algebraischeStruktur. Zwei Elemente g + ⊕ G i und h + ⊕ G i dieser Faktorgruppe sind gleichgenau dann, wenn supp(g − h) endlich ist, d.h. wenn {i ∈ N : g(i) = h(i)} einekoendliche Teilmenge von N ist, also eine Menge, deren Komplement in N endlichist. Die Menge der koendlichen Teilmengen von N heißt der Fréchet-Filter aufN.— Die Verallgemeinerung dieser Konstruktion wird uns zu den sog. reduziertenProdukten als gewissen Faktorstrukturen direkter Produkte führen. Das Maß der ”Identifizierung“ wird dabei durch Filter vorgegeben.Definition 9.1.1. Sei X eine nichtleere Menge. Eine nichtleere Teilmenge F ⊆2 X heißt Filter auf X, falls folgende drei Bedingungen erfüllt sind:(F1) ∅ /∈ F.(F2) Wenn F 1 , F 2 ∈ F, so F 1 ∩ F 2 ∈ F.(F3) Wenn F 1 ∈ F und F 1 ⊆ F 2 ⊆ X, so F 2 ∈ F.Maximale Filter auf X nennt man Ultrafilter.Bemerkungen 9.1.2.(i) Da F ≠ ∅, folgt aus (F3) sofort X ∈ F.— Oft definiert man einen Filterauf einer Menge X ≠ ∅ als eine Teilmenge F von 2 X , die neben (F2),(F3) die Bedingung(F1 ′ ) X ∈ Ferfüllt. Dann ist auch 2 X ein Filter in diesem Sinn; F heißt echt,falls F ≠ 2 X . Offensichtlich ist F genau dann ein echter Filter, wennF ̸= ∅ und F die Axiome (F1)–(F3) erfüllt. Da wir hauptsächlich anechten Filtern interessiert sind, haben wir die Def. 9.1.1 zugrundegelegt;alle unsere Filter sind also von 2 X verschieden.211


(ii) Der Begriff des Filters kann als Verallgemeinerung des Konzepts einerkonvergenten Folge in einem topologischen Raum angesehen werden; sagtman nämlich, ein Filter F auf einem topologischen Raum (X, O) konvergiertgegen einen Punkt a ∈ X, wenn jede Umgebung von a zu F gehört,wenn also der Umgebungsfilter U(a) von a, d.h. die Menge aller Umgebungenvon a, ganz in F enthalten ist, so gilt: Sei {x n } n∈N eine Folgein X und F der Filter aller Teilmengen von X, in denen die Folge {x n }schließlich bleibt. Dann konvergiert die Folge offenbar genau dann gegena, wenn der Filter F gegen a konvergiert.(iii) Ist X eine unendliche Menge, so bilden die koendlichen Teilmengen vonX einen Filter auf X; dieser heißt, wie bereits einleitend erwähnt, derFréchet-Filter auf X.Ultrafilter besitzen folgende bemerkenswerte Eigenschaft:Proposition 9.1.3. Ein Filter F auf X ist genau dann ein Ultrafilter, wennfür jede Teilmenge A ⊆ X gilt: Entweder A oder X \ A gehört zu F.Beweis. Sei F Ultrafilter, A ⊆ X. Es nicht zugleich A ∈ F und X \ A ∈ F,da sonst wegen (F2) ein Widerspruch zu (F1) folgen würde; ferner muß eine derMengen A, X \ A alle Filtermengen treffen. O.B.d.A. treffe A alle Elemente von F.Dann ist aber{B ⊆ X : ∃F ∈ F : B ⊇ A ∩ F }ein F ∪ {A} enthaltender Filter; aus der Maximalität von F folgt A ∈ F.Sei umgekehrt F ein Filter auf X mit der genannten Eigenschaft, und E ⊃ Fein weiterer Filter, etwa A ∈ E \ F. Dann ist aber X \ A ∈ F und also A, X \ A ∈ E,im Widerspruch zu Axiom (F1).□Definition 9.1.4. Sei B ⊆ X, B ≠ ∅. Dann istF(B) := {F ⊆ X : B ⊆ F }ein Filter auf X, der von B erzeugte Hauptfilter. Für F({b}) mit b ∈ X schreibt mankurz auch F(b). Filter, die keine Hauptfilter sind, nennt man frei. Ein Ultrafilter,der gleichzeitig Hauptfilter ist, heißt Hauptultrafilter.Offenbar ist F(B) gleich dem Durchschnitt aller B enthaltenden Filter auf X,ist also der kleinste B umfassende Filter auf X.Beispiel. Ist card(X) ≥ 2, so ist {X} ein Filter, der kein Ultrafilter ist, ebensoF({a, b}) für a ≠ b aus X.Übung. Sei X ≠ ∅.(i) Zeige: Die von Einermengen erzeugten Hauptfilter F(b), b ∈ X, sindgerade alle Hauptultrafilter auf X.(ii) Sei X unendlich und F der Fréchet-Filter auf X. Zeige: F ist frei undkein Ultrafilter. Jeder freie Ultrafilter auf X enthält den Fréchet-Filter,und jeder Ultrafilter, der den Fréchet-Filter enthält, ist frei. (Verwende(i).)Nicht jeder Filter ist also ein Ultrafilter. Aber jeder Filter ist in einem maximalenFilter enthalten; wir zeigen dies allgemeiner und definieren zunächst:212


Definition 9.1.5. Sei X ≠ ∅ eine Menge und F ⊆ 2 X . Wir sagen, F habe dieendliche Durchschnittseigenschaft, falls F ≠ ∅ und für endlich viele F 1 , . . . , F n ∈ Fstets ⋂ ni=1 F i ≠ ∅.Bemerkung. F hat die endliche Durchschnittseigenschaft genau dann, wenndie Menge F ′ aller endlichen Durchschnitte von Mengen aus F die Filteraxiome(F1) und (F2) erfüllt.Damit können wir leicht zeigen [160]:Lemma 9.1.6. Sei X eine nichtleere Menge, F ⊆ 2 X mit endlicher Durchschnittseigenschaft.⋂Dann gibt es einen F enthaltenden Ultrafilter U auf X. FallsF = ∅, so ist jeder Ultrafilter U ⊇ F frei.Beweis. Sei F ′ die Menge aller endlichen Durchschnitte von Mengen aus F.Man wendet das Zornsche Lemma auf die durch Inklusion induktiv geordnete nichtleereMenge aller F ′′ mit endlicher Durchschnittseigenschaft und F ′ ⊆ F ′′ ⊆ 2 X anund erhält eine maximale Erweiterung U von F mit endlicher Durchschnittseigenschaft.F(U) ist eine U umfassende Teilmenge von 2 X mit endlicher Durchschnittseigenschaft,also U = F(U) ein maximaler, F umfassender Filter.Sei nun ⋂ F = ∅ und U ⊇ F Ultrafilter. Angenommen, U ist nicht frei; nachÜbung (i) existiert ein b ∈ X mit U = F(b), also b ∈ ⋂ F = ∅, Widerspruch. □Obiges Lemma ist auch unter dem Namen Boolesches Primidealtheorem bekannt;vgl. §9.5 und [8], §6.2. Man vergleiche auch die folgende Aussage mit derdefinierenden Eigenschaft von Primidealen in der Ringtheorie:Lemma 9.1.7. Sei F Filter auf X. F ist Ultrafilter genau dann, wenn für allen ∈ N und alle Teilmengen M 1 , . . . , M n von X gilt: Es ist M 1 ∪ · · · ∪ M n ∈ Fd.u.n.d., wenn M j ∈ F für ein j ∈ {1, . . . , n}.Beweis. Sei F Ultrafilter. Ist etwa M j ∈ F für ein j ∈ {1, . . . , n}, so auch⋃ ni=1 M i ∈ F wegen Axiom (F3) der Filter. Angenommen nun, kein M j liegt in F;also ist X \ M j ∈ F und somit ⋂ nj=1 X \ M j ∈ F. Das heißt aber, daß ⋃ nj=1 M j /∈ Fsein muß.Sei umgekehrt die angegebene Bedingung für den Filter F erfüllt. Angenommen,es existiert ein Filter G auf X mit F ⊂ G ⊂ 2 X , etwa mit F ∈ G \ F. AlsoX = F ∪ (X \ F ) ∈ F, wegen F /∈ F also X \ F ∈ F ⊆ G, im Widerspruch zu(F1).□Übung. Zeige den folgenden berühmten Satz von Tychonoff: Ist {X i } i∈I eineFamilie nichtleerer kompakter topologischer Räume (mit beliebiger IndexmengeI ≠ ∅), so ist auch der Produktraum X := ∏ i∈I X i kompakt. Anleitung: Zeigezunächst, daß jede Überdeckung von X mit Mengen aus S := {π −1i (U i ) : i ∈I, U i ⊆ X i offen} eine endliche Teilüberdeckung besitzt. (Dabei sei π i : X → X idie i-te Projektion.) Beweise dann indirekt unter Ausnutzung dieser Eigenschaft,daß jeder Ultrafilter auf X konvergiert (im Sinne von Bem. 9.1.2, (ii)). Angenommennun, es gäbe eine offene Überdeckung {U j } j∈J von X ohne endliche Teilüberdeckung.Betrachte einen Ultrafilter, welcher {X \ ⋃ j∈J U ′ j : J ′ ⊆ J endlich} umfaßt,und führe einen Widerspruch herbei.213


9.2. Reduzierte Produkte, Ultraprodukte, UltrapotenzenSei im folgenden wieder L eine Sprache der ersten Stufe. Gegeben sei ein direktesProdukt A = ∏ i∈I A i von L-Strukturen A i über einer nichtleeren Indexmenge I.(Das Auswahlaxiom garantiert uns A ≠ ∅.) Für die i-ten Komponenten (für i ∈ I)von a ∈ A n , a = (a 1 , . . . , a n ) schreiben wir kurz a(i) := (a 1 (i), . . . , a n (i)). Istϕ(x 1 , . . . , x n ) eine L-Formel, a ∈ A n , so heißt‖ϕ(a)‖ := {i ∈ I : A i |= ϕ(a(i))}die Boolesche Ausdehnung von ϕ(a). Ist F ein Filter auf I, so definiert man eineRelation ∼Fauf A vermögea 1 ∼Fa 2 :⇔ ‖a 1 = a 2 ‖ ∈ F.Wir sammeln Eigenschaften von ‖ · ‖ und ∼F:Proposition 9.2.1. Seien ϕ(x 1 , . . . , x n ), ψ(x 1 , . . . , x n ) L-Formeln und a ∈A n .(i) ‖ϕ(a) ∧ ψ(a)‖ = ‖ϕ(a)‖ ∩ ‖ψ(a)‖,(ii) ‖ϕ(a) ∨ ψ(a)‖ = ‖ϕ(a)‖ ∪ ‖ψ(a)‖,(iii) ‖¬ϕ(a)‖ = I \ ‖ϕ(a)‖(iv) Ist ϕ = ∃x(ϱ) mit ϱ(x, x 1 , . . . , x n ), so gilt für alle b ∈ Aund es gibt stets ein b ∈ A mit‖ϱ(b, a)‖ ⊆ ‖∃x(ϱ(x, a))‖,‖ϱ(b, a)‖ = ‖∃x(ϱ(x, a))‖.(v) Die Relation ∼ F ist eine Kongruenzrelation auf A.Beweis. (i)–(iii) und der erste Teil von (iv) sind klar per definitionem. Fürden zweiten Teil von (iv) wähle b ∈ A wie folgt: Für i ∈ ‖ϕ(a)‖ = ‖∃x(ϱ(x, a))‖wähle c i ∈ A i mit A i |= ϱ(c i , a(i)) und setze b(i) := c i ; für i ∈ I \ ‖ϕ(a)‖ sei b(i)beliebig aus A i . Nach Konstruktion von b ist ‖ϱ(b, a)‖ ⊇ ‖∃x(ϱ(x, a))‖.Zu (v): I ∈ F impliziert a ∼ F a für alle a ∈ A; die Symmetrie von ∼ F ist klar.Sind a 1 , a 2 , a 3 ∈ A mit a 1 ∼ F a 2 , a 2 ∼ F a 3 , so ‖a 1 = a 2 ‖, ‖a 2 = a 3 ‖ ∈ F, also mit(i)‖a 1 = a 3 ‖ ⊇ ‖a 1 = a 2 ∧ a 2 = a 3 ‖ = ‖a 1 = a 2 ‖ ∩ ‖a 2 = a 3 ‖ ∈ F,also ‖a 1 = a 3 ‖ ∈ F, d.h. a 1 ∼ F a 3 . Sei f ein n-stelliges Operationssymbol aus L,n ∈ N, a 1 , . . . , a n , a ′ 1, . . . , a ′ n ∈ A mit a i ∼ F a ′ i für i = 1, . . . , n; es folgtn∧n⋂‖f A (a 1 , . . . , a n ) = f A (a ′ 1, . . . , a ′ n)‖ ⊇ ‖ a i = a ′ i‖ = ‖a i = a ′ i‖,i=1und letztere Menge ist aus F, also folgt f A (a) ∼ F f A (a ′ ).Sei nun A ′ := A/∼ F die Quotientenstruktur von ∏ i∈I A i bzgl. ∼ F . Es bezeichnea/F die Äquivalenzklasse von a ∈ A in A ′ ; mit a = (a 1 , . . . , a n ) ∈ A n schreibenwir kurz a/F für (a 1 /F, . . . , a n /F). Sei A ′′ die L-Struktur, die man aus A ′ erhält,indem man die Interpretation der Relationssymbole in L wie folgt abändert: Fürein n-stelliges Relationssymbol R und a = (a 1 , . . . , a n ) ∈ A n sei(a/F) ∈ R A′′ :⇔ ‖R(a)‖ ∈ F.214i=1□


Ähnlich wie mit den Argumenten im Beweis zu (vi) der obigen Proposition weistman nach, daß R A′′ dadurch wohldefiniert ist. Vergleicht man die Definitionen vonR A′ und R A′′ , so sieht man leicht, daß R A′ ⊆ R A′′ , so daß id A ′ einen MonomorphismusA ′ → A ′′ darstellt und damit id A ′∏◦π einen Epimorphismus A ↠ A ′′ voni∈I A i auf A ′′ , wobei π : A ↠ A/∼ F der kanonische Epimorphismus sei.Definition 9.2.2. (nach ̷Loś, [95]) Die eben konstruierte Struktur A ′′ nenntman das reduzierte Produkt der Familie {A i } i∈I bzgl. F; sie wird mit ∏ i∈I A i/Fbenannt, ihr Universum mit ∏ i∈I A i/F. Insbesondere im Fall A i := B für allei ∈ I (mit einer L-Struktur B) spricht man von B I /F als der reduzierten Potenzvon B bzgl. des Filters F auf I. Reduzierte Produkte bzgl. Ultrafiltern heißenUltraprodukte, reduzierte Potenzen bzgl. Ultrafiltern heißen Ultrapotenzen.Beispiel. Die Faktorgruppe∏i∈IG i / ⊕ i∈Ieiner unendlichen Familie {G i } i∈I abelscher Gruppen ist das reduzierte Produktder G i bzgl. des Fréchet-Filters.Übung. Sei I ≠ ∅, {A i } i∈I eine Familie von L-Strukturen, F ein Filter aufI. Dann ist ∏ i∈I A i/F = ∏ i∈I A i/∼ F , wenn für jedes Relationssymbol R in Lentweder R Ai = ∅ für alle i ∈ I oder R Ai ≠ ∅ für alle i ∈ I. (Insbesondere ist füreine L-Struktur B stets B I /F = B I /∼ F .) Zeige anhand von I = N, L = {R} mitdem nullstelligen Relationssymbol R, daß die Umkehrung dieser Aussage i.a. falschist.Übung. Sei A eine L-Struktur, I ≠ ∅, F ein Filter auf I. Zeige mittels a ↦→[a]/F, wobei [a](i) := a für alle i ∈ I:Lemma 9.2.3. Ist F ein Filter auf einer Menge I ≠ ∅, so kann jede L-StrukturA kanonisch in ihre reduzierte Potenz A I /F bzgl. F eingebettet werden. □Übung. Sei ∏ i∈I A i/U Ultraprodukt einer Familie {A i } i∈I von L-Strukturenbzgl. eines Hauptultrafilters U auf I. Zeige: Es existiert ein j ∈ I mit A j∼∏=i∈I A i/U.Lemma 9.2.4. Sei I eine nichtleere Menge, F ein Filter auf I, {A i } i∈I eine Familievon L-Strukturen, und A := ∏ i∈I A i. Für eine atomare Formel ϕ(x 1 , . . . , x n )in L mit freien Variablen x 1 , . . . , x n und a = (a 1 , . . . , a n ) ∈ A n giltG iA/F |= ϕ(a/F) ⇔ ‖ϕ(a)‖ ∈ F.Beweis. Sei A ′ := A/∼ F , A ′′ := A/F. Seien t 1 (x 1 , . . . , x m ), t 2 (x 1 , . . . , x n )Terme in L, a i , a ′ j ∈ A. Dann hat man folgende Kette von Äquivalenzen (dabei sei215


π : A ↠ A/∼ F die kanonische Abbildung):A ′′ |= (t 1 (a 1 /F, . . . , a m /F) = t 2 (a ′ 1/F, . . . , a ′ n/F)) ⇔t A′1 (π(a 1 ), . . . , π(a m )) = t A′2 (π(a ′ 1), . . . , π(a ′ n)) ⇔π(t A 1 (a 1 , . . . , a m )) = π(t A 2 (a ′ 1, . . . , a ′ n)) ⇔‖t A 1 (a 1 , . . . , a m ) = t A 2 (a ′ 1, . . . , a ′ n)‖ ∈ F ⇔{i ∈ I : tA i1 (a 1(i), . . . , a m (i)) = t Ai2 (a′ 1(i), . . . , a ′ n(i)) } ∈ F ⇔{i ∈ I : Ai |= (t 1 (a 1 (i), . . . , a m (i)) = t 2 (a ′ 1(i), . . . , a ′ n(i))) } ∈ F ⇔‖t 1 (a 1 , . . . , a m ) = t 2 (a ′ 1, . . . , a ′ n)‖ ∈ FFür eine atomare Formel der Gestalt R(t 1 (x 1 ), . . . , t n (x n )) mit irgendwelchen x 1 =(x 1,1 , . . . , x 1,m1 ), . . . , x n = (x n,1 , . . . , x n,mn ) ist der Beweis ähnlich. □Wir kommen nun zum Hauptsatz über Ultraprodukte.Satz 9.2.5. (̷Loś, [95]) Sei I ≠ ∅, {A i } i∈I eine Familie von L-Strukturen,A := ∏ i∈I A i deren direktes Produkt und U ein Ultrafilter auf I. Dann giltA/U |= ϕ(a/U) ⇔ ‖ϕ(a)‖ ∈ Ufür jede erweiterte L-Formel ϕ(x 1 , . . . , x n ) und alle a ∈ A n .Beweis. Durch Induktion über den Aufbau von ϕ. (Wobei man keine Allquantorenzu betrachten braucht.) Für atomare ϕ folgt die Behauptung aus demvorhergehenden Lemma. Seien also ψ, ψ 1 , ψ 2 , ϱ L-Formeln, für die der Satz bereitsbewiesen ist. Sei a ∈ A n .(i) Sei ϕ = ¬ψ. Es gilt A/U |= ¬ψ(a/U) d.u.n.d. wenn A/U ̸|= ψ(a/U), d.h.wenn ‖ψ(a)‖ /∈ U, also genau dann, wenn I \‖ψ(a)‖ ∈ U nach Prop. 9.1.3.Aber I \ ‖ψ(a)‖ = ‖¬ψ(a)‖.(ii) Sei ϕ = ψ 1 ∧ ψ 2 . Es gilt jaA/U |= ψ 1 (a/U) ∧ ψ 2 (a/U) gdw. A/U |= ψ 1 (a/U) und A/U |= ψ 2 (a/U);damit folgt die eine Richtung der Behauptung aus Prop. 9.2.1 (i) und(F2), die andere aus (F3).(iii) Sei ϕ = ∃x(ϱ). Man hatA/U |= ∃x(ϱ(x, a/U)) ⇔A/U |= ϱ(˜b, a/U) für ein ˜b ∈ A/U ⇔A/U |= ϱ(b/U, a/U) für ein b ∈ A ⇔‖ϱ(b, a)‖ ∈ U für ein b ∈ A.Nach Prop. 9.2.1 (v) ist dies aber gleichbedeutend mit ‖∃x(ϱ(x, a))‖ ∈ U.Dies vervollständigt den Induktionsschritt.Korollar 9.2.6. Sei U ein Ultrafilter auf I, ∏ i∈I A i/U ein Ultraprodukt einerFamilie {A i } i∈I von L-Strukturen und ϕ ein Satz in L. Dann gilt ∏ i∈I A i/U |= ϕ∏d.u.n.d., wenn ‖ϕ‖ ∈ U. Sind also alle A i Modelle einer Satzmenge Σ, so auchi∈I A i/U.□216□


Korollar 9.2.7. Sei U ein Ultrafilter auf I, A I /U Ultrapotenz einer L-StrukturA. Dann ist die kanonische Einbettung j : A ↩→ A I /U, a ↦→ [a]/U (vgl. Lemma 9.2.3)eine elementare Einbettung.Beweis. Nach Lemma 9.2.3 ist j eine Einbettung. Sei ϕ(x 1 , . . . , x n ) eine Formelin L mit den freien Variablen x 1 , . . . , x n und a 1 , . . . , a n ∈ A, so daß A |=ϕ(a 1 , . . . , a n ). Dann ‖ϕ([a 1 ], . . . , [a n ])‖ = I ∈ U, und somit mit dem Satz von ̷LośA I /U |= ϕ(j(a 1 ), . . . , j(a n )).□Korollar 9.2.8. Sei h: A ↩→ B eine elementare Einbettung von A in B undU ein Ultrafilter auf einer Menge I. Dann existiert eine elementare Einbettung˜h: A I /U ↩→ B I /U, so daß das DiagrammA⏐↓h−−−−→B⏐↓A I /Ukommutativ wird. (Man schreibt h/U für ˜h.)∃˜h−−−−→ B I /UBeweis. Setze ˜h ( (a i ) i∈I /U ) := ( h(a i ) ) i∈I /U für a ∈ AI .□Das letzte Korollar zum Satz von ̷Loś würde uns nun direkt zur Deutung vonUltraprodukten als Funktoren führen; der interessierte Leser kann sich darüber indem entsprechenden Artikel [74] in [19] näher informieren.9.3. Beweis des Kompaktheitssatzes. Eigenschaften vonUltraproduktenWir können nun den zentralen Satz der <strong>Modelltheorie</strong> rein ”algebraisch“ ohne Zuhilfenahmedes für die <strong>Modelltheorie</strong> irrelevanten Kalkülbegriffs leicht beweisen (nachScott, [77]):Kompaktheitssatz. Eine Menge Σ von L-Sätzen besitzt genau dann ein Modell,wenn jede endliche Teilmenge von Σ ein Modell besitzt.Beweis. Sei o.B.d.A. Σ ≠ ∅. Mit Σ besitzt auch jede endliche Teilmengevon Σ ein Modell; diese Richtung ist also trivial. Sei also nun I die Menge allernichtleeren endlichen Teilmengen von Σ und zu jedem Φ ∈ I sei A Φ eine L-Strukturmit A Φ |= Φ. Sei A das direkte Produkt der A Φ , Φ ∈ I. Setze für jedes Φ ∈ IΦ ∗ := {Ψ ∈ I : Φ ⊆ Ψ} und I ∗ := {Φ ∗ : Φ ∈ I}.Offenbar ist I ∗ gegen endliche Durchschnitte abgeschlossen, da Φ ∗ 0∩Φ ∗ 1 = (Φ 0 ∪Φ 1 ) ∗für Φ 0 , Φ 1 ∈ I, weshalb sie nach Lemma 9.1.6 in einem Ultrafilter U auf I enthaltenist. Wir zeigen A/U |= Σ. Sei dazu ϕ ∈ Σ. Dann ist {ϕ} ∈ I und{ϕ} ∗ = {Ψ ∈ I : ϕ ∈ Ψ} ⊆ {Ψ ∈ I : A Ψ |= ϕ} = ‖ϕ‖.Nach Konstruktion von U ist {ϕ} ∗ ∈ U, also auch ‖ϕ‖ ∈ U, so daß mit dem Satzvon ̷Loś A/U |= ϕ folgt.□Elementare Klassen sind nach Kor. 9.2.6 unter Ultraproduktbildung abgeschlossen.Dies ermöglicht es des öfteren, nachzuweisen, daß eine bestimmte Klasse nichtelementar ist:217


Beispiel. Sei L = {0, +} die Sprache der additiv geschriebenen abelschenGruppen. Die Klasse der abelschen Torsionsgruppen ist nicht elementar.Beweis. Sei I := N und wähle U als einen freier Ultrafilter auf I, etwa durchErweiterung des Fréchet-Filters auf I zu einem Ultrafilter gemäß Lemma 9.1.6,und definiere G n := Z/(n + 1)Z, G := ∏ n∈N G n/U. Sei g ∈ ∏ G n definiert durchg(n) := 1 ∈ G n . Jedes g(n) hat Ordnung n + 1 in G n . Für alle m ∈ N sei ϕ mdefiniert durchϕ m (x) := (x + x + · · · + x = 0).} {{ }m + 1-malNach dem Satz von ̷Loś gilt G ̸|= ϕ m (g/U), da‖ϕ m (g)‖ = { n ∈ I : G n |= ϕ m (g(n)) }endlich und also nach Übung (ii) im Anschluß an Def. 9.1.4 nicht in U enthaltenist. Also ist g/U ein Element von unendlicher Ordnung in der abelschen GruppeG. □Allgemein folgt:Satz 9.3.1. Sei K eine beliebige Klasse von L-Strukturen. Dann gilt: K istelementar genau dann, wenn K abgeschlossen unter Ultraprodukten und elementarerÄquivalenz ist.Beweis. Daß die Elementarität von K Abgeschlossenheit unter Ultraproduktenund elementarer Äquivalenz zur Folge hat, folgt aus Kor. 9.2.6 und der Definitioneiner elementaren Klasse. Sei also umgekehrt K eine unter Ultraproduktenund elementarer Äquivalenz abgeschlossene Strukturklasse. Sei o.B.d.A. K ≠ ∅ undΣ := ⋂ A∈KTh(A). Jedes A ∈ K ist Modell von Σ. Sei B ∈ Mod(Σ), I die Mengealler nichtleeren endlichen Teilmengen von Th(B) =: Φ. Für jedes Ψ ∈ I existiertein Modell A Ψ ∈ K, da sonst, falls etwa Ψ = {ψ 1 , . . . , ψ n }, der Satz ¬( ∧ ni=1 ψ i) zuΣ gehören und in B richtig sein müßte. Wähle für jedes Ψ ∈ I ein solches ModellA Ψ ∈ K. Dem Beweis des Kompaktheitssatzes entnimmt man, daß ein UltrafilterU auf I mit ∏ Ψ∈I A Ψ/U |= Φ existiert. Da K unter Ultraprodukten abgeschlossenist, ist ∏ A ψ /U ∈ K. Aber alle Modelle von Φ sind elementar äquivalent zu B, sodaß ∏ A ψ /U ≡ B, also B ∈ K. Damit Mod(Σ) = K.□Bemerkung 9.3.2. Ein Beispiel einer nichtelementaren Klasse, die unter Ultraproduktenabgeschlossen ist, ist die in Satz 7.10.23 als nichtaxiomatisierbarnachgewiesene Klasse aller Gruppen, die multiplikative Gruppen von Körpern sind(Übung!). Aus Satz 9.3.1 folgt dann, daß es Gruppen G, H gibt, so daß G ≡ H(bzgl. der Sprache {1, ·, −1 } der Gruppen), aber G als multiplikative Gruppe einesKörpers auftritt, H jedoch nicht.Korollar 9.3.3. Genau dann ist eine Klasse von L-Strukturen K endlich axiomatisierbar,wenn sowohl K als auch ∁K := {A : A /∈ K} unter Ultraproduktbildungund elementarer Äquivalenz abgeschlossen sind.Beweis. O.B.d.A. K, ∁K ≠ ∅. Ist K endlich axiomatisierbar, o.B.d.A. K =Mod(ϕ) mit einem L-Satz ϕ, so ist ∁K = Mod(¬ϕ), und sowohl K als auch ∁Ksind unter elementarer Äquivalenz und Ultraprodukten abgeschlossen. Umgekehrt:218


Erfüllen K, ∁K die beiden Abgeschlossenheitseigenschaften, so existiert eine SatzmengeΣ mit K = Mod(Σ), nach Satz 9.3.1. Angenommen, K ist nicht endlich axiomatisierbar.Sei I die Menge der nichtleeren endlichen Teilmengen von Σ. Für jedesΨ ∈ I existiert ein Modell A Ψ ∈ ∁K, nach Annahme. Wie im Beweis des Kompaktheitssatzessieht man wieder, daß ein Ultrafilter U auf I mit A := ∏ Ψ∈I A Ψ/U |= Σexistiert. Also A ∈ K; aber nach Voraussetzung auch A ∈ ∁K wegen A Ψ ∈ ∁K,Widerspruch.□Bemerkung 9.3.4. Kor. 9.3.3 kann man des öfteren verwenden, um die Unmöglichkeiteiner endlichen Axiomatisierung gewisser Strukturklassen zu beweisen, z.B.:Proposition 9.3.5. Die Klasse der reell abgeschlossenen Körper bzgl. der SpracheL = {0, 1, +, −, ·, n teilbar. Wir führen dazu Induktion nach k ∈ N 0und beweisen die Behauptung für alle r ∈ N, α 1 , . . . , α r ∈ F k . Ist k = 0, alsoα i ∈ Q, so ist alles klar. Ansonsten seien γ 1 , . . . , γ s ∈ F k−1 , [F k−1 (γ j ) : F k−1 ] ≤ nfür j = 1, . . . , s mit α i ∈ Q(γ 1 , . . . , γ s ) für alle i = 1, . . . , r gewählt. Dann teilt[Q(α 1 , . . . , α r ) : Q] die Zahlwegen[Q(α 1 , . . . , α r , γ 1 , . . . , γ s ) : Q] = [Q(γ 1 , . . . , γ s ) : Q]Q(α 1 , . . . , α r , γ 1 , . . . , γ s ) ⊇ Q(α 1 , . . . , α r ) ⊇ Qund der Gradformel für endliche Körpererweiterungen. Wir können also von vornherein[F k−1 (α i ) : F k−1 ] ≤ n annehmen, für alle i = 1, . . . , r. Seien nun β 1 , . . . , β t ∈F k−1 mit Irr(α i ; F k−1 ) ∈ Q(β 1 , . . . , β t )[X] für alle i = 1, . . . , r. Dann ist[Q(α 1 , . . . , α i+1 , β 1 , . . . , β t ) : Q(α 1 , . . . , α i , β 1 , . . . , β t )] ≤ nfür alle i = 0, . . . , r − 1, ferner [Q(β 1 , . . . , β t ) : Q] nach Induktionsvoraussetzungnicht durch Primzahlen p > n teilbar, mithin also [Q(α 1 , . . . , α r , β 1 , . . . , β t ) : Q] =:m ein Produkt von Zahlen ≤ n. Nun ist aber m teilbar durch [Q(α 1 , . . . , α r ) : Q]wegenQ(α 1 , . . . , α r , β 1 , . . . , β t ) ⊇ Q(α 1 , . . . , α r ) ⊇ Q,und die Behauptung folgt.— Im Fall r = 1 bedeutet dies: X p − 2, wobei p > n einePrimzahl sei, kann keine Nullstelle in K n besitzen, und K n erfüllt deshalb auch (iv).Sei nun U ein freier Ultrafilter auf N ≥2 und K := ∏ n≥2 K n/U. Mit dem Satz von̷Loś und wegen (i) ist auch K formal reell, und wegen (ii), (iii) reell abgeschlossen.219


Wir sehen, daß ∁RAK nicht unter Ultraprodukten abgeschlossen ist, RAK alsonicht endlich axiomatisiert werden kann.□Ähnlich kann man im Fall der algebraisch abgeschlossenen Körper argumentieren(vgl. [9], Ex. 2.16).Wir wissen, daß L-Strukturen A, B mit isomorphen Ultrapotenzen A I /U ∼ =B I /U elementar äquivalent sind. (Kor. 9.2.7.) Wir kommen nicht umhin, den Leserauf folgenden tiefliegenden Satz von Keisler-Shelah aufmerksam zu machen, derzeigt, daß auch die Umkehrung dieser Aussage gilt:Satz 9.3.6. (Keisler-Shelah’scher Ultrapotenzsatz, [148]) Seien A, B L-Strukturen.Dann sind äquivalent:(i) A ≡ B.(ii) Es gibt I, J und Ultrafilter U, V auf I bzw. J, so daß A I /U ∼ = B J /V.(iii) Es gibt eine Menge I und einen Ultrafilter U auf I mit A I /U ∼ = B I /U. □(Vgl. auch Lemma 9.5.22.) Wir müssen auf einen Beweis dieses schönen Ergebnissesleider verzichten; es sei nur angemerkt, daß uns (iii) ⇒ (ii) klar und (ii) ⇒ (i)bekannt ist. Ein Beweis für (i) ⇒ (iii) findet sich z.B. in [2], [148]. Der Satz vonKeisler-Shelah zeigt also, daß elementare Äquivalenz ”in Wirklichkeit“ keine syntaktischeEigenschaft ist, sondern vollkommen ”algebraisch“ durch Isomorphie vonUltrapotenzen charakterisiert werden kann; für eine weitere algebraische Charakterisierungelementarer Äquivalenz mittels sog. Ehrenfeucht-Fraïssé-Spiele s. [20].In der nachfolgenden Übung untersuchen wir u.a. nochmals das Eingangsbeispielder Faktorgruppenbildung.∏Übung. Sei {K i } i∈I eine Familie von Körpern, I ≠ ∅. Bilde den Ring R :=i∈I K i. Ist U ein Ultrafilter auf I, so betrachteM U := { r ∈ R : ‖r = 0‖ ∈ U } .Beweise:(i) M U ist ein maximales Ideal in R.(ii) Für jedes maximale Ideal m in R existiert ein Ultrafilter U über I mitm = M U .(iii) Es ist R/M U∼ =∏i∈I K i/U.Also sind Ultraprodukte von Körpern genau dasselbe wie Restklassenringe direkterProdukte von Körpern nach maximalen Idealen. Zeige analog für Gruppen: Ist{G i } i∈I eine Familie von Gruppen, so ist ∏ i∈I G i/U isomorph zu einer Faktorgruppedes direkten Produkts der G i . Die Umkehrung gilt in diesem Fall jedoch nicht:Zeige, daß ein direktes Produkt unendlich vieler Gruppen und eine Faktorgruppedesselben existiert, die kein reduziertes Produkt dieser Gruppen ist.Wir beschäftigen uns nun mit der Erzeugung von Ultrapotenzen vorgeschriebenerKardinalität: Ist U ein Ultrafilter auf I und A eine L-Struktur, so ist trivialerweisecard ( A I /U ) ≤ card(A) card(I) ; unter welchen Voraussetzungen an A, I undU gilt hier Gleichheit?Definition 9.3.7. Sei U ein Ultrafilter auf I, κ eine Kardinalzahl.(i) U heißt uniform, wenn für alle M ∈ U gilt: card(M) = card(I).(ii) U heißt unvollständig, wenn es eine abzählbare Teilmenge V ⊆ U gibt mit⋂ V /∈ U.220


(iii) U heißt κ-regulär, wenn es eine Teilmenge V von U der Mächtigkeit κgibt, so daß jede abzählbare Folge {M n } n∈N0 von paarweise verschiedenenMengen aus V leeren Durchschnitt besitzt, d.h. ⋂ n∈N 0M n = ∅. (Dasbedeutet, daß jedes i ∈ I nur in endlich vielen Mengen von V liegt.)(iv) U heißt regulär schlechthin, wenn U κ ′ -regulär für eine Kardinalzahl κ ′ist. (Es ist dann κ ′ ≤ card(U).)Bemerkung 9.3.8. Ein Ultrafilter ist ℵ 0 -regulär d.u.n.d., wenn er unvollständigist.Beweis. Sei U ein Ultrafilter auf I. Aus der ℵ 0 -Regularität von U folgt natürlichdie Unvollständigkeit. Umgekehrt sei U unvollständig und V ⊆ U abzählbarmit ⋂ V /∈ U gewählt. Sei I 0 := I \ ⋂ V; es ist I 0 = ∁ ⋂ V ∈ U nach der Ultrafiltereigenschaft.Sei {I n } n∈N eine Abzählung von V. Sei M n := ⋂ nm=0 I m für n ∈ N 0 ,sowie W := {M n : n ∈ N 0 }. Dann ist W ⊆ U, und für jede unendliche TeilmengeW ′ ⊆ W ist ⋂ W ′ = ∅.□Für Ultrafilter auf abzählbaren Mengen gilt nun:Proposition 9.3.9. Sei U ein Ultrafilter auf der abzählbaren Menge I. Dannsind äquivalent:(i) U ist unvollständig.(ii) U ist ℵ 0 -regulär.(iii) U ist uniform.(iv) U ist frei.Beweis. Die Äquivalenz von (i) und (ii) wurde eben in Bem. 9.3.8 bewiesen.Jeder uniforme Ultrafilter U auf abzählbarem I umfaßt den Fréchet-Filter auf Iund ist daher ℵ 0 -regulär; dies zeigt (iii) ⇒ (ii). Da Hauptultrafilter stets von einereinelementigen Menge erzeugt werden (vgl. Übung nach Def. 9.1.4), muß jeder uniformeUltrafilter über einer unendlichen Menge frei sein; es gilt also (iii) ⇒ (iv). IstU frei, so kann keine endliche Menge in U liegen, denn wäre etwa M ∈ U endlich,wobei |M| minimal mit dieser Eigenschaft gewählt wurde, und N ∈ U mit M ⊈ N,so wäre M ∩ N ∈ U mit |M ∩ N| < |M|, ein Widerspruch; also würde im Widerspruchzur Annahme U = F(M) folgen, und da I nach Voraussetzung abzählbarist, haben wir (iv) ⇒ (iii). Trivialerweise gilt auch (i) ⇒ (iv).□Für Mengen I höherer Mächtigkeit ist die Äquivalenz dieser Aussagen i.a. falsch(vgl. [2]).— Die Existenz κ-regulärer Ultrafilter sichert:Lemma 9.3.10. Zu jeder unendlichen Kardinalzahl κ gibt es eine Menge I derMächtigkeit κ und einen Ultrafilter U auf I, der κ-regulär ist.Beweis. Sei I die Menge aller endlichen Teilmengen von κ und für α ∈ κ〈α〉 := { M ∈ I : α ∈ M } .Die Menge V := {〈α〉 : α ∈ κ} hat die endliche Durchschnittseigenschaft, dennes gilt γ ∈ κ gdw. γ ⊆ κ, da κ insbesondere eine Ordinalzahl ist; sei U nachLemma 9.1.6 ein Ultrafilter auf I, der diese umfaßt. Es ist card(V) = κ, und isti ∈ I, so gibt es α 1 , . . . , α n ∈ κ, n ∈ N mit i = {α 1 , . . . , α n }. Also liegt i nur in denMengen 〈α 1 〉, . . . , 〈α n 〉 aus V. U ist somit κ-regulär.□221


Unsere anfangs gestellte Frage nach der Erzeugung von Ultrapotenzen mit vorgeschriebenerMächtigkeit beantwortet der folgende Satz. Wir erhalten eine hinreichendeBedingung für card ( A I /U ) = card(A) card(I) :Satz 9.3.11. Sei U ein κ-regulärer Ultrafilter auf einer Menge I mit card(I) =κ, wobei κ eine Kardinalzahl sei. Ist A eine unendliche L-Struktur, so istcard ( A I /U ) = card(A) κ .Beweis. Es bleibt nur noch card(A) κ ≤ card ( A I /U ) zu zeigen. Sei gemäßVoraussetzung V ⊆ U so, daß card(V) = κ ist, und jedes i ∈ I lediglich in endlichvielen M ∈ V vorkommt. Offenbar reicht es zu zeigen, daß eine injektive Abbildungι von A V in (A + ) I /U existiert, wobei A + := ⋃ n∈N An ist. ((A + ) I /U ist als dasUniversum einer Ultrapotenz bzgl. der Sprache ∅ zu verstehen.) Nach dem Wohlordnungssatzexistiert eine Totalordnung ≤ auf V. Für jedes i ∈ I sei (M1, i . . . , Mn i i)mit M1 i < · · · < Mn i idie endliche Folge derjenigen M ∈ V, die i enthalten (n i ∈ N).Wir definieren ι(a) für a ∈ A V wie folgt: Sei a ′ ∈ (A + ) I mita ′ (i) := ( a(M i 1), . . . , a(M i n i) ) ∈ A ni ⊆ A + ;setze ι(a) := a ′ /U. Zu zeigen ist, daß für a, b ∈ A V , a ≠ b folgt: ι(a) ≠ ι(b). Seidazu M ∈ V mit a(M) ≠ b(M) gewählt. Aber M kommt für jedes i ∈ M in derFolge (M1, i . . . , Mn i i) vor, es ist also a ′ (i) ≠ b ′ (i). Weil aber M ∈ U ist, folgt nachder Definition der Ultrapotenz ι(a) = a ′ /U ≠ b ′ /U = ι(b).□Gewisse Ultraprodukte erfüllen eine Saturiertheitsbedingung. Wir sprechen davon,daß eine L-Struktur A ℵ 1 -saturiert ist, falls folgendes gilt: Für jede echt aufsteigendeFolge {r n } n∈N natürlicher Zahlen und alle Folgen {ϕ n } n∈N von L-Formelnϕ n (x 1 , . . . , x rn ), für die( n)∧(9.3.49) A |= ∃x 1 · · · ∃x rn ϕ i für alle n ∈ N,i=1existiert eine Folge {a n } n∈N in A, so daßA |= ϕ n (a 1 , . . . , a rn ) für alle n ∈ N.(Hierbei handelt es sich um einen Spezialfall eines wesentlich allgemeineren Begriffs,den man als Kristallisationspunkt der modernen ”abstrakten“ <strong>Modelltheorie</strong>anzusehen hat; vgl. z.B. [8], §10, oder jedes andere <strong>Modelltheorie</strong>buch.)Satz 9.3.12. Sei U ein freier Ultrafilter auf N und {A n } n∈N eine Familie vonL-Strukturen. Dann ist A := ∏ n∈N A n/U ℵ 1 -saturiert.Beweis. Um die Notation zu vereinfachen, nehmen wir — mit den Bezeichnungender Vorbemerkung — an, daß r n = n für alle n ∈ N. Angenommen, es gilt(9.3.49). Dann ist also{( n)}∧M n := m ∈ N : A m |= ∃x 1 · · · ∃x n ϕ i ∈ Ufür jedes n ∈ N. Offensichtlich ist {M n } n∈N eine absteigende Folge von Teilmengenvon N. Da U frei ist, ist stets M ′ n := M n \{1, 2, . . . , n} ∈ U. {M ′ n} n∈N ist eine absteigendeFolge mit leerem Durchschnitt. Definiere nun {a n } n∈N in ∏ A m wie folgt. Istm ∈ M ′ n \ M ′ n+1, so wähle a 1m , . . . , a nm ∈ A m mit A m |= ( ∧ ni=1 ϕ i) (a 1m , . . . , a nm );222i=1


für jedes n ∈ N ist damit a nm für alle m ∈ M n ′ definiert. Für m ∈ N \ M n ′ wählea nm ∈ A m beliebig. Nach dieser Definition ist für alle n ∈ N{m ∈ N : Am |= ϕ n (a 1m , . . . , a nm ) } ∞⋃ (⊇ M′p \ M p+1′ )= M′n .Der Satz von ̷Loś liefert nun A |= ϕ n (a 1 /U, . . . , a n /U) für alle n ∈ N und damit dieBehauptung.□Zusammenfassung von Prop. 9.3.9, Lemma 9.3.10 und der Sätze 9.3.11 und9.3.12 ergibt:Korollar 9.3.13. Sei A eine unendliche L-Struktur. Dann existiert eine bzgl.der Sprache L(A) ℵ 1 -saturierte, echte elementare Erweiterung von A der FormA I /U, wobei U ein regulärer Ultrafilter auf der abzählbaren Menge I ist. □p=nDie nachfolgende Übung behandelt iterierte Ultrapotenzbildung.Übung. Sei U 1 Ultrafilter auf I 1 , U 2 Ultrafilter auf I 2 undU 1 × U 2 := { M ∈ 2 I1×I2 : { i 2 ∈ I 2 : { i 1 ∈ I 1 : (i 1 , i 2 ) ∈ M } ∈ U 1}∈ U2}.Man zeige:(i) U 1 × U 2 ist ein Ultrafilter auf I 1 × I 2 .(ii) Für jede L-Struktur A ist ( A I1 /U 1) I2/U2 ∼ = AI 1×I 2/U 1 × U 2 .9.4. Löwenheim-Skolem-Sätze und KategorizitätWir wenden uns nun dem Problem der Konstruktion möglichst kleiner und großerelementarer Substrukturen bzw. Erweiterungen (vgl. auch Satz 9.3.11, Kor. 9.3.13)zu.— Zunächst zum Kleinen: Angenommen, A ist eine L-Struktur, und C ⊆ A. Existierendann ”kleine“ elementare Unterstrukturen B von A, die die Menge C enthalten?Wir wissen, daß es für C ≠ ∅ oder im Falle, daß L eine Konstante enthält,eine eindeutig bestimmte kleinste Substruktur von A gibt, die C umfaßt, nämlichdie von C in A erzeugte Unterstruktur 〈C〉 A . Da jedes Element von B := 〈C〉 Adurch einen konstanten Term in L(C) dargestellt werden kann, ist die Mächtigkeitvon C kleiner oder gleich der Mächtigkeit der Menge der konstanten L(C)-Terme,also, wie man sich leicht überlegt, card(B) ≤ max(card(L), card(C)). Der Satz vonLöwenheim-Skolem in seiner ”Abwärts“-Variante [98], [151] besagt nun, daß esstets eine elementare Substruktur B von A gibt mit C ⊆ B und dieser Kardinalitätsbeschränkung.Jedoch gibt es keine kanonische Konstruktion von B in diesemFall: Wir haben nur einen reinen Existenzbeweis, basierend auf dem Auswahlaxiom.(Der Kompaktheitssatz wird hier noch nicht benützt.)Satz von Löwenheim-Skolem ”abwärts“. Sei A eine L-Struktur, C ⊆ A.Für jede Kardinalzahl κ mit max(card(L), card(C)) ≤ κ ≤ card(A) existiert eineelementare Substruktur B von A mit B ⊇ C und card(B) = κ.Beweis. Für jede Teilmenge D ⊆ A sei Φ D die Menge aller L(D)-Sätze derForm ∃x(ϕ(x)) mit (A, D) |= ∃x(ϕ(x)). Zu jedem solchen Satz wähle per Auswahlaxiomein Element a ϕ ∈ A mit (A, A) |= ϕ(a ϕ ). Sei D ′ die Menge aller dieserElemente a ϕ für ∃x(ϕ(x)) ∈ Φ D . Dann istcard(D ′ ) ≤ card(Φ D ) ≤ max(card(L), card(D)).223


Für jedes d ∈ D ist der Satz ∃x(x = d) in Φ D und somit d = a (x=d)∈ D ′ ,also D ′ ⊇ D. Wähle nun C ′ als eine Menge der Mächtigkeit κ mit C ⊆ C ′ ⊆ A.Wir definieren induktiv eine aufsteigende Folge {C i } i∈N0 von Teilmengen von Adurch C 0 := C ′ , C i+1 := (C i ) ′ . Dann ist für alle i ∈ N 0 stets card(C i ) = κ, alsoauch card(B) = κ für B := ⋃ i∈N 0C i . Um nachzuweisen, daß B Trägermenge einerSubstruktur B von A mit B ⊆ A ist, wenden wir Kor. 3.2.3 des Tarski-Vaught-Tests an: Sei ∃x(ϕ(x)) ein L(B)-Satz und (A, B) |= ∃x(ϕ(x)). Da ϕ nur endlichviele Namen von Elementen aus B enthält, ist ϕ in L(C j ) für ein j ∈ N 0 und somit∃x(ϕ(x)) ∈ Φ Cj . Also A |= ϕ(a ϕ ) und a ϕ ∈ C j+1 ⊆ B.□Beispiel. Der Körper R als L-Struktur bzgl. L = {0, 1, +, −, ·} hat eine abzählbareelementare Substruktur.Das Gegenstück ”im Großen“ zu diesem Satz liefert uns die Anwendung desKompaktheitssatzes. (Oft auch: ”Satz von Löwenheim-Skolem-Tarski“, [164].)Satz von Löwenheim-Skolem ”aufwärts“. Sei A eine unendliche L-Strukturund κ eine Kardinalzahl mit κ ≥ card(A)+card(L). Dann hat A eine elementareErweiterung B der Mächtigkeit κ.Beweis. Erweitere die Sprache L(A) um eine Menge C ′ neuer Konstantensymbolemit card(C ′ ) = κ zu L(A∪C ′ ). Sei Σ die folgende Menge von L(A∪C ′ )-Sätzen:Σ := Th(A, A) ∪ { (c 1 ≠ c 2 ) : c 1 , c 2 ∈ C ′ , c 1 ≠ c 2}Sei Σ ′ ⊆ Σ endlich und c 1 , . . . , c n alle in Σ ′ vorhandenen Konstantensymbole ausC ′ . Dann kann man offenbar (A, A) zu einem Modell A ′ von Σ ′ erweitern, indemman die c 1 , . . . , c n durch verschiedene Elemente c A′i von A interpretiert (für i =1, . . . , n). Nach dem Kompaktheitssatz hat Σ ein Modell D ∗ ; sei D := D ∗ |L. NachKonstruktion ist card(D) ≥ κ, ferner nach isomorpher Korrektur A ≼ D. NachLöwenheim-Skolem abwärts können wir eine elementare Substruktur B von D derKardinalität κ finden mit B ⊇ A. Da A ≼ D, B ≼ D, A ⊆ B, folgt A ≼ B. □Korollar 9.4.1. Sei Σ eine konsistente L-Satzmenge. Σ hat ein Modell miteiner Mächtigkeit ≤ card(L). Hat Σ ein unendliches Modell, so auch eines in jederMächtigkeit ≥ card(L).Beweis. Wähle A |= Σ. Jedes endliche Modell von Σ hat eine Mächtigkeit< card(L). Hat Σ nur unendliche Modelle, so wähle zunächst mit Löwenheim-Skolem-Tarski eine L-Struktur B |= Σ mit card(B) = card(A) + card(L), alsdannmit Löwenheim-Skolem abwärts“ eine elementare Substruktur von B der Mächtigkeitcard(L). Dies zeigt den ersten Teil der Behauptung; der zweite folgt daraus”mit Löwenheim-Skolem aufwärts“ wegen card(L) + card(L) = card(L). □”Übung. Sei A eine L-Struktur. Man zeige die Äquivalenz der folgenden beidenAussagen:(i) Für alle B ≡ A gilt B ∼ = A.(ii) A ist endlich.Folgere daraus, daß für eine vollständige Satzmenge Σ gilt: Σ hat genau dann einendliches Modell, wenn es bis auf Isomorphie nur ein Modell besitzt.Der Satz von Löwenheim-Skolem aufwärts zeigt, daß es zu jeder unendlichen L-Struktur A eine elementar äquivalente L-Struktur B gibt, die größere Mächtigkeit224


als A besitzt und also nicht zu A isomorph sein kann. Betrachte etwa das System N 0der natürlichen Zahlen inklusive der Null. Es wird üblicherweise als eine StrukturN 0 = (N 0 , 0, s, +, ·) bzgl. der Sprache L = {0, s, +, ·} aus der Konstanten 0, demunären und den beiden binären Operationssymbolen s bzw. +, · definiert, die diefolgenden Axiome erfüllt:(i) ∀x ( s(x) ≠ 0 )(ii) ∀x∀y ( s(x) = s(y) → x = y )(iii) (Induktionsaxiom) Ist M eine Teilmenge von N 0 mit den Eigenschaften0 ∈ M und ∀x ( x ∈ M → s(x) ∈ M ) , so M = N 0 .(iv) ∀x(x + 0 = 0)(v) ∀x∀y ( x + s(y) = s(x + y) )(vi) ∀x(x · 0 = 0)(vii) ∀x∀y ( x · s(y) = (x · y) + x )(Die Axiome (i)–(iii) sind die bekannten Peano-Axiome, (iv)–(vii) die rekursive Definitionder Addition und Multiplikation.) Man weist in der Tat leicht nach, daßdiese Axiome (in der Tat schon die Peano-Axiome bzgl. der eingeschränkten Sprache{0, s} allein) die gewohnte Struktur N 0 der natürlichen Zahlen mit s als Nachfolgerfunktionund 0, +, · in ihrer gewohnten Bedeutung bis auf Isomorphie eindeutigfestlegen. Das Induktionsaxiom (iii), so wie es hier formuliert wurde, ist offensichtlichkein Satz der Logik erster Stufe, beinhaltet es doch eine Quantifizierung überalle Teilmengen von N 0 . Wir könnten also versuchen, es durch eine Menge vonSätzen erster Stufe zu ersetzen, welche nur die Teilmengen M von N 0 betreffen, diedurch eine L-Formel ϕ(x) definiert werden können. Dies führt zur folgenden Mengevon Sätzen in L:J := {( ϕ(0) ∧ ∀x(ϕ(x) → ϕ(s(x)))) → ∀x(ϕ(x) ) : ϕ(x) ∈ Fo L}Dann sind (i), (ii), (iv)–(vii) und das Induktionsschema J in Th(N 0 ) enthalten;man nennt PA := { (i),(ii),(iv), . . . , (vii) } ∪ J das Axiomensystem für die Peano-Arithmetik und Th(N 0 ) die volle Zahlentheorie erster Stufe. Mit dem Satz vonLöwenheim-Skolem aufwärts folgt nun, da das Standardmodell N 0 von Th(N 0 ) unendlichist:Korollar 9.4.2. (Skolem, [152]) Die volle Zahlentheorie erster Stufe — unddamit auch PA — besitzt Nichtstandard-Modelle, d.h. Modelle, die nicht isomorphsind zum Standardmodell der natürlichen Zahlen.□Dies zeigt, daß das System PA der Peano-Arithmetik echt schwächer ist alsdas System (i)–(vii). Ferner zeigt das gleiche Argument, daß die Peano-Axiomezusammen mit (iv)–(vii) nicht durch eine Menge von Sätzen erster Stufe in irgendeinerErweiterung L ′ der Sprache L ersetzt werden können. Wir haben also einBeispiel eines Satzes zweiter Stufe, nämlich das Induktionsaxiom, der nicht durcheine Menge von Sätzen in der ersten Stufe ersetzt werden kann.Nachfolgende Übung kann als Ausgangspunkt der Nichtstandard-Analysis angesehenwerden ([11], Anhang I):Übung. Sei L = {0, 1, +, −, ·,


heißt schlechthin kategorisch, falls Σ bis auf Isomorphie überhaupt nur ein Modellhat.Beispiele.(i) Die Theorie der linearen Ordnungen bzgl. {


Ein berühmtes Beispiel ist:Satz 9.4.7. (Cantor) Die Theorie von DLO, der Klasse der dichten linearenOrdnungen ohne Randpunkte, ist ℵ 0 -kategorisch bzgl. L = {


ist, ist Φ ′ nach Kompaktheitssatz erfüllbar; sei E ein Modell von Φ ′ , D R := E|L R ,D := D R |L.Da D R ≡ B R , existiert eine L-Struktur C mit C = R DR , C ⊆ D; mit einemAnalogon von (9.4.52) für D anstelle von B und C für A folgt C |= Σ.Wegen dem Satz von Löwenheim-Skolem abwärts“ und κ ≥ card(L) können”wir o.B.d.A. card(C) = κ annehmen. Nun existiert eine existentiell abgeschlosseneStruktur der Mächtigkeit κ in K. (Ist C ′ ⊇ C mit C ′ ∈ E(K), so wähle mitLöwenheim-Skolem abwärts“ C ′′ ≼ C ′ , card(C ′′ ) = κ; nach (G3 ′” 1) ist C ′′ ∈ E(K);ein solches C ′ existiert wegen der Konfinalität von E(K) in K.) Es folgt C ∈ E(K)wegen der vorausgesetzten κ-Kategorizität von Σ; für jedes Tupel c aus C gilt:D |= ϕ(c) impliziert C |= ϕ(c). Dies widerspricht wegen D R ≡ B R der Tatsache(9.4.51). □Beispiel. Die Klasse der unendlichen elementar-abelschen p-Gruppen (p prim)ist modellvollständig.Weiteres über Kategorizität, insbesondere ℵ 0 -kategorische Theorien, findet sichbei [8].9.5. Topologisches zum Raum der ModelleIn diesem Abschnitt betrachten wir die Klasse aller Strukturen einer festen Spracheder Logik erster Stufe. Wir werden feststellen, daß diese in natürlicher Weisetopologisiert werden kann; insbesondere wird sich dann klären, was es mit der Bezeichnung”Kompaktheitssatz“ auf sich hat.Zunächst müssen wir uns eingehender mit Booleschen Algebren beschäftigen.Wir verallgemeinern den Begriff des Filters von dem Spezialfall eines auf einerMengenalgebra definierten Filters, wie wir ihn bislang aufgefaßt haben, zu Filtern,die auf beliebigen Booleschen Algebren definiert sind. Wir bezeichnen dabei diekanonische Halbordnung auf einer Booleschen Algebra (B, 0, 1, ⊓, ⊔, ∗ ) mit ⊑, d.h.es gelte a ⊑ b genau dann, wenn a ⊔ b = b, für alle a, b ∈ B. Alle BooleschenAlgebren seien hinfort nichttrivial, d.h. es gelte 0 ≠ 1.Definition 9.5.1. Sei B eine Boolesche Algebra. Eine nichtleere TeilmengeF ⊆ B heißt Filter auf B, falls folgende drei Bedingungen erfüllt sind:(BF1) 0 /∈ F.(BF2) Wenn a, b ∈ F, so a ⊓ b ∈ F.(BF3) Wenn a ∈ F, b ∈ B und a ⊑ b, so b ∈ F.Gelten für ∅ ≠ F ⊆ B die Eigenschaften (BF2), (BF3), nicht aber (BF1), so heißtF ein unechter Filter. Ist b ≠ 0, so bezeichneF(b) := {a ∈ B : b ⊑ a}den von b erzeugten Hauptfilter von B. Filter, die keine Hauptfilter sind, heißen frei.Ein Filter F von B ist ein Ultrafilter von B, falls entweder a ∈ F oder a ∗ ∈ F füralle a ∈ B. Ein Ultrafilter, der gleichzeitig Hauptfilter ist, heißt ein Hauptultrafilter.Bemerkungen. Sei B eine Boolesche Algebra.(i) Für jeden Filter F von B ist 1 ∈ F.(ii) Erfüllt eine nichtleere Teilmenge F ⊆ B Axiom (BF3), so ist (BF1)äquivalent mit F ≠ B.Dual zum Begriff des Filters ist der eines Ideals erklärt:228


Definition 9.5.2. Sei B eine Boolesche Algebra. Eine nichtleere TeilmengeI ⊆ B heißt ein Ideal von B, falls folgende drei Bedingungen erfüllt sind:(BI1) 1 /∈ I.(BI2) Wenn a, b ∈ I, so a ⊔ b ∈ I.(BI3) Wenn a ∈ B, b ∈ I und a ⊑ b, so a ∈ I.Gelten für ∅ ≠ I ⊆ B die Eigenschaften (BI2), (BI3), nicht aber (BI1), so heißt Iein unechtes Ideal. Ist b ≠ 1, so bezeichneI(b) := {a ∈ B : b ⊒ a}das von b erzeugte Hauptideal von B. Ideale, die keine Hauptideale sind, nennt manfrei. Ein Ideal I von B ist ein Primideal von B, falls entweder a ∈ I oder a ∗ ∈ Ifür alle a ∈ B.Übung. Man zeige, daß man jede Boolesche Algebra B als kommutativen Ringauffassen kann vermöge der Definitiona · b := a ⊓ b, a + b := (a ∗ ⊓ b) ⊔ (a ⊓ b ∗ ), −a := a (a, b ∈ B).Derart entstehende Ringe nennt man Boolesche Ringe. Zeige für eine nichtleereTeilmenge I ⊆ B:(i) I ist ein echtes Ideal im Ringsinn genau dann, wenn I ein Ideal im Sinneder Booleschen Algebra ist.(ii) I ist ein Primideal im Ringsinn genau dann, wenn I ein Primideal imSinne der Booleschen Algebra ist.(iii) I ist ein Ideal (Primideal) genau dann, wenn I ∗ := {a ∈ B : a ∗ ∈ I} einFilter (Ultrafilter) ist.Dies klärt formal den Zusammenhang z.B. zwischen den Lemmata 9.1.6, 9.1.7 undden entsprechenden Aussagen der Ringtheorie.Die in §9.1 bewiesenen Aussagen über Filter und Ultrafilter, v.a. Def. 9.1.5 undLemma 9.1.6 können mutatis mutandis auf den Fall beliebiger Boolescher Algebrenverallgemeinert werden, wie sich der Leser leicht überzeugt; durch Dualisierungerhält man entsprechende Aussagen über Ideale und Primideale in BooleschenAlgebren.—Stoneschen Räumen sind wir schon in §7.6 begegnet (vgl. Def. 7.6.3). Wir werdennun zeigen, daß zwischen Stoneschen Räumen und Booleschen Algebren ein engerZusammenhang besteht, die sog. Stone-Dualität. Zu einem Stone-Raum (S, O)sei B(S) ⊆ O die Boolesche Mengenalgebra der offen-abgeschlossenen Teilmengenvon S. Ist umgekehrt (B, 0, 1, ⊓, ⊔, ∗ ) eine Boolesche Algebra, so sei S(B) die Mengealler Ultrafilter auf B; wir versehen S(B) mit einer Topologie, indem wir dieMengen〈a〉 := {p ∈ S(B) : a ∈ p} (a ∈ B)als Basis offener Mengen zugrundelegen. (Es handelt sich tatsächlich um eine Basis,da ⋃ a∈B〈a〉 = S(B) wegen 〈1〉 = S(B) und 〈a〉 ∩ 〈b〉 = 〈a ⊓ b〉 für a, b ∈ B.) S(B)heißt der Stonesche Raum von B, und dies zurecht [155]:Stonescher Repräsentationssatz. Sei B eine Boolesche Algebra, S einStonescher Raum.(i) S(B) ist ein Stonescher Raum.(ii) B(S) ist eine Boolesche Mengenalgebra.(iii) Es ist B ∼ = B(S(B)) unter der Abbildung b ↦→ 〈b〉.229


(iv) Es ist S homöomorph zu S(B(S)) unter der Abbildung p ↦→ F({p}).(v) Genau dann ist B (bzw. B(S)) atomfrei, wenn S(B) (bzw. S) keine isoliertenPunkte besitzt.(Wir haben F({p}) für die Menge {b ∈ B(S) : p ∈ b} geschrieben, auch wenn{p} i.a. kein Element von B(S) ist.)Beweis. (ii) ist trivial. Zu (i): Es ist S(B) ≠ ∅, da B nichttrivial, nach derVerallgemeinerung von Lemma 9.1.6. S(B) hat eine Basis von offen-abgeschlossenenMengen, da S(B) \ 〈b〉 = 〈b ∗ 〉 für alle b ∈ B. Ferner ist S(B) Hausdorffsch, da esfür alle p ≠ p ′ aus S(B) ein b ∈ B gibt mit p ∈ 〈b〉 und p ′ ∈ 〈b ∗ 〉. Zum Nachweis derKompaktheit sei eine Überdeckung S(B) = ⋃ i∈I 〈b i〉 von S(B) mit offenen Mengen〈b i 〉 gegeben. Nun ist aber(9.5.53) ∅ = S(B) \ ⋃ i∈I〈b i 〉 = ⋂ i∈IS(B) \ 〈b i 〉 = ⋂ i∈I〈b ∗ i 〉.Gibt es endlich viele i 1 , . . . , i n ∈ I, so daß schon 〈b ∗ i 1〉 ∩ · · · ∩ 〈b ∗ i n〉 = ∅, so sind wirfertig. Ansonsten muß b ∗ i 1⊓· · ·⊓b ∗ i n ≠ ∅ sein für je endlich viele i 1 , . . . , i n ∈ I, nachder Verallgemeinerung von Lemma 9.1.6 existiert damit ein Ultrafilter p von B, deralle b ∗ i mit i ∈ I enthält, also p ∈ ⋂ i∈I 〈b∗ i 〉, im Widerspruch zu (9.5.53). Also istS(B) kompakt, und (i) ist bewiesen.Zu (iii): Daß b ↦→ 〈b〉 eine wohldefinierte Abbildung B → B(S(B)) ist, ist klar,ebenso, daß sie einen Homomorphismus Boolescher Algebren darstellt. Ferner ist siesurjektiv, denn ist M ⊆ S(B) offen-abgeschlossen, also M = ⋃ i∈I 〈b i〉 für gewisseb i ∈ B, so ist wegen der Abgeschlossenheit M auch kompakt, man kann also o.E. Ials endlich annehmen, so daß M = 〈 ⊔ i∈I b i〉. Sie ist zudem injektiv: Denn sindb ≠ b ′ , o.B.d.A. b ⋢ b ′ , so wähle p ∈ 〈b ⊓ b ′∗ 〉 gemäß Lemma 9.1.6; es ist p ∈ 〈b〉,p /∈ 〈b ′ 〉, also 〈b〉 ≠ 〈b ′ 〉.Zu (iv): Zunächst ist die Wohldefiniertheit von p ↦→ F({p}) zu beweisen,d.h. daß F({p}) ein Ultrafilter auf B(S) ist; dies ist aber unmittelbar einsichtig.Zur Surjektivität sei U ein Ultrafilter auf B(S) und a := ⋂ b∈Ub. Es ist a ≠ ∅, dafür je endlich viele der abgeschlossenen Mengen b 1 , . . . , b n ∈ U gilt b 1 ∩ · · · ∩ b n ≠ ∅wegen der Filtereigenschaft von U, und S kompakt ist; zudem ist a einelementig,weil S Hausdorffsch ist. Also a = {p} für ein p ∈ S und also U = F({p}). Ferner istdie Zuordnung injektiv, wieder wegen der Hausdorff-Eigenschaft von S. Sie führtoffene Mengen in offene Mengen und abgeschlossene in abgeschlossene über, ist alsoein Homöomorphismus.Zu (v): Sei B atomfrei, d.h. zu jedem b ∈ B, b ≠ 0 existiere ein a ∈ B, a ≠ 0mit a ≠ b, a ⊑ b. Angenommen, p ∈ S(B) sei ein isolierter Punkt, d.h. {p} offenin S(B), also {p} = 〈b〉 für ein b ∈ B. Damit ist aber a ∈ P für alle a ∈ B mit0 ⊏ a ⊏ b. (Denn es gibt nach 9.1.6 einen Ultrafilter auf B, der a enthält, und soein Ultrafilter enthält auch b und muß damit gleich p sein.) Wähle ein solches agemäß der Atomfreiheit von B. Damit ist auch 0 ⊏ a ∗ ⊓ b ⊏ b, also a ∗ ⊓ b ∈ p.Andererseits ist aber a ∗ ⊓ b ⊏ a ∗ , und es folgt a ∗ ∈ p, Widerspruch. Umgekehrt seiS(B) ohne isolierte Punkte und b ∈ B\{0} ein Atom von B. Wähle einen Ultrafilterp von B mit b ∈ p nach Lemma 9.1.6. Dann betrachte 〈b〉; ist p ′ ≠ p aus 〈b〉 undo.B.d.A. p ⊈ p ′ , etwa a ∈ p \ p ′ , a ≠ 0, so ist wegen a ⊓ b ⊑ b entweder a ⊓ b = b,also b ⊑ a und somit a ∈ p ′ , oder aber 0 = a ⊓ b ∈ p, beidesmal ein Widerspruch.Damit ist {p} = 〈b〉, also p ein isolierter Punkt von S(B).□230


Insbesondere besagt dieser Satz, daß jede Boolesche Algebra B isomorph ist zueiner gewissen Mengenalgebra, nämlich B(S(B)) ist; diese wird das zweite Dual zuB genannt.Übung. Bilden B( · ) und S( · ) eine Galois-Verbindung?Bemerkung. Für den mit der Kategorientheorie vertrauten Leser merken wiran, daß sogar folgender weitergehende Zusammenhang zwischen Booleschen Algebrenund Stoneschen Räumen zutrifft: Bezeichnet man mit B die Kategorie derBooleschen Algebren und ihrer Homomorphismen und mit S die Kategorie der StoneschenRäume und stetigen Abbildungen zwischen ihnen, und definiert man füreinen Homomorphismus h: B → B ′ Boolescher Algebren die AbbildungS(h): S(B ′ ) → S(B) durch p ↦→ h −1 (p)und für eine stetige Abbildung f : S → S ′ zwischen Stoneschen Räumen die AbbildungB(f): B(S ′ ) → B(S) durch M ↦→ f −1 (M),so erhält man wohldefinierte stetige Abbildungen S(h) und Homomorphismen B(f).Damit sind S : B → S und B : S → B kontravariante Funktoren, und es gilt:S : B → S ist eine Dualität (auch Antiäquivalenz genannt) zwischen den KategorienB und S, m.a.W. es gilt:(i) S ist volltreu, d.h. für jedes Paar von Objekten B, B ′ aus B ist dieAbbildungHom(B, B ′ ) → Hom(S(B ′ ), S(B)), h ↦→ S(h)bijektiv.(ii) Jedes Objekt S aus S ist zu einem Objekt der Form S(B) mit B aus Bisomorph.(Analog für B : S → B.)Wir erhalten jetzt auch leicht ein Beispiel für einen Cantorschen Raum C,d.h. einen Stoneschen Raum ohne isolierte Punkte, wie wir ihn in §7.6 benötigten:Man wähle einfach eine atomfreie Boolesche Algebra, etwa die von allen halboffenenIntervallen [a; b[ mit 0 ≤ a ≤ b ≤ ∞ in Q ≥0 erzeugte Boolesche Algebra B, undsetze C := S(B).Wichtige Beispiele Boolescher Algebren sind in unserem Zusammenhang diefolgenden: Sei L eine Sprache der Prädikatenlogik, Sa L die Menge der Sätze von Lund ∼ die Relation der logischen Äquivalenz auf Sa L . ∼ ist eine Kongruenzrelationauf der Struktur (Sa L , 0, 1, ∧, ∨, ¬), wobei 0 := ∃x(x ≠ x) und 1 := ∀x(x = x).Schreiben wir ϕ/∼ für die Äquivalenzklasse von ϕ ∈ Sa L bzgl. ∼, so bildet alsoB L := (Sa L /∼, 0/∼, 1/∼, ∧, ∨, ¬) als Quotientenstruktur von (Sa L , 0, 1, ∧, ∨, ¬)nach ∼ eine Boolesche Algebra, die Lindenbaum-Tarski-Algebra von L. Es gilt offenbar(vgl. §2.7):Proposition 9.5.3. Die L-Theorien entsprechen genau den Filtern von B L ,die vollständigen L-Theorien genau den Ultrafiltern von B L .□Wir sind nun in der Lage, eine topologische Formulierung des Kompaktheitssatzeszu geben. Dazu betrachten wir auf syntaktischer Ebene den Stone-Raum S Lzu B L , also S L = S(B L ), den man auch den Raum aller Interpretationen nennt. S L231


ist die Menge aller vollständigen L-Theorien und besitzt eine Basis von offen-abgeschlossenenMengen der Form 〈ϕ〉 = {Φ ∈ S L : ϕ ∈ Φ} mit ϕ ∈ Sa L ; die offenenMengen dieses Raums sind genau die der Form ⋃ ϕ∈Σ 〈ϕ〉 für ein Σ ⊆ Sa L, die abgeschlossenenMengen sind umgekehrt genau die der Form ⋂ ϕ∈Σ 〈ϕ〉 für Σ ⊆ Sa L.Ferner gilt:Proposition 9.5.4. Die Zuordnung ⋂ ϕ∈Σ 〈ϕ〉 ↦→ Σ|= = {ψ ∈ Sa L : Σ |= ψ}ist eine Bijektion zwischen den nichtleeren abgeschlossenen Teilmengen von S L undden L-Theorien.Beweis. Übung.□Der Raum S L spiegelt also nicht nur die vollständigen, sondern alle L-Theorienwider. Auf semantischer Ebene betrachten wir die Klasse Mod L aller L-Strukturen.Wir topologisieren sie, indem wir die elementaren Klassen Mod(ϕ) mit ϕ ∈ Sa L alsoffene Basisklassen deklarieren; diese sind auch abgeschlossen, da ja stetsMod L \ Mod(ϕ) = Mod(¬ϕ) für ϕ ∈ Sa L .Die abgeschlossenen Klassen bzgl. dieser Topologie sind genau die elementarenKlassen. Man nennt den so entstehenden nulldimensionalen topologischen Raumden Raum der Modelle. Wir wollen festhalten, daß Mod L kein Hausdorff-Raum ist:Man betrachte zwei L-Strukturen A, B mit A ≡ B, aber A ≁ = B. (Solche existierenstets nach dem Satz von Löwenheim-Skolem-Tarski.) Für alle L-Sätze ϕ gilt dann:A ∈ Mod(ϕ) gdw. B ∈ Mod(ϕ). A und B können also nicht getrennt werden.Den Zusammenhang zwischen den topologischen Räumen Mod L und S L zeigt:Lemma 9.5.5. Es ist S L∼ = ModL /≡.Beweis. Wir betrachten die Abbildung q : Mod L → S L , A ↦→ Th(A). Danngilt für jede abgeschlossene Teilmenge M = ⋂ ϕ∈Σ 〈ϕ〉 von S L (Σ ⊆ Sa L )q −1 (M) = {A : Th(A) ∈ M} = {A : Σ ⊆ Th(A)} = Mod(Σ).q ist also stetig, und es gilt q(A) = q(B) gdw. A ≡ B. Daraus folgt, daß S L∼ =Mod L /≡.□Die Quotientenbildung nach ≡ läßt also gerade einen Hausdorff-Raum entstehen.—Eine topologische Verkleidung des Kompaktheitssatzes lautet nun wie folgt.(Nach Tarski, [166]; mit der Topologisierung der Aussagenlogik hatte sich Tarskischon 1935 beschäftigt: [163]):Satz 9.5.6. (Kompaktheitssatz, topologische Form) S L und Mod L sind kompakt.Beweis. Für S L ist dies klar nach dem Stoneschen Repräsentationssatz; fürMod L folgt es unmittelbar aus Lemma 9.5.5.□Formuliert man die Kompaktheit etwa von S L explizit aus, so sieht man, daßsich genau die Aussage des landläufigen ”Kompaktheitssatzes“ (man sollte bessersagen: ”Endlichkeitssatzes“) ergibt; wir haben also den Kompaktheitssatz ausder Stone-Dualität bewiesen. Umgekehrt zeigt man leicht, daß Satz 9.5.6 aus demKompaktheitssatz folgt.232


Korollar 9.5.7. Die offen-abgeschlossenen Mengen von S L sind genau die derForm 〈ϕ〉 für L-Sätze ϕ. Die offen-abgeschlossenen Klassen von Mod L sind genaudie der Form Mod(ϕ) für L-Sätze ϕ. (Insbesondere ist eine elementare Klasse endlichaxiomatisierbar d.u.n.d., wenn auch ihr Komplement in Mod L axiomatisierbarist.)Beweis. In jedem nulldimensionalen kompakten Raum (X, O) mit offen-abgeschlossenenBasismengen O i (i ∈ I) gilt: Ist U ⊆ X offen-abgeschlossen, soU = ⋃ j∈J O j für ein J ⊆ I, und wegen der Kompaktheit von (X, O) ist U als abgeschlossseneMenge auch kompakt, also U = O j1 ∪· · ·∪O jn für gewisse j 1 , . . . , j n ∈ J.Da in unseren beiden Fällen das zugrundegelegte System der offen-abgeschlossenenBasismengen jeweils unter endlicher Vereinigung abgeschlossen ist, folgt die Behauptung.□Übung. Man zeige, daß eine vollständige L-Theorie Φ genau dann endlichaxiomatisierbar ist, wenn sie als Punkt im Raum S L isoliert liegt.Definition 9.5.8. Ein topologischer Raum (X, O) heißt normal, wenn er dieAlexandroff-Hopfschen Trennungsaxiome T 1 und T 4 erfüllt:(T 1 ) Jede einelementige Menge ist abgeschlossen.(T 4 ) Je zwei disjunkte abgeschlossene Mengen besitzen disjunkte offene Umgebungen.Wir betrachten auch folgende stärkere Version von T 4 :(T ′ 4) Je zwei disjunkte abgeschlossene Mengen besitzen disjunkte offen-abgeschlosseneUmgebungen.Proposition 9.5.9. Jeder nulldimensionale kompakte Raum erfüllt T ′ 4 und alsoT 4 . Jeder nulldimensionale Hausdorffraum (insbesondere also jeder Stoneraum) istT 1 und T ′ 4, also normal.Beweis. Sei (X, O) nulldimensional kompakt, und seien U, V ⊆ X disjunkteabgeschlossene Mengen, o. E. beide nichtleer. Es ist ∁V offen, um jeden Punkt x ∈ Uexistiert also eine offen-abgeschlossene Umgebung U x ⊆ ∁V ; da U als abgeschlosseneTeilmenge des kompakten Raums X selbst kompakt ist, überdecken schon endlichviele davon U, und wir erhalten eine offen-abgeschlossene Menge U ′ mit U ⊆ U ′ ⊆∁V , also in U ′ und V ′ := ∁U ′ die gesuchten trennenden Umgebungen. Ist (X, O)darüber hinaus Hausdorffsch, so auch normal, da in jedem Hausdorffraum T 1 gilt.□Korollar 9.5.10. Mod L ist T 4 , aber nicht normal. S L ist normal.Mit Kor. 9.5.7 folgt ferner:Korollar 9.5.11. (Trennungslemma) Sind K, K ′ elementare Teilklassen derKlasse Mod L mit K ∩ K ′ = ∅, so existiert ein L-Satz ϕ mit K ⊆ Mod(ϕ), K ′ ⊆Mod(¬ϕ). (ϕ trennt K und K ′ .)□Lemma 9.5.12. Seien L ⊆ L + Sprachen der Logik erster Stufe. Die Abbildungist stetig, ebensoπ = π L+L : Mod L + → Mod L , A ↦→ A|Lσ = σ L+L : S L + → S L , Φ ↦→ Φ ∩ Sa L .233□


Beweis. Nur für π (für σ analog): Ist K = Mod(Σ) ⊆ Mod L mit Σ ⊆ Sa L , soist π −1 (K) = Mod(Σ) ⊆ Mod L +, also abgeschlossen; π ist stetig.□Proposition 9.5.13. Sei (X, O) ein kompakter Raum, (X ′ , O ′ ) ein Hausdorffraum,und f : X → X ′ eine stetige Abbildung. Dann ist f abgeschlossen.Beweis. Sei A ⊆ X eine abgeschlossene Teilmenge; A ist kompakt, und daBilder kompakter Teilmengen unter stetigen Abbildungen wieder kompakt sind,auch f(A). Da (X ′ , O ′ ) Hausdorffsch ist, sind alle kompakten Teilmengen von X ′abgeschlossen. Also ist f(A) abgeschlossen in X ′ .□Korollar 9.5.14. Die Abbildungen σ aus Lemma 9.5.12 und q aus dem Beweisvon Lemma 9.5.5 sind stetig und abgeschlossen.□Definition 9.5.15. Eine Klasse K von L-Strukturen heißt pseudoelementar,falls eine Sprache L + ⊇ L und eine elementare Klasse K + von L + -Strukturenexistieren mit K = π L+L (K+ ).Bemerkung 9.5.16. Strukturklassen kann man offenbar in kanonischer Weiseals Kategorien auffassen (mit den Homomorphismen der zugehörigen Sprache alsMorphismen). Damit induziert πLL+ vermögeHom(A, B) → Hom(A|L, B|L) = Hom(πL L+(A), π L+(B)), f ↦→ ffür A, B ∈ Mod L + einen (kovarianten) Funktor Mod L + → Mod L , einen Vergißfunktor.K ist also pseudoelementar genau dann, wenn es Bild einer elementarenKlasse unter einem Vergißfunktor ist.Lemma 9.5.17. Pseudoelementare Klassen sind abgeschlossen unter Ultraprodukten.Beweis. Seien L, L + Sprachen erster Stufe, K = πLL+ (K+ ) mit K + elementar.Sei ∏ i∈I πL+ L (A i)/U ein Ultraprodukt in K, etwa I ≠ ∅, U ein Ultrafilter aufI, {A i } i∈I eine Familie von L + -Strukturen aus K + . Man überprüft leicht, daß∏i∈I πL+ L (A i)/U = πL(∏i∈I L+ A i/U ) ist, und nach ̷Loś letzteres aus πL L+ (K+ ). □Korollar 9.5.18. Eine pseudoelementare Klasse ist elementar genau dann,wenn sie unter elementarer Äquivalenz abgeschlossen ist.□Beispiel. Die Klasse aller Gruppen, die multiplikative Gruppen von Körpernsind, ist pseudoelementar, aber nicht elementar. (Bem. 9.3.2.)Mehr über topologische Eigenschaften (etwa die Borelmengen) der Räume S Lund Mod L findet sich in [4], §5. (Man sieht dort u.a., daß aus dem Satz von Urysohnim Fall einer abzählbaren Sprache L sogar die Metrisierbarkeit des Raums derInterpretationen folgt.) Wir wollen hier nur noch anfügen, wie man Berührpunktein S L und Mod L charakterisieren kann. (Der Einfachheit halber beschränken wiruns auf Mod L .) Als Anwendung geben wir einen Beweis des Craigschen Interpolationssatzes.234L


Die abgeschlossene Hülle X einer Menge X können wir zunächst wie folgtbeschreiben: Sei X ⊆ Mod L ; dann gilt:X = ⋂ {A : ModL ⊇ A ⊇ X, A abgeschlossen }= ⋂ {A : ModL ⊇ A ⊇ X, A offen-abgeschlossen }⋂{ }Mod(ϕ) : X ⊆ Mod(ϕ), ϕ ∈ SaL=9.5.7= ⋂ {Mod(ϕ) : ϕ ∈ SaL , A |= ϕ für alle A ∈ X }= { A ∈ Mod L : A |= Th(X) }= Mod(Th(X)).Lemma 9.5.19. Sei M = {A i } i∈I eine nichtleere Familie von L-Strukturenund B eine L-Struktur. Dann gilt B |= Th ( ⋃ {A i : i ∈ I}) genau dann, wenn einUltrafilter U auf I existiert derart, daß B ≡ ∏ i∈I A i/U gilt.Beweis. Nach Definition ist Th(M) = { ϕ ∈ Sa L : A i |= ϕ für alle i ∈ I } . FallsB ≡ ∏ i∈I A i/U für einen Ultrafilter U auf I, dann folgt wegen Th(M) ⊆ Th(A i )für alle i ∈ I nach dem Satz von ̷Loś ∏ i∈I A i/U |= Th(M), also B |= Th(M).Umgekehrt sei jetzt B |= Th(M). Sei Th(B) = {ϕ j : j ∈ J}. Für jedes j ∈ Jgilt D j := {i ∈ I : A i |= ϕ j } ≠ ∅, denn sonst wäre ¬ϕ j in allen A i gültig, also¬ϕ j ∈ Th(M), wegen B |= Th(M) also B |= ¬ϕ j , im Widerspruch zu ϕ j ∈ Th(B).Die Menge {D j : j ∈ J} hat die endliche Durchschnittseigenschaft: Es istD j1 ∩ D j2 = { i ∈ I : A i |= (ϕ j1 ∧ ϕ j2 ) } ≠ ∅,denn sonst würde wie oben ¬(ϕ j1 ∧ ϕ j2 ) ∈ Th(M), also B |= ¬(ϕ j1 ∧ ϕ j2 ) folgen,im Widerspruch zu B |= ϕ j1 , B |= ϕ j2 . Daher existiert ein Ultrafilter U auf I mitD j ∈ U für alle j ∈ J; setze C := ∏ i∈I A i/U. Nach dem Satz von ̷Loś folgt C |= ϕ jfür alle j ∈ J, also C |= Th(B), d.h. B ≡ C.□Korollar 9.5.20. (Kochen, [86]) Sei X ⊆ Mod L eine Menge. Dann gilt{}X =B : B ≡ ∏ A∈XA/U für einen Ultrafilter U auf X( ”Ultraprodukte von Elementen aus X sind gerade die Berührpunkte von X.“) □Nun zum Satz von Craig. Wir zeigen allgemeiner:Satz 9.5.21. Seien L 1 , L 2 Sprachen der Logik erster Stufe, L := L 1 ∩ L 2 , undseien Σ 1 bzw. Σ 2 Satzmengen in L 1 bzw. L 2 derart, daß Σ 1 ∪Σ 2 kein Modell besitzt.Dann gibt es einen L-Satz ϕ mit Σ 1 |= ϕ und Σ 2 |= ¬ϕ.Zum Beweis einige technische Vorbemerkungen. Schwächer als der Satz vonKeisler-Shelah ist:Lemma 9.5.22. (Fraynesches Lemma, [77]) Zwei L-Strukturen A, B sind elementaräquivalent genau dann, wenn A elementar in eine Ultrapotenz von B eingebettetwerden kann.Beweis. Die eine Richtung ist trivial. Umgekehrt seien A ≡ B. Setze F := B A .Für f ∈ F bezeichne B(f) diejenige L(A)-Struktur, die man aus B durch Definition235.


von a B(f) := f(a) für alle a ∈ A gewinnt; ferner sei für jedes n ∈ N 0 , L-Formelnϕ(x 1 , . . . , x n ) und a ∈ A n mit A |= ϕ(a)D ϕ,a := { f ∈ F : B |= ϕ(f(a)) } .Wegen A ≡ B sind alle D ϕ,a nichtleer; das SystemD := { D ϕ,a : n ∈ N 0 , ϕ(x 1 , . . . , x n ) ∈ Fo L , a ∈ A n , ϕ[a/x] ∈ Th(A, A) }(x = (x 1 , . . . , x n )) ist zudem abgeschlossen unter endlichen Durchschnitten. SeiU ⊇ D ein Ultrafilter auf F . Nach Definition gilt nun∏B(f)/U |= Th(A, A),f∈Fm.a.W.: (A, A) kann in die L(A)-Struktur ∏ f∈FB(f)/U elementar eingebettetwerden. Dies trifft dann aber auch auf die L-Redukte A und⎛⎞π L(A) ⎝ ∏ LB(f)/U⎠ = ∏ π L(A) ( )/L B(f) U = B I /Uf∈F f∈Fzu.Lemma 9.5.23. Seien L 1 , L 2 , L Sprachen der Logik erster Stufe, L = L 1 ∩ L 2 ,und K 1 bzw. K 2 seien elementare Klassen von L 1 - bzw. L 2 -Strukturen. Seien π i :=π LiL : Mod L i→ Mod L , A ↦→ A|L die Vergißabbildungen (i = 1, 2). Dann gilt() ()q π 1 (K 1 ) ∩ π 2 (K 2 ) = q π 1 (K 1 ) ∩ π 2 (K 2 ) .(Dabei sei q : Mod L → S L , A ↦→ Th(A).)Beweis. Die Inklusion ⊆“ ist trivial. Sei umgekehrt A eine L-Struktur, bis auf”elementare Äquivalenz aus π 1 (K 1 )∩π 2 (K 2 ); also B 0 |L ≡ A ≡ C 0 |L für gewisse B 0 ∈K 1 , C 0 ∈ K 2 . Unter alternierender Anwendung des Frayneschen Lemmas erhält maninduktiv zwei Folgen {B n } n∈N0 , {C n } n∈N0 von L 1 - bzw. L 2 -Strukturen mit C n |L ≼B n+1 |L ≼ C n+1 |L für alle n ∈ N 0 sowie elementare Einbettungen B n ↩→ B n+1 ,C n ↩→ C n+1 . Setze B := ⋃ {B n : n ∈ N} und C := ⋃ {C n : n ∈ N}. B ∈ Mod L1(bzw. C ∈ Mod L2 ) können wir nun kanonisch zu einer (L 1 ∪ L 2 )-Struktur D mitD|L ≡ B|L ≡ C|L machen, indem wir C (bzw. B) als Muster verwenden. Moduloisomorpher Identifizierung sind nun {B n } n∈N0 , {C n } n∈N0 elementare Ketten mitVereinigungen B bzw. C, so daß mit dem Satz über elementare Ketten D|L 1 ∈ K 1 ,D|L 2 ∈ K 2 folgt, und A ≡ D|L ∈ π 1 (K 1 ) ∩ π 2 (K 2 ), wie gewünscht.□Beweis (Satz 9.5.21). Sei K 1 := Mod(Σ 1 ), K 2 := Mod(Σ 2 ). Nach Voraussetzungist π 1 (K 1 ) ∩ π 2 (K 2 ) = ∅, weil man sonst ein Modell von Σ 1 ∪ Σ 2 erhaltenkönnte. Nach Lemma 9.5.23 folgt π 1 (K 1 ) ∩ π 2 (K 2 ) = ∅, und mit Kor. 9.5.11 findenwir einen L-Satz ϕ, der π 1 (K 1 ) und π 2 (K 2 ) trennt, alsoπ 1 (K 1 ) ⊆ Mod(ϕ),π 2 (K 2 ) ⊆ Mod(¬ϕ);somit auch K 1 ⊆ Mod(ϕ), K 2 ⊆ Mod(¬ϕ), d.h. Σ 1 |= ϕ, Σ 2 |= ¬ϕ.Wir erhalten nun unmittelbar:Korollar 9.5.24. (Craigscher Interpolationssatz, [65]) Seien L 1 , L 2 Sprachender Logik erster Stufe, ϕ und ψ Sätze aus L 1 bzw. L 2 mit ϕ |= ψ. Dann existiertein (L 1 ∩ L 2 )-Satz χ mit ϕ |= χ und χ |= ψ.236□□


Beweis. Setze Σ 1 := {ϕ}, Σ 2 := {¬ψ}.□Korollar 9.5.25. (Robinsonscher Modellverträglichkeitssatz, [125]) Seien L 1 ,L 2 Sprachen der Logik erster Stufe, L := L 1 ∩ L 2 , sowie Σ 1 bzw. Σ 2 Satzmengenin L 1 bzw. L 2 . ∆ ⊆ Σ 1 ∩ Σ 2 sei eine vollständige Theorie in L. Sind Σ 1 und Σ 2konsistent, so auch Σ 1 ∪ Σ 2 .Beweis. Ist ϕ ein L-Satz mit Σ 1 |= ϕ, so folgt wegen der Vollständigkeit von∆ auch ∆ |= ϕ, also Σ 2 |= ϕ, d.h. Σ 2 ̸|= ¬ϕ. Mit Satz 9.5.21 folgt die Konsistenzvon Σ 1 ∪ Σ 2 .□Beispiel. Ist G eine endliche Gruppe, so sei K G die Klasse aller Körper K(als L-Strukturen mit L = {0, 1, +, −, ·}) dergestalt, daß G ∼ = Gal(K/k) für einenTeilkörper k ⊆ K. Sei ∆ eine Vervollständigung der Körpertheorie und seien G,H endliche Gruppen. Hat ∆ Modelle in K G und in K H , so auch in K G ∩ K H ;denn es existieren Sprachen L 1 , L 2 ⊇ L mit L = L 1 ∩ L 2 und elementare Klassen˜K G , ˜K H mit π 1 ( ˜K G ) = K G , π 2 ( ˜K H ) = K H (π i : Mod Li → Mod L , A ↦→ A|L), alsoΣ 1 := Th( ˜K G ) ∩ ∆, Σ 2 := Th( ˜K H ) ∩ ∆ konsistente L 1 - bzw. L 2 -Theorien. (Nacheinem Satz von Artin ist für einen Körper K und eine endliche Gruppe G von Automorphismenvon K die Erweiterung K/K G endlich galois’sch mit Gal(K/K G ) = G,wobei K G den Fixkörper von G in K bezeichne; [34], VI, Thm. 1.8.) Gibt es alsoendlich galois’sche Körpererweiterungen K 1 /k 1 , K 2 /k 2 mit K 1 , K 2 ∈ Mod(∆), dieG bzw. H als Galoisgruppe haben, so existieren auch Körpererweiterungen K/k 1,′K/k 2 ′ mit K ∈ Mod(∆), die G bzw. H als Galoisgruppen realisieren. (Die Fragestellung,ob es zu jeder gegebenen endlichen Gruppe G eine endliche Galoiserweiterungvon Q gibt, die G als Galoisgruppe besitzt, heißt das Umkehrproblem der Galoistheorieund ist bis heute ungelöst; [34], VI, S. 261 und §15.)Schließlich erhalten wir als weiteres Korollar das Definierbarkeitslemma vonBeth. Wir definieren dazu für eine Sprache L der Logik erster Stufe: Sind R, R ′zwei n-stellige Relationssymbole (n ∈ N 0 ), die nicht zu L gehören, so bezeichneL(R) die Expansion von L, die durch Hinzufügen von R zum Alphabet von Lentsteht, entsprechend L(R ′ ); ist Σ(R) eine Menge von L(R)-Sätzen, so sei Σ(R ′ )die Menge aller L(R ′ )-Sätze, die man aus den Sätzen von Σ(R) durch Ersetzenvon R durch R ′ erhält (analog für einzelne L(R)-Sätze ϕ(R)). R wird durch Σ(R)implizit definiert, wennΣ(R) ∪ Σ(R ′ ) |= ∀x 1 · · · ∀x n(R(x1 , . . . , x n ) ↔ R ′ (x 1 , . . . , x n ) ) .R ist durch Σ(R) explizit definiert, wenn es eine L-Formel ϕ(x 1 , . . . , x n ) gibt, sodaßΣ(R) |= ∀x 1 · · · ∀x n(R(x1 , . . . , x n ) ↔ ϕ ) .Damit (vgl. auch[8], §6.6 und Exercise 2.6.6):Korollar 9.5.26. (Definierbarkeitslemma von Beth, [53]) Σ(R) definiert Rexplizit genau dann, wenn R von Σ(R) implizit definiert wird.Beweis. Wenn Σ(R) explizit R definiert, so auch implizit. Umgekehrt seiennun c 1 , . . . , c n paarweise verschiedene nicht in L vorkommende Konstanten. DanngiltΣ(R) ∪ Σ(R ′ ) |= ( R → R ′) [c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ]237


nach Voraussetzung. Mit dem Kompaktheitssatz erhalten wir ϕ 1 , . . . , ϕ m ∈ Σ(R)mitm∧m∧ϕ i (R) ∧ R[c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ] |= ϕ i (R ′ ) → R ′ [c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ].i=1Nach dem Satz von Craig gibt es eine L-Formel χ(x 1 , . . . , x n ) mitm∧(9.5.54)ϕ i (R) ∧ R[c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ] |= χ[c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ]undi=1χ[c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ] |=i=1m∧ϕ i (R ′ ) → R ′ [c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ].i=1Da R nicht in χ[c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ] vorkommt, gilt auchm∧(9.5.55) χ[c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ] |= ϕ i (R) → R[c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ].Aus (9.5.54) und (9.5.55) erhalten wirm∧ϕ i (R) |= ( R ↔ χ ) [c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ]und somiti=1i=1Σ(R) |= ( R ↔ χ ) [c 1 /x 1 , . . . , c n /x n ].Da c 1 , . . . , c n nicht in Σ(R) auftreten, haben wir (nach geeigneter Umbenennungder gebundenen Variablen in χ)Σ(R) |= ∀x 1 · · · ∀x n(R(x1 , . . . , x n ) ↔ χ(x 1 , . . . , x n ) ) ,und χ ist eine definierende Formel für R.9.6. Ein Beispiel eines Nichtstandardbeweises ∗Zum Abschluß dieses Skriptums wollen wir noch exemplarisch einen Ausblick aufsog. Nichtstandardmethoden geben, wie sie v.a. in der Analysis, aber auch in der Algebraverwendet werden. Wie so vieles in der <strong>Modelltheorie</strong> gehen sie auf Robinson[127] zurück, der sie als erster auf die Analysis anwandte und die Nichtstandardanalysisschuf. (Für eine Einführung vgl. [11], Anhang I, oder den Artikel vonPrestel in [184].) Als Beispiel und Höhepunkt geben wir die CharakterisierungenHilbertscher Körper nach Gilmore-Robinson und Weissauer wieder.Die Grundidee der Nichtstandardbetrachtungsweise ist, mit Hilfe einer geeigneten(echten) elementaren Erweiterung ∗ A einer Struktur A Eigenschaften überA selbst zu beweisen. Diese Erweiterungen werden wir mittels Ultrapotenzen konstruieren.(Die in den vorhergehenden Paragraphen bewiesenen technischen Ergebnissekommen uns hier zugute.) Will man einerseits auch Aussagen etwa überTeilmengen einer Struktur machen, andererseits den formalen Rahmen der Logikerster Stufe nicht verlassen, so muß man etwas weiter ausholen, als wir es hier tun.(Vgl. [11], Anhang I, oder [5], §13.) Wir definieren einfach in Abweichung vomüblichen Sprachgebrauch:238□


Definition 9.6.1. Ist A eine L-Struktur und ∗ A eine echte elementare Erweiterungvon A, für die ( ∗ A, A) ℵ 1 -saturiert ist, so wollen wir ∗ A eine Vergrößerungvon A nennen.Nach Kor. 9.3.13 existiert zu gegebener unendlicher L-Struktur A stets eineVergrößerung von A. Ferner gilt:Proposition 9.6.2. Sei L abzählbar, A eine unendliche L-Struktur. Es existierteine Vergrößerung ∗ A von A, so daß gilt:(i) Es gibt eine abzählbare elementare Substruktur B ≼ A mit Vergrößerung∗ B von B, so daß ∗ B ≼ ∗ A.(ii) Für alle unendlichen B ⊆ A existiert eine Vergrößerung ◦ ( ∗ A) von ∗ Aund eine Vergrößerung ◦ B von B mit ◦ B ⊆ ◦ ( ∗ A).Beweis. Wähle gemäß Kor. 9.3.13 ∗ A = A I /U, wobei U ein regulärer Ultrafilterauf der abzählbaren Menge I ist. Zu (i): Nach Löwenheim-Skolem abwärts“ ”existiert eine abzählbare elementare Substruktur B ≼ A. Sei ∗ B := B I /U; ∗ Bist eine Vergrößerung von B. Nach Kor. 9.2.8 ist ∗ B ≼ ∗ A. Zu (ii): Sei V einregulärer Ultrafilter auf einer abzählbaren Menge J; setze ◦ ( ∗ A) := ∗ A J /V und◦ B := B J /V.□Eine Vergrößerung ∗ A von A, die (i) und (ii) aus dieser Prop. erfüllt, wollenwir geeignet nennen.Sei K ein Körper und f 1 , . . . , f m Polynome in den Variablen X 1 , . . . , X n mitKoeffizienten aus dem rationalen Funktionenkörper K(T 1 , . . . , T r ), die im RingK(T)[X] irreduzibel sind; T := {T 1 , . . . , T r }, X := {X 1 , . . . , X n }. Ist g ∈ K[T]ein Polynom ungleich Null, so schreibeH K (f 1 , . . . , f m ; g)für die Menge aller r-Tupel a = (a 1 , . . . , a r ) ∈ K r , für die g(a) ≠ 0 und allef 1 (a), . . . , f m (a) ∈ K[X] definiert und irreduzibel sind. Nenne H K (f 1 , . . . , f m ; g)eine Hilbertmenge von K. Ein Körper K ist Hilbertsch, wenn alle seine Hilbertmengennichtleer sind. Man überlegt sich leicht, daß Hilbertsche Körper stets unendlichviele Elemente enthalten.Hilbert hat im Zuge seiner Untersuchungen zum Umkehrproblem der Galoistheoriegezeigt, daß Q Hilbertsch ist, ein Ergebnis, das man den Hilbertschen Irreduzibilitätssatznennt (vgl. [5], §§11, 12). Hilbertsche Körper spielen in der Galoistheorieund in der diophantischen Geometrie eine herausragende Rolle; [5] enthältumfangreiches Material.Um die Hilbert-Eigenschaft für einen Körper K nachzuweisen, kann man sichauf bestimmte Hilbertmengen beschränken:Lemma 9.6.3. Jede Hilbertmenge H K (f 1 , . . . , f m ; g) ⊆ K r enthält eine HilbertmengeH K (f ′ 1, . . . , f ′ m; g ′ ), für die f ′ 1, . . . , f ′ m im Ring K[T, X] irreduzibel ist.Beweis. Sei g i ∈ K[T] so, daß f i g i ∈ K[T][X] und d i ∈ K[T] der größtegemeinsame Teiler der Koeffizienten von f i g i ; setze f i ′ := f i g i /d i , alles für i =1, . . . , m. Sei g ′ := g · g 1 d 1 · · · g m d m . Die f 1, ′ . . . , f m ′ sind irreduzibel in K[T][X], daprimitiv; also auch in K[T, X]. Es folgt die Behauptung.□Korollar 9.6.4. Ist jede Hilbertmenge H K (f 1 , . . . , f m ; g) zu irreduziblen Polynomenf 1 , . . . , f m ∈ K[T, X] nichtleer, so ist K Hilbertsch.239


Beweis. Seien f 1 , . . . , f m ∈ K[T, X] mit T = {T 1 , . . . , T r }, X = {X 1 , . . . , X n }in K[T, X] irreduzibel und g ∈ K[T 1 , . . . , T r ] ungleich Null. Nach Annahme existiertein a 1 ∈ K mit f i (a 1 ) ∈ K[T 2 , . . . , T r , X] irreduzibel und g(a 1 ) ≠ 0 in K[T 2 , . . . , T r ].Induktiv erhalten wir so a = (a 1 , . . . , a r ) ∈ K r mit f i (a) ∈ K[X] irreduzibel,g(a) ≠ 0, i = 1, . . . , m. Nach dem vorhergehenden Lemma ist K Hilbertsch. □Die Klasse der Hilbertschen Körper ist offensichtlich bzgl. der Sprache der Ringeelementar axiomatisierbar; elementare Substrukturen und Erweiterungen HilbertscherKörper sind also wieder Hilbertsch. Ist allgemein K ′ eine elementareErweiterung eines Körpers K, so ist K in K ′ relativ algebraisch abgeschlossen; jedesElement t ∈ K ′ \ K ist daher transzendent über K und K(t) ein rationalerFunktionenkörper über K.Wir erhalten folgende elegante Charakterisierungen Hilbertscher Körper:Satz 9.6.5. (Gilmore-Robinson, [78]) Sei K ein Körper und ∗ K eine geeigneteVergrößerung von K. K ist Hilbertsch genau dann, wenn ein t ∈ ∗ K \ K existiert,so daß K(t) algebraisch abgeschlossen in ∗ K ist.Beweis. Sei zunächst K Hilbertsch. Wähle L ≼ K abzählbar mit Vergrößerung∗ L ≼ ∗ K. Sind f 1 , . . . , f m ∈ L[T, X] irreduzible Polynome und g 1 , . . . , g m ∈L[T ] \ {0}, so existiert ein a ∈ L mit f i (a) ∈ L[X] irreduzibel und g i (a) ≠ 0 füri = 1, . . . , m. Da es nur abzählbar viele Paare (f, g) mit f ∈ L[T, X] irreduzibel,X = {X 1 , . . . , X n }, n ∈ N, g ∈ K[T ] \ {0} gibt, folgt aus der ℵ 1 -Saturiertheit von( ∗ L, L) die Existenz eines t ∈ ∗ L, so daß für jedes irreduzible f ∈ L[T, X] und0 ≠ g ∈ L[T ] das Polynom f(t) ∈ L[X] irreduzibel in ∗ L und g(t) ≠ 0 ist. Damitgilt wegen ∗ L ≼ ∗ K auch in ∗ K, daß f(t) ∈ K[X] irreduzibel in ∗ K, g(t) ≠ 0 füralle irreduziblen f ∈ K[T, X] und 0 ≠ g ∈ K[T ]. Die zweite Bedingung impliziertt /∈ K. Betrachte ein über K(t) algebraisches a ∈ ∗ K, und sei f ∈ K[T, X] irreduzibelmit f(t, a) = 0. Da f(t) ∈ K[X] über ∗ K irreduzibel ist, ist es notwendiglinear. Somit ist a ∈ K(t), und K(t) algebraisch abgeschlossen in ∗ K.Umgekehrt sei angenommen, es existiere ein t ∈ ∗ K \ K derart, daß E := K(t)algebraisch abgeschlossen in ∗ K ist. Seien f 1 , . . . , f m ∈ K[T, X] irreduzible Polynome,0 ≠ g ∈ K[T ]. Wäre ein f i (t) reduzibel über ∗ K, so würden die Koeffizientenseiner Faktoren in E ∩ ∗ K = E liegen, also f i (t) reduzibel über E sein; da aber ttranszendent über K ist, würde dies bedeuten, daß f i ∈ K[T, X] über K reduzibelist, im Widerspruch zu unserer Annahme. Da nun ∗ K elementare Erweiterungvon K ist, existiert ein a ∈ K mit g(a) ≠ 0 und f i (a) irreduzibel über K, füri = 1, . . . , m. Also ist K Hilbertsch.□Korollar 9.6.6. (Weissauer, [180]) Sei K ein Körper, ∗ K eine geeignete Vergrößerungvon K. K ist Hilbertsch d.u.n.d., wenn ein Hilbertscher ZwischenkörperΩ der Erweiterung ∗ K/K existiert, der in ∗ K algebraisch abgeschlossen ist.Beweis. Ist K Hilbertsch, so erfüllt Ω := K die Behauptung. Umgekehrt seiΩ ein Körper mit den geforderten Eigenschaften. Wähle eine Vergrößerung ◦ ( ∗ K)von ∗ K, welche eine Vergrößerung ◦ Ω von Ω enthält. Da Ω Hilbertsch ist, existiertnach dem Satz von Gilmore-Robinson ein t ∈ ◦ Ω \ Ω derart, daß Ω(t) algebraischabgeschlossen in ◦ Ω ist. Dabei ist K(t) algebraisch abgeschlossen in ◦ ( ∗ K), denn:K ist algebraisch abgeschlossen in ∗ K, also auch in Ω, somit K(t) algebraischabgeschlossen in Ω(t) ([31], IV, Thm. 22); Ω(t) ist algebraisch abgeschlossen in ◦ Ω;◦ Ω ist algebraisch abgeschlossen in ◦ ( ∗ K), da Ω algebraisch abgeschlossen in ∗ K240


ist. Da ◦ ( ∗ K) als Vergrößerung von ∗ K auch Vergrößerung von K ist, folgt aus demSatz, daß K Hilbertsch ist.□Die Hilbertschen Körper erfahren in [5], [9] und [133] weitere modelltheoretischeBehandlung. Beispiele von Nichtstandardargumenten in der Algebra enthält[8].241


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