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B - Deutsches Institut für Menschenrechte

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16<br />

A<br />

Ein Menschenrechtsansatz gegen Menschenhandel – Internationale Verpflichtungen und Stand der Umsetzung in Deutschland<br />

Petra Follmar-Otto<br />

2<br />

Menschenhandel –<br />

Definitionen, Abgrenzung und Daten<br />

2.1 Definition<br />

Menschenhandel ist ein globales Phänomen, von dem<br />

überproportional Frauen und Kinder betroffen sind. Es<br />

umfasst sehr unterschiedliche tatsächliche Fälle –<br />

Menschen werden unter Einsatz unterschiedlichster<br />

Zwangs- und Täuschungsmittel und <strong>für</strong> eine Myriade<br />

ausbeuterischer und missbräuchlicher Zwecke gehandelt.<br />

Viele Täter und Täterinnen agieren in großen<br />

Netzwerken der Organisierten Kriminalität. Ebenso gibt<br />

es aber Fälle, in denen die Täter oder Täterinnen aus dem<br />

näheren sozialen Umfeld der Betroffenen stammen.<br />

Auch internationale Heiratsagenturen oder Arbeitsvermittlungen<br />

können an Menschenhandel beteiligt sein.<br />

Lange gab es keine international anerkannte Definition<br />

von Menschenhandel, und es wurden deshalb unterschiedliche<br />

Konzepte zugrunde gelegt: So war fraglich,<br />

ob unter den Begriff lediglich der Handel von Menschen<br />

zum Zweck sexueller oder – noch weiter einschränkend<br />

– kommerzieller sexueller Ausbeutung zu<br />

verstehen ist, oder ob andere Formen der Ausbeutung<br />

ebenfalls mit umfasst sind. Die Beschränkung des<br />

Begriffs auf die sexuelle Ausbeutung hatte eine Fokussierung<br />

auf Frauen zur Folge, so dass vielfach auch von<br />

Frauenhandel gesprochen wurde. Daneben wurde in<br />

einigen Definitionen ein Grenzübertritt des Opfers vorausgesetzt,<br />

während andere auch innerstaatlichen<br />

Menschenhandel umfassten. Die Streitigkeiten um eine<br />

Definition standen vor dem Hintergrund, dass Menschenhandel<br />

zunächst überwiegend im strafrechtlichen<br />

Kontext mit seinen besonderen Anforderungen an die<br />

Bestimmtheit und Klarheit des Tatbestandes thematisiert<br />

wurde. 2<br />

Es setzte sich die Erkenntnis durch, dass sich trotz der<br />

unterschiedlichen Erscheinungsformen von Menschenhandel<br />

weltweit gemeinsame Kernelemente identifizieren<br />

lassen, die Grundlage <strong>für</strong> eine weite und zugleich<br />

bestimmte Definition sein können: Die Betroffenen<br />

werden aus ihrem vertrauten sozialen oder kulturellen<br />

Umfeld herausgelöst, wobei wohl die Ortsveränderung,<br />

nicht aber die Überschreitung von Grenzen konstitutierendes<br />

Element ist. Zwang, Täuschung oder die Ausnutzung<br />

einer Machtposition werden eingesetzt, um<br />

die Betroffenen zu zwingen, unter ausbeuterischen bis<br />

hin zu sklavereiähnlichen Bedingungen zu arbeiten<br />

oder zu leben. Den Betroffenen werden der freie Wille<br />

und die Kontrolle über ihre Körper genommen. Trotz<br />

der Vielfalt der Zwecke, zu denen Menschen gehandelt<br />

werden und der unterschiedlichen Kontexte des Menschenhandels<br />

geht es in fast allen Fällen um die wirtschaftliche<br />

Ausbeutung von Menschen, sei es nun im<br />

Kontext der kommerziellen sexuellen Ausbeutung, sei<br />

es Zwangsarbeit im Bergbau, der Einsatz von Kindern<br />

in der Kriminalität oder die zwangsweise Entnahme<br />

von Organen.<br />

Diese gemeinsamen Kernelemente des Menschenhandels<br />

sind in die erste international rechtsverbindliche<br />

Definition eingeflossen, die im UN-Protokoll zur Verhütung,<br />

Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels<br />

vom 15. November 2000 (Palermo-Protokoll),<br />

welches das UN-Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende<br />

internationale Kriminalität ergänzt, verankert<br />

ist. Das Protokoll verpflichtet die Mitgliedstaaten<br />

zur Kriminalisierung des Menschenhandels sowie zu<br />

Maßnahmen zum Schutz der Opfer und zur Prävention. 3<br />

2 Die unterschiedlichen Konzepte spielten bei der Verhandlung des UN-Protokolls zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung<br />

des Menschenhandels vom 15.11.2000 (Palermo-Protokoll) eine große Rolle; vgl. Report of the Ad Hoc Committee on the<br />

Elaboration of a Convention against Transnational Organized Crime on the work of its first to eleventh sessions, UN Doc<br />

A/55/383. Die Kontroverse hinsichtlich der Einordnung von Prostitution setzt sich auch bei der Interpretation der Definition<br />

durch die Vertragsstaatenversammlung fort; vgl. Hahn, Kristina (2007), S. 105–108. Zu den verschiedenen Definitionen vor<br />

dem Palermo-Protokoll vgl. Pearson (2005), S. 20 ff.<br />

3 Näheres zum Protokoll siehe unten, 5.1.

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