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B - Deutsches Institut für Menschenrechte

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44<br />

A<br />

Ein Menschenrechtsansatz gegen Menschenhandel – Internationale Verpflichtungen und Stand der Umsetzung in Deutschland<br />

Petra Follmar-Otto<br />

dere Relevanz können dabei Maßnahmen zur Verwirklichung<br />

der Rechte auf Bildung und Zugang zum<br />

Arbeitsmarkt, zum Schutz von Frauen vor Gewalt sowie<br />

zum Abbau von Diskriminierungen von Frauen und ethnischen<br />

sowie sexuellen Minderheiten besitzen.<br />

6.1.2 Gestaltung von Migrationsprozessen<br />

Menschenhandel geschieht überwiegend, wenn auch<br />

nicht ausschließlich im Kontext von Migrationsbewegungen.<br />

Im Grundsatz liegt die Entscheidung über<br />

die Zulassung von Migrantinnen und Migranten zu<br />

einem Staatsgebiet in der Souveränität der Staaten.<br />

Dies bedeutet jedoch nicht, dass die staatliche Gestaltung<br />

von Migrationspolitiken menschenrechtlicher<br />

Beurteilung entzogen ist. 171 Sie müssen so gestaltet<br />

sein, dass Migranten und Migrantinnen ihre <strong>Menschenrechte</strong><br />

tatsächlich wahrnehmen können. Dazu müssen<br />

deren spezifische Situation und ihre besondere Vulnerabilität<br />

berücksichtigt werden.<br />

Aus dem menschenrechtlichen Verbot des Menschenhandels<br />

ergeben sich Schutzpflichten <strong>für</strong> die Staaten.<br />

Aus diesen folgt, dass aufenthaltsrechtliche Regelungen<br />

zu vermeiden sind, die Menschenhandel begünstigen,<br />

indem sie es den Tätern erleichtern, Menschen in Ab -<br />

hängigkeitsverhältnisse zu bringen. Dies kann etwa bei<br />

der Bindung eines Aufenthaltstitels an das Bestehen<br />

eines konkreten Arbeitsverhältnisses der Fall sein. 172<br />

Zu denken ist darüber hinaus auch an Regulierungspflichten<br />

gegenüber Privaten, etwa die Auferlegung<br />

von Informationspflichten <strong>für</strong> internationale Heiratsagenturen<br />

oder Arbeitsvermittlungen.<br />

Nach der Europaratskonvention sollen die Staaten die<br />

Eröffnung legaler Wege der Arbeitsmigration als einen<br />

Präventionsansatz gegen Menschenhandel berücksichtigen.<br />

173 Wichtig ist auch, die Betroffenen schon in den<br />

Herkunftsländern über die rechtlichen Bedingungen<br />

von Migration und Arbeitsaufnahme in den Zielländern<br />

sowie über Hilfs- und Beratungsangebote <strong>für</strong> Betroffene<br />

von Menschenhandel und Zwangsarbeit zu informieren,<br />

um den Betroffenen Entscheidungen zu ermöglichen und<br />

sie gegen Fehlinformationen durch die Händler abzusichern.<br />

Die neue Europarats konvention enthält daher<br />

entsprechende Informationspflichten <strong>für</strong> die Staaten. 174<br />

Maßnahmen der Migrationssteuerung wie Grenzkontrollen<br />

dürfen keine diskriminierenden Effekte gegen<br />

bestimmte Gruppen, etwa junge Frauen, entfalten. 175<br />

Menschenrechtlich unzulässig sind auch Beschränkungen<br />

der Rechte auf Freizügigkeit und auf Verlassen des<br />

eigenen Landes durch Maßnahmen, die im Namen der<br />

Verhinderung von Menschenhandel die Emigration <strong>für</strong><br />

bestimmte Gruppen von Menschen verhindern oder<br />

erheblich erschweren. 176<br />

6.1.3 Stärkung der Betroffenen in der Wahrnehmung<br />

ihrer Rechte, insbesondere Rechte in der<br />

Arbeit<br />

<strong>Menschenrechte</strong> als Rechte selbstbestimmter Freiheit<br />

tragen den Gedanken des Empowerment in sich. Ein<br />

menschenrechtsbasierter Ansatz muss deshalb darauf<br />

zielen, dass die Betroffenen von Menschenhandel in<br />

die Lage versetzt werden, ihre Rechte selbst wahrzunehmen,<br />

in doppeltem Wortsinn. Ausgangspunkt jeder<br />

Maßnahme müssen die Betroffenen als Rechtssubjekte<br />

und nicht als Objekte staatlichen Handelns sein. Den<br />

Betroffenen müssen reale Exit-Optionen aus der Be -<br />

schränkung ihres Selbstbestimmungsrechtes eröffnet<br />

werden, indem sie über ihre Rechte informiert und ihre<br />

Handlungsoptionen erweitert werden. So müssen faktische<br />

Barrieren in der Durchsetzung von Ansprüchen<br />

auf Lohn und Entschädigung abgebaut werden. 177 Die<br />

Stärkung der Durchsetzung der Rechte von Migrant innen<br />

und Migranten in der Arbeit, unabhängig von ihrem<br />

Aufenthaltstatus, kann bereits einen Beitrag dazu leisten,<br />

dass Abhängigkeitsverhältnisse gar nicht erst entstehen.<br />

171 Vgl. Weisbrodt (2008), sowie die Arbeit der UN-Vertragsorgane: CERD (Antirassismus-Ausschuss), General Comment No XXX:<br />

Discrimination of Non-Citizens, http://www.unhchr.ch/tbs/doc.nsf/ (Symbol)/e3980a673769e229c1256f8d0057cd3d?Opend<br />

ocument; CEDAW (Frauenrechtsausschuss), General Recommendation No 26: Women Migrant Workers,<br />

http://www2.ohchr.org/english/bodies/cedaw/comments.htm<br />

172 Follmar-Otto (2007), S. 8.<br />

173 Siehe Kapitel 5.2.2.<br />

174 Art. 5 Abs. 4 Europaratskonvention.<br />

175 Art. 3 Europaratskonvention.<br />

176 Kempadoo (2005). Ein sicherlich extremes Beispiel ist ein weißrussisches Regierungsdekret aus dem Jahr 2005, das unter<br />

anderem Genehmigungspflichten <strong>für</strong> die Ausreise bestimmter, potenziell von Menschenhandel gefährdeter Gruppen, enthält<br />

und damit die Bewegungsfreiheit und das Recht auf Verlassen jedes Landes einschließlich des eigenen massiv beschränkt.<br />

Decree of the President of the Republic of Belarus No. 3 of March 9, 2005, on Certain Measures to Combat Trafficking in<br />

Persons. Vgl. Vorläufiges Gutachten OSCE-ODIHR, August 2005, http://www.legislationline.org/upload/lawreviews/34/<br />

1d/8f0db4d2b6cefd8b33bfbbbdeceb.pdf<br />

177 Vgl. hierzu die Studie von Rabe in diesem Band.

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