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Faktoren für Präsenz in virtueller Architektur

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2.2.5 Interpretation von virtuellen Welten (Eco/Norman)<br />

HOLGER REGENBRECHT, BAUHAUS-UNIVERSITÄT WEIMAR, 1999<br />

FAKTOREN FÜR PRÄSENZ IN VIRTUELLER ARCHITEKTUR PRÄSENZ IN REALEN<br />

UND VIRTUELLEN<br />

UMGEBUNGEN<br />

In Anlehnung an Eco (1995) sollen hier Welten unterschieden werden, die bezüglich<br />

ihrer Vorstellbarkeit und ihrer Möglichkeit beschrieben werden. Es gibt<br />

vorstellbare und mögliche (wahrsche<strong>in</strong>liche, plausible) Welten, die zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong><br />

der Intention des Gestalters der virtuellen Umgebung den Regelfall darstellen. Es<br />

wird e<strong>in</strong>e Umgebung zur Perzeption und Interpretation angeboten, die möglichst<br />

nahe an die realweltlichen Erfahrungen des Wahrnehmenden angelehnt ist, damit<br />

sowohl plausibel als auch vorstellbar und damit konzeptualisierbar ist.<br />

Auf der anderen Seite existieren sowohl <strong>in</strong> VR-Systemen als auch <strong>in</strong> anderen<br />

Medien Welten, die wenig plausibel ersche<strong>in</strong>en, jedoch vorstellbar s<strong>in</strong>d. Es bedarf<br />

seitens des Wahrnehmenden der Bereitschaft, diese unwahrsche<strong>in</strong>liche Welt zum<strong>in</strong>dest<br />

kurzzeitig als wahr zu akzeptieren, um sie vorstellbar zu machen. Eco<br />

nennt hier das Beispiel der sprechenden Tiere (wie im Märchen „Rotkäppchen<br />

und der Wolf“): e<strong>in</strong>e zwar wenig wahrsche<strong>in</strong>liche Situation, jedoch vorstellbar.<br />

Mögliche und unmögliche nicht vorstellbare Welten können z.B. über das Medium<br />

Text vermittelt werden, <strong>für</strong> VR sche<strong>in</strong>en diese jedoch (vorerst) nicht<br />

applikabel. Es handelt sich hierbei um Welten, die zwar erwähnt, aber nicht<br />

imag<strong>in</strong>iert werden können. Als Extrembeispiel nennt hier Eco nicht vorstellbare<br />

unmöglich mögliche Welten, Welten also, die nur <strong>in</strong>sofern vorstellbar s<strong>in</strong>d, um zu<br />

begreifen, daß sie unvorstellbar s<strong>in</strong>d.<br />

In Bezug auf <strong>Architektur</strong> <strong>in</strong> virtuellen Umgebungen kann man davon ausgehen,<br />

daß <strong>in</strong> virtuell solider <strong>Architektur</strong> die Welten sowohl vorstellbar als auch möglich se<strong>in</strong><br />

sollten, um die Intention dieser VU zu vermitteln. In <strong>virtueller</strong> <strong>Architektur</strong> kann es<br />

vorstellbare mögliche und unmögliche Inhalte geben.<br />

Nicht vorstellbare virtuelle Umgebungen sollen hier im Zusammenhang mit räumlich-architektonischen<br />

virtuellen Welten die auf <strong>Präsenz</strong> abzielen nicht Gegenstand<br />

der Betrachtung se<strong>in</strong>, obwohl es <strong>in</strong> anderen Diszipl<strong>in</strong>en Anwendungen da<strong>für</strong> geben<br />

kann, wie z.B. im Ästhetischen.<br />

Jede vorstellbare Welt kann aber nunmehr unterschiedlich <strong>in</strong>terpretiert werden. Auf<br />

der e<strong>in</strong>en Seite gibt es die Intention des Gestalters der virtuellen Umgebung, die als<br />

Angebot zur Interpretation an den Rezipienten gemacht wird. Eco spricht hier im<br />

auf der Grundlage des Textlesens und -verstehens vom Rezipienten als dem Modell-Leser,<br />

also e<strong>in</strong>er fiktiven Person oder Personengruppe, die während des<br />

Gestaltungsprozesses bewußt oder unbewußt als Angesprochener fungiert. Dieser<br />

Modell-Akteur (im Falle von VR-Systemen) hat während der Interpretation der<br />

VU auf der anderen Seite e<strong>in</strong> Bild von e<strong>in</strong>em Modell-Autor, e<strong>in</strong>e ebenfalls fiktive<br />

Person, oder bei computerbasierten Systemen und den damit verbundenen E<strong>in</strong>stellungen<br />

sogar e<strong>in</strong>e technische Instanz, wie Masch<strong>in</strong>e, Algorithmus etc. E<strong>in</strong><br />

ähnliches Modell f<strong>in</strong>det sich bei Norman (1989), der diese Reihe der Modelle<br />

fortsetzt und die hier bezüglich der Gestaltung von virtuellen Umgebungen illustriert<br />

werden sollen:<br />

Die Gestaltung e<strong>in</strong>er virtuellen Umgebung aus der Sicht des Autors, also das<br />

Gestaltungsziel, drückt sich über die Form (Ersche<strong>in</strong>ung, [narrative] Handlung,<br />

Handlungsmöglichkeiten) aus. Die VU ist somit e<strong>in</strong> Angebot des Autors zur Interpretation<br />

durch den Akteur. Der Gestaltungsprozeß der VU ist neben den technischorganisatorischen<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen bestimmt durch folgende Konstruktionen:<br />

MM Autor1 (real-world): Das mentale Modell (MM) des Autors über die [Um]welt <strong>in</strong><br />

der er lebt an sich. Dieses ist gekennzeichnet durch <strong>Faktoren</strong> wie Erbgut, Erziehung,<br />

Bildung, bisherige Erfahrungen, Kulturkreis.<br />

MM Autor2 (VU): Das mentale Modell des Autors über die zu erschaffende virtuelle<br />

Umgebung. Dieses Modell ändert sich häufig während des Gestaltungsprozesses.<br />

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