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Wilhelmshaven in alten und neuen Bildern - Wilhelmshavener Zeitung

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Seite 12 · <strong>Wilhelmshaven</strong>er <strong>Zeitung</strong><br />

Gester n<br />

<strong>und</strong>Heute<br />

präsentiert vom<br />

Grüne KolonieamStadtpark<br />

Vor h<strong>und</strong>ert Jahren bezogen<br />

die ersten Siedler<br />

die Häuser <strong>in</strong> der<br />

Stadtparkkolonie. Die<br />

Siedlung hat noch etwas<br />

von ihrem ursprünglichem<br />

Charme.<br />

VON HARTMUT SIEFKEN<br />

ALDENBURG – Zu den wohl<br />

schönsten <strong>und</strong> eigentümlichsten<br />

Wohnsiedlungen <strong>in</strong> <strong>Wilhelmshaven</strong><br />

zählt die Stadtparkkolonie.<br />

Sie wird 100 Jahre<br />

alt. Im Oktober 1912 zog der<br />

erste Eigentümer, der Werfttechniker<br />

Theodor<br />

Tapken,<br />

hier e<strong>in</strong>.<br />

Die Straße<br />

war<br />

noch nicht<br />

fertig. Bis<br />

weit <strong>in</strong>s<br />

Jahr 1913<br />

quälten<br />

sich die Zuzügler damit, ihre Habe<br />

mit Schlickschlitten <strong>in</strong> ihre<br />

neue Bleibe zu ziehen.<br />

Die Stadtparkkolonie misst<br />

<strong>in</strong> etwa 300 mal 300 Meter <strong>und</strong><br />

ist von dem jungen Rüstr<strong>in</strong>ger<br />

Stadtbaurat Mart<strong>in</strong> Wagner<br />

(1885 – 1957) entworfen worden.<br />

Wagner kam nach se<strong>in</strong>em<br />

Studium an die Jade <strong>und</strong> setzte<br />

während dreier Jahre, 1911 bis<br />

1914, lang nachwirkende architektonische<br />

Akzente <strong>in</strong> der jungen<br />

Stadt Rüstr<strong>in</strong>gen. Er promovierte<br />

1915 über das „sanitäre<br />

Grün“ <strong>in</strong> Städten, wurde danach<br />

Stadtbaurat <strong>in</strong> Schöneberg <strong>und</strong><br />

Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> brachte auch hier,<br />

bis die Nazis ihn kaltstellten,<br />

bedeutende städtebauliche<br />

Projekte voran. Er emigrierte<br />

nach Istanbul <strong>und</strong> g<strong>in</strong>g später<br />

als Dozent an die Harvard-Universität<br />

<strong>in</strong> die USA.<br />

Wagner war e<strong>in</strong> Anhänger der<br />

englischen Gartenstadt-Idee,<br />

die auf genossenschaftliches<br />

Wohneigentum setzte, um auch<br />

dem „kle<strong>in</strong>en Mann“ zu bezahlbarem<br />

<strong>und</strong> komfortablem<br />

Wohnraum zu verhelfen. Er<br />

spielte später e<strong>in</strong>e große Rolle<br />

im gewerkschaftlichen Wohnungsbau.<br />

In <strong>Wilhelmshaven</strong> <strong>und</strong> Rüstr<strong>in</strong>gen<br />

herrschte um 1910 große<br />

Wohnungsnot. Das Kaiserreich<br />

rüstete auf, auf der Kaiserlichen<br />

Werft wurden zwischen<br />

1908 <strong>und</strong> 1915/17 die<br />

L<strong>in</strong>ienschiffe „Nassau“ <strong>und</strong><br />

„Ostfriesland“, der Kle<strong>in</strong>e Kreuzer<br />

„Straßburg“, das L<strong>in</strong>ienschiff<br />

„König“ <strong>und</strong> der Große<br />

Kreuzer „H<strong>in</strong>denburg“<br />

gebaut – allesamt<br />

große<br />

Schiffe, die der<br />

englischen Dread-<br />

nought-Klasse Paroli bieten<br />

sollten. Dafür aber musste<br />

auch die Werft vergrößert werden.<br />

Der gesamte Hafen wurde<br />

nach Süden h<strong>in</strong> erweitert. Es<br />

entstand e<strong>in</strong>e neue Schleuse,<br />

die 3. E<strong>in</strong>fahrt. Tausende Menschen<br />

wurden für die Bauarbeiten<br />

gebraucht, <strong>und</strong> alle wollten<br />

sie irgendwo unterkommen –<br />

Alten- <strong>und</strong> Pflegezentrum<br />

Sillenstede GmbH<br />

Lang- <strong>und</strong> Kurzzeitpflege<br />

Ambulante Alten<strong>und</strong><br />

Krankenpflege<br />

Essen auf Rädern &Mittagstisch<br />

viele von ihnen dauerhaft.<br />

Die junge Stadt Rüstr<strong>in</strong>gen,<br />

die 1911 aus dem Zusammenschluss<br />

der Geme<strong>in</strong>den Bant<br />

<strong>und</strong> Neuende sowie der Stadt<br />

Heppens entstanden war, sah<br />

sich <strong>in</strong> der Pflicht, für <strong>neuen</strong><br />

Wohnraum zu sorgen. In Wagner<br />

fand sie den richtigen Mann<br />

für die Durchsetzung ihrer Pläne.<br />

1912 erwarb sie den Oetkenschen<br />

Hof <strong>und</strong> anliegenden<br />

Gr<strong>und</strong>besitz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gesamtgröße<br />

von r<strong>und</strong> 72 Hektar <strong>und</strong><br />

überplante diese Fläche mit<br />

dem Stadtpark, dem Ehrenfriedhof<br />

der Mar<strong>in</strong>e <strong>und</strong> der<br />

Stadtparkkolonie. Der HamburgerGartenarchitekt<br />

Leberecht<br />

Migge, der im<br />

Rahmen e<strong>in</strong>es<br />

Wettbewerbs den<br />

Zuschlag für die<br />

Das ehemalige Café Kl<strong>in</strong>dworth gestern <strong>und</strong> heute (rechts).<br />

L<strong>in</strong>ks:dieStadtparkalleevordemKrieg.. FOTO: WZ-BILDDIENST/LÜBBE<br />

Montessori Projekt<br />

Im Alter das<br />

Selbst am<br />

blühen erh<strong>alten</strong><br />

Stadtparkgestaltung erh<strong>alten</strong><br />

hatte, übernahm auch die Planung<br />

für die gärtnerische Gestaltung<br />

der Kolonie.<br />

Vom Altengrodener Weg abzweigend,<br />

durchzieht die Stadtparkallee<br />

die Siedlung <strong>in</strong> der<br />

Mitte, allerd<strong>in</strong>gs nicht <strong>in</strong> gerader<br />

Flucht, sondern mit e<strong>in</strong>em<br />

Versatz <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em leichten<br />

21. Juli 2012<br />

Bogen, so dass sich für das Auge<br />

des Betrachters ke<strong>in</strong>e Monotonie<br />

e<strong>in</strong>stellt. Nördlich <strong>und</strong><br />

südlich zweigen die Holste<strong>in</strong><strong>und</strong><br />

die Gottorpstraße ab, die<br />

dort, wo sie im rechten W<strong>in</strong>kel<br />

abknicken, <strong>in</strong> schöne Platzanlagen<br />

münden.<br />

Die Häuser wurden <strong>in</strong> Typenbauweise<br />

von der Stadt errichtet<br />

<strong>und</strong> zu sehr günstigen Konditionen<br />

an die Anwärter verkauft,<br />

wobei die Gr<strong>und</strong>stücke <strong>in</strong> Erbpacht<br />

vergeben wurden.<br />

Ursprünglich sollte die Siedlung<br />

von privaten Bauträgern errichtet<br />

werden, doch war dafür<br />

die Vorf<strong>in</strong>anzierung nicht sicherzustellen.<br />

Die Siedler<br />

sollten auf<br />

ihren zwischen<br />

600<br />

<strong>und</strong> 1000<br />

Quadratmeter<br />

großen<br />

Gr<strong>und</strong>stückenGemüse<br />

anbauen<br />

<strong>und</strong> Kle<strong>in</strong>vieh h<strong>alten</strong>. Im Haustyp<br />

I waren Stallung <strong>und</strong> Wohnbereich<br />

unter e<strong>in</strong>em Dach, beim<br />

Haustyp II waren die Stallungen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Anbau untergebracht.<br />

Die Siedler gründeten schon<br />

1913 den „Vere<strong>in</strong> am Stadtpark“,<br />

e<strong>in</strong>en Bürgervere<strong>in</strong> zur<br />

Selbsthilfe, der beim Erwerb<br />

von Grabeland, Saatgut <strong>und</strong><br />

Dünger half. Er tagte ab 1914<br />

im <strong>neuen</strong> Café Kl<strong>in</strong>dworth,<br />

e<strong>in</strong>em stattlichen Haus an der<br />

Ecke Stadtparkallee/Holste<strong>in</strong>straße,<br />

das e<strong>in</strong> beliebter Anlaufpunkt<br />

für die Stadtpark-Spaziergänger<br />

wurde. Hier spielten<br />

Tanzkapellen auf. Auch viele<br />

Mar<strong>in</strong>esoldaten entdeckten<br />

das Lokal, das etwas Abstand<br />

zu den Kasernen <strong>und</strong> Schiffen<br />

bot.<br />

Im Zweiten Weltkrieg wurden<br />

etliche der Siedlungshäuser<br />

von Bomben beschädigt, e<strong>in</strong>ige<br />

wurden später durch Neubauten<br />

ersetzt.

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