6 Jugendbewegte Tatgesinnung (vgl. I/3.2.2.5)
6 Jugendbewegte Tatgesinnung (vgl. I/3.2.2.5)
6 Jugendbewegte Tatgesinnung (vgl. I/3.2.2.5)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
"Wir sind das Bauvolk der kommenden Welt, wir sind der Sämann, die Saat<br />
und das Feld!<br />
[...] Wir sind die Zukunft, wir sind die Tat [...]."<br />
Auch hier begegnet wieder die Landbau-Metaphorik und zwar in einem Lied für<br />
Fabrik-Proleten – Ergebnis der russischen Revolution, die sich als Bewegung der<br />
Arbeiter und Bauern verstand, was wieder im Fahnensymbol von Hammer und<br />
Sichel zum Ausdruck kam.<br />
6.2.2 Die gestaltende Tat bei den Bündischen<br />
Die Wechselbeziehung zwischen Arbeiterjugend-Bewegung und bündischer<br />
Jugend wird an gemeinsamen Liedertexten offenkundig. Nicht nur dass die Jung-<br />
Proletarier das gesamte Liedgut des Wandervogels übernommen hatten, die Bündischen<br />
sangen auch Lieder der Arbeiterjugend, besonders dann, wenn es um das<br />
gemeinsame Tat-Motiv ging. Paradigmatisch für diesen Vorgang ist die Rezeption<br />
des Arbeiterliedes: "WannwirschreitenSeitanSeit", durch die bürgerliche Jugend.<br />
Das bekannte, mehrfach erwähnte Lied verwendet einen Text von Hermann<br />
Claudius, verfasst um 1910; erst jetzt – um 1920 - erhielt er Aktualität und wurde als<br />
"Lied der Arbeiterjugend " vertont (von Arbeiterkomponist Michael Englert) und zwar<br />
in ‘moderner’ neusachlicher Intonation, die das Empfinden eines volkslied-orientierten<br />
Wandervogels verletzen musste, nicht jedoch das der ‘sachlichen’ bündischen<br />
Bewegung. Nun wird das sozialistische "Schreiten" (zur Tat) von der freien Jugendbewegung<br />
übernommen (wie auch von der völkischen und christlichen). Allerdings<br />
gab sich das Anliegen der Arbeiterbewegung nur noch in Spuren im Text zu erkennen<br />
("einer Woche Hammerschlag, einer Woche Häuserquadern"), ansonsten handelt es<br />
sich um ein tat-orientiertes ‘Hülsen-Lied’, das der gesamten bündischen Jugend ins<br />
lebensanschauliche Konzept passte – allerdings mit Ausnahme der antimaskulinistischen<br />
fünften Strophe, die in sämtlichen bündischen Liederbüchern aus gutem Grund<br />
fehlt, weil darin die intergeschlechtliche Tatengemeinschaft angesprochen wird.<br />
Ein Jungsozialist erinnert sich an die Zeit der Rezeption dieses Liedes 603 :<br />
601 mündl. überliefert durch eine Zeitzeugin<br />
602 "Arbeiterjugend-Liederb. ", wie oben, S. 49<br />
603 P. Müller: Romantik & Militanz, in: Schock und Schöpfung, 1986, S. 369<br />
382