6 Jugendbewegte Tatgesinnung (vgl. I/3.2.2.5)
6 Jugendbewegte Tatgesinnung (vgl. I/3.2.2.5)
6 Jugendbewegte Tatgesinnung (vgl. I/3.2.2.5)
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ilden. Auf diese Art konnte man gegen die Kulturkrise wirken – genuines Ziel aller<br />
Reformbewegungen des 20. Jahrhunderts: mit Hilfe des "Siegs aus aller Not". Kampf<br />
als Kulturfunktion tritt hier sogar mit mythischem Bezug des agons in Erscheinung<br />
("der liebe Gott"). Der expressionistische Aktionismus (seit 1911) war in die Jugendbewegung<br />
eingedrungen und hatte begonnen, sich dort auszubreiten; nur ein sehr<br />
verengter Begriff von ‘Moderne’ konnte daraus eine reaktionäre Grundhaltung<br />
konstruieren. Die auf den Wandervogel nachfolgende bündische Generation hat dann<br />
in einem regelrechten Landsknechts-Kult diese agonale Tendenz weitergetragen.<br />
Integraler Bestandteil eines solchen Kampfbegriffs war die Ästhetisierung des<br />
Kampfes (die allerdings auch E. Jünger für die Materialschlachten des Weltkriegs in<br />
neusachlicher Technik-Begeisterung versucht). Landsknechte treten in ‘buntem Zeug’<br />
auf (nicht in Uniformen), mit Hellebarden, die "im schönsten Sonnenschein blinken":<br />
"Die Hellebarden blinken im schönsten Sonnenschein,<br />
die Pauken und die Zinken, die tönen lustig drein.<br />
[...] Hintan ein bunt Gewinmmel, der Landsknecht frohe Zahl.<br />
Sie sehn die ganze Erde von ihrem muntren Pferde [...]." 646<br />
Zweifellos: Hier wird ein mörderisches Kriegshandwerk verharmlost, es fragt sich<br />
jedoch, aus welcher ‘Innensicht’. Aus "empathischer" Perspektive (Dilthey) stellt sich<br />
für halbwüchsige Jungmänner der 20er-Jahre die Krisenbewältigung im lebensideologischen<br />
Kontext dar. Ihnen waren zunächst die glanzvollen Selbstdarsteller wichtig,<br />
die vom hohen Ross aus die ganze Erde überblicken und beherrschen (auch daran sei<br />
erinnert: "morgen die ganze Welt" eines H. Baumann). Ganz im Gegensatz zum<br />
‘Blubo’-Geist der Siedlungsbewegung, die den Bauernstand als Volksernährer feierte,<br />
kommt im vorliegenden Lied die historisch-authentische Verachtung bäuerlicher<br />
Existenz durch die Soldateska des 30-jährigen Krieges zum Ausdruck, als die<br />
Bauern dessen Haupt-Leid- und Kostenträger waren:<br />
"[...] Wer wird sich immer plagen und Stier vorm Pfluge sein?<br />
Vergeblich ist dein Säen, dein Mühen früh und spät [...]<br />
Hinweg mit den Beschwerden, du solltest Landsknecht werden!<br />
Sag, Bauer, willst du mit? Komm her und halte Schritt!"<br />
646 Liederb. "Lieder d. Jugend", 1947, S. 103<br />
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