6 Jugendbewegte Tatgesinnung (vgl. I/3.2.2.5)

E. Kleine. Im kath. Umfeld hatte das Ehepaar Thurmair (Georg Th. & Marie-Luise
Mumelter) eine Art Verfasser-Monopol inne.
Das evang. "Der Jungen Morgenlied" singt von "neuer Fahrt", vom "Tagwerk",
von "fröhlichem Wagen" und vom "Stählen" der "Kräfte" 628 . Die Melodie, in ‘zackigem’
Marschrhythmus, lehnt sich eng an das Lied der deutschen Afrika-Truppen
(Lettow-Vorbeck) an: "Wie oft sind wir geschritten auf schmalem Negerpfad". Das
evang. "Morgenlied war wohl als männlich-jugendbewegtes Kontrastprogramm gegen
die verbreitete süßlich-pietistische Jesus-Frömmigkeit gedacht.
Die liturgische Erneuerung wurde auch direkt angesprochen etwa über den Psalm-
Wort-Titel:
"Singt dem Herrn ein neues Lied, niemand soll` s euchwehren (!)
Darum lasst uns Lob und Preis vor sein Antlitz bringen
und auf seines Worts Geheiß neue Lieder singen!" 629
Außer dass ihnen die Neuerungen verwehrt wurden, hatten die Jugendlichen auch
protestantische Verbündete auf ihrer Seite: Theologen, welche die kalvinistische
Werksgesinnung akzeptierten und die gleichfalls pietistische Tat-Fraktion (vgl.
Zinzendorf). Sogar Jochen Klepper, der ansonsten die passive Ergebenheit in Gottes
Willen betont, findet gelegentlich Worte der Tat:
"Die Hände, die zum Beten ruhn, die macht er stark zur Tat." 630
Auf katholischer Seite gelang dem Jugendführer Rommerskirch ein regelrechter ‘Hit’
mit dem Lied: "Wir sind deine Jungen, uns rufet der Wald" 631 . Das Lied besticht
durch seinen dialektischen Aufbau: Im ersten Teil einer Strophe wird jeweils die
jugendbewegt-bündische Mentalität artikuliert, im zweiten kontrastiert dann die
kirchliche Gegenwelt:
"Wir sind deine Jungen, uns rufet der Wald [...]
Du aber bist der Brunnen im Herzen
628
alle in: "Das junge Lied", 1934/49, Nr. 31
629
wie oben, Nr. 45
630
wie oben, Nr. 32
631
in "Lieder d. Jugend", 1947, S. 4
398