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6 Jugendbewegte Tatgesinnung (vgl. I/3.2.2.5)

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Gelegentlich wird behauptet, die Kirchen hätten die bündische Jugend instrumentalisiert<br />

und domestiziert, so dass es sich um gar keine ‘echte’ (rebellische?)<br />

Jugendlichkeits-Bewegung mehr gehandelt habe. Eher ist das Gegenteil der Fall: Eine<br />

Analyse ihrer Liedertexte legt den Schluss nahe, die Jugend-Mentalität habe das<br />

kirchliche Gemeindeleben und seine Formen grundlegend verändert und ihm so<br />

vielleicht das Überleben gesichert. Dass die Hierarchien dies erkannt haben, beweist<br />

z.B. die Schaffung der "katholischen Aktion"; die Jugendbewegung und mit ihr Teile<br />

der Lebensideologie sollten sozusagen "getauft" werden, eine Praxis, die der<br />

Kirche im frühen Mittelalter den Triumph über das Heidentum bescherte. Ernsthafter<br />

als alle anderen Bünde haben die christlichen Jugendorganisationen die weltanschauliche<br />

Basis der lebensideologisch geprägten Jugendbewegung in die ‘TAT’ umgesetzt.<br />

6.3 Die kämpferische Tat<br />

Die Argumentations-Linie im Kapitel "Die realistische Tat-Gesinnung" (I/<strong>3.2.2.5</strong>)<br />

folgt dem Schema: Kulturkrise – lebensideologische Krisenreaktion – <strong>Tatgesinnung</strong><br />

– kämpferische Tat – kriegerische Tat. Dabei hat man es mit einer umfangreichen<br />

Literatur zum Thema ‘Deutsches Wesen und Aggressivität’ zu tun, weil die<br />

Frage nach den Wurzeln des deutschen Faschismus eine vertiefte, psychoanalytisch<br />

fundierte Aggressionsforschung erforderlich gemacht hat. Besonders in den 1980er-<br />

Jahren beschäftigte die Frage nach dem ‘Kampf’ bzw. ‘Krieg’ bzw. ‘Militarismus’ als<br />

einer ‘männerbündischen’ Denkfigur besonders das literaturwissenschaftlich,<br />

psychologisch und soziologisch motivierte Erkenntnis-Interesse, während sich die<br />

Historiker-Zunft (auch die mentalitätshistorische) eher skeptisch zurückhielt. Eine<br />

wichtige Rolle bei der Behauptung einer typisch deutsch-faschistoiden Mentalität<br />

spielte das Frühwerk Ernst Jüngers und dessen Leserschaft. Die bündische<br />

Jugendbewegung, aber auch schon der Wandervogel, wurden dabei pauschal in dieses<br />

Spektrum eingefügt (Jünger war kurzzeitig Mitglied der "Schilljugend"), nicht ohne<br />

eine ‘männerbündisch’-maskulinistische Tendenz der bündischen Jugend zu<br />

behaupten, was wiederum als Prämisse für deren protofaschistische Grundhaltung<br />

verwendet wurde. Die Jugendbewegung wurde demnach häufig als "typisch deutsch",<br />

"typisch männerbündisch/frauenfeindlich", "typisch parafaschistisch" apostrophiert,<br />

wobei man die weibliche Jugendbewegung, die Arbeiterjugendbewegung, die<br />

christliche Jugendbewegung, aber auch die antifaschistische Jugendbewegung per<br />

definitionem ausklammern musste. Die Wurzeln derartiger faschistoider<br />

Verhaltensparadigmen reichten nach dieser Auffassung in Deutschland mindestens<br />

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