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B e rn h a rd K ru sch e, T o rste n G ro th E d ito ria l

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Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eider so weit von den Interessen und dem Willen<br />

der Bürger entfe<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng>t haben, dass sie erst gar nicht in der<br />

Lage sind, solche P<strong>ro</strong>bleme zu antizipieren und zu berücksichtigen.<br />

Wie auch immer unter diesen Umständen<br />

an<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>ließende Rechtfertigungsversuche für diese oder<br />

irgendeine andere Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidung auch ausfallen und wie<br />

auch immer die Motive und Interessen aussehen, die<br />

man da hinzuerfindet: Es ist ein Dilemma. Man hätte es<br />

wissen können.<br />

Risiko<br />

Eine Ver<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>iebung dieses vor allem politi<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng> diskutierten<br />

P<strong>ro</strong>blems in eine Soziologie des Risikos hinein (vgl.<br />

Luhmann 1991), trägt zwar nicht zur politi<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>en Lösung<br />

des P<strong>ro</strong>blems bei, kann aber dabei helfen, etwas <st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>ärfer<br />

zu sehen, wie Risiken eigentlich p<strong>ro</strong>duziert we<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng>en und<br />

welche kommunikativen Vorkeh<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>ngen man trifft, um<br />

sie bisweilen nicht auffallen zu lassen und um sich gegen<br />

sie abzusiche<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng>.<br />

Generell hält sich hartnäckig die Vo<st<strong>ro</strong>ng>rste</st<strong>ro</strong>ng>llung, man könne<br />

mehr oder weniger riskante oder gar riskante von sicheren<br />

Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen unter<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eiden. Das lässt jedoch<br />

außer Acht, dass Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen immer Risiken bergen<br />

und fe<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng>er, dass Risiken nicht objektiv gegeben sind und<br />

auch nicht ein für alle Mal feststehen, sonde<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng> dass man<br />

vor einer Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidung womöglich andere Risiken beobachtet<br />

und einzugehen glaubt als nach der Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidung.<br />

Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen we<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng>en kommuniziert und setzen<br />

sich dadurch der Beobachtung aus. Das zeigt sich in<br />

Stuttgart eindrücklich. Man wi<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng> immerfort mit anderen<br />

Beobachte<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng>, mit zeitlichen Ver<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>iebungen der<br />

Beobachtung von Risiken und nicht zuletzt mit Überra<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>ungen<br />

im Hinblick darauf rechnen müssen, was<br />

jeweils als <st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>adhafte Konsequenz einer Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidung<br />

beobachtet wi<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng>. Wer beobachtet wann welche Schäden,<br />

die als Konsequenz der Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidung für dieses<br />

P<strong>ro</strong>jekt er<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>einen? Geht es um Schäden für die repräsentative<br />

Demokratie, für die investierenden Unte<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng>ehmen,<br />

für die Natur oder für andere P<strong>ro</strong>jekte, die dann aus<br />

finanziellen Gründen nicht mehr realisiert we<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng>en können?<br />

Es ist demnach ratsam, in solchen Fragen immer<br />

auch eine Systemreferenz anzugeben, um sortieren zu<br />

können, was für wen zu welchem Zeitpunkt ein Risiko<br />

ist. 1 Risiko ist ein Systemzustand, kein Weltzustand.<br />

Insofe<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng> ist jedes beobachtete Risiko systemi<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng> – P<strong>ro</strong>dukt<br />

eines Systems.<br />

.......<br />

Risiken sind gleichsam ein<br />

Abfallp<strong>ro</strong>dukt der Kommunikation<br />

von Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen. Sichere<br />

Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen sind unmöglich.<br />

Risiken sind gleichsam ein Abfallp<strong>ro</strong>dukt der Kommunikation<br />

von Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen. Sichere Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen<br />

sind unmöglich. Gewissheit braucht keine Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidung<br />

und kennt keine Alte<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng>ativen. Jede Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidung ist<br />

somit riskant, denn jede Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidung kommuniziert<br />

nicht nur, was ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>ieden wo<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng>en ist, sonde<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng> auch dass<br />

ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>ieden wo<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng>en ist (Luhmann 2000, S. 123 ff.). Wir<br />

haben es mit einer Form der Kommunikation zu tun, mit<br />

der sich die Gesell<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>aft ihre Kontingenz immerzu selbst<br />

vorführt. Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen sind aus diesem G<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>nd Wohl<br />

und Übel einer Gesell<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>aft, die sich selbst als immer<br />

auch anders möglich be<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>reibt. Die Gesell<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>aft braucht<br />

einerseits Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen, um die durch ihr Kontingenzbewusstsein<br />

entstehende Unsicherheit aufzufangen,<br />

aber andererseits lassen Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen durch ihre<br />

temporäre Festlegung der Zukunft die Unsicherheit<br />

nicht ver<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>winden, sonde<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng> erzeugen sie zugleich auch,<br />

weil sich an ihnen stets mit ablesen lässt, dass sich die<br />

sozialen, sachlichen und zeitlichen Bedingungen ihres<br />

Zustandekommens morgen <st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>on wieder geändert haben<br />

können.<br />

Organisation<br />

Man kann sich nur wunde<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng>, dass es unter diesen<br />

Umständen überhaupt noch jemand wagt zu ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eiden.<br />

Wenn die Gesell<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>aft jedoch auf die durch Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen<br />

und Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungszusammenhänge ermöglichte<br />

Unsicherheitsabsorption angewiesen ist, muss<br />

sie Formen entwickelt haben, die t<strong>ro</strong>tz allem zur Kommunikation<br />

von Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen motivieren können.<br />

Die Gesell<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>aft verlässt sich in dieser Hinsicht auf die<br />

Kommunikationsform der Organisation. Durch Organisationen<br />

lässt sich Motivation für Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen be<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>affen,<br />

weil sie so gebaut sind, dass sie die damit ver-<br />

1 Und auch: was für wen zu welchem Zeitpunkt eine Gefahr ist.<br />

Deshalb auch die in Risikofragen immer anzutreffende Differenzie<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>ng<br />

von Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eide<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng> und Bet<strong>ro</strong>ffenen.<br />

Risiken, ihre Organisation und die Technik ihrer Vermeidung 117 Revue für pos<strong>th</strong>e<strong>ro</strong>i<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>es Management / Heft 7

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