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B e rn h a rd K ru sch e, T o rste n G ro th E d ito ria l

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… dann wü<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng>e kein Men<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng> sie anwenden, ja. Also muss<br />

man ein Gleichgewicht finden, denn es sollten ja mög-<br />

lichst viele Men<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>en die Me<strong>th</strong>ode akzeptieren. Das heißt,<br />

ich muss ein gewisses Risiko erlauben, damit man überhaupt<br />

ansp<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>chsvolle Touren machen kann. Im Nachhinein<br />

muss ich sagen, das war vielleicht das Schwierigste an der<br />

ganzen Angelegenheit. Denn wenn Sie diesen Risikostanda<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng><br />

festlegen wollen, stoßen Sie auf morali<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>e Fragen:<br />

Wie viel Risiko will ich erlauben, also b<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>tal ausgedrückt:<br />

Wie viele Lawinenopfer sind wir bereit zu akzeptieren? Das<br />

ist im G<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>nde genommen eine gesell<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>aftliche Frage.<br />

Genau wie im Verkehr, wo Sie sich überlegen müssen, wie<br />

viele Tote sie akzeptieren wollen, damit wir Mobilität auf<br />

den Straßen haben. Genauso müssen wir uns in den Bergen<br />

überlegen, wie viele Lawinentote können wir akzeptieren,<br />

um unsere Freiheit zu haben. Die Schwierigkeit ist<br />

ja: Meine Me<strong>th</strong>ode muss freiwillig akzeptiert we<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng>en. Das<br />

ist nicht wie im Straßenverkehr, wo ja jeder sich an die<br />

Regeln halten muss. Also muss ich Überzeugungsarbeit<br />

leisten und den Leuten erklären, dass das Risiko klein ist,<br />

wenn sie meine Me<strong>th</strong>ode anwenden.<br />

Nun habe ich meinen Risikostanda<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng> natürlich nicht willkürlich<br />

festgesetzt, sonde<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng> ich orientiere mich am Verband<br />

Deut<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>er Sicherheitsingenieure. Die haben herausgefunden,<br />

dass bei der Arbeit in einer Fabrik auf hunderttausend<br />

unsichere Handlungen ein Todesopfer kommt.<br />

Und das wi<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng> als akzeptabel betrachtet. Dieses Verhältnis,<br />

also eins zu hunderttausend, habe ich genommen und<br />

darauf meine Me<strong>th</strong>ode aufgebaut. Wenn Sie also einhunderttausend<br />

Touren machen, sind Sie ein Mal tot. Und das<br />

halten die meisten Bergsteiger für ve<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng>ünftig, das wi<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng><br />

akzeptiert.<br />

Anfangs war es auße<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng>em eine ungeheuere Herausfo<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng>e<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>ng,<br />

eine in der Anwendung einfache Me<strong>th</strong>ode zu entwickeln,<br />

denn die Schneedecke ist ein hochkomplexes,<br />

offenes, <strong>th</strong>ermodynami<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>es System. Das ist so ungefähr<br />

das Schlimmste, was uns begegnen kann. Und jetzt habe<br />

ich gezeigt, dass einfache Denk und Handlungsmuster<br />

ausreichend sind, um sich in diese Komplexität weitgehend<br />

sicher zu bewegen. Für die meisten ist das ein solcher<br />

Widersp<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>ch, dass sie nicht geglaubt haben, dass<br />

meine Me<strong>th</strong>ode funktioniert …<br />

… aber das tut sie.<br />

Ja, weil sie in der Anwendung einfach ist, aber im Hinterg<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>nd,<br />

was niemand merkt und auch noch kaum jemand<br />

begriffen hat, die Komplexität angemessen abbildet. Da ent-<br />

We<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng>er Munter im Interview<br />

Abb. 1<br />

100 %<br />

50 %<br />

25 %<br />

12,5 %<br />

6,25 %<br />

Verzicht auf<br />

Hänge > 40°<br />

Verzicht auf<br />

Sektor No<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng> (NW-N-NE)<br />

Verzicht auf selten<br />

begangene Hänge<br />

Verzicht auf g<strong>ro</strong>ße<br />

G<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>ppen ohne Abstände<br />

Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungsbaum / Geburt der Reduktionsme<strong>th</strong>ode. »Um eine<br />

Lawinenauslösung möglichst unwahr<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>einlich zu machen, we<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng>en<br />

eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen get<strong>ro</strong>ffen. Jeder Verzicht<br />

halbiert das Ausgangspotenzial.« Munter, Snow How Nr. 28, 1992<br />

spricht sie »Ashby’s Law«, der sagt, je komplexer die Situation,<br />

umso komplexer muss auch die Verhaltensregel sein.<br />

Ich versuche das mal zu erklären: Früher haben wir punktuell<br />

Stabilitäten in der Schneedecke gemessen und glaubten,<br />

damit die Sachen im Griff zu haben. Bei dieser Punktmessung<br />

haben wir angenommen, dass die Schneedecke<br />

am selben Hang weitgehend homogen ist. Das haben wir<br />

einfach vorausgesetzt! Dann haben wir aber gemerkt, dass<br />

die Streuung der Messwerte auße<strong>ro</strong><st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng>entlich g<strong>ro</strong>ß war,<br />

und mussten eine Sicherheitsdistanz einbauen. Wenn Sie<br />

nur ein Kriterium wählen und das Risiko einigermaßen<br />

ein<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>ränken wollen, müssen sie den Spielraum aber <st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>on<br />

9 Revue für pos<strong>th</strong>e<strong>ro</strong>i<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>es Management / Heft 7<br />

Halbie<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>ng<br />

Halbie<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>ng<br />

Halbie<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>ng<br />

Halbie<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>ng<br />

* Zur Vertiefung der strategi<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>en Lawinenkunde: W. Munter:<br />

3 3 Lawinen. Risikomanagement im Wintersport. 4. Auflage.<br />

Garmi<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>-Partenkirchen 2009: Pohl & Schellhammer.

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