B e rn h a rd K ru sch e, T o rste n G ro th E d ito ria l
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undenen Risiken invisibilisieren können. Das ge<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>ieht<br />
nicht positiv, zum Beispiel durch entsprechende Anreize,<br />
sonde<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng> negativ, durch ein Netzwerk von Formen<br />
der Hierarchie, der Autorität und der Arbeitsteilung, das<br />
Beobachter demotiviert, Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen im Hinblick auf<br />
ihre Risiken zu beobachten. 2 Das heißt keinesfalls, dass<br />
Risikokommunikation dort nicht stattfindet. Gerade Organisation<br />
bietet genug Anlässe, Risiken zu beobachten<br />
und zu diskutieren. Aber man hat immer auch die<br />
Möglichkeit, an der Spitze eine Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidung zu treffen,<br />
die nicht mehr hinterfragt we<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng>en kann (Hierarchie);<br />
oder die Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidung so lange wande<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng> zu lassen, bis<br />
sich eine entsprechende Autorität findet, die ein weiteres<br />
Nachhaken automati<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng> blockiert; oder eine Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidung<br />
aus einem Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich<br />
in einen anderen zu entlassen, sodass sich weitere<br />
Rückfragen erübrigen (Arbeitsteilung). Der Trick besteht<br />
im Wesentlichen darin, dass Organisation die Beobachtung<br />
von Risiken selbst riskant macht, denn nun muss man<br />
<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>on die Hierarchie in Frage stellen, Autorität missachten<br />
oder Arbeitsteilung unterlaufen, wenn man auf<br />
Risiken bestimmter Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen hinweisen möchte.<br />
Auch das kommt vor. Aber es ist alles andere als der<br />
Normalfall.<br />
Organisation kann hingegen nicht alle Konsequenzen<br />
der Risikokommunikation kompensieren. Risiken<br />
we<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng>en inte<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng> wie exte<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng> noch häufig genug beobachtet.<br />
Es braucht deshalb auch Formen der Absiche<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>ng für den<br />
Fall, dass das Risiko einer anstehenden Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidung<br />
dennoch ans Licht gezerrt wi<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng> oder die ausge<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>lossenen<br />
Alte<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng>ativen zurückliegender Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen erinnert<br />
we<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng>en. Die in dieser Hinsicht bekanntesten Formen<br />
sind Rationalität, Legitimität und Partizipation<br />
(vgl. B<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>nsson 1985, Luhmann 1969). Rationalität setzt<br />
auf das Vertrauen in sachlich gute Gründe, die sich finden<br />
lassen und entsprechend bereitgehalten we<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng>en<br />
müssen, um das Eingehen eines Risikos rechtfertigen zu<br />
können. Legitimität setzt auf das Vertrauen in eine<br />
letztlich auch rechtmäßig kont<strong>ro</strong>llierbare Einhaltung<br />
bestimmter Verfahrensregeln. Sie setzt so gesehen auf<br />
Zeit, also mi<strong>th</strong>in auf P<strong>ro</strong>zesse, die ein Risiko zwar nicht<br />
minimieren (was sich mit Rationalität immer noch suggerieren<br />
lässt), aber das Versprechen implizieren, dass<br />
man eine Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidung im Laufe des Verfahrens hinlänglich<br />
durch ver<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>iedene Beobachter hat prüfen können.<br />
Und Partizipation bezeichnet eine Kommunika-<br />
tionsform, die daran zu arbeiten versucht, Konsens und<br />
Vertrauen in Bezug auf die beobachteten und die ausge<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>lossenen<br />
Alte<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng>ativen wahr<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>einlicher zu machen.<br />
Man beachte, dass alle drei Absiche<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>ngsformen selbst<br />
keine Sicherheit bieten können, auch kombiniert auftreten<br />
und fe<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng>er nicht nur innerhalb von Organisationen<br />
vorkommen, sonde<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng> gesell<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>aftliche Formen des<br />
Umgangs mit offen kommunizierten Risiken sind, auch<br />
wenn sie sich im Kontext von Organisation vermutlich<br />
am leichtesten identifizieren lassen.<br />
Technik<br />
Das führt uns zurück nach Stuttgart. Was dort augenblicklich<br />
passiert, wi<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng> nun sichtbar als ein Phänomen,<br />
in dem die soeben aufgeführten Absiche<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>ngsmechanismen,<br />
auf die sich die Gesell<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>aft bislang verlassen<br />
hat, nicht mehr in dem Maße greifen, wie man es<br />
früher vielleicht noch erwarten konnte. Die unermüdlichen<br />
Verweise auf die Legitimität entsprechender Verfahren<br />
der Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungsfindung reichen nicht aus.<br />
Man lässt dies einfach nicht mehr gelten. Die immerzu<br />
vorgeführte Rationalität der Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidung (Anbindung<br />
an das eu<strong>ro</strong>päi<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>e Schnellverkehrsnetz; Zeitgewinne<br />
für Bahnreisende; entsprechende Gutachten, dass auch<br />
bei nur acht Gleisen keine Nachteile für Reisende entstehen<br />
etc.) wi<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng> durch die Gegner des P<strong>ro</strong>jekts ebenfalls<br />
nicht akzeptiert und dadurch konterkariert, dass man<br />
sich interessanterweise selbst auf Rationalität be<st<strong>ro</strong>ng>ru</st<strong>ro</strong>ng>ft und<br />
dabei auf andere Gutachten setzt und andere gute Gründe<br />
findet, um das Risiko dieser Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidung weiterhin<br />
zur Schau zu stellen. In Bezug auf Partizipation sind<br />
sich eigentlich beide Seiten einig. Aber es herr<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>t<br />
Uneinigkeit darüber, welche Form der Partizipation<br />
<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>on in diesem Fall und dann auch zukünftig zum Einsatz<br />
kommen sollte. Auf die repräsentative Demokratie<br />
will sich bei den Gegne<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng> des P<strong>ro</strong>jekts, jedenfalls im<br />
Moment, niemand mehr verlassen, und es gibt deshalb<br />
e<st<strong>ro</strong>ng>rn</st<strong>ro</strong>ng>eut Diskussionen über die Vor- und Nachteile basisdemokrati<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>er<br />
Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungsverfahren.<br />
Was kann man unter diesen Umständen tun? Da<br />
sich nicht voraussagen lässt, welche Modi des Umgangs<br />
mit diesem P<strong>ro</strong>blem die gesell<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>aftliche Evolution erzeugt,<br />
könnte man versucht sein, nach Möglichkeiten<br />
zu suchen, Risiken zu vermeiden. Will man aber Risiken<br />
vermeiden, wi<st<strong>ro</strong>ng>rd</st<strong>ro</strong>ng> man Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidungen vermeiden müssen.<br />
Gemeint ist nicht eine Ent<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>eidung darüber, nicht<br />
Risiken, ihre Organisation und die Technik ihrer Vermeidung<br />
118 Revue für pos<strong>th</strong>e<strong>ro</strong>i<st<strong>ro</strong>ng>sch</st<strong>ro</strong>ng>es Management / Heft 7