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Die Deutschen und ihr Drittes Reich... - Adolf-Reichwein-Verein

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eichwein forum Nr. 10 / Oktober 2007<br />

Ob <strong>Reich</strong>wein dem rechten oder dem linken Flügel der<br />

SPD zugerechnet werden kann, ist belanglos. Ab 1933<br />

standen Mitglieder der KPD <strong>und</strong> der SPD, die sofort verboten<br />

wurden, so <strong>und</strong> so auf der Abschussliste der Nazis.<br />

Wenn <strong>Reich</strong>wein 1940 bereits von Moltke in die geheimen<br />

Treffen des Kreisauer Kreises einbezogen wurde,<br />

dann ist das zu einer Zeit, als die <strong>Deutschen</strong> noch an allen<br />

Fronten siegten, wahrlich kein �später Widerstand�.<br />

Bewusst oder unbewusst bedient Dr. Hohmann mit <strong>ihr</strong>em<br />

Buch im Chor mit einigen den Widerstand ähnlich<br />

abwertenden, jüngsten Publikationen, die offenbar im<br />

Trend einer neuerlichen Geschichtsverfälschung liegen,<br />

die rechtsextreme Szene.<br />

Wir haben hier nur solche Äußerungen abgedruckt,<br />

die bisher unveröffentlicht sind. Weitere der Redaktion<br />

bekannt gewordene Reaktionen oder Rezensionen,<br />

die bereits an anderer Stelle publiziert wurden,<br />

finden Sie aber unter der Rubrik �LITERATUR� weiter<br />

hinten im Heft. Sofern uns diese Texte vorliegen,<br />

senden wir sie unseren Mitgliedern auf Anforderung<br />

auch gerne zu.<br />

Marion Gräfin Yorck<br />

v. Wartenburg<br />

<strong>Die</strong> Redaktion<br />

Gottfried Graf Finckenstein<br />

(Historiker)<br />

�Ich habe einen guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf<br />

vollendet, ich habe Glauben gehalten.�<br />

Im 103. Lebensjahr ist mit Marion Gräfin Yorck v. Wartenburg<br />

(geb. Winter) am 13. April 2007 in Berlin eine<br />

der letzten Beteiligten am deutschen Widerstand gegen<br />

Hitler verstorben.<br />

Geboren wird sie am 14. Juni 1904 in eben derselben<br />

Stadt, der sie abgesehen von drei Jahren <strong>ihr</strong> gesamtes<br />

18<br />

Leben verb<strong>und</strong>en bleibt,<br />

als drittes von sechs Kindern<br />

in ein kaisertreues<br />

Elternhaus hinein. Ihr Vater,<br />

der preußische Geheime<br />

Oberregierungsrat<br />

Franz Winter, ist Generalverwaltungsdirektor<br />

der<br />

Königlichen Bühnen in<br />

Berlin, die Mutter Else<br />

geb. Springorum entstammt<br />

einer westfälischenBergwerksbesitzer-<br />

Marion Yorck 1984<br />

familie. In der christlichen,<br />

aber eher kirchenfernen<br />

Erziehung dominieren protestantische Werte wie Fleiß<br />

<strong>und</strong> Wahrheitsliebe, wobei ein Kinderfräulein, wie in<br />

großbürgerlichen Familien seinerzeit nicht unüblich, über<br />

<strong>ihr</strong> behütetes Aufwachsen wacht. Der radikale Einschnitt<br />

durch die Revolutionsereignisse 1918 findet sich in <strong>ihr</strong>er<br />

Autobiographie 25 nur in der Beschreibung des emotionalen<br />

Zusammenbruchs <strong>ihr</strong>es Vaters gespiegelt, welcher<br />

der damals Vierzehnjährigen im Gedächtnis verhaftet<br />

bleibt. Ganz in der Nähe <strong>ihr</strong>es Zuhauses <strong>und</strong> <strong>ihr</strong>er Schule<br />

im Stadtteil Grunewald wird 1922 der <strong>Reich</strong>saußenminister<br />

Walther Rathenau ermordet, ein Onkel <strong>ihr</strong>er engen<br />

Fre<strong>und</strong>in Ursula Andreae, später verheirateter v.<br />

Mangoldt. Sie empfindet dies zwar als einen �Einbruch in<br />

die Idylle�, es politisiert sie aber nicht - die Tagespolitik<br />

mittels Zeitungslektüre zu verfolgen, beginnt sie erst<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg. Wohl registriert sie in den<br />

Jahren der Weimarer Republik das Seismographische<br />

der Kunst <strong>und</strong> verfolgt insbesondere die Theaterinszenierungen,<br />

Politik nimmt sie hingegen als �etwas Gege-<br />

benes, nicht zu Beeinflussendes� 26 wahr. Während <strong>ihr</strong>er<br />

Schulzeit an dem koedukativen Grunewald-Gymnasium<br />

ist sie auch mit <strong>ihr</strong>em Klassenkameraden <strong>Die</strong>trich Bonhoeffer<br />

befre<strong>und</strong>et. <strong>Die</strong> unterschiedliche Konfession der<br />

vielen jüdischen Mitschüler wird <strong>ihr</strong> nicht als potentiell<br />

Trennendes bewußt, untergründige antisemitische Tendenzen<br />

vermag sie nicht festzustellen.<br />

Nach bestandener Reifeprüfung beginnt Marion Winter<br />

in Berlin an der Friedrich-Wilhelms-Universität das Studium<br />

der Medizin, wechselt aber bereits nach einem<br />

Semester an die rechtswissenschaftliche Fakultät <strong>und</strong><br />

hört u.a. bei Professor Martin Wolff, in dessen Seminaren<br />

sie die einzige Studentin ist. Wie auch später beweist<br />

sie in einer von Männern dominierten Umgebung<br />

Selbstbewußtsein, was aber auch Kraft kostet: �Ich muß-<br />

25 Yorck v. Wartenburg, Marion Gräfin: <strong>Die</strong> Stärke der Stille.<br />

Aufgeschrieben von Claudia Schmölders. Köln 1984<br />

26 Ebd., S. 16

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