01.12.2012 Aufrufe

Die Deutschen und ihr Drittes Reich... - Adolf-Reichwein-Verein

Die Deutschen und ihr Drittes Reich... - Adolf-Reichwein-Verein

Die Deutschen und ihr Drittes Reich... - Adolf-Reichwein-Verein

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

lebt 84 <strong>und</strong> auch die AV <strong>ihr</strong>en Betrieb in eingeschränktem<br />

Maße neu aufgenommen habe.<br />

Ockershäuser Blätter, Nr. 2/1916<br />

reichwein forum Nr. 10 / Oktober 2007<br />

In der 2. Nummer der OBl wird auch ein Feldpostbrief<br />

von Bohnenkamp vom 6. April 1916 abgedruckt, in dem<br />

er das Erscheinen der Zeitschrift freudig begrüßt. Er lag<br />

zu dieser Zeit im Stellungskampf vor Verdun. Den AVern<br />

teilt er mit, dass er hinsichtlich der persönlichen Reifung<br />

eines jeden durchaus positive Elemente des Krieges sehe:<br />

�Der Krieg hat schon auch sein Gutes.� Und auch<br />

von Abenteuerlust spricht er: �Etwas Kriegerblut hat<br />

doch jeder�.<br />

Trotz Verdrängung <strong>und</strong> Beschönigung des Kriegsalltags<br />

ist der Brief doch in seinem sprachlichen Tenor vergleichsweise<br />

nüchtern <strong>und</strong> ernst. Da weitere Dokumente<br />

Bohnenkamps aus dieser Zeit, etwa Feldpostbriefe an<br />

seine Angehörigen, fehlen, lässt sich schwerlich sagen,<br />

ob es in der weiteren Entwicklung Akzentverschiebungen<br />

in seiner Einstellung zum Krieg � wie etwa bei<br />

<strong>Reich</strong>wein - gegeben hat.<br />

84 Zur Lage der Hochschulen, insbesondere auch der Marburger<br />

Philipps-Universität, <strong>ihr</strong>er Professoren <strong>und</strong> Studierenden<br />

während des Ersten Weltkrieges vgl.: Wettmann 2000.<br />

30<br />

Bohnenkamp <strong>und</strong> <strong>Reich</strong>wein in der AV Marburg zu<br />

Beginn der Weimarer Republik<br />

Viele der vormals begeisterten Kriegsfreiwilligen sind<br />

während des Kriegsgeschehens<br />

früher oder<br />

später zu Kriegsgegnern,<br />

zu Pazifisten geworden.<br />

Dazu gehört<br />

etwa <strong>Adolf</strong> <strong>Reich</strong>wein.<br />

Von der mörderischen<br />

Destruktivität des Krieges<br />

psychisch zutiefst<br />

erschüttert <strong>und</strong> von der<br />

unerträglichen Erfahrung<br />

des Massenmordens<br />

<strong>und</strong> -sterbens innerlich<br />

aufgewühlt, wird<br />

er zum überzeugten<br />

Kriegsgegner, zum Verfechter<br />

eines entschiedenen<br />

Antimilitarismus,<br />

wird zum Gegner auch<br />

der Todesstrafe, zum<br />

Verächter jeder Gewalt<br />

überhaupt. 85<br />

Doch die Zahl derer, die<br />

im Krieg wie <strong>Reich</strong>wein<br />

den Weg zum Pazifismus<br />

<strong>und</strong> durch die<br />

�Frontkameradschaft�<br />

quer durch alle sozialen<br />

Schichten zum Sozialismus<br />

im weitesten Sinne<br />

gef<strong>und</strong>en hatten, war<br />

insgesamt gesehen doch gering im Vergleich zur Zahl<br />

jener, die, wie etwa der Schriftsteller Ernst Jünger,<br />

schon bald nach Kriegsende das �Kriegserlebnis� zum<br />

Mythos hochstilisierten, die �Frontkameradschaft�, Disziplin,<br />

militärisches Führer-Gefolgschafts-Verhältnis idealisierten<br />

<strong>und</strong> auf Soldatenfriedhöfen <strong>und</strong> an Gedenkstätten<br />

einen unvergleichlichen Gefallenenkult zelebrierten.<br />

Sie standen in heftiger Opposition zur Weimarer<br />

Demokratie.<br />

Während ich bei <strong>Reich</strong>wein von einem �pazifistischsozialistischen�<br />

Kriegserlebnis sprechen würde, sehe ich<br />

bei Bohnenkamp eher ein �militaristischnationalistisches�.<br />

Am 21. Juni 1919, zu Sonnwend,<br />

85 Wie Hans Bohnenkamp berichtet, hat <strong>Reich</strong>wein auch später<br />

noch lange nach dem Krieg immer wieder von den �vielen gastoten<br />

Kanadiern� erzählt, �die er in einem flandrischen Wald<br />

einmal hat liegen sehen <strong>und</strong> die ihm zum Inbild des grauenhaften<br />

Widersinnes, der im Kriege walte, geworden waren. Nie <strong>und</strong><br />

nirgends zu töten, war ihm die allerselbstverständlichste, allerzwingendste<br />

Konsequenz der menschlichen Verantwortung. Er<br />

zog sie übrigens auf der ganzen Linie, für alles Leben <strong>und</strong> bis<br />

zur Ablehnung des Tötens aus Notwehr [...].� (Bohnenkamp<br />

1949, S. 7).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!