Die Deutschen und ihr Drittes Reich... - Adolf-Reichwein-Verein
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nur bei geselligen Veranstaltungen hatten Frauen ein<br />
Gastrecht.<br />
AV Pfingsten 1914 (Ziffern oben)<br />
Unten sitzend: X, Küllenberg, Mitgau; 1 Hans Wix, 2 Schalow,<br />
3 Willi Wix, 4 Peter Liß, 5 (mittendrin) H. <strong>Die</strong>bel, 6<br />
Würzburger, 7 H. Werner.<br />
reichwein forum Nr. 10 / Oktober 2007<br />
Sitz der AV wurde das etwas oberhalb vom Marburger<br />
Rathaus gelegene ehemalige �Hochzeitshaus� in der Nicolaistr.<br />
3 78 , wo es den AVern gelungen war, geeignete<br />
Räume für <strong>ihr</strong>e Aktivitäten anzumieten. Zu fast allen<br />
Veranstaltungen, auch zum Pfingstfest <strong>und</strong> zu einer Faschingsfeier<br />
1914, die Hans Bohnenkamp maßgeblich<br />
vorbereitet hatte, kamen Dozenten wie der Neukantianer<br />
<strong>und</strong> Sozialpädagoge Paul Natorp, der Theologe Rudolf<br />
Bultmann <strong>und</strong> der Philosoph Nicolai Hartmann, in den<br />
1920er Jahren auch der Romanist Ernst Robert Curtius<br />
<strong>und</strong> der Philosoph Martin Heidegger, die jeder für sich<br />
lebhaften Anteil an der Entwicklung der AV <strong>und</strong> <strong>ihr</strong>er<br />
Mitglieder nahmen.<br />
Mit <strong>ihr</strong>em Bemühen um Aufnahme in den Marburger<br />
Studentenausschuss im Sommersemester 1913 zeigte<br />
die AV, dass sie <strong>ihr</strong>en in den Satzungen verankerten<br />
Gr<strong>und</strong>satz, sich tatkräftig für die Belange der Studentenschaft<br />
einsetzen zu wollen, ernst nahm. Bevor sie allerdings<br />
aktiv werden konnte, mussten einige Schwierigkeiten<br />
überw<strong>und</strong>en werden.<br />
Der erste Aufnahmeantrag der AV wurde mit der knappen<br />
Begründung abgelehnt, die Satzung der AV würde<br />
die nationale Gr<strong>und</strong>lage für die Mitgliedschaft nicht ausreichend<br />
berücksichtigen. In <strong>ihr</strong>em Berufungsschreiben<br />
verweisen die AVer darauf, dass laut AV-Satzung für die<br />
Ausübung des aktiven <strong>und</strong> passiven Wahlrechts die<br />
deutsche <strong>Reich</strong>s- bzw. deutsche Stammesangehörigkeit<br />
gefordert sei. Daraufhin nannte der von den traditionellen<br />
Korporationen dominierte Studentenausschuss das<br />
78 <strong>Die</strong> Stadt Marburg hat an diesem Gebäude am 20. Oktober<br />
1998 eine Gedenktafel zur Erinnerung an <strong>Adolf</strong> <strong>Reich</strong>wein <strong>und</strong><br />
28<br />
neutrale Bildungsprinzip der AV als Haupthinderungsgr<strong>und</strong><br />
für die Aufnahme, da dieses gegen das nationale<br />
Prinzip verstoße. In einer längeren Erklärung versuchte<br />
das AV-Gründungsmitglied Hans Wix darzulegen, dass<br />
die AV niemals eine antinationale Stellung einnehmen<br />
werde. Als auch diese Eingabe abgelehnt wurde, wandte<br />
sich die AV an die Universitätsdeputation mit der Bitte<br />
um Vermittlung. <strong>Die</strong> Universitätsbehörde sah mit der<br />
(aufgr<strong>und</strong> interner Schwierigkeiten inzwischen erfolgten)<br />
Selbstauflösung des Studentenausschusses die Sachlage<br />
augenscheinlich als erledigt an, doch gab sich die AV<br />
damit nicht zufrieden. Am 4. Juli 1913 schrieb Egmont<br />
Kroug im Namen der �Commission der Akademischen<br />
<strong>Verein</strong>igung in Sachen des Ausschusses� <strong>und</strong> bat um<br />
Aufklärung darüber, ob die Universitätsdeputation die<br />
Auffassung des Studentenausschusses teile.<br />
Ein Vermerk auf dem Schreiben bek<strong>und</strong>et, dass der dortige<br />
Universitätsrichter dem AV-Vorstandsmitglied Hans<br />
Bohnenkamp mündlich versichert hatte, die Deputation<br />
wolle eine Antwort suchen. Ob dieses Bemühen zu Ergebnissen<br />
führte, ist nicht bekannt. <strong>Die</strong> AV vermutete<br />
hinter der Nichtaufnahme in den Studentenausschuss <strong>ihr</strong>e<br />
Weigerung, in die AV-Satzung einen engen Nationalitätsparagraphen,<br />
der Juden ausschloss, aufzunehmen.<br />
Ob dieser Verdacht zu Recht bestand, ist aus den Quellen<br />
des Marburger Universitätsarchivs nicht eindeutig zu<br />
belegen. 79<br />
AV 1914<br />
Vorne Bohnenkamp, dahinter Rasch, daneben Th. Winter.<br />
Das spektakulärste Ereignis in der Geschichte der Jugendbewegung<br />
vor dem Ersten Weltkrieg war das gemeinsame<br />
Treffen der jugendbewegten Gruppen auf<br />
dem Hohen Meißner am 13. Oktober 1913, just an dem<br />
Tag, an dem im ganzen Kaiserreich mit viel Pomp die<br />
Jahrh<strong>und</strong>ertfeier im Gedenken an die Völkerschlacht von<br />
Leipzig <strong>und</strong> das 25jährige Regierungsjubiläum Wilhelms<br />
II. ausgerichtet wurden.<br />
die AV angebracht (Vgl.: �Oberhessische Presse� vom 21. Oktober<br />
1998).<br />
79 Vgl.: Bias-Engels 1988, S. 117f.