ZU EINER KONZEPTION VON H. HAARMANN45neuerer Arbeiten (Budja 2001; Renfrew, Boyle 2000; Zvelebil 1995a, b; 2002, mitweiterer Literatur).Die Genforscher können den von ihnen am rezenten Material ermittelten Verbreitungsbildernbisher allerdings keine zeitliche Tiefe verleihen. Diese Karten gebenkeine Auskunft darüber, ob die Genkonzentrationen schon im Paläolithikumexistierten oder sich erst später herausbildeten (z. B. infolge einer Klimaanpassung)oder in der Völkerwanderungszeit, als Sarmaten und Hunnen vom Ostennach dem Westen vorstießen. Deshalb stützen sich die Genforscher um Cavalli-Sforza auf die Behauptung von M. Gimbutas, in früheren Jahrtausenden seien vonOsteuropa mehrere Expansionswellen der Idg. ausgegangen. Diese ungeprüftübernommenen Behauptungen sind dann ein hinreichender Grund, die heutigeKonzentration bestimmter Gentypen (die in dieser Form vielleicht schon im Paläolithikumbestand!) mit der Expansion der Idg. aus Osteuropa, für H. Haarmannaus dem Wolgagebiet, zu verbinden.Auch hier macht sich der lange Schatten der Wahle-Güntert-Gimbutas-Konzeptionbemerkbar. Weil M. Gimbutas behauptet hatte, aus den osteuropäischenSteppen seien in früheren Jahrtausenden Erobererwellen nach dem Westen ausgegangen,wird von manchen Genforschern die heutige Verbreitung bestimmterGentypen auf die Ausbreitung von Idg. aus dem Osten zurückgeführt. In dem festenVertrauen, dass die von Genforschern postulierte Gleichsetzung eines bestimmtenGentyps mit der Verbreitung der Idg. zutrifft, die wiederum auf dieRichtigkeit der Hypothesen von M. Gimbutas über östliche Einwanderungswellenvertrauen, hat W. Meid (1998) sogar eine Gesamtschau des <strong>Indogermanen</strong>problemsvorgelegt!Wie weit sich die Hypothesen von M. Gimbutas im Denken einiger Indogermanisteneingebürgert haben, sei am Beispiel eines Beitrags von K.-H. Mottausch(2000) erörtert. Er versucht, die Vorgeschichte des idg. Vokalsystems zu erhellenund geht u. a. davon aus, es habe eine "Zeit der Völkertrennung" der Idg. gegeben.K.-H. Mottausch versucht, die von ihm aufgestellten Entwicklungsstadien des Idg.genauer absolut zu bestimmen. Für große Teile Europas wird die Sprachentwicklungwie folgt gegliedert und datiert. Hier werden nur die Phasen seines Schemasaufgeführt, welche mit direkten Datierungen bzw. mit Migrationshypothesen inVerbindung gebracht werden:7.1. Nostratisch (vor 10000 v. Chr.?); 7.2. Frühindogermanisch (ab ca. 10000v. Chr.?); 7.3. Mittelindogermanisch (spätes 5. Jahrt./4. Jahrt. v. Chr.; 1 – StadiumMitteilungen des <strong>SFB</strong> <strong>586</strong> „Differenz und Integration“ 3
46ZUR FORSCHUNGSGESCHICHTEvor 4400 v. Chr., davon 1c – "Kurganwelle" → Alteuropäisch (4400–4300 v.Chr.); 4. – Stadium (vor 3500 v. Chr.); C2 "Kurganwelle" (3500–3300 v. Chr.) →Indogermanisierung Europas; wahrscheinlich Abspaltung des Altanatolischen;7.4. Spätindogermanisch ("Desintegrating PIE"), 3. Jahrt. v. Chr. Ausbreitung desIdg. über größere Räume; 3. "Kurganwelle", dadurch dialektale Abspaltung.Dazu ist Folgendes zu bemerken: Die Existenz einer nostratischen Sprachschicht(Bomhard, Kerns 1994; Dolgopolsky 1998) ist in der Sprachwissenschafthöchst umstritten (vgl. Renfrew, Nettle 1999), wie K.-H. Mottausch (2001) selbstzugibt. Eine Datierung des "Nostratischen", falls es dieses je gegeben hat, in dieZeit vor 10000 Jahren, muss demnach erst recht reine Spekulation bleiben. Darüberhinaus wird von namhaften Indogermanisten bezweifelt, ob es methodischüberhaupt gerechtfertigt ist, das "Indogermanische" in Phasen und Stufen aufzugliedern(Schlerath 1981; 1994, 343; Untermann 1985; 1989; Meier-Brügger2000, 56 f. – zur Diskussion der Thematik auch Eichner 1988), und erst recht, dievermuteten Phasen unter Berufung auf zweifelhafte Migrationshypothesen zu datieren,wie das W. Meid (1975; 1989, vgl. dazu Häusler 1991a; Schlerath 1992a)getan hat. Wenn K.-H. Mottausch ganz unbefangen über "von Maria Gimbutasherausgearbeitete Wellen der Indogermanisierung ("Kurganisierung") Europas"spricht, wird außer Acht gelassen, dass diese Kurganwellen bzw. Eroberungszügesich durch die archäologischen sowie anthropologischen Befunde keineswegs bestätigenlassen. Natürlich sind Sprachwissenschaftler berechtigt, Hypothesen überdie Sprachentwicklung aufzustellen – nur sollte man sich dabei nicht auf unbewiesene,überholte Migrationshypothesen berufen. Da es weder die vermuteten Bevölkerungswellennoch "Überschichtungen" durch weitere idg. Wanderwellengegeben hat, schwebt das Schema von K.-H. Mottausch im luftleeren Raum.Wenn es in einer Rezension über einen M. Gimbutas gewidmeten Sammelbandheißt: "Maria Gimbutas deren recht konkrete Vorstellungen zur Ausbreitung der<strong>Indogermanen</strong> heute freilich kaum von jemandem außer den für diesen Bandzusammengekommenen Autoren geteilt werden" (Hänsel, Schlerath 2001, 55), soirren die Rezensenten in diesem Punkt. Beispiele für die kritiklose Akzeptanz dieserHypothesen könnten an einer Vielzahl von weiteren Arbeiten der letzten Zeitangeführt werden.www.nomadsed.de/publications.html
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Abb. 8: Scheibenrad von Kideris, D
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Abb. 15: Darstellungen auf Steinkam
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