Quantenmechanik II - Theorie der kondensierten Materie - Carl von ...
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Skript zur<br />
<strong>Quantenmechanik</strong> <strong>II</strong><br />
umgesetzt <strong>von</strong> Jan Behrends<br />
Sebastian Meier<br />
Stefan Trotzky<br />
Prof. Dr. Martin Holthaus
Für Bernd.<br />
Das Skript entstand im Laufe <strong>der</strong> Vorlesung ” <strong>Quantenmechanik</strong> <strong>II</strong>“ an <strong>der</strong><br />
<strong>Carl</strong> <strong>von</strong> Ossietzky Universität Oldenburg im Sommersemester 03<br />
aus dem Manuskript des Dozenten und studentischen Vorlesungsmitschriften.<br />
Die Urheberrechte liegen bei dem Dozenten.<br />
0. korrigierte Auflage
INHALTSVERZEICHNIS 3<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
I Spin und Drehimpulsaddition 5<br />
I.1 Spin 1/2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
I.2 Die Pauli-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />
I.2.1 Vom Spin erzeugte magnetische Momente . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
I.2.2 Der Zeeman-Effekt am Wasserstoffatom . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />
I.2.3 Die Spin-Bahn-Kopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />
I.2.4 Die Pauli-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
I.3 Spinpräzession und Spinresonanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
I.4 Das Stern-Gerlach-Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />
I.5 Addition <strong>von</strong> Drehimpulsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />
I.5.1 Addition <strong>von</strong> zwei beliebigen Drehimpulsen . . . . . . . . . . . . . 30<br />
I.6 Verschiedene Anwendungen <strong>der</strong> Drehimpulsaddition . . . . . . . . . . . . . 34<br />
I.6.1 Addition eines Spin 1<br />
2<br />
und eines Bahndrehimpulses l . . . . . . . . . 34<br />
I.6.2 Energieaufspaltung durch die Spin-Bahn-Kopplung . . . . . . . . . 37<br />
I.6.3 Streuung eines Pions an einem Proton . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />
I.6.4 Addition <strong>von</strong> drei Drehimpulsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />
I.7 Der Isospin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
<strong>II</strong> Streutheorie 47<br />
<strong>II</strong>.1 Formale Lösung <strong>der</strong> zeitunabh. Schrödinger-Gleichung . . . . . . . . . . . . 47<br />
<strong>II</strong>.2 Partialwellenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />
<strong>II</strong>.3 Bornsche Reihe und Bornsche Näherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />
<strong>II</strong>.4 Streuung an Potentialen endlicher Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />
<strong>II</strong>I Wechselwirkung <strong>von</strong> Strahlung mit <strong>Materie</strong> 72<br />
<strong>II</strong>I.1 Wechselwirkung mit einem klassischen Strahlungsfeld . . . . . . . . . . . . 72<br />
<strong>II</strong>I.2 Absorption <strong>von</strong> Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />
<strong>II</strong>I.3 Heuristische Quantisierung des Strahlungsfeldes . . . . . . . . . . . . . . . 83<br />
<strong>II</strong>I.4 Kanonische Quantisierung in <strong>der</strong> Coulomb-Eichung . . . . . . . . . . . . . 88<br />
<strong>II</strong>I.5 Berechnung spontaner Emissionsraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93<br />
<strong>II</strong>I.6 Aus <strong>der</strong> Lasertheorie: Ratengleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
I Spin und Drehimpulsaddition<br />
I.1 Spin 1/2<br />
Viele Elementarteilchen, wie das Elektron, Proton und das Neutron, besitzen einen in-<br />
”<br />
neren“ Drehimpuls: Bei einer Messung <strong>der</strong> Komponente dieses Drehimpulses in Richtung<br />
irgendeiner vorgegebenen ( Quantisierungs“-) Achse findet man nur entwe<strong>der</strong> den Wert<br />
”<br />
+ �<br />
� o<strong>der</strong> − 2 2 . Einen solchen Drehimpuls, <strong>der</strong> einer halbzahligen“ Drehimpulsquanten-<br />
”<br />
zahl ℓ = 1<br />
2<br />
entspricht, besitzt kein klassisches Analogon. Er kann (im Gegensatz zum<br />
Bahndrehimpuls) nicht mit einer Drehung im Anschauungsraum in Verbindung gebracht<br />
werden. Man bezeichnet ihn kurz als ” Spin 1/2“.<br />
Der Spin wird (wie je<strong>der</strong> Drehimpuls) durch einen Vektoroperator � S beschrieben, dessen<br />
3 Komponenten den Vertauschungsrelationen des Drehimpulses gehorchen:<br />
[Sk, Sl] = i� εklm Sm . (I.1.1)<br />
Die Aussage, dass die Komponente des Spins in einer gegebenen Richtung �n nur die beiden<br />
Werte ± �<br />
2 annehmen kann, bedeutet, dass <strong>der</strong> Operator � S·�n (d.h. die Projektion <strong>von</strong> � S auf<br />
�n) nur die beiden Eigenwerte ± � besitzt. Bezeichnet man die zugehörigen Eigenzustände<br />
2<br />
mit |�n ↑〉 bzw. |�n ↓〉, hat man<br />
�S · �n |�n ↑〉 = �<br />
2 |�n ↑〉 bzw. S �<br />
�<br />
· �n |�n ↓〉 = − |�n ↓〉 . (I.1.2)<br />
2<br />
Bei gegebener Richtung �n bilden die beiden Zustände |�n ↑〉 und |�n ↓〉 eine Basis im<br />
” Spinraum“, ein beliebiger Spinzustand |ψ〉 muss also als Linearkombination dieser beiden<br />
Basiszustände darstellbar sein: Die Komponente 〈�n ↑ |ψ〉 ist die Amplitude dafür,<br />
den Spin in Richtung <strong>von</strong> �n“ zu finden, 〈�n ↓ |ψ〉 die Amplitude dafür, den Spin in<br />
” ”<br />
Gegenrichtung <strong>von</strong> �n“ anzutreffen.<br />
Man verwendet meist die Basis, die aus den Eigenzuständen <strong>von</strong> Sz gebildet wird. In<br />
dieser Basis wird ein Spinzustand |ψ〉 durch den zweikomponentigen Vektor<br />
� �<br />
〈�ez ↑ |ψ〉<br />
〈�ez ↓ |ψ〉<br />
(I.1.3)<br />
dargestellt: Dem ” spin up“ - Zustand |ψ〉 = |�ez ↑〉 entspricht <strong>der</strong> Vektor ( 1 0 ), dem ” spin<br />
down“ - Zustand |�ez ↓〉 <strong>der</strong> Vektor ( 0 1 ). Der Operator Sz erhält in dieser Basis die Dar-<br />
stellung<br />
�<br />
〈�ez ↑ | Sz |�ez ↑〉<br />
�<br />
〈�ez ↑ | Sz |�ez ↓〉<br />
〈�ez ↓ | Sz |�ez ↑〉 〈�ez ↓ | Sz |�ez ↓〉<br />
= �<br />
� �<br />
1 0<br />
2 0 −1<br />
. (I.1.4)<br />
Darstellungen <strong>von</strong> Sx und Sy, die mit den Vertauschungsregeln verträglich sind, lauten<br />
dann<br />
Sx = �<br />
�<br />
0<br />
2 δ<br />
δ<br />
∗ �<br />
0<br />
bzw. Sy = �<br />
�<br />
0<br />
2 iδ<br />
−iδ<br />
∗ �<br />
,<br />
0<br />
sofern |δ| = 1. (I.1.5)<br />
5
I.1 Spin 1/2 6<br />
Zum Beispiel folgt aus [Sx, Sz] = −i� Sy sofort<br />
�<br />
〈�ez ↑ | SxSz − SzSx |�ez ↓〉 = − �<br />
�<br />
�<br />
− 〈�ez ↑ | Sx |�ez ↓〉<br />
2 2<br />
und daher 〈�ez ↑ | Sy |�ez ↓〉 = −i 〈�ez ↑ | Sx |�ez ↓〉 usw.<br />
= −i� 〈�ez ↑ | Sy |�ez ↓〉 (I.1.6)<br />
Die Phase <strong>von</strong> δ hängt <strong>von</strong> <strong>der</strong> relativen Phase <strong>der</strong> Basiszustände |�ez ↑〉 und |�ez ↓〉 ab. Es<br />
ist üblich, diese Phase so zu wählen, dass δ = 1. Dann wird <strong>der</strong> Spin durch den Operator<br />
�S = �<br />
�σ (I.1.7)<br />
2<br />
dargestellt, wobei die Komponenten des Vektoroperators �σ durch die Pauli-Spinmatri-<br />
”<br />
zen“<br />
�<br />
0<br />
σx =<br />
1<br />
�<br />
1<br />
,<br />
0<br />
�<br />
0<br />
σy =<br />
i<br />
�<br />
−i<br />
0<br />
und<br />
�<br />
1<br />
σz =<br />
0<br />
�<br />
0<br />
−1<br />
(I.1.8)<br />
gebildet werden.<br />
Diese Matrizen besitzen eine Reihe nützlicher Eigenschaften: Jede <strong>von</strong> ihnen besitzt die<br />
Eigenwerte ±1. Aus<br />
[Sk, Sl] = �2<br />
4 [σk, σl] = i� εklm Sm = i �2<br />
2 εklm σm<br />
folgt die Vertauschungsrelation<br />
(I.1.9)<br />
[σk, σl] = 2i εklmσm . (I.1.10)<br />
Direkte Rechnung zeigt sofort σxσy = iσz und σyσx = −iσz, bzw. allgemeiner<br />
σkσl = i εklm σm für k �= l . (I.1.11)<br />
Daher ” antikommutieren“ verschiedene σ-Matrizen:<br />
σkσl + σlσk = 0 für k �= l . (I.1.12)<br />
Da die Quadratur gleicher σ-Matrizen die Einheitsmatrix ergibt, σ 2 x = σ 2 y = σ 2 z = 12×2,<br />
gibt die Antivertauschungsregel<br />
σkσl + σlσk = 2 δkl . (I.1.13)<br />
Alle diese algebraischen Eigenschaften lassen sich durch<br />
σkσl = δkl + i εklm σm<br />
(I.1.14)
I.1 Spin 1/2 7<br />
zusammenfassen. Äquivalent dazu ist<br />
SkSl = �2<br />
4 δkl + i �<br />
2 εklm Sm . (I.1.15)<br />
Daraus erhält man z.B.<br />
�S 2 = SkSk = 3�2<br />
4<br />
wie erwartet.<br />
� �<br />
1 1<br />
= �2 + 1<br />
2 2<br />
, (I.1.16)<br />
Häufig wird auch folgende Relation benötigt: Sind �a und � b ” normale“ Vektoren (bzw.<br />
Vektoroperatoren, die mit dem Spin kommutieren), so gilt<br />
(�a · �σ)( � b · �σ) = akbl σkσl = akbl(δkl + i εklm σm) = �a · � b + i(�a × � b) · �σ . (I.1.17)<br />
Wie können nun die Eigenzustände <strong>von</strong> � S · �n in eine Basis bzgl. einer an<strong>der</strong>en Achse<br />
umgerechnet werden? Dazu wird zunächst angenommen, dass <strong>der</strong> Einheitsvektor �n durch<br />
Rotation eines an<strong>der</strong>en Einheitsvektors �m um eine Achse in �α-Richtung mit dem (positiven)<br />
Drehwinkel α = |�α| hervorgeht (siehe Abbildung I.1). Für infinitesimal kleine<br />
Drehwinkel gilt dann<br />
�n = �m + �α × �m . (I.1.18)<br />
�m �α × �m<br />
ϑ<br />
�α<br />
�n<br />
Abbildung I.1: Skizze zur Veranschaulichung <strong>der</strong> Drehung <strong>von</strong> �m<br />
Der Drehwinkel ergibt sich ja zu<br />
Drehwinkel = Bogenlänge<br />
Radius<br />
Also gilt auch<br />
�S · �n = � S · �m + � S · (�α × �m)<br />
= |�α| |�m| sin ϑ<br />
|�m| sin ϑ<br />
= � S · �m + εjkl αjmkSl<br />
= � 1<br />
S · �m + αjmk<br />
i� [Sj, Sk]<br />
= |�α| . (I.1.19)<br />
= � S · �m + i<br />
� [� S · �m, � S · �α] , (I.1.20)
I.1 Spin 1/2 8<br />
in erster Ordnung <strong>von</strong> |�α| ist das äquivalent zu<br />
i<br />
�S<br />
−<br />
· �n = e � � i<br />
S·�α<br />
S � · �m e � � S·�α<br />
. (I.1.21)<br />
Diese Überlegungen erinnern stark an einige Zusammenhänge, die bei <strong>der</strong> Diskussion<br />
des Bahndrehimpulses erhalten werden (siehe <strong>Quantenmechanik</strong> I, Abschnitt <strong>II</strong>I.1). Dort<br />
wurde gezeigt, dass eine infinitesimale Raumdrehung mit Hilfe eines Bahndrehimpulsoperators<br />
� L durch<br />
�r ′ = �r + i<br />
� [�α · � L, �r] (I.1.22)<br />
beschrieben wird. In erster Ordnung <strong>von</strong> |�α| ist das äquivalent zu<br />
�r ′ = e i<br />
� �α·� L �r e − i<br />
� �α·� L . (I.1.23)<br />
Diese Beziehung gilt jedoch auch für endliche (nicht infinitesimale) Drehwinkel. Der Beweis<br />
für diese Aussage beruht nur auf den Vertauschungsrelationen des Drehimpulses und<br />
kann daher sofort auf den Spin übertragen werden: Auch Gleichung I.1.21 gilt für endliche<br />
Drehwinkel. Wendet man nun beide Seiten <strong>von</strong> Gleichung I.1.21 auf den Zustand<br />
i<br />
− e � � S·�α |�m ↑〉 an, erhält man<br />
und daher<br />
i<br />
�S<br />
−<br />
· �n e � � S·�α −<br />
|�m ↑〉 = e i<br />
� � S·�α<br />
S �<br />
�<br />
· �m |�m ↑〉 =<br />
2<br />
e− i<br />
� � S·�α |�m ↑〉 (I.1.24)<br />
i<br />
−<br />
e � � S·�α<br />
|�m ↑〉 = |�n ↑〉. (I.1.25)<br />
i<br />
− Der unitäre Operator e � � S·�α hat die Eigenschaft, Eigenzustände <strong>von</strong> S·�m � in Eigenzustände<br />
<strong>von</strong> � S · �n zu überführen, sofern �n durch �α-Drehung aus �m hervorgeht. Damit wirkt dieser<br />
i<br />
− Operator auf den Spinfreiheitsgraden ganz analog wie <strong>der</strong> Drehoperator e � � L·�α auf den<br />
räumlichen Freiheitsgraden. Die Fähigkeit des Spinoperators, Drehungen im Spinraum“<br />
”<br />
zu erzeugen, ist eine direkte Konsequenz <strong>der</strong> Vertauschungsregeln. Nun ist<br />
i<br />
−<br />
e � � S·�α −i �σ·<br />
= e �α<br />
2 (I.1.26)<br />
und<br />
�<br />
�σ · �α<br />
�<br />
=<br />
2<br />
�α �α<br />
·<br />
2 2 =<br />
so dass<br />
�α<br />
−i �σ·<br />
e 2 =<br />
∞�<br />
n=0<br />
= �<br />
n gerade<br />
�<br />
α<br />
�2 2<br />
� �<br />
�α n<br />
−i �σ · 2<br />
n!<br />
� �<br />
α n<br />
−i 2<br />
n!<br />
, (I.1.27)<br />
+ �<br />
n ungerade<br />
� �<br />
α n<br />
−i 2 �σ · �nα<br />
n!<br />
= cos α<br />
2 · 12×2 − i �σ · �nα sin α<br />
, (I.1.28)<br />
2
I.1 Spin 1/2 9<br />
wobei �nα den Einheitsvektor in �α-Richtung bezeichnet. Ist also �α <strong>der</strong> Drehvektor, <strong>der</strong> �ez<br />
in �n überführt, dann besitzt |�n ↑〉 gemäß<br />
�α<br />
−i �σ·<br />
|�n ↑〉 = e 2 |�ez ↑〉 (I.1.29)<br />
im z-System“ die Darstellung<br />
”<br />
� �<br />
�α<br />
−i �σ· 1<br />
�<br />
e 2 = cos<br />
0<br />
α<br />
2 − i �σ · �nα sin α<br />
�<br />
2<br />
� �<br />
1<br />
0<br />
� �<br />
α αz α<br />
cos − i sin<br />
= � 2 α � 2<br />
αx αy α , (I.1.30)<br />
−i + sin α α 2<br />
wobei natürlich �α =<br />
� � αx<br />
αy und α = (α<br />
αz<br />
2 x + α2 y + α2 z) 1<br />
2 .<br />
An<strong>der</strong>s ausgedrückt: Ist ein Spin entlang <strong>der</strong> �n-Achse polarisiert und �α <strong>der</strong> Drehvektor,<br />
<strong>der</strong> �ez in �n überführt, dann erhält man bei Messung des Spins in z-Richtung mit <strong>der</strong><br />
Wahrscheinlichkeit<br />
P↑ =<br />
�<br />
�<br />
�cos α αz<br />
− i<br />
2 α<br />
α<br />
�<br />
�<br />
sin<br />
2<br />
das Resultat up“, bzw. mit<br />
”<br />
��<br />
�<br />
P↓ = � −i αx<br />
�<br />
αy<br />
+ sin<br />
α α<br />
α<br />
�<br />
�<br />
2<br />
das Resultat ” down“.<br />
� 2<br />
� 2<br />
(I.1.31)<br />
(I.1.32)<br />
Beispiel: Es bezeichne �α = − π<br />
2�ex eine Drehung um α = − π um die x-Achse, durch<br />
2<br />
die also die z-Achse auf die y-Achse abgebildet wird. Man erwartet also, dass dann auch<br />
Sz auf Sy abgebildet wird, bzw. σz auf σy. Das gilt in <strong>der</strong> Tat, man hat<br />
σz (σx) n = (−σx) n σz , bzw. (I.1.33)<br />
σz f(σx) = f(−σx) σz und (I.1.34)<br />
σz h(σx, σy, σz) = h(−σx, −σy, σz) σz<br />
für Funktionen f und h. Gemäß Gleichung I.1.21 hat man daher die Transformation<br />
π<br />
i<br />
e 4 σx π<br />
−i<br />
σz e 4 σx π<br />
i<br />
= e 4 σx π<br />
i<br />
e 4 σx σz<br />
genau wie erwartet.<br />
Die unitären 2 × 2 - Matrizen<br />
(I.1.35)<br />
=<br />
π<br />
i<br />
e 2 σx �<br />
σz = cos π<br />
2 + i σx sin π<br />
�<br />
σz<br />
2<br />
= i σx σz = σy , (I.1.36)<br />
�α<br />
−i �σ·<br />
d(�α) = e 2 (I.1.37)
I.2 Die Pauli-Gleichung 10<br />
liefern eine beson<strong>der</strong>e Darstellung <strong>der</strong> Drehgruppe: Wenn �α die Achse �m in �n überführt,<br />
und dann � β die Achse �n in �o (wobei �m, �n, �o wie üblich Einheitsvektoren sind), so gilt<br />
und<br />
mit<br />
Also gilt<br />
�σ · �n = d(�α) �σ · �m d(�α) †<br />
�σ · �o = d( � β) �σ · �n d( � β) †<br />
(I.1.38)<br />
(I.1.39)<br />
d(�α) † �α<br />
i σ·<br />
= e 2 = d(−�α). (I.1.40)<br />
�σ · �o = d( � β) d(�α) �σ · �m d(�α) † d( � β) †<br />
=<br />
�<br />
d( � �<br />
β) d(�α)<br />
�σ · �m<br />
�<br />
d( � � †<br />
β) d(�α)<br />
, (I.1.41)<br />
d.h. die Hintereinan<strong>der</strong>ausführung <strong>der</strong> Drehungen �α und � β entspricht <strong>der</strong> Matrixmultiplikation<br />
d( � β) d(�α). Diese Spindarstellung <strong>der</strong> Drehgruppe besitzt eine interessante Eigenschaft.<br />
Ein Raumdrehung um den Winkel 2π um eine beliebige Achse �n entspricht gar<br />
keiner Drehung, an<strong>der</strong>erseits ist<br />
−iπ �σ·�n<br />
d(2π�n) = e<br />
= cos π − i �σ · �n sin π = −1. (I.1.42)<br />
Eine Drehung um 2π wird durch −1 dargestellt! Allgemeiner bedeutet das, dass die Drehungen<br />
α�n und (α + 2π)�n physikalisch äquivalent sind, also stellen d(α�n) und auch<br />
d(α�n + 2π�n) = d(α�n) d(2π�n) = −d(α�n) die gleiche Drehung dar. Die Spindarstellung<br />
<strong>der</strong> Drehgruppe ist daher zweiwertig.<br />
I.2 Die Pauli-Gleichung<br />
Der Spin eines Teilchens ist ein ” innerer“ Freiheitsgrad, <strong>der</strong> <strong>von</strong> den räumlichen Freiheitsgraden<br />
völlig unabhängig ist. Der Zustand eines Teilchens mit Spin ist erst dann<br />
vollständig spezifiziert, wenn <strong>der</strong> ” räumliche Zustand“ und <strong>der</strong> Spinzustand angegeben<br />
worden sind. Alle Operatoren, die sich auf räumliche Freiheitsgrade beziehen, kommutieren<br />
mit allen Operatoren, die sich aus Spinfreiheitsgrade beziehen, z.B.<br />
[ � S, �r ] 1 = 0<br />
[ � S, �p ] = 0<br />
[ � S, � L] = 0 . (I.2.1)<br />
Um also den Zustand eines Teilchens vollständig anzugeben, benötigt man<br />
1 Diese Schreibweise ist die kurze Form <strong>von</strong> [Si, rj] = 0 ∀i, j
I.2 Die Pauli-Gleichung 11<br />
(i) die Amplituden dafür, das Teilchen an den verschiedenen Raumpunkten �r zu finden,<br />
und<br />
(ii) für jeden Raumpunkt die Amplituden für die möglichen Spinorientierungen.<br />
Wird also z.B. �ez als Quantisierungsachse“ gewählt, benötigt man für jeden Punkt �r<br />
”<br />
sowohl ψ↑(�r), d.h. die Amplitude dafür, das Teilchen am Ort �r mit spin up“ zu finden<br />
”<br />
(Sz = + �<br />
2 ), als auch ψ↓(�r), d.h. die entsprechende Amplitude für spin down“ (Sz = −<br />
” �<br />
2 ).<br />
Die Gesamtwellenfunktion Ψ(�r) kann daher als<br />
� �<br />
ψ↑(�r)<br />
Ψ(�r) =<br />
(I.2.2)<br />
ψ↓(�r)<br />
geschrieben werden. Dann ist<br />
|ψ↑(�r)| 2 + |ψ↓(�r)| 2<br />
(I.2.3)<br />
die Wahrscheinlichkeitsdichte dafür, das Teilchen (mit beliebiger Spinorientierung) am<br />
Ort �r zu finden.<br />
Die Wahrscheinlichkeit dafür, das Teilchen (irgendwo) mit ” spin up“ zu finden, lautet<br />
dann<br />
�<br />
d 3 r |ψ↑(�r)| 2 . (I.2.4)<br />
Die Normierungsgleichung erhält die Form<br />
�<br />
〈Ψ|Ψ〉 = d 3 r � |ψ↑(�r)| 2 + |ψ↓(�r)| 2� , (I.2.5)<br />
wodurch auch das Skalarprodukt für die zweikomponentigen Wellenfunktionen ( ” Pauli-<br />
Spinoren“) festgelegt wird.<br />
Der Gesamtdrehimpuls � J eines Teilchens ist die Summe seines Bahndrehimpulses und<br />
seines Spins<br />
�J = � L + � S . (I.2.6)<br />
Der Gesamtdrehimpuls erzeugt Drehungen sowohl <strong>der</strong> räumlichen als auch <strong>der</strong> Spinfreiheitsgrade.<br />
Wird �r (im Sinne <strong>der</strong> Abbildung I.1) durch �α in �r ′ gedreht und �m durch<br />
�α in �n, und bezeichnet |�r, �m ↑〉 den (uneigentlichen) Zustand, in dem das Teilchen mit<br />
Sicherheit bei �r mit Spinkomponente + � in Richtung <strong>von</strong> �m zu finden ist, so gilt<br />
2<br />
i<br />
−<br />
e � � J·�α −<br />
|�r, �m ↑〉 = e i<br />
� (� L+ � S)·�α<br />
|�r, �m ↑〉<br />
i<br />
−<br />
= e � � L·�α −<br />
e i<br />
� � S·�α<br />
|�r, �m ↑〉<br />
i<br />
−<br />
= e � � L·�α<br />
|�r, �n ↑〉<br />
= |�r ′ , �n ↑〉. (I.2.7)
I.2 Die Pauli-Gleichung 12<br />
Dabei wurde in <strong>der</strong> zweiten Gleichung [ � L, � S] = 0 benutzt. Für zwei Operatoren A, B gilt<br />
ja<br />
e A+B = e A e B e −[A,B]<br />
2 , (I.2.8)<br />
sofern A und B mit [A, B] kommutieren (vgl. <strong>Quantenmechanik</strong> I, Aufgabe 17 b.).<br />
Wie beobachtet man den Spin? In <strong>der</strong> Hochenergiephysik kann man den Spin eines Elementarteilchens<br />
häufig aus <strong>der</strong> Erhaltung des Gesamtdrehimpulses erschließen. Z.B. beobachtet<br />
man beim Zerfall<br />
Λ ◦ −→ p + π −<br />
(I.2.9)<br />
die Zerfallsprodukte häufig mit einem <strong>von</strong> Null verschiedenen Relativ-Bahndrehimpuls im<br />
Schwerpunktsystem, <strong>der</strong> Bahndrehimpuls des Λ ◦ in seinem Schwerpunktsystem (in dem<br />
es ja ruht!) verschwindet dagegen. Der Gesamtdrehimpuls kann daher nur dann erhalten<br />
sein, wenn das Λ ◦ (wie auch das Proton) über einen Spinfreiheitsgrad verfügt.<br />
Die For<strong>der</strong>ung nach Erhaltung des Gesamtdrehimpulses war (neben <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nach<br />
Energieerhaltung und dem kontinuierlichen Energiespektrum <strong>der</strong> emittierten β-Teilchen)<br />
ein entscheiden<strong>der</strong> Grund, warum W. Pauli die Existenz des Neutrinos postulierte.<br />
Ohne ein solches ” zusätzliches“ Teilchen wären die Erhaltungssätze beim β-Zerfall verletzt!<br />
2<br />
I.2.1 Vom Spin erzeugte magnetische Momente<br />
In <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>energiephysik weist man die Existenz des Spins dagegen durch seine Wechselwirkung<br />
mit einem Magnetfeld nach. Zunächst besitzt eine klassische Ladung e 3 , die<br />
mit einem Drehimpuls � L rotiert, bekanntlich ein magnetisches Moment<br />
�mBahn = e<br />
2m � L . (I.2.10)<br />
Für ein Elektron hat man also<br />
�mBahn = e�<br />
2me<br />
�L<br />
�<br />
= −µB<br />
�L<br />
, (I.2.11)<br />
�<br />
wobei µB = 9, 274·10 −24 Am 2 das Bohrsche Magneton bezeichnet. Dieser klassische Zusammenhang<br />
gilt auch in <strong>der</strong> <strong>Quantenmechanik</strong>. Da dort die drei Komponenten <strong>von</strong> � L nicht<br />
gleichzeitig scharf gemessen werden können, unterliegen die Komponenten <strong>von</strong> �mBahn <strong>der</strong><br />
gleichen Einschränkung. Auch ein Spin � S ruft ein magnetisches Moment hervor, allerdings<br />
mit einem an<strong>der</strong>en Proportionalitätsfaktor. Man schreibt<br />
�mSpin = g e<br />
2m � S , (I.2.12)<br />
2 Beispiel: 60 Co −→ 60 Ni + e − + νe bzw. n −→ p + e − + νe<br />
Ein freies Neutron besitzt eine Halbwertszeit <strong>von</strong> 932 s.<br />
3 Die Ladung e trägt in SI-Einheiten ein negatives Vorzeichen, also e ≈ −1, 6 · 10 −19 C.
I.2 Die Pauli-Gleichung 13<br />
wobei g als Ladéscher g-Faktor, o<strong>der</strong> als gyromagnetischer Faktor bezeichnet wird. Für<br />
ein Elektron erhält man im Rahmen <strong>der</strong> relativistischen <strong>Quantenmechanik</strong> – d.h. aus <strong>der</strong><br />
Dirac-Gleichung – exakt den Wert g = 2. Die darüber hinausgehende Feldtheorie – die<br />
Quantenelektrodynamik (kurz QED) – liefert jedoch systematische Korrekturen zu diesem<br />
Wert:<br />
g − 2 = α<br />
π<br />
wobei α = e2<br />
4πε0�c<br />
+ O<br />
� α 2<br />
π 2<br />
≈ 1<br />
137<br />
�<br />
= 0, 0023193047 . . . , (I.2.13)<br />
die Feinstrukturkonstante bezeichnet. Der führende Term <strong>von</strong><br />
g−2, also α<br />
π ≈ 2, 32 · 10−3 , ist als Schwinger-Term bekannt.<br />
Mit <strong>der</strong> häufig verwendeten Näherung <strong>von</strong> g = 2 für das Elektron ergibt sich für das<br />
gesamte magnetische Moment des Elektrons<br />
�m = �mBahn + �mSpin = e<br />
2me<br />
� �L + 2 � S � . (I.2.14)<br />
Das magnetische Moment ist daher nicht proportional zum Gesamtdrehimpuls � J = � L+ � S.<br />
Für das durch den Spin hervorgerufene magnetische Moment des Protons findet man<br />
�mP = 5, 59 |e|�<br />
2mP<br />
�S<br />
�<br />
≈ 1, 52 · 10 −3 · 2µB<br />
= 5, 59 me<br />
�S<br />
�<br />
mP<br />
µB<br />
�S<br />
�<br />
(mit mP<br />
me<br />
= 1836, 1). (I.2.15)<br />
Das durch den Spin erzeugte magnetische Moment eines Protons ist also um den Faktor<br />
1, 52 · 10 −3 kleiner als das des Elektrons.<br />
Auch neutrale – effektiv ladungsfreie – Teilchen mit Spin haben ein magnetisches Moment.<br />
Für das Neutron gilt<br />
�mN = −3, 83 |e|�<br />
2mN<br />
�S<br />
. (I.2.16)<br />
�<br />
Man kann dieses magnetische Moment als Hinweis auf eine innere Ladungsverteilung<br />
ansehen.<br />
I.2.2 Der Zeeman-Effekt am Wasserstoffatom<br />
Die Energie eines magnetischen Moments �m in einem Magnetfeld � B ist E = −�m · � B.<br />
Daher erhält man für ein Teilchen mit Spin in einem Magnetfeld den Hamilton-Operator<br />
HSpin = −�mSpin · � B(�r, t) . (I.2.17)<br />
Betrachtet man also ein Wasserstoffatom in einem homogenen Magnetfeld und wählt das<br />
Vektorpotential � A = 1<br />
2 � B × �r, so hat man<br />
H = 1<br />
2me<br />
�<br />
�p − e � �2 A − e<br />
me<br />
�S · � B − e2<br />
4πε0<br />
1<br />
, (I.2.18)<br />
r
I.2 Die Pauli-Gleichung 14<br />
also in erster Ordnung <strong>von</strong> � B<br />
H = �p2<br />
−<br />
2me<br />
e2<br />
4πε0<br />
Eine Nebenrechnung führt zu<br />
1 e � �<br />
− �p · A � + �<br />
e<br />
A · �p −<br />
r 2me<br />
me<br />
�p · � A + � A · �p = �p · 1<br />
2 � B × �r + 1<br />
2 � B × �r · �p<br />
�S · � B . (I.2.19)<br />
= − 1<br />
2 �p · �r × � B + 1<br />
2 � B × �r · �p<br />
= − 1<br />
2 �p × �r · � B + 1<br />
2 � B · �r × �p = � L · � B . (I.2.20)<br />
Damit lautet <strong>der</strong> Hamilton-Operator also<br />
H = H0 − e<br />
2me<br />
� �L + 2 � S � · � B , (I.2.21)<br />
wobei H0 <strong>der</strong> Hamilton-Operator des ungestörten Systems ist, also ohne Magnetfeld � B.<br />
Wählt man die z-Achse in Feldrichtung, so lautet <strong>der</strong> Störoperator<br />
Hint = − eB<br />
2me<br />
� �<br />
Lz + 2Sz . (I.2.22)<br />
Gäbe es keinen Spin, hätte man in erster Ordnung die Energieverschiebungen<br />
∆E = 〈nlm|HI|nlm〉 = − e�<br />
Bm = µBBm . (I.2.23)<br />
2me<br />
§<br />
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Abbildung I.2: Aufspaltung des Energienieveaus für l = 1 (unter <strong>der</strong> Annahme s = 0) bei<br />
Anlegen eines Magnetfeldes<br />
Die (2l + 1)-fache Drehimpulsentartung wird somit durch das Magnetfeld aufgehoben<br />
(s. Abbildung I.2). Dieser sogenannte normale Zeeman-Effekt wird hier allerdings nicht<br />
beobachtet, son<strong>der</strong>n nur im Fall eines verschwindenden Gesamtspins. Da hier aber s = 1<br />
2<br />
ist, lautet die tatsächliche Aufspaltung in hinreichend starken“ Fel<strong>der</strong>n<br />
”<br />
∆E = 〈nlmsz|HI|nlmsz〉 = µBB � �<br />
m + 2sz . (I.2.24)<br />
Eine solche ” zusätzliche“ Aufspaltung (s. Abbildung I.3) ist ein direkter Hinweis auf die<br />
Existenz des Elektronenspins. Dieser Effekt wird auch anormaler Zeeman-Effekt genannt.<br />
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I.2 Die Pauli-Gleichung 15<br />
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Abbildung I.3: Aufspaltung des Energienieveaus für l = 1 (unter <strong>der</strong> Annahme s = 0) bei<br />
Anlegen eines Magnetfeldes<br />
I.2.3 Die Spin-Bahn-Kopplung<br />
Allerdings findet man dieses einfache Aufspaltungsschema wie oben bereits angedeutet<br />
nur in starken“ Magnetfel<strong>der</strong>n<br />
” 4 . Bewegt sich nämlich ein Elektron mit Geschwindigkeit<br />
�v durch ein elektrisches Feld � E, erfährt es nach <strong>der</strong> speziellen Relativitätstheorie in niedrigster<br />
Ordnung <strong>von</strong> v<br />
c ein Magnetfeld � Bv = 1<br />
c2�v × � E. Dieses Magnetfeld koppelt an das<br />
magnetische Moment und führt zu <strong>der</strong> zusätzlichen Wechselwirkungsenergie5 |e|<br />
m � S · 1<br />
c2 �v × � E . (I.2.25)<br />
Es gibt allerdings noch eine weitere relativistische Korrektur, die sogenannte Thomas-<br />
Präzession. Sie liefert<br />
− 1<br />
2<br />
|e|<br />
mc 2 � S · �v × � E . (I.2.26)<br />
Wenn das elektrische Feld durch ein Zentralpotenmtial verursacht wird, also<br />
|e| � E = − � ∇ V (�r) = − �r<br />
r<br />
dV (r)<br />
dr<br />
, (I.2.27)<br />
dann lautet <strong>der</strong> Operator dieser Wechselwirkungsenergie<br />
HSpin-Bahn = 1<br />
2mc2 � �<br />
S · �v × − �r<br />
�<br />
dV (r)<br />
=<br />
r dr<br />
1<br />
2m2c2 1 dV (r)<br />
r dr<br />
�L · � S . (I.2.28)<br />
Man hat also eine Spin-Bahn-Kopplung. Damit also das vorher beobachtete Aufspaltungsschema<br />
näherungsweise richtig ist, muss die Energie <strong>der</strong> Wechselwirkung mit dem � B-Feld<br />
sehr groß sein im Vergleich zur Spin-Bahn-Wechselwirkungsenergie.<br />
4Natürlich dürfen diese Fel<strong>der</strong> auch nicht zu stark“ sein, da hier Störungsrechnung in erster Ordnung<br />
”<br />
<strong>von</strong> B betrieben wurde.<br />
5O<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s herum: Ein bewegter magnetischer Dipol liefert im Laborsystem einen elektrischen Dipol,<br />
<strong>der</strong> mit � E wechselwirkt.
I.3 Spinpräzession und Spinresonanz 16<br />
I.2.4 Die Pauli-Gleichung<br />
Bei Vernachlässigung <strong>der</strong> Spin-Bahn-Wechselwirkung erhält man somit für den Pauli-<br />
Spinor die Bewegungsgleichung<br />
i� ∂<br />
∂t<br />
� � �<br />
ψ↑(�r, t)<br />
=<br />
ψ↓(�r, t)<br />
1<br />
2m<br />
�<br />
�<br />
i � ∇ − e � �2 A(�r, t) − g<br />
2<br />
e�<br />
2m �σ · � B(�r, t) + V (�r, t)<br />
� �ψ↑(�r,<br />
�<br />
t)<br />
.<br />
ψ↓(�r, t)<br />
(I.2.29)<br />
Diese Gleichung wird als Pauli-Gleichung bezeichnet. Dabei ist<br />
�σ · � �<br />
Bz<br />
B =<br />
Bx + iBy<br />
�<br />
Bx − iBy<br />
.<br />
−Bz<br />
(I.2.30)<br />
Bemerkung: Die Größenordnung <strong>der</strong> Spin-Bahn-Wechselwirkungsenergie für das Wasserstoffatom<br />
erhält man aus<br />
HSpin−Bahn = 1<br />
2m 2 c 2<br />
1<br />
r<br />
dV<br />
dr � L · � S und V (r) = − e2<br />
4πε0<br />
wenn man als charakteristischen Wert für r den Bohrschen Radius<br />
a =<br />
4πε0� 2<br />
me 2<br />
1<br />
r<br />
, (I.2.31)<br />
(I.2.32)<br />
einsetzt. Es ergibt sich<br />
ESpin−Bahn ≈<br />
1<br />
2m2c2 e2 � 2 me<br />
4πε0 4πε0�2 �3 � 2<br />
= m<br />
� � 2 2 � � 2 2<br />
e e<br />
2 4πε0�c 4πε0�<br />
= α 2 |E1| . (I.2.33)<br />
Die Größenordnung <strong>der</strong> durch die Spin-Bahn-Wechselwirkung verursachten ” Feinstruktur“<br />
des Spektrums ist also um einen Faktor α 2 kleiner als Bindungsenergien.<br />
I.3 Spinpräzession und Spinresonanz<br />
Vernachlässigt man die räumliche Bewegung eines Teilchens mit Spin in einem Magnetfeld,<br />
lautet <strong>der</strong> Hamilton-Operator einfach<br />
H = − g<br />
2<br />
e<br />
m � S · � B(t) = − g e�<br />
4 m �σ · � B(t) , (I.3.1)<br />
wobei angenommen wird, dass das Magnetfeld zwar räumlich homogen, aber zeitabhängig<br />
ist. Im Heisenberg-Bild erhält man also für den Spin-Operator die Bewegungsgleichung<br />
i� dSj(t)<br />
dt = [Sj(t), H] = − g<br />
2<br />
e<br />
m [Sj(t), Sk(t)]Bk(t) = −i g e�<br />
2 m εjkl SlBk(t) . (I.3.2)
I.3 Spinpräzession und Spinresonanz 17<br />
Die zeitliche Ableitung <strong>von</strong> � S(t) lässt sich also schreiben als<br />
d � S(t)<br />
dt<br />
= ge<br />
2m � S(t) × � B(t) = �m(t) × � B(t) . (I.3.3)<br />
Auf <strong>der</strong> rechten Seite taucht also gerade das Drehmoment auf, das ein magnetisches<br />
Moment �m in einem Feld � B erfährt. Diese Operatorgleichung besagt also, dass die Än<strong>der</strong>ung<br />
des Spin-Drehimpulses durch das äußere Drehmoment bestimmt wird. Ist � B zeitunabhängig<br />
und entlang <strong>der</strong> z-Achse orientiert, also � B = B0�ez, hat man<br />
dSx(t)<br />
dt<br />
mit <strong>der</strong> Lösung<br />
= geB0<br />
2m Sy(t) ,<br />
dSy(t)<br />
dt<br />
Sx(t) = Sx(0) cos ω0t + Sy(0) sin ω0t<br />
Sy(t) = −Sx(0) sin ω0t + Sy(0) cos ω0t<br />
= −geB0<br />
2m Sx(t) ,<br />
dSz(t)<br />
dt<br />
= 0 (I.3.4)<br />
Sz(t) = Sz(0) . (I.3.5)<br />
Der Spin präzediert also um die Feldrichtung, wobei die Spinpräzessionsfrequenz durch<br />
ω0 = geB0<br />
2m<br />
gegeben wird. Für ein Elektron ist ω0 < 0 und<br />
|ω0|<br />
2πB<br />
(I.3.6)<br />
= g|e|<br />
4πm = 2, 80 · 1010 s −1 /T = 2, 80 MHz/Gauß (1 Gauß = 10 −4 T) . (I.3.7)<br />
Weist also <strong>der</strong> Spin zum Zeitpunkt t = 0 in x-Richtung, d.h. hat man anfangs einen<br />
Eigenzustand Sx mit Eigenwert �<br />
2 ,<br />
ergibt sich<br />
〈Sx(0)〉 = 〈�ex ↑ |Sx(0)|�ex ↑〉 = �<br />
2<br />
〈Sy(0)〉 = 0 〈Sz(0)〉 = 0 , (I.3.8)<br />
〈Sx(t)〉 = �<br />
2 cos ω0t , 〈Sy(t)〉 = − �<br />
2 sin ω0t , 〈Sz(t)〉 = 0 . (I.3.9)<br />
Der Erwartungswert des Spin-Operators rotiert also in mathematisch negativer Drehrichtung<br />
(für e > 0) in <strong>der</strong> x-y-Ebene.<br />
Im Schrödinger-Bild folgt die Zeitentwicklung des Spin-Operators <strong>der</strong> Gleichung<br />
i<br />
−<br />
|Ψ(t)〉 = e � Ht |Ψ(0)〉<br />
= e i geB0 2m<br />
Sz<br />
� t |Ψ(0)〉<br />
= e iω0t σz 2 |Ψ(0)〉<br />
=<br />
� � � � ��<br />
ω0t<br />
ω0t<br />
cos + iσz sin |Ψ(0)〉 . (I.3.10)<br />
2<br />
2
I.3 Spinpräzession und Spinresonanz 18<br />
Der Spin rotiert hier also mit <strong>der</strong> Winkelgeschwindigkeit ω0 um die negative z-Achse.<br />
Diese Spinpräzession wurde zur Messung <strong>von</strong> g−2 für das µ (Myon) ausgenutzt: In einen<br />
Speicherring, <strong>der</strong> senkrecht zu seiner Ebene <strong>von</strong> einem homogenen Magnetfeld durchsetzt<br />
war, wurden in Bewegungsrichtung spinpolarisierte µ gefüllt. Diese kreisen dann mit <strong>der</strong><br />
Zyklotron-Frequenz im Ring, während gleichzeitig <strong>der</strong> Spin präzediert. Da nun g �= 2,<br />
” geht die Spinrichtung (im Vergleich zur Zyklotronbewegung) geringfügig vor“. Das µ<br />
zerfällt im Ring,<br />
µ → e + νµ + ¯νe , (I.3.11)<br />
wobei die Elektronen vorzugsweise in die dem µ-Spin entgegengesetzte Richtung emittiert<br />
werden. Wenn man also die Zahl <strong>der</strong> Zerfallselektronen misst, wobei die Zähler nur einen<br />
begrenzten Öffnugswinkel haben und daher nur Elektronen mit vorgegebener Richtung<br />
registrieren, so wird diese Zahl aufgrund <strong>der</strong> Spinpräzession periodisch moduliert. Aus <strong>der</strong><br />
Modulationsfrequenz kann man g−2 bestimmen. Nach Berücksichtigung aller Korrekturen<br />
findet man eine sehr gute Übereinstimmung mit dem theoretischen Wert. Weitere Informationen<br />
hierzu findet man z.B. in D.H. Perkins: Introduction to High Energy Physics.<br />
Addison-Wesley, Reading 1982.<br />
Da ein Spin in einem Magnetfeld � B0 = B0�ez mit einer Winkelgeschwindigkeit ω0 = geB0<br />
2m<br />
um die negative z-Achse präzediert, scheint er festzustehen, wenn er aus dem ” mitrotierenden“<br />
Bezugssystem betrachtet wird. Man kann das mit Hilfe eines Zusatzfeldes erklären,<br />
das im rotierenden System auftaucht und das das <strong>von</strong> außen angelegte Feld gerade kompensiert:<br />
Rotiert das System mit −ω um �ez, hat man diesem System offensichtlich ein<br />
effektives � B-Feld <strong>der</strong> Stärke<br />
Beff = B0 − 2mω<br />
ge<br />
. (I.3.12)<br />
Wenn man also (zusätzlich zu dem starken“ Feld, in dem <strong>der</strong> Spin präzediert) noch ein<br />
”<br />
” schwaches“ Feld anlegen könnte, das im rotierenden System stationär ist und z.B. in dessen<br />
x-Richtung weist, dann würde <strong>der</strong> Spin im rotierenden System nur dieses schwache<br />
Feld spüren und um dieses präzedieren. Auf diese Weise könnte ein spin up“-Zustand<br />
”<br />
durch das Zusatzfeld in einen spin down“-Zustand transformiert werden.<br />
”<br />
Im Laborsystem müsste das Zusatzfeld zirkular polarisiert sein, also<br />
�B = B1<br />
⎛ ⎞<br />
cos ω0t<br />
⎝−<br />
sin ω0t⎠<br />
, (I.3.13)<br />
2<br />
0<br />
wobei die Frequenz ω0 im Radio-Bereich liegt. Solche Fel<strong>der</strong> sind jedoch nur schwer realisierbar.<br />
Stattdessen verwendet man ein linear polarisiertes Feld<br />
⎛ ⎞<br />
cos ωt<br />
�B = B1 ⎝ 0 ⎠ , (I.3.14)<br />
0
I.3 Spinpräzession und Spinresonanz 19<br />
das ja additiv in zwei entgegengesetzt zirkular polarisierte Fel<strong>der</strong> zerlegt werden kann<br />
�B = B1<br />
⎛ ⎞<br />
cos ωt<br />
⎝−<br />
sin ωt⎠<br />
+<br />
2<br />
0<br />
B1<br />
⎛ ⎞<br />
cos ωt<br />
⎝sin<br />
ωt⎠<br />
. (I.3.15)<br />
2<br />
0<br />
Ein solches Feld erzielt für ω ≈ ω0 den gewünschten Effekt: Transformiert man nämlich<br />
auf das ” mitrotierende“ System des ersten Anteils, erscheint dieser Anteil stationär. Der<br />
zweite Anteil entspricht einer hochfrequent (nämlich mit 2ω) ” gegenrotierenden“ Komponente.<br />
Diese hochfrequente Störung hat im zeitlichen Mittel nur einen geringen Effekt<br />
und kann daher in guter Näherung vernachlässigt werden. Diese Näherung – Zerlegung eines<br />
linear polarisierten Feldes in zwei entgegengesetzt zirkular polarisierte Komponenten,<br />
Transformation in das rotierende System <strong>der</strong> einen Komponente und Vernachlässigung<br />
des an<strong>der</strong>en – wird auch in <strong>der</strong> Quantenoptik häufig angewandt und als “rotating wave<br />
approximation (RWA)” bezeichnet.<br />
Die mathematische Durchführung dieses Gedankens ist nun klar: Ausgangspunkt ist die<br />
Schrödinger-Gleichung für einen Spin in einem statischen Magnetfeld <strong>der</strong> Stärke B0 in<br />
z-Richtung und einem oszillierenden, in x-Richtung linear polarisierten Feld <strong>der</strong> Stärke<br />
B1, also<br />
i� d<br />
|Ψ(t)〉 = −g<br />
dt 2<br />
e�<br />
2m (B0σz + B1 cos ωt σx) |Ψ(t)〉 . (I.3.16)<br />
Die Transformation auf ein mit ω rotierendes Bezugssystem wird geleistet durch die<br />
unitäre Operation<br />
ωt<br />
i<br />
|Ψ(t)〉 = e 2 σz | ˜ Ψ(t)〉 . (I.3.17)<br />
Daraus folgt<br />
und somit<br />
i� d<br />
ωt<br />
|Ψ(t)〉 = ei 2<br />
dt σz<br />
i d<br />
dt | ˜ Ψ(t)〉 =<br />
� ω − ω0<br />
mit ω0 = geB0<br />
2m und ω1 = geB1<br />
4m .<br />
Jetzt ist<br />
2<br />
�<br />
− �ω<br />
2 σz | ˜ Ψ(t)〉 + i� d<br />
dt | ˜ �<br />
Ψ(t)〉<br />
ωt<br />
−i<br />
cos ωt e 2 σz ωt<br />
i<br />
σx e 2 σz = cos ωt σx e iωtσz<br />
(I.3.18)<br />
ωt<br />
−i<br />
σz − ω1 cos ωt e 2 σz ωt<br />
i<br />
σx e 2 σz<br />
�<br />
| ˜ Ψ(t)〉 (I.3.19)<br />
= cos ωt σx(cos ωt + iσz sin ωt)<br />
= σx<br />
σy<br />
(1 + cos 2ωt) + sin 2ωt . (I.3.20)<br />
2 2
I.3 Spinpräzession und Spinresonanz 20<br />
Die Terme mit <strong>der</strong> Kreisfrequenz 2ω entsprechen <strong>der</strong> hochfrequenten“ gegenrotierenden<br />
”<br />
Komponente. Vernachlässigt man sie, bleibt einfach<br />
i d<br />
dt | ˜ �<br />
ω − ω0<br />
Ψ(t)〉 = σz −<br />
2<br />
ω1<br />
2 σx<br />
�<br />
| ˜ Ψ(t)〉 . (I.3.21)<br />
Zerlegt man nun den Operator auf <strong>der</strong> rechten Seite nach Betrag und Richtung, d.h.<br />
schreibt man<br />
(ω − ω0) σz − ω1σx = Ω �σ mit<br />
�<br />
(I.3.22)<br />
Ω = (ω − ω0) 2 + ω2 1 und<br />
�σ =<br />
ω − ω0<br />
Ω σz − ω1<br />
Ω σx,<br />
so dass �σ 2 = 1, erhält man die Lösung sofort in <strong>der</strong> Form<br />
ωt<br />
i<br />
|Ψ(t)〉 = e 2 σz Ωt<br />
−i<br />
e 2 �σ |Ψ(0)〉 . (I.3.23)<br />
Ist also <strong>der</strong> Spin anfangs in Richtung <strong>der</strong> z-Achse polarisiert,<br />
|Ψ(0)〉 = |�ez ↑〉 , (I.3.24)<br />
so erhält man als Amplitude für einen ” Spinflip“<br />
ωt<br />
−i<br />
〈�ez ↓ |Ψ(t)〉 = e 2 〈�ez ↓ | cos Ωt<br />
ωt<br />
−i<br />
= e 2<br />
ωt<br />
−i<br />
= ie 2<br />
− i �σ sin Ωt<br />
2 |�ez ↑〉<br />
Die Wahrscheinlichkeit für ein Spinflip lautet somit<br />
P↓(t) = |〈�ez ↓ |Ψ(t)〉| 2<br />
= ω2 1 2 Ωt<br />
sin<br />
Ω2 2<br />
ω2 1<br />
=<br />
(ω − ω0) 2 + ω 2 1<br />
Der Wert <strong>von</strong> P↓(t) oszilliert also zwischen 0 und<br />
� 2<br />
−i sin Ωt<br />
�<br />
〈�ez ↓ |�σ|�ez ↑〉<br />
2<br />
ω1 Ωt<br />
sin . (I.3.25)<br />
Ω 2<br />
1<br />
(1 − cos Ωt) . (I.3.26)<br />
2<br />
ω 2 1<br />
(ω−ω0) 2 +ω 2 1<br />
mit <strong>der</strong> Frequenz Ω. Vollstän-<br />
dige Inversion (d.h. P↓(t) = 1) ist nur möglich für ein genau resonantes Feld (ω = ω0)<br />
und wird erreicht, wenn Ωt = π. Durch einen solchen π-Puls kann ein Spinzustand also<br />
gezielt ” umgeschaltet“ werden. In ähnlicher Weise führt ein resonanter π/2-Puls einen<br />
polarisierten Anfangszustand |�ez ↑〉 in eine gleichgewichtete Superposition <strong>von</strong> |�ez ↑〉 und<br />
|�ez ↑〉 über. Fasst man also Spins in einem Magnetfeld als ” qubits“ auf (d.h. als quantenmechanische<br />
Zwei-Niveau-Systeme, die in einem noch hypothetischen Quantencomputer<br />
als Träger <strong>von</strong> Information dienen), so lassen sich einzelne qubits durch <strong>der</strong>artige Pulse
I.3 Spinpräzession und Spinresonanz 21<br />
gezielt manipulieren.<br />
Bemerkung: Das Konzept <strong>der</strong> π-Pulse gilt auch für Pulse mit ” langsam“ verän<strong>der</strong>licher<br />
Einhüllenden und kann sogar ohne Benutzung <strong>der</strong> rotating wave approximation auf Mehr-<br />
Niveau-Systeme ausgedehnt werden. 6<br />
Beispiel: Eine wichtige Anwendung <strong>der</strong> Spinresonanz findet man in <strong>der</strong> Atomuhr. Es<br />
soll zunächst eine vereinfachte Anordnung betrachte werden.<br />
Ein Strahl <strong>von</strong> Teilchen mit Spin wird durch zwei hintereinan<strong>der</strong> angeordnete Resonatoren<br />
geschickt, wobei in beiden ein Wechselfeld � B ′ (t) = B1 cos ωt�ex in x-Richtung herrscht.<br />
Außerdem herrscht überall ein konstantes Feld B0 �ez in z-Richtung. Die Teilchen seien<br />
anfangs in x-Richtung polarisiert; gesucht ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass nach<br />
Austritt aus dem zweiten Resonator ein Spinflip erfolgt ist.<br />
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¢¡¤£<br />
Abbildung I.4: stark vereinfachtes Prinzip einer Atomuhr<br />
Die Schrödingergleichung für einen Elektronenspin (g = 2) lautet dann<br />
i� d e�<br />
|Ψ(t)〉 =<br />
dt 2m (B0σz + B1 cos ωt σx) |Ψ(t)〉 . (I.3.27)<br />
Es wird erneut auf ein rotierendes Bezugssystem“ transformiert.<br />
”<br />
Mit<br />
|Ψ(t)〉 = e i ω0t 2 σz | ˜ �<br />
Ψ(t)〉 ω0 = eB0<br />
�<br />
m<br />
hat man<br />
i� d<br />
dt |Ψ(t)〉 = ei ω 0 t<br />
2 σz<br />
�<br />
− �ω0<br />
2 | ˜ Ψ(t)〉 + i� d<br />
dt | ˜ �<br />
Ψ(t)〉 , also<br />
i d<br />
dt | ˜ Ψ(t)〉 = − eB1<br />
2m cos ωt e−i ω 0 t<br />
2 σz σx e i ω 0 t<br />
2 σz | ˜ Ψ(t)〉<br />
In erster Ordnung <strong>von</strong> B1 also<br />
| ˜ Ψ(t)〉 = | ˜ Ψ(0)〉 + − eB1<br />
2m<br />
�<br />
�<br />
(I.3.28)<br />
= − eB1<br />
2m cos ωt σx e i ω0t σz | ˜ Ψ(t)〉. (I.3.29)<br />
� t<br />
0<br />
dt ′ cos ωt ′ σx e i ω0t ′ σz | ˜ Ψ(0)〉 , (I.3.30)<br />
6 Siehe dazu M. Holthaus, B. Just: ” Generalized π-Pulses“, Phys. Rev. A 49, 1950 (1994)
I.3 Spinpräzession und Spinresonanz 22<br />
wobei <strong>der</strong> Spin zum Zeitpunkt t = 0 in den ersten Resonator eintritt. Dann entspricht<br />
|Ψ(0)〉 = | ˜ Ψ(0)〉 = |�ez ↑〉.<br />
Es sei nun τ <strong>der</strong> Zeitpunkt, an dem <strong>der</strong> Spin aus dem ersten Resonator austritt, und es<br />
seien T bzw. T + τ diejenigen Zeitpunkte, an denen er in den tweiten Resonator ein- bzw.<br />
aus ihm austritt. Die Übergangsamplitude für einen Spinflip lautet dann<br />
da ja<br />
〈�ez ↓ | ˜ Ψ(T + τ)〉 = ieB1<br />
2m<br />
+ ieB1<br />
2m<br />
〈�ez ↓ |σx e iω0t σz |�ez ↑〉 =<br />
� τ<br />
0<br />
� T +τ<br />
T<br />
dt cos ωt e iω0t<br />
dt cos ωt e iω0t , (I.3.31)<br />
� � �<br />
0 0<br />
� �<br />
iω0t −1 e 0<br />
1 1 0 0 eiω0t � � �<br />
1<br />
0<br />
= e iω0t . (I.3.32)<br />
Vernachlässigt man erneut die gegenrotierenden“ (schnell oszillierenden) Terme, findet<br />
”<br />
man<br />
〈�ez ↓ | ˜ Ψ(T + τ)〉 = ieB1<br />
�� τ<br />
dt e<br />
4m 0<br />
i(ω0−ω)t<br />
� T +τ<br />
+ dt e<br />
T<br />
i(ω0−ω)t<br />
�<br />
= ieB1<br />
� i(ω0−ω)τ e − 1<br />
4m ω0 − ω<br />
+ ei(ω0−ω)(T �<br />
+τ) i(ω0−ω)T − e<br />
ω0 − ω<br />
= ieB1 e<br />
4m<br />
i(ω0−ω)τ − 1 � i(ω0−ω)T<br />
1 + e<br />
ω0 − ω<br />
� . (I.3.33)<br />
Das Betragsquadrat diese Ausdrucks ist die gesuchte Spinflipwahrscheinlichkeit<br />
� � � �<br />
2 (ω0−ω)τ<br />
2<br />
ieB1 sin 2<br />
P↓ =<br />
ω0−ω cos<br />
4m<br />
2<br />
2 (ω0 − ω)T<br />
.<br />
2<br />
(I.3.34)<br />
Da nun τ ≪ T , hat P↓ als Funktion <strong>von</strong> ω das Aussehen eines Doppelspalt-Interferenzmusters.<br />
Die Amplitude 〈�ez ↓ | ˜ Ψ(T + τ)〉 beschreibt nämlich eine Interferenz aus zwei Möglichkeiten.<br />
Entwe<strong>der</strong> flippt“ <strong>der</strong> Spin im ersten Resonator o<strong>der</strong> im zweiten; das entspricht<br />
”<br />
den beiden Spalten<br />
� �<br />
im Doppelspaltexperiment. Die langsam“ verän<strong>der</strong>liche Einhüllende,<br />
ω0−ω<br />
”<br />
also sin<br />
2 (ω0−ω)τ<br />
2<br />
2<br />
� 2, entspricht genau dem Beugungsmuster am Einfachspalt. Da<br />
also P↓ sehr empfindlich <strong>von</strong> ω abhängt, lässt sich bei Variation <strong>der</strong> Resonatorfrequenz ω<br />
die durch das statistische Magnetfeld vorgegebene Frequenz ω0 sehr genau einstellen. Die<br />
Empfindlichkeit wird durch T bestimmt.<br />
In einer ” richtigen“ Atomuhr wird allerdings kein Elektronenspin benutzt, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />
Spin eines Atoms (z.B. Cäsium). Der Energieunterschied zwischen ” Spin up“ und ” Spin<br />
down“ wird dann nicht durch ein <strong>von</strong> außen angelegtes Feld B0 bestimmt, son<strong>der</strong>n durch<br />
ein inneratomares Feld. Damit wird ω0 ein durch das Atom selbst bestimmtes (und damit<br />
hervorragend reproduzierbares) ” Frequenznormal“.
I.4 Das Stern-Gerlach-Experiment 23<br />
¢¡<br />
£¥¤<br />
Abbildung I.5: Interferenzmuster eines Doppelspaltes<br />
I.4 Das Stern-Gerlach-Experiment<br />
Ein Spin, <strong>der</strong> ein magnetisches Moment �m verursacht, wechselwirkt gemäß dem Hamilton-<br />
Operator<br />
H = −�m · � B(�r, t) (I.4.1)<br />
mit einem Magnetfeld. Ist also das Feld homogen, hat diese Wechselwirkung keinen direkten<br />
Einfluss auf die räumliche Bewegung des Teilchens. Ist � B dagegen �r-abhängig,<br />
bewegt sich das Teilchen jedoch in die Raumbereiche, in denen die Wechselwirkungsenergie<br />
minimiert wird. Ist z.B. �m parallel zu � B orientiert, wird das Teilchen in Bereiche mit<br />
größeren Feldstärken | � B(�r, t)| gezogen. Ist �m antiparallel zu � B orientiert, bewegt es sich<br />
in Bereiche mit kleineren Feldstärken. Die Kraft auf das Teilchen ist also abhängig <strong>von</strong><br />
<strong>der</strong> Spineinstellung<br />
�F = − � ∇ H = + � ∇ � �m · � B(�r, t) � . (I.4.2)<br />
Diese Kraft wird im Stern-Gerlach-Experiment ausgenutzt. Im ursprünglichen Experiment<br />
schossen Stern und Gerlach im Jahre 1922 einen Strahl <strong>von</strong> Silberatomen durch ein in<br />
z-Richtung orientiertes inhomogenes Magnetfeld, wobei <strong>der</strong> Strahl in zwei Komponenten<br />
aufgespalten wurde.<br />
£ ¢ ¤<br />
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¦¨�����<br />
Abbildung I.6: Schematischer Aufbau des Stern-Gerlach-Experiments<br />
Ein Silberatom hat 47 Elektronen, da<strong>von</strong> koppeln 46 zu einem Zustand mit Spin Null und<br />
Bahndrehimpuls Null. Das verbleibende Elektron befindet sich in einem s-Zustand. Daher<br />
£<br />
¥<br />
¥<br />
¤<br />
¤<br />
¡<br />
¢
I.4 Das Stern-Gerlach-Experiment 24<br />
wird das gesamte magnetische Moment des Silberatoms nur durch den Spin des ” letzten“<br />
Elektrons verursacht. Ist <strong>der</strong> Spin im Zustand |�ez ↑〉, ist �m antiparallel zu � B. Das Atom<br />
wird also nach oben abgelenkt (wegen dBz<br />
dz < 0), ein Zustand |�ez ↓〉 liefert dementsprechend<br />
eine Ablenkung nach unten. Ein beliebiger Spinzustand kann als Linearkombination<br />
|Ψ〉 = |�ez ↑〉〈�ez ↑ |Ψ〉 + |�ez ↓〉〈�ez ↓ |Ψ〉 (I.4.3)<br />
geschrieben werden. Das Feld lenkt die up“-Komponente nach oben und die down“-<br />
” ”<br />
Komponente nach unten ab und führt damit zu einer räumlichen Trennung bei<strong>der</strong> Komponenten.<br />
Ein Teilchen, das nach oben abgelenkt worden ist, hat definitiv den Zustand<br />
” up“. Eine Stern-Gerlach-Apparatur kann also zur Präparation eines spinpolarisierten<br />
Atomstrahls verwendet werden7 .<br />
Es wird nun angenommen, dass ein in x-Richtung spinpolarisiertes Teilchen in die Apparatur<br />
eintritt. In <strong>der</strong> z-Basis lautet seine Wellenfunktion dann<br />
Ψ(�r, t) = 1<br />
� �<br />
ψ0(�r, t)<br />
√ . (I.4.4)<br />
2 ψ0(�r, t)<br />
Beim Austritt nach einem Zeitintervall T hat man<br />
Ψ(�r, t + T ) = 1<br />
� �<br />
ψ↑(�r, t + T )<br />
√ . (I.4.5)<br />
2 ψ↓(�r, t + T )<br />
Da die beiden separierten Komponenten praktisch nicht überlappen, ist<br />
ψ↑(�r, t + T ) · ψ↓(�r, t + T ) ≈ 0 , (I.4.6)<br />
und da <strong>der</strong> Spin nicht flipt“, ist<br />
”<br />
�<br />
d 3 r|ψ↑(�r, t + T )| 2 �<br />
= d 3 r|ψ0(�r, t)| 2 �<br />
=<br />
Anfangs findet man für den Spinerwartungswert bei �r<br />
Ψ † (�r, t) ��σ<br />
2<br />
�<br />
Ψ(�r, t) =<br />
2 �ex<br />
�<br />
|ψ0(�r, t)| 2� , also<br />
d 3 r|ψ↓(�r, t + T )| 2 . (I.4.7)<br />
〈 � S〉t = �<br />
2 �ex . (I.4.8)<br />
Beim Austritt aus <strong>der</strong> Apparatur findet man dagegen<br />
Ψ † (�r, t + T ) ��σ<br />
2<br />
Ψ(�r, t + T ) = �<br />
2 �ez<br />
� |ψ↑(�r, t + T )| 2 − |ψ↓(�r, t + T )| 2� , also<br />
〈 � S〉t+T = 0 . (I.4.9)<br />
7 Wird das magnetische Moment durch einen Bahndrehimpuls l verursacht, beobachtet man eine Aufspaltung<br />
in 2l+1 Komponenten. Das Stern-Gerlach-Prinzip kann daher nur zur Messung des magnetischen<br />
Moments <strong>von</strong> Atomen (und Kernen) verwendet werden.
I.4 Das Stern-Gerlach-Experiment 25<br />
Hier geht <strong>der</strong> ” verschwindende Überlapp“ ein. Wäre dagegen das Feld homogen, hätte<br />
man nur die übliche Spinpräzession<br />
〈 � S〉 hom<br />
t+T = �<br />
2 cos ω0T �ex − �<br />
2 sin ω0T �ey , (I.4.10)<br />
d.h. die Spinpolarisationsrichtung wird lediglich gedreht, während die Spinpolarisation<br />
als solche erhalten bleibt. Die Tatsache, dass ein inhomogenes Feld die Spinpolarisation<br />
auslöscht, kann durch die unterschiedlichen Präzessionsfrequenzen erklärt werden. Teilchen,<br />
die den Apparat in Abb.I.6 weiter oben durchlaufen, ” sehen“ ein kleineres Feld, als<br />
Teilchen weiter unten. Ihre Spins präzedieren also langsamer. Die Gleichung (I.4.9) ergibt<br />
sich als Mittel über die lokalen Präzessionsfrequenzen. Ein inhomogenes Feld dephasiert<br />
den Spin.<br />
Damit, wie verlangt, <strong>der</strong> Mittelwert verschwinden kann, muss die Unsicherheit ∆ω0 <strong>der</strong><br />
lokalen Präzessionsfrequenz die Bedingung ∆ω0 · T � 2π erfüllen. Wegen<br />
∆ω0 = ge ge dBz<br />
∆B ≈ ∆z , (I.4.11)<br />
2m 2m dz<br />
muss also gelten:<br />
� �<br />
�<br />
�<br />
ge dBz �<br />
�<br />
2π<br />
�2m<br />
dz � T � . (I.4.12)<br />
∆z<br />
Dabei ist ∆z die Höhe zwischen den Polschuhen (s. Abb.I.6).<br />
Diese Bedingung an die Stern-Gerlach-Apparatur hat eine einleuchtende Interpretation.<br />
Der Ablenkwinkel ϕ des Wellenpakets wird durch den Quotienten <strong>der</strong> Impulskomponenten<br />
pz und py bestimmt (ϕ ≈ pz<br />
py ). Dabei wird <strong>der</strong> Ausgangs-Querimpuls pz durch die<br />
Inhomogenität bestimmt:<br />
� �<br />
�<br />
pz = �<br />
ge dBz �<br />
�<br />
�2m<br />
dz �<br />
� �<br />
�<br />
ϕ ≈ �<br />
ge dBz �<br />
�<br />
�<br />
�2m<br />
dz � 2<br />
�<br />
T , also (I.4.13)<br />
2<br />
T<br />
py<br />
. (I.4.14)<br />
Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite tritt beim Durchgang eines Wellenpakets durch einen Spalt <strong>der</strong><br />
breite ∆z ein Beugungseffekt auf. Die dadurch verursachte Winkelaufweitung δϕ beträgt<br />
nach <strong>der</strong> Beugungstheorie<br />
δϕ ≈ λ<br />
∆z<br />
2π�<br />
= , (I.4.15)<br />
py∆z<br />
wobei λ = 2π�/py die de Broglie-Wellenlänge <strong>der</strong> einfliegenden Teilchen bezeichnet. Die<br />
Bedingung dafür, dass die beiden separierten Wellenpakete nicht überlappen, lautet offensichtlich<br />
δϕ � 2ϕ, was nun<br />
2π�<br />
py ∆z<br />
�<br />
�<br />
� 2 �<br />
ge<br />
�2m<br />
dBz<br />
dz<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
2<br />
T<br />
py<br />
(I.4.16)
I.4 Das Stern-Gerlach-Experiment 26<br />
bedeutet, bzw.<br />
2π<br />
∆z �<br />
�<br />
�<br />
�<br />
ge<br />
�2m<br />
dBz<br />
dz<br />
�<br />
�<br />
�<br />
� T . (I.4.17)<br />
Das ist genau die bereits vorher mit dem Dephasierungsargument gefundene Bedingung.<br />
Der Stern-Gerlach-Effekt kann nicht mit freien Elektronen durchgeführt werden. Ist<br />
∂Bz �= 0, so ist wegen ∂z � ∇ � B = 0 auch ∂Bx<br />
∂x<br />
– aufgrund <strong>der</strong> Symmetrie <strong>der</strong> Stern-Gerlach-Apparatur – ∂By<br />
∂y<br />
Komponente des � B-Feldes in x-Richtung:<br />
∂Bx<br />
∂x<br />
= −∂Bz<br />
∂z<br />
+ ∂By<br />
∂y �= 0. Nimmt man zur Vereinfachung<br />
= 0, dann erhält man eine<br />
. (I.4.18)<br />
Ein Elektron, das sich mit Geschwindigkeit �v in y-Richtung bewegt, erfährt die Lorentz-<br />
Kraft<br />
⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞<br />
0 Bx vBz<br />
�FL = e ⎝v⎠<br />
× ⎝By⎠<br />
= e ⎝ 0 ⎠ . (I.4.19)<br />
0 Bz −vBx<br />
Aufgrund <strong>der</strong> z-Komponente dieser Kraft wird das Elektron um den Winkel<br />
ϑ ≈ ∆pz<br />
py<br />
= −evBxT<br />
mv<br />
= − e<br />
m BxT (I.4.20)<br />
in z-Richtung abgelenkt. Eine anfängliche Ortsunsicherheit ∆x führt daher zu einer Winkelunsicherheit<br />
� � � �<br />
�<br />
δϑ ≈ �<br />
e ∂Bx � �<br />
�<br />
�m<br />
∂x � T ∆x = �<br />
e ∂Bz �<br />
�<br />
�m<br />
∂z � T ∆x . (I.4.21)<br />
Damit <strong>der</strong> Apparat die beiden Spinkomponenten trennen kann, benötigt man nun<br />
δϑ � 2ϕ, wobei <strong>der</strong> Ablenkwinkel ϕ wie in (I.4.14) durch die Inhomogenität ∂Bz<br />
∂z gegeben<br />
wird. Für g = 2 hat man also<br />
� �<br />
�<br />
ϕ ≈ �<br />
e ∂Bz �<br />
�<br />
� T<br />
�m<br />
∂z � , (I.4.22)<br />
2<br />
und somit<br />
py<br />
δϑ ≈ 2ϕ py<br />
. (I.4.23)<br />
∆px<br />
Damit <strong>der</strong> Strahl, wie vorrausgesetzt, in y-Richtung fliegt, ist py > px notwendig, also hat<br />
man schließlich δϑ > 2ϕ. Die Winkeaufweitung aufgrund <strong>der</strong> Lorentz-Kraft ist also größer,<br />
als die Winkeltrennung <strong>der</strong> beiden Spin-Komponenten. Die Lorentz-Kraft auf das Elektron<br />
” wischt den Stern-Gerlach-Effekt aus“. Daher wird das Stern-Gerlach-Experiment<br />
entwe<strong>der</strong> mit ungeladenen Atomen, o<strong>der</strong> auch mit Ionen durchgeführt. 8<br />
8 Der Lorentz-Ablenkwinkel δϑ ist umgekehrt proportional zur gesamten Ionenmasse, <strong>der</strong> Seperationswinkel<br />
ϕ dagegen umgekehrt proportional zur Elektronenmasse, sofern das magnetische Moment durch<br />
ein Elektron gegeben wird.
I.5 Addition <strong>von</strong> Drehimpulsen 27<br />
I.5 Addition <strong>von</strong> Drehimpulsen<br />
In <strong>der</strong> klassischen Mechanik entspricht die Drehimpulsaddition <strong>der</strong> üblichen Vektoraddition.<br />
In <strong>der</strong> <strong>Quantenmechanik</strong> liegt <strong>der</strong> Drehimpulsaddition eine an<strong>der</strong>e Art <strong>der</strong> Mathematik<br />
zugrunde, die in den Bereich <strong>der</strong> Gruppentheorie gehört. Das einfache Beispiel <strong>der</strong><br />
Addition zweier ” Spin 1/2“ zeigt bereits alles wesentliche und soll daher ausführlich vorab<br />
behandelt werden.<br />
Betrachtet werden also zwei Teilchen mit Spin 1/2 – z.B. ein Proton und ein Neutron,<br />
die zu einem Deuterium gebunden sind. Der Spinoperator für das erste Teilchen sei � S1,<br />
<strong>der</strong> für das zweite � S2. Dann gilt [ � S1, � S2] = 0, da sich die Operatoren auf verschiedene<br />
Teilchen beziehen. Der Zustandsraum für das Zwei-Spin-System ist <strong>der</strong> Produktraum <strong>der</strong><br />
einzelnen Zustände und damit vierdimensional. Wählt man wie üblich die z-Achse als<br />
Quantisierungsachse, hat man in einprägsamer Schreibweise die Basiszustände |↑ ↑〉, |↑ ↓〉,<br />
| ↓ ↑〉 und | ↓ ↓〉, wobei <strong>der</strong> erste Pfeil den Eigenwert <strong>von</strong> S1z und <strong>der</strong> zweite den <strong>von</strong> S2z<br />
bezeichnte.<br />
Der Gesamtspin des Systems wird nun durch den Operator � S = � S1 + � S2 beschrieben. Die<br />
Komponenten dieses Operators gehorchen den Vertauschungsrelationen<br />
[Sj, Sk] = [S1,j + S2,j, S1,k + S2,k] = [S1,j, S1,k] + [S2,j, S2,k]<br />
= i� εjkl S1,l + i� εjkl S2,l =<br />
� �<br />
i� εjkl S1,l + S2,l<br />
= i� εjkl Sl (I.5.1)<br />
und bilden damit erneut einen Drehimpulsoperator. Es lassen sich daher gemeinsame<br />
Eigenzustände |s, m〉 <strong>der</strong> Operatoren � S 2 und Sz finden (vgl. <strong>Quantenmechanik</strong> I, I.3):<br />
�S 2 |s, m〉 = � 2 s(s + 1) |s, m〉 und (I.5.2)<br />
�Sz|s, m〉 = � m |s, m〉 . (I.5.3)<br />
Das Problem <strong>der</strong> Addition“ zweier Spins besteht also darin, diese Zustände |s, m〉 als<br />
”<br />
Linearkombination <strong>der</strong> obigen Produktbasis zu finden. Nun gilt<br />
� �<br />
� �<br />
Sz | ↑↑〉 = (S1,z + S2,z) | ↑↑〉 = + | ↑↑〉 = � | ↑↑〉 , (I.5.4)<br />
2 2<br />
analog erhält man<br />
Sz | ↑↓〉 = 0 , Sz | ↓↑〉 = 0 , Sz | ↓↓〉 = −� | ↓↓〉 . (I.5.5)<br />
Damit besitzt Sz die Eigenwerte +�, −� und 0� (zweifach). Man vermutet daher, dass<br />
die beiden Spins entwe<strong>der</strong> zu einem Gesamtspin 1 koppeln können und dann ein Triplett<br />
<strong>von</strong> Zuständen bilden (s = 1, m = +1, 0, −1), o<strong>der</strong> zu einem Gesamtspin 0, <strong>der</strong> einem<br />
Singlett entspricht (s = 0, m = 0). Das wird durch folgende Rechnung bestätigt: Für die<br />
Leiteroperatoren<br />
S1± = S1x ± iS1y<br />
S2± = S2x ± iS2y (I.5.6)
I.5 Addition <strong>von</strong> Drehimpulsen 28<br />
hat man (vgl. Teil I, Abschnitt <strong>II</strong>I.2)<br />
S1+ | ↑↑〉 = 0<br />
S1+ | ↓↑〉 = �<br />
usw. Außerdem gilt<br />
und daher<br />
� � �<br />
1 1<br />
+ 1 +<br />
2 2 1<br />
�<br />
−<br />
2<br />
1<br />
�<br />
+ 1 | ↑↑〉 = � | ↑↑〉 (I.5.7)<br />
2<br />
S1+S2− = S1xS2x − i S1xS2y + i S1yS2x + S1yS2y<br />
S1−S2+ = S1xS2x + i S1xS2y − i S1yS2x + S1yS2y (I.5.8)<br />
�S 2 = ( � S 2 1 + � S 2 2) 2 = � S 2 1 + � S 2 2 + 2 · � S1 · � S2<br />
= 3<br />
2 �2 + 2S1zS2z + S1+S2− + S1−S2+ . (I.5.9)<br />
Daraus folgt sofort<br />
�S 2 �<br />
3<br />
| ↑↑〉 =<br />
2 �2 + 1<br />
2 �2<br />
�<br />
| ↑↑〉 = � 2 1(1 + 1) | ↑↑〉 (I.5.10)<br />
und ebenso<br />
�S 2 | ↓↓〉 = � 2 1(1 + 1) | ↓↓〉 , (I.5.11)<br />
d.h. | ↑↑〉 = |1, 1〉 und | ↓↓〉 = |1, −1〉.<br />
Um auch den dritten Zustand |1, 0〉 des Tripletts s = 1 zu konstruieren, benutzt man die<br />
Leiteroperatoren des Gesamtspins: Es gilt für S− = S1− + S2− bekanntlich<br />
S− |s, m〉 = � � s(s + 1) − m(m − 1) |s, m〉 , (I.5.12)<br />
also erhält man bei Anwendung auf |1, 1〉 = | ↑↑〉<br />
S− | ↑↑〉 = � √ 1 · 2 − 1 · 0 |1, 0〉<br />
= S1− | ↑↑〉 + S2− | ↑↑〉<br />
= �<br />
�<br />
1 3 1<br />
· −<br />
2 2 2<br />
�<br />
− 1<br />
2<br />
Das liefert sofort die gesuchte Beziehung<br />
�<br />
| ↓↑〉 + � √ 1 | ↑↓〉 . (I.5.13)<br />
|1, 0〉 = 1<br />
√ 2 (| ↑↓〉 + | ↓↑〉) . (I.5.14)<br />
Der noch fehlende Singlett-Zustand |0, 0〉 muss dazu orthogonal sein<br />
|0, 0〉 = 1<br />
√ 2 (| ↑↓〉 − | ↓↑〉) . (I.5.15)
I.5 Addition <strong>von</strong> Drehimpulsen 29<br />
Die Triplett-Zustände sind daher symmetrisch unter Teilchenaustausch, <strong>der</strong> Singlett-<br />
Zustand ist antisymmetrisch.<br />
Das wesentliche Resultat – die Kopplung <strong>von</strong> zwei Spin 1/2 liefert entwe<strong>der</strong> einen Gesamtspin<br />
1 o<strong>der</strong> einen Gesamtspin 0 – schreibt man symbolisch in <strong>der</strong> Form<br />
Da ja<br />
1 1<br />
⊗<br />
2 2<br />
= 1 ⊕ 0 . (I.5.16)<br />
�S1 · � S2 = 1<br />
2 (� S 2 − � S 2 1 − � S 2 2) = 1<br />
2 � S 2 − 3<br />
4 �2 , (I.5.17)<br />
sind die Zustände |s, m〉 auch Eigenzustände <strong>von</strong> � S1 · � S2.<br />
Für einen Triplett-Zustand gilt<br />
�S1 · � S2 |1, m〉 = 1<br />
4 �2 |1, m〉 , (I.5.18)<br />
für das Singlett dagegen<br />
Also ist<br />
�S1 · � S2 |0, 0〉 = − 3<br />
4 �2 |0, 0〉 . (I.5.19)<br />
P1 = 3<br />
4 �2 + � S1 · � S2<br />
ein Projektor auf den Triplett-Anteil,<br />
P0 = 1<br />
4 �2 − � S1 · � S2 = 1 − P1<br />
ein Projektor auf den Singlett-Anteil des Zustandsraums.<br />
Wirkt schließlich zwischen zwei Spin 1/2-Teilchen ein Spin-Potential <strong>der</strong> Form<br />
(I.5.20)<br />
(I.5.21)<br />
V = v0 � S1 · � S2 , (I.5.22)<br />
und ist es in einem Triplett-Zustand attraktiv (v0 < 0), so ist die Wechselwirkung im<br />
Singlett-Zustand dreifach stärker, jedoch repulsiv.
I.5 Addition <strong>von</strong> Drehimpulsen 30<br />
I.5.1 Addition <strong>von</strong> zwei beliebigen Drehimpulsen<br />
Jetzt soll <strong>der</strong> allgemeine Fall behandelt werden: Ausgangspunkt sind zwei kontinuierliche<br />
Drehimpulsoperatoren � J1, � J2 mit den zugehörigen Eigenzuständen |ji mi〉<br />
�J 2<br />
i |ji mi〉 = � 2 ji(ji + 1) |ji mi〉<br />
Jiz |ji mi〉 = �mi |ji mi〉 (i = 1, 2) . (I.5.23)<br />
Da [ � J1, � J2] = 0, erfüllt <strong>der</strong> Operator<br />
�J = � J1 + � J2<br />
erneut die Vertauschungsregeln des Drehimpulses<br />
(I.5.24)<br />
[Jk, Jl] = i� εklm Jm . (I.5.25)<br />
Weiterhin kommutieren auch � J 2<br />
1 und � J 2<br />
2 mit � J: Z.B.<br />
[ � J 2<br />
1 , Jx] = [J 2 1x + J 2 1y + J 2 1z, J1x + J2x]<br />
= [J 2 1y + J 2 1z, J1x]<br />
= 9 J1y[J1y, J1x] + [J1y, J1x]J1y + J1z[J1z, J1x] + [J1z, J1x]J1z<br />
= i� (−J1yJ1z − J1zJ1y + J1zJ1y + J1yJ1z)<br />
= 0 . (I.5.26)<br />
Es lassen sich daher gemeinsame Eigenzustände <strong>von</strong> � J 2 , � Jz, � J 2<br />
1 und � J 2<br />
2 angeben. Diese<br />
Zustände sollen als<br />
|j m j1 j2〉 (I.5.27)<br />
bezeichnet werden<br />
�J 2 |j m j1 j2〉 = � 2 j(j + 1) |j m j1 j2〉<br />
Jz |j m j1 j2〉 = �m |j m j1 j2〉<br />
�J 2<br />
1 |j m j1 j2〉 = � 2 j1(j1 + 1) |j m j1 j2〉<br />
�J 2<br />
2 |j m j1 j2〉 = � 2 j2(j2 + 1) |j m j1 j2〉 . (I.5.28)<br />
Man beachte, dass zwar [ � J 2 , Jz] = 0, aber [ � J 2 , J1z] �= 0. Wenn j eine ” gute Quantenzahl“<br />
ist, dann auch m, nicht jedoch m1 und m2.<br />
Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite hat man die Produktzustände<br />
|j1 m1 j2 m2〉 = |j1 m1〉 |j2 m2〉 , (I.5.29)<br />
9 Hierbei wurde die bekannte Kommutatorbeziehung [AB, C] = A[B, C] + [A, C]B verwendet.
I.5 Addition <strong>von</strong> Drehimpulsen 31<br />
die den (2j1 + 1) · (2j2 + 1)-dimensionalen Zustandsraum für den Gesamtdrehimpuls aufspannen.<br />
Das Problem <strong>der</strong> Drehimpulsaddition“ besteht nun darin, die möglichen Wer-<br />
”<br />
te <strong>von</strong> j, m zu finden und die Zustände |j m j1 j2〉 als Linearkombination <strong>der</strong> Elemente<br />
|j1 m1 j2 m2〉 <strong>der</strong> Produktbasis anzugeben. Dafür hat man zunächst die Vollständigkeitsrelation<br />
|j m j1 j2〉 = �<br />
|j ′ 1 m1 j ′ 2 m2〉〈j ′ 1 m1 j ′ 2 m2 | j m j1 j2〉 . (I.5.30)<br />
j ′ 1 m1<br />
j ′ 2 m2<br />
Die in <strong>der</strong> Vollständigkeitsrelation auftretenden Entwicklungskoeffizienten, d.h. die Skalarprodukte<br />
〈j ′ 1 m1 j ′ 2 m2|j m j1 j2〉, werden als Clebsch-Gordan-Koeffizienten bezeichnet.<br />
Wegen<br />
und<br />
〈j ′ 1 m1 j ′ 2 m2| J 2 1 |j m j1 j2〉 = � 2 j ′ 1(j ′ 1 + 1)〈j ′ 1 m1 j ′ 2 m2 | j m j1 j2〉<br />
= � 2 j1(j1 + 1)〈j ′ 1 m1 j ′ 2 m2 | j m j1 j2〉 (I.5.31)<br />
〈j ′ 1 m1 j ′ 2 m2| Jz |j m j1 j2〉 = �(m1 + m2)〈j ′ 1 m1 j ′ 2 m2 | j m j1 j2〉<br />
= �m 〈j ′ 1 m1 j ′ 2 m2 | j m j1 j2〉 (I.5.32)<br />
sind diese Koeffizienten nur dann <strong>von</strong> Null verschieden, wenn j ′ 1 = j1, j ′ 2 = j2 und zusätz-<br />
lich m = m1 + m2. Die obige Entwicklung reduziert sich daher auf<br />
|j m j1 j2〉 =<br />
�<br />
|j1 m1 j2 m2〉〈j1 m1 j2 m2 | j m j1 j2〉 . (I.5.33)<br />
m1, m2<br />
(m1+m2=m)<br />
Man beachte: Der maximal mögliche Wert <strong>von</strong> m ist j1 + j2. Er tritt genau einmal auf<br />
(m1 = j1, m2 = j2). Der nächstkleinere Wert, m = j1 + j2 − 1, kommt zweimal vor<br />
(m1 = j1, m2 = j2 − 1 o<strong>der</strong> m1 = j1 − 1, m2 = j2). Es gibt daher stets soviele Zustände<br />
mit gegebenem m wie Zerlegungen <strong>der</strong> Form m = m1 + m2. Hat man z.B. j1 = 2 und<br />
j2 = 1, findet man das folgende Schema.<br />
Allgemeiner gilt<br />
m m1, m2<br />
3 2,1<br />
2 2,0 1,1<br />
1 2,-1 1,0 0,1<br />
0 1,-1 0,0 -1,1<br />
-1 0,-1 -1, 0 -2,1<br />
-2 -1,-1 -2,0<br />
-3 -2,-1<br />
Wert <strong>von</strong> m Anzahl <strong>der</strong> Möglichkeiten<br />
m ≥ |j1 − j2| j1 + j2 + 1 − m<br />
−|j1 − j2| < m < |j1 − j2| j1 + j2 + 1 − |j1 − j2|<br />
m ≤ −|j1 − j2| j1 + j2 + 1 − |m|
I.5 Addition <strong>von</strong> Drehimpulsen 32<br />
Um die möglichen Werte <strong>von</strong> j zu finden, kann man sich an den Werten <strong>von</strong> m orientieren.<br />
Offensichtlich ist j = j1 + j2 <strong>der</strong> maximal mögliche Wert des Gesamtdrehimpulses. Gäbe<br />
es einen größeren Wert <strong>von</strong> j, müsste auch das zugehörige m auftreten. Damit findet<br />
man im (2j1 + 1) · (2j2 + 1)-dimensionalen Zustandsraum genau ein ” Multiplett“ zum<br />
Drehimpuls j = j1 + j2, bestehend aus 2(j1 + j2) + 1 Zuständen. Der höchste verbleibende<br />
m-Wert ist nun m = j1 + j2 − 1. Er liefert genau ein Multiplett zu j = j1 + j2 − 1. Dieses<br />
Argument kann bis zu m = |j1 − j2| fortgesetzt werden und liefert jeweils ein Multiplett.<br />
Man sieht also: Ber <strong>der</strong> Kopplung zweier Drehimpulse j1 und j2 kann <strong>der</strong> resultierende<br />
Gesamtdrehimpuls j einen <strong>der</strong> Werte j1 + j2, j1 + j2 − 1, . . ., |j1 − j2| annehmen, also<br />
|j1 − j2| ≤ j ≤ j1 + j2 . (I.5.34)<br />
Jedes Multiplett tritt dabei genau einmal auf<br />
j1 ⊗ j2 =<br />
j1+j2 �<br />
|j1−j2|<br />
j . (I.5.35)<br />
Tatsächlich wird <strong>der</strong> Zustandsraum so vollständig in Teilräume zu festen j zerlegt. Da<br />
je<strong>der</strong> dieser Teilräume die Dimension (2j + 1) besitzt, hat man insgesamt<br />
�<br />
|j1−j2|<br />
j1+j2<br />
(2j + 1) = 2 j1 + j2 + |j1 − j2|<br />
2<br />
(j1 + j2 − |j1 − j2| + 1) + (j1 + j2 − |j1 − j2| + 1)<br />
= 2max (2min + 1) + 2min + 1 = (2max + 1)(2min + 1)<br />
j1,j2 j1,j2<br />
j1,j2<br />
j1,j2<br />
j1,j2<br />
= (2j1 + 1)(2j2 + 1) . (I.5.36)<br />
Der Zustandsraum wird also durch diese Zerlegung vollständig ausgeschöpft.<br />
Die Clebsch-Gordan-Koeffizienten erfüllen einfache Orthogonalitätsrelationen. Da auch<br />
die Zustände |j m j1 j2〉 eine Basis bilden,hat man zunächst<br />
|j1 m1 j2 m2〉 = �<br />
|j m j1 j2〉〈j m j1 j2|j1 m1 j2 m2〉 . (I.5.37)<br />
j<br />
m=m1+m2<br />
Multiplikation <strong>von</strong> links mit 〈j1 m ′ 1 j2 m ′ 2| liefert dann sofort<br />
�<br />
j,m<br />
〈j1 m ′ 1 j2 m ′ 2|j m j1 j2〉〈j m j1 j2|j1 m1 j2 m2〉 = δm1m ′ 1 δm2m ′ 2<br />
. (I.5.38)<br />
Ebenso erhält man aus <strong>der</strong> schon benutzten Entwicklung aus Gleichung I.5.33<br />
|j m j1 j2〉 =<br />
�<br />
|j1 m1 j2 m2〉〈j1 m1 j2 m2 | j m j1 j2〉 (I.5.39)<br />
m1, m2<br />
(m1+m2=m)<br />
die Orthogonalitätsrelation<br />
�<br />
m1,m2<br />
〈j ′ m ′ j1 j2|j1 m1 j2 m2〉〈j1 m1 j2 m2|j m j1 j2〉 = δj j ′ δm m ′ . (I.5.40)
I.5 Addition <strong>von</strong> Drehimpulsen 33<br />
Da die Clebsch-Gordan-Koeffizienten reell gewählt werden können, folgt daraus für j = j ′ ,<br />
m = m ′<br />
�<br />
〈j m j1 j2|j1 m1 j2 m2〉 2 = 1 . (I.5.41)<br />
m1,m2<br />
Um die Clebsch-Gordan-Koeffizienten konkret zu berechnen, benutzt man die Leiteroperatoren<br />
J± = J1± + J2±. Durch ” Anwendung nach rechts“ findet man<br />
〈j1 m1 j2 m2|J±|j m j1 j2〉 = � � j(j + 1) − m(m ± 1) 〈j1 m1 j2 m2|j m±1 j1 j2〉 . (I.5.42)<br />
An<strong>der</strong>erseits ist J + ± = J∓ = J1∓ + J2∓. Durch ” Anwendung nach links“ ergibt sich daher<br />
〈j1 m1 j2 m2|J1∓ + J2∓|j m j1 j2〉<br />
= � � j1(j1 + 1) − m1(m1 ∓ 1) 〈j1 m1∓1 j2 m2|j m j1 j2〉<br />
+ � � j2(j2 + 1) − m2(m2 ∓ 1) 〈j1 m1 j2 m2∓1|j m j1 j2〉 . (I.5.43)<br />
Gleichsetzen bei<strong>der</strong> Ausdrücke liefert die Rekursionsrelation<br />
� j(j + 1) − m(m ± 1) 〈j1 m1 j2 m2|j m±1 j1 j2〉<br />
= � j1(j1 + 1) − m1(m1 ∓ 1) 〈j1 m1∓1 j2 m2|j m j1 j2〉<br />
+ � j2(j2 + 1) − m2(m2 ∓ 1) 〈j1 m1 j2 m2∓1|j m j1 j2〉 , (I.5.44)<br />
mit <strong>der</strong>en Hilfe man alle Koeffizienten bestimmen kann, wenn man zusätzlich noch die<br />
Normierungsrelation (vgl. Gleichung I.5.41) berücksichtig.<br />
Beispiel: Für j1 = 4 und j2 = 3 sind die Clebsch-Gordan-Koeffizienten zu j = 5<br />
gesucht. Die möglichen Werte <strong>von</strong> m1 und m2 bilden dann das Gitter in Abbildung I.7.<br />
���<br />
���<br />
�<br />
���<br />
���<br />
���<br />
¢¡¤£¦¥§¡¤¨�©����¢¡<br />
Abbildung I.7: Gitter <strong>der</strong> möglichen Werte <strong>von</strong> m1 und m2<br />
Die beiden Ecken in dieser Abbildung müssen ausgespart werden, da sonst m1 + m2 nicht<br />
mit j = 5 verträglich wäre!<br />
Auf diesem Gitter verbinden die obigen Rekursionsrelationen Punkte auf Dreiecken in <strong>der</strong><br />
Form, wie in Abbildung I.8 dargestellt.
I.6 Verschiedene Anwendungen <strong>der</strong> Drehimpulsaddition 34<br />
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�¡� ©¨ ¢¡���¥§ ©¨<br />
Abbildung I.8: Dreiecke zur Bestimmung <strong>der</strong> Punkte des Gitters mittels Rekursionsrelationen<br />
Sind zwei <strong>der</strong> Eckpunkte bekannt, kann man den dritten berechnen.<br />
Wählt man die Phase <strong>von</strong> |j j j1 j2〉 geeignet, kann <strong>der</strong> ” Startpunkt“ 〈j1 j1 j2 j−j1|j j j1 j2〉<br />
als positiv vorausgesetzt werden. Auf dem rechten Rand des Gitters gilt dann m1 = j1.<br />
Ausgehend vom Startpunkt kann man die rechte Spalte des Gitter mit<br />
� j(j + 1) − m(m − 1) 〈j1 j1 j2 m2|j m−1 j1 j2〉<br />
= � j2(j2 + 1) − m2(m2 − 1) 〈j1 j1 j2 m2+1|j m j1 j2〉 (I.5.45)<br />
erhalten. Mit Hilfe <strong>der</strong> vollen Rekursionsrelationen lassen sich dann alle Gitterpunkte auf<br />
den Startpunkt zurückführen. Um schließlich den Startpunkt selbst festzulegen, <strong>der</strong> per<br />
Konvention reell und positiv sein soll, benutzt man schließlich die Normierungsrelation<br />
aus Gleichung I.5.41, d.h.<br />
�<br />
〈j m j1 j2|j1 m1 j2 m2〉 2 = 1 . (I.5.46)<br />
m1,m2<br />
Da die Berechnung <strong>der</strong> Clebsch-Gordan-Koeffizienten offensichtlich meist sehr mühsam<br />
ist, sind sie in tabellierter Form zu finden. Anstelle dieser Koeffizienten verwendet man<br />
häufig auch das Wignersche 3j-Symbol<br />
� j1 j2 j3<br />
m1 m2 m3<br />
�<br />
= (−1)j1−j2−m3<br />
√<br />
2j3 + 1 〈j1 m1 j2 m2|j3 −m3 j1 j2〉 . (I.5.47)<br />
I.6 Verschiedene Anwendungen <strong>der</strong> Drehimpulsaddition<br />
I.6.1 Addition eines Spin 1<br />
2<br />
und eines Bahndrehimpulses l<br />
Ein überschaubares (und wichtiges) Beispiel für die Drehimpulsgymnastik“ liefert die<br />
”<br />
Addition eines Spin 1 und eines Bahndrehimpulses l.<br />
2<br />
Der einfachste Fall ergibt sich für l = 0: Für j1 = 1<br />
2 , j2 = l = 0 ist nur j = 1 möglich, und<br />
2<br />
Für j1 = 1<br />
〈 1<br />
2 m1 0 0| 1<br />
2<br />
m 1<br />
2 0〉 = δm1 m . (I.6.1)<br />
2 , j2 = l �= 0 hat man die beiden Möglichkeiten j = l ± 1.<br />
Offensichtlich ist<br />
2<br />
| 1<br />
2 m1 = 1<br />
2 l m2 =l〉 = |l+ 1<br />
2<br />
l+ 1<br />
2<br />
1<br />
2<br />
l〉 . (I.6.2)
I.6 Verschiedene Anwendungen <strong>der</strong> Drehimpulsaddition 35<br />
Um nun den Zustand |l+ 1 1 m l〉 in <strong>der</strong> Produktbasis darzustellen (d.h. um die Clebsch-<br />
2 2<br />
Gordan-Koeffizienten dieses Zustands zu berechnen), wird auf diese Gleichung <strong>der</strong> Leite-<br />
− m)-fach angewandt. Dabei benutzt man<br />
roperator L− + S− = J− (l + 1<br />
2<br />
J−|j m〉 = � � j(j + 1) − m(m − 1) |j m−1〉<br />
Das liefert nun<br />
= � � (j + 1 − m)(j + m) |j m−1〉 . (I.6.3)<br />
1<br />
l+<br />
(J−) 2 −m |l+ 1<br />
2<br />
1<br />
l+<br />
= � 2 −m<br />
1<br />
l+<br />
= � 2 −m<br />
�<br />
�<br />
Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite ist<br />
l+ 1<br />
2<br />
1<br />
2 l〉<br />
(l + 1<br />
(2l + 1)!<br />
− m)! 2 (2l + 1 − l − 1<br />
1 |l+ 2 + m)! 2<br />
(2l + 1)!<br />
1 (l + − m)! 2<br />
(l + 1<br />
2<br />
+ m)! |l+ 1<br />
2<br />
m 1<br />
2<br />
m 1<br />
2 l〉<br />
l〉 . (I.6.4)<br />
J n − = (L− + S−) n = L n − + nL n−1<br />
− S− , (I.6.5)<br />
da ja S2 − = 0. Daher ist zunächst L− (l − 1 − m)-fach anzuwenden:<br />
2<br />
1<br />
l−<br />
(L−) 2 −m | 1<br />
1<br />
l−<br />
= � 2 −m<br />
1<br />
l−<br />
= � 2 −m<br />
Nun ist schließlich<br />
und<br />
S− | 1<br />
2<br />
L−| 1<br />
2<br />
1<br />
2<br />
1<br />
2<br />
�<br />
�<br />
2<br />
1<br />
2<br />
l l〉<br />
(l − 1 − m)! 2<br />
(2l)!<br />
1 l m+ 〉 = �<br />
2<br />
1 (l − − m)! 2<br />
(l + 1<br />
2<br />
= � | 1<br />
2<br />
(2l)!<br />
(2l − l + 1<br />
1 | 2 + m)! 2<br />
+ m)! | 1<br />
2<br />
�<br />
1 3 1 · − 2 2 2<br />
− 1<br />
2<br />
1<br />
2<br />
1<br />
2<br />
l m+ 1<br />
2 〉<br />
1 l m+ 〉 . (I.6.6)<br />
2<br />
1 1 · (− ) | 2 2<br />
− 1<br />
2<br />
�<br />
1 l m+ 〉 = � (l + 2 1<br />
1 1<br />
− m)(l + + m) | 2 2 2<br />
l m+ 1<br />
2 〉<br />
1 l m+ 〉 (I.6.7)<br />
2<br />
Die Zusammenfassung aller Beiträge liefert daher<br />
|l+ 1 1 m l〉 2 2 =<br />
�<br />
1<br />
(2l + 1)(l + 1<br />
�<br />
(l +<br />
− m) 2 1 1 − m) | 2 2<br />
�<br />
+ (l + 1<br />
1 1<br />
− m)(l + + m) | 2 2 2<br />
1 1 l m− 2 2 〉<br />
�<br />
1<br />
2<br />
1 l m− 〉 . (I.6.8)<br />
2<br />
− 1<br />
2<br />
l m+ 1<br />
2 〉<br />
(I.6.9)
I.6 Verschiedene Anwendungen <strong>der</strong> Drehimpulsaddition 36<br />
o<strong>der</strong><br />
|l+ 1<br />
2<br />
m 1<br />
2<br />
l〉 =<br />
+<br />
�<br />
l + 1 − m 2<br />
2l + 1<br />
| 1<br />
2<br />
�<br />
l + 1 + m 2 |<br />
2l + 1<br />
1<br />
2<br />
− 1<br />
2<br />
1<br />
2<br />
l m+ 1<br />
2 〉<br />
1 l m− 〉 . (I.6.10)<br />
2<br />
Diese Zustandsvektoren spannen das (2l + 2)-dimensionale Multiplett zu j = l + 1<br />
2 auf.<br />
Das orthogonale Komplement im (4l+2)-dimensionalen Zustandsraum wird offensichtlich<br />
<strong>von</strong> den 2l Zuständen<br />
�<br />
l + 1 + m 2 |<br />
2l + 1<br />
1<br />
2<br />
− 1<br />
2<br />
1 l m+ 〉 − 2<br />
�<br />
l + 1 − m 2 |<br />
2l + 1<br />
1<br />
2<br />
1<br />
2<br />
1 l m− 〉 (I.6.11)<br />
2<br />
aufgespannt. Diese Zustände bilden das Multiplett zu j = l − 1 und können daher mit<br />
2<br />
den Zuständen<br />
|l− 1<br />
2<br />
m 1<br />
2<br />
l〉 (I.6.12)<br />
identifiziert werden. Die Anwendung <strong>von</strong><br />
�J 2 = � L 2 + � S 2 + 2LzSz + L+S− + L−S+<br />
liefert nämlich nach Division durch � 2<br />
�<br />
l + 1 + m 2<br />
2l + 1<br />
�<br />
l + 1<br />
2<br />
� l(l + 1) + 3<br />
4<br />
�<br />
1 1 − m − | 2 2<br />
− 1<br />
2<br />
l m+ 1<br />
2 〉<br />
(I.6.13)<br />
+<br />
+ m<br />
�<br />
l(l + 1) − (m +<br />
2l + 1<br />
1 1 1 1 1<br />
)(m − ) | l m− 2 2 2 2 2 〉<br />
�<br />
−<br />
l + 1 − m � �<br />
2 3<br />
1 1 1 1<br />
l(l + 1) + + m − | l m− 4 2 2 2 2 2l + 1<br />
〉<br />
−<br />
�<br />
l + 1 − m<br />
�<br />
2 l(l + 1) − (m −<br />
2l + 1<br />
1 1 1 1 1<br />
)(m + ) | − l m+ 〉 . 2 2 2 2 2 (I.6.14)<br />
Die Zusammenfassung <strong>der</strong> 1. und 4. Zeile ergibt<br />
| 1<br />
2<br />
= | 1<br />
2<br />
− 1<br />
2<br />
1 l m+ 2 〉<br />
�<br />
l + 1 + m 2<br />
�<br />
· l 2 + l − m + 1<br />
4 −<br />
− 1<br />
2<br />
l m+ 1<br />
2 〉<br />
2l + 1<br />
�<br />
l + 1 − m 2<br />
l + 1<br />
2<br />
�<br />
l + 1 + m 2<br />
+ m<br />
�<br />
(l + 1<br />
�<br />
1 + m)(l + − m)<br />
2 2<br />
2l + 1 (l2 − 1)<br />
. (I.6.15)<br />
4
I.6 Verschiedene Anwendungen <strong>der</strong> Drehimpulsaddition 37<br />
Die Zusammenfassung <strong>der</strong> 2. und 3. Zeile liefert<br />
−| 1<br />
2<br />
1<br />
2<br />
1 l m− 2 〉<br />
�<br />
l + 1 − m 2<br />
�<br />
· l 2 + l + m + 1<br />
4 −<br />
= −| 1<br />
2<br />
− 1<br />
2<br />
l m− 1<br />
2 〉<br />
2l + 1<br />
�<br />
l + 1 + m 2<br />
l + 1<br />
2<br />
− m<br />
�<br />
l + 1 − m 2<br />
�<br />
(l + 1<br />
�<br />
1 + m)(l + − m)<br />
2 2<br />
2l + 1 (l2 − 1)<br />
. (I.6.16)<br />
4<br />
Damit ist die angegebene Linearkombination die Eigenfunktion <strong>von</strong> � J 2 zum Eigenwert<br />
�2 (l2 − 1<br />
4 ) = �2 (l − 1 1<br />
1<br />
)(l + ), beschreibt also das Multiplett zu j = l − 2 2 2 .<br />
Damit sind nun auch alle Clebsch-Gordan-Koeffizienten für j1 = 1<br />
2 und j2 = l bekannt.<br />
l + 1<br />
2<br />
l − 1<br />
2<br />
m1 = − 1<br />
� 2<br />
1<br />
l+ 2 −m<br />
2l+1<br />
�<br />
1<br />
l+ 2 +m<br />
2l+1<br />
m1 = + 1<br />
� 2<br />
1<br />
l+ 2 +m<br />
2l+1<br />
�<br />
1<br />
l+ 2 −<br />
−m<br />
2l+1<br />
I.6.2 Energieaufspaltung durch die Spin-Bahn-Kopplung<br />
Die Eigenfunktionen |j m l 1<br />
2 〉 zum Gesamtdrehimpuls � J = � L + � S sind auch Eigenfunktionen<br />
<strong>von</strong> � L · � S, denn<br />
�J 2 = � L 2 + � S 2 + 2 � L · � S ⇒ � L · � S = � J 2 − � L 2 − � S 2 . (I.6.17)<br />
Das bedeutet<br />
�L · � S |j m l 1<br />
2<br />
für j = l + 1<br />
2 also<br />
〉 = �2<br />
2<br />
�L · � S |j m l 1<br />
2 〉 = �2 l<br />
2<br />
für j = l − 1<br />
2 dagegen<br />
�L · � S |j m l 1<br />
2 〉 = −�2 (l + 1)<br />
2<br />
� j(j + 1) − l(l + 1) − 3<br />
4<br />
�<br />
1 |j m l 〉 , (I.6.18)<br />
2<br />
1 |j m l 〉 , (I.6.19)<br />
2<br />
|j m l 1〉<br />
. (I.6.20)<br />
2<br />
Damit läßt sich nun eine Voraussage über die Spin-Bahn-Aufspaltung beim Wasserstoffatom<br />
machen. Der Operator (vgl. Gleichung (I.2.28))<br />
HSpin-Bahn = 1<br />
2mc 2<br />
1<br />
r<br />
dV<br />
dr � L · � S = 1<br />
2mc 2<br />
e 2<br />
4πε0<br />
1<br />
r 3 � L · � S (I.6.21)
I.6 Verschiedene Anwendungen <strong>der</strong> Drehimpulsaddition 38<br />
führt in erster Ordnung auf die in Abbildung I.9 dargestellten Energiekorrekturen<br />
∆E l+ 1<br />
2<br />
= l ζnl bzw. ∆E l− 1<br />
2<br />
0<br />
= −(l + 1) ζnl , (I.6.22)<br />
wobei <strong>der</strong> Spin-Bahn-Parameter<br />
ζnl = �2<br />
2mc2 e2 4πε0<br />
� ∞<br />
Rnl(r) 1<br />
r3 Rnl(r) r 2 dr (I.6.23)<br />
durch die Radialfunktionen Rnl(r) des Waserstoffatoms gegeben wird (vgl. <strong>Quantenmechanik</strong><br />
I, <strong>II</strong>I.5).<br />
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Abbildung I.9: Aufspaltung <strong>der</strong> Energieniveaus in erster Ordnung durch die Spin-Bahn-<br />
Kopplung gemäß Gleichung (I.6.22)<br />
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� �������������������������<br />
Abbildung I.10: Spin-Bahn-Aufspaltung <strong>der</strong> 2p-Niveaus im Wasserstoffatom<br />
Abbildung I.10 zeigt die konkrete Aufspaltung <strong>der</strong> 2p-Zustände beim Wasserstoffatom.<br />
Ohne angelegtes Magnetfeld sind die Zustände (2j + 1)-fach entartet.<br />
Dieses Beispiel verdeutlicht einen allgemeinen Zusammenhang. Der ” Linienschwerpunkt“<br />
wird durch die Aufspaltung nicht verschoben, d.h. <strong>der</strong> mit dem Grad <strong>der</strong> Entartung<br />
gewichtetet Mittelwert <strong>der</strong> Aufspaltungsenergien ∆Ej ist Null:<br />
l � 2(l + 1<br />
2 ) + 1� − (l + 1) � 2(l − 1<br />
2 ) + 1� = l(2l + 2) − (l + 1)2l = 0 . (I.6.24)<br />
Dieser Zusammenhang ist ein Beispiel für eine Summenregel
I.6 Verschiedene Anwendungen <strong>der</strong> Drehimpulsaddition 39<br />
Allerdings sieht das tatsächliche Niveauschema an<strong>der</strong>s aus, da die Spin-Bahn-Energie die<br />
gleiche Größenordnung besitzt, wie die weiteren relativistischen Korrekturen. Die Dirac-<br />
Gleichung liefert für die Energie eines Zustandes mit den Quantenzahlen n und j den<br />
Ausdruck<br />
Enj = En<br />
�<br />
1 + α2<br />
�<br />
1<br />
n j + 1<br />
2<br />
− 3<br />
��<br />
4n<br />
(I.6.25)<br />
2 α2<br />
mit En = −mc 2n2 (vgl. <strong>Quantenmechanik</strong> I, <strong>II</strong>I.5). Insbeson<strong>der</strong>e sind dann nach <strong>der</strong><br />
Dirac-<strong>Theorie</strong> Zustände mit gleichem j entartet. Für die Wasserstoffzustände mit n = 2<br />
erhält man ein Feinstrukturschema wie in Abbildung I.11.<br />
Auch die Quantenelektrodynamik hinterläßt im Wasserstoff-Spektrum ihre Spuren. Die<br />
Vakuumpolarisation, die einer Schwächung des Coulomb-Feldes entspricht, ist in Kernnähe<br />
am größten. Daher ist <strong>der</strong> 2s1/2-Zustand tatsächlich weniger stark gebunden, als <strong>der</strong><br />
2p1/2-Zustand – die Aufenthaltswahrscheinlichkeit in Kernnähe ist schließlich größer. Die<br />
resultierende Aufspaltung des Zustandspaares 2s1/2 − 2p1/2 beträgt 4, 4 · 10 −6 eV (siehe<br />
letzte Aufspaltung in Abbildung I.11). Die Präzisionsmessung dieses Lamb-Shift ist neben<br />
<strong>der</strong> Messung <strong>von</strong> g−2 die wichtigste experimentelle Stütze <strong>der</strong> Quantenelektrodynamik.<br />
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Abbildung I.11: Absenkung <strong>der</strong> Niveaus im Wasserstoff durch relativistische Korrekturen<br />
und Lamb-Shift für das Zustandspaar 2s1/2-2p1/2<br />
I.6.3 Streuung eines Pions an einem Proton<br />
Eine weitere Anwendung <strong>der</strong> Addition eines Spin 1 und eines Bahndrehimpulses ergibt<br />
2<br />
sich bei <strong>der</strong> Streuung eines spinlosen Teilchens an einem Teilchen mit Spin 1,<br />
also z.B. bei<br />
2<br />
<strong>der</strong> Streuung eines π (Spin 0) an einem Proton (Spin 1).<br />
Der Bahndrehimpuls wird dann<br />
2<br />
durch die Relativbewegung <strong>der</strong> beiden Stoßpartner bestimmt. Die ein- und auslaufenden<br />
Streuzustände (d.h. die Zustände des π-p-Systems lange vor“ bzw. lange nach“ dem<br />
” ”<br />
Stoß) beschreibt man am einfachsten in <strong>der</strong> Produktbasis als |s ms l ml〉. Der Hamilton-<br />
Operator HI im Wechselwirkungsbild, <strong>der</strong> die starke Wechselwirkung und damit den eigentlichen<br />
Streuprozeß beschreibt, ist rotationsinvariant und kommutiert daher mit dem
I.6 Verschiedene Anwendungen <strong>der</strong> Drehimpulsaddition 40<br />
Gesamtdrehimpuls � J = � L + � S:<br />
[HI, � J] = 0 , (I.6.26)<br />
so dass <strong>der</strong> Gesamtdrehimpuls erhalten bleibt. Der Spin des Protons kann sich dagegen<br />
umkehren, wenn sich gleichzeitig <strong>der</strong> Bahndrehimpuls än<strong>der</strong>t. Daher beschreibt man den<br />
Streuprozeß in <strong>der</strong> Summenbasis |j m s l〉 mit Hilfe <strong>der</strong> Matrixelemente<br />
〈j ′ m ′ s l ′ | HI |j m s l〉 . (I.6.27)<br />
Da HI mit Jz vertauscht, hat man<br />
0 = 〈j ′ m ′ s l ′ | HI Jz − Jz HI |j m s l〉<br />
= �(m − m ′ ) 〈j ′ m ′ s l ′ | HI |j m s l〉 (I.6.28)<br />
und daher m = m ′ . Ebenso folgt j = j ′ aus [HI, � J 2 ] = 0. Die Wechselwirkung ” verbindet“<br />
also nur Zustände mit gleichem m und j.<br />
Schließlich führt ein gegebener Anfangsimpuls l auf j = l ± 1.<br />
Ein gegebener Wert <strong>von</strong><br />
2<br />
j führt auf einen Ausgangsdrehimpuls l ′ = j ± 1.<br />
Daher sind nur Streuprozesse mit<br />
2<br />
l ′ = l − 1, l, l + 1 möglich. Ein Zustand mit Relativ-Bahndrehimpuls l hat jedoch die<br />
Parität (−1) l , so dass die Prozesse l → l ± 1 einem Paritätswechsel entsprechen. Da aber<br />
die starke Wechselwirkung paritätsinvariant ist, können diese Prozesse nicht auftreten.<br />
Die einzigen nichtverschwindenden Matrixelemente in <strong>der</strong> Summenbasis sind damit die<br />
Diagonalelemente 〈j m s l| HI |j m s l〉. Da diese Matrixelemente wegeb <strong>der</strong> Rotationsinvarianz<br />
<strong>von</strong> HI nicht <strong>von</strong> <strong>der</strong> orientierung des Koordinatensystems und damit <strong>von</strong> m<br />
abhängen können, haben sie die Form<br />
〈j m s l| HI |j m s l〉 = R(j, l) . (I.6.29)<br />
Um nun einen Übergang vom anfangs präparierten Produktzustand |s ms l ml〉 in einen<br />
ausgangsseitig gemessenen Endzustand |s m ′ s l ′ m ′ Matrixelemente<br />
l 〉 zu beschreiben, benötigt man die<br />
= �<br />
〈s m ′ s l ′ m ′ l| HI |s ms l ml〉<br />
j,m<br />
j ′ ,m ′<br />
〈s m ′ s l ′ m ′ l|j ′ m ′ s l ′ 〉〈j ′ m ′ s l ′ | HI |j m s l〉〈j m s l|s ms l ml〉<br />
= δl,l ′ δml+ms,m ′ l +m′ s<br />
�<br />
j=l± 1<br />
2<br />
〈s m ′ s l m ′ l|j ′ m s l〉〈j m s l|s ms l ml〉 · R(j, l) . (I.6.30)<br />
Für gegebenen Drehimpuls l enthält das Streumatrixelement einen dynamischen“ An-<br />
”<br />
teil, <strong>der</strong> lediglich Clebsch-Gordan-Koeffizienten und damit keine Informationen über HI<br />
enthält, sowie die beiden Zahlen R(j, l), die die Wechselwirkung für die beiden Kanäle<br />
j = l± 1 beschreiben. Um also aus den gemessenen Matrixelementen tatsächlich Aufschluß<br />
2<br />
über die starke Wechselwirkung zu erhalten, muß diese eigentlich relevante Information<br />
<strong>von</strong> den – letztlich trivialen – Clebsch-Gordan-Koeffizienten absepariert werden.
I.6 Verschiedene Anwendungen <strong>der</strong> Drehimpulsaddition 41<br />
I.6.4 Addition <strong>von</strong> drei Drehimpulsen<br />
Schließlich soll noch die Addition <strong>von</strong> drei Drehimpulsen behandelt werden. Gegeben sind<br />
die Drehimpulsoperatoren � J1, � J2 und � J3 mit ihren Eigenzuständen |ji mi〉 (i = 1, 2, 3).<br />
Gesucht sind gemeinsame Eigenzustände <strong>von</strong> � J 2 = ( � J1 + � J2 + � J3) 2 und Jz = J1z +J2z +J3z.<br />
Ausgangspunkt ist die Produktbasis<br />
|j1 m1 j2 m2 j3 m3〉 = |j1 m1〉|j2 m2〉|j3 m3〉 . (I.6.31)<br />
Koppelt man zunächst wie üblich � J1 und � J2 zu einem Zwischenwert � J12 – wobei � J3 unbeteiligter<br />
” Zuschauer“ ist – so hat man<br />
=<br />
=<br />
|j12 m12 j1 j2 ; j3 m3〉<br />
�<br />
|j1 m1 j2 m2 j3 m3〉〈j1 m1 j2 m2 j3 m3|j12 m12 j1 j2 ; j3 m3〉<br />
m 1 ,m 2<br />
m 1 +m 2 =m 12<br />
�<br />
m 1 ,m 2<br />
m 1 +m 2 =m 12<br />
|j1 m1 j2 m2 j3 m3〉〈j1 m1 j2 m2|j12 m12 j1 j2〉 . (I.6.32)<br />
Im zweiten Schritt werden dann � J12 und � J3 gekoppelt. Man erhält dann die Zustände<br />
=<br />
|j m (j1 j2) j3 j12〉<br />
�<br />
|j12 m12 j1 j2 ; j3 m3〉〈j12 m12 j3 m3|j m j3 j12〉 (I.6.33)<br />
m 12 ,m 3<br />
m 12 +m 3 =m<br />
mit den Eltern j3 und j12 und den Großeltern j1 und j2. Insgesamt hat man daher<br />
|j m (j1 j2) j3 j12〉 = �<br />
|j1 m1 j2 m2 j3 m3〉<br />
m1,m2,m3<br />
· �<br />
〈j1 m1 j2 m2|j12 m12 j1 j2〉 〈j12 m12 j3 m3|j m j3 j12〉 . (I.6.34)<br />
m12<br />
Die Additionskoeffizienten sind also hier Summen über Produkte <strong>von</strong> Clebsch-Gordan-<br />
Koeffizienten.<br />
Die Tatsache, dass j12 im Resultat als gute Quantenzahl“ auftaucht, zeigt, dass die<br />
”<br />
Reihenfolge <strong>der</strong> Kopplungen wesentlich ist. Die quantenmechanische Drehimpulsaddition<br />
ist nicht assoziativ.<br />
Koppelt man z.B. zuerst � J2 und � J3, wird das Resultat durch die Drehimpulsquantenzahl<br />
j23 zu � J2 + � J3 charakterisiert:<br />
|j m j1 (j2 j3) j23〉 = �<br />
|j1 m1 j2 m2 j3 m3〉<br />
m1,m2,m3<br />
· �<br />
〈j2 m2 j3 m3|j23 m23 j2 j3〉 〈j1 m1 j23 m23|j m j1 j23〉 . (I.6.35)<br />
m23
I.7 Der Isospin 42<br />
Um die beiden Typen <strong>von</strong> Zuständen ineinan<strong>der</strong> umzurechnen (also ” die Drehimpulse<br />
umzukoppeln“), benötigt man die Koeffizienten 〈j m (j1 j2) j3 j12|j m j1 (j2 j3) j23〉,<br />
die sich offenbar durch Summen über Produkte <strong>von</strong> vier Clebsch-Gordan-Koeffizienten<br />
ausdrücken lassen. Diese ” Umkoppelungskoeffizienten“ sind (mit kleinen Än<strong>der</strong>ungen) als<br />
Racah-Koeffizienten bzw. als Wignersche 6j-Symbole tabelliert worden.<br />
Diese grundsätzlichen Überlegungen sind in <strong>der</strong> Atomphysik <strong>von</strong> erheblicher Bedeutung:<br />
Ist nämlich in einem Mehrelektronen-Atom die Coulomb-Wechselverschiebung viel größer<br />
als die Spin-Bahn-Wechselwirkung, koppeln zunächst alle Bahndrehimpulse,<br />
�L = �<br />
�Li<br />
(I.6.36)<br />
i<br />
und alle Spins,<br />
�S = �<br />
�Si , (I.6.37)<br />
i<br />
so dass dann die Gesamtdrehimpulsquantenzahl l und <strong>der</strong> Gesamtspin s gute Quantenzahlen<br />
sind. Dieser Fall ist in leichten Atomen realisiert und wird als L-S-Kopplung o<strong>der</strong><br />
auch als Russel-Saun<strong>der</strong>s-Kopplung bezeichnet. Wenn dagegen die Spin-Bahn-Kopplung<br />
die L- und S-abhängigen Teile <strong>der</strong> Coulomb-Energie dominiert, koppeln Bahndrehimpuls<br />
und Spin eines jeden einzelnen Elektrons zu<br />
�Ji = � Li · � Si . (I.6.38)<br />
Der Gesamtdrehimpuls des Atoms wird dann aus den � Ji zusammengesetzt. In diesem Fall<br />
spricht man <strong>von</strong> j-j-Kopplung, diese ist in schweren Atomen näherungsweise realisiert.<br />
I.7 Der Isospin<br />
Zwar verhalten sich das positive Proton und das elektrisch neutrale Neutron im Hinblick<br />
auf die elektronmagnetische Wechselwirkung sehr verschieden, im Hinblick auf die starke<br />
Wechselwirkung, die bei kleinen Abständen um Größenordnungen überwiegt, jedoch<br />
praktisch gleich. Man kann daher – zunächst hypotetisch – Proton und Neutron als zwei<br />
verschiedene Zustände ein- und desselben Teilchen auffassen, das Nukleon. Das Nukleon<br />
muss demnach über einen inneren Freiheitsgrad verfügen, <strong>der</strong> wie <strong>der</strong> Spin nur zwei Werte<br />
annehmen kann und daher als Isospin bezeichnet wird. Der Isospin up“-Zustand des<br />
”<br />
Nukleons sei das Proton |p〉, <strong>der</strong> Isospin down“-Zustand das Neutron |n〉.<br />
”<br />
Der Hypothese nach ist <strong>der</strong> Isospin-Operator � I(N) ein Vektoroperator, dessen drei Komponentenden<br />
Drehimpuls-Vertauschungsrelationen gehorchen<br />
� �<br />
I(N), k, I(N), l = iεklmI(N), m . (I.7.1)
I.7 Der Isospin 43<br />
Da dem Nukleon die Isospin-Quantenzahl i = 1<br />
2<br />
�I 2<br />
(N) |p〉 = 1<br />
2<br />
� 1<br />
2 + 1� |p〉<br />
2 |p〉<br />
zugeordnet ist, hat man weiter<br />
I(N), 3 |p〉 = 1<br />
�I 2<br />
(N) |n〉 = 1<br />
�<br />
1<br />
2 2 + 1� |n〉<br />
I(N), 3 |n〉 = 1 |n〉 2 (I.7.2)<br />
Für die üblichen Leiteroperatoren � I(N), ± = � I(N), 1 ± i � I(N), 2 gilt folglich<br />
I(N), + |p〉 = 0<br />
I(N), + |n〉 = |p〉<br />
I(N), − |p〉 = |n〉<br />
I(N), − |n〉 = 0 . (I.7.3)<br />
Schließlich kann man den Ladungsoperator Q(N) = I(N), 3 + 1<br />
2 einführen<br />
Q(N) |p〉 = |p〉<br />
Q(N) |n〉 = 0 . (I.7.4)<br />
Bis hierher sind diese Definitionen jedoch rein formaler Natur. Noch ist es unklar, ob die<br />
Größe ” Isospin“ auch physikalische Bedeutung besitzt. Um diese Frage zu beantworten,<br />
werden jetzt neben dem Isospin-Dublett ” Nukleon“ die drei Pionen betrachtet, die in<br />
konsequenter Fortsetzung des Isospin-Gedankens ein Isospin-Triplett bilden müssen. Man<br />
beschreibt also die drei Teilchen π + , π 0 , π − durch drei Zustände |π + 〉, |π 0 〉 und |π − 〉, die<br />
gemeinsame Eigenzustände <strong>der</strong> Isospin-Operatoren � I 2<br />
(π) und � I(N), 3 sein sollen:<br />
�I 2<br />
+ +<br />
0<br />
0<br />
(π) |π − 〉 = 1(1 + 1) |π − 〉<br />
�I(π), 3 |π + 〉 = + |π + 〉<br />
�I(π), 3 |π 0 〉 = 0<br />
�I(π), 3 |π − 〉 = − |π + 〉 . (I.7.5)<br />
Mit Hilfe <strong>der</strong> Leiteroperatoren � I(π), ± = � I(π), 1±i � I(π), 2 lassen sich diese Zustände ineinan<strong>der</strong><br />
überführen. Z.B. ist<br />
�I(π), ±|π 0 〉 = � 1(1 + 1) − 0(0 ± 1) |π ± 〉 = √ 2|π ± 〉 . (I.7.6)<br />
In einem Pion-Nukleon-Streuexperiment wirkt die starke Wechselwirkung, beschrieben<br />
durch einen Hamilton-Operator HI zwischen den beiden Teilchen. Die Experimente zeigen<br />
die Ladungsunabhängigkeit <strong>der</strong> starken Wechselwirkung: Wenn die starke Wechselwirkung<br />
zwischen Teilchen wirkt, die sich in einem Zustand mit definiertem Gesamt-Isospin<br />
befinden, dann ist sie unabhängig <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ladung des Zustandes und erhält den Gesamt-<br />
Isospin<br />
[HI, � I] = 0 . (I.7.7)
I.7 Der Isospin 44<br />
Man wird daher die asymptotischen Zustände in einem solchen Streuexperiment in <strong>der</strong><br />
Produktbasis |1 , i(π), 3〉| 1<br />
2 , i(N), 3〉 beschrieben, den eigentlichen Wechselwirkungsprozess<br />
dagegen in einer Summenbasis zum Gesamt-Isospin<br />
�I = � I(π) � I(N) . (I.7.8)<br />
Da � I(π) und � I(N) Drehimpuls-Eigenschaften besitzen sollen, lässt sich die Summenbasis<br />
sofort mit Hilfe <strong>der</strong> Clebsch-Gordan-Koeffizienten konstruieren<br />
|i i3〉 =<br />
�<br />
〉 . (I.7.9)<br />
i (π), 3 , i (N), 3<br />
|1 i(π), 3 1<br />
2 i(N), 3〉〈1 i(π), 3 1<br />
2 i(N), 3|i i3 1 1<br />
2<br />
Schreibt man kurz |π + p〉 für |1 i(π), 3 = 1 1<br />
Clebsch-Gordan-Koeffizienten für i = 3<br />
2 sofort<br />
| 3<br />
2<br />
| 3<br />
2<br />
| 3<br />
2<br />
| 3<br />
2<br />
3<br />
2 〉 = |π+ p〉<br />
1〉<br />
= 2<br />
1 − 〉 = 2<br />
� 1<br />
� 2<br />
3 |π+ n〉 + 3 |π0 p〉<br />
�<br />
1<br />
3 |π− �<br />
2 p〉 + 3 |π0 n〉<br />
2 i(N), 3 = 1<br />
2<br />
〉, usw., liefert die Auswertung <strong>der</strong><br />
− 3<br />
2 〉 = |π− n〉 , (I.7.10)<br />
für den an<strong>der</strong>en möglichen Wert i = 1<br />
2<br />
| 1<br />
2<br />
| 1<br />
2<br />
1〉<br />
= 2<br />
1 − 〉 = 2<br />
� 2<br />
� 2<br />
findet man<br />
3 |π+ n〉 + 3 |π0 p〉<br />
�<br />
1<br />
3 |π0 �<br />
2 n〉 + 3 |π− p〉 . (I.7.11)<br />
Dabei entspricht z.B. | 3 1〉<br />
einem Zustand, in dem man mit einer Wahrscheinlichkeit<br />
2 2<br />
<strong>von</strong> 1<br />
3 ein π+ und ein n und mit einer Wahrscheinlichkeit <strong>von</strong> 2<br />
3 ein π0 und ein p findet.<br />
Die Inversion dieser Beziehungen erlaubt es dann, Zustände mit festem Teilchengehalt“<br />
”<br />
durch Zustände mit festem Isospin auszudrücken:<br />
|π + p〉 = | 3<br />
|π 0 p〉 =<br />
|π − p〉 =<br />
|π + n〉 =<br />
|π 0 n〉 =<br />
|π − n〉 = | 3<br />
2<br />
3<br />
2 2 〉<br />
�<br />
2 3 | 3 2<br />
�<br />
1 3 | 3 2<br />
�<br />
1 3 | 3 2<br />
�<br />
2 3 | 3 2<br />
�<br />
1 1 〉 − 2 3<br />
− 1<br />
2<br />
1〉<br />
+ 2<br />
〉 −<br />
1 − 〉 + 2<br />
1 | 2<br />
1<br />
2 〉<br />
�<br />
2 1 | 3 2<br />
�<br />
2 1 | 3 2<br />
1<br />
2 〉<br />
�<br />
1 1 | 3 2<br />
− 1<br />
2 〉<br />
− 1<br />
2 〉<br />
3 − 〉 . (I.7.12)<br />
2<br />
Die vorausgesetzte Ladungs- (bzw. Isospin-) Invarianz <strong>der</strong> starken Wechselwirkung bedeutet<br />
nun<br />
〈i i3|HI|i ′ i ′ 3〉 = δii ′ δi3i ′ 3<br />
R(i) . (I.7.13)
I.7 Der Isospin 45<br />
Die Wechselwirkung än<strong>der</strong>t den Isospin nicht, die Matrixelemente werden allein durch<br />
den Wert <strong>von</strong> i bestimmt. Aus dieser Annahme folgen nun konkrete Voraussagen über die<br />
Pion-Nukleon-Streuung. Dazu werden<br />
π + + p −→ π + + p (a)<br />
π − + p −→ π − + p (b)<br />
π − + p −→ π 0 + n (c) (I.7.14)<br />
betrachtet, wobei (a) und (b) Streuprozesse sind und (c) die Ladungsaustausch-Streuung<br />
beschreibt.<br />
In allen Fällen sei das Proton anfangs in Ruhe, die Energie des eingeschossenen Pions<br />
sei stets gleich. Gesucht wird <strong>der</strong> differentielle Wirkungsquerschnitt für den jeweiligen<br />
Prozess. Im Falle (a) hat man einen Anfangszustand mit i = 3<br />
2 , i3 = 3.<br />
Diese Isospin-<br />
2<br />
Quantenzahlen werden durch die Wechselwirkung nicht geän<strong>der</strong>t. Die Amplitude Aa für<br />
diesen Prozess besitzt also nur einen Beitrag aus dem Kanal“ zu i =<br />
” 3<br />
2<br />
Aa = a3/2 . (I.7.15)<br />
Im Fall (b) lautet <strong>der</strong> Anfangszustand dagegen<br />
|π − p〉 =<br />
�<br />
1 3 | 3 2<br />
�<br />
1 2 1<br />
− 〉 − | 2 3 2<br />
1 − 〉 . (I.7.16)<br />
2<br />
Die Amplitude dafür, dass die Streuung durch den i =<br />
” 3-Kanal<br />
geht“, <strong>der</strong> Endzustand<br />
also i = 3<br />
2<br />
wie<strong>der</strong><br />
| 3<br />
2<br />
besitzt, lautet daher<br />
� 1<br />
3 a3/2, die Amplitude für i = 1<br />
2<br />
2<br />
ist −<br />
�<br />
2<br />
3 a1/2. Nun ist<br />
�<br />
1 1 − 〉 = 2 3 |π− �<br />
2 p〉 + 3 |π0 n〉 , (I.7.17)<br />
im i = 3<br />
�<br />
1<br />
-Kanal erhält man daher die Amplitude<br />
2 3 a3/2<br />
�<br />
1<br />
3<br />
und ein π− zu beobachten. Wegen<br />
| 1<br />
2<br />
1 − 〉 = 2<br />
� 1<br />
3 |π0 n〉 −<br />
trägt <strong>der</strong> i = 1<br />
2-Kanal �<br />
−<br />
�<br />
2<br />
3<br />
dafür, im Endzustand ein p<br />
� 2<br />
3 |π− p〉 (I.7.18)<br />
�<br />
a1/2<br />
�<br />
−<br />
�<br />
2<br />
3<br />
�<br />
zur Gesamtamplitude bei<br />
Ab = 1<br />
3 a3/2 + 2<br />
3 a1/2 . (I.7.19)<br />
Für den Prozess (c) ergibt sich auf die gleiche Weise<br />
�<br />
1<br />
Ac = 3 a3/2<br />
�<br />
2<br />
3 +<br />
� � �<br />
2 − a1/2 3<br />
� 1<br />
3 = √ 2<br />
3 (a3/2 − a1/2) . (I.7.20)
I.7 Der Isospin 46<br />
Da die jeweiligen Wirkungsquerschnitte proportional zu den Quadraten <strong>der</strong> Amplituden<br />
sind (siehe <strong>Quantenmechanik</strong> I, Abschnitt IV.7), findet man das Verhältnis<br />
σa : σb : σc = |a3/2| 2 : 1<br />
9 |a3/2 + 2 a1/2| 2 : 2<br />
9 |a3/2 − a1/2| 2 . (I.7.21)<br />
Bei <strong>der</strong> resonanten“ Schwerpunktsenergie <strong>von</strong> 154 MeV verläuft <strong>der</strong> Streuprozess vorwie-<br />
”<br />
gend durch den i = 3<br />
3<br />
-Kanal (j = 2 2 , ℓ = 1), so dass a3/2 ≫ a1/2. Dann hat man<br />
σa : σb : σc = 9 : 1 : 2 , (I.7.22)<br />
was im Experiment gut bestätigt wird. Es bleibt also festzuhalten:<br />
Die Einführung einer drehimpulsartigen Größe Isospin“, die ein Elementarteilchen cha-<br />
”<br />
rakterisiert, führt in Verbindung mit <strong>der</strong> vorausgesetzten Isospininvarianz <strong>der</strong> starken<br />
Wechselwirkung zu einfachen, aber gut bestätigten Relationen zwischen den relativen<br />
Stärken verschiedener Streuprozesse.<br />
Der Isospin führt in Verbindung mit <strong>der</strong> sogenannten Hyperladung“ zu einer Einordnung<br />
”<br />
<strong>der</strong> Baryonen in bestimmte Mulitpletts (z.B. das Dekuplett <strong>der</strong> Baryonen mit j = 3<br />
2 ).<br />
Die Existenz dieser Mulitpletts ist ein direkter Hinweis auf die Existenz <strong>von</strong> Quarks.
<strong>II</strong> Streutheorie<br />
<strong>II</strong>.1 Formale Lösung <strong>der</strong> zeitunabh. Schrödinger-Gleichung<br />
Streuexperimente werden in vielen Bereichen <strong>der</strong> Physik durchgeführt. In <strong>der</strong> Hochenergiephysik<br />
erhält man durch Streuung <strong>von</strong> Elementarteilchen Aufschlüsse über die fundamentalen<br />
Wechselwirkungen. In <strong>der</strong> Festkörperphysik liefert z.B. die Neutronenstreuung<br />
Informationen über den Gitteraufbau o<strong>der</strong> die Streuung <strong>von</strong> nie<strong>der</strong>energetischen Elektronen<br />
Informationen über die Struktur <strong>von</strong> Oberflächen.<br />
Bei <strong>der</strong> quantenmechanischen Beschreibung eines solchen Streuexperimentes wird da<strong>von</strong><br />
ausgegangen, dass das einlaufende Wellenpaket groß ist im Vergleich zu Ausdehnung des<br />
” Targets“, aber klein im Vergleich zu den übrigen Ausdehnungen, so dass es insbeson<strong>der</strong>e<br />
nicht gleichzeitig mit dem Target und dem Detektor überlappt. Das Target wird durch<br />
ein raumfestes Potential V (�r) beschrieben, das im Koordinatenursprung lokalisiert sein<br />
soll. Das einlaufende Wellenpaket kann nach ebenen Wellen entwickelt werden<br />
� 3 d k<br />
ψ(�r, t0) =<br />
(2π) 3 a(�k) e i�k·�r . (<strong>II</strong>.1.1)<br />
Dabei sei t0 ein Zeitpunkt lange vor <strong>der</strong> Wechselwirkung. Außerdem sei die (glatte) Amplitudenfunktion<br />
a( � k) um � k0 herum zentriert, so dass sich das Paket mit <strong>der</strong> Geschwindigkeit<br />
�v = �� k0<br />
m bewegt.<br />
Um nun die Zeitentwicklung des Wellenpaketes in Gegenwart des Streupotentials V (�r)<br />
und damit den Streuprozess zu beschreiben, muss ψ(�r, t0) jedoch nach Eigenzuständen<br />
ϕ� k (�r) <strong>der</strong> vollen zeitunabhängigen Schrödinger-Gleichung entwickelt werden:<br />
Setzt man voraus, dass das Potential im Unendlichen verschwindet, d.h. V (�r) → 0 für<br />
|�r| → ∞, so erhält man (abgesehen <strong>von</strong> eventuellen quadratintegrablen Eigenzuständen<br />
zu negativen Energieeigenwerten) zu jedem nichtnegativen Eigenwert<br />
E� k = �2� k 2<br />
2m<br />
≥ 0 (<strong>II</strong>.1.2)<br />
eine uneigentliche Eigenfunktion ϕ� k (�r) durch Lösung des Eigenwertproblems<br />
�<br />
− �2<br />
�<br />
∆ + V (�r)<br />
2m<br />
bzw. <strong>der</strong> inhomogenen Helmholtz-Gleichung<br />
ϕ� k (�r) = E� k ϕ� k (�r) , (<strong>II</strong>.1.3)<br />
(∆ + k 2 ) ϕ� k (�r) = 2m<br />
� 2 V (�r) ϕ� k (�r) , (<strong>II</strong>.1.4)<br />
ergänzt um die notwendigen Randbedingungen. Sind diese uneigentlichen Eigenfunktionen<br />
bekannt, hat man eine zweite Entwicklung des einlaufenden Paketes,<br />
� 3 d k<br />
ψ(�r, t0) =<br />
(2π) 3 A(�k) ϕ�k (�r) , (<strong>II</strong>.1.5)<br />
47
<strong>II</strong>.1 Formale Lösung <strong>der</strong> zeitunabh. Schrödinger-Gleichung 48<br />
so dass seine Zeitentwicklung nun sofort angegeben werden kann<br />
ψ(�r, t) =<br />
� 3 d k<br />
(2π) 3 A(� i<br />
−<br />
k) ϕ�k (�r) e � E� (t−t0) k . (<strong>II</strong>.1.6)<br />
(Falls <strong>der</strong> Schrödinger-Operator auch Bindungszustände besitzt, tauchen diese in <strong>der</strong> Entwicklung<br />
des Streuzustandes ψ(�r, t0) natürlich nicht auf.) Um nun zunächst die inhomogene<br />
Helmholtz-Gleichung lösen zu können, müssen die physikalisch richtigen Randbedingungen<br />
gestellt werden: Eine Lösung <strong>der</strong> stationären Schrödinger-Gleichung zum Eigenwert<br />
E� k , die zur Beschreibung des Streuprozesses herangezogen werden kann, muss<br />
asymptotisch (d.h. für große Abstände r <strong>von</strong> Streuzentrum) übergehen in die Überlagerung<br />
einer ebenen Welle, die den einlaufenden Anteil beschreibt, und einer auslaufenden<br />
Kugelwelle (siehe Abbildung <strong>II</strong>.1)<br />
ϕ� k (�r) ∼ e i� k·�r + f� k (ϑ, ϕ) eikr<br />
r<br />
für r → ∞ . (<strong>II</strong>.1.7)<br />
Abbildung <strong>II</strong>.1: Skizze zur Veranschaulichung des Streuprozesses, einlaufende ebene Welle<br />
und auslaufende Kugelwelle<br />
Dabei gibt die Streuamplitude f� k (ϑ, ϕ) die Richtungsabhängigkeit des gestreuten Anteils<br />
an. Die Polarkoodinaten ϑ und ϕ werden bezüglich <strong>der</strong> durch � k festgelegten Vorwärtsrichtung<br />
definiert.<br />
Nun wird eine Greensche Funktion des Helmholtz-Operators benötigt, die diese Randbedingung<br />
respektiert, d.h. eine Lösung <strong>der</strong> Helmholtz-Gleichung mit ” Punktinhomogenität“,<br />
(∆ + k 2 ) G(�r) = δ(�r) , (<strong>II</strong>.1.8)<br />
die keine einlaufende Kugelwelle enthält. Ist nämlich eine solche Greensche Funktion bekannt,<br />
so ist die Faltung<br />
2m<br />
�2 �<br />
�r<br />
d 3 r ′ G(�r − �r ′ ) V (�r ′ ) ϕ� k (�r ′ ) (<strong>II</strong>.1.9)
<strong>II</strong>.1 Formale Lösung <strong>der</strong> zeitunabh. Schrödinger-Gleichung 49<br />
eine formale Lösung <strong>der</strong> Helmholtz-Gleichung <strong>II</strong>.1.4<br />
(∆ + k 2 ) 2m<br />
�2 �<br />
d 3 r ′ G(�r − �r ′ ) V (�r ′ ) ϕ�k (�r ′ )<br />
= 2m<br />
�2 �<br />
d 3 r ′ δ(�r − �r ′ ) V (�r ′ ) ϕ�k (�r ′ )<br />
= 2m<br />
� 2 V (�r) ϕ� k (�r) . (<strong>II</strong>.1.10)<br />
Die Berechnung <strong>der</strong> Greenschen Funktion erfolgt durch Fouriertransformation: Mit<br />
�<br />
G(�r) =<br />
d3q (2π) 3 � G(�q) e i�q·�r<br />
und<br />
�<br />
δ(�r) =<br />
d3q ei�q·�r<br />
(2π) 3 (<strong>II</strong>.1.11)<br />
hat man<br />
�G(�q) =<br />
1<br />
k2 . (<strong>II</strong>.1.12)<br />
− q2 Daraus folgt dann<br />
�<br />
G(�r) =<br />
d3q (2π) 3<br />
ei�q·�r k2 .<br />
− q2 (<strong>II</strong>.1.13)<br />
Führt man nun Polarkoordinaten q, ϑ, ϕ bezüglich <strong>der</strong> durch �r festgelegten Richtung ein,<br />
ergibt sich<br />
1<br />
G(�r) =<br />
(2π) 3<br />
� ∞<br />
dq q<br />
0<br />
2<br />
k2 − q2 � 2π � π<br />
iqr cos ϑ<br />
dϕ sin ϑ dϑ e<br />
0 0<br />
1<br />
=<br />
(2π) 2<br />
� ∞<br />
dq q<br />
0<br />
2<br />
k2 − q2 � 1<br />
iqr cos ϑ<br />
d cos ϕ e<br />
−1<br />
1<br />
=<br />
(2π) 2 � ∞<br />
dq q<br />
ir 0 k2 − q2 � iqr −iqr<br />
e − e �<br />
1<br />
=<br />
(2π) 2 � ∞<br />
dq q e<br />
ir<br />
iqr<br />
k2 . (<strong>II</strong>.1.14)<br />
− q2 −∞<br />
Das verbleibende Integral kann mit dem Residuensatz ausgewertet werden, da <strong>der</strong> Integrand<br />
wegen r > 0 in <strong>der</strong> oberen komplexen q-Halbebene geschlossen werden kann. Der<br />
Integrand besitzt einfache Pole auf <strong>der</strong> reellen Achse bei q = ±k:<br />
Res<br />
q=±k<br />
q e iqr<br />
(k − q)(k + q)<br />
= ± 1<br />
2 e±ikr . (<strong>II</strong>.1.15)<br />
Da verlangt wird, dass die gesuchte Lösung <strong>der</strong> Helmholtz-Gleichung keine Beitträge<br />
enthält, die einlaufenden Kugelwellen entsprechen, muss <strong>der</strong> Integrationsweg C so gewählt<br />
werden, dass nur <strong>der</strong> Pol bei q = +k eingeschlossen wird (s. Abbildung <strong>II</strong>.2).
<strong>II</strong>.1 Formale Lösung <strong>der</strong> zeitunabh. Schrödinger-Gleichung 50<br />
��� ¥¨§�©<br />
¢¤£¦¥¨§�©<br />
¡<br />
Abbildung <strong>II</strong>.2: Wahl des Integrationsweg zur Lösung des Integrals in <strong>II</strong>.1.14<br />
Die diesem Integrationsweg entsprechende Greensche Funktion G(�r) wird als retadierte<br />
Greensche Funktion G+(�r) bezeichnet. Sie ergibt sich abgesehen <strong>von</strong> Vorfaktoren aus dem<br />
Residuum des Integranden (<strong>II</strong>.1.15) bei <strong>der</strong> Polstelle q = +k:<br />
G+(�r) = − eikr<br />
. (<strong>II</strong>.1.16)<br />
4πr<br />
Wenn dagegen nur <strong>der</strong> Pol bei q = −k eingeschlossen wird, erhält man eine Greensche<br />
Funktion, die einer einlaufenden Kugelwelle entspricht. Diese wird als avancierte Greensche<br />
Funktion G−(�r) bezeichnet:<br />
G−(�r) = − e−ikr<br />
4πr<br />
. (<strong>II</strong>.1.17)<br />
Aufgrund <strong>der</strong> Randbedingungen ist nur die retardierte Greensche Funktion zur Konstruktion<br />
<strong>von</strong> Streulösungen <strong>der</strong> Helmholtz-Gleichung (<strong>II</strong>.1.4) brauchbar. Da die allgemeine<br />
Lösung dieser Gleichung aus <strong>der</strong> Summe einer ” homogenen“ Lösung und <strong>der</strong> durch Faltung<br />
mit <strong>der</strong> Greenschen Funktion erhaltenen ” inhomogenen“ Lösung (<strong>II</strong>.1.9) besteht und<br />
die einzige mit den Randbedingungen verträgliche homogene Lösung die ebene Welle e i� k�r<br />
ist, hat man schließlich<br />
ϕ� k (�r) = e i� k�r + 2m<br />
� 2<br />
�<br />
= e i� k�r − 2m<br />
4π� 2<br />
�<br />
d 3 r ′ G+(�r − �r ′ ) V (�r ′ ) ϕ� k (�r ′ )<br />
�<br />
d 3 r ′ eik|�r−�r ′ |<br />
|�r − �r ′ | V (�r ′ ) ϕ� k (�r ′ ) . (<strong>II</strong>.1.18)<br />
Diese Integralgleichung, bei <strong>der</strong> die gesuchte Streulösung wie<strong>der</strong> unter dem Integral auftaucht,<br />
wird auch als Lippmann-Schwinger-Gleichung bezeichnet. Im Unterschied zur ursprünglichen<br />
Differentialgleichung enthält sie bereits die physikalisch richtigen Randbedingungen.<br />
Durch Betrachtung <strong>der</strong> Asymptotik (|�r → ∞|) erhält man daraus sofort eine exakte
<strong>II</strong>.1 Formale Lösung <strong>der</strong> zeitunabh. Schrödinger-Gleichung 51<br />
Gleichung für die Streuamplitude f� k (ϑ, ϕ). Es gilt dann<br />
|�r − �r ′ | = � r 2 − 2�r�r ′ �<br />
1<br />
+ r<br />
′2� 2 = r<br />
≈ r<br />
�<br />
1 − �e�r<br />
�r ′<br />
r<br />
r′2<br />
+<br />
r2 � 1<br />
2<br />
1 − 2 �e�r �r ′<br />
r<br />
�<br />
= r − �e�r · �r ′ , (<strong>II</strong>.1.19)<br />
wobei �e�r den Einheitsvektor in �r-Richtung bezeichnet. Es ist also<br />
�<br />
ϕ� k (�r) ∼ e i� k�r − 2m<br />
4π� 2<br />
für große r. Daraus folgt sofort die exakte Darstellung<br />
f�k (ϑ, ϕ) = − 2m<br />
4π�2 �<br />
d 3 r ′ e ik�e �r·�r ′<br />
d 3 r ′ e −ik�e �r·�r ′<br />
V (�r ′ ) ϕ�k (�r ′ ) (<strong>II</strong>.1.20)<br />
V (�r ′ ) ϕ� k (�r ′ ) . (<strong>II</strong>.1.21)<br />
Nachdem nun die stationären Streulösungen ϕ�k (�r) gegeben sind, müssen die Koeffizienten<br />
A( �k) für die Entwicklung nach diesen Zuständen durch die Koeffizienten a( �k) ausgedrückt<br />
werden. Zum Zeitpunkt t0 lange vor dem Streuereignis hat man<br />
� 3 d k<br />
ψ(�r, t0) =<br />
=<br />
(2π) 3 a(� k) e i� k�r<br />
� d 3 k<br />
(2π) 3 a(� k)<br />
�<br />
ϕ� k (�r) + 2m<br />
4π� 2<br />
�<br />
d 3 r ′ eik|�r−�r ′ |<br />
|�r − �r ′ | V (�r ′ ) ϕ�k (�r ′ �<br />
) . (<strong>II</strong>.1.22)<br />
Da a( � k) scharf um ein k0 herum zentriert sein soll, sind unter dem Integral nur kleine<br />
Werte <strong>von</strong> | � k − � k0| relevant. Für ein mit � k0 einlaufendes Wellenpaket hat man also<br />
k =<br />
���k0 + �k − � � � 1<br />
2 2<br />
k0<br />
≈ k0<br />
�<br />
1 + 1<br />
k2 �k0( 0<br />
�k − � �<br />
k0) = �n0 · �k , (<strong>II</strong>.1.23)<br />
wobei �n0 = � k0<br />
k0 den Einheitsvektor in � k0-Richtung beschreibt. Damit stößt man bei <strong>der</strong><br />
Berechnung <strong>von</strong> ψ(�r, t0) auf das Integral<br />
� d 3 k<br />
≈<br />
(2π) 3 a(� k) e i� k|�r−�r ′ | ϕ� k (�r ′ )<br />
� d 3 k<br />
(2π) 3 a(� k) e i� k�n0|�r−�r ′ | ϕ� k (�r ′ )<br />
= ψ(�n0|�r − �r ′ |, t0) ϕ� k0 (�r ′ ) (<strong>II</strong>.1.24)<br />
Zum Zeitpunkt t0 ist jedoch wie in Abbildung <strong>II</strong>.3 das einlaufende Wellenpaket ψ(�r, t0)<br />
noch weit vom ” Wirkungsbereich“ des Potentials entfernt. Für kurzreichweitige Potentiale<br />
ist daher in sehr guter Näherung<br />
ψ(�n0|�r − �r ′ |, t0)V (�r ′ ) ≈ 0 (<strong>II</strong>.1.25)
<strong>II</strong>.1 Formale Lösung <strong>der</strong> zeitunabh. Schrödinger-Gleichung 52<br />
¢<br />
¥§¦ ¤<br />
Abbildung <strong>II</strong>.3: Skizze des einlaufenden Wellenpakets vor dem Streuzentrum.<br />
für alle �r ′ . Damit folgt<br />
�<br />
ψ(�r, t0) =<br />
3 d k<br />
(2π) 3 a(�k) ϕ�k (�r) , (<strong>II</strong>.1.26)<br />
was gleichbedeutend ist mit A( �k) = a( �k). Die benötigten Entwicklungskoeffizienten lassen<br />
sich daher – bei vorrausgesetzter Kurzreichweitigkeit des Potentials – durch eine einfache<br />
Fouriertransformation berechnen, ohne die komplizierten Streulösungen ϕ�k (�r) heranziehen<br />
zu müssen. Damit kann auch die Zeitentwicklung des Wellenpakets angegeben werden:<br />
� 3 d k<br />
ψ(�r, t) =<br />
(2π) 3 a(� i<br />
−<br />
k) ϕ�k (�r) e � E� (t−t0) k<br />
� 3 d k<br />
∼<br />
(2π) 3 a(� �<br />
k) e i�k�r + f�k (ϑ, ϕ) eikr<br />
�<br />
r<br />
Hier beschreibt <strong>der</strong> erste Summand<br />
¡<br />
£<br />
i<br />
−<br />
e � E� (t−t0) k . (<strong>II</strong>.1.27)<br />
� d 3 k<br />
(2π) 3 a(� k) e i(� k�r− �k2<br />
2m (t−t0)) ≡ ψ(�r, t) (<strong>II</strong>.1.28)<br />
lediglich ein ungestreut durchlaufendes Wellenpaket. Der zweite Summand wird genähert,<br />
indem unter dem Integral f�k (ϑ, ϕ) durch f� (ϑ, ϕ) ersetzt wird:<br />
k0<br />
� 3 d k<br />
(2π) 3 a(�k) f�k (ϑ, ϕ) eikr i<br />
e− �<br />
r E� (t−t0) k<br />
(ϑ, ϕ)<br />
≈ f� k0<br />
� d 3 k<br />
(2π) 3 a(� k)e i(� k�n0r− �k2<br />
2m (t−t0))<br />
=<br />
r<br />
f� (ϑ, ϕ) k0 ψ0(�n0r, t) .<br />
r<br />
(<strong>II</strong>.1.29)<br />
Auch <strong>der</strong> gestreute Anteil erthält also in radialer Richtung die Form des einlaufenden<br />
Pakets1 . Die wesentliche Information über den Streuprozeß ist daher bereits in <strong>der</strong> Streuamplitude<br />
f�k (ϑ, ϕ) enthalten.<br />
1 Das gilt nicht im Falle <strong>von</strong> Resonanzstreuung. In diesem Fall wird die Streuamplitude singulär und<br />
kann nicht aus dem Integral herausgezogen werden. Das Paket wird dann stark verzerrt.
<strong>II</strong>.2 Partialwellenanalyse 53<br />
Schließlich soll noch <strong>der</strong> differentielle Wirkungsquerschnitt für die Streuung berechnet<br />
werden. Dazu wird <strong>von</strong> einer stationären Streulösung<br />
ϕ� k (�r) ∼ e i� k�r + f� k (ϑ, ϕ) eikr<br />
r<br />
(<strong>II</strong>.1.30)<br />
ausgegangen, die die Streuung eines Stroms <strong>von</strong> Teilchen mit scharfer Energie E�k = �2k2 2m<br />
beschreibt. Die einlaufende Stromdichte hat dann den Betrag<br />
�<br />
�<br />
jin = �<br />
�<br />
�2im<br />
�<br />
e −i�k�r ∇e � i�k�r i<br />
− e �k�r ∇e � −i� �<br />
k�r<br />
� �<br />
�� = �k<br />
. (<strong>II</strong>.1.31)<br />
m<br />
Die radial auslaufende Stromdichte ist entsprechend<br />
jr = �k<br />
m<br />
|f� k (ϑ, ϕ)| 2<br />
r 2<br />
+ O( 1<br />
r 3 ) . (<strong>II</strong>.1.32)<br />
Die Anzahl <strong>der</strong> je Zeiteinheit nach dΩ gestreuten Teilchen, normiert auf den einfallenden<br />
Strom, ist daher<br />
jr r<br />
dσ = lim<br />
r→∞<br />
2 dΩ<br />
jin<br />
= |f� k (ϑ, ϕ)| 2 dΩ bzw.<br />
dσ<br />
dΩ = |f� k (ϑ, ϕ)| 2 . (<strong>II</strong>.1.33)<br />
<strong>II</strong>.2 Partialwellenanalyse<br />
” Weit weg vom Streuzentrum“ wird das Wellenpaket durch die freie Schrödinger-Gleichung<br />
beschrieben. Gemeinsame Eigenfunktionen <strong>von</strong> H0 = − �2<br />
2m∆, � L2 und Lz haben<br />
bekanntlich die Form<br />
(αℓ jℓ(kr) + βℓ nℓ(kr)) Yℓm(ϑ, ϕ) (<strong>II</strong>.2.1)<br />
mit beliebigen Konstanten αℓ, βℓ und den sphärischen Bessel- und Neumann-Funktionen<br />
jℓ(kr) und nℓ(kr) (siehe <strong>Quantenmechanik</strong> I, Abschnitt <strong>II</strong>I.4). Da die sphärischen Neumann-Funktionen<br />
für r → 0 singulär werden, bilden die Funktionen<br />
⎧<br />
⎪⎨ 0 ≤ k < +∞<br />
jℓ(kr) Yℓm(ϑ, ϕ) mit ℓ = 0, 1, 2, 3, . . .<br />
(<strong>II</strong>.2.2)<br />
⎪⎩<br />
m = −ℓ, −ℓ+1, . . . , ℓ<br />
ein vollständiges System für die Entwicklung regulärer Funktionen. Insbeson<strong>der</strong>e kann<br />
eine ebene Welle nach diesem System entwickelt werden: Betrachtet man zunächst eine<br />
ebene Welle in z-Richtung, hat man wegen <strong>der</strong> Azimutalsymmetrie einen Ansatz<br />
e ikz = e ikr cos ϑ =<br />
∞�<br />
αℓ jℓ(kr) Yℓ,0(ϑ, ϕ) , (<strong>II</strong>.2.3)<br />
ℓ=0
<strong>II</strong>.2 Partialwellenanalyse 54<br />
bzw.<br />
� π<br />
αℓ jℓ(kr) = 2π dϑ sin ϑ e<br />
0<br />
ikr cos ϑ Yℓ,0(ϑ, ϕ) . (<strong>II</strong>.2.4)<br />
Die noch unbekannten Koeffizienten αℓ können jetzt durch Vergleich des asymptotischen<br />
Verhaltens bestimmt werden: Auf <strong>der</strong> linken Seite hat man<br />
αℓ jℓ(kr) → αℓ<br />
sin(kr − ℓ π<br />
2 )<br />
kr<br />
= αℓ � i(kr−ℓ<br />
e<br />
2ikr<br />
π<br />
2 ) π<br />
−i(kr−ℓ<br />
− e 2 )�<br />
für r → ∞. Auf <strong>der</strong> rechten Seite liefert eine partielle Integration<br />
2π<br />
ikr eikr cos ϑ �cos<br />
ϑ=+1 �<br />
Yℓ,0(ϑ, ϕ) � −<br />
cos ϑ=−1<br />
2π<br />
� 1<br />
ikr<br />
−1<br />
d cos ϑ e ikr cos ϑ dYℓ,0(ϑ, ϕ)<br />
d cos ϑ<br />
Nun ist weiterhin (siehe <strong>Quantenmechanik</strong> I, Abschnitt <strong>II</strong>I.3)<br />
mit<br />
Yℓm(ϑ, ϕ) = (−1) m+|m|<br />
2<br />
�<br />
2ℓ + 1 (ℓ − |m|)!<br />
4π (ℓ + |m|)!<br />
P |m|<br />
ℓ (cos ϑ) e imϕ<br />
(<strong>II</strong>.2.5)<br />
. (<strong>II</strong>.2.6)<br />
(<strong>II</strong>.2.7)<br />
P m ℓ (cos ϑ) = (−1)ℓ<br />
2ℓ � �ℓ+m d<br />
(sin ϑ)m<br />
(sin ϑ)<br />
ℓ! d cos ϑ<br />
2ℓ . (<strong>II</strong>.2.8)<br />
Daher gilt für ℓ = 0<br />
�<br />
2ℓ + 1<br />
Yℓ,0(ϑ, ϕ) =<br />
4π Pℓ(cos ϑ) (<strong>II</strong>.2.9)<br />
mit dem Legendre-Polynom<br />
Pℓ(cos ϑ) = (−1)ℓ<br />
2 ℓ ℓ!<br />
� �ℓ d<br />
(sin ϑ)<br />
d cos ϑ<br />
2ℓ . (<strong>II</strong>.2.10)<br />
Da nun Pℓ(±1) = (±1) ℓ , findet man für Gleichung <strong>II</strong>.2.6<br />
�<br />
4π(2ℓ + 1) � ikr ℓ −ikr<br />
e − (−1) e<br />
2ikr<br />
� �<br />
1<br />
+ O<br />
(kr) 2<br />
�<br />
. (<strong>II</strong>.2.11)<br />
Daraus folgt nun durch Vergleich<br />
αℓ i −ℓ = � 4π(2ℓ + 1) , (<strong>II</strong>.2.12)<br />
also hat man für die in z-Richtung laufende ebene Welle die Entwicklung<br />
e ikz =<br />
∞�<br />
i ℓ� 4π(2ℓ + 1) jℓ(kr) Yℓ,0(ϑ, ϕ)<br />
=<br />
ℓ=0<br />
∞�<br />
i ℓ (2ℓ + 1) jℓ(kr) Pℓ(cos ϑ) . (<strong>II</strong>.2.13)<br />
ℓ=0
<strong>II</strong>.2 Partialwellenanalyse 55<br />
Für eine ebene Welle mit beliebiger Richtung gilt dann zunächst<br />
e i� ∞�<br />
k·�r<br />
= i ℓ (2ℓ + 1) jℓ(kr) Pℓ(cos ˜ ϑ) , wobei ϑ ˜ = ∢( �k, �r) . (<strong>II</strong>.2.14)<br />
ℓ=0<br />
Dann lässt sich mit Pℓ(cos ˜ ϑ) mit Hilfe des Additionstheorems“ für Kugelflächenfunk-<br />
”<br />
tionen ausdrücken als<br />
Pℓ(cos ˜ ϑ) = 4π<br />
2ℓ + 1<br />
ℓ�<br />
Y ∗<br />
ℓm(ϑk, ϕk) Yℓm(ϑ, ϕ) , (<strong>II</strong>.2.15)<br />
m=−ℓ<br />
wobei ϑk und ϕk die zu � k gehörigen Polarwinkel sind. Somit lautet die gesuchte Entwicklung<br />
<strong>der</strong> ebenen Welle nach Kugelwellen schließlich<br />
e i� k·�r = 4π �<br />
ℓ,m<br />
i ℓ jℓ(kr) Y ∗<br />
ℓm(ϑk, ϕk) Yℓm(ϑ, ϕ) . (<strong>II</strong>.2.16)<br />
Wenn nun das Streupotential zentralsymmetrisch ist, also kurz V (�r) = V (r), kommutiert<br />
auch H = − �2<br />
2m∆ + V (r) mit � L2 und Lz. Dann können auch die Streulösungen als gemeinsame<br />
Eigenfunktionen <strong>von</strong> H, � L2 und Lz gewählt werden. Sofern das Potential im<br />
Unendlichen hinreichend schnell verschwindet (genauer: V (r) < const · r−α für große r<br />
mit α > 1; für das Coulomb-Potential gelten die folgenden Aussagen also nicht), macht<br />
man für die Streulösungen einen Partialwellenansatz <strong>der</strong> Form<br />
∞� uℓ(r)<br />
ϕ�k (�r) =<br />
r Yℓ,0(ϑ, ϕ) (<strong>II</strong>.2.17)<br />
ℓ=0<br />
mit dem asymptotischen Verhalten<br />
uℓ(r) ∼ γℓ sin(kr − ℓ π<br />
2 + δℓ) . (<strong>II</strong>.2.18)<br />
Wegen <strong>der</strong> vorausgesetzten Zentralsymmetrie des Potentials ist ϕ� k (�r) unabhängig vom<br />
Azimutalwinkel, so dass die Summation über m entfällt. Ohne das streuende Potential<br />
hätte man lediglich eine ” durchlaufende“ ebene Welle und daher<br />
uℓ(r)<br />
r = cℓ<br />
sin(kr − ℓ<br />
jℓ(kr) ∼ cℓ<br />
π<br />
2 )<br />
, (<strong>II</strong>.2.19)<br />
kr<br />
die im Ansatz eingführten Streuphasen δℓ beschreiben daher für jede einzelne Partialwelle<br />
die durch das Potential verursachte Phasenverschiebung gegenüber einer freien Kugelwelle.<br />
Diese Streuphasen sind natürlich nicht nur vom Potential, son<strong>der</strong>n auch <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />
Energie abhängig, also δℓ = δℓ(k). Damit erhält man also aus dem Partialwellenansatz<br />
das asymptotische Verhalten<br />
ϕ�k (�r) ∼ eikr<br />
∞�<br />
π<br />
e−iℓ 2<br />
iδℓ<br />
γℓ e<br />
r<br />
2i Yℓ,0(ϑ, ϕ)<br />
− e−ikr<br />
r<br />
ℓ=0<br />
∞�<br />
ℓ=0<br />
γℓ e −iδℓ e+iℓ π<br />
2<br />
2i Yℓ,0(ϑ, ϕ) (<strong>II</strong>.2.20)
<strong>II</strong>.2 Partialwellenanalyse 56<br />
mit aus- und einlaufenden Kugelwellen. An<strong>der</strong>erseits muss die übliche Streurandbedingung<br />
eingehalten werden. Legt man nun das Koordinatensystem so, dass die Richtung<br />
<strong>der</strong> einlaufenden ebenen Welle mit <strong>der</strong> Richtung <strong>der</strong> z-Achse übereinstimmt, hat man<br />
ebenso<br />
ϕ� k (�r) ∼ e ikz + f� k (ϑ) eikr<br />
∼ eikr<br />
r<br />
− e−ikr<br />
r<br />
�<br />
r<br />
∞�<br />
i ℓ� 4π(2ℓ + 1)<br />
ℓ=0<br />
∞�<br />
i ℓ� 4π(2ℓ + 1)<br />
ℓ=0<br />
π<br />
e−iℓ 2<br />
2ik Yℓ,0(ϑ,<br />
�<br />
ϕ) + f�k (ϑ)<br />
e+iℓ π<br />
2<br />
2ik Yℓ,0(ϑ, ϕ) . (<strong>II</strong>.2.21)<br />
Nun müssen die Koeffizienten <strong>der</strong> ein- und auslaufenden Kugelwellen in beiden Entwicklungen<br />
übereinstimmen. Ein Vergleich <strong>der</strong> einlaufenden Anteile liefert sofort die Koeffizienten<br />
γℓ<br />
γℓ = iℓ �<br />
iδℓ 4π(2ℓ + 1) e . (<strong>II</strong>.2.22)<br />
k<br />
Durch Vergleich <strong>der</strong> auslaufenden Anteile erhält man dann einen Ausdruck für die Streuamplitude<br />
f� k (ϑ) =−<br />
+<br />
= 1<br />
k<br />
= 1<br />
k<br />
∞�<br />
ℓ=0<br />
ℓ=0<br />
ℓ=0<br />
iℓ π<br />
� −iℓ<br />
e 2<br />
4π(2ℓ + 1)<br />
k<br />
2i Yℓ,0(ϑ, ϕ)<br />
∞� iℓ π<br />
� e−iℓ 2<br />
2iδℓ 4π(2ℓ + 1) e<br />
k<br />
2i Yℓ,0(ϑ, ϕ)<br />
∞� e2iδℓ − 1�<br />
4π(2ℓ + 1) Yℓ,0(ϑ, ϕ)<br />
2i<br />
∞�<br />
e iδℓ sin δℓ (2ℓ + 1) Pℓ(cos ϑ) . (<strong>II</strong>.2.23)<br />
ℓ=0<br />
Damit ist die Streuamplitude vollständig durch die Streuphasen δℓ bzw. durch die Partialwellenamplituden<br />
Tℓ(k) = e iδℓ sin δℓ (<strong>II</strong>.2.24)<br />
festgelegt. Damit kann auch <strong>der</strong> differentielle Wirkungsquerschnitt durch die Streuphasen<br />
ausgedrückt werden<br />
dσ<br />
dΩ = |f�k (ϑ)| 2<br />
= 1<br />
k 2<br />
+ 1<br />
k 2<br />
∞�<br />
(2ℓ + 1) 2 sin 2 δℓ P 2 ℓ (cos ϑ)<br />
ℓ=0<br />
�<br />
(2ℓ + 1)(2ℓ ′ + 1) sin δℓ sin δℓ ′ 2 cos(δℓ − δℓ ′) PℓPℓ ′ . (<strong>II</strong>.2.25)<br />
ℓ
<strong>II</strong>.2 Partialwellenanalyse 57<br />
Während also im differentiellen Wirkungsquerschnitt Interferenzterme <strong>von</strong> Beiträgen verschiedener<br />
Partialwellen auftreten, ist das für den totalen Wirkungsquerschnitt nicht <strong>der</strong><br />
Fall. Wegen<br />
�<br />
findet man<br />
�<br />
σ =<br />
4π<br />
dΩ PℓPℓ ′ = δℓℓ ′ (<strong>II</strong>.2.26)<br />
2ℓ + 1<br />
dΩ dσ<br />
dΩ<br />
= 4π<br />
k 2<br />
∞�<br />
(2ℓ + 1) sin 2 δℓ . (<strong>II</strong>.2.27)<br />
ℓ=0<br />
Wegen e iδℓ = cos δℓ + i sin δℓ und Pℓ(1) = 1 besteht daher ein interessanter Zusammenhang<br />
zwischen dem totalen Wirkungsquerschnitt und dem Imaginärteil <strong>der</strong> Vorwärts-<br />
Streuamplitude<br />
σ = 4π<br />
k Im f� k (ϑ = 0) . (<strong>II</strong>.2.28)<br />
Dieser Zusammenhang ist als optisches Theorem bekannt. Er beruht darauf, dass durch<br />
Interferenz <strong>der</strong> durchlaufenden und <strong>der</strong> nach vorne gestreuten Welle die Stromdichte im<br />
Vorwärtsrichtung verringert wird. Diese Verringerung entspricht einer Streuung <strong>der</strong> Teilchen<br />
” nach irgendwohin“ und ist damit proportional zum totalen Wirkungsquerschnitt.<br />
Die zuvor gefundene Darstellung <strong>der</strong> Streulösungen (vgl. Gl. <strong>II</strong>.2.20)<br />
ϕ� k (�r) ∼ eikr<br />
kr<br />
∞�<br />
ℓ=0<br />
i ℓ� π<br />
e−iℓ 2<br />
2iδℓ 4π(2ℓ + 1) e<br />
2i Yℓ,0(ϑ, ϕ)<br />
− e−ikr<br />
∞�<br />
i<br />
kr<br />
ℓ=0<br />
ℓ� 4π(2ℓ + 1)<br />
∞�<br />
= i ℓ �<br />
(2ℓ + 1) e<br />
2ikr<br />
ℓ=0<br />
e−iℓ π<br />
2<br />
2i Yℓ,0(ϑ, ϕ)<br />
π<br />
ei(kr−ℓ 2<br />
2iδℓ )<br />
π<br />
e−i(kr−ℓ 2<br />
− )<br />
2ikr<br />
�<br />
Pℓ(cos ϑ) (<strong>II</strong>.2.29)<br />
wird beson<strong>der</strong>s einleuchtend, wenn sie auf die sphärischen Hankel-Funktionen<br />
h (1)<br />
ℓ (kr) = jℓ(kr) + inℓ(kr) ≡ hℓ(kr) und<br />
h (2)<br />
ℓ (kr) = jℓ(kr) − inℓ(kr) = h ∗ ℓ(kr) (<strong>II</strong>.2.30)<br />
zurückgeführt wird. Diese Funktionen entsprechen asymptotisch aus- und einlaufenden<br />
Kugelwellen (vgl. <strong>Quantenmechanik</strong> I, Abschnitt <strong>II</strong>I.4)<br />
hℓ(kr) ∼<br />
ei(kr−ℓ π<br />
2 )<br />
ikr<br />
. (<strong>II</strong>.2.31)<br />
Man hat daher<br />
∞�<br />
i ℓ (2ℓ + 1) Rℓ(kr) Pℓ(cos ϑ) (<strong>II</strong>.2.32)<br />
ϕ� k (�r) =<br />
ℓ=0
<strong>II</strong>.2 Partialwellenanalyse 58<br />
mit<br />
Rℓ(kr) = 1 � ∗<br />
h<br />
2<br />
ℓ(kr) + e 2iδℓhℓ(kr) � . (<strong>II</strong>.2.33)<br />
Zum Vergleich: Ohne ein Streupotential hätte man einfach die Entwicklung <strong>der</strong> ebenen<br />
Welle nach Kugelwellen<br />
ϕ� k (�r) = e ikz =<br />
∞�<br />
i ℓ (2ℓ + 1)jℓ(kr) Pℓ(cos ϑ) , (<strong>II</strong>.2.34)<br />
ℓ=0<br />
d.h. hier<br />
Rℓ(kr) = jℓ(kr) = 1 � ∗<br />
h<br />
2<br />
ℓ(kr) + hℓ(kr) � . (<strong>II</strong>.2.35)<br />
Der gesamte Streuprozeß wird also dadurch beschrieben, dass die auslaufenden (nicht aber<br />
die einlaufenden!) Kugelwellen mit einem Phasenfaktor multipliziert werden. Das bedeutet<br />
auch, dass die gesamte einlaufende Stromdichte gleich <strong>der</strong> gesamten auslaufenden ist,<br />
d.h. die Potentialstreuung ist elastisch.<br />
Es ist dann jedoch einfach, auch inelastische Streuprozesse zu beschreiben, also Prozesse,<br />
bei denen einlaufende Teilchen absorbiert werden bzw. Teilchenumwandlungsprozesse<br />
auftreten. Man schreibt dann<br />
Rℓ(kr) = 1 � ∗<br />
h<br />
2<br />
ℓ(kr) + Sℓ hℓ(kr) � , (<strong>II</strong>.2.36)<br />
wobei<br />
Sℓ = Sℓ(E) = sℓ(E) e 2iδℓ(E)<br />
(<strong>II</strong>.2.37)<br />
mit 0 ≤ sℓ(E) ≤ 1.<br />
In dem Ausdruck für die Partialwellenamplituden ist dann e 2iδℓ durch Sℓ zu ersetzen:<br />
Tℓ(k) = Sℓ − 1<br />
2i<br />
= 1 �<br />
sℓ cos 2δℓ + isℓ sin 2δℓ − 1<br />
2i<br />
�<br />
= 1 �<br />
sℓ sin 2δℓ + i(1 − sℓ cos 2δℓ)<br />
2i<br />
� . (<strong>II</strong>.2.38)<br />
Der gesamte Wirkungsquerschnitt σtot setzt sich nun aus einem elastischen Anteil σel und<br />
einem inelastischen Anteil σinel zusammen. Der elastische Wirkungsquerschnitt kann wie<br />
vorher auf die Partialwellenamplituden zurückgeführt werden:<br />
σel = 4π<br />
k2 ∞�<br />
(2ℓ + 1)|Tℓ(k)|<br />
ℓ=0<br />
2<br />
∞�<br />
(2ℓ + 1) � s 2 �<br />
ℓ + 1 − 2sℓ cos 2δℓ . (<strong>II</strong>.2.39)<br />
= π<br />
k 2<br />
ℓ=0
<strong>II</strong>.2 Partialwellenanalyse 59<br />
Für die Berechnung des inelastischen Wirkungsquerschnitts betrachtet man zunächst den<br />
gesamten Strom durch eine hinreichend große Kugeloberfläche um das Streuzentrum. Aufgrund<br />
<strong>der</strong> Teilchenabsorbtion ist <strong>der</strong> einlaufende Strom größer als <strong>der</strong> auslaufende, <strong>der</strong><br />
Gesamtstrom ist also negativ:<br />
Mit<br />
=<br />
�<br />
�<br />
2 �<br />
dΩ r<br />
2im<br />
dΩ r<br />
2 �<br />
ℓ,ℓ ′<br />
� ϕ ∗ �k<br />
∂<br />
∂<br />
∂r ϕ�k − ϕ�k ∂r ϕ∗ �k i ℓ′ −ℓ ′<br />
(2ℓ + 1)(2ℓ + 1) Pℓ(cos ϑ)Pℓ ′(cos ϑ)<br />
�<br />
· � � ∗ d d<br />
Rℓ Rℓ ′ − Rℓ<br />
2im dr dr R∗ ℓ ′<br />
�<br />
�<br />
2<br />
= 4πr (2ℓ + 1) · �<br />
m Im R∗ d<br />
ℓ<br />
dr Rℓ . (<strong>II</strong>.2.40)<br />
ℓ<br />
Rℓ(kr) = 1 � ∗<br />
h<br />
2<br />
ℓ(kr) + Sℓ hℓ(kr) �<br />
∼ 1<br />
2<br />
�<br />
−<br />
e−i(kr−ℓ π<br />
2 )<br />
ikr<br />
+ Sℓ<br />
π<br />
i(kr−ℓ<br />
e 2 )<br />
folgt, da für die ” große“ Kugel nur <strong>der</strong> Zähler differenziert zu werden braucht,<br />
∼ Im 1<br />
4<br />
d<br />
ikr<br />
Im R ∗ ℓ<br />
dr Rℓ<br />
� i(kr−ℓ<br />
e π<br />
2 )<br />
ikr − S∗ π<br />
−i(kr−ℓ<br />
e 2<br />
ℓ<br />
) � � −i(kr−ℓ<br />
e<br />
· ik<br />
ikr<br />
π<br />
2 )<br />
ikr<br />
� ikr −ℓ ∗<br />
e i − Sℓ e −ikr i ℓ�� e −ikr i ℓ + Sℓ e ikr i −ℓ�<br />
= Im 1<br />
4ikr2 = Im −i<br />
4kr2 �<br />
+ Sℓ<br />
� 1 − |Sℓ| 2 + Sℓ e 2ikr (−1) ℓ − S ∗ ℓ e −2ikr (−1) ℓ�<br />
� �� �<br />
(−1) ℓ 2i Im Sℓ e 2ikr<br />
= − 1<br />
4πkr2 Das ergibt für den gesuchten Gesamtstrom schließlich den Ausdruck<br />
− π<br />
k<br />
= �k<br />
m<br />
π<br />
i(kr−ℓ<br />
e 2 )<br />
ikr<br />
�<br />
(<strong>II</strong>.2.41)<br />
� 1 − |Sℓ| 2� . (<strong>II</strong>.2.42)<br />
�<br />
(2ℓ + 1)<br />
ℓ<br />
� �<br />
1 − |Sℓ|<br />
m<br />
2�<br />
π<br />
k2 �<br />
(2ℓ + 1) � 1 − |Sℓ| 2� . (<strong>II</strong>.2.43)<br />
ℓ<br />
Wegen |Sℓ| 2 ≤ 1 ist er negativ für echt inelastische Prozesse und verschwindet für elastische<br />
Streuung. Der gesamte absorbeirte Fluss ist daher<br />
+ �k<br />
m<br />
π<br />
k 2<br />
�<br />
(2ℓ + 1) � 1 − s 2� ℓ , (<strong>II</strong>.2.44)<br />
ℓ
<strong>II</strong>.3 Bornsche Reihe und Bornsche Näherung 60<br />
was nach Normierung auf den einlaufenden Fluss jin = �k<br />
m<br />
querschnitt<br />
σinel = π<br />
k 2<br />
�<br />
(2ℓ + 1) � 1 − s 2� ℓ<br />
ℓ<br />
den inelastischen Wirkungs-<br />
(<strong>II</strong>.2.45)<br />
liefert. Der totale Wirkungsquerschnitt erhält daher die Form<br />
σtot = σel + σinel = 2π<br />
k2 ∞�<br />
(2ℓ + 1) � �<br />
1 − sℓ cos 2δℓ . (<strong>II</strong>.2.46)<br />
ℓ=0<br />
Da die Vorwärts-Streuamplitude im inelastischen Fall durch<br />
f�k (ϑ = 0) = 1<br />
∞�<br />
Tℓ(k) (2ℓ + 1)Pℓ(1)<br />
k<br />
ℓ=0<br />
= 1<br />
∞� �<br />
sℓ sin 2δℓ + i(1 − sℓ cos 2δℓ)<br />
2k<br />
� (2ℓ + 1) (<strong>II</strong>.2.47)<br />
ℓ=0<br />
gegeben wird (vgl. Gleichung <strong>II</strong>.2.38), hat man erneut den Zusammenhang<br />
σtot = 4π<br />
k Im f� k (ϑ = 0) . (<strong>II</strong>.2.48)<br />
D.h. das optische Theorem gilt auch bei inelastischer Streuung!<br />
Im Extremfall eines total absorbierenden Targets hat man sℓ = 0 für alle ℓ, also<br />
σinel = π<br />
k2 �<br />
(2ℓ + 1) und (<strong>II</strong>.2.49)<br />
ℓ<br />
σel = π<br />
k2 �<br />
(2ℓ + 1) . (<strong>II</strong>.2.50)<br />
ℓ<br />
Auch für ein vollkommen absorbierendes Target gibt es elastische Streuung ( ” Schattenstreuung“).<br />
Der elastische Wirkungsquerschnitt ist daher ebenso groß wie <strong>der</strong> inelastische.<br />
<strong>II</strong>.3 Bornsche Reihe und Bornsche Näherung<br />
Die Lippmann-Schwinger-Gleichung für die stationären Streulösungen<br />
ϕ�k (�r) = e i�k�r 2m<br />
+<br />
�2 �<br />
d 3 r ′ G+(�r − �r ′ ) V (�r ′ ) ϕ�k (�r ′ )<br />
= e i�k�r 2m<br />
−<br />
4π�2 �<br />
d 3 r ′ eik|�r−�r ′ |<br />
|�r − �r ′ | V (�r ′ ) ϕ�k (�r ′ ) (<strong>II</strong>.3.1)<br />
legt eine symmetrische Konstruktion dieser Lösungen nahe: Sofern entwe<strong>der</strong> das Potential<br />
” schwach“ ist, o<strong>der</strong> das einfallende Teilchen sehr energiereich, wird die einlaufende ebene<br />
Welle durch das Potential nur wenig verzerrt. Man hat dann in nullter Näherung“ einfach<br />
”<br />
ϕ (0)<br />
� k (�r) = e i� k�r<br />
(<strong>II</strong>.3.2)
<strong>II</strong>.3 Bornsche Reihe und Bornsche Näherung 61<br />
und erhält eine verbesserte erste Näherung, indem man diese nullte Näherung unter dem<br />
Integral einsetzt:<br />
ϕ (1)<br />
� = e<br />
k i�k�r 2m<br />
+<br />
�2 �<br />
d 3 r ′ G+(�r − �r ′ ) V (�r ′ ) e i�k�r ′<br />
. (<strong>II</strong>.3.3)<br />
Dieses Verfahren lässt sich offensichtlich iterieren. Schreibt man die Lippmann-Schwinger-<br />
Gleichung (<strong>II</strong>.3.1) formal als<br />
ϕ� k = ϕ (0)<br />
� k + GV ϕ� k (<strong>II</strong>.3.4)<br />
mit dem Integraloperator<br />
GV ϕ�k (�r) = 2m<br />
�2 �<br />
d 3 r ′ G+(�r − �r ′ ) V (�r ′ ) ϕ� k (�r ′ ) , (<strong>II</strong>.3.5)<br />
so erhält man schließlich die sogenannte Bornsche Reihe<br />
ϕ� k = ϕ (0)<br />
� k + GV ϕ 0 � k + GV (GV ϕ (0)<br />
� k ) + . . .<br />
=<br />
∞�<br />
n=0<br />
(GV ) n ϕ (0)<br />
� k<br />
. (<strong>II</strong>.3.6)<br />
Diese Reihe hängt formal eng mit <strong>der</strong> geometrischen Reihe zusammen. Aus <strong>der</strong> Lippmann-<br />
Schwinger-Gleichung folgt nämlich<br />
ϕ� k = (1 − GV ) −1 ϕ (0)<br />
� k<br />
n=0<br />
(GV ) n ϕ (0)<br />
� k<br />
(<strong>II</strong>.3.7)<br />
mit <strong>der</strong> formalen Lösung<br />
∞�<br />
ϕ�k =<br />
, (<strong>II</strong>.3.8)<br />
sofern ||GV || < 1, also die Operatornorm des Integraloperator GV klein genug ist. Diese<br />
Reihe hat eine einfache ” graphische Struktur“: Es bezeichne<br />
�r<br />
die in Gegenwart des Potentials propagierende ” volle“ Lösung <strong>der</strong> freien Schrödinger-Gleichung<br />
ϕ� k<br />
eine Lösung <strong>der</strong> freien Schrödinger-Gleichung,<br />
ein Wechselwirkungsereignis ( ” Vertex“) mit dem Potential V (�r).<br />
da auch die Greensche Funktion G+ die Propagation einer freien Lösung beschreibt, hat<br />
man symbolisch<br />
=<br />
+<br />
+<br />
+<br />
�r ′<br />
�r ′′ �r ′<br />
�r ′′′ �r ′′ �r ′<br />
+ (. . .) . (<strong>II</strong>.3.9)
<strong>II</strong>.3 Bornsche Reihe und Bornsche Näherung 62<br />
Um diese Symbole in eine Gleichung zu übersetzen, muß je<strong>der</strong> Vertex durch einen Faktor<br />
2m<br />
� 2 berücksichtigt werden. Über jede Vertexkoordinate ist zu integrieren.<br />
In <strong>der</strong> Praxis beschränkt man sich häufig auf die 1. Bornsche Näherung ϕ (1)<br />
� k . Diese Näherung<br />
ist auch wichtig für die Berechnung <strong>der</strong> Streuamplitude. Gemäß (<strong>II</strong>.1.21) hat man<br />
die Integralgleichung<br />
f� k (ϑ, ϕ) = − 2m<br />
4π� 2<br />
�<br />
d 3 r ′ e −i�k ′ �r ′<br />
V (�r ′ ) ϕ(�r ′ ) (<strong>II</strong>.3.10)<br />
mit � k ′ = k �r<br />
r , <strong>der</strong>en Auswertung die Kenntnis <strong>der</strong> exakten Streulösung ϕ� k (�r ′ ) vorraussetzt.<br />
Ersetzt man jedoch unter dem Integral ϕ�k (�r ′ ) durch ϕ�k (�r ′ ) (0) = ei�k�r ′<br />
, so erhält man die<br />
einfach auszurechnende 1. Bornsche Näherung für die (elastische) Streuamplitude<br />
f�k (ϑ, ϕ) ≈ − 2m<br />
4π�2 �<br />
d 3 r ′ e −i�k ′ �r ′<br />
V (�r ′ = −<br />
)<br />
2m<br />
4π�2 �<br />
d 3 r ′ e i(�k− �k ′ )�r ′<br />
V (�r ′ ) . (<strong>II</strong>.3.11)<br />
In dieser Näherung ist die Streuamplitude lediglich die Fouriertransformierte des Potentials<br />
bzgl. des Differenzenvektors �k − �k ′ .<br />
Die Bedingung dafür, daß diese Näherung anwendbar ist, lautet offensichtlich<br />
�<br />
� (1)<br />
ϕ � (�r) − ϕ<br />
k (0)<br />
� (, �r)<br />
k � �<br />
� ≪ �ϕ (0)<br />
� (�r)<br />
k � � , also (<strong>II</strong>.3.12)<br />
2m<br />
� 2<br />
��<br />
�<br />
�<br />
�<br />
d 3 r ′ G+(�r − �r ′ ) V (�r ′ ) e i�k�r ′<br />
�<br />
�<br />
�<br />
� ≪ 1 . (<strong>II</strong>.3.13)<br />
Für ein zentralsymmetrisches Potential hat man<br />
�<br />
d 3 r ′ G+(�r − �r ′ ) V (r ′ ) e i� k ′ �r ′<br />
�<br />
= 2π<br />
≈ − 1<br />
� ∞<br />
2<br />
� ∞<br />
= −<br />
0<br />
�<br />
dϑ sin ϑ − 1<br />
4π<br />
eik|�r−�r ′ |<br />
|�r − �r ′ �<br />
V (r<br />
|<br />
′ ) e ikr′ cos ϑ<br />
dr ′ r ′2<br />
� 1<br />
0<br />
−1<br />
dr ′ r ′2<br />
� 1<br />
d cos ϑ<br />
−1<br />
eikr′<br />
r ′ V (r′ ) e ikr′ cos ϑ<br />
dr ′ eikr′ ′2<br />
r<br />
r ′ V (r′ sin kr′<br />
)<br />
kr ′ , (<strong>II</strong>.3.14)<br />
wobei vorrausgesetzt wurde, daß �r = 0 für das Integral charakteristisch ist. Damit erhält<br />
man das Gültigkeitskriterium für die 1. Bornsche Näherung in <strong>der</strong> häufig benutzen Form<br />
m<br />
�2 ��<br />
� ∞<br />
�<br />
k � dr V (r) � e 2ikr − 1 ��� �� ≪ 1 . (<strong>II</strong>.3.15)<br />
0<br />
Wie erwartet kann diese Kriterium entwe<strong>der</strong> für schwache Potentiale o<strong>der</strong> für hochenergetische<br />
Teilchen erfüllt werden.
<strong>II</strong>.3 Bornsche Reihe und Bornsche Näherung 63<br />
Beispiel: Es soll nun die Streuamplitude für die Streuung an einem abgeschirmten<br />
Coulomb-Potential (Yukawa-Potential, vgl. <strong>Quantenmechanik</strong> I, IV.7) berechnet werden:<br />
also<br />
V (r) = − κ<br />
r e−µr , (<strong>II</strong>.3.16)<br />
f�k (ϑ) = 2kκ<br />
4π�2 �<br />
d 3 r e−µr<br />
r<br />
e i(,� k− � k ′ )�r . (<strong>II</strong>.3.17)<br />
Führt man jetzt Polarkoordinaten r, θ, φ bzgl. <strong>der</strong> durch die Richtung <strong>von</strong> �k − �k ′ gegebenene<br />
z-Achse ein, erhält man<br />
f�k (ϑ) = mκ<br />
�2 � ∞<br />
dr r e<br />
0<br />
−µr<br />
� 1<br />
d cos θ e<br />
−1<br />
i|�k− �k ′ =<br />
|t cos θ<br />
mκ<br />
�2 � ∞<br />
dr r e<br />
0<br />
−µr ei|� k−�k ′ |r −i| − e �k− �k ′ |r<br />
i| �k − �k ′ =<br />
|r<br />
mκ<br />
�2 1<br />
i| �k − �k ′ � ∞ �<br />
dr e<br />
| 0<br />
−(µ−i|�k− �k ′ |)r (µ+i|<br />
− e �k− �k ′ �<br />
|)r<br />
= mκ<br />
�2 1<br />
i| �k − �k ′ �<br />
|<br />
1<br />
µ − i| �k − �k ′ | −<br />
1<br />
µ + i| �k − �k ′ �<br />
|<br />
= 2mκ<br />
�2 1<br />
| �k − �k ′ | 2 .<br />
+ µ 2<br />
(<strong>II</strong>.3.18)<br />
Für die Streuung am Yukawa-Potential erhält man also mit | �k − �k ′ | = 2k sin(ϑ/2) den<br />
differentiellen Wirkungsquerschnitt in 1. Bornscher Näherung in <strong>der</strong> Form<br />
dσ<br />
dΩ = |f�k (ϑ)| 2 �<br />
2mκ<br />
=<br />
4�2k2 �<br />
1<br />
�<br />
2 ϑ µ2<br />
sin + 2 4k2 � . (<strong>II</strong>.3.19)<br />
Im Grenzfall µ → 0 folgt mit E = �2 k 2<br />
2m dann<br />
dσ<br />
dΩ =<br />
�<br />
κ<br />
4E<br />
�2 1<br />
. (<strong>II</strong>.3.20)<br />
4 ϑ sin 2<br />
Das ist genau <strong>der</strong> klassische Rutherford-Wirkungsquerschnitt. Dieses Produkt wurde bereits<br />
in <strong>Quantenmechanik</strong> I, IV.7 erhalten – dort auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> zeitabhängigen<br />
Störungsrechnung in erster Ordnung (bzw. <strong>der</strong> ” Goldenen Regel“). Ein Vergleich bei<strong>der</strong><br />
Argumentationsketten lohnt sich.<br />
Schließlich soll noch die 1. Bornsche Näherung für die Streuphasen angegeben werden. Im<br />
Partialwellenansatz<br />
∞� uℓ(r)<br />
ϕ�k (�r) =<br />
r Yℓ,0(ϑ, ϕ) (<strong>II</strong>.3.21)<br />
n=0
<strong>II</strong>.3 Bornsche Reihe und Bornsche Näherung 64<br />
gehorchen die Funktionen uℓ(r) <strong>der</strong> Anfangsbedingung uℓ(0) = 0 und besitzen das asymptotische<br />
Verhalten<br />
uℓ(r) ∼ γℓ sin(kr − ℓπ/2 + δℓ) . (<strong>II</strong>.3.22)<br />
Sie ergeben sich durch exakte Lösung <strong>der</strong> radialen Schrödinger-Gleichung<br />
u ′′<br />
�<br />
ℓ (r) + k 2 ℓ(ℓ + 1)<br />
−<br />
r2 − 2m<br />
�<br />
V (r) uℓ(r) = 0 . (<strong>II</strong>.3.23)<br />
�2 Ohne Streupotential hat man dagegen<br />
v ′′<br />
ℓ (r) +<br />
�<br />
k 2 −<br />
ℓ(ℓ + 1)<br />
r 2<br />
�<br />
vℓ(r) = 0 (<strong>II</strong>.3.24)<br />
mit vℓ(0) = 0. Lösungen sind die Funktionen vℓ(r) = ˜γℓ kr jℓ(kr) mit dem asymptotischen<br />
Verhalten<br />
vℓ(r) ∼ ˜γℓ sin(kr − ℓπ/2) . (<strong>II</strong>.3.25)<br />
Multipliziert man nun die Gleichung (<strong>II</strong>.3.23) mit vℓ, sowie (<strong>II</strong>.3.24) mit uℓ, subtrahiert<br />
beide und integriert über r, so erhält man, wenn man den Potentialterm auf die rechte<br />
Seite bringt<br />
� ∞<br />
0<br />
Nun ist<br />
dr � vℓu ′′<br />
ℓ − uℓv ′′ � �<br />
ℓ = vℓu ′ ℓ − uℓv ′ �<br />
ℓ<br />
�∞ �<br />
� =<br />
0<br />
2m<br />
�2 vℓ(r) u ′ ℓ(r) − uℓ(r) v ′ ℓ(r)<br />
� ∞<br />
dr V uℓvℓ . (<strong>II</strong>.3.26)<br />
�<br />
∼ γℓ ˜γℓ k sin � kr − ℓπ/2 � cos � � � � � �<br />
kr − ℓπ/2 + δℓ − cos kr − ℓπ/2 sin kr − ℓπ/2 + δℓ<br />
�<br />
= −γℓ ˜γℓ k sin δℓ . (<strong>II</strong>.3.27)<br />
Somit hat man die exakte Integralgleichung<br />
sin δℓ = − 2m<br />
�2 � ∞<br />
dr V (r) uℓ(r) r jℓ(kr) , (<strong>II</strong>.3.28)<br />
γℓ<br />
0<br />
<strong>der</strong>en Auswertung wie<strong>der</strong> die Kenntnis <strong>der</strong> vollen Radialfunktionen uℓ(r) vorraussetzt.<br />
Wenn die Streulösungen jedoch durch das Potential nur wenig modifiziert werden, hat<br />
man näherungsweise<br />
uℓ(r) ≈ γℓ kr jℓ(kr) und damit (<strong>II</strong>.3.29)<br />
sin δℓ ≈ − 2m<br />
�2 � ∞<br />
dr V (r)<br />
k<br />
� kr jℓ(kr) �2 . (<strong>II</strong>.3.30)<br />
0<br />
Das ist die 1. Bornsche Näherung für die Streuphasen. Diese Näherung ist ” gut“, wenn<br />
die rechte Seite <strong>der</strong> Gleichung klein gegen Eins ist. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten.<br />
0
<strong>II</strong>.4 Streuung an Potentialen endlicher Reichweite 65<br />
• Ist K klein, so muß vℓ(r) ∼ kr jℓ(kr) klein im Potentialbereich bleiben. Nun wächst<br />
vℓ(r) für kleine r wie (kr) ℓ+1 . Wegen<br />
�<br />
vℓ(r) + k 2 ℓ(ℓ + 1)<br />
−<br />
r2 �<br />
vℓ(r) = 0 (<strong>II</strong>.3.31)<br />
besitzt diese Funktion einen Wendepunkt für kr = � ℓ(ℓ + 1). Die obige Näherung<br />
für die Streuphasen ist also anwendbar, wenn die Potentialreichweite r0 die Bedingung<br />
r0 ≪ �� ℓ(ℓ + 1)<br />
�k<br />
(<strong>II</strong>.3.32)<br />
erfüllt. Das entspricht <strong>der</strong> Bedingung, daß <strong>der</strong> klassische Stoßparameter (d.h. <strong>der</strong><br />
Quotient aus Drehimpuls und Impuls) groß im Vergleich zur Potentialreichweite sein<br />
soll.<br />
• Bei hochenergetischen Projektilen mit großer Wellenzahl k lautet das Gültigkeitskriterium<br />
wegen <strong>der</strong> Beschränktheit <strong>von</strong> kr jℓ(kr) einfach<br />
2m<br />
�2 � ∞<br />
dr |V (r)| ≪ 1 , (<strong>II</strong>.3.33)<br />
k<br />
0<br />
sofern das Integral existiert.<br />
<strong>II</strong>.4 Streuung an Potentialen endlicher Reichweite<br />
Es wird nun vorausgesetzt, dass V (r) = 0 für r > a. In diesem Fall werden die Partialwellen<br />
für r > a durch<br />
R > ℓ<br />
1 � ∗<br />
(r) = h<br />
2<br />
ℓ(kr) + e 2iδℓ hℓ(kr) �<br />
(<strong>II</strong>.4.1)<br />
gegeben. Für den Fall r < a müssen die Partialwellen R < ℓ<br />
Gleichung bestimmt werden. Um R > ℓ<br />
man die Stetigkeit <strong>von</strong> Rℓ(r) und d<br />
drRℓ(r), also auch die <strong>der</strong> logarithmischen Ableitung<br />
d ln R < ℓ (r)<br />
dr<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
� r=a<br />
�<br />
d ∗ h dr ℓ + e<br />
= cℓ =<br />
2iδℓ<br />
��<br />
�<br />
hℓ �<br />
�<br />
h ∗ ℓ + e2iδℓ hℓ<br />
Mit hℓ(kr) = jℓ(kr) + inℓ(kr) ergibt das<br />
�<br />
d<br />
jℓ − inℓ + e dr<br />
2iδℓ (jℓ + inℓ) �<br />
jℓ − inℓ + e2iδℓ �<br />
�<br />
�<br />
� = cℓ<br />
(jℓ + inℓ)<br />
bzw.<br />
(r) aus <strong>der</strong> radialen Schrödinger-<br />
(r) bei r = a richtig anschließen zu können, benötigt<br />
� r=a<br />
� r=a<br />
. (<strong>II</strong>.4.2)<br />
�� � 2iδℓ 1 + e jℓ + i � e 2iδℓ<br />
� �<br />
− 1 nℓ cℓ = � 1 + e 2iδℓ<br />
� djℓ<br />
dr + i � e 2iδℓ<br />
� dnℓ<br />
− 1<br />
dr<br />
(<strong>II</strong>.4.3)<br />
(<strong>II</strong>.4.4)
<strong>II</strong>.4 Streuung an Potentialen endlicher Reichweite 66<br />
o<strong>der</strong><br />
� � 2iδℓ 1 + e � �<br />
djℓ<br />
− cℓjℓ + i<br />
dr � e 2iδℓ<br />
�<br />
− 1 � �<br />
dnℓ<br />
− cℓnℓ = 0 . (<strong>II</strong>.4.5)<br />
dr<br />
Division liefert schließlich<br />
1 + e2iδℓ<br />
−<br />
i (e2iδℓ − 1) = cot δℓ =<br />
dnℓ − cℓnℓ<br />
dr<br />
djℓ − cℓjℓ<br />
dr<br />
, (<strong>II</strong>.4.6)<br />
wobei alle Funktionen an <strong>der</strong> ” Nahtstelle“ r = a auszuwerten sind.<br />
Betrachtet man als Beispiel ein Hartkugelpotential, d.h.<br />
�<br />
∞ , r ≤ a<br />
V (r) =<br />
0 , r > a ,<br />
so ist Rℓ(a) = 0 und folglich cℓ = ∞. Das ergibt<br />
cot δℓ = nℓ(ka)<br />
jℓ(ka)<br />
Wegen j0(z) =<br />
(<strong>II</strong>.4.7)<br />
. (<strong>II</strong>.4.8)<br />
sin z<br />
z und n0(z) cos z = − folgt speziell für ℓ = 0<br />
z<br />
cot δ0 = − cot ka , d.h.<br />
δ0 = −ka (mod π) . (<strong>II</strong>.4.9)<br />
Im allgemeinen Fall hat man<br />
jℓ(z) ∼<br />
z ℓ<br />
(2ℓ + 1)!!<br />
(2ℓ − 1)!!<br />
und nℓ(z) ∼ −<br />
zℓ+1 (<strong>II</strong>.4.10)<br />
für |z| ≪ 1. Damit erhält man für ka ≪ 1 aus <strong>der</strong> in Gleichung <strong>II</strong>.4.6 angegebenen<br />
Anschlussbedingung<br />
�<br />
1<br />
ℓ−1 kℓ(ka) − cℓ(ka) (2ℓ+1)!!<br />
tan δℓ ≈<br />
ℓ�<br />
�<br />
�<br />
1<br />
1<br />
−(2ℓ − 1)!! −k(ℓ + 1)<br />
Damit folgt<br />
=<br />
δℓ ∼ (ka) 2ℓ+1<br />
2ℓ + 1<br />
[(2ℓ + 1)!!] 2 (ka)2ℓ+1 ℓ − cℓa<br />
ℓ + 1 + cℓa<br />
(ka) ℓ+2 − cℓ (ka) ℓ+1<br />
. (<strong>II</strong>.4.11)<br />
für k → 0 . (<strong>II</strong>.4.12)<br />
Bei nie<strong>der</strong>energetischen Streuprozessen werden die Partialwellen mit ℓ ≥ 1 stark unterdrückt.<br />
Daher hat man im Grenzfall E → 0 reine s-Wellen-Streuung; die Streuung wird<br />
dann isotrop<br />
dσ<br />
dΩ = sin2 δ0<br />
k 2 . (<strong>II</strong>.4.13)
<strong>II</strong>.4 Streuung an Potentialen endlicher Reichweite 67<br />
Für das Hartkugelpotential ergibt sich wegen δ0 = −ka dann<br />
σ = 4πa 2 , (<strong>II</strong>.4.14)<br />
d.h. <strong>der</strong> totale Wirkungsquerschnitt für die Streuung an einem Harkugelpotential beträgt<br />
im Nie<strong>der</strong>energie-Grenzfall das vierfache des geometrischen Querschnitts.<br />
Es wird nun die Streuung an einem sphärischen Potentialtopf behandelt, also<br />
�<br />
−V0 , r ≤ a<br />
V (r) =<br />
0 , r > a ,<br />
(<strong>II</strong>.4.15)<br />
wobei V0 > 0. Die hier gewonnenen Resultate können auf alle kurzreichweitig-attraktiven<br />
Potentiale übertragen werden. Die Partialwellen im ” Innenraum“ lauten dann<br />
R < ℓ (r) = jℓ(qr) mit q = 1�<br />
2m(V0 + E) , (<strong>II</strong>.4.16)<br />
�<br />
also erhält man die Anschlusskoeffizienten<br />
cℓ = q j′ ℓ (qa)<br />
jℓ(qa)<br />
. (<strong>II</strong>.4.17)<br />
Die für ka ≪ 1 hergeleitete Näherung für die Streuphasen in Gleichung <strong>II</strong>.4.11 zeigt, dass<br />
), sofern<br />
tan δℓ singulär wird, also δℓ = (n + 1<br />
2<br />
ℓ + 1 + cℓa = 0 . (<strong>II</strong>.4.18)<br />
Dann wird <strong>der</strong> Beitrag σℓ <strong>der</strong> ℓ-ten Partialwelle zum totalen Wirkungsquerschnitt maximal,<br />
nämlich<br />
σℓ = 4π<br />
k2 (2ℓ + 1) sin2 � (n + 1<br />
2 )π� = 4π<br />
(2ℓ + 1) . (<strong>II</strong>.4.19)<br />
k2 Um dieses Maximum zu verstehen, betrachte die Bedingung für das Auftreten <strong>von</strong> Bindungszuständen<br />
im sphärischen Potentialtopf<br />
q j′ ℓ (qa)<br />
jℓ(qa) = iκ h′ ℓ (iκa)<br />
hℓ(iκa)<br />
, (<strong>II</strong>.4.20)<br />
wobei<br />
q = 1�<br />
2m(V0 + E)<br />
�<br />
E<br />
κ<br />
<<br />
=<br />
0<br />
1�<br />
2m(−E) .<br />
�<br />
(<strong>II</strong>.4.21)<br />
Für einen schwach gebundenen Zustand mit κa ≪ 1 gilt in guter Näherung die Vereinfachung<br />
hℓ(iκa) = jℓ(iκa) + inℓ(iκa) ≈ inℓ(iκa). Wegen<br />
(2ℓ − 1)!!<br />
nℓ(z) ∼ −<br />
zℓ+1 und n ′ (2ℓ − 1)!!(ℓ + 1)<br />
ℓ(z) ∼ +<br />
zℓ+1 (<strong>II</strong>.4.22)
<strong>II</strong>.4 Streuung an Potentialen endlicher Reichweite 68<br />
tritt ein Bindungszustand mit kleiner Bindungsenergie auf für<br />
q j′ ℓ (qa)<br />
jℓ(qa)<br />
≈ −iκ (ℓ + 1)<br />
iκa<br />
. (<strong>II</strong>.4.23)<br />
Das ist genau die Bedingung für das Auftreten des Maximums <strong>von</strong> σℓ, sofern E > 0: Der<br />
partielle Wirkungsquerschnitt σℓ wird maximal, wenn die Energie des streuenden Teilchens<br />
mit <strong>der</strong> Enregie einer Kontinuumsresonanz zum Drehimpuls ℓ übereinstimmt. Man<br />
spricht dann <strong>von</strong> Resonanzstreuung.<br />
Entwickelt man<br />
ℓ + 1 + cℓ(E)a = 0 + (E − ER)c ′ ℓ(ER)a + . . . , (<strong>II</strong>.4.24)<br />
erhält man die Streuphasen in Resonanznähe in <strong>der</strong> Form (vergleiche Gleichung <strong>II</strong>.4.11)<br />
tan δℓ ≈ −γ (ka)2ℓ+1<br />
E − ER<br />
wobei die Konstante γ durch<br />
2ℓ + 1<br />
γ = −<br />
[(2ℓ + 1)!!] 2<br />
+ O � (ka) 2ℓ+1� , (<strong>II</strong>.4.25)<br />
ℓ − cℓ(ER)a<br />
c ′ ℓ (ER)a<br />
(<strong>II</strong>.4.26)<br />
gegeben wird und ER die Resonanzenergie bezeichnet. Schreibt man jetzt die Partialwellenamplituden<br />
in <strong>der</strong> Form<br />
Tℓ(k) = e2iδℓ − 1<br />
2i<br />
und berücksichtigt<br />
= 1 e<br />
2i<br />
2iδℓ − 1<br />
e2iδℓ � �<br />
2iδℓ e + 1<br />
+ 1<br />
1 − i tan δℓ = e2iδℓ + 1<br />
e 2iδℓ + 1 − e2iδℓ − 1<br />
e 2iδℓ + 1 =<br />
so ergibt sich<br />
Tℓ(k) =<br />
tan δℓ<br />
1 − i tan δℓ<br />
≈<br />
2<br />
e 2iδℓ + 1<br />
(<strong>II</strong>.4.27)<br />
, (<strong>II</strong>.4.28)<br />
−γ(ka) 2ℓ+1<br />
. (<strong>II</strong>.4.29)<br />
E − ER + iγ(ka) 2ℓ+1<br />
Daraus folgt für den partiellen Wirkungsquerschnitt<br />
σℓ = 4π<br />
k2 (2ℓ + 1) |Tℓ(k)| 2 = 4π<br />
�<br />
2ℓ+1 γ(ka)<br />
(2ℓ + 1)<br />
k2 �2 (E − ER) 2 + [γ(ka) 2ℓ+1 2 . (<strong>II</strong>.4.30)<br />
]<br />
Das ist die Breit-Wigner-Formel für Resonanzstreuung. Die Maxima im partiellen Wirkungsquerschnitt<br />
entsprechen also Polen <strong>der</strong> Partialwellenamplituden bei<br />
E = ER − iγ(ka) 2ℓ+1<br />
(<strong>II</strong>.4.31)
<strong>II</strong>.4 Streuung an Potentialen endlicher Reichweite 69<br />
in <strong>der</strong> komplexen Energieebene.<br />
Schließlich soll noch die s-Wellen-Streuung am Potentialtopf behandelt werden: Für ℓ = 0<br />
ist<br />
R < 0 (r) = j0(qr) = sin(qr)<br />
qr<br />
das ergibt<br />
�<br />
cos(qr)<br />
c0 = −<br />
r<br />
sin(qr)<br />
qr2 � �<br />
qr<br />
�<br />
�<br />
�<br />
sin(qr)<br />
, (<strong>II</strong>.4.32)<br />
� r=a<br />
= q cot(qa) − 1<br />
a<br />
. (<strong>II</strong>.4.33)<br />
Daraus folgt für die Streuphase δ0 nach Gleichung <strong>II</strong>.4.6 <strong>der</strong> Ausdruck<br />
�<br />
dj0(kr)<br />
− c0j0(kr)<br />
�<br />
dr<br />
�<br />
tan δ0 =<br />
� , (<strong>II</strong>.4.34)<br />
− c0n0(kr)<br />
dn0(kr)<br />
dr<br />
also mit n0(kr) = − cos(kr)<br />
kr<br />
tan δ0 =<br />
= cos(ka) − q<br />
=<br />
cos(ka) sin(ka)<br />
− a ka2 sin(ka) cos(ka)<br />
+ a ka2 k<br />
� r=a<br />
− � q cot(qa) − 1<br />
+ � q cot(qa) − 1<br />
a<br />
cot(qa) sin(ka)<br />
sin(ka) + q<br />
cot(ka) cos(ka)<br />
k<br />
q<br />
k<br />
tan(qa) − tan(ka)<br />
1 + k tan(qa) tan(ka)<br />
q<br />
= 2 � �<br />
k<br />
tan arctan q tan(qa)<br />
�<br />
�<br />
− ka<br />
� sin(ka)<br />
a ka<br />
� cos(ka)<br />
ka<br />
. (<strong>II</strong>.4.35)<br />
Daraus folgt für die s-Wellen-Streuphase<br />
�<br />
k<br />
δ0 = arctan q tan(qa)<br />
�<br />
− ka mod π . (<strong>II</strong>.4.36)<br />
Falls tan(qa) endlich bleibt (d.h. falls qa �= (2n + 1) π,<br />
d.h. falls die Topftiefe nicht so<br />
2<br />
gewählt ist, dass ein neuer Bindungszustand an <strong>der</strong> Kontinuumskante auftritt), findet<br />
man also für kleine Energien des einfallenden Teilchens<br />
tan(qa) − ka mod π<br />
�<br />
= −ka 1 − tan(qa)<br />
�<br />
. (<strong>II</strong>.4.37)<br />
qa<br />
δ0 ≈ k<br />
q<br />
Mit σ = 4π<br />
k2 sin2 δ0 erhält man den totalen Wirkunsquerschnitt<br />
σ ≈ 4πa 2<br />
�<br />
1 − tan(qa)<br />
�2 . (<strong>II</strong>.4.38)<br />
qa<br />
2 Hier wird das Additionstheorem des Tangens benutzt: tan(x − y) = tan x−tan y<br />
1+tan x tan y
<strong>II</strong>.4 Streuung an Potentialen endlicher Reichweite 70<br />
Also gilt σ = 0 wenn tan(qa)<br />
= 1. Dieses gegenintuitive Verschwinden des totalen Wirkungs-<br />
qa<br />
querschnitts entspricht dem Ramsauer-Effekt: Streut man Elektronen an Edelgasatomen,<br />
so beobachtet man bei E = 0.7 eV einen extrem niedrigen totalen Wirkungsquerschnitt.<br />
Da das Wechselwirkungspotential zwischen einem Elektron und einem Edelgasatom sehr<br />
schnell abfällt, kann es durch ein Topfpotential modelliert werden. Die obige Überlegung<br />
liefert daher eine qualitative Erklärung dieses Phänomens.<br />
Da die Energie <strong>der</strong> Bindungszustände mit ℓ = 0 aus<br />
q cot(qa) = − 1�<br />
2m|E| (<strong>II</strong>.4.39)<br />
�<br />
bestimmt wird, taucht bei Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Topftiefe ein neuer s-Bindungszustand auf,<br />
wenn<br />
qa = a�<br />
2m(0 + V0) = (2n + 1)<br />
�<br />
π<br />
. (<strong>II</strong>.4.40)<br />
2<br />
Dann ist tan(qa) = ∞ und daher für k → 0<br />
δ0 = π<br />
2<br />
mod π . (<strong>II</strong>.4.41)<br />
Beim Auftauchen eines neuen Bindungszustandes geht δ0 durch ein ungeradzahliges Vielfaches<br />
<strong>von</strong> π<br />
2 und wächst um π. Im Grenzfall k → 0 wird daher δ0, in Abhängigkeit <strong>von</strong><br />
<strong>der</strong> Topftiefe betrachtet, zu einer Stufenfunktion<br />
δ0(0) = Nπ , (<strong>II</strong>.4.42)<br />
wobei N die Zahl <strong>der</strong> s-Bindungszustände angibt. Das ist ein Beispiel für das Levinson-<br />
Theorem. Für kleine k variiert δ0 linear mit k. Man findet<br />
δ0 = −ka0 + O � k 3�<br />
mod π . (<strong>II</strong>.4.43)<br />
Die Größe a0 wird als s-Wellen-Streulänge bezeichnet. Für das Topfpotential kann a0<br />
sofort aus dem Resultat <strong>von</strong> Gleichung <strong>II</strong>.4.35 abgelesen werden:<br />
� �<br />
tan q0a<br />
a0 = a 1 −<br />
q0a<br />
mit q0 = 1�<br />
2mV0 .<br />
�<br />
(<strong>II</strong>.4.44)<br />
Dann ist sin 2 δ0 = (ka0) 2 + O (k 4 ), so dass <strong>der</strong> totale Wirkungsquerschnitt für kleine<br />
Energien durch die s-Wellen-Streulänge bestimmt wird:<br />
σ = 4πa 2 0 + O � k 2� . (<strong>II</strong>.4.45)<br />
Entsprechend gilt für die Streuamplitude<br />
f� k (ϑ) ≈ 1<br />
k<br />
e 2iδ0 − 1<br />
2i<br />
−→ − a0<br />
(<strong>II</strong>.4.46)
<strong>II</strong>.4 Streuung an Potentialen endlicher Reichweite 71<br />
für k → 0. Eine genauere Näherung erhält man, wenn man <strong>von</strong> dem bereits in Gleichung<br />
<strong>II</strong>.4.29 benutzten Ausdruck für die Partialwellenamplitude ausgeht:<br />
T0(k) =<br />
tan δ0<br />
1 − i tan δ0<br />
≈ −ka0<br />
1 + i ka0<br />
für ka0 ≪ 1 . (<strong>II</strong>.4.47)<br />
Die Partialwellenamplitude besitzt also einen Pol bei k = i . Dieser entspricht einem<br />
a0<br />
Bindungszustand mit <strong>der</strong> Energie EB = − �2<br />
2ma 2 0<br />
dann<br />
σ ≈ 4π<br />
k2 |T0(k)| 2 ≈ 4π<br />
k2 = 2π�2 /m<br />
E − EB<br />
k 2 a 2 0<br />
1 + k 2 a 2 0<br />
= 4πa2 0<br />
1 + k 2 a 2 0<br />
. Für den Wirkungsquerschnitt ergibt sich<br />
=<br />
� 2 k 2<br />
2m<br />
4π �2<br />
2m<br />
+ �2<br />
2ma 2 0<br />
. (<strong>II</strong>.4.48)<br />
Damit hängt die Streulänge bzw. <strong>der</strong> Wirkungsquerschnitt sehr empfindlich <strong>von</strong> einem<br />
Bindungszustand nahe <strong>der</strong> Kontinuumskante ab.<br />
Eine graphische Interpretation <strong>der</strong> Streulänge erhält man durch Betrachtung <strong>der</strong> Wellen-<br />
funktion. Man hat<br />
R > 0 = 1<br />
2<br />
�<br />
h ∗ 0 + e 2iδ0 h0<br />
�<br />
= 1<br />
2 eiδ0<br />
�� �� � � �� �<br />
cos δ0 − i sin δ0 j0 − in0 + cos δ0 + i sin δ0 j0 + in0<br />
�<br />
= 1<br />
2 eiδ0<br />
�<br />
cos δ0j0 − i cos δ0n0 − i sin δ0j0 − sin δ0n0<br />
�<br />
+ cos δ0j0 + i cos δ0n0 + i sin δ0j0 − sin δ0n0<br />
= e iδ0 � cos δ0j0(kr) − sin δ0n0(kr) � . (<strong>II</strong>.4.49)<br />
Das ergibt für kleine k mit<br />
e iδ0 cos δ0 = 1�<br />
� 2iδ0 e + 1 ≈ 1 (<strong>II</strong>.4.50)<br />
2<br />
e iδ0 sin δ0 = 1�<br />
� 2iδ0 e − 1 ≈ δ0 ≈ −ka0<br />
(<strong>II</strong>.4.51)<br />
2<br />
und nicht zu große r dann für u > 0 = rR > 0 die Näherung<br />
u > 0 ≈<br />
sin kr<br />
k<br />
− ka0<br />
cos kr<br />
k ≈ r − a0 . (<strong>II</strong>.4.52)<br />
Also beschreibt die Streulänge den Ort, an dem die ” äußere“ (potentialfreie) Radialfunktion<br />
u > 0 die Achse schneiden würde, wenn man sie ohne Berücksichtigung des Potentials<br />
nach ” Innen“ fortsetzen würde. Für lediglich schwach attraktive Potentiale ohne Bindungszustand<br />
ist a0 negativ (vgl. Abbildung <strong>II</strong>.4(A)), beim Auftauchen eines Bindungszustandes<br />
an <strong>der</strong> Kontinuumskante wird a0 singulär (vgl. Abbildung <strong>II</strong>.4(B)). Weitere<br />
Erhöhung <strong>der</strong> Potentialstärke führt dann zunächst zu einer positiven Streulänge (vgl.<br />
Abbildung <strong>II</strong>.4(C)).
¤¦¥¨§<br />
©¡<br />
¤¦��§ ¤���§<br />
¢¡<br />
£<br />
� ¡ � ¡<br />
£<br />
Abbildung <strong>II</strong>.4:<br />
<strong>II</strong>I Wechselwirkung <strong>von</strong> Strahlung mit <strong>Materie</strong><br />
<strong>II</strong>I.1 Wechselwirkung mit einem klassischen Strahlungsfeld<br />
In <strong>der</strong> klassischen Elektrodynamik gehorchen die Fel<strong>der</strong> � E(�r, t) und � B(�r, t) den Maxwell-<br />
Gleichungen<br />
�∇ · � E(�r, t) = 1<br />
ε0<br />
ϱ(�r, t) (<strong>II</strong>I.1.1)<br />
�∇ · � B(�r, t) = 0 (<strong>II</strong>I.1.2)<br />
�∇ × � E(�r, t) = − ∂<br />
∂t � B(�r, t) (<strong>II</strong>I.1.3)<br />
�∇ × � B(�r, t) = 1<br />
c2 ∂<br />
∂t � E(�r, t) + 1<br />
ε0c2 �j(�r, t) (<strong>II</strong>I.1.4)<br />
8 m<br />
mit <strong>der</strong> Vakuum-Lichtgeschwindigkeit c = 2, 99792 · 10 und <strong>der</strong> dielektrischen Kon-<br />
s<br />
−12 AS<br />
stanten ε0 = 8, 8542 · 10 . Nach einer räumlichen Fouriertransformation, also<br />
�E(�r, t) =<br />
usw., wird daraus<br />
1<br />
(2π) 3/2<br />
�<br />
i � k · � E 1 ( � k, t) = 1<br />
ε0<br />
V m<br />
d 3 k � E( � k, t) e i� k·�r , (<strong>II</strong>I.1.5)<br />
ϱ( � k, t) (<strong>II</strong>I.1.6)<br />
i�k · � B( �k, t) = 0 (<strong>II</strong>I.1.7)<br />
i�k × � E( �k, t) = − ∂<br />
∂t � B( �k, t) (<strong>II</strong>I.1.8)<br />
i � k × � B( � k, t) = 1<br />
c 2<br />
∂<br />
∂t � E( �k, t) + 1<br />
ε0c2 �j( �k, t) . (<strong>II</strong>I.1.9)<br />
1 Um <strong>der</strong> einfacheren Schreibweise willen werden hier die Feldgrößen im Orts- und im Fourierraum<br />
durch ihr Argument unterschieden.<br />
¢¡<br />
£<br />
72
<strong>II</strong>I.1 Wechselwirkung mit einem klassischen Strahlungsfeld 73<br />
Die ersten beiden dieser Gleichungen legen die longitudinalen Komponenten � E||( � k, t) und<br />
�B||( � k, t) <strong>der</strong> elektrischen und magnetischen Fel<strong>der</strong> fest, d.h. die Projektion <strong>von</strong> � E( � k, t)<br />
und � B( � k, t) auf � k<br />
k :<br />
�E||( � k, t) = − i� k<br />
ε0k 2 ϱ(� k, t) (<strong>II</strong>I.1.10)<br />
�B||( � k, t) = 0 . (<strong>II</strong>I.1.11)<br />
Diese Gleichungen lassen sich mit den üblichen Fourier-Techniken sofort in den Ortsraum<br />
übertragen. Zunächst gilt, dass<br />
1<br />
(2π) 3/2<br />
�<br />
d 3 k 1<br />
k2 ei� k·�r 1<br />
=<br />
(2π) 1/2<br />
� ∞ � 1<br />
ikr cos ϑ<br />
dk d cos ϑ e<br />
0 −1<br />
1<br />
=<br />
(2π) 1/2<br />
� ∞<br />
dk<br />
0<br />
eikr − e−ikr ikr<br />
� � � ∞<br />
2 1 sin z π 1<br />
=<br />
dz = , (<strong>II</strong>I.1.12)<br />
π r 0 z 2 r<br />
� �� �<br />
also auch<br />
�∇<br />
� π<br />
2<br />
1<br />
r =<br />
1<br />
(2π) 3/2<br />
�<br />
π<br />
2<br />
d 3 k i� k<br />
k 2 ei� k·�r . (<strong>II</strong>I.1.13)<br />
Daher ist � π<br />
2 � ∇ 1<br />
r die Fouriertransformierte <strong>von</strong> i�k k2 . Weiterhin hat man das Faltungstheorem:<br />
Sind F ( �k) und G( �k) die Fouriertransformierten <strong>von</strong> f(�r) und g(�r), so ist<br />
F ( �k) · G( �k) =<br />
1<br />
(2π) 3/2<br />
�<br />
d 3 r f(�r) e −i�k·�r 1<br />
(2π) 3/2<br />
�<br />
d 3 r ′ g(�r ′ ) e −i�k·�r ′<br />
=<br />
1<br />
(2π) 3<br />
�<br />
d 3 r f(�r − �r ′ ) e −i�k·(�r−�r ′ �<br />
)<br />
d 3 r ′ g(�r ′ ) e −i�k·�r ′<br />
=<br />
1<br />
(2π) 3<br />
�<br />
d 3 �<br />
r d 3 r ′ f(�r − �r ′ ) g(�r ′ ) e −i�k·�r , (<strong>II</strong>I.1.14)<br />
folglich ist das Produkt F ( �k)G( � 1<br />
k) die Fouriertransformierte <strong>der</strong> Faltung (2π) 3/2<br />
�<br />
3 ′ d r f(�r−<br />
�r ′ )g(�r ′ ). Da nun � E||( �k, t) = − i�k k2 · 1<br />
ε0 ϱ(�k, t), findet man sofort<br />
�E||( � 1<br />
k, t) =<br />
(2π) 3/2<br />
�<br />
d 3 r ′<br />
� �<br />
π<br />
−<br />
2 � 1<br />
∇r<br />
|�r − �r ′ �<br />
1<br />
ϱ(�r, t)<br />
| ε0<br />
= − 1<br />
�<br />
d<br />
4πε0<br />
3 r ′ ϱ(�r, t) � 1<br />
∇r<br />
|�r − �r ′ |<br />
(<strong>II</strong>I.1.15)<br />
sowie<br />
�B||(�r, t) = �0 . (<strong>II</strong>I.1.16)
<strong>II</strong>I.1 Wechselwirkung mit einem klassischen Strahlungsfeld 74<br />
Das magnetische Feld ist also rein transversal. Das longitudinale elektrische Feld stimmt<br />
mit dem Coulomb-Feld überein, das durch die Ladungsverteilung ϱ(�r, t) ohne Retardierung<br />
(d.h. ” instantan“) hervorgerufen wird. Daher bilden die longitudinalen Fel<strong>der</strong> keine<br />
unabhängigen Freiheitsgrade. Sie sind entwe<strong>der</strong> Null o<strong>der</strong> können durch ϱ ausgedrückt<br />
werden. Im Unterschied dazu beschreiben die Transversalfel<strong>der</strong> � E⊥ und � B⊥ = � B, d.h. die<br />
Projektionen <strong>von</strong> � E( � k, t) und � B( � k, t) in die zu � k senkrechte Ebene, echte unabhängige<br />
Freiheitsgrade mit den Bewegungsgleichungen<br />
∂<br />
∂t � B( �k, t) = −i�kx � E⊥( �k, t) (<strong>II</strong>I.1.17)<br />
∂<br />
∂t � E⊥( �k, t) = c 2 i�kx � B( �k, t) − 1<br />
�j⊥( �k, t) . (<strong>II</strong>I.1.18)<br />
ε0<br />
Bekanntlich lässt sich ein elektromagnetisches Feld auch mit Hilfe <strong>von</strong> Potentialen � A(�r, t)<br />
und φ(�r, t) beschreiben, die mit den tatsächlichen beobachtbaren Fel<strong>der</strong>n gemäß<br />
�E(�r, t) = − � ∇ φ(�r, t) − ∂<br />
∂t � A(�r, t) (<strong>II</strong>I.1.19)<br />
�B(�r, t) = � ∇ × � A(�r, t) (<strong>II</strong>I.1.20)<br />
zusammenhängen. Im reziproken Raum wird daraus<br />
�E( � k, t) = −i � k φ( � k, t) − ∂<br />
∂t � A( � k, t) (<strong>II</strong>I.1.21)<br />
�B( � k, t) = i � k × � A( � k, t) . (<strong>II</strong>I.1.22)<br />
Diese Potentiale sind nicht eindeutig. Die Fel<strong>der</strong> � E(�r, t) und � B(�r, t) bleiben invariant,<br />
wenn die Potentiale mit Hilfe einer Eichfunktion χ(�r, t) gemäß<br />
�A(�r, t) −→ � A ′ (�r, t) = � A(�r, t) + � ∇ χ(�r, t) (<strong>II</strong>I.1.23)<br />
φ(�r, t) −→ φ ′ (�r, t) = φ(�r, t) − ∂<br />
χ(�r, t)<br />
∂t<br />
(<strong>II</strong>I.1.24)<br />
” umgeeicht werden“ (vgl. <strong>Quantenmechanik</strong> I, Abschnitt I.5). Die Fourier-Darstellung<br />
�A( �k, t) −→ � A ′ ( �k, t) = � A( �k, t) + i�k χ( �k, t) (<strong>II</strong>I.1.25)<br />
φ( �k, t) −→ φ ′ ( �k, t) = φ( �k, t) − ∂<br />
∂t χ(�k, t) (<strong>II</strong>I.1.26)<br />
zeigt, dass bei einer solchen Eichtransformation nur � A||( � k, t) und φ( � k, t), nicht aber das<br />
transversale Vektorpotential � A⊥ verän<strong>der</strong>t werden:<br />
�A ′ ⊥( � k, t) = � A⊥( � k, t) . (<strong>II</strong>I.1.27)<br />
Ferner zeigen die beiden Gleichungen (<strong>II</strong>I.1.21) und (<strong>II</strong>I.1.22), dass die transversalen<br />
Fel<strong>der</strong> � E⊥( � k, t) und � B( � k, t) nur <strong>von</strong> dieser invarianten Komponente des Vektorpotentials<br />
abhängen:<br />
�E⊥( � k, t) = − ∂<br />
∂t � A⊥( � k, t) (<strong>II</strong>I.1.28)
<strong>II</strong>I.1 Wechselwirkung mit einem klassischen Strahlungsfeld 75<br />
�B( � k, t) = i � k × � A⊥( � k, t) . (<strong>II</strong>I.1.29)<br />
Die Eichfreiheit lässt sich ausnutzen, um ein Problem durch geschickte Wahl <strong>der</strong> Eichung<br />
zu vereinfachen. Zur Beschreibung <strong>der</strong> Wechselwirkung <strong>von</strong> Strahlung mit <strong>Materie</strong> benutzt<br />
man häufig die sogenannte Coulomb-Eichung, in <strong>der</strong> die Identität<br />
�∇ · � A( � k, t) = 0 (<strong>II</strong>I.1.30)<br />
erfüllt ist, also insbeson<strong>der</strong>e auch � A||( � k, t) = 0. In <strong>der</strong> Coulomb-Eichung ist also das<br />
Vektorpotential ” rein transversal“, so dass diese Eichung auch als transversale Eichung<br />
bezeichnet wird.<br />
Aus <strong>der</strong> Gleichung (<strong>II</strong>I.1.21) folgt in dieser Eichung<br />
�E||( � k, t) = −i � k φ( � k, t) . (<strong>II</strong>I.1.31)<br />
An<strong>der</strong>erseits hat man (<strong>II</strong>I.1.10), also insgesamt für die Coulomb-Eichung<br />
�E||( � k, t) = −i � k<br />
ε0k 2 ϱ(� k, t) , (<strong>II</strong>I.1.32)<br />
bzw. mit Hilfe des Faltungssatzes<br />
1<br />
φ(�r, t) =<br />
(2π) 3/2<br />
�<br />
d 3 r ′<br />
�<br />
π 1<br />
2 |�r − �r ′ ϱ(�r<br />
|<br />
′ , t)<br />
ε0<br />
�<br />
1<br />
= d<br />
4πε0<br />
3 r ′ ϱ(�r ′ , t)<br />
|�r − �r ′ . (<strong>II</strong>I.1.33)<br />
|<br />
Also verschwindet in <strong>der</strong> Coulomb-Eichung das longitudinale Vektorpotential. Das skalare<br />
Potential stimmt mit dem Coulomb-Potential <strong>der</strong> gleichzeitigen Ladungsverteilung ϱ(�r, t)<br />
aus <strong>der</strong> Elektrostatik überein. Die unabhängigen Feldvariablen dieser Eichung sind also<br />
das transversale Vektorpotential � A⊥( �k, t) und seine Geschwindigkeit“<br />
”<br />
˙�A⊥( � k, t) = − � E⊥( � k, t) . (<strong>II</strong>I.1.34)<br />
Die Energie des Strahlungsfeldes ist<br />
E = ε0<br />
�<br />
d<br />
2<br />
3 r � �<br />
E( � � 2<br />
k, t) + c B� 2<br />
(�r, t) , (<strong>II</strong>I.1.35)<br />
wobei hier zunächst noch das gesamte elektrische Feld � E = � E⊥ + � E|| eingeht 2 . Die Ener-<br />
2 Zur Orientierung ein Überblick über die Dimensionen. Man hat<br />
� �<br />
�E<br />
Kraft<br />
=<br />
Ladung<br />
� � Ladung<br />
ε0 =<br />
2<br />
, also<br />
Arbeit · Länge<br />
� �B � =<br />
Kraft<br />
Ladung · Geschwindigkeit<br />
�<br />
ε0 � E � Ladung<br />
=<br />
2 � �2 Kraft<br />
=<br />
Arbeit · Länge Ladung<br />
Arbeit<br />
Volumen<br />
�<br />
ε0c 2 B� 2� = Arbeit � � 2<br />
εc E � × B� Arbeit · Länge<br />
=<br />
Volumen<br />
Volumen · Zeit =<br />
Arbeit<br />
Fläche · Zeit .
<strong>II</strong>I.1 Wechselwirkung mit einem klassischen Strahlungsfeld 76<br />
giestromdichte wird gegeben durch den Poynting-Vektor<br />
�S(�r, t) = ε0c 2 � E(�r, t) × � B(�r, t) . (<strong>II</strong>I.1.36)<br />
Mit � B(�r, t) = � ∇(�r, t) hat man<br />
�∇ × ( � ∇ × � A) = � ∇( � ∇ · � A) − ∆ � A = 1<br />
c 2<br />
in transversaler Eichung also<br />
−∆ � A = 1<br />
c 2<br />
∂<br />
∂t � E + 1<br />
ε0c 2 �j , (<strong>II</strong>I.1.37)<br />
∂<br />
∂t � E⊥ + 1<br />
ε0c2 �j⊥ . (<strong>II</strong>I.1.38)<br />
Da weiter � E⊥ = − ∂<br />
∂t � A⊥ ist, ergibt sich die inhomogene Wellengleichung<br />
�<br />
∆ − 1<br />
c 2<br />
∂ 2<br />
∂t 2<br />
�<br />
�A = − 1<br />
ε0c 2 �j ⊥ , (<strong>II</strong>I.1.39)<br />
<strong>der</strong>en Lösung das Strahlungsfeld bestimmt, das <strong>von</strong> einer klassischen Stromdichte �j(�r, t)<br />
erzeugt wird. In die Inhomogenität geht nur <strong>der</strong> transversale (divergenzfreie) Anteil ein.<br />
In einem Raumbereich mit �j = �0 wird diese Gleichung durch ebene Wellen gelöst:<br />
�A(�r, t) = α �ε e i(� k�r−ωt) + α ∗ �ε ∗ e −i( � k�r−ωt) . (<strong>II</strong>I.1.40)<br />
Die Gleichung (<strong>II</strong>I.1.39) mit �j = �0 for<strong>der</strong>t −k 2 + ω2<br />
c 2 = 0, also ω = kc. Die Transversalität<br />
�∇· � A = 0 erzwingt die Orthogonalität des Ausbreitungsvektors � k und des Polarisationsvektors<br />
�ε. Es darf ohne Einschränkung |�ε| 2 = 1 vorrausgesetzt werden. Für linear polarisierte<br />
Strahlung ist �ε reell.<br />
Die Energiedichte dieser ebenen Welle berechnet sich aus<br />
und 3<br />
�E = − ∂<br />
∂t � A = iω α �ε e i(� k�r−ωt) − iω α ∗ �ε ∗ e −i( � k�r−ωt)<br />
�B = � ∇ × � A = iα � k × �ε e i(� k�r−ωt) − iα ∗ � k × �ε ∗ e −i( � k�r−ωt)<br />
�E 2 = 2ω 2 |α| 2 − 2ω 2 Re � α 2 �ε 2 e 2i(� k�r−ωt) �<br />
�B 2 = 2k 2 |α| 2 − 2k 2 Re � α 2 �ε 2 e 2i(� k�r−ωt) �<br />
(<strong>II</strong>I.1.41)<br />
(<strong>II</strong>I.1.42)<br />
im Zeitmittel zu<br />
¯w = ε0<br />
� �<br />
�E 2 2<br />
+ c B� 2 = 2ε0ω<br />
2<br />
2 |α| 2 . (<strong>II</strong>I.1.43)<br />
3 Beachte ( � k × �ε) · � k × �ε ∗ = − � k × ( � k × �ε) · �ε ∗ = −(−k 2 �ε) · �ε ∗ = k 2 .
<strong>II</strong>I.1 Wechselwirkung mit einem klassischen Strahlungsfeld 77<br />
Da sich die Welle mit Lichtgeschwindigkeit in � k-Richtung ausbreitet, lautet <strong>der</strong> zeitgemittelte<br />
Poynting-Vektor<br />
�S = 2ε0ω 2 C|α| 2�k . (<strong>II</strong>I.1.44)<br />
k<br />
Eine beliebige Lösung � A(�r, t) kann nun als Linearkombination ebener Wellen dargestellt<br />
werden, besitzt also die Form<br />
�A(�r, t) = �<br />
�<br />
A�k,λ √V �ελ e i(� A<br />
k�r−ωt)<br />
+ ∗ �k,λ √V �ελ ∗ e −i(� �<br />
k�r−ωt)<br />
(<strong>II</strong>I.1.45)<br />
� k,λ<br />
mit den Amplituden A� k,λ . Hier wird ein großes ” Quantisierungsvolumen“ V = L 3 vorausgesetzt.<br />
Außerdem werden periodische Randbedingungen gestellt:<br />
� k = 2π<br />
L<br />
�n , (<strong>II</strong>I.1.46)<br />
wobei die Komponenten <strong>von</strong> �n ganzzahlig sind. Die Summe über λ erstreckt sich für jedes<br />
� k über zwei zu � k orthogonale Polarisationsrichtungen. Die mittlere Energiedichte lautet<br />
dann<br />
¯w = �<br />
2ε0ω 2 |A�k,λ | 2<br />
. (<strong>II</strong>I.1.47)<br />
V<br />
� k,λ<br />
Um nun die Wechselwirkung eines klassischen elektromagnetischen Strahlungsfeldes mit<br />
einem quantenmechanischen Teilchen zu beschreiben, soll zunächst noch keine Eichung<br />
festgelegt werden. Der Hamiltonoperator für ein Teilchen <strong>der</strong> Ladung e in einem elektromagnetischen<br />
Feld lautet (vgl. <strong>Quantenmechanik</strong> I, I.5.3)<br />
H = 1 � �<br />
�p − eA(�r, � 2<br />
t) + eφ(�r, t) + V (�r, t) , (<strong>II</strong>I.1.48)<br />
2m<br />
wobei V (�r, t) alle an<strong>der</strong>en Potentiale zusammenfasst, die auf das Teilchen einwirken. Die<br />
Schrödingergleichung<br />
i� ∂<br />
� �<br />
1 �<br />
ψ(�r, t) =<br />
∂t 2m i � ∇ − e � � �<br />
2<br />
A + eφ + V ψ(�r, t) (<strong>II</strong>I.1.49)<br />
bleibt dann invariant unter einer kombinierten Phasen-Eich-Transformation (vgl. <strong>Quantenmechanik</strong><br />
I, I.5.3): Transformiert man die Fel<strong>der</strong> gemäß<br />
�A ′ = � A + � ∇χ φ ′ = φ − ∂<br />
χ , (<strong>II</strong>I.1.50)<br />
∂t<br />
so entspricht dem die neue Wellenfunktion<br />
ψ ′ = e i<br />
� e χ ψ . (<strong>II</strong>I.1.51)
<strong>II</strong>I.1 Wechselwirkung mit einem klassischen Strahlungsfeld 78<br />
Man beachte, dass z.B <strong>der</strong> Impuls �p keine eichinvariante Größe ist: Die Matrixelemente<br />
des Impulsoperators besitzen für transformierte Wellenfunktionen die Form<br />
�<br />
d 3 r ψ ′ ∗ �<br />
1<br />
i � ∇ ψ ′ �<br />
2 = d 3 �<br />
r e i<br />
� e χ �∗ �<br />
ψ1<br />
i � �<br />
∇ e i<br />
� e χ �<br />
ψ2<br />
�<br />
= d 3 r ψ ∗ �<br />
�<br />
1<br />
i � ∇ ψ2 + e� �<br />
∇χ ψ2 . (<strong>II</strong>I.1.52)<br />
Dagegen besitzt die Kombination �p − e � A offensichtlich eichinvariante Matrixelemente.<br />
In <strong>der</strong> klassischen Mechanik entspricht diese Kombination dem Produkt aus Masse und<br />
Geschwindigkeit des Teilchens. In <strong>der</strong> <strong>Quantenmechanik</strong> entspricht dem die Heisenberg-<br />
Bewegungsgleichung (vgl. <strong>Quantenmechanik</strong> I, IV.6)<br />
also<br />
i� d�r(t)<br />
dt<br />
= [�r(t), H]<br />
=<br />
�<br />
�r(t), 1<br />
=<br />
� � �<br />
2<br />
�p(t) − eA(�r, � t) + eφ(�r, t) + V (�r, t)<br />
2m<br />
1<br />
� �<br />
�p(t) − A(�r, � 1<br />
t) [�r(t), �p(t)] + 2m<br />
2m [�r(t), �p(t)]��p(t) − � A(�r, t) �<br />
� �<br />
�p(t) − eA(�r, � t) , (<strong>II</strong>I.1.53)<br />
= i�<br />
m<br />
m d�r(t)<br />
dt = �p(t) − e � A(�r, t) . (<strong>II</strong>I.1.54)<br />
Generell müssen alle physikalisch beobachtbaren Größen eichinvariant sein. Der Hamilton-<br />
Operator H wird nun in zwei Anteile zerlegt<br />
wobei<br />
H = H0 + Hint , (<strong>II</strong>I.1.55)<br />
H0 = �p2<br />
+ V (�r, t) (<strong>II</strong>I.1.56)<br />
2m<br />
den Hamilton-Operator ohne Strahlungsfeld bezeichnet, und<br />
Hint = − e<br />
2m (�p · � A(�r, t) + � A(�r, t) · �p) + e2<br />
2m � A 2 (�r, t) + eφ(�r, t) (<strong>II</strong>I.1.57)<br />
den Operator für die Wechselwirkung. Wegen<br />
�p · � A ψ = �<br />
i ∂jAjψ = �<br />
i (∂jAj)ψ + �<br />
i Aj∂jψ = �<br />
i (� ∇ · � A)ψ + � A · �p ψ (<strong>II</strong>I.1.58)<br />
ist im allgemeinen �p · � A �= � A · �p, nur in <strong>der</strong> transversalen Eichung gilt �p · � A = � A · �p.
<strong>II</strong>I.1 Wechselwirkung mit einem klassischen Strahlungsfeld 79<br />
Für ein System <strong>von</strong> N Teilchen, das mit dem Strahlungsfeld wechselwirkt, hat man dann<br />
H =<br />
N�<br />
j=1<br />
also erhält man<br />
Hint =<br />
N�<br />
j=1<br />
1<br />
2mj<br />
�<br />
�pj − ej � �2 A(�rj, t) +<br />
N�<br />
ejφ(�rj, t) + V , (<strong>II</strong>I.1.59)<br />
j=1<br />
�<br />
− ej<br />
�<br />
�pj ·<br />
2mj<br />
� A(�rj, t) + � �<br />
A(�rj, t) · �pj + e2j �A<br />
2mj<br />
2 �<br />
(�rj, t) + ejφ(�rj, t)<br />
Wenn alle Teilchen die gleiche Ladung e und die gleiche Masse m haben, so ist<br />
wobei<br />
N�<br />
eφ(�rj, t) =<br />
j=1<br />
ϱ(�r) =<br />
N�<br />
�<br />
j=1<br />
d 3 �<br />
r eδ(�r − �rj) φ(�r, t) =<br />
. (<strong>II</strong>I.1.60)<br />
d 3 r eϱ(�r) φ(�r, t) , (<strong>II</strong>I.1.61)<br />
N�<br />
δ(�r − �rj) (<strong>II</strong>I.1.62)<br />
j=1<br />
als Operator <strong>der</strong> Teilchendichte aufgefasst werden kann. (Beachte: φ(�r, t) ist kein Operator<br />
mehr, da alle Ortsvektoren �rj in ϱ(�r) auftauchen.) Ebenso schreibt man<br />
N�<br />
j=1<br />
− e<br />
�<br />
�pj ·<br />
2m<br />
� A(�rj, t) + � � �<br />
A(�rj, t) · �pj = −e<br />
mit dem Stromdichteoperator<br />
�j(�r) = 1<br />
2<br />
N�<br />
j=1<br />
�<br />
�pj<br />
m δ(�r − �rj) + δ(�r − �rj) �pj<br />
�<br />
m<br />
d 3 r�j(�r) · � A(�r, t) (<strong>II</strong>I.1.63)<br />
. (<strong>II</strong>I.1.64)<br />
Die symmetrische Form dieses Operators garantiert seine Hermitizität. Da jedoch �pj<br />
m nicht<br />
<strong>der</strong> richtige“ Geschwindigkeitsoperator ist, ist auch �j(�r) nicht <strong>der</strong> eigentliche Stromdich-<br />
” �<br />
�pj − e � �<br />
A(�rj, t) , erhält man stattdessen<br />
teoperator: Ersetzt man �pj<br />
m<br />
durch 1<br />
m<br />
�J(�r) = �j(�r) − e<br />
m � A(�r, t)ϱ(�r) . (<strong>II</strong>I.1.65)<br />
In dieser Gleichung wird <strong>der</strong> erste Term als paramagnetische Stromdichte und <strong>der</strong> zweite<br />
als diamagnetische Stromdichte bezeichnet.<br />
Der Wechselwirkungsoperator lautet nun<br />
�<br />
Hint = d 3 �<br />
r −e�j(�r) · � A(�r, t) + e2<br />
2m ϱ(�r) � A 2 �<br />
(�r, t) + eϱ(�r) φ(�r, t) . (<strong>II</strong>I.1.66)
<strong>II</strong>I.2 Absorption <strong>von</strong> Licht 80<br />
Geht man nun zur transversalen Eichung über, so ist nach Gleichung <strong>II</strong>I.1.33 φ(�r, t) = 0,<br />
sofern sich in dem betrachteten Volumen keine fel<strong>der</strong>zeugenden Ladungen befinden. Weiter<br />
sind typische inneratomare Fel<strong>der</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> Größenordnung<br />
Ea.u. = 1<br />
4πε0<br />
e<br />
a 2 B<br />
11 V<br />
≈ 5.142 · 10<br />
m<br />
. (<strong>II</strong>I.1.67)<br />
Das ist die Feldstärke, die ein Elektron im Abstand <strong>von</strong> einem Bohrschen Radius aB<br />
<strong>von</strong> einem Proton erfährt. (Diese Größe ist die atomare Einheit“ <strong>der</strong> Feldstärke; sie<br />
”<br />
entspricht einer Laserintensität <strong>von</strong> Ia.u. = 1<br />
2ε0E 2 20 W<br />
a.u.c ≈ 3.51 · 10 m2 .) Für Fel<strong>der</strong>, die im<br />
Vergleich dazu klein sind, ist <strong>der</strong> zu � A2 proportionale Term meist gegenüber dem �j· � A-Term<br />
vernachlässigbar. Der wesentliche“ Wechselwirkungsoperator lautet daher einfach<br />
”<br />
�<br />
Hint = −e d 3 r�j(�r) · � A(�r, t) . (<strong>II</strong>I.1.68)<br />
<strong>II</strong>I.2 Absorption <strong>von</strong> Licht<br />
Mit <strong>der</strong> in Gleichung <strong>II</strong>I.1.45 angegebenen Modenzerlegung des Vektorpotentials erhält<br />
man<br />
�<br />
Hint = −e d 3 r�j(�r) · �<br />
�<br />
A�k,λ √V �ελ · e i(� A<br />
k·�r−ωt)<br />
+ ∗ �k,λ √V �ε ∗ λ · e −i(� �<br />
k·�r−ωt)<br />
= −e �<br />
� k,λ<br />
� A� k,λ<br />
√V<br />
� k,λ<br />
�j − � k · �ελ e −iωt + A∗ � k,λ<br />
√V<br />
�j� k · �ε ∗ λ e iωt<br />
Dabei bezeichnet �j� k die Fouriertransformierte des Stromdichteoperators<br />
�<br />
�j� k =<br />
d 3 r e −i� k·�r �j(�r) = 1<br />
2<br />
�<br />
j<br />
�<br />
�pj<br />
m e−i� k·�rj −i<br />
+ e �k·�rj �pj<br />
�<br />
m<br />
�<br />
. (<strong>II</strong>I.2.1)<br />
. (<strong>II</strong>I.2.2)<br />
Es soll nun die Absorptionsrate für ein Atom berechnet werden, das sich anfangs in einem<br />
beliebigen Zustand |i〉 befindet. Der Lichtstrahl sei inkohärent in dem Sinne, dass<br />
keine Korrelationen zwischen den Phasen <strong>der</strong> verschiedenen Fourier-Komponenten bestehen.<br />
Das ist <strong>der</strong> Fall für das Licht gewöhnlicher Lampen, das <strong>von</strong> vielen verschiedenen<br />
Atomen erzeugt wird. Die Phasenbeziehungen <strong>der</strong> einzelnen Beiträge zum Lichtfeld sind<br />
dann rein zufällig. Unter dieser Voraussetzung gibt es bei <strong>der</strong> Wechselwirkung des Lichtes<br />
mit den Atomen keine Interferenzeffekte zwischen den Fourier-Komponenten. Daher kann<br />
<strong>der</strong> Effekt je<strong>der</strong> Komponente einzeln betrachtet und schließlich über alle Komponenten<br />
aufsummiert werden.<br />
Sofern das Licht nicht zu intensiv ist, kann seine Wechselwirkung mit dem Atom störungstheoretisch<br />
in erster Ordnung berechnet werden. Da die möglichen Endzustände für das
<strong>II</strong>I.2 Absorption <strong>von</strong> Licht 81<br />
Gesamtsystem ” Atom + Lichtfeld“ ein Kontinuum bilden, dann selbst dann die ” goldene<br />
Regel“ benutzt werden, wenn <strong>der</strong> Endzustand |f〉 des Atoms ein diskreter Bindungszustand<br />
ist. Gemäß <strong>Quantenmechanik</strong> I, Abschnitt IV.7 erhält man für eine perodisch<br />
zeitabhängige Störung mit <strong>der</strong> Kreisfrequenz ω Übergänge in ” beide Richtun-<br />
gen“: Positive Frequenzkomponenten <strong>der</strong> Störung, also Terme proportional zu e −iωt , liefern<br />
zunächst einen Phasenfaktor e i<br />
� (Ef −Ei−�ω)t und führen schließlich auf eine δ-Funktion<br />
δ(Ef − Ei − �ω), die ” Aufwärts“-Übergänge mit Ef = Ei + �ω beschreibt. Negative<br />
Frequenzkomponenten proportional zu e +iωt führen auf e i<br />
� (Ef −Ei+�ω)t und ergeben<br />
δ(Ef − Ei + �ω) für ” Abwärts“-Übergänge mit Ef = Ei − �ω. Die goldene Regel liefert<br />
daher für eine einzige Komponente des Lichtfeldes die Absorptionsrate<br />
Γ (abs)<br />
i→f, � 2π<br />
=<br />
k,λ � δ(Ef − Ei − �ω) e2<br />
V |A�k,λ | 2 |〈f|�j −�k · �ελ|i〉| 2 . (<strong>II</strong>I.2.3)<br />
Summation über alle � k und die beiden Polarisationsrichtungen, die zu jedem � k gehören,<br />
ergibt die gesamte Absorptionsrate<br />
Γ (abs)<br />
i→f<br />
= 1<br />
V<br />
�<br />
� k,λ<br />
2π<br />
� δ(Ef − Ei − �ω) e 2 |A� k,λ | 2 |〈f|�j − � k · �ελ|i〉| 2 . (<strong>II</strong>I.2.4)<br />
Wandelt man die Summe über �k mit <strong>der</strong> bekannten Vorschrift<br />
1 �<br />
� 2 k dk dΩ<br />
→<br />
V<br />
(2π) 3 = ω2 dω dΩ<br />
(2πc) 3<br />
� k<br />
(<strong>II</strong>I.2.5)<br />
in ein Integral über ω um und benutzt δ(Ef − Ei − �ω) = 1<br />
�δ(ωif − ω) mit ωif = Ef −Ei<br />
, �<br />
so folgt daraus<br />
Γ (abs) 2πe2<br />
i→f =<br />
�2 ω2 if<br />
(2πc) 3<br />
�<br />
dΩ �<br />
|A�k,λ | 2 |〈f|�j −�k · �ελ|i〉| 2 . (<strong>II</strong>I.2.6)<br />
λ<br />
Wenn nun <strong>der</strong> Lichtstrahl einen Raumwinkel dΩ aufspannt und eine feste Polarisation λ<br />
besitzt, lautet seine Intensität nach Gleichung <strong>II</strong>I.1.47<br />
| � S| = ¯wc = 1 �<br />
2ε0ω<br />
V<br />
2 c |A�k,λ | 2 �<br />
= dΩ dω ω4<br />
(2πc) 3 2ε0c |A�k,λ | 2 . (<strong>II</strong>I.2.7)<br />
Damit ist<br />
I(ω) = 2ε0c dΩ ω 4 |A� k,λ | 2<br />
(2πc) 3<br />
� k<br />
(<strong>II</strong>I.2.8)<br />
die spektrale Intensität (d.h. die Intensität pro Frequenzintervall). Für die Absorptionsrate<br />
erhält man dann<br />
Γ (abs)<br />
i→f<br />
= 2πe2<br />
� 2<br />
I(ωif)<br />
2ε0c ω2 if<br />
|〈f|�j − � k · �ελ|i〉| 2 . (<strong>II</strong>I.2.9)
<strong>II</strong>I.2 Absorption <strong>von</strong> Licht 82<br />
In gleicher Weise induziert die negative Frequenzkomponente des Wechselwirkungsoperators<br />
Übergänge f → i. Wenn man den durch Γ (abs)<br />
f→i beschriebenen Prozeß als Absorption<br />
eines Energiequants“ <strong>der</strong> Größe �ωif aus dem Strahlungsfeld deutet, wird man diesen<br />
”<br />
umgekehrten Prozeß als durch das Strahlungsfeld induzierte Emission eines solchen Energiequants<br />
auffassen. Die dazugehörige Rate ist<br />
Γ (ind.em.)<br />
f→i = 1<br />
V<br />
= 2πe2<br />
� 2<br />
�<br />
� k,λ<br />
2π<br />
� δ(Ef − Ei − �ω) e 2 |A� k,λ | 2 |〈f|�j� k · �ε ∗ λ |i〉| 2<br />
I(ωif)<br />
2ε0c ω2 if<br />
|〈f|�j� k · �ε ∗ λ |i〉| 2 . (<strong>II</strong>I.2.10)<br />
Offensichtlich sind die beiden ” entgegengesetzten“ Raten gleich,<br />
da ja<br />
Γ (abs)<br />
i→f<br />
= Γ(ind.em.)<br />
f→i , (<strong>II</strong>I.2.11)<br />
|〈f|�j − � k · �ελ|i〉| = |〈i|�j� k · �ε ∗ λ |f〉| ∗ . (<strong>II</strong>I.2.12)<br />
Die Annahme eines inkohärenten Strahlungsfeldes ist also eng verbunden mit einem Energieaustausch<br />
zwischen Atom und Feld, <strong>der</strong> nur in Vielfachen <strong>von</strong> �ωif vor sich geht. Deutet<br />
man – obwohl das Feld bisher rein klassisch behandelt wurde! – diese Energieportion als<br />
die Energie eines Photons, d.h. eines Anregungszustandes des Feldes, und nimmt weiterhin<br />
an, dass N� k,λ solcher Photonen zum Vektorpotential mit <strong>der</strong> Amplitude A� k,λ gehören,<br />
erhält man für die Gesamtenergie<br />
�<br />
N�k,λ = �<br />
2ε0ω 2 |A�k,λ | 2 ,<br />
� k,λ<br />
|A� k,λ | 2 =<br />
� k,λ<br />
�<br />
2ε0ω N� k,λ . (<strong>II</strong>I.2.13)<br />
Die Raten für Absorption und induzierte Emission lauten dann<br />
Γ (abs)<br />
i→f<br />
= 1<br />
V<br />
�<br />
� k,λ<br />
πe 2<br />
ε0ω δ(Ef − Ei − �ω) |〈f|�j − � k · �ελ|i〉| 2 · N� k,λ<br />
= Γ (ind.em.)<br />
f→i . (<strong>II</strong>I.2.14)<br />
Damit sind die Raten für die Absorption eines Photons aus einer Mode heraus bzw. für<br />
die induzierte Emission eines Photons in einer Mode hinein proportional zur Anzahl <strong>der</strong><br />
Photonen, die in dieser Mode vorhanden sind.<br />
Man erkennt, dass zuvor <strong>der</strong> Betrag, nicht aber die Phase <strong>der</strong> Amplitude A� k,λ durch N� k,λ<br />
ausgedrückt werden kann. Die Annahme eines inkohärenten Strahlungsfeldes ist gleichbedeutend<br />
mit dem Verlust aller Informationen über die Phasenbeziehungen zwischen<br />
verschiedenen Moden. Die Berechnung <strong>der</strong> Raten zunächst für die einzelnen Fourierkomponenten<br />
und ihre anschließende Aufsummation entspricht einer Mittelung über alle
<strong>II</strong>I.3 Heuristische Quantisierung des Strahlungsfeldes 83<br />
möglichen Phasen, bei <strong>der</strong> nur die Diagonalterme übrig bleiben. Also wird ein inkohärentes<br />
Strahlungsfeld vollkommen durch die Angabe <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Photonen in je<strong>der</strong> Mode<br />
spezifiziert. Wenn man umgekehrt die Besetzungszahlen N� k,λ kennt, hat man keine Informationen<br />
über die Phasenbeziehungen zwischen den einzelnen Moden. In diesem Sinne<br />
sind ” Photonenzahl“ und ” Phase“ komplementäre Größen.<br />
<strong>II</strong>I.3 Heuristische Quantisierung des Strahlungsfeldes<br />
Die mathematische Bahandlung <strong>der</strong> Wechselwirkung eines Atoms mit einem klassischen<br />
Strahlungsfeld im Rahmen <strong>der</strong> goldenen Regel“ zeigt, dass <strong>der</strong> Energieaustausch zwi-<br />
”<br />
schen dem Atom und dem Feld in Vielfachen einer Energiemenge �ωif vor sich geht.<br />
Dieses Quantum“ wird durch den Abstand Ef − Ei <strong>der</strong> atomaren Niveaus bestimmt. Die<br />
”<br />
Deutung dieses Quantums als ein Teilchen mit einer eingenen Indentität – als Photon –<br />
impliziert, dass nicht nur <strong>der</strong> Energieaustausch mit dem Feld, son<strong>der</strong>n auch das Feld selbst<br />
” quantisiert“ ist, also aus Photonen besteht. Wenn man diese Hypothese akzeptiert, wird<br />
man in Fortführung <strong>der</strong> Gedanken des letzten Abschnittes einen inkohärenten Lichtstrahl<br />
dadurch spezifizieren, dass man angibt, wieviele Photonen N�k,λ die durch �k, λ indizierte<br />
Schwingungsmode besetzen“. In dieser Besetzungszahldarstellung“ erhält ein Zustand<br />
” ”<br />
des elektromagnetischen Feldes die Form<br />
|N� k1,λ1 , N� k2,λ2 , . . . , N� k,λ . . .〉 . (<strong>II</strong>I.3.1)<br />
Ein solcher Zustand wird (in Abgrenzung zu einem kohärenten Zustand) als Fock-Zustand<br />
bezeichnet. Den dazugehörigen Zustandsraum, <strong>der</strong> <strong>von</strong> diesen Fock-Zuständen aufgespannt<br />
wird, bezeichnet man als Fock-Raum. Zwei Fock-Zustände, die nicht in je<strong>der</strong> Mode<br />
die gleiche Photonenzahl besitzen, sind orthogonal. Wenn nun aus <strong>der</strong> Mode � k, λ ein Photon<br />
absorbiert wird, geht das Feld in den Zustand<br />
|N� k1,λ1 , N� k2,λ2 , . . . , N� k,λ −1 . . .〉 (<strong>II</strong>I.3.2)<br />
über, während gleichzeitig das Atom <strong>von</strong> |i〉 nach |f〉 angeregt wird. Dieser Übergang wird<br />
durch den Operator � Hint beschrieben, <strong>der</strong> das Strahlungsfeld an die <strong>Materie</strong> ” ankoppelt“.<br />
Von diesem Operator muss verlangt werden, dass die hier zu entwickelnde quantenmechanische<br />
Beschreibung <strong>der</strong> Absorption <strong>von</strong> Licht zumindest für starke inkohärente Fel<strong>der</strong><br />
(d.h. für große Photonenzahlen) die Resultate <strong>der</strong> vorherigen ” semiklassischen“ <strong>Theorie</strong><br />
reproduziert.<br />
Betrachtet man das kombinierte System ” Atom + Strahlungsfeld“, so verursacht � Hint<br />
Übergänge zwischen dem Anfangszustand<br />
|i; N� k1,λ1 , N� k2,λ2 , . . . , N� k,λ . . .〉 (<strong>II</strong>I.3.3)<br />
mit <strong>der</strong> Energie<br />
Ei + �<br />
� k,λ<br />
�ck N� k,λ<br />
(<strong>II</strong>I.3.4)
<strong>II</strong>I.3 Heuristische Quantisierung des Strahlungsfeldes 84<br />
und dem Endzustand<br />
|f; N� k1,λ1 , N� k2,λ2 , . . . , N� k,λ −1 . . .〉 (<strong>II</strong>I.3.5)<br />
mit <strong>der</strong> Energie<br />
Ef + �<br />
� k ′ ,λ ′<br />
�ck ′ N� k ′ ,λ ′ − �ck . (<strong>II</strong>I.3.6)<br />
Die goldene Regel liefert dann die Übergangsrate in <strong>der</strong> Form<br />
Γ (abs)<br />
i→f, � 2π<br />
=<br />
k,λ � δ(Ef − Ei − �ck) � � 〈f; . . . N�k,λ−1 . . . | � Hint|i; . . . N�k,λ . . .〉 � �2 . (<strong>II</strong>I.3.7)<br />
Damit das mit dem semiklassischen Resultat übereinstimmt, for<strong>der</strong>t man<br />
�<br />
� 〈f; . . . N� k,λ −1 . . . | � Hint|i; . . . N� k,λ . . .〉 � � 2<br />
= e2<br />
V |A� k,λ | 2 |〈f|�j − � k · �ελ|i〉| 2<br />
= e2<br />
V<br />
�<br />
2ε0ω N� k,λ |〈f|�j − � k · �ελ|i〉| 2 , (<strong>II</strong>I.3.8)<br />
wobei im zweiten Schritt die Gleichung <strong>II</strong>I.2.13 benutzt wurde, die das Betragsquadrat <strong>der</strong><br />
Amplitude des klassischen Vektorpotentials mit <strong>der</strong> Photonenzahl in Verbindung bringt.<br />
Der noch unekannte Operator � Hint ist daher ein Produkt aus dem Faktor �j − � k · �ελ, <strong>der</strong> auf<br />
dem <strong>Materie</strong>-“Sektor“ operiert, und einem weiteren Faktor, <strong>der</strong> (wegen <strong>der</strong> Orthogonalität<br />
<strong>der</strong> Fock-Zustände) die Photonenzahl in <strong>der</strong> Mode � k, λ um eins reduziert. Der Vergleich<br />
mit dem klassischen Ausdruck (siehe Gleichung <strong>II</strong>I.2.1)<br />
Hint = −e<br />
√ V<br />
� �<br />
� k,λ<br />
A� k,λ �j − � k · �ελ e −iωt + A ∗ � k,λ �j� k · �ε ∗ λ e iωt<br />
legt nahe, das quantenmechanische Gegenstück � Hint <strong>von</strong> Hint in <strong>der</strong> Form<br />
�Hint = −e<br />
√ V<br />
�<br />
� k,λ<br />
�<br />
�A� �j k,λ −�k · �ελ + � A † �j� �k,λ k · �ε ∗ �<br />
λ<br />
�<br />
(<strong>II</strong>I.3.9)<br />
(<strong>II</strong>I.3.10)<br />
zu schreiben, wobei <strong>der</strong> Operator � A�k,λ die Photonenzahl in <strong>der</strong> Mode �k, λ um eins erniedrigt.<br />
Der Operator � A †<br />
� ist <strong>der</strong> zu<br />
k,λ � A�k,λ adjungierte. Die Quantisierung“ des Strahlungs-<br />
”<br />
feldes besteht damit in <strong>der</strong> Ersetzung <strong>der</strong> klassischen Amplitude A�k,λ des Vektorpotentials<br />
durch Operatoren � A� k,λ , die die Photonenzahl än<strong>der</strong>n. Der Vergleich mit Gleichung <strong>II</strong>I.3.8<br />
zeigt nun sofort<br />
�<br />
�〈. . . N� k,λ −1 . . . | � A� k,λ | . . . N� k,λ . . .〉 � � 2 = �<br />
2ε0ω N� k,λ , (<strong>II</strong>I.3.11)
<strong>II</strong>I.3 Heuristische Quantisierung des Strahlungsfeldes 85<br />
also<br />
〈. . . N� k,λ −1 . . . | � A� k,λ | . . . N� k,λ . . .〉 =<br />
�<br />
� �<br />
N�k,λ 2ε0ω<br />
(<strong>II</strong>I.3.12)<br />
bis auf einen Phasenfaktor. Da jedoch auch in <strong>der</strong> Definition <strong>der</strong> Fock-Zustände eine Phase<br />
offen bleibt, kann dieser Faktor mit Eins identifiziert werden. Damit tritt dann das<br />
Matrixelement 〈. . . N� k,λ −1 . . . | � A� k,λ | . . . N� k,λ . . .〉 an die Stelle <strong>der</strong> klassischen Amplitude<br />
A� k,λ .<br />
Postuliert man jetzt, dass die Fock-Zustände nicht nur orthogonal, son<strong>der</strong>n auch normiert<br />
sind, findet man<br />
�<br />
� �<br />
�A� k,λ | . . . N�k,λ... 〉 = N�k,λ | . . . N�k,λ−1... 〉 . (<strong>II</strong>I.3.13)<br />
2ε0ω<br />
Betrachtet man das Konjugierte des obigen Matrixelementes, ergibt sich weiter<br />
also auch<br />
〈. . . N� k,λ −1 . . . | � A� k,λ | . . . N� k,λ . . .〉 ∗<br />
= 〈. . . N� k,λ . . . | � A †<br />
� k,λ | . . . N� k,λ −1 . . .〉 =<br />
�A †<br />
� k,λ | . . . N� k,λ . . .〉 =<br />
�<br />
� �<br />
N�k,λ , (<strong>II</strong>I.3.14)<br />
2ε0ω<br />
�<br />
� �<br />
N�k,λ | . . . N�k,λ +1 . . .〉 . (<strong>II</strong>I.3.15)<br />
2ε0ω<br />
Damit wirken die Operatoren � A †<br />
� und<br />
k,λ � �<br />
�<br />
A�k,λ (bis auf den Faktor , <strong>der</strong> aber sofort<br />
2ε0ω<br />
durch Umnormierung beseitigt werden kann) genau wie die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren<br />
a † und a eines harmonischen Oszillators. Also entspricht ein quantisier-<br />
”<br />
tes“ Strahlungsfeld einer unendlich großen Anzahl harmonischer Oszillatoren (ein Oszillator<br />
für jede Mode �k, λ). Die Anregungsquanten“ dieser Feldoszillatoren entsprechen<br />
”<br />
den Photonen. Diese Überlegungen haben eine unmitelbare, experimentell nachprüfbare<br />
Konsequenz, die die Wechselwirkung mit einem quantenmechanischen Strahlungsfeld<br />
deutlich <strong>von</strong> <strong>der</strong> mit einem klassischen Feld unterscheidet. Berechnet man nämlich die<br />
Emissionsrate für den Übergang <strong>von</strong> einem Zustand<br />
|f; . . . N� k,λ . . .〉 (<strong>II</strong>I.3.16)<br />
mit <strong>der</strong> Energie<br />
Ef + �<br />
� k ′ ,λ ′<br />
in den Zustand<br />
�ck ′ N� k ′ ,λ ′<br />
(<strong>II</strong>I.3.17)<br />
|i; . . . N� k,λ +1 . . .〉 (<strong>II</strong>I.3.18)
<strong>II</strong>I.3 Heuristische Quantisierung des Strahlungsfeldes 86<br />
mit einem Photon mehr in <strong>der</strong> Mode �k, λ und <strong>der</strong> Energie<br />
Ei + �<br />
� k ′ ,λ ′<br />
so erhält man<br />
Γ (em.)<br />
f→i, � kλ<br />
�ck ′ N� k ′ ,λ ′ + �ck , (<strong>II</strong>I.3.19)<br />
= 2π<br />
� δ(Ef − Ei − �ck) · |〈i; . . . N� k,λ +1 . . . | � Hint|f; . . . N� k,λ . . .〉| 2<br />
= 2π<br />
� δ(Ef − Ei − �ck) · e2<br />
V |〈. . . N�k,λ +1 . . . | � A †<br />
� | . . . N�<br />
k,λ k,λ . . .〉| 2 |〈i|�j� k,λ·ε∗ |f〉|<br />
λ<br />
2<br />
= 2π<br />
� δ(Ef − Ei − �ck) · e2<br />
V<br />
�<br />
2ε0ω (N� k,λ + 1) |〈f|�j − � k,λ·ελ |i〉|2 . (<strong>II</strong>I.3.20)<br />
Das stimmt nicht genau mit dem klassischen Resultat überein. Zwar liefert <strong>der</strong> zur Photonenanzahl<br />
N� k,λ proportionale Anteil nach Summation über alle Moden genau die in<br />
Gleichung <strong>II</strong>I.2.14 gefundene Rate für die induzierte Emission,<br />
Γ (ind.em.)<br />
f→i<br />
= 1<br />
V<br />
�<br />
� k,λ<br />
πe 2<br />
ε0ω δ(Ef − Ei − �ω) |〈f|�j − � k · �ελ|i〉| 2 · N� k,λ . (<strong>II</strong>I.3.21)<br />
Zusätzlich gibt es jedoch einen Beitrag, <strong>der</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> Photonenzahl unabhängig ist und<br />
daher selbst dann auftritt, wenn kein äußeres Feld vorhanden ist. Dieser Beitrag entspricht<br />
einer spontanen Emission (d.h. nicht <strong>von</strong> außen induziert) eines Photons<br />
Γ (sp.em.)<br />
f→i, � kλ<br />
= 1<br />
V<br />
�<br />
� k,λ<br />
πe 2<br />
ε0ω δ(Ef − Ei − �ω) |〈f|�j − � k · �ελ|i〉| 2 . (<strong>II</strong>I.3.22)<br />
Die gesamte Emissionsrate ist dann die Summe aus <strong>der</strong> ” induzierten“ und <strong>der</strong> ” spontanen“<br />
Rate<br />
Γ (em.)<br />
f→i<br />
= Γ(ind.em.)<br />
f→i<br />
+ Γ (sp.em.)<br />
f→i . (<strong>II</strong>I.3.23)<br />
Für große Photonenzahlen N� k,λ ist N� k,λ +1 ≈ N� k,λ , so dass die spontanen Prozesse <strong>von</strong> den<br />
induzierten verdeckt werden und die Gesamtrate praktisch mit <strong>der</strong> induzierten Rate übereinstimmt,<br />
wie es <strong>der</strong> semiklasssische Grenzfall verlangt. Trotzdem führt die Quantisierung<br />
<strong>der</strong> Strahlungsfeldes aufgrund <strong>der</strong> Algebra <strong>der</strong> Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren<br />
zwingend auf einen nichtklassischen Prozess, <strong>der</strong> z.B. den ” Zerfall“ eines angeregten Atoms<br />
beschreibt. Die Frage, ob die hier entwickelte <strong>Theorie</strong> ” richtig“ ist, kann also experimentell<br />
geprüft werden, in dem die gemessenen Lebensdauern angeregter Zustände mit den<br />
theoretisch berechneten Lebensdauern, die sich aus den jeweiligen spontanen Zerfallsraten<br />
ergeben, verglichen werden.<br />
Auch ohne auf eine Quantenfeldtheorie zurückzugreifen, konnte Einstein die Rate <strong>der</strong><br />
spontanen Emission mit Hilfe eines einfachen statistischen Arguments bestimmen. Einstein<br />
betrachtete die Photonen in einem Hohlraum, dessen Wände die Temperatur T<br />
besitzen. Wenn sich das ” Photonengas“ im Hohlraum im thermischen Gleichgewicht mit
<strong>II</strong>I.3 Heuristische Quantisierung des Strahlungsfeldes 87<br />
den Wänden befindet, dann ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Mode � k, λ mit N� k,λ<br />
Photonen besetzt ist – dass sich also <strong>der</strong> zugehörige Feldoszillator im N� k,λ -ten angeregten<br />
Zustand befindet – gemäß dem Boltzmannschen Prinzip proportional zu<br />
e − N � k,λ ·�ck<br />
k B T , (<strong>II</strong>I.3.24)<br />
wobei kB die Boltzmann-Konstante bezeichnet. Die mittlere Photonenzahl in <strong>der</strong> Mode<br />
� k, λ ergibt sich daher zu<br />
¯N� k,λ =<br />
�∞ N�k,λ =0 N�k,λe − N� ·�ck<br />
k,λ<br />
kB T<br />
�∞ N�k,λ =0 e− N� ·�ck<br />
k,λ<br />
kB T<br />
= − ∂<br />
∂( �ck ln<br />
) kBT<br />
=<br />
=<br />
1<br />
�ck<br />
− k 1 − e B T<br />
∂<br />
∂( �ck<br />
kBT ) ln � �ck<br />
− k 1 − e B T<br />
1<br />
e �ck<br />
k B T − 1<br />
�<br />
. (<strong>II</strong>I.3.25)<br />
Nun werden die Photonen im Hohlraum ständig <strong>von</strong> den Wänden absorbiert, während<br />
gleichzeitig ” neue“ Photonen emittiert werden. Damit sich im Gleichgewicht genau die<br />
mittlere Photonenzahl ¯ N� k,λ in je<strong>der</strong> Mode einstellen kann, müssen Absorptions- und Emissionsrate<br />
in einer ganz bestimmten Beziehung zueinan<strong>der</strong> stehen.<br />
Der Einfachheit halber soll angenommen werden, dass die Wandatome nur zwei Energieniveaus<br />
Ei und Ef > Ei besitzen. Die Wahrscheinlichkeit Pf dafür, das Atom im angeregten<br />
Zustand anzutreffen, ist dann proportional zu e − E f<br />
k B T . Damit ergibt sich<br />
Pf<br />
Pi<br />
= e − E f −E i<br />
k B T . (<strong>II</strong>I.3.26)<br />
Wenn die Wandatome mit den Photonen <strong>der</strong> Frequenz ωif = Ef −Ei<br />
im Gleichgewicht sind,<br />
�<br />
stimmen ihre Temperaturen überein. Die Absorptionsrate für Photonen <strong>der</strong> Frequenz<br />
ωif ist proportional zur Anzahl N dieser Photonen und zur Wahrscheinlichkeit dafür,<br />
absorptionsbereite Atome (d.h. Atome im Grundzustand) zu finden:<br />
� �<br />
dN<br />
= −BNPi . (<strong>II</strong>I.3.27)<br />
dt<br />
abs<br />
Umgekehrt wird es eine zu N proportionale, induzierte Emission geben, die durch den<br />
gleichen B-Koeffizienten“ beschrieben wird<br />
”<br />
� �<br />
dN<br />
= +BNPf . (<strong>II</strong>I.3.28)<br />
dt<br />
ind.em.
<strong>II</strong>I.4 Kanonische Quantisierung in <strong>der</strong> Coulomb-Eichung 88<br />
Wenn das die beiden einzigen Prozesse wären, die Einfluss auf die Photonenzahl haben,<br />
wären im Gleichgewicht keine Photonen vorhanden, da ja Pf < Pi. Es muss also einen<br />
weiteren, spontanen“ Emissionsprozess geben, dessen Rate<br />
� ” �<br />
dN<br />
= APf<br />
dt<br />
(<strong>II</strong>I.3.29)<br />
sp.em.<br />
<strong>von</strong> N unabhängig ist. Die Aufgabe besteht nun darin, den zugehörigen ” A-Koeffizienten“<br />
durch den ” B-Koeffizienten“ auszudrücken. Da im Gleichgewicht dN<br />
dt = 0 und N = ¯ N,<br />
findet man durch Addition aller drei Raten sofort<br />
also<br />
B ¯ N(Pf − Pi) + APf = 0 , (<strong>II</strong>I.3.30)<br />
A = B ¯ N<br />
Da an<strong>der</strong>erseits<br />
¯N<br />
1<br />
=<br />
folgt<br />
� Pi<br />
Pf<br />
�ωif k e B T − 1<br />
�<br />
− 1 = B ¯ �<br />
N e<br />
�ωif kB T − 1<br />
�<br />
. (<strong>II</strong>I.3.31)<br />
, (<strong>II</strong>I.3.32)<br />
A = B , (<strong>II</strong>I.3.33)<br />
bzw. für beide Emissionsprozesse zusammen<br />
� �<br />
dN<br />
= B(N + 1)Pf . (<strong>II</strong>I.3.34)<br />
dt<br />
em.<br />
Die ” (N + 1)-Abhängigkeit“ <strong>von</strong> <strong>der</strong> Photonenzahl stimmt genau mit <strong>der</strong> Vorhersage <strong>der</strong><br />
Quantenfeldtheorie überein.<br />
<strong>II</strong>I.4 Kanonische Quantisierung in <strong>der</strong> Coulomb-Eichung<br />
Bevor nun die Raten für die spontane Emission konkret berechnet werden, soll zunächst<br />
<strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> Feldquantisierung auf formaler Ebene zusammengefast werden.<br />
” Kanonische Quantisierung“ bedeutet die Identifizierung <strong>von</strong> Paaren konjugierter dynamischer<br />
Variablen und ihre Ersetzung durch Operatoren, <strong>der</strong>en Kommutator den Wert i�<br />
annimmt. Diese Prozedur kann für das elektromagnetische Feld auch unabhängig <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />
Eichung durchgeführt werden. Allerdings wird die Quantisierung beson<strong>der</strong>s einfach, wenn<br />
man <strong>von</strong> Anfang an die Coulomb-Eichung voraussetzt: Unabhängige klassische Feldvariablen<br />
sind dann das transversale Vektorpotential � A( �k, t) = � A⊥( �k, t) und seine Geschwin-<br />
”<br />
digkeit“ ˙ A( � �k, t) = −E⊥( � �k, t). Man hat nun bei vorausgesetzter Box-Normierung<br />
�A(�r, t) = �<br />
�<br />
� k,λ<br />
= �<br />
� k<br />
� A� k,λ<br />
√V �ελe i(� k·�r−ωt) + A ∗ � k,λ<br />
√V �ελe −i(� k·�r−ωt)<br />
1<br />
√ V<br />
� �<br />
λ<br />
A� k,λ e −iωt + A ∗<br />
− � k,λ eiωt<br />
�<br />
�ελe i� k·�r , (<strong>II</strong>I.4.1)
<strong>II</strong>I.4 Kanonische Quantisierung in <strong>der</strong> Coulomb-Eichung 89<br />
wobei die Polarisationsvektoren <strong>der</strong> Einfachheit halber reell gewählt wurden. Damit ist<br />
�A( �k, t) = � �<br />
�<br />
�ελ . (<strong>II</strong>I.4.2)<br />
Ebenso<br />
˙�A(�r, t) = �<br />
�<br />
bzw.<br />
λ<br />
� k,λ<br />
= �<br />
˙�A( � k, t) = �<br />
λ<br />
� k<br />
A� k,λ e −iωt + A ∗<br />
− � k,λ eiωt<br />
−iω A�k,λ √V �ελe i(� A<br />
k·�r−ωt)<br />
+ iω ∗ �k,λ √V �ελe −i(�k·�r−ωt) 1<br />
√ V<br />
�<br />
λ<br />
�<br />
−iωA�k,λe −iωt + iωA ∗<br />
−�k,λ eiωt<br />
�<br />
�ελe i�k·�r �<br />
(<strong>II</strong>I.4.3)<br />
�<br />
−iωA�k,λe −iωt + iωA ∗<br />
−�k,λ eiωt<br />
�<br />
�ελ . (<strong>II</strong>I.4.4)<br />
Unabhängige klassische Variablen sind nun die zu den jeweiligen Polarisationen gehörigen<br />
Amplituden<br />
�A( �k, t) · ελ = A�k,λe −iωt<br />
+ A ∗<br />
−�k,λ eiωt<br />
˙�A( �k, t) · ελ = −iωA�k,λe −iωt + iωA ∗<br />
−�k,λ eiωt . (<strong>II</strong>I.4.5)<br />
Das Vektorpotential � A(�r, t) trägt die Einheit Kraft·Zeit,<br />
daher ist<br />
Ladung<br />
[ � A( �k, t)] = √ Kraft · Zeit<br />
Volumen ·<br />
Ladung<br />
[ ˙ √<br />
A( � �<br />
Kraft<br />
k, t)] = Volumen · . (<strong>II</strong>I.4.6)<br />
Ladung<br />
Das Produkt aus <strong>der</strong> Feldvariablen � A( � k, t)·�ελ und seiner Geschwindigkeit ˙ � A( � k, t)·�ελ trägt<br />
daher die Dimension<br />
� �A( � k, t) · �ελ ·<br />
˙�A( � � Energie<br />
k, t) · �ελ = 2 · Länge · Zeit<br />
Ladung 2 . (<strong>II</strong>I.4.7)<br />
Definiert man also als zu � A( � k, t) · �ελ kanonisch konjugierte Impulsvariable die Größe<br />
�Π( � k, t) · �ελ = ε0<br />
˙�A( � k, t) · �ελ , (<strong>II</strong>I.4.8)<br />
so trägt wegen [ε0] = Ladung2<br />
das Produkt dieser beiden Variablen die Dimension einer<br />
Energie·Länge<br />
Wirkung. Quantisierung“ bedeutet nun die Ersetzung dieser klassischen konjugierten<br />
”<br />
Variablen durch Operatoren<br />
� �A( � k) · �ελ = � A� k,λ + � A †<br />
− � k,λ<br />
(<strong>II</strong>I.4.9)
<strong>II</strong>I.4 Kanonische Quantisierung in <strong>der</strong> Coulomb-Eichung 90<br />
und<br />
��Π( � �<br />
k) · �ελ = ε0 − iω A� �<br />
k,λ + iω � A †<br />
−� �<br />
, (<strong>II</strong>I.4.10)<br />
k,λ<br />
für die die Vertauschungsrelation<br />
�<br />
� ��A( � k) · �ελ, � � Π †<br />
( � k ′ ) · �ε ′ λ<br />
= i� δ�k �k ′ δλλ ′ (<strong>II</strong>I.4.11)<br />
gefor<strong>der</strong>t wird. (Im Schrödingerbild sind die Operatoren zeitunabhängig. Die Zeitabhängigkeit<br />
wird <strong>von</strong> den Zustandsvektoren getragen.) Diese For<strong>der</strong>ung ergibt<br />
�<br />
�A�<br />
kλ + � A †<br />
�<br />
−�kλ , iω′ A �† �k ′ λ ′ − iω′ A− � �k ′ λ ′<br />
= iω ′� A� �<br />
kλ , � A † � ′<br />
� − iω<br />
k ′ λ ′<br />
� A �† −�kλ , � A−�k ′ λ ′<br />
= 2iω ′� � A� kλ , � A †<br />
� k ′ λ ′<br />
= i �<br />
ε0<br />
�<br />
�<br />
δ�k �k ′ δλλ ′ , (<strong>II</strong>I.4.12)<br />
wobei<br />
�<br />
�A�<br />
kλ , � � �<br />
A�k ′ λ ′ = �A †<br />
� ,<br />
kλ � A † �<br />
� = 0 (<strong>II</strong>I.4.13)<br />
k ′ λ ′<br />
benutzt wurde 4 . Damit hat man für die Operatoren � A� kλ die Vertauschungsrelationen<br />
�<br />
�A�<br />
kλ , � A † � �<br />
� =<br />
k ′ λ ′<br />
2ε0ω δ�k �k ′ δλλ ′ . (<strong>II</strong>I.4.14)<br />
Definiert man schließlich<br />
�<br />
�<br />
�A� kλ =<br />
2ε0ω �a� kλ und<br />
�A †<br />
�<br />
�<br />
� =<br />
kλ 2ε0ω �a† � ,<br />
kλ<br />
(<strong>II</strong>I.4.15)<br />
so erfüllen die (dimensionslosen) Operatoren �a� kλ und �a †<br />
� kλ genau die Algebra <strong>der</strong> Erzeugungs-<br />
und Vernichtungsoperatoren eines Systems harmonischer Operatoren (vgl Quan-<br />
tenmechanik I, <strong>II</strong>.2):<br />
� �<br />
�a� kλ , �a� k ′ λ ′ = 0<br />
� †<br />
�a � , �a<br />
kλ † �<br />
� = 0<br />
k ′ λ ′<br />
� �a� kλ , �a †<br />
� k ′ λ ′<br />
�<br />
= δ�k �k ′ δλλ ′ . (<strong>II</strong>I.4.16)<br />
�<br />
4 ��A(<br />
Ebenso gilt �k) · �ελ , � A( � � ′ k ) · �ελ ′<br />
� ���Π( = 0 und �k) · ελ , � Π( � � ′ k ) · ελ ′<br />
�
<strong>II</strong>I.4 Kanonische Quantisierung in <strong>der</strong> Coulomb-Eichung 91<br />
Mit diesen Operatoren erhalten die Quantenfel<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Coulomb-Eichung nun die Form<br />
��A(�r) = �<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�a� kλ�ελ e<br />
2ε0ωV<br />
�k,λ i�k�r †<br />
+ �a � �ελ e<br />
kλ −i� ��E⊥(�r) =<br />
�<br />
k�r<br />
(<strong>II</strong>I.4.17)<br />
�<br />
�<br />
�ω<br />
�<br />
i �a� kλ�ελ e<br />
2ε0V<br />
�kλ i�k�r †<br />
− �a � �ελ e<br />
kλ −i� ��B(�r) =<br />
�<br />
k�r<br />
(<strong>II</strong>I.4.18)<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
i �a� �<br />
kλ k × �ελ e<br />
2ε0ωV<br />
i�k�r †<br />
− �a �<br />
� k × �ελ e<br />
kλ<br />
−i� �<br />
k�r<br />
. (<strong>II</strong>I.4.19)<br />
� kλ<br />
In <strong>der</strong> Coulomb-Eichung wird also nur <strong>der</strong> transversale Anteil des Feldes quantisiert“.<br />
”<br />
Der longitudinale Anteil wird nach wie vor durch den klassischen Ausdruck<br />
�E||(�r, t) = − 1<br />
�<br />
d<br />
4πε0<br />
3 r ′ ϱ(�r, t) � 1<br />
∇r<br />
|�r − �r ′ (<strong>II</strong>I.4.20)<br />
|<br />
gegeben. (Es ist nun noch zu zeigen, dass die obige Quantisierungsvorschrift für alle Observablen<br />
zu eichinvarianten Resultaten führt, obwohl für die Quantisierung eine spezielle<br />
Eichung verwendet wurde. Das allerdings ist Gegenstand einer Vorlesung ” Quantenfeldtheorie“.)<br />
Da für jeden Wellenvektor � k die beiden zugehörigen Polarisationsvektoren gemeinsam<br />
mit � k/k eine Orthogonalbasis bilden, gilt (Produkte <strong>von</strong> Vektoren sind hier als äußere<br />
Produkte und nicht als Skalarprodukte aufzufassen)<br />
�<br />
λ<br />
�ελ �ελ + � k � k<br />
k 2 = 13×3 , (<strong>II</strong>I.4.21)<br />
also für die Komponenten α, β<br />
�<br />
λ<br />
ελα ελβ = δαβ − kαkβ<br />
k 2 . (<strong>II</strong>I.4.22)<br />
Damit erhält man für die ortsabhängigen Fel<strong>der</strong> den Kommutator<br />
� �Aα(�r) , � E⊥β(�r ′ ) �<br />
= �<br />
� kλ<br />
� k ′ λ ′<br />
= �<br />
� kλ<br />
= − i�<br />
ε0<br />
i�<br />
2ε0V<br />
− i�<br />
2ε0V<br />
1<br />
V<br />
�<br />
� k<br />
� ω ′<br />
ω<br />
�<br />
− � �a� kλ , �a † � i(<br />
� e<br />
k ′ λ ′<br />
�k�r− � � k�r) †<br />
+ �a � , �a� kλ k ′ λ ′e −i(�k�r− �k�r) ��<br />
εαλ εβλ<br />
�<br />
e i�k(�r−�r ′ ) −i<br />
+ e �k(�r−�r ′ �<br />
)<br />
εαλ εβλ<br />
e i�k(�r−�r ′ �<br />
)<br />
δαβ − kαkβ<br />
k2 �<br />
≡ − i�<br />
δ⊥,αβ(�r − �r ′ ) . (<strong>II</strong>I.4.23)<br />
ε0
<strong>II</strong>I.4 Kanonische Quantisierung in <strong>der</strong> Coulomb-Eichung 92<br />
Dabei sichert die sogenannte transversale δ-Funktion, d.h. die Fouriertransformierte des<br />
Projektors δαβ − kαkβ<br />
k 2 , die Einhaltung <strong>der</strong> Eichbedingung � ∇ · � � A(�r) = 0:<br />
∂α<br />
= − i�<br />
� �Aα(�r) , � E⊥β(�r ′ ) � = 0<br />
ε0<br />
1<br />
V<br />
�<br />
� k<br />
e i�k(�r−�r ′ �<br />
)<br />
i kαδαβ − kαkαkβ<br />
k2 �<br />
. (<strong>II</strong>I.4.24)<br />
Die Gesamtenergie des Feldes setzt sich zusammen aus <strong>der</strong> Coulomb-Energie des longitudinalen<br />
Feldes<br />
ECoul = ε0<br />
�<br />
d<br />
2<br />
3 r � E 2 =<br />
||(�r, t)<br />
ε0<br />
�<br />
d<br />
2<br />
3 k | � E||( �k, t)| 2<br />
= 1<br />
�<br />
d<br />
2ε0<br />
3 k ϱ∗ ( �k, t) ϱ( �k, t)<br />
k2 (<strong>II</strong>I.4.25)<br />
(wegen � E⊥( � �k k, t) = −i ε0k2 ϱ( �k, t)) und <strong>der</strong> Energie des eigentlichen, d.h. des quantisierten<br />
transversalen Strahlungsfeldes:<br />
ERad = ε0<br />
�<br />
d<br />
2<br />
3 �<br />
2<br />
��E<br />
r ⊥(�r) + c 2 �<br />
2<br />
��B (�r)<br />
= �<br />
�<br />
�ω �a †<br />
� �a� kλ kλ + 1<br />
�<br />
2<br />
� kλ<br />
≡ � HRad . (<strong>II</strong>I.4.26)<br />
Dieser Ausdruck ist <strong>der</strong> Hamiltonoperator für das freie“ Strahlungsfeld. Mit Hilfe dieses<br />
”<br />
Operators können z.B. die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren für Photonen leicht<br />
in das Wechselwirkungsbild umgerechnet werden: Es ist<br />
�a� kλ (t) = e i � HRadt/�<br />
�a� kλ e −i � �<br />
HRadt/�<br />
= exp iω�a †<br />
� �<br />
� �a� kλ kλt �a� kλ exp −iω�a †<br />
�<br />
� �a� kλ kλt . (<strong>II</strong>I.4.27)<br />
Nun gilt<br />
�<br />
�a� kλ , �a † � �<br />
�<br />
a�<br />
kλ kλ = �a� kλ , �a † �<br />
� �a� kλ kλ = �a� kλ , d.h. (<strong>II</strong>I.4.28)<br />
�a� kλ �a †<br />
� kλ �a� kλ = �a †<br />
� kλ �a� kλ �a� kλ + �a� kλ =<br />
Ebenso zeigt man<br />
�a� kλ f(�a †<br />
� kλ ) = f(�a †<br />
� kλ �a� kλ + 1)�a� kλ<br />
�<br />
�a †<br />
�<br />
� �a� kλ kλ + 1 �a� kλ . (<strong>II</strong>I.4.29)<br />
für eine analytische Funktion f. Das bedeutet angewendet auf (<strong>II</strong>I.4.27)<br />
�a� kλ (t) =<br />
�<br />
exp iω�a †<br />
� � �<br />
� �a� kλ kλt exp −iω �a †<br />
� �<br />
� �a� kλ kλ + 1 t<br />
= �a� kλ e −iωt<br />
�a� kλ<br />
(<strong>II</strong>I.4.30)<br />
(<strong>II</strong>I.4.31)
<strong>II</strong>I.5 Berechnung spontaner Emissionsraten 93<br />
und analog<br />
�a� kλ (t) = �a� kλ e +iωt . (<strong>II</strong>I.4.32)<br />
Im Wechselwirkungsbild ” propagieren“ die Vernichtungsoperatoren mit einem Phasenfaktor<br />
e −iωt , die Erzeugungsoperatoren mit e +iωt . Daher lautet z.B. <strong>der</strong> Operator des<br />
Vektorpotentials im Wechselwirkungsbild<br />
� �A(�r, t) = �<br />
� kλ<br />
� �<br />
2ε0ωV<br />
analog für � � E⊥(�r, t) und � � B(�r, t).<br />
�<br />
�a� kλ �ελ e i(�k�r−ωt) †<br />
+ �a � �ελ e<br />
kλ i(� �<br />
k�r−ωt)<br />
, (<strong>II</strong>I.4.33)<br />
Die ” Quantisierung“ des elektromagnetischen Feldes hat eine weitere wichtige Konsequenz.<br />
Es bezeichne |0, 0, 0, . . .〉 ≡ |0〉 den Grundzustand des Feldes, d.h. den Fockzustand,<br />
für den alle Besetzungszahlen gleich Null sind. Dieser Zustand wird als Vakuum<br />
identifiziert. Offensichtlich verschwindet z.B. <strong>der</strong> Vakuumerwartungswert des elektrischen<br />
Feldoperators<br />
〈0| � � E⊥(�r)|0〉 = �0 , (<strong>II</strong>I.4.34)<br />
aber trotzdem gibt es Fluktuationen. Man hat<br />
〈0| � E⊥α(�r) � E⊥β(�r ′ )|0〉<br />
= �<br />
− �<br />
2ε0V<br />
� kλ<br />
� k ′ λ ′<br />
= �<br />
� kλ<br />
= �c<br />
2ε0<br />
√ ωω ′ � − 〈0|�a� kλ �a †<br />
� kλ |0〉<br />
� �� �<br />
δ �k � k ′ δ λλ ′<br />
�ω<br />
2ε0V ei� k(�r−�r ′ ) ελαελβ<br />
1<br />
V<br />
�<br />
� k<br />
k e i� k(�r−�r ′ )<br />
�<br />
δαβ − kαkβ<br />
k 2<br />
� e i( � k�r− � k ′ �r ′ ) ελαελ ′ β<br />
�<br />
. (<strong>II</strong>I.4.35)<br />
Der Vakuumserwartungswert des Produkts <strong>von</strong> zwei (transversalen) elektrischen Feldoperatoren<br />
an zwei verschiedenen Punkten verschwindet also nicht. Diese Vakuumfluktuationen<br />
des Feldes sind das Analogon <strong>der</strong> Nullpunktsbewegung des harmonischen Oszillators.<br />
Man kann daher die spontane Emission auch als ” durch die Vakuumfluktuation induzierte<br />
Emission“ auffassen.<br />
<strong>II</strong>I.5 Berechnung spontaner Emissionsraten<br />
Es wird nun die in Gleichung <strong>II</strong>I.3.22 angegebene Rate für die spontane Emission eines<br />
Photons in die Mode � k, λ wie<strong>der</strong> aufgenommen<br />
(sp. em.)<br />
Γ<br />
f→i, � 1<br />
=<br />
k,λ V<br />
πe 2<br />
ε0ω δ(Ef − Ei − �ω) |〈i|�j� k · �ε ∗ λ |f〉| 2 . (<strong>II</strong>I.5.1)
<strong>II</strong>I.5 Berechnung spontaner Emissionsraten 94<br />
Summation über alle Endzustände mit � k-Vektoren in einem Raumwinkelelement dΩ liefert<br />
für die in dieses Raumwinkelelement abgestrahlte Leistung bei fester Polarisation λ<br />
dP = �<br />
� k in dΩ<br />
(sp. em.)<br />
�ω Γ<br />
f→i, �k,λ � 2 ω dω πe2<br />
= dΩ<br />
3 �ω<br />
(2πc) ε0ω δ(Ef − Ei − �ω) |〈i|�j� k · �ε ∗ λ |f〉| 2 , (<strong>II</strong>I.5.2)<br />
die Leistung pro Raumwinkelelement ist also<br />
dP<br />
dΩ = ω2 if e2<br />
8π2c3 |〈i|�j� k · �ε<br />
ε0<br />
∗ λ |f〉| 2 . (<strong>II</strong>I.5.3)<br />
Es ist interessant, diesen Ausdruck mit dem klassischen Resultat für die <strong>von</strong> einem transversalen<br />
Strom mit <strong>der</strong> Frequenz ω abgestrahlte Leistung zu vergleichen: Es sei<br />
�j(�r, t) = �j(�r) e −iωt + �j ∗ (�r) e iωt<br />
(<strong>II</strong>I.5.4)<br />
eine klassische transversale Stromdichte. Die in Gleichung <strong>II</strong>I.1.39 angegebene inhomogene<br />
Wellengleichung<br />
�<br />
∆ − 1<br />
c2 ∂2 ∂t2 �<br />
�A(�r, t) = − 1<br />
ε0c2 �j(�r, t) (<strong>II</strong>I.5.5)<br />
wird wie üblich mit Hilfe <strong>der</strong> retardierten Greenschen Funktion gelöst<br />
�<br />
∆ − 1<br />
c2 ∂2 ∂t2 �<br />
für<br />
G±(�r, t; �r ′ , t ′ ) = − 1<br />
4π<br />
Also hat man<br />
�A(�r, t) =<br />
1<br />
4πε0c2 �<br />
Im Fernfeld erhält man daraus mit<br />
|�r − �r ′ �<br />
′ 2�r · �r<br />
| = r 1 −<br />
r2 die Näherung<br />
�A(�r, t) =<br />
=<br />
G±(�r, t; �r ′ , t ′ ) = δ(�r − �r ′ ) δ(t − t ′ ) (<strong>II</strong>I.5.6)<br />
1<br />
4πε0c 2<br />
1<br />
4πε0c 2<br />
�<br />
δ t ′ �<br />
− t ∓ |�r−�r ′ |<br />
c<br />
|�r − �r ′ |<br />
d 3 r ′ �j(�r ′ , t − |�r−�r ′ |<br />
c )<br />
|�r − �r ′ |<br />
�<br />
1<br />
r<br />
r′2<br />
+<br />
r2 � 1<br />
2<br />
d 3 r ′�j(�r ′ ) e −iω<br />
�<br />
��<br />
. (<strong>II</strong>I.5.7)<br />
. (<strong>II</strong>I.5.8)<br />
≈ r − �r ′<br />
· �r<br />
r<br />
t− r<br />
c<br />
+ �r<br />
r<br />
�<br />
�r<br />
′<br />
· c + c.c.<br />
(<strong>II</strong>I.5.9)<br />
r<br />
−iω(t−<br />
e c)<br />
�j� k,cl + c.c. , (<strong>II</strong>I.5.10)<br />
r
<strong>II</strong>I.5 Berechnung spontaner Emissionsraten 95<br />
wobei<br />
�<br />
�j� k,cl =<br />
d 3 r ′�j(�r ′ ) e −i�k·�r ′<br />
. (<strong>II</strong>I.5.11)<br />
Der Wellenvektor des Fernfeldes ist �k = ω<br />
c<br />
lauten<br />
�E(�r, t) = − ∂<br />
∂t � A(�r, t) =<br />
�B(�r, t) = � ∇ × � A(�r, t) =<br />
1<br />
4πε0c 2<br />
1<br />
4πε0c 2<br />
Das ergibt für das Zeitmittel des Poynting-Vektors<br />
�S(�r, t) = ε0c 2 � E(�r, t) × � B(�r, t) =<br />
�r . Die physikalisch beobachtbaren Fernfel<strong>der</strong><br />
r<br />
r<br />
−iω(t−<br />
e c)<br />
iω�j� k,cl r<br />
+ c.c. (<strong>II</strong>I.5.12)<br />
r<br />
−iω(t−<br />
e c)<br />
i<br />
r<br />
ω �r<br />
c r × �j� k,cl + c.c. . (<strong>II</strong>I.5.13)<br />
1<br />
(4π) 2 ε0c 2<br />
ω 2<br />
c |�j� k,cl |<br />
Die gesamte pro Raumwinkelelement abgestrahlte Leistung ist daher<br />
dPcl<br />
dΩ<br />
2 1 �r<br />
· 2 . (<strong>II</strong>I.5.14)<br />
r2 r<br />
= ω2<br />
8π 2 ε0c 3 |�j� k,cl | 2 ; (<strong>II</strong>I.5.15)<br />
wenn nur die Polarisation �eλ berücksichtigt wird, ist |�j� k,cl | 2 durch |�j� k,cl · �e ∗ λ |2 zu ersetzen.<br />
Vergleicht man das mit dem entsprechenden Ausdruck für spontane Emission, wird deutlich,<br />
dass dort das Matrixelement e 〈i|�j� k · �e ∗ λ |f〉 die gleiche Rolle spielt wie �j� k,cl · �e ∗ λ in <strong>der</strong><br />
klassichen <strong>Theorie</strong>.<br />
Der ” emittierende“ Zustand |f〉 <strong>der</strong> <strong>Materie</strong> sei nun ein Impulseigenzustand mit Impuls<br />
��qf. Gesucht wird die Übergangsrate für einen Impulszustand |i〉 mit Impuls ��qi. Aufgrund<br />
<strong>der</strong> Impulserhaltung sollte das emittierende Photon den Impuls �(�qf − �qi) tragen. Ist die<br />
emittierende <strong>Materie</strong> lediglich ein einzelnes Teilchen mit Ladung e, so erhält man mit<br />
Gleichung <strong>II</strong>I.2.2<br />
�<br />
�j� k =<br />
d 3 r e −i� k·�r �j(�r) = 1<br />
2<br />
Das liefert das Matrixelement<br />
�<br />
〈�qi|�j� k |�qf〉 = d 3 r e−i�qi·�r<br />
�<br />
�<br />
√<br />
V<br />
=<br />
�<br />
2im (i�qi + i�qf) 1<br />
V<br />
�<br />
�p<br />
m e−i� k·�r −i<br />
+ e �k·�r �p<br />
�<br />
m<br />
2im � ∇e −i� k·�r + e −i � k·�r �<br />
�<br />
d 3 r e i(�qf −�qi− � k)·�r<br />
. (<strong>II</strong>I.5.16)<br />
2im � � i�qf ·�r e<br />
∇ √<br />
V<br />
= �<br />
2m (�qi − �qf) δ�k, , (<strong>II</strong>I.5.17)<br />
�qf −�qi<br />
wobei das erste � ∇-Symbol ” nach links“ und das zweite ” nach rechts“ angewandt wurde.<br />
Allerdings kann ein freies Teilchen nicht gleichzeitig die Impulsbilanz<br />
� � k = ��qf − ��qi<br />
(<strong>II</strong>I.5.18)
<strong>II</strong>I.5 Berechnung spontaner Emissionsraten 96<br />
und die Energiebilanz<br />
�ck = �2<br />
2m<br />
� 2<br />
�q f − �q 2�<br />
i<br />
(<strong>II</strong>I.5.19)<br />
erfüllen, d.h. ein freies (unbeschleunigtes) Teilchen kann nicht strahlen. Trotzdem muss<br />
<strong>der</strong> Wellenvektor des abgestrahlten Photons immer <strong>der</strong> Beziehung � k = �qf − �qi gehorchen:<br />
Bekanntlich gilt für einen Verschiebevektor �a die Beziehung (siehe <strong>Quantenmechanik</strong> I,<br />
Aufgabe 17)<br />
e i<br />
� �pj·�a<br />
i<br />
−<br />
�rj e � �pj·�a<br />
= �rj + �a . (<strong>II</strong>I.5.20)<br />
Ist also � P = �<br />
j �pj <strong>der</strong> Operator des Gesamtimpulses eines Vielteilchensystems, hat man<br />
auch<br />
e i<br />
� � i<br />
P ·�a −<br />
�rj e � � P ·�a<br />
= �rj + �a (<strong>II</strong>I.5.21)<br />
bzw. allgemeiner<br />
e i<br />
� � i<br />
P ·�a −<br />
f(�r1, . . . , �rN; �p1, . . . , �pN) e � � P ·�a<br />
= f(�r1 + �a, . . . , �rN + �a; �p1, . . . , �pN) . (<strong>II</strong>I.5.22)<br />
Insbeson<strong>der</strong>e bedeutet das für den Operator <strong>der</strong> Stromdichte<br />
o<strong>der</strong><br />
e i<br />
� � i<br />
P ·�a�j(�r)<br />
−<br />
e � � P ·�a 1<br />
=<br />
2<br />
N�<br />
j=1<br />
�<br />
�pj<br />
m δ(�r − �rj − �a) + δ(�r − �rj − �a) �pj<br />
�<br />
m<br />
= �j(�r − a) (<strong>II</strong>I.5.23)<br />
i<br />
�j(�r)<br />
−<br />
= e � � P ·�r �j(�r = �0) e i<br />
� � P ·�r<br />
. (<strong>II</strong>I.5.24)<br />
(Hier ist natürlich �r kein Operator, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Punkt, an dem <strong>der</strong> Strom betrachtet<br />
wird.) Also gilt auch<br />
�<br />
〈i|�j� k |f〉 =<br />
d 3 r e −i� k·�r 〈i|e − i<br />
� � P ·�r �j(�0) e i<br />
� � P ·�r |f〉 . (<strong>II</strong>I.5.25)<br />
Sind nun |i〉 und |f〉 Eigenzustände des Gesamtimpulses mit Eigenwerten ��qi und ��qf, so<br />
erhält man daraus<br />
�<br />
〈i|�j� k |f〉 =<br />
. (<strong>II</strong>I.5.26)<br />
d 3 r e −i� k·�r 〈i|e −i�qi·�r �j(�0) e i�qf ·�r |f〉 = 〈i|�j(�0)|f〉 V δ� k, �qf −�qi<br />
Wird also ein System in einem Impulseigenzustand präpariert und nach einer spontanen<br />
Emission in einem an<strong>der</strong>en Impulseigenzustand beobachtet, liegt die Richtung des<br />
Photons fest: Hat <strong>der</strong> Anfangszustand den Impuls ��qf, so ist <strong>der</strong> Endzustand eine Superposition<br />
aller Zustände mit einem ” <strong>Materie</strong>“-Impuls ��qi und einem Photonenimpuls
<strong>II</strong>I.5 Berechnung spontaner Emissionsraten 97<br />
�(�qf − �qi). Messung <strong>von</strong> einem <strong>der</strong> beiden Impulse determiniert also den an<strong>der</strong>en.<br />
Es soll jetzt die <strong>von</strong> einem angeregten Atom ausgesandte Strahlung betrachtet werden. Die<br />
Wellenlängen des emittierten Lichtes sind meist deutlich größer als die Ausdehnung <strong>der</strong><br />
elektrischen Ladungswolke. Also ist es sinnvoll, bei <strong>der</strong> Berechnung des Matrixelementes<br />
�<br />
〈i|�j� k |f〉 = d 3 r e −i�k·�r 〈i|�j(�r)|f〉 (<strong>II</strong>I.5.27)<br />
die Exponentialfunktion um den Ort �r0 des Kerns zu entwickeln. Der Einfachheit halber<br />
sei �r0 = �0. Dann hat man<br />
�<br />
〈i|�j� k |f〉 = d 3 r (1 − i�k · �r + . . .) 〈i|�j(�r)|f〉<br />
�<br />
= 〈i|�j0|f〉 − i 〈i| d 3 r ( �k · �r)�j(�r)|f〉 + . . . . (<strong>II</strong>I.5.28)<br />
Nun gilt nach Definition des Stromdichteoperators<br />
�j0 = � P<br />
m<br />
= 1<br />
i� [ � R, H0] , (<strong>II</strong>I.5.29)<br />
wobei � P <strong>der</strong> Operator des Gesamtimpulses ist und<br />
�R =<br />
N�<br />
�ri . (<strong>II</strong>I.5.30)<br />
i=1<br />
H0 ist <strong>der</strong> Hamilton-Operator des Atoms (ohne Strahlungsfeld). Die Beschränkung auf den<br />
führenden Term 〈i|�j0|f〉 des Strommatrixelementes wird als Dipolnäherung bezeichnet.<br />
Man hat<br />
wobei<br />
〈i|�j0|f〉 = 1<br />
i� 〈i| � RH0 − H0 � R|f〉 = 1<br />
i� (Ef − Ei) 〈i| � R|f〉 = −iωif � dif , (<strong>II</strong>I.5.31)<br />
�dif = 〈i| � R|f〉 (<strong>II</strong>I.5.32)<br />
als Dipolmatrixelement bezeichnet wird. Die Übergänge, die durch dieses Matrixelement<br />
beschrieben werden, heißen elektrische Dipolübergänge. In <strong>der</strong> Dipolnäherung erhält man<br />
also für die spontan emittierte Leistung nach Gleichung <strong>II</strong>I.5.3 bei gegebener Polarisation<br />
dP<br />
dΩ = ω4 if e2<br />
8π2c3 |<br />
ε0<br />
� dif · �ε ∗ λ | 2 , (<strong>II</strong>I.5.33)<br />
wobei wie<strong>der</strong> �ελ einen Polarisationsvektor bezeichnet. Die beiden Zustände |f〉 und |i〉<br />
sollen nun die Eigenzustände |ℓ m〉 und |ℓ ′ k ′ 〉 des Quadrats und <strong>der</strong> z-Komponente des<br />
Gesamtdrehimpulses<br />
�L =<br />
N�<br />
�ri × �pi<br />
i=1<br />
(<strong>II</strong>I.5.34)
<strong>II</strong>I.5 Berechnung spontaner Emissionsraten 98<br />
sein. Dann ist [Lz, Rz] = 0, also auch<br />
〈ℓ ′ m ′ |[Lz, Rz]|ℓ m〉 = �(m ′ − m)〈ℓ ′ m ′ |Rz|ℓ m〉 = 0 . (<strong>II</strong>I.5.35)<br />
Damit hat man für einen Dipolübergang |ℓ m〉 → |ℓ ′ m ′ 〉 die Auswahlregel<br />
〈ℓ ′ m ′ |Rz|ℓ m〉 = 0 für m �= m ′ . (<strong>II</strong>I.5.36)<br />
Weiterhin ist [Lz, Rx] = i�Ry und [Lz, Ry] = −i�Rx, daher ergibt sich ebenso<br />
〈ℓ ′ m ′ |[Lz, Rx]|ℓ m〉 = �(m ′ − m)〈ℓ ′ m ′ |Rx|ℓ m〉 = i�〈ℓ ′ m ′ |Ry|ℓ m〉 und<br />
〈ℓ ′ m ′ |[Lz, Ry]|ℓ m〉 = �(m ′ − m)〈ℓ ′ m ′ |Ry|ℓ m〉 = −i�〈ℓ ′ m ′ |Rx|ℓ m〉 . (<strong>II</strong>I.5.37)<br />
Daraus folgt<br />
(m ′ − m)〈ℓ ′ m ′ |Rx|ℓ m〉 = i〈ℓ ′ m ′ |Ry|ℓ m〉 = 1<br />
m ′ −m 〈ℓ′ m ′ |Ry|ℓ m〉 o<strong>der</strong><br />
(m ′ − m) 2 〈ℓ ′ m ′ |Rx|ℓ m〉 = 〈ℓ ′ m ′ |Rx|ℓ m〉 . (<strong>II</strong>I.5.38)<br />
Damit hat man die weiteren Auswahlregeln<br />
〈ℓ ′ m ′ |Rx|ℓ m〉 = 0 für m ′ �= m ± 1 und<br />
〈ℓ ′ m ′ |Ry|ℓ m〉 = 0 für m ′ �= m ± 1 . (<strong>II</strong>I.5.39)<br />
Elektrische Dipolübergänge sind daher nur möglich für m ′ = m o<strong>der</strong> m ′ = m ± 1:<br />
(i) Fall m = m ′ , zeigt das Dipolmoment � d in z-Richtung. Der Polarisationsvektor �ελ<br />
des in � k-Richtung emittierten Lichtes ist orthogonal zum Wellenvektor � k. Wegen<br />
dP<br />
dΩ ∼ |� d·�ελ| 2 liegt �ελ in <strong>der</strong> <strong>von</strong> � k und � d aufgespannten Ebene, zeigt also in Richtung<br />
des zu � k senkrechten Anteils � d⊥ <strong>von</strong> � d (siehe Abbildung <strong>II</strong>I.1):<br />
�d⊥ = � d − � d · � k<br />
k 2 � k . (<strong>II</strong>I.5.40)<br />
¥<br />
¨<br />
¡£¢<br />
¥§¦<br />
Abbildung <strong>II</strong>I.1: Lage <strong>der</strong> Vektoren für den Fall m = m ′<br />
Das Photon ist also in <strong>der</strong> durch � d und � k aufgespannten Ebene linear polarisiert.<br />
Die Emissionsrate ist proportional zu | � d⊥| 2 und damit zu sin 2 ϑ.<br />
¤
<strong>II</strong>I.5 Berechnung spontaner Emissionsraten 99<br />
(ii) Falls m ′ = m − 1, liegt <strong>der</strong> Vektor � d des Dipolmatrixelementes in <strong>der</strong> xy-Ebene.<br />
Wegen 〈ℓ ′ m ′ |Ry|ℓ m〉 = i〈ℓ ′ m ′ |Rx|ℓ m〉 hat man<br />
⎛ ⎞<br />
1<br />
�d ∼ ⎝i⎠<br />
. (<strong>II</strong>I.5.41)<br />
0<br />
Für die entlang <strong>der</strong> positiven z-Achse ausgesandte Strahlung mit m ′ = m − 1 gilt<br />
�d⊥ = � d. Wegen<br />
Re e i(� ⎛ ⎞<br />
1<br />
k�r−ωt) ⎝i⎠<br />
0<br />
=<br />
⎛<br />
exp(i(<br />
Re ⎝<br />
�k�r − ωt))<br />
exp(i( �k�r − ωt + π<br />
2 ))<br />
⎞<br />
⎠<br />
0<br />
⎛<br />
cos(<br />
= ⎝<br />
�k�r − ωt)<br />
− sin( � ⎞<br />
k�r − ωt) ⎠<br />
0<br />
(<strong>II</strong>I.5.42)<br />
ist dieses Licht rechtszirkular polarisiert (d.h. es besitzt positive Helizität). Für alle<br />
an<strong>der</strong>en � k-Richtungen erhält man elliptische Polarisation.<br />
(iii) Für m ′ = m + 1 findet man auf die gleiche Weise<br />
⎛ ⎞<br />
1<br />
�d ∼ ⎝−i⎠<br />
(<strong>II</strong>I.5.43)<br />
0<br />
und daher linkszirkular polarisiertes Licht entlang <strong>der</strong> positiven z-Achse, sowie elliptisch<br />
polarisiertes Licht für die an<strong>der</strong>en Richtungen.<br />
Schließlich soll die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Drehimpulsquantenzahl ℓ bei einem Dipolübergang ermittelt<br />
werden. Dazu betrachte<br />
[ � L 2 , Rk] = �<br />
[L 2 j, Rk]<br />
j<br />
= �<br />
j<br />
�<br />
�<br />
Lj[Lj, Rk] + [Lj, Rk]Lj<br />
= i� εjkl(LjRl + RlLj) , (<strong>II</strong>I.5.44)<br />
wobei die Einsteinsche Summenkonvention benutzt wurde. Daraus folgt dann<br />
[ � L 2 , [ � L 2 , Rk]] = � � �<br />
2<br />
i� εjkl L − m , LjRl + RlLj<br />
m<br />
= i� εjkl<br />
= −� 2 εjkl<br />
� �<br />
Lm[Lm, LjRl + RlLj] + [Lm, LjRl + RlLj]Lm<br />
�<br />
LmLjεmlnRn + LmεmjnLnRl + LmRlεmjnLn + LmεmlnRnLj<br />
+LjεmlnRnLm + εmjnLnRlLm + RlεmjnLnLm + εmlnRnLjLm<br />
�<br />
.<br />
(<strong>II</strong>I.5.45)
<strong>II</strong>I.5 Berechnung spontaner Emissionsraten 100<br />
Nun ist<br />
εjklεmln = εjklεnml = δjnδkm − δjmδkn ,<br />
εjklεmjn = εjklεjnm = δknδlm − δkmδln . (<strong>II</strong>I.5.46)<br />
Der Kommutator [ � L2 , [ � L2 , Rk]] führt daher zunächst auf<br />
−� 2� �� �<br />
δjnδkm − δjmδkn LmLjRn + LmRnLj + LjRnLm + RnLjLm<br />
−� 2� �� �<br />
δknδlm − δkmδln LmLnRl + LmRlLn + LnRlLm + RlLnLm<br />
= −� 2� LkLjRj − � L 2 Rk + LkRjLj − LjRkLj + LjRjLk − LjRkLj + RjLjLk − Rk � L 2<br />
+LmLkRm − LkLmRm + LmRmLk − LkRmLm<br />
�<br />
+LkRmLm − LmRmLk + RmLkLm − RmLmLk . (<strong>II</strong>I.5.47)<br />
Hier heben sich nun einige Terme gegeneinan<strong>der</strong> weg. Mit � L · � R = LmRm = 0 bleibt noch<br />
−� 2� −2� L 2 Rk+i� εjklLjRl−2Rk � L 2 �<br />
−i� εjklRlLj+i� εkmlLmRl+i� εkmlRmLl . (<strong>II</strong>I.5.48)<br />
Wegen <strong>der</strong> Antisymmetrie des ε-Tensors heben sich die Terme, die zu εjkl proportional<br />
sind, weg. Man hat also<br />
[ � L 2 , [ � L 2 , Rk]] = 2� 2 ( � L 2 Rn + Rk � L 2 ) bzw<br />
[ � L 2 , [ � L 2 , � R]] = 2� 2 ( � L 2 � R + � R � L 2 ) . (<strong>II</strong>I.5.49)<br />
Bildet man die Matrixelemente dieser Operatorgleichung mit Drehimpulseigenfunktionen,<br />
ergibt sich<br />
� ℓ ′ (ℓ ′ + 1) − ℓ(ℓ + 1) � 2 〈ℓ ′ m ′ | � R|ℓ m〉 = 2 � ℓ ′ (ℓ ′ + 1) + ℓ(ℓ + 1) � 〈ℓ ′ m ′ | � R|ℓ m〉 (<strong>II</strong>I.5.50)<br />
und daraus nach kurzer Zwischenrechnung<br />
(ℓ + ℓ ′ )(ℓ + ℓ ′ + 2)((ℓ − ℓ ′ ) 2 − 1)〈ℓ ′ m ′ | � R|ℓ m〉 = 0 . (<strong>II</strong>I.5.51)<br />
Da ℓ und ℓ ′ nicht negativ sind, können nichtverschwindende Dipolmatrixelemente daher<br />
nur auftreten, falls ℓ = ℓ ′ = 0 o<strong>der</strong> ℓ ′ = ℓ ± 1 . Im ersten Fall ist allerdings 〈0 0| � R|0 0〉 = �0,<br />
da <strong>der</strong> Dipoloperator nur Zustände verschiedener Parität verbindet. Die Dipolauswahlregel<br />
für die Drehimpulsquantenzahl lautet daher<br />
ℓ ′ = ℓ ± 1 . (<strong>II</strong>I.5.52)<br />
Da <strong>der</strong> Gesamtdrehimpuls erhalten ist, muss <strong>der</strong> bei einer spontanen Emission vom<br />
Atom ” verlorene“ Drehimpuls vom Photon aufgenommen werden. Die Dipolauswahlregeln<br />
∆ℓ = ±1, ∆m = 0, ±1 zeigen daher, dass das Photon den Spin 1 besitzt. Die Überlegungen<br />
zur Polarisation des emittierten Lichtes (rechtszirkular polarisiertes Licht entlang<br />
er positiven z-Achse für ∆m = −1) zeigen weiter, dass ein rechtszirkular polarisiertes<br />
Photon den Drehimpuls +� in Bewegungsrichtung trägt, ein linkszirkular polarisiertes
<strong>II</strong>I.5 Berechnung spontaner Emissionsraten 101<br />
den Drehimpuls −�.<br />
Die Berechnung <strong>der</strong> Übergangsrate für einen Dipolübergang folgt nun genau den vorherigen<br />
Überlegungen. Die Rate, die mit <strong>der</strong> Emission eines Photons <strong>der</strong> Polarisation λ in<br />
das Raumwinkelelement dΩ verbunden ist, lautet<br />
dR = �<br />
� k in dΩ<br />
(sp. em.)<br />
Γ<br />
f→i, �kλ � 2 ω dω<br />
= dΩ<br />
(2πc) 3<br />
ωife 2<br />
= dΩ<br />
8π2�c3ε0 πe 2<br />
ε0ω δ(Ef − Ei − �ω) |〈i|�j� k · �ελ ∗ |f〉| 2<br />
In <strong>der</strong> Dipolentwicklung (〈i|�j� k |f〉 ≈ −iωif � dif) also<br />
ωife 2<br />
dR = dΩ<br />
8π2�c3ε0 ωife 2<br />
|〈i|�j� k · �ελ ∗ |f〉| 2 . (<strong>II</strong>I.5.53)<br />
| � dif · �ελ ∗ | 2<br />
= dΩ<br />
8π2�c3 |<br />
ε0<br />
� dif| 2 cos 2 ϑλ , (<strong>II</strong>I.5.54)<br />
wobei ϑλ den <strong>von</strong> � dif und �ελ ∗ eingeschlossenen Winkel bezeichnet (siehe Abbildung <strong>II</strong>I.2).<br />
Bezeichnen θ und φ die üblichen Polarwinkel <strong>von</strong> � dif in dem <strong>von</strong> � k, �ε1 und �ε2 gebildeten<br />
(orientierten) Dreibein, so ist<br />
cos ϑ1 = sin θ cos φ und cos ϑ2 = sin θ sin φ . (<strong>II</strong>I.5.55)<br />
¡¥¤<br />
¨ ¤<br />
§<br />
Abbildung <strong>II</strong>I.2: Lage des Vektors � dif im <strong>von</strong> � k, �ε1 und �ε2 gebildeten Dreibein<br />
Summation über beide Polarisationsrichtungen und Integration über alle Richtungen des<br />
emittierten Photons ergibt daher den Faktor<br />
�<br />
dΩ (cos 2 ϑ1 + cos 2 � π<br />
ϑ2) = 2π dθ sin 3 � π<br />
θ = 2π dθ (1 − cos 2 θ) sin θ<br />
0<br />
©<br />
¦<br />
¨ ¢<br />
�����<br />
0<br />
= 2π � − cos θ + 1<br />
3 cos3 θ �π 8π<br />
= . (<strong>II</strong>I.5.56)<br />
0 3<br />
¡£¢
<strong>II</strong>I.5 Berechnung spontaner Emissionsraten 102<br />
Daraus erhält man schließlich die Rate für den Übergang f → i:<br />
Rif = ω3 ife2 3π�c3 |<br />
ε0<br />
� dif| 2 . (<strong>II</strong>I.5.57)<br />
Die Summe <strong>der</strong> Raten für alle möglichen atomaren Endzustände |i〉 ergibt die inverse<br />
Lebensdauer τ −1 des angeregten Zustandes |f〉<br />
τ −1 = �<br />
Rif . (<strong>II</strong>I.5.58)<br />
i<br />
Betrachtet man z.B. ein Wasserstoffatom in einem angeregten Zustand mit <strong>der</strong> Hauptquantenzahl<br />
n = 2, so ist <strong>der</strong> Übergang 2s → 1s ” dipolverboten“ (d.h. <strong>der</strong> Zustand<br />
kann nicht durch den Dipoloperator, son<strong>der</strong>n erst durch höhere Terme in <strong>der</strong> Entwicklung<br />
des Strommatrixelementes vermittelt werden). Ein 2p-Zustand kann dagegen durch<br />
einen Dipolübergang ” zerfallen“. Aus Symmetriegründen reicht es, z.B. den Zerfall des<br />
2p-Zustandes mit m = 0 zu behandeln. Die benötigten Wasserstoffwellenfunktionen sind<br />
ψ100(�r) = 2 r<br />
e− a Y00(ϑ, ϕ)<br />
a3/2 ψ210(�r) = 1<br />
√ 3<br />
1<br />
(2a) 3/2<br />
mit den Kugelflächenfunktionen<br />
Da<br />
Y00(ϑ, ϕ) = 1<br />
√ 4π<br />
x = r sin ϑ cos ϕ<br />
y = r sin ϑ sin ϕ<br />
r r<br />
e− 2a Y10(ϑ, ϕ) (<strong>II</strong>I.5.59)<br />
a<br />
und Y10(ϑ, ϕ) =<br />
�<br />
3<br />
cos ϑ . (<strong>II</strong>I.5.60)<br />
4π<br />
z = r cos ϑ , (<strong>II</strong>I.5.61)<br />
erkennt man sofort, dass die x- und y-Komponenten des Dipolvektors verschwinden, wie<br />
es für einen Übergang mit ∆m = 0 sein muss. Für die z-Komponente findet man das<br />
Winkelintegral<br />
�<br />
√ � π<br />
3<br />
dΩ Y00(ϑ, ϕ) cos ϑ Y10(ϑ, ϕ) = 2π dϑ sin ϑ cos 2 ϑ<br />
=<br />
√ 3<br />
2<br />
= 1<br />
√ 3<br />
4π<br />
0<br />
�<br />
− 1<br />
3 cos3 �<br />
ϑ<br />
�π �<br />
���<br />
0<br />
(<strong>II</strong>I.5.62)
<strong>II</strong>I.5 Berechnung spontaner Emissionsraten 103<br />
und das Radialintegral<br />
� ∞<br />
dr r<br />
0<br />
2 R10(r) r R21(r) = a � ∞<br />
dr r<br />
√<br />
6 0<br />
2<br />
a3 =<br />
�<br />
r<br />
�2 3r<br />
−<br />
e 2a<br />
a<br />
a � ∞<br />
√ dx x<br />
6 0<br />
4 3<br />
−<br />
e 2 x<br />
= a � �5 2<br />
√ 4!<br />
6 3<br />
=<br />
28 √ a .<br />
6 · 34 (<strong>II</strong>I.5.63)<br />
Damit hat die z-Komponente des Dipolvektors den Wert<br />
dz = 28 256<br />
√ · a = √ · a ≈ 0, 75 a , (<strong>II</strong>I.5.64)<br />
2 · 35 2 · 243<br />
ist also <strong>von</strong> <strong>der</strong> Größenordnung des Bohrschen Radius a. Daraus erhält man in <strong>der</strong> Dipolnäherung<br />
für die inverse Lebensdauer eines 2p-Zustandes den Wert<br />
τ −1 = ω3 e 2 a 2<br />
3π�c 3 ε0<br />
2 15<br />
3 10 ≈ 0, 555 ω3 (ea) 2<br />
3π�c 3 ε0<br />
Damit folgt für die Lebensdauer<br />
τ ≈ 1, 595 · 10 −9 s , wobei ω = E2 − E1<br />
�<br />
. (<strong>II</strong>I.5.65)<br />
≈ 1, 55 · 10 16 s −1<br />
(<strong>II</strong>I.5.66)<br />
benutzt wurde. ” Übergänge höherer Ordnung“, die in <strong>der</strong> Dipolnäherung vernachlässigt<br />
wurden, liefern Korrekturen <strong>der</strong> Ordnung O( a<br />
λ ) ≈ 10−2 zur Übergangsamplitude. Da die<br />
endliche Lebensdauer eines angeregten Atoms eine Konsequenz <strong>der</strong> Wechselwirkung mit<br />
dem Vakuum des quantisierten Strahlungsfeldes ist, liefern Präzisionsmessungen <strong>der</strong> Lebensdauer<br />
eine wichtige Möglichkeit zur Prüfung <strong>der</strong> <strong>Theorie</strong>.<br />
Wenn ein Übergang (wie <strong>der</strong> Übergang 2s → 1s im Wasserstoffatom) dipolverboten“ ist,<br />
”<br />
kann er immer noch durch die höheren Terme <strong>der</strong> Entwicklung des Strommatrixelementes<br />
ermöglicht werden: Gemäß Gleichung <strong>II</strong>I.5.28 und <strong>II</strong>I.5.31 ist<br />
〈i|�j� k · �ε ∗ λ |f〉 = −iωif 〈i| � �<br />
R|f〉 − i 〈i| d 3 � � �<br />
r �k · �r �j(�r) · �ε ∗ �<br />
λ |f〉 . (<strong>II</strong>I.5.67)<br />
Um das zweite Matrixelement zu interpretieren, schreibe zunächst<br />
�<br />
�<br />
( � k · �r)(�j · �ε ∗ λ ) = 1<br />
2<br />
+ 1<br />
�<br />
2<br />
( � k · �r)(�j · �ε ∗ λ ) − (�ε ∗ λ · �r)(�j · � k)<br />
( � k · �r)(�j · �ε ∗ λ ) + (�ε ∗ λ · �r)(�j · � k)<br />
= 5 1<br />
2 (�k × �ε ∗ λ )(�r × �j) + 1<br />
2<br />
�<br />
�<br />
ε ∗ λαkβ(jαrβ + rαjβ) . (<strong>II</strong>I.5.68)<br />
α,β
<strong>II</strong>I.5 Berechnung spontaner Emissionsraten 104<br />
Mit <strong>der</strong> Definition des Stromdichteoperators<br />
�j(�r) = 1<br />
2<br />
N�<br />
j=1<br />
�<br />
�pj<br />
m δ(�r − �rj) + δ(�r − �rj) �pj<br />
�<br />
m<br />
führt <strong>der</strong> erste Term dieser Zerlegung auf<br />
�<br />
d 3 r �r × �j(�r) = 1<br />
2m<br />
N�<br />
j=1<br />
und damit auf das Matrixelement<br />
(−�pj × �rj + �rj × �pj) = 1<br />
m<br />
N�<br />
j=1<br />
(<strong>II</strong>I.5.69)<br />
�rj × �pj = 1<br />
m � L (<strong>II</strong>I.5.70)<br />
1<br />
2m (� k × �ε ∗ λ )〈i| � L|f〉 . (<strong>II</strong>I.5.71)<br />
Da �mBahn = e<br />
2m � L den Operator des magnetischen Momentes bezeichnet, werden Übergänge,<br />
die durch dieses Matrixelement beschrieben werden, als magnetische Dipolübergänge<br />
bezeichnet. Während elektrische Dipolmatrixelemente normalerweise <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ordnung ωa<br />
4πε0�2 sind (a = me2 Ordnung �k<br />
m<br />
�k<br />
mωa<br />
ist <strong>der</strong> Bohrsche Radius), sind magnetische Dipolmatrixelemente <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />
. Das Verhältnis<br />
= �k<br />
mω<br />
me2 1<br />
=<br />
4πε0�2 4πε0<br />
e 2<br />
�c<br />
= α (<strong>II</strong>I.5.72)<br />
zeigt an, dass magnetische Dipolübergangsamplituden üblicherweise um zwei Größenordnungen<br />
gegenüber den elektrischen unterdrückt sind.<br />
Der zweite Term in <strong>der</strong> Zerlegung in Gleichung <strong>II</strong>I.5.68 führt auf<br />
�<br />
d 3 r (jαrβ + rαjβ) = 1<br />
2m<br />
Nun ist weiterhin<br />
N�<br />
j=1<br />
(pjα rjβ + rjβ pjα + rjα pjβ + pjβ rjα) . (<strong>II</strong>I.5.73)<br />
[rjα rjβ, H0] = 1 �<br />
rjα[rjβ, �p<br />
2m<br />
2 ] + [rjα, �p 2 � i�<br />
]rjβ =<br />
m (rjα pjβ + pjα rjβ) , (<strong>II</strong>I.5.74)<br />
also findet man schließlich<br />
�<br />
〈i| d 3 r (jαrβ + rαjβ)|f〉 = 1<br />
i� (Ef<br />
N�<br />
− Ei) 〈i| rjα rjβ|f〉 (<strong>II</strong>I.5.75)<br />
und damit<br />
1<br />
2<br />
�<br />
α,β<br />
ε ∗ �<br />
λα kβ 〈i|<br />
j=1<br />
d 3 r (jαrβ + rαjβ)|f〉 = −i ωif<br />
2 〈i|<br />
N�<br />
j=1<br />
( � k · �rj)(�ε ∗ λ · �rj)|f〉 . (<strong>II</strong>I.5.76)<br />
5 Benutze hier (�a × � b)(�c × � d) = εijk ajbk εilm cldm = (δjlδkm − δjmδkl)ajbkcldm = albmcldm − amblcldm.
<strong>II</strong>I.6 Aus <strong>der</strong> Lasertheorie: Ratengleichungen 105<br />
Da <strong>der</strong> Operator e � N<br />
j=1 rjα rjβ die elektrischen Quadrupolmomente liefert, heißen die<br />
Übergänge, die diesem Matrixelement entsprechen, elektrische Quadrupolübergänge. Ihre<br />
Amplituden sind offensichtlich um den Faktor ka = O(10 −2 ) gegenüber denen <strong>der</strong> elektrischen<br />
Dipolübergänge unterdrückt.<br />
Falls das gesamte Matrixelement 〈i|�j� k |f〉 (in allen Ordnungen <strong>der</strong> Entwicklung <strong>von</strong> �j� k )<br />
verschwindet, heißt <strong>der</strong> Übergang f → i ” streng verboten“. Er kann dann jedoch immer<br />
noch in höheren Ordnungen <strong>der</strong> Störungstheorie auftauchen. Solche Prozesse höherer<br />
Ordnung sind mit <strong>der</strong> Emission o<strong>der</strong> Absorption <strong>von</strong> mehreren Photonen verbunden und<br />
werden daher als Multiphotonenprozesse bezeichnet. Sie können insbeson<strong>der</strong>e in starken<br />
Laserfel<strong>der</strong>n eine große Rolle spielen.<br />
<strong>II</strong>I.6 Aus <strong>der</strong> Lasertheorie: Ratengleichungen<br />
Ein Laser ist eine Vorrichtung, in dem die stimulierte Emission zur Lichtverstärkung<br />
ausgenutzt wird. Ein einfaches Modell für das ” aktive“ (lichtverstärkende) Medium erhält<br />
man, wenn man ” Drei-Niveau-Atome“ mit den in Abbildung <strong>II</strong>I.3 dargestellten Übergängen<br />
betrachtet:<br />
����� �����<br />
¡£¢¥¤§¦©¨��<br />
Abbildung <strong>II</strong>I.3: Übergänge beim ” Drei-Niveau-Atom“<br />
Der ” lasende Übergang“ ist hier <strong>der</strong> Übergang |1〉 ↔ |2〉. Das Niveau |2〉 wird vom Niveau<br />
|3〉 aus durch ” optisches Pumpen“ besetzt. Die Wahrscheinlichkeit je Atom und Zeit für<br />
einen solchen Übergang |3〉 → |2〉 sei r. Die Zustände |2〉 und |1〉 zerfallen spontan mit<br />
den Raten 2γ2 bzw. 2γ1 in den Grundzustand |3〉. (Der Faktor 2 entspricht den beiden<br />
Polarisationsrichtungen <strong>der</strong> emittierten Photonen.)<br />
Die Atome befinden sich in einem optischen Resonator mit dem Volumen V . Für einen<br />
” single mode“-Laser ist nur die Wechselwirkung <strong>der</strong> Atome mit den Photonen in einer<br />
einzigen Resonatormode <strong>der</strong> Frequenz ω0 = (E2 − E1)/� ausschlaggebend. Bezeichnet<br />
n die Anzahl <strong>der</strong> Photonen in dieser Mode, so hat man für ein einzelnes Atom gemäß<br />
Gleichung <strong>II</strong>I.2.14 zunächst die Aborptionsrate<br />
Γ (abs) = 2π<br />
� δ(E2 − E1 − �ω) �e2<br />
2ε0ωV |〈2|�j − � k · �ε |1〉| 2 · n<br />
= πe2 ω0<br />
�ε0V δ(ω − ω0) | � d| 2 cos 2 ϑ · n , (<strong>II</strong>I.6.1)<br />
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� � �<br />
� ¨ �<br />
� ���
<strong>II</strong>I.6 Aus <strong>der</strong> Lasertheorie: Ratengleichungen 106<br />
wobei die Dipolnäherung |〈2|�j − � k ·�ε |1〉| 2 = ω 2 0| � d·�ε | 2 benutzt wurde und ϑ den Winkel zwischen<br />
� d und dem Polarisationsvektor �ε bezeichnet. Da die Dipolmomente <strong>der</strong> laseraktiven<br />
Atome zufällig orientiert sind, muss über alle Orientierungen gemittelt werden<br />
cos2 ϑ = 1<br />
� 2π<br />
dϕ<br />
4π 0<br />
� π<br />
0<br />
dϑ sin ϑ cos 2 ϑ = 1 1<br />
·<br />
2 3 cos3 �<br />
�<br />
ϑ<br />
� π<br />
0<br />
= 1<br />
3<br />
. (<strong>II</strong>I.6.2)<br />
Die endliche Lebensdauer <strong>der</strong> angeregten Niveaus aufgrund <strong>der</strong> Zerfälle nach |3〉 führt<br />
zu einer ” Linienverbreiterung“. Diese wird dadurch berücksichtigt, dass man die scharfe<br />
δ-Funktion durch eine verschmierte Funktion mit <strong>der</strong> Breite γ = γ1 + γ2 ersetzt<br />
δ(ω − ω0) →<br />
γ/π<br />
(ω − ω0) 2 + γ 2 mit γ = γ1 + γ2 . (<strong>II</strong>I.6.3)<br />
Man hat also für den Übergang |1〉 ↔ |2〉 bei gegebener Polarisation insgesamt<br />
Γ (abs) =<br />
e2ω0 | � d| 2<br />
· n . (<strong>II</strong>I.6.4)<br />
3ε0�V (γ1 + γ2)<br />
Die beim Zerfall |2〉 → |1〉 spontan emittierten Photonen werden in alle Raumrichtungen<br />
ausgesandt, besetzen also nicht unbedingt die Lasermode. Dem entspricht die Verlustrate<br />
(vgl. Gleichung <strong>II</strong>I.5.57)<br />
γ21 = e2ω3 0 | � d| 2<br />
. (<strong>II</strong>I.6.5)<br />
6πε0�c3 Daher findet man schließlich<br />
Γ (abs) = 2πc3<br />
V ω 2 0<br />
γ21<br />
γ1 + γ2<br />
Ebenso erhält man für die Emission in die Lasermode<br />
· n ≡ G · n . (<strong>II</strong>I.6.6)<br />
Γ (em) = G(n + 1) . (<strong>II</strong>I.6.7)<br />
Damit Laseraktivität einsetzen kann, muss <strong>der</strong> spontane Zerfall |2〉 → |1〉 langsamer<br />
erfolgen als <strong>der</strong> Übergang |1〉 → |3〉, also<br />
γ12 < γ1 . (<strong>II</strong>I.6.8)<br />
Die Laserschwelle wird erreicht, wenn die Produktionsrate für Photonen in <strong>der</strong> Lasermode<br />
genau die Resonatorverlustrate (Auskopplungsrate) C ausgleicht. Solange die Zahl n <strong>der</strong><br />
Photonen in <strong>der</strong> Lasermode noch klein ist, zerfällt das Niveau |2〉 hauptsächlich spontan<br />
nach |3〉 mit <strong>der</strong> Rate 2γ2. Die mittlere Zahl <strong>der</strong> Atome im Zustand |2〉, bezeichnet als<br />
N2, ist im Gleichgewicht <strong>von</strong> Pumpen und Zerfall unterhalb <strong>der</strong> Schwelle gegeben durch<br />
N2 · 2γ2 = Nr , (<strong>II</strong>I.6.9)
<strong>II</strong>I.6 Aus <strong>der</strong> Lasertheorie: Ratengleichungen 107<br />
wobei N die Gesamtzahl <strong>der</strong> Atome angibt. Die Produktionsrate für Laserphotonen, bedingt<br />
durch den spontanen Zerfall |2〉 → |1〉, ist daher<br />
N2 G =<br />
Nr G<br />
2γ2<br />
≡ α . (<strong>II</strong>I.6.10)<br />
An <strong>der</strong> Laserschwelle ist dieser Parameter α gleich <strong>der</strong> Verlustrate, d.h.<br />
α = C . (<strong>II</strong>I.6.11)<br />
Zur Abschätzung sollen einige typische Größenordnungen herangezogen werden:<br />
Zerfallskonstanten 2γ ≈ 3 · 10 7 s −1<br />
Teilchenzahlen N ≈ 2 · 10 20<br />
Volumina V ≈ 2 · 10 −5 m 3<br />
Frequenzen ω0 ≈ 4 · 10 15 s −1 .<br />
Damit erhält man<br />
G ≈ 2πc3<br />
V ω 2 0<br />
≈ 0, 5 s −1 . (<strong>II</strong>I.6.12)<br />
Typische Resonatorverlustraten sind C ≈ 10 6 s −1 , d.h. ein Resonator <strong>der</strong> Länge 20 cm wird<br />
ca. 1500 mal durchlaufen, bevor ein Photon nach außen gelangt. An <strong>der</strong> Laserschwelle hat<br />
man daher die Pumprate<br />
also<br />
Nr = 2γ2<br />
C<br />
G ≈ 6 · 1013 s −1 , (<strong>II</strong>I.6.13)<br />
r ≈ 3 · 10 −7 s −1 . (<strong>II</strong>I.6.14)<br />
Es ist nun entscheidend wichtig, dass die atomare Dynamik ” schnell“ ist im Vergleich zu<br />
<strong>der</strong> <strong>der</strong> Photonen, da ja γ ≫ C. Daher können sich die atomaren Besetzungszahlen an<br />
das instantane Lichtfeld anpassen, so dass eine ” adiabatische Trennung <strong>der</strong> Zeitskalen“<br />
möglich wird.<br />
Schritt 1: Atomare Besetzungszahlen bei gegebener Photonenverteilung<br />
Sei R1 n die Wahrscheinlichkeit dafür, ein beliebiges Atom im Zustand |1〉 und n Photonen<br />
in <strong>der</strong> Lasermode zu finden. Sei weiter Pn die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten <strong>von</strong> n<br />
Laserphotonen. Dann ist R1 �<br />
n Pn die bedingte Wahrscheinlichkeit dafür, ein Atom in |1〉<br />
zu finden, wenn n Photonen vorhanden sind. Weiterhin gelten<br />
�<br />
n<br />
R 1 n = N1<br />
N<br />
(<strong>II</strong>I.6.15)
<strong>II</strong>I.6 Aus <strong>der</strong> Lasertheorie: Ratengleichungen 108<br />
und<br />
�<br />
n<br />
R 2 n = N2<br />
N<br />
. (<strong>II</strong>I.6.16)<br />
Betrachtet man alle Übergänge, an denen die Niveaus |2〉 und |1〉 beteiligt sind, erhält<br />
man folgende Ratengleichungen:<br />
dR 2 n<br />
dt<br />
= rPn+R 1 n+1G(n + 1) − R 2 nG(n + 1)−2γ2R 2 n<br />
dR1 n+1<br />
dt = −R1 n+1G(n + 1) + R 2 nG(n + 1)−2γ1R 1 n+1 . (<strong>II</strong>I.6.17)<br />
Auf Zeitskalen, die groß gegenüber den atomaren Lebensdauern, aber klein im Vergleich<br />
zur ” Lebensdauer“ <strong>der</strong> Photonen im Resonator sind, erreichen die atomaren Besetzungszahlen<br />
ein Gleichgewicht mit <strong>der</strong> quasistatischen Photonenverteilung:<br />
0 = rPn+R 1 n+1G(n + 1) − R 2 nG(n + 1)−2γ2R 2 n<br />
0 = −R 1 n+1G(n + 1) + R 2 nG(n + 1)−2γ1R 1 n+1 . (<strong>II</strong>I.6.18)<br />
Addition bei<strong>der</strong> Gleichungen liefert<br />
rPn = 2γ2R 2 n + 2γ1R 1 n . (<strong>II</strong>I.6.19)<br />
Summation über alle n ergibt wegen Gleichung <strong>II</strong>I.6.16<br />
N2 N1<br />
r = 2γ2 + 2γ1<br />
N N<br />
. (<strong>II</strong>I.6.20)<br />
Diese Gleichung ist klar: Im ” steady state“ werden genau so viele Atome aus |3〉 abgepumpt<br />
wie sie auch zurückfallen. Es können nun die Gleichgewichtswerte <strong>der</strong> Wahrschein-<br />
lichkeiten R 1 n+1 und R 2 n bestimmt werden. Man hat<br />
R 2 n<br />
R 1 n+1<br />
R 2 n<br />
�<br />
2γ1 + G(n + 1) � = R 2 nG(n + 1)<br />
�<br />
2γ2 + G(n + 1) � = R 2 n+1G(n + 1) + rPn . (<strong>II</strong>I.6.21)<br />
Multiplikation bei<strong>der</strong> Gleichungen ergibt<br />
�<br />
2γ1 +G(n+1) �� 2γ2 +G(n+1) � = R 2� �2 �<br />
n G(n+1) +rPn 2γ1 +G(n+1) � (<strong>II</strong>I.6.22)<br />
o<strong>der</strong><br />
R 2� n 4γ1γ2 + 2(γ1 + γ2)G(n + 1) � �<br />
= rPn 2γ1 + G(n + 1) � . (<strong>II</strong>I.6.23)<br />
Daraus folgen sofort die gesuchten Ausdrücke<br />
R 2 n = rPn<br />
�<br />
2γ1 + G(n + 1) �<br />
4γ1γ2 + 2(γ1 + γ2)G(n + 1)<br />
R 1 rPnG(n + 1)<br />
n+1=<br />
.<br />
4γ1γ2 + 2(γ1 + γ2)G(n + 1)<br />
(<strong>II</strong>I.6.24)
<strong>II</strong>I.6 Aus <strong>der</strong> Lasertheorie: Ratengleichungen 109<br />
Entscheidend ist die relative Größe <strong>der</strong> beiden Terme im Nenner. Der ” Umschlag“ geschieht<br />
bei einer Photonenzahl <strong>von</strong><br />
β =<br />
2γ1γ2<br />
, (<strong>II</strong>I.6.25)<br />
(γ1 + γ2)G<br />
unter typischen Bedingungen (2γ1 ≈ 2γ2 ≈ 3 · 10 7 s −1 , G ≈ 0, 5 s −1 ) erhält man für diese<br />
Photonenzahl<br />
β ≈ 3 · 10 7 . (<strong>II</strong>I.6.26)<br />
Es sind also zwei Fälle zu unterscheiden:<br />
(i) n ≪ β : R 2 n ≈ rPn<br />
2γ2<br />
R 1 n+1 ≈ rPnG(n + 1)<br />
4γ1γ2<br />
(ii) n ≫ β : R 2 n ≈ R 1 n+1 ≈<br />
Schritt 2: Bestimmung <strong>der</strong> Photonenverteilung<br />
≈ R2 nG(n + 1)<br />
2γ1<br />
rPn<br />
2(γ1 + γ2)<br />
Die Än<strong>der</strong>ung <strong>von</strong> Pn wird durch drei Prozesse bedingt:<br />
(<strong>II</strong>I.6.27)<br />
. (<strong>II</strong>I.6.28)<br />
(a) Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Photonenzahl <strong>von</strong> n nach n + 1:<br />
�<br />
dPn �<br />
�<br />
dt<br />
= N � R 1 n+1 − R 2� n G(n + 1) (<strong>II</strong>I.6.29)<br />
� n,n+1<br />
(b) Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Photonenzahl <strong>von</strong> n nach n − 1:<br />
�<br />
dPn �<br />
�<br />
dt<br />
= N � R 2 n−1 − R 1� n Gn (<strong>II</strong>I.6.30)<br />
� n,n−1<br />
(c) Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Photonenzahl aufgrund <strong>von</strong> Resonatorverlusten:<br />
�<br />
dPn �<br />
�<br />
dt<br />
= −CnPn + C(n + 1)Pn+1 . (<strong>II</strong>I.6.31)<br />
� loss<br />
Die Gesamtrate dPn<br />
dt ist die Summe dieser drei Beiträge.<br />
Man hat nun<br />
R 1 n+1 − R 2 n = −<br />
= −<br />
rPn2γ1<br />
4γ1γ2 + 2 (γ1 + γ2) G(n + 1)<br />
2rPnγ1<br />
2β (γ1 + γ2) G + 2(γ1 + γ2) G(n + 1)<br />
γ1<br />
(γ1+γ2) G<br />
= − 2rPn<br />
β + n + 1<br />
=<br />
r<br />
2γ2<br />
−<br />
βPn<br />
.<br />
β + n + 1<br />
(<strong>II</strong>I.6.32)
<strong>II</strong>I.6 Aus <strong>der</strong> Lasertheorie: Ratengleichungen 110<br />
Mit dem schon in Gleichung <strong>II</strong>I.6.10 eingeführten Pumpparameter“ α =<br />
”<br />
also für die Photonenverteilung die Ratengleichung<br />
dPn<br />
dt<br />
Nr G<br />
2γ2<br />
ergibt sich<br />
αβ(n + 1)<br />
= −<br />
β + n + 1 Pn<br />
αβ n<br />
+<br />
β + n Pn−1 − Cn Pn + C(n + 1) Pn+1 . (<strong>II</strong>I.6.33)<br />
Diese Gleichung muss numerisch gelöst werden.<br />
Im Gleichgewicht wird die Situation einfacher, da dann sogar die Rate für jeden einzelnen<br />
<strong>der</strong> Übergänge n ←→ n − 1 verschwinden muss ( detailed balance“)<br />
”<br />
�<br />
Gn − Cn Pn = 0 , (<strong>II</strong>I.6.34)<br />
also<br />
N � R 2 n−1 − R 1 n<br />
αβ<br />
β + n Pn−1 − C Pn = 0 . (<strong>II</strong>I.6.35)<br />
Mittels dieser Rekursionsformel lässt sich nun Pn auf P0 zurückführen<br />
o<strong>der</strong><br />
Pn = αβ/C<br />
β + n Pn−1<br />
� �n αβ/C<br />
Pn =<br />
=<br />
(β + n) . . . (β + 2)(β + 1) P0<br />
(<strong>II</strong>I.6.36)<br />
� αβ/C � n β!<br />
(β + n)! P0 . (<strong>II</strong>I.6.37)<br />
Die noch verbleibende Konstante P0 iat aus <strong>der</strong> Normierung zu bestimmen<br />
∞�<br />
� �n αβ/C β!<br />
P0<br />
= 1 . (<strong>II</strong>I.6.38)<br />
(β + n)!<br />
n=0<br />
Hier taucht genau die konfluente hypergeometrische Reihe auf. Man hat (vgl. <strong>Quantenmechanik</strong><br />
I, Aufgabe 24)<br />
also gilt<br />
M(a, b; x) =<br />
∞�<br />
n=0<br />
M � 1, 1 + β; αβ � 1<br />
= C<br />
P0<br />
(a + n − 1)! (b − 1)! x<br />
(a − 1)! (b + n − 1)!<br />
n<br />
, (<strong>II</strong>I.6.39)<br />
n!<br />
. (<strong>II</strong>I.6.40)<br />
Die Wahrscheinlichkeit Pn hängt somit bei gegebenem β nur vom Quotienten α<br />
C ab.
<strong>II</strong>I.6 Aus <strong>der</strong> Lasertheorie: Ratengleichungen 111<br />
Eine beson<strong>der</strong>s wichtige Größe ist nun die mittlere Zahl <strong>der</strong> Photonen in <strong>der</strong> Lasermode<br />
∞�<br />
n = nPn<br />
n=0<br />
∞� n<br />
=<br />
n=0<br />
� αβ/C �n β! P0<br />
(β + n)!<br />
∞�<br />
� �n αβ/C β! P0<br />
= (β + n − β)<br />
(β + n)!<br />
n=1<br />
= αβ<br />
∞�<br />
� �n−1 αβ/C β! P0<br />
− β(1 − P0)<br />
C (β + n − 1)!<br />
n=1<br />
= αβ<br />
C − β(1 − P0) . (<strong>II</strong>I.6.41)<br />
Damit kann jetzt das Verhalten <strong>der</strong> Photonenverteilung in verschiedenen Bereichen untersucht<br />
werden:<br />
(i) Verhalten unterhalb <strong>der</strong> Schwelle, α/C < 1:<br />
Man hat die Näherung<br />
M � 1, 1 + β; αβ �<br />
= C<br />
1<br />
1 − α/C<br />
�<br />
α/C<br />
1 −<br />
β(1 − α/C) 2 + O � β −2��<br />
Das ergibt bei Vernachlässigung <strong>von</strong> Termen <strong>der</strong> Ordnung O (β −2 )<br />
P0 = 1 − α<br />
C +<br />
α/C<br />
β(1 − α/C)<br />
. (<strong>II</strong>I.6.42)<br />
. (<strong>II</strong>I.6.43)<br />
Daraus folgt die mittlere Photonenzahl<br />
n = αβ<br />
�<br />
− β + β 1 −<br />
C α<br />
C +<br />
�<br />
α/C<br />
β(1 − α/C)<br />
=<br />
α/C<br />
.<br />
1 − α/C<br />
(<strong>II</strong>I.6.44)<br />
Da unterhalb <strong>der</strong> Schwelle β ≫ n, gilt (β + n)! ≈ β!βn . Mit dieser Näherung findet<br />
man<br />
Pn ≈ (αβ/C)n β!<br />
β!βn �<br />
α<br />
�2 P0 = P0 .<br />
C<br />
(<strong>II</strong>I.6.45)<br />
Da � ∞<br />
n=0<br />
Pn =<br />
� �<br />
α n 1 = C<br />
=<br />
=<br />
1−α/C , ist P0 = 1 − α<br />
C<br />
. Also ist<br />
�<br />
α<br />
�n �<br />
1 −<br />
C<br />
α<br />
�<br />
C<br />
�<br />
α<br />
�n �<br />
1 −<br />
C<br />
α<br />
�−n+1+n C<br />
nn . (<strong>II</strong>I.6.46)<br />
(1 + n) 1+n
<strong>II</strong>I.6 Aus <strong>der</strong> Lasertheorie: Ratengleichungen 112<br />
Das ist eine geometrische Verteilung (monoton fallend, Maximum bei n = 0), wie<br />
sie für chaotisches (Lampen-) Licht charakterisiert ist.<br />
(ii) Verhalten an <strong>der</strong> Schwelle, α/C = 1:<br />
Hier gilt<br />
�<br />
πβ<br />
M(1, 1 + β; β) ≈ ,<br />
2<br />
(<strong>II</strong>I.6.47)<br />
also<br />
�<br />
2<br />
P0 ≈<br />
πβ<br />
(<strong>II</strong>I.6.48)<br />
und<br />
n ≈<br />
� 2β<br />
π<br />
. (<strong>II</strong>I.6.49)<br />
Die Photonenverteilung an <strong>der</strong> Schwelle ergibt sich daraus ohne weitere Näherung<br />
Pn ≈ βn β!<br />
(β + n)!<br />
� 2<br />
πβ<br />
. (<strong>II</strong>I.6.50)<br />
(iii) Verhalten oberhalb <strong>der</strong> Schwelle, α/C > 1:<br />
Jetzt hat man<br />
M � 1, 1 + β; αβ � �<br />
αβ/C −β<br />
= β!e (αβ/C) 1 + O C<br />
� �<br />
C<br />
αβ<br />
�<br />
. (<strong>II</strong>I.6.51)<br />
Da diese Zahl sehr groß ist, ist P0 ≈ 0 vernachlässigbar. Es folgt die mittlere Zahl<br />
<strong>der</strong> Laserphotonen<br />
� �<br />
α<br />
n ≈ β − 1<br />
(<strong>II</strong>I.6.52)<br />
C<br />
und die Photonenverteilung wird<br />
Pn ≈ (αβ/C)n β!<br />
(β + n)!<br />
= (αβ/C)β+n<br />
(β + n)!<br />
= (β + n)β+n<br />
(β + n)!<br />
(αβ/C) β<br />
β! exp(αβ/C)<br />
exp(−αβ/C)<br />
exp(−β − n) . (<strong>II</strong>I.6.53)<br />
Für α/C = 2 ist n = β; für α/C ≫ 2 hat man daher n ≫ β. In diesem Fall reduziert<br />
sich die Photonenverteilung auf eine Poissonverteilung<br />
exp(−n) , (<strong>II</strong>I.6.54)<br />
n!<br />
die eine Signatur für kohärentes (Laser-) Licht ist. (vgl. <strong>Quantenmechanik</strong> I, Aufgabe<br />
25, zu den kohärenten Zuständen)<br />
Pn ≈ nn
Index<br />
π-Puls, 20<br />
s-Wellen-Streuung, 66, 69<br />
Absorption, 82<br />
Bohrsches Magneton, 12<br />
Bornsche Näherung, 62<br />
Bornsche Reihe, 61<br />
Breit-Wigner-Formel, 68<br />
Clebsch-Gordan-Koeffizienten, 31<br />
Coulomb-Eichung, 75<br />
Dipolübergang<br />
elektrischer, 97<br />
Dipolmatrixelement, 97<br />
Dipolnäherung, 97<br />
Drehimpulsaddition, 27, 31<br />
Eichtransformation, 74<br />
elektrischer Quadrupolübergang, 105<br />
Emission<br />
induzierte, 82<br />
spontane, 86<br />
Energie eines Strahlungsfeldes, 75<br />
Faltungstheorem, 73<br />
Feinstruktur, 16<br />
Fock-Raum, 83<br />
Fock-Zustand, 83<br />
Gesamtdrehimpuls, 11<br />
goldene Regel, 81<br />
Greensche Funktion, 48, 94<br />
Gyromagnetischer Faktor, 13<br />
Hankel-Funktion<br />
sphärische, 57<br />
Hartkugelpotential, 66<br />
Helmholtz-Gleichung<br />
inhomogene, 47<br />
Hyperladung, 46<br />
Isospin, 42<br />
113<br />
j-j-Kopplung, 42<br />
L-S-Kopplung, 42<br />
Lamb-Shift, 39<br />
Laserschwelle, 106<br />
Levinson-Theorem, 70<br />
Lippmann-Schwinger-Gleichung, 50<br />
magnetischer Dipolübergang, 104<br />
Maxwell-Gleichungen, 72<br />
Multiphotonenprozesse, 105<br />
Partialwellenamplituden, 56<br />
Partialwellenansatz, 55<br />
Pauli-Gleichung, 16<br />
Pauli-Spinmatrizen, 6<br />
Pauli-Spinoren, 11<br />
Photonenzahl<br />
mittlere, 111<br />
Poissonverteilung, 112<br />
Poynting-Vektor, 76<br />
Quark, 46<br />
Racah-Koeffizienten, 42<br />
Ramsauer-Effekt, 70<br />
Ratengleichungen, 108<br />
Resonanzstreuung, 68<br />
Russel-Saun<strong>der</strong>s-Kopplung, 42<br />
Rutherford-Wirkungsquerschnitt, 63<br />
s-Wellen-Streulänge, 70<br />
Schwinger-Term, 13<br />
Singlett, 27<br />
sphärischer Potentialtopf, 67<br />
Spin-Bahn-Kopplung, 15<br />
Spindarstellung, 10<br />
Spinraum, 5<br />
Streuamplitude, 48<br />
Streuphasen, 55<br />
Stromdichte<br />
diamagnetische, 79<br />
paramagnetische, 79
INDEX 114<br />
Stromdichteoperator, 79<br />
Theorem<br />
optisches, 57<br />
Thomas-Präzession, 15<br />
Transversale Eichung, 75<br />
Triplett, 27<br />
Vakuumfluktuation, 93<br />
Vorwärts-Streuamplitude, 57<br />
Wignersche 3j-Symbol, 34<br />
Wignersches 6j-Symbol, 42<br />
Wirkugsquerschnitt<br />
inelastischer, 60<br />
Wirkungsquerschnitt<br />
differentieller, 53<br />
elastischer, 58<br />
totaler, 57<br />
Zeeman-Effekt<br />
anormaler, 14<br />
normaler, 14