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pädagogischer Professionalität zu realisieren, werden gegenwärtig zum Anlass genommen, das<br />

bisherige System in toto als gescheitert zu erklären und nach neuen bzw. anderen Organisati-<br />

onsformen zu suchen. Im Mittelpunkt der Kritik steht meist der nicht oder nur unvollständig<br />

geleistete Theorie-Praxis-Bezug bzw. die Praxisferne der Universität, die nicht allein durch ein<br />

Mehr an Praxisnähe zu heilen sei, sondern nur durch eine Ausbildung in der Praxis selbst. Einer<br />

unmittelbar »praktischen« Ausbildung, gemäß derer praktisches Können am besten im Kontext<br />

berufsmäßiger Praxis zu gewinnen wäre. Ausbildungsgegenstand soll – dieser Position folgend –<br />

das gesammelte, ausschließlich praxisbewährte Erfahrungs- und Expertenwissen sein. Gelin-<br />

gende Praxis bzw. das Lehrerwissen über »erfolgreich« bewältigte Praxis fungiert selbst wieder-<br />

um als Modell für die Praxisrelevanz praktischen Wissens und Könnens. Sicherung und Ver-<br />

mittlung eines Kanons »handwerklichen« Erfahrungswissens, das allein der Entstehungs- und<br />

Verwertungslogik praktischen »Experten«-Wissens folgt, würden somit zu Richtlinien eines<br />

derartigen Ausbildungskonzeptes. Dafür böten sich Fachhochschulen zu Recht als geeignet an,<br />

umso zutreffender übrigens, wenn damit tatsächlich die Probleme der Lehrerausbildung (u.a.<br />

im Spiegel der Ergebnisse der internationalen Vergleichsstudien und professionstheoretischer<br />

Kritik betrachtet) einer aussichtsreichen Lösung zugeführt werden könnten. Dies scheint aller-<br />

dings nicht der Fall zu sein.<br />

Unbestritten ist doch, dass es verschiedene Modelle des Theorie-Praxis-Bezugs gibt und diese<br />

nicht alle im gleichen Maße tragfähig für eine zeitgemäße, professionelle Lehrerausbildung sind.<br />

Beispielsweise ist es für eine nachhaltige innere Schulreform, in deren Mittelpunkt die quali-<br />

tätsverbessernde Unterrichtsentwicklung anzusiedeln ist, unbedingt notwendig, dass bspw. die<br />

Lehrerinnen und Lehrer die Testergebnisse von TIMSS, IGLU, PISA, PISA-E oder Markus ver-<br />

stehen und interpretieren können, damit sie daraus Rückschlüsse für ihren Unterricht und ihr<br />

berufliches Handeln ziehen. Neben Kenntnisse über Methoden der empirischen Sozialfor-<br />

schung, die zur Auswertung und Interpretation derartiger Befunde qualifizieren, bedarf es des<br />

Erwerbs einer dementsprechenden persönlichen Grundeinstellung, d.h. der Entwicklung einer<br />

kritisch analytischen Haltung und reflexionsbezogenen Handlungskompetenz, unter den Vor-<br />

aussetzungen eines komplexen Berufsfeldes selbstständig auch neuen Erkenntnissen und Lö-<br />

sungen bildungspolitischer und schulpädagogischer Anforderungen zu suchen (vgl.<br />

Spoun/Wunderlich 2005, S. 24). Die kritische Sicht auf die Praxis, auf das eigene Verhalten, auf<br />

die Wirksamkeit von pädagogischen und didaktischen Entscheidungen, die Evaluation systemi-<br />

scher Maßnahmen usw. auf der Basis wissenschaftlicher Theoriebildung kennzeichnet dieses<br />

Modell eines Theorie- Praxis-Bezugs, das tendenziell dem eines empirisch-analytischen unter<br />

Einbeziehung hermeneutischer Anteile entspricht. Folgerichtig stellt auch die Expertenkommis-<br />

sion (2007) für die »Lehramtsausbildung in Nordrhein-Westfalen« klar, dass in der ersten Pha-<br />

se die „Vorbereitung auf Praxistauglichkeit im Vordergrund (steht), in der zweiten Phase die<br />

Schaffung von Handlungssicherheit“ (S. 7).<br />

Dem empirisch-analytischen Modell des Theorie-Praxis-Verhältnisses liegt als Grundfigur das<br />

»forschende Lernen« zu Grunde. Der künftige Lehrer verfügt über wissenschaftliche Kenntnis-<br />

se, um mit Hilfe geeigneter »empirischer« Methoden die Lernbedingungen seiner Schüler zu<br />

erfassen und sieht sich in der Lage, die Qualität seines Unterrichts darauf abzustimmen. Außer-<br />

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