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Materialien aus dem Institut für empirische Soziologie

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Seite 20<br />

<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>empirische</strong> <strong>Soziologie</strong><br />

an der Universität Erlangen-Nürnberg<br />

<strong>Materialien</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>empirische</strong> <strong>Soziologie</strong> Nürnberg 1/2008<br />

Änderung von SGB V am 22.12.1999 fand sich im Gesetz auch der Begriff „Kur“. Von ihm<br />

hat sich das Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung seither ebenso abgesetzt, wie<br />

dies im Rahmen der <strong>für</strong> die Gesetzliche Rentenversicherung geltenden Anspruchsgrundlagen<br />

bereits seit langem der Fall ist. 38 Dem entsprechend wurde im Zuge der zum 01.08.2002<br />

in Kraft getretenen Änderungen der §§ 24 und 41 SGB V „klarstellend der Begriff ‚Mutter-<br />

Vater-Kind-Maßnahmen’ eingeführt.“ 39 Zwar ist der Begriff „Kur“ nicht nur umgangssprachlich<br />

weiterhin präsent 40 , sondern findet sich sogar noch im 7. Familienbericht, mit der Konnotation,<br />

sie diene dazu „sich Erholung und gelegentliche Abwechslung zu gönnen“. 41 Fachleute<br />

plädieren jedoch zunehmend da<strong>für</strong>, den Kurbegriff zu vermeiden: Ihm werden – nicht zuletzt<br />

durch die Marketing-Aktivitäten der Kurorte - Konnotationen zugeschrieben, die weniger auf<br />

ein anspruchsvolles therapeutisches, aktivierendes und gesundheitsförderndes Konzept abstellen,<br />

sondern eher im Bereich von Erholung, Wellness und passiver Inanspruchnahme vor<br />

allem ortsgebundener Heilmittel (Schlamm, Sole, Höhen, Meereslagen) von Bädern und<br />

Massagen sowie eines Kurregimes ( z.B. feste Ruhezeiten) liegen. 42<br />

Demnach gilt es, diese inadäquaten Assoziationen bei Teilnehmerinnen, 43 aber auch bei<br />

Ärzten 44 zu verhindern, da sie den Maßnahmeerfolg beeinträchtigen können. 45<br />

38 Vgl. Verband Deutscher Rentenversicherungsträger 2000: 1. Die Bundesregierung war im Jahre 2001 der<br />

Auffassung, dass mit <strong>dem</strong> Begriff „Vorsorgemaßnahmen in anerkannten Kurorten“ der notwendige medizinische<br />

Gehalt besser zum Ausdruck gebracht würde und brachte explizit ihre Distanz zum traditionellen Kurbegriff<br />

zum Ausdruck (vgl. Deutscher Bundestag 2001: 38f). Damit ging sie konform mit Forderungen des Bundesverbandes<br />

Deutscher Privatkrankenanstalten e.V. <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Jahre 2000, den missverständlichen und vorbelasteten<br />

Begriff der „Kur“ nicht in SGB IX aufzunehmen (vgl. Clade 2000: 3467). Die Spitzenverbände der<br />

Leistungserbringer der medizinischen Rehabilitation (2006: 6) haben allerdings darauf hingewiesen, dass der<br />

Begriff „Kuren“ in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Statistik in der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />

(KSVwV) immer noch verwendet wird und fordern eine Abänderung dieser Rechtsnorm.<br />

39 Bundesministerium <strong>für</strong> Gesundheit 2006: 3<br />

40<br />

Er findet sich sogar noch im Jahre 2006 in der Stellungnahme des Bundesministeriums <strong>für</strong> Gesundheit (2006:<br />

3f) zum Bericht der Spitzenverbände der Krankenkassen. In jüngster Zeit etwa: Otto / Arnhold-Kerri 2007; Redaktionsbüro<br />

GESUNDHEIT / Schilling 2007; Stöcker 2007.<br />

41<br />

Deutscher Bundestag 2006c: 173<br />

42<br />

Vgl. Wirth 1990: 192; Wirth 1995: 422; Kliche 2004: 12; Reitz 2004: 19f. Wirth (1995: 422) weist auf die Probleme<br />

hin, die sich <strong>für</strong> Teilnehmerinnen und Klinikpersonal ergeben, wenn Patientinnen eine Kur in einem entsprechenden<br />

Ambiente erwarten und in der Klinik mit einem qualifizierten Therapiekonzept konfrontiert werden.<br />

(Siehe dazu auch: Faßmann / Masopust 1979: 37f; Burger 1996: 156f) Allerdings scheint diese Diskussion<br />

an den Krankenkassen vorbei gegangen zu sein, wird doch auf ihren Websites (z.B. auf den zentralen<br />

Websites der der AOK – Die Gesundheitskasse, Betriebskrankenkassen (BKK), der Techniker Krankenkasse<br />

(TK)) sowohl bei der Bezeichnung der betreffenden Leistungen („Mütterkur“) wie auch der Einrichtungen<br />

(„Mütterkureinrichtungen“) weiterhin mit <strong>dem</strong> Kurbegriff operiert. Wir interpretieren dies als Hinweis darauf,<br />

dass sich die Krankenkassen kaum inhaltlich mit diesem Vorsorge- und Rehabilitationsangebot <strong>aus</strong>einanderzusetzen<br />

scheinen.<br />

43<br />

Faller / Vogel / Bosch (2000: 211) berichten übereinstimmend mit anderen Untersuchungsergebnissen (z.B.<br />

Strittmatter et al. 1997; 182; info-Team 1999: Tabelle zu Frage 1), dass die Reha-Erwartungen von Patienten<br />

auch im Jahre 2000 vorwiegend auf balneophysikalische Maßnahmen, eine angenehme Klinikumgebung, Erholung<br />

und Entlastung und medizinische Betreuung <strong>aus</strong>gerichtet waren, während eher aktive Maßnahmen,<br />

wie sie in den modernen verhaltensmedizinisch orientierten („edukativen“) Behandlungskonzepten eingesetzt<br />

werden, weniger im Zentrum der Erwartungen standen.

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