Behindert? - KJF Regensburg
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werden.“<br />
Wie<br />
können<br />
Kinder und<br />
Jugendliche mit<br />
Behinderung vor Gewalt,<br />
Vernachlässigung<br />
und Missbrauch geschützt<br />
werden?<br />
Die Gefährdung durch Gewalt, Vernachlässigung<br />
und Missbrauch ist bei<br />
Kindern und Jugendlichen mit<br />
Behinderung nachweislich höher als<br />
bei Gleichaltrigen ohne Behinderung.<br />
Wir müssen in der <strong>Behindert</strong>enhilfe<br />
ebenso fachlich fundiert<br />
arbeiten wie in der Kinder- und<br />
Jugendhilfe. Die Katholische Jugendfürsorge<br />
hat in den Einrichtungen<br />
der <strong>Behindert</strong>enhilfe daher 27<br />
Schutzbeauftragte bestimmt, um<br />
gefährdete wie betroffene Kinder und<br />
Jugendliche zu schützen und unseren<br />
MitarbeiterInnen Handlungssicherheit<br />
zu geben.<br />
Der Schutz von Kindern und<br />
Jugendlichen mit Behinderung ist<br />
also nicht ausreichend geregelt?<br />
Richtig. Was wir machen, ist reine<br />
Selbstverpflichtung, denn der Gesetzgeber<br />
hat den Schutzauftrag für Kinder<br />
und Jugendliche mit körperlicher<br />
und geistiger Behinderung nicht<br />
geregelt. Jedes Kind, mit und ohne<br />
Behinderung, hat ein Recht darauf,<br />
geschützt zu werden. Leider sind wir<br />
noch nicht so weit, dass es gesetzliche<br />
Bestimmungen zum Schutzauftrag<br />
für behinderte und nicht behinderte<br />
Kinder gleichermaßen gibt. Wir als<br />
<strong>KJF</strong> sahen uns jedoch verpflichtet, im<br />
Bereich der <strong>Behindert</strong>enhilfe Schutzbeauftragte<br />
einzuführen. Prävention<br />
steht dabei für uns an erster Stelle.<br />
Wir wollen für das Thema Kindeswohlgefährdung<br />
sensibilisieren und<br />
es in unseren Einrichtungen und in<br />
der Gesellschaft präsent halten. Wir<br />
wollen nicht nur tätig werden, wenn<br />
etwas vorfällt, sondern genau dies<br />
verhindern.<br />
Wie sehen die konkreten Maßnahmen<br />
des Schutzauftrags aus?<br />
Leider können wir nur zum Teil auf<br />
bereits erarbeitete Grundlagen zum<br />
Schutzauftrag in der Kinder- und<br />
Jugendhilfe zurückgreifen. Aus der<br />
unterschiedlichen sozialrechtlichen<br />
Zuordnung sowie der defizitären<br />
Datenlage durch ungenaue Definitionen<br />
und Begrifflichkeiten bezüglich<br />
Kindern und Jugendlicher mit Behinderung<br />
ergaben sich viele Fragen.<br />
Wir arbeiten seit 2009 daran, diese zu<br />
klären und beschäftigen uns intensiv<br />
mit den Aspekten Gewalt und Vernachlässigung<br />
bei Kindern und<br />
Jugendlichen mit Behinderung. Das<br />
Ergebnis sind spezifische und nach<br />
Altersstufen differenzierte Kriterienkataloge,<br />
um die Gefährdung einzuschätzen,<br />
sowie ein Handlungsleitfaden.<br />
Welche Inhalte haben die Kriterienkataloge<br />
und der Handlungsleitfaden?<br />
Unterschiedliche Arten der Vernachlässigung<br />
für bestimmte Altersgruppen<br />
und differenzierte Hilfestellungen<br />
sind darin detailliert beschrieben.<br />
Anhand definierter fachlicher Kriterien<br />
können die MitarbeiterInnen das<br />
Risiko einer Kindeswohlgefährdung<br />
einschätzen und Indikatoren erkennen,<br />
um ihren Schutzauftrag umfassend<br />
wahrzunehmen. Einige Beispiele:<br />
Wie gehe ich vor, wenn ein Kind<br />
mit Behinderung jeden Morgen ohne<br />
Brotzeit in die Schule kommt? Wenn<br />
es im Winter keine adäquaten Schuhe<br />
trägt, wenn sich die Eltern nicht um<br />
eine passende Brille kümmern oder<br />
wenn das Kind zahnärztlich nicht<br />
versorgt wird? Um die Auffälligkeiten<br />
richtig einzuschätzen - manche können<br />
nämlich auch mit der Behinderung<br />
zusammenhängen - erstellen wir<br />
diesen Katalog, aus dem hervorgeht,<br />
wie die mögliche Kindeswohlgefährdung<br />
einzuschätzen ist und welche<br />
weiteren Schritte zu verfolgen sind.<br />
Dieses Vorgehen ist eine Ergänzung<br />
zum bestehenden <strong>Regensburg</strong>er<br />
Handlungsleitfaden bei Verdacht auf<br />
sexuellen Missbrauch bei Kindern<br />
und Jugendlichen, den unser Justitiar<br />
Helmut Schindler und Walter Krug,<br />
Psychologe und Leiter des BBWs in<br />
Abensberg, bereits 1999 herausgegeben<br />
haben.<br />
Wie arbeiten die Schutzbeauftragten<br />
in der Einrichtung?<br />
Die Schutzbeauftragten arbeiten mit<br />
Titelthema<br />
Experten und den Eltern zusammen.<br />
Sie kooperieren mit der Frauenbeauftragten<br />
der Polizei, mit Kinderärzten<br />
und Psychologen aus dem Kinderzentrum<br />
St. Martin der <strong>KJF</strong>, unserem<br />
Justitiar, Expertinnen und Experten<br />
im Umgang mit sexuellem Missbrauch,<br />
Jugendämtern, den Erziehungsberatungsstellen<br />
und der Hedwigsklinik.<br />
Sie können damit alle<br />
Aspekte der Kindeswohlgefährdung<br />
einbeziehen, ein Risiko einschätzen<br />
und notwendige Maßnahmen einleiten.<br />
In Fortbildungen und Fachtagungen<br />
qualifizieren wir die Beauftragten<br />
dazu regelmäßig zwei bis dreimal<br />
im Jahr.<br />
Wie können MitarbeiterInnen Kinder<br />
und Jugendliche vor Gefährdungen<br />
schützen, wie bei einem<br />
Verdacht handeln?<br />
Anhand unseres Kriterienkatalogs<br />
können die MitarbeiterInnen Fälle<br />
von Vernachlässigung und Missbrauch<br />
erkennen und einschätzen.<br />
Sie müssen ihre Beobachtungen über<br />
einen bestimmten Zeitraum dokumentieren<br />
und sich im Team austauschen.<br />
Gruppen- und Einrichtungsleitung<br />
führen dann im ersten Schritt<br />
Gespräche mit den Eltern, die sehr<br />
viel Sensibilität erfordern, denn Vernachlässigung<br />
kann die unterschiedlichsten<br />
Ursachen haben, z. B. auch<br />
finanzielle. In solchen Fällen vermitteln<br />
wir den Eltern weitergehende<br />
Hilfen, in anderen Fällen unterstützen<br />
wir die Eltern dabei, ihr Verhalten<br />
zu ändern. Bei Akutfällen von<br />
Misshandlung, wenn zum Beispiel<br />
ein Kind mit Verletzungen in die Einrichtung<br />
kommt, wird sofort gehandelt,<br />
werden Polizei und Jugendamt<br />
unmittelbar eingeschaltet. Der Handlungsleitfaden<br />
legt je nach Art und<br />
Schwere der Vorkommnisse die Vorgehensweise<br />
fest. Das gilt selbstverständlich<br />
auch bei Verdacht auf<br />
sexuellen Missbrauch. Alle Hilfen für<br />
das betroffene Kind, Maßnahmen<br />
das familiäre Umfeld oder die Einrichtung<br />
betreffend, sowie Informations-<br />
und Kommunikationswege<br />
sind darin beschrieben. Wichtig ist<br />
uns vor allem die Prävention.<br />
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