Azur Grau - Journalisten Akademie
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FRIESEN-<br />
FITNESS<br />
SPORTSTUDIO KANN JEDER. DIE EINGEBORENEN<br />
HIER IM NORDEN HABEN TRADITIONELL IHRE<br />
EIGENE ART DER KÖRPERERTÜCHTIGUNG. AN DER<br />
FRISCHEN LUFT, NATÜRLICH ...<br />
Statt Wattwandern:<br />
Schlickrutschen<br />
„Blopp“. Dumpf schmatzend lässt das Watt den Gummistiefel<br />
wieder los. Schwarzer Schlick spritzt hoch. Wilhelm Tapken stößt<br />
sich ab. Er kniet auf einem Holzgestell und gleitet damit durch den<br />
Schlamm. Hinter ihm zieht sich eine tiefe Spur durch den Schlick.<br />
Eine Möwe schreit. Gleichmäßig quaatschen die Gummistiefel.<br />
Wilhelm Tapken macht Schlickrutschen<br />
schon seit 55 Jahren, seit er ein kleiner<br />
Junge ist. „Joo“, sagt er. „Das<br />
gehört einfach dazu, zum Jadebusen,<br />
zum Watt.“ Er schiebt<br />
sich seine Matrosen-Wollmütze<br />
aus der Stirn. Dann steigt er wieder<br />
auf seinen Schlickschlitten,<br />
gibt mit einem Bein Schwung,<br />
der Gummistiefel versinkt bis<br />
zum Knöchel im Schlamm. Den<br />
Schlickschlitten hat er selber gebaut. Das ist Tradition so in Dangast,<br />
seinem Heimatort. Einst nutzten die Krabbenfischer die<br />
Schlickschlitten, um zu ihren Reusen rauszufahren. Jetzt gibt es<br />
Kutter und die Schlitten braucht keiner mehr. Außer Wilhelm Tapken.<br />
Der hütet sie und im Sommer kommen die Touristen und bezahlen,<br />
um dreckig werden zu dürfen. Dann gibt es Schlickschlittenrennen,<br />
bei denen das halbe Dorf gegeneinander antritt. „Das ist das Leben<br />
am Watt in Dangast“, sagt Wilhelm Tapken. Er schiebt sich wieder<br />
die Wollmütze aus der Stirn. „Das ist Heimat“, sagt er und es klingt<br />
ein bisschen stolz. Eigentlich sagt er nicht viel.<br />
SCHLICKSCHLITTENRENNEN – DIE REGELN<br />
Wer schafft es als erstes mit seinem Schlitten durch den Matsch ins<br />
Ziel? Das ist die Idee des Schlickschlittenrennens. Mannschaften oder<br />
Einzelkämpfer treten gegeneinander an, oft bunt kostümiert oder ganz<br />
in Weiß gekleidet – damit man den Dreck auch richtig schön sieht.<br />
1 0 A Z U R G R A U<br />
Ganz schön sportlich! Den<br />
Schlickschlitten hat<br />
Wilhelm Tapken selbst gebaut<br />
STATT FANGENSPIELEN:<br />
KLOOTSCHIESSEN<br />
Früher haben die Friesen mit gebrannten Lehmkugeln,<br />
den Klooten, die Römer vertrieben – heute werfen sie mit<br />
bleigefüllten Holzkugeln Rekorde. Nach einem kurzen<br />
Anlauf wird die schwere Kugel mit einer blitzschnellen<br />
Armbewegung von einem Absprungbrett aus hoch in die<br />
Luft geschleudert. Ursprünglich wurden die Wettkämpfe<br />
im Winter auf den gefrorenen Feldern ausgetragen, die<br />
Kämpfer durften nur lange Unterhosen und -hemden tragen.<br />
Warm hielt man sich mit Schnaps, so mancher<br />
Sportler starb an Unterkühlung. Bis heute geblieben sind<br />
wie beim Boßeln die „Käkler“ und „Mäkler“: Zuschauer<br />
und Fans, die die Würfe lautstark kommentieren.