Azur Grau - Journalisten Akademie
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Fischer Thaden<br />
hat seinen Kutter<br />
„Christine“<br />
längst mit fischfreundlichen<br />
Trichternetzen<br />
ausgerüstet und<br />
erspart sich so<br />
viel Sortierarbeit<br />
an Deck. Vor<br />
allem aber verschonen<br />
die<br />
modernen Netze<br />
Fische und andere<br />
Meerestiere,<br />
die in herkömmlichenKrabbennetzen<br />
zu<br />
Tausenden als<br />
unerwünschter<br />
Beifang sterben<br />
aus denen sie die Naturschützer nun am liebsten vertreiben wollen.<br />
„Ich bin doch selbst Naturschützer!“, sagt Thaden, schüttelt<br />
den Kopf. „Wir Krabbenfischer wollen die Natur erhalten, wir<br />
leben mit ihr, nicht gegen sie – genau, wie vor uns unsere Väter.“<br />
Die Bedingungen allerdings haben sich verändert. Große moderne<br />
Fangflotten ziehen ihre Netze durchs Wattenmeer, die<br />
Fangquoten sind gestiegen. Vor allem sie sind es, die die Umwelt<br />
belasten, den Krabbenbestand gefährden, anderen Fischarten<br />
schaden. Rösner und andere Naturschützer fordern deswegen:<br />
Im Wattenmeer, vor allem im Nationalparkgebiet, sollte die<br />
Krabbenfischerei verboten oder stark eingegrenzt werden.<br />
Zumindest hier müssten die Fische sich vermehren und aufwachsen<br />
können, ohne von engmaschigen Netzen bedroht zu<br />
werden.<br />
„Krabbenfischerei extrem umweltschädlich“ oder „Krabbenfischerei<br />
belastet andere Fischarten“ titelten die Zeitungen nach<br />
dem Erscheinen der WWF-Studie zum Beifang. Fischer Thaden<br />
ärgert sich über die lauten Umweltschützer: „Da werden irgendwelche<br />
Sachen in die Medien gesetzt, aus reiner Willkür,<br />
völlig aus der Luft gegriffen. Die stehen dann da erstmal. Und<br />
so'n trauriger Seehund oder 'ne verstorbene Scholle kann den<br />
Leser oder Hörer natürlich mehr sensibilisieren, als wenn da 'n<br />
Fischer steht und sagt, das stimmt nicht.“<br />
Die Landespolitiker aber beeindrucken traurige Seehunde<br />
nicht. Politische Auswirkungen wird es nicht geben, selbst die<br />
Grünen unterstützen die Krabbenfischer. Es gebe keinen Politiker<br />
in der Umgebung, der es wagen würde, sie laut in Frage zu stellen,<br />
kritisiert Umweltschützer Rösner. Der Imagefaktor der kleinen<br />
Krabbe ist zu groß. „Für das Bild der Küstenregion ist das<br />
ein kleiner, aber wesentlicher Aspekt. Die bunten Kutter, die<br />
Seemänner, der frische Fisch am Hafen ... All diese Dinge, die<br />
gehören einfach dazu“, sagt Jürgen Janssen vom Referat für<br />
Wirtschaft und Regionalmanagement. Und auch Arbeitsplätze<br />
hängen an der Küstenfischerei. Vom Fischer über den Bootsbauer<br />
bis hin zum verarbeitenden Gewerbe. Fischer Thaden ist nur<br />
einer von Tausenden, der mit Krabben sein Geld verdient – in<br />
einer Region, die fast ausschließlich vom Tourismus abhängt.<br />
Thaden steht im Führerhaus seiner „Christine“, hat den Motor<br />
angelassen. Ein Mitarbeiter holt die Taue ein. Fünf Tage werden<br />
sie auf See bleiben, bei guten Bedingungen mit etwa 1.000<br />
Kilo Krabben zurückkommen, rosa und weich, frisch gegart. So<br />
wie es schon sein Ur-Urgroßvater vor ihm gemacht hat. Doch<br />
solange die Krabben aus der „Kinderstube der Nordsee“ kommen,<br />
werden Umweltschützer wie Hans-Ulrich Rösner weiterkämpfen:<br />
„Wir wollen die Krabbenfischerei nicht abschaffen,<br />
aber wir wollen sie verändern“. Luise Sammann<br />
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