B 2042 F CC-Blätter - Coburger Convent
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Ein offenes Wort, demokratisches Bewußtsein, gerader Blick und Humor<br />
Dr. Carl-Heinz Conrad,<br />
Schaumburgia, 100 Jahre alt<br />
Alterssenior der Turnerschaft Schaumburgia zu Marburg ist Vorbild für die Jugend<br />
Seinen 100. Geburtstag feierte unser<br />
lieber Bundesbruder Dr. med. dent.<br />
Carl-Heinz Conrad, Senior der Turnerschaft<br />
Schaumburgia zu Marburg,<br />
am 19. Mai 2008. Mit seiner Familie,<br />
Freunden und Bundesbrüdern erlebte<br />
Conrad bei bester Gesundheit einen<br />
von der Sonne verwöhnten Festtag<br />
an der Oberalster in Hamburg.<br />
Conrad stammt aus Gnoien, einer<br />
kleinen Gemeinde im heutigen Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Zunächst in<br />
Mölln eingeschult, besucht er von 1918<br />
bis 1920 das Gymnasium Katharineum<br />
in Lübeck. Ein Ortswechsel führt<br />
seine Familie nach Bad Bentheim, der<br />
Heimat seiner sportlichen Laufbahn.<br />
Erst im TuS Bentheim als Turner und<br />
Fußball-Torwart, dann entsteht dank<br />
der beherzten Förderung seines Vaters<br />
seine große und anhaltende Leidenschaft<br />
für die Leichtathletik.<br />
Als schauspielbegeisterter Tertianer<br />
überredet er kurzerhand seinen Vater,<br />
die Werbetrommel für eine eigene<br />
Bentheimer Freilichtbühne zu rühren.<br />
Man ahnt es: Der freudige Wunsch<br />
ging mit der Gründung 1925 in Erfüllung.<br />
Sein Abitur besteht er 1928<br />
am Gymnasium in Gron au / Westf.,<br />
in Verehrung von Thomas Mann mit<br />
einem Aufsatz über den Roman Buddenbrooks.<br />
Im Sommersemester 1928 beginnt<br />
Conrad das Jurastudium in Marburg<br />
und wird kurz nach Pfingsten bei<br />
Schaumburgia aktiv. Der hochtalentierte<br />
Leichtathlet nimmt nun u. a.<br />
auch für die Universität an allen wichtigen<br />
Sportwettkämpfen teil. Er mißt<br />
sich mit damals bekannten Sportlern<br />
wie Danz, Storz, Borchmeier oder<br />
Hoffmeister und gehört von 1927 bis<br />
1932 zu den erfolgreichsten Athleten<br />
im Westdeutschen Spielverband. Die<br />
Chronik zum 50. Stiftungsfest unserer<br />
Schaumburgia 1929 berichtet dar-<br />
über Folgendes: »So brachten uns die<br />
Marburger Universitätsmeisterschaften<br />
nicht nur den Handballmeister,<br />
sondern unser lieber Conrad tat sich<br />
bei den leichtathletischen Kämpfen<br />
besonders hervor. Er gewann den<br />
100-m-Lauf, das Diskuswerfen sowie<br />
den olympischen Fünfkampf, wurde<br />
Dritter im Weitsprung und nimmt in<br />
diesem Jahre als erfolgreichster Marburger<br />
an den diesjährigen deutschen<br />
Hochschulmeisterschaften teil.«<br />
Conrad wird Allround-Crack Mens<br />
tituliert, wobei Mens sein Biername<br />
ist. Doch weder der Name noch<br />
das Getränk wollen ihm wirklich<br />
schmecken, abgesehen von seinen<br />
neun ›Mens‹uren.<br />
1930 wechselt er zum Studium der<br />
Zahnmedizin nach Bonn und hat das<br />
Glück, den großen Mediziner Prof.<br />
Sobotta zu hören. Wieder zurück in<br />
Marburg besteht er das Physikum und<br />
zieht weiter nach Münster, um zum<br />
Dr. med. dent. zu promovieren und<br />
1934 das Staatsexamen in Zahnmedizin<br />
abzulegen. Mit einer für ihn eigenen<br />
Heimatverbundenheit titelt seine<br />
Doktorarbeit: Ein Überblick über gesundheitliche<br />
und hygienische Verhältnisse<br />
der Grafschaft Bentheim. Anschließend<br />
wechselt Conrad nach Hamburg, um<br />
sich dort als Zahn arzt niederzulassen.<br />
Er führt seine Praxis am Fischmarkt<br />
bis zum Ruhestand 1978.<br />
Die Deutsche Olympische Gesellschaft<br />
ehrt seine sportlichen Leistungen<br />
1984 mit der Überreichung<br />
der goldenen Ehrennadel, die er mit<br />
großem Stolz am Revers trägt, 56 Jahre<br />
nachdem er 1928 die Olympiade<br />
in Amsterdam besuchte.<br />
Zu seinen schönen Erinnerungen<br />
gehört auch die zahnärztliche Untersuchung<br />
der Crew des Segelschulschiffes<br />
Pamir und die zahnärztliche<br />
Einweisung unseres Bbr. Beuster als<br />
Schiffsarzt. Um so schmerzlicher erlebt<br />
Conrad die Trauerfeier zum 50.<br />
Jahrestag des tragischen Untergangs<br />
der Pamir.<br />
Als Hamburger bleibt er seiner<br />
Schaum burgia stets verbunden und<br />
besucht regelmäßig unsere ›Wolfsburg‹<br />
und AH-Stammtische. Er wendet sich<br />
gerne an Aktive und Alte Herren, um<br />
Impulse für das Bundesleben zu geben.<br />
Wichtig ist ihm, das offene Wort<br />
zu pflegen und das demokratische<br />
Bewußtsein zu schärfen. Mit geradem<br />
Blick, der auch manch schweres<br />
Schicksal nicht zu verbergen mag.<br />
Unser AH-Vorsitzender, Bbr. Müller-Rath,<br />
würdigte in der Festrede<br />
sein Wirken und seine Person: »Mit<br />
Deiner vornehmen Haltung, Deiner<br />
liberalen, humorvollen Gesinnung<br />
und Deiner Treue zum Bund wirst<br />
du uns Jüngeren immer Vorbild<br />
bleiben.« Die Altherrenvereinigung<br />
dedizierte Conrad zu diesem Anlaß<br />
und aufgrund seiner 160 Couleur-<br />
Semester ein mit Senior Schaumburgiae<br />
besticktes Ehrenband.<br />
Noch vor ein paar Tagen sagte<br />
Con rad zu mir: »Ich will leben!«<br />
Und wir mit Dir: Ad multos annos!<br />
Fabian Illing, Schaumburgia<br />
<strong>CC</strong>-<strong>Blätter</strong> 3/2008<br />
27<br />
<strong>CC</strong> vor Ort