GSG Golf 04/2011

Machen wir uns doch nichts vor …!
Karl-Ernst ist ein Mann von Welt. Sagt
er. Und ein Alpha-Tier. Sagt er auch.
Und dass sein Vater, in dritter Generation
Besitzer einer prächtig florierenden
Sod-Brennerei im Hochsauerlandkreis,
seit Jahren schon in der Firma auf das
eigentlich unabkömmliche Alpha-Tier
Karl-Ernst verzichtet. Die Sod-Brennerei
sei ohnehin ein Selbstläufer. Sod-
Brennen sei schließlich global.
Karl-Ernst ist ein begeisterter Golfer.
Einer der ersten Stunde. Sagt er. Von
keinem Mittwochs-Treff oder Monatsteller
ist er weg zu denken. Wir alle
freuen uns, wenn wir seinen Namen auf
der Meldeliste entdecken. Karl-Ernst ist
Garant für überflüssige Dispute während
und nach der Runde. Das lockert
die sonst eher nüchternen 4 bis 5 Stunden
auf den Fairways und anschließend
bei der Wettspiel-Leitung erheblich auf.
Wenn Karl-Ernst einen Drop ins Spiel
bringt, ähnelt das eher der dynamischen
Bewegung eines Kugelstoßers.
Auch ist er sehr skeptisch. Fast jeden
Ball identifiziert er. Dann hebt er ihn
auf, säubert ihn gründlich, erkennt ihn
und legt ihn dann äußerst behutsam
in etwa an die Stelle, an der er gelegen
haben könnte. Was sollte man
gegen so viel Umsicht und Sorgfalt
einwenden? Und wenn er sich dann
noch einmal auffällig interessiert über
den Ball beugt und dabei das Fairway
unmittelbar hinter seinem Ball mit der
Fußspitze niedertritt, so geschieht das
nur, damit er sich noch einmal vergewissern
kann, dass es auch tatsächlich
sein Ball ist, den er gerade identifiziert
und gut spielbar platziert hat.
Karl-Ernst ist ein Kind der Sonne.
Ein Glückspilz. Er findet immer seinen
Ball. Mag er auch für das gemeine
Golfer-Volk weit „out of bounds“
sein; er findet ihn immer. Und immer
gut spielbar. Und immer – da ist er
uns allen meilenweit voraus – an einer
Stelle, an der wir nie gesucht hätten.
Eben ein Fuchs, unser Karl-Ernst. Ein
Alpha-Fuchs.
Auch bei der Anschaffung von Golfbällen
ist er uns weit voraus. Wir sind
bis heute nicht dahinter gekommen,
warum er ausschließlich Titleist 3 in
seinem Bag hat. Aberglaube? Oder
besteht da ein mysteriöser Zusammenhang,
wenn er nach einem „provisorischen“
immer seinen zuerst gespielten
Ball findet? Der erste Ball war
ein Titleist 3, legt er sich sofort fest.
Sehr entgegenkommend ist seine Frage
nach dem Score des Mitbewerbers. Hat
er an einem Par 4 eine 6 gespielt und
sein Mitbewerber auch, so ist er stets
sicher, dass der Mitbewerber Bogey
gespielt hat. Wer kann da nein sagen?
Überhaupt steht er jedem ernst gemeinten
Schummel-Versuch aufgeschlossen
gegenüber. Neulich – es ließ
sich kaum umgehen – saßen wir nach
einem wieder mal netten Mittwochs-
Treff auf unserer schönen Terrasse.
Karl-Ernst suchte meine Nähe. „Sag
mal, Du bist doch der GSG-Sprecher
unseres Clubs. Ich habe mich nach
langen Überlegungen entschlossen,
Euch Grünjacken mit meinem Talent
und meiner Klasse zu bereichern. Sag
Deinem Präsidenten, er möge schon
mal den roten Teppich ausrollen.“ Karl-
Ernst ist eine Frohnatur, unbestritten.
HaWi Stremmel
Höchst besorgt ließ ich ihn wissen, dass
bei der GSG nur Golfer anzutreffen
sind, die unerbittlich nach den geltenden
Golf-Regeln und der Golf-Etikette
spielen. Das wäre entschieden zu langweilig
für ihn. Die würden auch ganz
anders droppen und auch nur im Notfall
einen Ball identifizieren und auch
nur mit geringstem Aufwand, d. h.
ohne ihn aufzuheben. Am Boden sozusagen.
Auch würden sie längst nicht
alle Bälle finden, denn nach spätestens
5 Minuten wäre die Suche ohnehin offiziell
beendet und der Zweifel hätte
sein Recht verloren. Vielleicht hätte das
etwas mit Ehrlichkeit und tadellosem
Charakter zu tun. Das wäre sicher für
ihn, Alpha-Tier Karl-Ernst, ein extrem
gewöhnungsbedürftiges Programm. Er
wolle doch Fun – um jeden Preis!
„Ich will doch nur unter Gleichen und
Gleichgesinnten spielen“, beschwor
mich Karl-Ernst. „Eben drum“, antwortete
ich ruhig und bestimmt, „wir
von der GSG auch.“
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Glosse