Dez. 2013Arbeit,Ausbildung &SozialesTarifvertragsparteien: Ke<strong>in</strong> Rechtsanspruch aufAbschluss e<strong>in</strong>es (bestimmten) TarifvertragsE<strong>in</strong>e Tarifvertragspartei hat <strong>in</strong> der Regel ke<strong>in</strong>en Anspruch auf Abschlusse<strong>in</strong>es bestimmten Tarifvertrags gegen den Tarifpartner. E<strong>in</strong>e gerichtlicheVerurteilung e<strong>in</strong>er Tarifvertragspartei zum Abschluss e<strong>in</strong>es bestimmten,vom klagenden Tarifpartner vorgelegten Entwurfs e<strong>in</strong>esTarifvertrags könne nur erfolgen, wenn e<strong>in</strong>e rechtlich verb<strong>in</strong>dlicheVerpflichtung hierzu besteht, betont das Bundesarbeitsgericht (BAG).Diese müsse sich ebenso zweifelsfrei wie der Inhalt der e<strong>in</strong>geklagtenErklärung aus der Verpflichtungsgrundlage (zum Beispiel e<strong>in</strong>em Vorvertragoder e<strong>in</strong>er tariflichen Regelung) ergeben. Ansonsten besteheallenfalls e<strong>in</strong> Verhandlungsanspruch der Tarifparteien gegene<strong>in</strong>ander.Die klagende Gewerkschaft (Deutsche Orchestervere<strong>in</strong>igung) hattemit dem beklagten Arbeitgeberverband (Deutscher Bühnenvere<strong>in</strong>)seit Jahren Tarifverträge für die Arbeitsverhältnisse der Mitglieder vonKulturorchestern geschlossen. Für die Vergütung sehen die tariflichenRegelungen e<strong>in</strong>e Anpassungsverpflichtung vor, nach der bei e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>enVeränderung im Bereich der Kommunen und der Länder dieGehälter der tarifunterworfenen Musiker „durch Tarifvertrag s<strong>in</strong>ngemäßanzupassen“ s<strong>in</strong>d. Hieraus hat die klagende Gewerkschaft e<strong>in</strong>enAnspruch gegen den beklagten Verband abgeleitet, e<strong>in</strong>em von ihr formuliertenTarifvertragsentwurf zuzustimmen. Sie me<strong>in</strong>t, die letztenEntgelterhöhungen im TVöD/VKA beziehungsweise TV-L seien „e<strong>in</strong>szu e<strong>in</strong>s“ umzusetzen. Der Deutsche Bühnenvere<strong>in</strong> hat dagegen dieAuffassung vertreten, die Anpassungsklausel im Manteltarifvertragenthalte lediglich e<strong>in</strong>e Verhandlungspflicht.Die Vor<strong>in</strong>stanzen haben die Klage abgewiesen. Das BAG hat die Revisionder Gewerkschaft zurückgewiesen und e<strong>in</strong>e Rechtspflicht desArbeitgeberverbandes zum Abschluss e<strong>in</strong>es bestimmten Tarifvertragesverne<strong>in</strong>t. Zwar könne sich e<strong>in</strong> solcher Anspruch grundsätzlich aus e<strong>in</strong>emverb<strong>in</strong>dlichen Vorvertrag oder aus e<strong>in</strong>er eigenen vorher vere<strong>in</strong>bartentariflichen Regelung ergeben. E<strong>in</strong>e entsprechende Verpflichtungkönne aber nur dann anerkannt werden, wenn sich sowohl der daraufgerichtete B<strong>in</strong>dungswille als auch der h<strong>in</strong>reichend konkretisierte Inhaltder angestrebten Tarife<strong>in</strong>igung aus der verpflichtenden Regelungselbst ergibt. Für den Inhalt des Tarifvertrages bedeute dies regelmäßig,dass es nur e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige, der Vorgabe entsprechende Regelungsmöglichkeitgeben darf. Seien diese Voraussetzungen nicht gegeben,bestehe – wie hier – lediglich e<strong>in</strong>e – qualifizierte – Verhandlungspflichtder Tarifpartner.Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.09.2013, 4 AZR 173/12Sachgrundlose Befristung: Auch länger als drei Jahrezurückliegende Vorbeschäftigung bei Zulässigkeitsprüfungzu berücksichtigenDas Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hält die sachgrundloseBefristung e<strong>in</strong>es Arbeitsvertrags auch dann für unzulässig,wen die Vorbeschäftigung des Arbeitnehmers schon länger als drei Jahrezurückliegt. Das Gericht stellt sich damit gegen die Rechtsprechungdes Bundesarbeitsgerichts (BAG). Es hat die Revision zugelassen.Der Kläger war bei e<strong>in</strong>em Unternehmen der Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustrieaufgrund jeweils befristeter Arbeitsverträge vom 27.08.2007 bis30.11.2007 und wieder vom 01.02.2011 bis 30.06.2011, verlängert bis31.05.2012 und noch e<strong>in</strong>mal verlängert bis 31.01.2013 beschäftigt. Mitse<strong>in</strong>er Klage hat er sich gegen die Befristung se<strong>in</strong>es letzten Arbeitsvertragesgewandt.Gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) istdie sachgrundlose Befristung e<strong>in</strong>es Arbeitsvertrages unzulässig, wennmit demselben Arbeitgeber bereits zuvor e<strong>in</strong> befristetes oder unbefristetesArbeitsverhältnis bestanden hat. Das BAG hat das Tatbestandsmerkmal„bereits zuvor“ <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er neueren Rechtsprechung (Urteil vom06.04.2011, 7 AZR 716/09) dah<strong>in</strong> ausgelegt, dass <strong>in</strong> Anlehnung an dieregelmäßige Verjährungsfrist des § 195 Bürgerliches Gesetzbuch Vorbeschäftigungenbeim selben Arbeitgeber, die länger als drei Jahre zurückliegen,nicht zu berücksichtigen s<strong>in</strong>d.Von dieser Rechtsprechung weicht das LAG Baden-Württemberg ab.Es hält die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung gegen dene<strong>in</strong>deutigen Wortlaut der Norm und den aus dem Gesetzgebungsverfahrenerkennbaren Willen des Gesetzgebers, ke<strong>in</strong>e Frist <strong>in</strong> das Gesetzaufzunehmen, durch das BAG für überschritten. Jedenfalls hätte dasBAG die Norm dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung ihrer Verfassungsmäßigkeitvorlegen müssen. Außerdem weiche die Recht-16
Schaufenster Steuernsprechung des Siebten Senats des BAG von der des Zweiten Senats ab,sodass der Siebte Senat das Verfahren zur Wahrung der Rechtse<strong>in</strong>heithätte durchführen müssen.Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 26.09.2013, 6Sa 28/13Arbeitsvertragliche Altersgrenzen bei Anknüpfen angesetzliche Altersgrenzen nicht diskrim<strong>in</strong>ierendE<strong>in</strong> Journalist ist vor dem Bonner Arbeitsgericht (ArbG) mit se<strong>in</strong>erKlage gegen e<strong>in</strong>e ARD-Rundfunkanstalt auf e<strong>in</strong>e Entschädigung von25.000 Euro wegen e<strong>in</strong>er behaupteten Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung gescheitert.Arbeits- und tarifvertragliche Altersgrenzen, die an das Erreichender gesetzlichen Altersgrenzen anknüpften, seien nach dem Allgeme<strong>in</strong>enGleichbehandlungsgesetz (AGG) zulässig, betont das Gericht <strong>in</strong>se<strong>in</strong>er Entscheidung.Der klagende Rundfunkjournalist war seit über 30 Jahren als freierMitarbeiter für den Sender tätig. Nachdem der Sender ihm Ende 2012mitgeteilt hatte, dass die bisherige Zusammenarbeit wegen des Erreichensder gesetzlichen Rentenaltersgrenze nicht fortgesetzt werde,zog der Journalist vor Gericht.Das ArbG wies die Klage ab. Es stützte se<strong>in</strong>e Entscheidung darauf, dassarbeits- und tarifvertragliche Altersgrenzen, die an das Erreichen dergesetzlichen Altersgrenzen anknüpfen, nach dem AGG zulässig seien.Denn die Arbeitnehmer seien dann regelmäßig durch gesetzliche Rentenansprüchemateriell abgesichert. Dieser Rechtsgedanke könne auchauf die Zusammenarbeit mit freien Mitarbeitern angewendet werden.Auch bei diesen könne jedenfalls dann von e<strong>in</strong>er ausreichenden Altersversorgungausgegangen werden, wenn sie wie der Kläger regelmäßigbeschäftigt worden seien.Arbeitsgericht Bonn, 3 Ca 685/13, nicht rechtskräftigallerd<strong>in</strong>gs nur bis zum Besteckkasten. Dort rutschte er auf verschütteterSalatsoße aus und zog sich e<strong>in</strong>e Armverletzung zu.Als er den Sturz als Betriebsunfall anerkannt haben wollte, lehnte dieBerufsgenossenschaft ab, da Nahrungsaufnahme grundsätzlich demprivaten Bereich zuzuordnen sei.Zurecht, so das Landessozialgericht Baden-Württemberg, denn generellseien nur Geschäftsessen versichert, oder die Tätigkeit mache besondershungrig beziehungsweise durstig, oder der Beschäftigte müsseaus besonderen betrieblichen Zwängen se<strong>in</strong>e Mahlzeit an e<strong>in</strong>em bestimmtenOrt e<strong>in</strong>nehmen. Dies treffe für den vorliegenden Fall jedochnicht zu, denn der Mann habe se<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> erst um 14 Uhr gehabt,se<strong>in</strong> Ausrutscher sei jedoch schon um 12 Uhr passiert, so dass er beie<strong>in</strong>er Fahrtzeit von 30 M<strong>in</strong>uten ke<strong>in</strong>e besondere Eile gehabt und zumBeispiel <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Schnellrestaurant hätte gehen können.LSG Baden-Württemberg, L 6 U 1735/12Kündigung: Azubis dürfen sich schlechte Leistungenerlauben – sie lernen ja noch...Arbeitgeber s<strong>in</strong>d nicht berechtigt, e<strong>in</strong>em Auszubildenden fristlos zukündigen, weil er „schlechte Leistungen“ gebracht habe. Das sei auchdurch se<strong>in</strong> Versagen bei e<strong>in</strong>er Zwischenprüfung bewiesen, hatte derArbeitgeber im entschiedenen Fall argumentiert.Doch Auszubildende lernen noch, entschied das LandesarbeitsgerichtRhe<strong>in</strong>land-Pfalz, und dürften sich durchaus Fehler erlauben. Nur wennder Chef stichhaltig nachweisen könne, dass der Azubi (der hier denMaurerberuf erlernen will) höchstwahrsche<strong>in</strong>lich auch die Abschlussprüfungnicht bestehen werde (dass also „Hopfen und Malz“ verlorensei), dürfe ihm das Ausbildungsverhältnis vorzeitig gekündigt werden.Hier hätte zunächst e<strong>in</strong>e Abmahnung ausgereicht.LAG Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz, 10 Sa 518/12Unfallversicherung: E<strong>in</strong> Sturz <strong>in</strong> der Kant<strong>in</strong>e ist ke<strong>in</strong>ArbeitsunfallE<strong>in</strong> Arbeitnehmer wollte wegen e<strong>in</strong>es beruflichen Nachmittagsterm<strong>in</strong>sse<strong>in</strong> Mittagessen <strong>in</strong> der betrieblichen Kant<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>nehmen, schaffte es17