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Archiv: Musiker Magazin 03/2008 (PDF) - Musiker Online

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22 STORIESROCK AROUND THE BLOCKUdo Lindenbergs Popmuseumin Gronau – Reichlich Erbstücke im ProberaumHermine Lindenberg hatte so sehr gehofft, dass ihr Udo nach derSchule bei van Delden anfängt, in der großen Textilfabrik. Die existiertheute zwar nicht mehr, aber Udo ist jetzt doch angekommen im van-Delden-Backsteinbau – nicht als Lehrling, sondern als prominentesterSohn seiner Heimatstadt Gronau. Weil er mithalf, hier Europas erstesRock’n’Pop-Museum auf die Beine zu stellen – eine spannende Zeitreisedurch hundert Jahre Musikgeschichte.WALZER UND BLACK MUSICDie beginnt im Keller und zwar mit einer Überraschung: Los geht’s nichtwie erwartet mit singenden Baumwollpflückern in US-Südstaaten, sondernmit Walzer und Salonmusik der zwanziger Jahre. Sie werden als Wurzelpopulärer deutscher Musik vorgestellt, ebenso damals bekannteGassenhauer wie „In der kleinen Konditorei“. Erst danach folgt die „BlackMusic“ als Wiege des Blues. Was tut sich in Deutschland, was in Amerikaund England – diese beiden Fäden werden in der Ex-Textilfabrik konsequentzuende gesponnen: Amerikas Entwicklung mit Swing und Jazz,Deutschland zeitgleich unter dem Musikdiktat der Nazis. Amerika gebiertden Rock’ n Roll, der bald auch Deutschland überrollt. Rock und Punk heißenweitere Musik-Importe aus Übersee, in Deutschland mutieren sie zuKrautrock und Neuer Deutscher Welle, lernt man in Udos Keller.WELTHITS UND UNBEKANNTE SONGSInsgesamt hundert Jahre Popmusik, erzählt durch Plakate, Filmszenenauf Mini-Monitoren und Touchscreens, auf denen die Besucher jedeMenge Geschichte und Geschichten anklicken können. Besonderer Clouan den Wänden der Ausstellung: Kleine und große Schubladen. Zieht mandie kleinen heraus, kommt dahinter jeweils eine Art „Pop-Karton“ zumVorschein, aus dem Welthits wie „Satisfaction“ oder unbekannte Worksongsamerikanischer Sträflinge erklingen. Die großen Schubladen undVitrinen sind Schatzkisten, in denen die allererste Ausgabe der „Bravo“,schrille Bühnenoutfits von Guildo Horn und eine von Peter Kraus gebastelteviersaitige „Lehrlingsgitarre“ lagern. Alle paar Meter warten drollige Aha-Erlebnisse: Moment mal, ist das nicht...? Ja, es ist Ex-Tagesschau-SprecherWilhelm Wieben, der 1965 den Beat-Club ansagt. Und – ist ja nicht möglich– der spätere „Tutti-Frutti“-Moderator Hugo Egon Balder trommelt 1968 beider Krautrock-Combo „Birth Control“. Interaktion und Information will UdosMuseum bieten. Eine gute Idee, die leider häufiger zur Dröhnland-Sinfoniewird: Da quäkt rechts eine Rede von Martin Luther King aus demLautsprecher des Mini-Monitors, während links eine Besucherin die Beatles-Schublade aufzieht aus der prompt „Love me do“ erklingt.ERINNERUNGEN AUFFRISCHENTrotzdem: Die meisten Besucher sind begeistert. „Helga, kommaschnell, dat is unsa Lied“, ruft in breitem Westfälisch ein ergrauter Herr mitweit fortgeschrittener Schiebedachfrisur und wippt ergriffen zu „Let’s Twistagain“. Und später, nachdem er Original Woodstock-Eintrittskarten,die Jimi-Hendrix-Phototapete, Wolfgang Niedeckens Gitarre und IanAndersons Querflöte bestaunt hat, spürt er den Drang nun selbst malHand anzulegen. Kein Problem, denn in seiner Mitte wird der Ausstellungsraumzum Probenraum: Ein paar bunte Tonnen für alle, die schonimmer mal ein Schlagzeug traktieren wollten. So ähnlich hatte Udo schließlichauch angefangen, als er mit Grünkohl-Strünken auf Blechfässernherumtrommelte – als Junge in einem Hinterhof von Gronau, nicht weitvom heutigen Popmuseum.TEXT: STEPHAN BRÜNJESFOTOS: ROCK’N’POPMUSEUMmusiker MAGAZIN 3/<strong>2008</strong>

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