13.07.2015 Aufrufe

Archiv: Musiker Magazin 03/2008 (PDF) - Musiker Online

Archiv: Musiker Magazin 03/2008 (PDF) - Musiker Online

Archiv: Musiker Magazin 03/2008 (PDF) - Musiker Online

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

46 MUSIK & RECHTGEMA-URTEILKommentar und Auszüge auseinem Gerichtsurteil gegen die GEMA aus 2007VON OLE SEELENMEYERDas Landgericht Berlin fällte am 30.10.2007gegen die GEMA ein bemerkenswertesUrteil. Ein bekannter Musikverleger im Gesamtbereichder Rock- und Popmusik verklagte dieGEMA, weil diese zahlreiche Musikfolgebögen mitWerken von ihm verlegter Urheber entweder vorder Abrechnung zurückgestellt, oder von derVerrechnung ausgeschlossen hat.Die GEMA hatte in den Jahren 2004 und 2005einzelne Veranstaltungen kontrolliert und diebehauptete Unrichtigkeit einzelner Musikfolgenverschiedener Veranstalter zum Anlass genommen,sämtliche Musikfolgen der betroffenenVeranstalter von der Verrechnung zurückzustellenund die angeblich fehlerhafte Musikfolge vonder Verrechnung auszuschließen. Hiervon setztedie GEMA die Veranstalter und den betroffenenVerleger wenige Tage vor dem Abrechnungsterminin Kenntnis und stellte diesen „anheim“,sie könne die Richtigkeit der zurückgestelltenMusikfolgen durch unabhängige Zeugen, etwaZuhörern oder Vertretern der Veranstaltungsortenachweisen – aber bitte detailliert, Konzert fürKonzert, Titel für Titel. Dass die Konzerte teilweiseschon über ein Jahr zurücklagen, weigertesich die GEMA hartnäckig, als Beweishinderniszu akzeptieren. Hiergegen wandte sich derMusikverleger mit einer Klage.IN DIESEM ZUSAMMENHANGKAM DAS LANDGERICHT BERLINZU FOLGENDEM SCHLUSS:Es wird festgestellt, dass die GEMA nicht berechtigtist, die Musikfolgebögen der einzelnen kontrolliertenVeranstaltungen für das Kalenderjahr2004 und 2005 aus den Abrechnungen für denklagenden Musikverlag auszuschließen. DieGEMA ist erst recht nicht berechtigt, sämtlicheübrigen Musikfolgebögen der jeweiligen Veranstalterzurückzustellen. Im Gegenteil: die GEMAist verpflichtet, die Abrechnung für die Kalenderjahre2004 und 2005 bis jeweils zum 01.04.des nachfolgenden Jahres vorzunehmen, zuzüglichVorzugszinsen.ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE FÜRDIESES GERICHTSURTEIL:Die Klage des Musikverlages war überwiegendbegründet, weil sie darauf gerichtet war,festzustellen, dass die GEMA nicht berechtigtwar, bestimmte Musikfolgen aus denAbrechnungen für den Kläger zurückzustellenoder gar auszuschließen und dass die GEMAverpflichtet ist, über die Musikfolgen in bestimmterWeise abzurechnen.Der klagende Musikverlag hat gegen dieGEMA gemäß dem Berechtigungsvertrag inVerbindung mit der Satzung der GEMA einenAnspruch darauf, dass festgestellt wird, dass dieGEMA nicht berechtigt war, die in den Anträgengenannten Musikfolgen (mit Ausnahme von 13Musikfolgen, die nach dem 31.12.2005 bei derGEMA eingegangen sind) zurückzustellen.Das Landgericht Berlin ist der Ansicht, dassein Ausschluß von Musikfolgen nach der für dieGeschäftsjahre 2004 und 2005 geltendenFassung des Verteilungsplanes nur möglich ist,wenn diese offensichtlich unrichtig sind.Offensichtlich unrichtige Musikfolgebögenlagen aber nicht vor! Offensichtlich unrichtig isteine Musikfolge, wenn ihre Unrichtigkeit leicht zuerkennen ist (KG, Beschluss vom 07.04.2006-5U180/04). Davon konnte hier nicht ausgegangenwerden: die Kontrollergebnisse der wenigenkontrollierten Veranstaltungen hätten nur durcheinen Sachverständigenbeweis überprüft werdenkönnen. Damit wäre eine Unrichtigkeit nichtmehr offensichtlich.Auch eine Zurückstellung der nicht kontrolliertenVeranstaltungen auf Grund „offensichtlicherUnrichtigkeit“ war nicht möglich, denn die GEMAhatte die Veranstaltungen nicht kontrolliert. Sieweiß nicht, welche Werke dargeboten wordensind. Zweifel mag sie an der Zuverlässigkeit derentsprechenden Musikleiter haben, wenn sichnach Behauptung der GEMA-Kontrolleure ergebenhätte, dass der Veranstalter unrichtigeMusikfolgen eingereicht habe. Dies mag zuZweifeln an der Richtigkeit anderer Musikfolgenführen, die von denselben Musikleitern eingereichtwurden. Eine offensichtliche Unrichtigkeitergibt sich hieraus nicht.Nach Ansicht des Kammergerichts Berlinwäre die GEMA verpflichtet gewesen, fallsberechtigter Anlass für die Annahme einesMissbrauchs bestanden hätte, in eine Einzelfallprüfungeinzutreten und aktiv und insbesondereauch zeitnah auf eine Klärung hinzuwirken.Dem ist die GEMA nicht ausreichendnachgekommen. Die Missbrauchsgefahr beiselbstaufführenden Berechtigten ist der GEMAbekannt. Wollte sie allein hieran ihre Zweifel ander Richtigkeit der von diesen Personen eingereichtenMusikfolgen knüpfen, müsste sie ihnengrundsätzlich aufgeben, den Nachweis für dieRichtigkeit anders als durch Einreichung einerMusikfolge zu führen. Das ist aber unterblieben.Die GEMA nimmt stattdessen das Ergebnis voneinzelnen Kontrollen zum Anlass, an der Richtigkeitder von den überprüften Musikleitern eingereichtenMusikfolgen zu zweifeln. Sie müsstedann unmittelbar nach den Kontrollen denBerechtigten aufgeben, den vermeintlich dieUnrichtigkeit der Musikfolgen bestätigendenKontrollergebnissen entgegenzutreten und dieRichtigkeit der gemeldeten Musikfolge darzulegen.Die GEMA hatte aber erst viele Monate nachder Kontrolle die Veranstalter aufgefordert, durchentsprechende Nachweise zu belegen, dass diedort angegebenen Aufführungen tatsächlichstattgefunden haben. Das ist für die Kontrollenim Geschäftsjahr 2004 und 2005 geschehen.Hierin liegt keine zeitnahe Klärung der sich ausSicht der GEMA ergebenden Zweifel. DieVeranstalter bzw. die aufführenden <strong>Musiker</strong>/innen,sind umso weniger in der Lage, die Richtigkeitihrer Musikfolgen zu belegen, je mehr Zeit zwischendem beanstandeten Konzert und derAufforderung, die aufgeführten Werke nachweislichzu benennen, verstrichen ist. Da Tonaufzeichnungenregelmäßig nicht zur Verfügungstehen – und wohl auch ungeeignet wären –müsste der Nachweis letztlich durch Zeugenerbracht werden. Diese können – wenn überhaupt– aber nur in unmittelbare zeitlicher Nähezur Veranstaltung ermittelt werden und auf-musiker MAGAZIN 3/<strong>2008</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!