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Kanzleien im Arbeitsrecht - Haufe.de

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12 I <strong>Kanzleien</strong> <strong>im</strong> <strong>Arbeitsrecht</strong> 2013Anti-Stress-Verordnung„Regulierungen sind kein Allheilmittel“Zuletzt sind die Krankheitstage in Unternehmen aufgrund psychischer Störungen <strong>de</strong>utlich angestiegen.Die Sozialpartner scheiterten jedoch mit einer gemeinsamen Erklärung gegen Stress am Arbeitsplatz.Wie es dazu kam, weshalb <strong>de</strong>r Zankapfel „Anti-Stress-Verordnung“ momentan nicht weiterhilft und wasdie Regierung vorhat, erklärt Gerd Hoofe, zuständiger Staatssekretär <strong>im</strong> Bun<strong>de</strong>sarbeitsministerium.Das Interview führte Michael MillerPersonalmagazin: Verschie<strong>de</strong>ne Untersuchungen zeigen, dass dieZahl <strong>de</strong>r stressbedingten Krankheitstage ansteigt. Gewerkschaftenwerfen <strong>de</strong>r Arbeitgeberseite Ignoranz bei diesem Thema vor.Beachten Betriebe das Thema zu wenig?Gerd Hoofe: Richtig ist, dass die Zahl <strong>de</strong>r Krankheitstage aufgrundpsychischer Störungen in <strong>de</strong>n letzten Jahren stark gestiegen ist. 2011waren es mit 59 Millionen rund 80 Prozent mehr als 1997. Auch beiFrühberentungen gehen 41 Prozent auf das Konto von psychischenErkrankungen, die Betroffenen sind durchschnittlich 48 Jahre.Es wäre zu einfach, die Ursache dafür alleine in <strong>de</strong>r Arbeitswelt zusuchen. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle – private Einflüsse tragendazu ebenso bei wie gesellschaftliche und sozioökonomische. Aber:Die steigen<strong>de</strong>n Zahlen bei Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung inVerbindung mit <strong>de</strong>n Ergebnissen repräsentativer Beschäftigtenbefragungenweisen auch darauf hin, dass psychische Belastungen undihre gesundheitlichen Risiken in <strong>de</strong>r Arbeitswelt signifikant zugenommenhaben. Wachsen<strong>de</strong>r internationaler Wettbewerb, beschleunigteArbeitsprozesse, mo<strong>de</strong>rne Kommunikationsmittel o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Trend zurDienstleistungsgesellschaft verän<strong>de</strong>rn zunehmend innerbetrieblicheProzesse und führen zu neuen Formen <strong>de</strong>r Belastung. Das sollte je<strong>de</strong>rArbeitgeber ernst nehmen.Personalmagazin: Wo müssen Unternehmen noch nachbessern?Hoofe: Zunächst ist es wichtig, das Thema nicht zu mystifizieren, son<strong>de</strong>rnes offen in <strong>de</strong>n Betrieben anzusprechen. Ziel muss sein, dass <strong>de</strong>rSchutz vor psychischer Belastung genauso selbstverständlich betrachtetwird wie <strong>de</strong>r Schutz vor Lärm, Staub und Chemikalien. Davon sindwir noch weit entfernt. Die rechtlichen Vorgaben <strong>de</strong>s Arbeitsschutzeswer<strong>de</strong>n hier nur unzureichend umgesetzt.Der erste Schritt – wie bei je<strong>de</strong>r Gefährdungsbeurteilung – ist die Analyse<strong>de</strong>r Arbeitsbedingungen, um psychische Belastungen zu i<strong>de</strong>ntifizieren.Dabei sind die Beschäftigten gute Experten. Wenn vieleetwas subjektiv als belastend empfin<strong>de</strong>n, ist das ernst zu nehmen.Betriebliche Umfragen und Gesprächskreise, ergänzt durch betrieblicheDaten – etwa zu Fluktuation, Fehltagen, Unfällen – geben eine guteHandlungsgrundlage. Wer<strong>de</strong>n Schwachstellen sichtbar, etwa schlechtesArbeitskl<strong>im</strong>a, geringe Zeit- und Handlungsspielräume, fehlen<strong>de</strong>Klarheit bei Arbeitsaufträgen und so weiter, dann sollte hier konkretangesetzt wer<strong>de</strong>n. Oft ist es gera<strong>de</strong> für kleine und mittlere Unternehmenratsam, externe Experten hinzuzuziehen, die Gesprächskreisemo<strong>de</strong>rieren o<strong>de</strong>r Befragungen auswerten, um Unbefangenheit und Expertisesicherzustellen. Gut ist es, wenn die Personalvertretungen engmit <strong>de</strong>m Betriebsarzt zusammenarbeiten und darauf hinwirken, dassArbeits- und Gesundheitsschutz <strong>im</strong> Unternehmen einen hohen Stellenwerthat.Personalmagazin: Wie unterstützt das Bun<strong>de</strong>sarbeitsministerium?Hoofe: Das Arbeitsministerium hat <strong>im</strong> vergangenen Jahr viel unternommen,um das Thema stärker in die Betriebe zu tragen. Wir haben in<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung beschlossen, <strong>im</strong> Arbeitsschutzgesetz klarzustellen,dass psychische Belastungen bei <strong>de</strong>r Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigensind. Niemand soll mehr sagen können, er habe es nichtgewusst. Ebenso hat Ministerin Ursula von <strong>de</strong>r Leyen das Thema mehrfachaufgegriffen und für einen verstärkten Arbeitsschutz geworben.Unter ihrer Fe<strong>de</strong>rführung wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong> Prozess in <strong>de</strong>r GemeinsamenDeutschen Arbeitsschutzstrategie weiter vorangetrieben.An <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r und Unfallversicherungsträger wird nun unteran<strong>de</strong>rem konkret daran gearbeitet, Aufsichtskräfte und betriebliche Akteurefür <strong>de</strong>n Umgang mit psychischen Belastungen fortzubil<strong>de</strong>n.Unternehmen sollen geeignete Instrumente an die Hand bekommen.Die vom Arbeitsministerium geför<strong>de</strong>rte Initiative Neue Qualität <strong>de</strong>rArbeit ist hier bereits mit gutem Beispiel vorangegangen und hat praxisnaheHandlungshilfen für Führungskräfte und Beschäftigte entwickelt.Diese wer<strong>de</strong>n sehr stark nachgefragt. Darüber hinaus hat dieBun<strong>de</strong>sanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin mit <strong>de</strong>m StressreportDeutschland 2012 eine aktuelle Bestandsaufnahme vorgelegt,die sowohl belasten<strong>de</strong> als auch Ressourcen stärken<strong>de</strong> Faktoren in <strong>de</strong>rArbeitswelt benennt – eine hervorragen<strong>de</strong> Grundlage, um gezielt Präventionzu betreiben.Personalmagazin: SPD und Gewerkschaften verfolgen <strong>de</strong>n Entwurfeiner Anti-Stress-Verordnung. Wie beurteilen Sie diese Initiative?

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