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Religiöse Vorstellungen bilden - Comenius-Institut Münster

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Vom Kopffüßlergott zu den perspektivischen Lichtstrahlen 53Dieser Aufsatz präsentiert Skizzen der zeichnerischen Entwicklung vom sogenanntenKritzelstadium bis ins Jugendalter. Skizzen insofern, als schon vor mehr als 60 Jahren zukonstatieren war: „Über das freie Zeichnen der Kinder und Jugendlichen gibt es schoneine große Literatur“ (Stern 4 1927, 316). Damit kontrastiert allerdings, dass jüngere Gesamtdar stel lun gen der Entwicklungspsychologie der Genese des Zeichnens kein eigenesKa pi tel mehr widmen (z. B. Oerter & Montada 4 1998, Wendt 1997).Soweit greifbar, werden die Entwicklungsabschnitte und Besonderheiten der Kin der -zeich nung mit Gottesbildzeichnungen verdeutlicht, wie sie bisher primär unter tie fen -psy cho lo gi schen Gesichtspunkten (Bossmann/Sauer 1984) sowie unter der Fragestellunganalysiert wurden, ob ‚Gott’ anthropomorph sei oder nicht, männlich oder weiblich, obim Himmel, auf Erden oder wo auch immer lokalisiert etc. (Bucher 1994; Hanisch 1996;Schrei ner 1998).Die genuin zeichnerische Entwicklung wurde in diesen Studien jedoch weitgehend ausgeklammert.Aber das in Gottesbildzeichnungen wiederholt festgestellte archaische Weltbild– unten eine flach vorgestellte Welt, oben ein ebenfalls horizontaler Him mels strei fen – lässtsich ebenso plausibel mit der Entwicklung der zeichnerischen Gestaltung erklären, insbesonderedem Konzept des „Streifenbildes“ (Richter 1987, 81f.), wie es dem ansatzweiseentwickelten euklidischen Raumkonzept sensu Piaget/Inhelder (1975, 505ff.) entspricht.Infolgedessen ist der hier gewählte Referenzrahmen der zeichnerischen Ent wick lung dieallgemein kognitive Entwicklung – und nicht nur die der visuellen Wahr neh mung. Dennauch letztere hängt ab von kognitiven Strukturen, Schemas und Skripts. 1 Darüber hinausprägte Luquet (1927, 224) schon vor 60 Jahren den bekannten Satz: „Das Kind zeichnetvon den Dingen nicht, was es sieht, sondern was es weiß.“ Auch wenn diese These nichtganz richtig ist – so malen auch solche Kinder Kopffüßler ohne Bauch und Rumpf, dieum den Bauch wissen (Meili-Dworetzki 1957) –, die Entwicklung des zeichnerischenGestaltens, wie im Religionsunterricht speziell der Grundschule noch und noch praktiziert,lässt sich mit der Entwicklung der visuellen Vorstellungsfähigkeit (Hänggi 1989) alleinnicht erklären.Die Skizze ist chronologisch gegliedert und beginnt mit dem „Kritzelstadium“, schonbei Stern ( 4 1927, 316f.) ein fixer Begriff. Anschließend erörtere ich das Zeichnen in der„Schemaphase“, sodann die weiteren Entwicklungsschritte in der späteren Schulkindheitund in der Jugend, in der das freie Zeichnen oftmals (und leider) unwiderruflich eingestelltwird (dazu Mühle 4 1975, 6f.)1Der kognitionspsychologische Begriff „Skript“ bezieht sich auf die Kenntnisse von Stan dard si tua tio nen,etwa „Restaurantbesuch“ (Wimmer & Perner 1979, 140f.), d.h. auf einen typischen Handlungsablauf. „Schema“hingegen, von Wessells (1984, 327f.) in seinem Standardwerk „Kognitive Psychologie“ mit „skript“ synonymgebraucht, bezieht sich eher auf Gegenständliches: beispielsweise Menschenschema, Hausschema etc.

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