408 G lü c k a u f Nr. 12Regenerierung des Adsorbens viel zu schwierig gestalten;außerdem muß aus denselben Gründen wiebei der Adsorption des Benzols aus Kokereigasen miteinem raschen Nachlassen der Aktivität gerechnet werden.Weit einfacher ist für die Entphenolung ohneZweifel die Anwendung von Lösungsmitteln, vondenen sich Benzol und seine Homologen bisher ambesten bewähren, zumal, da sie leicht wiedergewonnenwerden können und keinen neuen Fremdstoff imextrahierten und dann abgetriebenen Wasser hinterlassen.Da die zu extrahierenden Stoffe wasserlöslich sind,müssen natürlich erhebliche Mengen des Lösungsmittelsangewendet werden, falls man auf gute ExtraktionsausbeuteWert legt. Das sich hierbei einstellende Gleichgewichtkann nur mit unverhältnismäßig großen Mengendes Lösungsmittels zugunsten einer bessern Extraktionsausbeuteverschoben werden. Man wird sich deshalb,um wirtschaftlich zu arbeiten, mit einer leicht erreichbarenExtraktionsausbeute begnügen müssen, die imallgemeinen bei 70-75 % liegt.Das Ausbringen an Phenolen usw. ist auch zumTeil von der Temperatur abhängig. Unter sonst gleichenBedingungen steigt die Ausbeute um etwa 10—15%,wenn die Extraktion bei 60—70° C vorgenommen wird.Die Anwendung von Wärme bietet zudem für dieBelriebsführung den wichtigen Nutzen, daß sichEmulsionen von Wasser und Benzol, wie sie beiinniger Vermischung beider Stoffe unvermeidlich auftreten,fast augenblicklich trennen. Wie zu erwartenstand, hat sich auch beim Entphenolungsverfahren dieW ahrung des Gegenstromprinzips als vorteilhaft erwiesen,was keiner nähern Erläuterung bedarf.Auffallend ist in mancher Beziehung die Ähnlichkeitder Verhältnisse beim Entphenolungsverfahren undbei der Absorption des Benzols mit Hilfe von Waschöl.Hier wie dort stellt sich ein Gleichgewicht ein, dasbeim Absorbieren von Benzol in erster Linie von demGrade der Anreicherung des Waschöls, d. h. von derSpannung des Benzol-Waschölgemisches, abhängt.Während bei der Benzolabsorption das praktisch erreichbareGleichgewicht bei etwa 2 % liegt (meist sogarnoch darunter), nimmt das Lösungsmittel, z. B. Benzol,aus einem Rohwasser nur so viel auf, daß seine Anreicherungetwa 1,5% beträgt. Dies besagt, daß dieWasserlöslichkeit der Phenole, besonders der Karbolsäure,hier eine weitere Anreicherung verhindert. Ausdem angeführten Wert für die höchste Anreicherungdes Benzols mit Phenolen läßt sich errechnen, wievielBenzol mit dem Wasser in Berührung gewesen seinmuß, damit eine durchschnittliche Extraktionsausbeutevon 70-75 % erreicht wird. Selbstverständlich hängtdie Ausbeute auch vom Phenolgehalt des Wassers selbstab. Nimmt man das erreichbare Gleichgewicht, wie esmeist der Fall ist, bei einem Phenolgehalt des extrahiertenWassers von 0,6-0,7 g/1 an, so kann man hierausund aus dem Phenolgehalt des ursprünglichen Rohwassersdie praktisch mögliche Ausbeute für jeden Einzelfallermitteln. Auf Grund dieser Berechnung glaubeich, daß bei einem Wasser mit 2 g Phenol je 1 die Grenzeder Wirtschaftlichkeit liegt, da hier bestenfalls eineExtraktionsausbeute von 65-70 % zu erwarten ist. Jehöher die Konzentration an Phenolen ist, desto lohnendergestaltet sich natürlich die Extraktion.Nach einem neuern Vorschläge gelingt es, diePhenole dem Rohwasser praktisch vollständig zu entziehen,wenn man dem Extraktionsmittel hochsiedendeTeerbasen zusetzt oder mit basenhaltigen Erzeugnissenarbeitet. Ich glaube nicht, daß diesem Verfahren, dasauf der bekannten Bildung von Additionsverbindungender Phenole und Basen fußt, eine große Bedeutungzukommt. Die Herstellung der hochsiedenden Teerbasenerfolgt bisher nirgends, erscheint auch keineswegsals einfach, weil ja bekanntlich der Basenextraktioneine Laugenwäsche zur Phenolentziehung vorangehenmuß. Ferner sind diese hochsiedenden Basen selbstetwas wasserlöslich, gehen also verloren und bringeneinen für die Abwasserreinigung bedenklichen neuenFremdstoff in das Wasser.Wie bereits erwähnt, extrahieren übrigens Benzolu.dgl. auch gewisse Mengen von Basen; sie werdenalso für die Aufnahme von Phenolen während desGebrauchs geeigneter, falls man die Basen darin belassenwill. Bei der vorgeschlagenen neuen Arbeitsweise müßteman aber auf die Möglichkeit, im Entphenolungsverfahrengleichzeitig die wertvollen Basen des Rohwassers zugewinnen, verzichten, was meines Erachtens durchausverfehlt wäre, weil gerade die Verwertung der Basendie Entphenolung lohnend gestalten kann und wird.Auf die verschiedenen Vorschläge zur betriebsmäßigenAusgestaltung der Phenolextraktion kann hiernicht näher eingegangen werden, da es sich um dieSonderbauarten der verschiedenen Firmen handelt.Dagegen sei die W e ite r v e ra rb e itu n g des mitPhenol angereicherten Benzols kurz geschildert.Dabei sind zwei grundsätzlich verschiedene Ausführungsartenzu unterscheiden. Entweder man destilliert dasBenzol ab und erhält als Rückstand die Phenole, oderaber man entzieht dem Benzol mit Natronlauge diePhenole als Phenolat, worauf das Benzol wieder in denExtraktionskreislauf zurückwandert. Wenn sich auchdie »Phenolatherstellung« rein rechnerisch günstigerstellt als das »Destillationsverfahren«, so sind bei derWahl des Verfahrens doch noch andere Umstände zuberücksichtigen, z.B. die Absatzmöglichkeiten der beidenErzeugnisse Phenolat und Rohphenol. Welcher vonbeiden Arbeitsweisen endgültig der Vorzug zu gebenist, sollen mehrere zurzeit im Betrieb befindliche Anlagenerweisen. Die Emschergenossenschaft hat auf denKokereien der Zechen Dorstfeld, Mathias Stinnes 1/2,Jacobi und König Ludwig nach 4 baulich verschiedenenVorschlägen der Firmen Bamag-Meguin, Köppers,Raschig und Still Extraktionsanlagen errichten lassen,deren Betriebsergebnisse verglichen und ausgewertetwerden sollen.Die Gewinnung der Pyridinbasen läßt sich beimPhenolatverfahren ohne weiteres einschalten, indem manan die Wäsche des angereicherten Benzols eine solchemit verdünnter Schwefelsäure anschließt. Aber auchbeim Destillationsverfahren gewinnt man, wie aus Betriebsergebnissenhervorgeht, die Pyridinbasen, und zwarwerden sie anscheinend in Form ihrer Additionsverbindungenim Destillationsrückstand zurückgehalten.Wie eingangs erwähnt, ist in der Entphenolungsfrageein weiterer Fortschritt durch die Auffindung derwahren Phenolquelle erzielt worden. Der Bach desRohwassers wird gewissermaßen aus zwei Quellengespeist; die eine ist der Ablauf der Ammoniakwäscher,die andere das wäßrige Kondensat der Gaskühler. Dieletztgenannten liefern fast allein die Phenole, die ausdem Rohwasser mittelbar in das Abwasser gelangen. Dievon mir vorgeschlagene Verarbeitung des Kondensatsbietet folgende Vorteile: 1. Da geringere Flüssigkeits-
19. M ärz 1927 G lü c k a u f 409mengen als bisher zu verarbeiten sind, kommt manmit kleinern Vorrichtungen aus. 2. Die Konzentrationdes Kondensats an Phenolen ist erheblich größer alsdie des Ammoniakrohwassers, meist doppelt so hoch.3. Daraus ergibt sich eine absolute und relative Erhöhungder Ausbeute, die sich vor allem im Mehrgewinnan wertvoller Karbolsäure auswirkt. 3. Manbraucht weniger Lösungsmittel, dementsprechend sindauch die Verluste durch Emulsion usw. sowie dieDampfkosten und sonstigen Ausgaben geringer.Noch höher ist die Bedeutung der Kondensatbehandlungzu veranschlagen, wenn man das Problemder Entphenolung vom gesundheitlichen oder abwassertechnischenStandpunkte aus betrachtet. Die Zahl derBetriebe, die in wirtschaftlicher Weise die Phenolegewinnen und so den Flüssen fernhalten können, wirddadurch ganz beträchtlich vergrößert, womit auch dasin erster Linie verfolgte Endziel, die Entphenolungsämtlichen Abwassers, in erreichbare Nähe gerückt ist.Eine weitere Vereinfachung läßt sich nur nocherreichen, wenn man die Menge des Kondensats durchVortrocknung der Kokskohle einschränkt. Diese durchausim Sinne des Fortschrittes liegende Maßnahme würdeauch aus zahlreichen ändern, hier nicht näher zu erörterndenGründen erhebliche Vorteile, besonders fürgroße Kokereien, bieten.Z u s a m m e n f a s s u n g .Aus gesundheitlichen und volkswirtschaftlichenGründen ist die Entphenolung des Abwassers vonNebenproduktenanlagen erforderlich. Für den Ursprungder Phenole wird eine Erklärung gegeben und derW eg beschrieben, den sie und die ändern meist imAmmoniakrohwasser vorhandenen Teerbestandteile imGange der Verarbeitung zurücklegen. Nach der Erörterungder ersten Vorschläge und Versuche, die sichauf die Vernichtung oder Entfernung der Phenolebeschränkt haben, werden die Verfahren eingehendbesprochen, die durch Gewinnung der Phenole nichtnur den gesundheitlichen Erfordernissen gerecht werdenwollen, sondern auch die Wirtschaftlichkeit der Entphenolungsanlagenanstreben. Den langjährigen Bemühungender beteiligten Werke und vor allem derEmschergenossenschaft ist es zu verdanken, daß sichdie Entphenolungsfrage in der letzten Zeit ihrer Lösungein erhebliches Stück genähert hat.^JDie W irkung und Feststellung von Rauchschäden im Ruhrbezirk.Unter Rauchschäden soll im Rahmen der nachstehendenAusführungen die Wuchsminderung' undder Ertragausfall an forstwirtschaftlicher, landwirtschaftlicherund gärtnerischer Vegetation als Folgeder Einwirkung giftiger Gase verstanden werden. AlsRauchgifte kommen in Betracht: schweflige Säure,Schwefelwasserstoff, Chlor, Salzsäure, Teer, Asphaltund Leuchtgas. Besonders soll im folgenden von derschädlichen W irkung der schwefligen Säure als desjenigenGiftstoffes die Rede sein, der im rheinischwestfälischenIndustriegebiet für Rauchschäden dievornehmlichste Ursache ist.Schweflige Säure entsteht bei jeder Kohlenverbrennungdurch die chemische Verbindung des in derKohle enthaltenen Schwefels mit Sauerstoff. DenSchwefelgehalt der einzelnen Ruhrkohlengi uppen hatR ip p e r t wie folgt festgestellt1:°/„Gasflammkohle . 0,66Gaskohle . . . 0,60Von Markscheider W. B a ld e r m a n n , Essen.Fettkohle .Magerkohle°/o0,450,43im Mittel 0,54Als Rauchquellen kommen im Ruhrbezirk zweiArten in Betracht, und zwar: 1. dauernde, dazu gehörendie Städte, die Bergwerke, die Hüttenwerke unddie chemischen Fabriken; 2. zeitweilige, das sind dieKokereien.Über die Städte als Rauchquellen gibt J a n s o n 2an, daß eine Stadt wie Leipzig den Rauch von 64,5Güterwagen Kohle täglich in die Luft schicke. Dasergibt eine jährliche Menge schwefliger Säure von1271,29 t oder eine tägliche von 3,4S t. W ie le r berechnetden Kohlenvcrbrauch von Aachen auf jährlich300000 t, was einer Menge von 3000 t schwefligerSäure gleichkomme, wenn man den Schwefelgehaltder Kohle auf 1 o/o setze. Schon aus diesen Zahlen er1 O lü c k a u i 1912, S. 1996.1 Q ärtnerische Raucligasschäden, 1916, S. 30.sieht man die Bedeutung der städtischen Rauchgasefür die Beurteilung etwaiger Rauchschäden.Ein größeres Bergwerk hat für seine Kessel einenjährlichen Kohlenverbrauch von etwa 30000 t, schicktdemnach 0,44 t schwefliger Säure täglich in die Luft.Nähere Angaben über die Hüttenwerke undchcmischen Fabriken sind kaum möglich, weil derSchwefelgehalt der Erze häufig wechselt; nähere A ngaben stehen daher nicht zur Verfügung.Die neuzeitlichen Kokereien sind sämtlich mit Vorrichtungenzur Absaugung der giftigen Gase versehen.Man führt diese durch die Schornsteine höhern Luftschichtenzu, wo sic Gelegenheit zur Verdünnunghaben. Trotz der Absaugevorrichtungen läßt sich aberein Entweichen der schwefligen Gase nicht ganz vermeiden.Besonders erfolgt es zwischen dem Ausstößendes Kokskuchens und dem Füllen des Ofens innerhalbeiner Zeitspanne von 4-6 min.Über die Schädlichkeit der schwefligen Säure hatsich W is lic e n u s 1 dahin geäußert, daß ein Säure-Luftverhältnis von 1:1 Mill. den Pflanzenwuchsschädigen kann, und daß dieser durch ein Verhältnisvon 1:500000 in der Regel geschädigt wird. DieseFeststellung bezieht sich aber auf die sehr empfindlichenNadelhölzer, während erfahrungsgemäß einjährigePflanzen, z. B. Getreidearten usw., höhere G ehalte ohne Schädigung vertragen können.Im Ruhrbezirk hat R ip p e r t 2 im BochumerStadtpark und im Essener Stadtwald Untersuchungenangestellt und dabei ein Säure-Luftverhältnis von1: 305346 bis zu 1: 7469S8 gefunden, jedoch sind dieseAngaben nicht als Werte allgemeiner Luftvergiftunghinzunehmen, weil dabei ohne Zweifel besondereRauchquellen das Ergebnis ungünstig beeinflußt haben.Es ist überhaupt schwer, wenn nicht unmöglich, im1 Z. angew. Chem. 1901, S. 689.2 Neue Beiträge zur Beurteilung von Rauchschäden im rheinisch-westfälischenIndustriegebiet, Qlückauf 1915, S. 725.