17.07.2015 Aufrufe

Professorinnen an der Universität Bonn - ArtOfVision

Professorinnen an der Universität Bonn - ArtOfVision

Professorinnen an der Universität Bonn - ArtOfVision

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Thema selbst festlegen, mich in die Materieeinarbeiten, einen neuen Ansatz entwickelnund klinisch erproben – ich hatte einen eigenenSchlüssel für die MR-Tomographen undkonnte nachts und am Wochenende, d.h.wenn kein Patientenbetrieb war, alles Möglichemit dem Magneten <strong>an</strong>stellen.Die unglaubliche Fülle <strong>an</strong> Möglichkeiten,neue Dinge herauszufinden, meine Neugierdezu stillen, plötzlich „hinter den Mondsehen zu können“ – das hat mich damals sobeschwingt, so eingenommen, so fasziniert,dass ich häufiger gesagt habe: „Ich fühlemich, als hätte ich nüchtern ein Glas Sektgetrunken“. Somit habe ich mich schließlichdoch für eine Weiterbildung in Radiologieentschlossen – obwohl ich eigentlich eherein chirurgisches Fach <strong>an</strong>gepeilt hatte. Da ichunbedingt weiter wissenschaftlich tätig seinwollte, war klar, dass ich ausschließlich <strong>an</strong>einer Universitätsklinik arbeiten wollte.Als Ärztin <strong>an</strong> einer Universitätsklinik hatm<strong>an</strong> viele verschiedenartige Aufgaben, vondenen die Patientenversorgung mir immernoch am meisten liegt. G<strong>an</strong>z platt gesprochen:M<strong>an</strong> hat abends das Gefühl, den Tagsinnvoll zugebracht zu haben, wenn m<strong>an</strong>seine Patienten betreut hat, sie von Früherkennungüber Diagnostik und Beh<strong>an</strong>dlungbegleitet hat, vielleicht ein wenig Mut zusprechenund Zuversicht vermitteln konnteo<strong>der</strong> wenn m<strong>an</strong> im interdisziplinären Teammit Kollegen <strong>an</strong><strong>der</strong>er Fachrichtungen <strong>an</strong>einem Str<strong>an</strong>g zieht, um das jeweils bestmöglicheBeh<strong>an</strong>dlungskonzept für einen Patienten/ eine Patientin gemeinsam zu entwi-Die unglaubliche Fülle <strong>an</strong> Möglichkeiten, neue Dinge herauszufinden,meine Neugierde zu stillen, plötzlich „hinter den Mond sehen zu können“ –das hat mich damals so beschwingt, so eingenommen, so fasziniert, dass ichhäufiger gesagt habe: „Ich fühle mich, als hätte ich nüchtern ein Glas Sektgetrunken“.ausgebildet; die Öffentlichkeit wird überSinn und Unsinn von Früherkennungs-Untersuchungenaufgeklärt; schließlich – und g<strong>an</strong>zbeson<strong>der</strong>s – werden Fachärzte auf dem Sektor<strong>der</strong> neuen bildgebenden Diagnoseverfahrenweitergebildet. Letzteres – die Weiterbildungvon Fachärzten – nimmt bei mirimmer mehr Zeit in Anspruch, da m<strong>an</strong> als„Experte“ zu Vorträgen und Referaten aufzahllosen Fortbildungsver<strong>an</strong>staltungen imInl<strong>an</strong>d, weit überwiegend aber im Ausl<strong>an</strong>d,hier wie<strong>der</strong> speziell den USA, her<strong>an</strong>gezogenwird. Das bringt eine erhebliche Reisetätigkeitmit sich – m<strong>an</strong>chmal sehr <strong>an</strong>strengend,aber m<strong>an</strong> hat die einzigartige Gelegenheit,internationale Kontakte zu knüpfen und sichaustauschen – und, g<strong>an</strong>z einfach, m<strong>an</strong> bekommtbuchstäblich die Welt zu sehen.Wer för<strong>der</strong>te und ermutigte Sie?Sagen wir einmal so: es hat sich mir niem<strong>an</strong>din den Weg gestellt. Eine För<strong>der</strong>ung gabes eigentlich nicht – diese meine Angelegenheitwar jahrel<strong>an</strong>g eine „one m<strong>an</strong> show“(bzw. „one wom<strong>an</strong> show“). Das hat extremwenn m<strong>an</strong> neben seiner eigenen klinischenAusbildung wissenschaftlich arbeitet, wasgrundsätzlich nur nach Dienstschluss und <strong>an</strong>den Wochenenden o<strong>der</strong> im Urlaub möglichwar. Meine Chefs, Prof. Reiser wie auch Prof.Schild, waren aber immer <strong>an</strong>sprechbar (wasnicht selbstverständlich ist) und haben michimmer ermutigt, wenn ich wie<strong>der</strong> eine „Sinnkrise“durchmachte – und die stellt sich beijedem wissenschaftlich Tätigen früher o<strong>der</strong>später einmal ein. Insbeson<strong>der</strong>e Prof. Schildför<strong>der</strong>t Frauen und Männer gleichermaßen– auch dies ist heute speziell in den klinischenFächern längst nicht selbstverständlich.Mittlerweile habe ich eine sehr gute Arbeitsgruppe,die übrigens im Wesentlichenaus Frauen besteht. Ich gebe mir wirklichMühe, den wissenschaftlichen Werdeg<strong>an</strong>gfür diese Kolleginnen einfacher zu gestalten,als er für mich gewesen ist.Gab es Hin<strong>der</strong>nisse? Wenn ja, welcheund mit wessen Hilfe konnten Sie dieseüberwinden?Ja, eine g<strong>an</strong>ze Menge Hin<strong>der</strong>nisse – aber irgendwieließen die sich alle lösen. Als einHauptproblem empfinde ich folgendes:Frauen sind gehäuft sehr kritisch ihrer eigenenLeistung und „Tauglichkeit“ gegenübereingestellt. Soweit m<strong>an</strong> überhaupt soverallgemeinern darf („die Frauen“ versus„die Männer“), d<strong>an</strong>n habe ich folgendenEindruck gewonnen: Frauen denken voneiner Aufgabe a priori erst einmal, dass siesie nicht o<strong>der</strong> nicht ausreichend gut kön-dieser Beweis ist je nach interner Meßlattekaum o<strong>der</strong> nur sehr schwer zu führen. Männersind da viel entsp<strong>an</strong>nter – sie denkenvon einer neuen Aufgabe a priori erst einmal,dass sie sie selbstverständlich bewältigenkönnen – bis zum Beweis des Gegenteils.Frauen lassen sich durch sich selbst (!) verunsichern.Das, was die meisten Frauen, die ichkenne bzw. <strong>an</strong>leite, tatsächlich am meistenbremst, ist nicht etwa ein frauenfeindlichesKlima, son<strong>der</strong>n – sie selbst und ihre übergroßeSelbstkritik. Natürlich ist Selbstkritikwichtig – gerade in <strong>der</strong> Medizin ist Selbstüberschätzungwirklich gefährlich. Aber wasich hier meine, das sind überzogene Zweifel<strong>an</strong> <strong>der</strong> eigenen Leistungsfähigkeit.Sobald es d<strong>an</strong>n allerdings über das Niveaudes akademischen Mittelbaus hinausgeht,d.h. wenn es um Verteilung von leitendenPositionen, von „Macht“ geht, ist ausmeiner Sicht die Situation tatsächlich fast unverän<strong>der</strong>t– Frauen werden da nach wie vorsehr kritisch betrachtet.Dazu kommt, dass viele exzellent qualifizierteFrauen gar keine leitende Position<strong>an</strong>streben, da diese Positionen in aller Regeldeutlich weniger Patientenversorgung, Wissenschaftund Lehre, dagegen mehr „politische“und administrative Aufgaben mit sichbringen. Für die meisten meiner männlichenKollegen ist es mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> erklärtesLebensziel, ab einem bestimmten Alter quasi„unabhängig“ zu werden – worunter im Wesentlichenverst<strong>an</strong>den wird, „keinen Chefmehr über sich zu haben“, entwe<strong>der</strong>, indemeine Chefarztposition erreicht wird, o<strong>der</strong> al-Für die meisten weiblichen Kollegen, dieich bisl<strong>an</strong>g kennen gelernt habe, ist es nichtso wichtig, ob o<strong>der</strong> ob sie nicht noch einen„Chef vor <strong>der</strong> Nase“ haben. Ob das nun gutist o<strong>der</strong> schlecht – das muss je<strong>der</strong> / jede fürsich entscheiden.Haben Sie für sich berufliche Alternativenaußerhalb <strong>der</strong> Hochschule gesehen?enten mit Tumoren ist die Verfügbarkeit vonexzellenten Diagnose- und Beh<strong>an</strong>dlungsmethodennatürlich wichtig – aber ebensowichtig ist es, für die Patienten persönlich dazu sein, ihnen Ängste zu nehmen und ihnendas Gefühl zu vermitteln, in guten Händenzu sein.Wenn m<strong>an</strong> <strong>an</strong> einer Universitätsklinikarbeitet, d<strong>an</strong>n erweitert sich das Tätigkeitsspektrumzusätzlich zur Patientenversorgungum mindestens zwei weitere wichtige Bereiche:Forschung und Lehre. Forschung – inmeinem Fall Entwicklung von Verfahren zurFrühdiagnose von Tumorerkr<strong>an</strong>kungen – dasist für mich zu einem wesentlichen Anliegen,fast einem Lebensziel geworden. Wenn m<strong>an</strong>miterlebt, wie unmittelbar die Patienten vonden wissenschaftlichen Ergebnissen profitierenkönnen, weil wir viel sicherer (und vorallem auch schonen<strong>der</strong>) in <strong>der</strong> Lage sind, Erkr<strong>an</strong>kungenim frühestmöglichen Stadium zudiagnostizieren und ernste, therapiepflichtigevon harmlosen Erkr<strong>an</strong>kungen zu unterscheiden– das ist nicht nur sp<strong>an</strong>nend, son<strong>der</strong>ntatsächlich sehr befriedigend.Lehre findet längst nicht nur für Stu-30 ckeln. Gerade bei <strong>der</strong> Betreuung von Pati- denten statt: Ärzte werden zu Fachärzten (!) viel Kraft und Einsatz erfor<strong>der</strong>t – speziell,nen – bis zum Beweis des Gegenteils – und ternativ die Nie<strong>der</strong>lassung <strong>an</strong>gestrebt wird. bin. Vielleicht würde ich, wenn ich es noch31Nein.Wenn sich <strong>der</strong> Konflikt Familie / Beruf für Siestellte, wie erlebten Sie diesen und durchwen erfuhren Sie Unterstützung?Ich erlebe den Konflikt dadurch, dass ich bisl<strong>an</strong>gkeine Kin<strong>der</strong> habe, obwohl ich eigentlichimmer Kin<strong>der</strong> gewollt habe. Ich kommeaus einer Familie, die viel Wert auf familiärenZusammenhalt legte und heute noch legt.Eine solche Situation hätte ich mir auch füreine eigene Familie gewünscht. Eine größereFamilie werde ich sicher nicht mehr gründenkönnen. Selbst die Unterhaltung einesgrößeren Freundeskreises ist nicht einfach,wenn die Arbeitszeiten sehr, sehr l<strong>an</strong>g sind.Welche Ch<strong>an</strong>cen bietet nach Ihrer Erfahrung<strong>der</strong> Beruf „Wissenschaftlerin“ jungenFrauen?Alle Ch<strong>an</strong>cen – unglaublich vielfältige Betätigung– absolut empfehlenswert. Ich würdeje<strong>der</strong>zeit wie<strong>der</strong> Medizin studieren und vermutlichden Weg gehen, den ich geg<strong>an</strong>gen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!