17.07.2015 Aufrufe

Professorinnen an der Universität Bonn - ArtOfVision

Professorinnen an der Universität Bonn - ArtOfVision

Professorinnen an der Universität Bonn - ArtOfVision

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die Möglichkeiten zur Verfolgung<strong>der</strong> eigenen wissenschaftlichenInteressen sowie <strong>der</strong> Kooperationmit Kollegen, das ständigeDazulernen und Austauschen mit<strong>an</strong><strong>der</strong>en in einem immer nocheinzigartigen interaktiven Freiraumerscheinen mir absoluterstrebenswert.Projekts <strong>der</strong> Habilitation und Professur zweifelte;als Wissenschaftlerin ernst genommenwurde ich von meinem akademischen Lehrerim Gespräch, lei<strong>der</strong> kaum in praktischerHinsicht, etwa in Form gemeinsamer Publikationeno<strong>der</strong> Konferenzbeteiligungen. Umsobedeuten<strong>der</strong> waren für mich die Mitwirkungin Fachverbänden und <strong>der</strong> Besuch von nationalenund internationalen Tagungen zurHerstellung von Kontakten und Kooperationen.Auch auf Wissenschaftlerinnen undweibliche Vorbil<strong>der</strong> bin ich erst in diesen Zusammenhängengestoßen.Die hohe Flexibilität <strong>der</strong> Arbeitszeit hat esmir erleichtert, diesen Beruf mit Familie zuvereinbaren. Wir haben während <strong>der</strong> Habilitationsjahredrei Kin<strong>der</strong> bekommen. Ich bedaurees, dass so viele Wissenschaftlerinnenmeinen, sich zugunsten <strong>der</strong> Karriere gegendie Probleme von Wissenschaftlerinnen mitKin<strong>der</strong>n gar nicht ins Blickfeld rücken undAnsätze ihrer Lösung nicht konsequent verfolgtwerden. Einen Wettbewerbsnachteilhabe ich in meinen Kin<strong>der</strong>n nie gesehen;schließlich ist auch Kin<strong>der</strong>losigkeit keineKarrieregar<strong>an</strong>tie.ForschungEinen Schwerpunkt meiner Arbeit bildendie Neuen Englischsprachigen Literaturen(NEL) bzw., weiter gefasst, das Gebiet, dasheute unter dem Begriff „Postcolonial Studies“firmiert. Sein Gegenst<strong>an</strong>d ist die Erforschung<strong>der</strong> englischsprachigen Literaturenund Kulturen außerhalb Großbrit<strong>an</strong>niensund den USA, also <strong>der</strong> jener Weltgegenden,die bis weit in das 20. Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>der</strong> KolonialmachtGroßbrit<strong>an</strong>niens unterst<strong>an</strong>den.Seit den 60er Jahren hatte m<strong>an</strong> sich innerhalb<strong>der</strong> Anglistik bemüht, den traditionellenBereich des Faches zu erweitern und den„neuen“ englischsprachigen Literaturen K<strong>an</strong>adas,<strong>der</strong> Karibik, Afrikas, Indiens, Australiensund Neuseel<strong>an</strong>ds einen Platz in Lehre undForschung zu sichern. Im Zuge <strong>der</strong> Neubesetzungvieler <strong>an</strong>glistischer Professuren inden letzten Jahren wurde dieses Arbeitsgebiet<strong>an</strong> den meisten deutschen Universitäteninstitutionalisiert und gehört weiterhinzu den am stärksten wachsenden Arbeitsfel<strong>der</strong>ninnerhalb <strong>der</strong> Anglistik.Zwei Kontexte haben die Forschung undLehre in diesem Bereich bis heute geprägt:auf das Englische als Literatursprache – dieEinbettung <strong>der</strong> Neuen EnglischsprachigenLiteraturen und Kulturen in Regionalstudienkonzeptebleibt die Ausnahme – und diekomparatistische Betrachtung aller regionalenAusprägungen dieser Literaturen undKulturen in dem weltumsp<strong>an</strong>nenden Kontext<strong>der</strong> NEL. Zentrale Analysegegenständeaus komparatistischer Sicht sind beispielsweisedie Rolle des Antikolonialismus in <strong>der</strong>Literatur, Debatten um die Rolle des Englischenals Literatursprache o<strong>der</strong> auch dieAusein<strong>an</strong><strong>der</strong>setzung mit den im Sp<strong>an</strong>nungsfeldunterschiedlicher Kulturen entst<strong>an</strong>denenindividuellen und kollektiven Identitäten.Augenfällig wird in jedem Fall die Unmöglichkeit<strong>der</strong> Gleichsetzung von englischsprachigerund nationaler Literatur.Ein Blick auf die verschiedenen Benennungendieses Arbeitsgebietes ver<strong>an</strong>schaulichtseine Entwicklung, aber auch die sichw<strong>an</strong>delnde Fachkonzeption <strong>der</strong> Anglistik.Insbeson<strong>der</strong>e betrifft dies die Ablösung <strong>der</strong>zentristischen Konzeption von einem einzigenkulturellen Gravitationszentrum, umdas sich die Peripherien gruppieren, durchein Weltbild mit vielen gleichr<strong>an</strong>gigen Zentren.Der zunächst gebräuchliche Begriff„Commonwealth-Literatur“ zementiertegenau dieses hierarchische Gefälle zwischenZentrum und Peripherie, indem die neuenenglischsprachigen Literaturen als Verzweigungen<strong>der</strong> britischen Literatur betrachtetwurden. Darüber hinaus trug <strong>der</strong> politischeOrdnungsbegriff des „Commonwealth“einzelner Län<strong>der</strong> noch <strong>der</strong> Heterogenitätihrer Kulturen Rechnung. Pluralität demonstrierendagegen die neueren, heute verwendetenBegriffe „Neue Englischsprachige Literaturen“und „Postcolonial Literatures in English“,wenngleich das Adjektiv „neu“ wenigerdas Alter <strong>der</strong> besprochenen Literaturen alsdas Interesse <strong>an</strong> ihnen <strong>an</strong>zeigt und das Adjektiv„postkolonial“ nicht mit „nach-kolonial“gleichzusetzen ist, son<strong>der</strong>n ein zeitlichesKontinuum vom Beginn <strong>der</strong> Kolonisation bisin die Gegenwart bezeichnet.Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Siegeszug <strong>der</strong> postkolonialenLiteraturtheorie seit <strong>der</strong> zweitenHälfte <strong>der</strong> 80er Jahre hat die Entstehungeines nicht nur komparatistisch, son<strong>der</strong>nauch interdisziplinär ausgerichteten Forschungsfeldesbegünstigt, dessen Kernbereicheim Gebiet <strong>der</strong> Kultur- und Literaturwissenschaft<strong>an</strong>gesiedelt sind und das sichsowohl mit den Gesellschaften und Kulturenin den ehemals kolonialisierten Teilen<strong>der</strong> Welt befasst als auch mit <strong>der</strong> Analysevon Kolonialdiskursen und zeitgenössischenMigr<strong>an</strong>tenkulturen, und, nicht zuletzt,mit <strong>der</strong> Fülle <strong>an</strong> Theoriebildungen zu ihrerBeschreibung.Zwar hat sich das Konzept des Postkolonialismusdurchgesetzt, im <strong>an</strong>glophonen Raumzumal, doch halten eine wachsende Zahl <strong>an</strong>Kritikern die Tatsache, dass es die kolonialeEinflußnahme als Referenzpunkt hat unddamit den Anti-Kolonialismus („resist<strong>an</strong>ce“)zentral setzt, als zunehmend unzeitgemäß.Weil Kulturen heute in zunehmendem Maße66 Kin<strong>der</strong> entscheiden zu müssen, weil dadurch die disziplinär vorgegebene Beschränkung we<strong>der</strong> den wechselnden Mitgliedschaftenin tr<strong>an</strong>snationale (globale) Beziehungsge-67flechte eingebunden sind, diskutiert m<strong>an</strong> gegenwärtigdas Konzept „tr<strong>an</strong>scultural Englishstudies“, dessen utopische Dimension indesschon die Ausklammerung <strong>der</strong> <strong>an</strong>glophonenLiteraturen <strong>der</strong> USA und Irl<strong>an</strong>ds aus den„Postcolonial Studies“ aufscheinen ließ. Geradediese Beispiele verdeutlichen die Notwendigkeit,Analysen von Repräsentationendurch solche interdisziplinärer Art zu Machtstrukturen,wie sie durch historische, gesellschaftspolitischeund institutionelle Rahmenbedingungenverbürgt sind, zu ergänzen.Wenn Zakes Mda in seinem Rom<strong>an</strong> TheHeart of Redness (2000) die Kolonialgeschichteund die Gegenwart Südafrikas beschreibt,aber die Apartheid-Ära ausblendet,so heißt dies, dass die schwarzen Südafrik<strong>an</strong>erzu dieser Zeit keine Stimme hattenund nicht Gegenst<strong>an</strong>d von Repräsentationwaren, die wir, wie die Beschreibung <strong>der</strong><strong>an</strong><strong>der</strong>en historischen Epochen, <strong>an</strong>alysierenkönnten. M<strong>an</strong> mag sich in diesem Zusammenh<strong>an</strong>gfragen, warum weiterhin kaum einRom<strong>an</strong> eines schwarzen Südafrik<strong>an</strong>ers indeutscher Übersetzung erscheint, son<strong>der</strong>n<strong>der</strong> hiesige Buchmarkt sich auf die Werke<strong>der</strong> weißen Schriftsteller Nadine Gordimer,J. M. Coetzee und neuerdings Damon Galgutkonzentriert.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!