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Professorinnen an der Universität Bonn - ArtOfVision

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Dr.Brigitte SchmitzProfessorin für Biochemiech bin in einer Akademikerfamilie aufgewachsenund wurde sehr traditionellerzogen. Eine Berufsausbildung wurdesowohl vom Elternhaus als auch von<strong>der</strong> Schule als notwendig erachtet für denFall, dass m<strong>an</strong> – aus welchen widrigen Umständenheraus auch immer – allein stehendsein würde und selbst für seinen Lebensunterhaltzu sorgen hätte, d.h. die Berufsausübungwurde nicht als ein möglicher und erstrebenswerterLebensinhalt betrachtet.Als ich 1966 in <strong>Bonn</strong> das Chemiestudiumaufnahm, war ich keineswegs davon überzeugt,dass ich dafür geeignet sei. WeiblicheVorbil<strong>der</strong> gab es auch nicht, die mich überzeugenkonnten, dass m<strong>an</strong> als Frau durchausdiese Berufslaufbahn einschlagen könnte. Zumeiner eigenen Überraschung best<strong>an</strong>d ichVordiplom und Diplom mit sehr gut bzw. ausgezeichnet,so dass ich beschloss zu promovieren.Ich entschied mich für eine Dissertationbei Prof. Dr. H. Egge am Institut für PhysiologischeChemie <strong>der</strong> Medizinischen Fakultät,in <strong>der</strong> ich mich mit dem Stoffwechselungesättigter Fettsäuren in <strong>der</strong> Rattenleberbefasste – ein in den 70er Jahren im Zusammenh<strong>an</strong>gmit <strong>der</strong> Erforschung <strong>der</strong> Atherosklerose-Ursachenhochaktuelles Thema.Bereits zu Beginn meiner Diplomarbeit hatteich geheiratet. Kurz vor Beendigung <strong>der</strong> Doktorarbeitbekam ich eine Tochter und zweiJahre später einen Sohn. So wurde ich mitdem Problem <strong>der</strong> Doppelbelastung durchBeruf und Familie konfrontiert, für die es allerdingseine sehr individuelle Lösung gab:Mein M<strong>an</strong>n war L<strong>an</strong>dwirt und daher berufsbedingtzu Hause, so dass er einen Grossteil<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>erziehung übernehmen konnteund auch wollte – eine (trotz <strong>der</strong> 68er!) fürdie damaligen frühen 70er Jahre ungewöhnlicheEinstellung.Ich war dafür im Gegenzug Feierabendl<strong>an</strong>dwirtinund ging oft n ach <strong>der</strong> Laborarbeitin den Stall, um Kühe zu melken. NachAbschluss <strong>der</strong> Doktorarbeit, für die ichden H.-P.-Kaufm<strong>an</strong>n-Preis <strong>der</strong> deutschenGesellschaft für Lipidforschung verliehenbekam, blieb ich für ca. weitere sechs Jahre<strong>an</strong> demselben Institut als Assistentin. Währenddieser Zeit orientierte sich mein M<strong>an</strong>nberuflich neu – er machte das Abitur amAbendgymnasium und beg<strong>an</strong>n Agrarwissenschaftenzu studieren. Aber Ende <strong>der</strong>70er Jahre beschlossen wir gemeinsam denRollentausch: Er wurde Hausm<strong>an</strong>n und ichblieb berufstätig.1984 ging ich ging ich mit einem EMBO-Stipendiumfür drei Monate <strong>an</strong> die UniversitätCambridge / Engl<strong>an</strong>d. Dafür schlug ich interess<strong>an</strong>teAngebote vom Europäischen Patentamtin Den Haag und aus <strong>der</strong> Industrie aus,was ich bis heute nicht bereue. Aus den dreiMonaten in Cambridge wurden d<strong>an</strong>n dreiJahre. Meine Arbeiten dort bezogen sich aufStruktur und Funktion des Oberflächenglykoproteins<strong>der</strong> Tryp<strong>an</strong>osomen, den Erregern<strong>der</strong> Schlafkr<strong>an</strong>kheit.Mein M<strong>an</strong>n und meine Kin<strong>der</strong> warenmit nach Cambridge gezogen, aber d<strong>an</strong>achgingen wir erst einmal getrennte Wege. DerGrund war, dass ich mich für eine befristeteStelle am Institut für Neurobiologie <strong>der</strong> UniversitätHeidelberg entschied. Ich ging alsonach Heidelberg, und meine Familie zog zurückauf unseren Hof in <strong>der</strong> Nähe von <strong>Bonn</strong>.Wissenschaftlich gesehen, war dies eine sehrfür mich völlig neuen Gebiet zu arbeiten, <strong>der</strong>Neurobiologie, dem ich bis heute treu gebliebenbin. Da die Direktorin des Institutes,Frau Prof. Schachner, einen Ruf <strong>an</strong> dieETH Zürich erhielt, habe ich nach drei Jahrenin Heidelberg noch zwei Jahre in Zürich als„wissenschaftliche Adjunktin“ gearbeitet.Während meiner Heidelberger Zeithatte ich mich extern <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Bonn</strong>er MedizinischenFakultät bei meinem ehemaligenDoktorvater habilitiert.1993 bekam ich d<strong>an</strong>n einen Ruf auf die C3Professur für Biochemie <strong>der</strong> L<strong>an</strong>dwirtschaftlichenFakultät <strong>der</strong> Universität <strong>Bonn</strong>. Nebenden zu haltenden Vorlesungen, Seminarenund Praktika in Biochemie für Studierende<strong>der</strong> Ernährungs- und Agrarwissenschaften,<strong>der</strong> Lebensmittelchemie und -technologiekonnte ich meine Forschung über die Rollevon proteingebundenen Kohlenhydratenbei Signaltr<strong>an</strong>sduktionsvorgängen während<strong>der</strong> Entwicklung des Nervensystems und beipathogenetischen Prozessen im Gehirn fortsetzen,wobei vor allem meine Zugehörigkeitzum Son<strong>der</strong>forschungsbereich 284 („Glykokonjugateund Kontaktstrukturen <strong>der</strong> Zelloberfläche“)und zu zwei Graduiertenkollegswissenschaftlich und fin<strong>an</strong>ziell von wesentlicherBedeutung war. Ein sechsmonatigesSabbatical <strong>an</strong> <strong>der</strong> Columbia Universityin New York brachte mir neue Impulse undIdeen für zukünftige Forschungsprojekte.Eine wesentliche Triebfe<strong>der</strong> meiner beruflichenLaufbahn war und ist die wissenschaftlicheNeugier, wie auch immer das zu<strong>an</strong> Frust ertragen, und sie lässt einen Risikenauf sich nehmen: Der mehrfache Wechsel<strong>der</strong> Stellen war z. B. für mich und meine Familiemit einem existentiellen Risiko verbunden,das sich jedoch letztendlich als wissenschaftlicheund persönliche Bereicherungerwiesen hat.Aber dies sind Aspekte, die die Laufbahneines M<strong>an</strong>nes und einer Frau gleichermaßenbetreffen. Dass ich als Frau in m<strong>an</strong>chen Situationennicht als gleichwertige Wissenschaftlerinakzeptiert wurde, wurde mir mit zunehmen<strong>der</strong>Berufsdauer bzw. mit dem beruflichenAufstieg immer deutlicher.Meine Mitarbeit im Beirat <strong>der</strong> Gleichstellungsbeauftragten<strong>der</strong> Universität <strong>Bonn</strong> hatdazu beigetragen, dass ich bewusster wahrnehme,dass Wissenschaftlerinnen oft höhereHürden nehmen müssen, um die gleicheAnerkennung zu finden wie ein Wissenschaftler.Dies lässt sich mit Fakten belegen:In einer schwedischen Untersuchung, die1997 in „Nature“ erschien, wurde nachgewiesen,dass einer Frau die gleiche wissenschaftlicheKompetenz wie einem M<strong>an</strong>n erstd<strong>an</strong>n zuerk<strong>an</strong>nt wird, wenn sie mehr als diezweifache wissenschaftliche Produktivitätaufweisen k<strong>an</strong>n.Trotzdem: Ich würde die meisten Entscheidungenwie<strong>der</strong> genauso fällen wie iches get<strong>an</strong> habe und bin davon überzeugt,dass es nicht ohne Einfluss auf die Einstellung<strong>der</strong> Gesellschaft zur Wissenschaftlerin bleibenwird, dass <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Frauen in <strong>der</strong>Wissenschaft, wenn auch l<strong>an</strong>gsam, so dochSchon früh war ich eher <strong>an</strong> naturwissenschaftlichenFragestellungen interessiert undführe es auf die Tatsache, dass ich ein Mädchengymnasiumbesuchte, zurück, dass sichmein Interesse für die naturwissenschaftlichenFächer frei entwickeln konnte. DerEinfluss von zwei Menschen führte dazu,dass ich mich für ein Chemiestudium entschied:Der eine war mein Vater, <strong>der</strong> selbstChemiker war und mit dem ich viele, fürmich wichtige Gespräche und Diskussionen– nicht nur über Chemie – führen konnte.Der <strong>an</strong><strong>der</strong>e war mein Chemie- und Mathematiklehrer,<strong>der</strong> ein hervorragen<strong>der</strong> Pädagogewar. Er verst<strong>an</strong>d es nicht nur, die naturwissenschaftlichenFächer interess<strong>an</strong>t darzustellen,son<strong>der</strong>n auch, mich davon zu überzeugen,dass nur meine Faulheit mich dar<strong>an</strong>hin<strong>der</strong>e, in diesen Fächern eine gute Schü-68 lerin zu sein.wichtige Zeit für mich: Ich beg<strong>an</strong>n auf einem definieren ist. Sie lässt einen ein großes Maß stetig zunimmt.69

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