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Professorinnen an der Universität Bonn - ArtOfVision

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Allerdings hatte ich schon nach dem erstenSemester das Gefühl, dass ich neben <strong>der</strong>Theologie noch etwas <strong>an</strong><strong>der</strong>es brauchte,und habe mich für einen zweiten Studieng<strong>an</strong>geingeschrieben. Geschichte gehörtenicht nur in <strong>der</strong> Schule zu meinenabsoluten Favoriten, son<strong>der</strong>n Interesse <strong>an</strong><strong>der</strong> Geschichte ist in gewisser Weise einFamilienerbteil.Meine Eltern waren nicht begeistert übermeine Studienwahl – sie hätten ein Studiummit größerer Tendenz zu einem „Brotberuf“für ihre älteste Tochter bevorzugt, dennes war unsicher, wo und wie denn Frauenin <strong>der</strong> katholischen Kirche würden arbeitenkönnen. An so etwas wie eine Professur füreine Frau in Katholischer Theologie war zuBeginn meines Studiums ja nicht einmal zudenken – und ich habe erst recht nicht dar<strong>an</strong>gedacht. Meine Eltern haben trotz ihrer Bedenkenmein Studium immer unterstützt- heute würde ich auch sagen, sie habenmeine Sturheit und meine Entschiedenheitrichtig eingeschätzt ...Erst am Ende meines Studiums wuchs dasInteresse, die Theologie nicht in einer Gemeindehauptberuflich zu „praktizieren“,son<strong>der</strong>n sie als Wissenschaft <strong>an</strong> <strong>der</strong> Universitätzu betreiben – zwischendurch war ichm<strong>an</strong>chmal eher dem Ausstieg aus dem Studiumnahe. Ein damals gerade neu berufenerProfessor war ausschlaggebend dafür, dasTheologiestudium doch abzuschließen. Alser mir eine studentische Hilfskraftstelle und40 nach Studienabschluss eine Stelle als wisteilehinnehmen zu müssen. Ich bin in dieser mien <strong>der</strong> Kirche „allein unter Männern“ ist.den 50er Jahren griffen zwar auch Fragen41senschaftliche Mitarbeiterin <strong>an</strong>bot, habe ichmich für eine Promotion entschieden. DieArbeit am Lehrstuhl, in einem großen Teammit einem durchaus unkonventionellen akademischenLehrer, hat mich sehr geprägt– sehr lebendig, mit großem Interesse <strong>an</strong>den Fragen <strong>der</strong> Studierenden, fast frei vonallen Hierarchien, dennoch mit hohen Leistungs<strong>an</strong>for<strong>der</strong>ungenund gleichzeitig generöserForschungsfreiheit – ohne diese Bedingungenwäre ich vermutlich nicht Wissenschaftleringeworden.Nach dem Abschluss <strong>der</strong> Promotion im Jahre1990 war ich d<strong>an</strong>n unschlüssig, wie es weitergehensollte, und habe zuerst über einJahr als Fachbereichsleiterin <strong>an</strong> einer katholischenAkademie gearbeitet. So abwechslungsreichund <strong>an</strong>regend ich diese Arbeit bisheute wahrnehme - innerhalb dieses Jahreswuchs <strong>der</strong> Entschluss, es doch mit <strong>der</strong>Wissenschaft weiterzuversuchen. Eine habilitierteFrau für Mittlere und Neuere Kirchengeschichtegab es zu diesem Zeitpunktin Deutschl<strong>an</strong>d noch nicht – überhauptnur g<strong>an</strong>z wenig habilitierte Theologinnen.Wie sehr dieser Weg ein Wagnis war, habeich allerdings erst im Nachhinein begriffen.Die 80er Jahre, also meine Promotionszeit,waren zwar geprägt von feministischen Fragen,auch durch die ersten Versuche <strong>der</strong>In stitutionalisierung <strong>der</strong> Frauenforschung– und mein Promotionsthema hatte durchausein frauengeschichtliches Interesse -,aber ich wäre nicht auf die Idee gekommen,durch mein Frausein möglicherweise Nach-Hinsicht sehr unbef<strong>an</strong>gen <strong>an</strong> eine akademischeKarriere her<strong>an</strong>geg<strong>an</strong>gen, geprägtdurch ein Selbstbewusstsein, das mir sowohlmeine Eltern als auch viele Lehrerinnen undLehrer meines Gymnasiums vermittelten:Es kam mir gar nicht in den Sinn, dass eseinen Beruf geben könnte, den Frauen nichtausüben dürften (vom Priesteramt einmalabgesehen).Eine solche positive „Naivität“ habe ich imLaufe meines Studiums verloren. Seitdembegleitet mich in meinen diversen Büros einPlakat mit Sätzen Edith Steins aus einem Vortragdes Jahres 1930: „Es gibt keinen Beruf,<strong>der</strong> nicht von einer Frau ausgeübt werdenkönnte. Keine Frau ist ja nur ‚Frau’, jede hatihre individuelle Eigenart und Anlage so gutwie <strong>der</strong> M<strong>an</strong>n und in dieser Anlage die Befähigungzu dieser o<strong>der</strong> jener Berufstätigkeit,künstlerischer, wissenschaftlicher, technischerund <strong>an</strong><strong>der</strong>er Art.“ Vermutlich ist esnotwendiger denn je, <strong>an</strong> diesen Sachverhaltzu erinnern.Während meiner Habilitationszeit habe ich<strong>an</strong> den Universitäten Mainz und H<strong>an</strong>novergearbeitet und damit <strong>an</strong><strong>der</strong>e Fakultäten, <strong>an</strong><strong>der</strong>ewissenschaftliche Horizonte, <strong>an</strong><strong>der</strong>eKollegen und auch Kolleginnen erlebt.Durch dieses wissenschaftliche Umherziehenist mir aufgeg<strong>an</strong>gen, wie wichtig Netzwerkeunter Kolleginnen sind, insbeson<strong>der</strong>ein einem Fach, in dem frau nicht nur <strong>an</strong> <strong>der</strong>Universität, son<strong>der</strong>n auch in leitenden Gre-Die Konsequenz daraus war, dass ich michfrühzeitig für ein Frauennetzwerk in <strong>der</strong> Theologieengagiert habe, in dem sich von <strong>der</strong>gerade beginnenden Promovendin bis zurProfessorin o<strong>der</strong> Ordinariatsrätin, von <strong>der</strong>Erwachsenenbildnerin bis zur AkademiedirektorinFrauen <strong>der</strong> unterschiedlichstentheologischen Berufsfel<strong>der</strong> zusammenfinden.Ohne dieses Netzwerk, das m<strong>an</strong>chmalwie eine Oase in <strong>der</strong> Wüste ist, würde ichmeine Arbeit nur mit halb so viel Schwungund mit erheblich geringerer Frustrationstoler<strong>an</strong>zleisten können. Und was mich darüberhinaus viele Belastungen des universitärenAlltags ertragen lässt, sind die Begegnungenmit Studierenden und ihren sich immer verän<strong>der</strong>ndenFragen.Tatsächlich, Sie arbeiten überFrauenklöster?Im Ruhrl<strong>an</strong>dmuseum Essen und in <strong>der</strong> Bundeskunsthalle<strong>Bonn</strong> findet <strong>der</strong>zeit (2005)eine große Ausstellung unter dem Titel„Krone und Schleier – Kunst aus mittelalterlichenFrauenklöstern“ statt. Parallel dazugab es über Pfingsten ein internationalesDurch dieses wissenschaftliche Umherziehen ist mir aufgeg<strong>an</strong>gen, wie wichtigNetzwerke unter Kolleginnen sind. ...und interdisziplinäres Kolloquium, auf demdeutlich wurde, welch eine Fülle <strong>an</strong> Fragenund Themen zu religiösen Frauengemeinschaftentrotz aller Forschungen noch immerzu bearbeiten ist.Als ich vor zw<strong>an</strong>zig Jahren, 1985, mit meinerDissertation über Frauenkonvente im merowingischenGallien (5. bis 7. Jahrhun<strong>der</strong>t)beg<strong>an</strong>n, habe ich von einer solchen Tagungnicht zu träumen gewagt. Wem auch immerich erzählte, dass ich <strong>an</strong> einer Dissertationzur Geschichte mittelalterlicher Frauenklösterarbeitete, <strong>der</strong> / die reagierte zumeisteinschlägig: „Ach ja, Hildegard!“ Meine Erwi<strong>der</strong>ung,dass Hildegard nun beileibe nichtmein Thema sei, son<strong>der</strong>n ich fünf- bis siebenhun<strong>der</strong>tJahre früher <strong>an</strong>setzen würde,wurde d<strong>an</strong>n häufig mit mitleidigem Lächelnbedacht – ob sich denn ein solches Themalohne, ob es überhaupt Quellen gebe, obm<strong>an</strong> solche Forschung nicht besser Ordensleutenüberlassen solle.Mit dem letzten Hinweis lagen die Gesprächspartnermeist nicht so falsch – Ordens-und Klostergeschichte war bis in diesiebziger Jahre hinein ein Forschungsgebiet,das nicht nur, aber überwiegend vonOrdensmitglie<strong>der</strong>n betrieben wurde. Mehrnoch, Forschung f<strong>an</strong>d fast ausschließlichzu männlichen Konventen statt und wurdeauch von männlichen Ordensleuten betrieben.Einige wenige versprengte Arbeitenaus <strong>der</strong> Wende vom 19. zum 20. Jahrhun<strong>der</strong>tund einige Versuche aus den 20er undFoto : Privat

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