berichte der int. eurythmie-fachtagung 2011 - Goetheanum

Teilnehmerbericht
Wie kann ich als Eurythmieanweisender nicht nur Nachahmern und Ausführern
gegenüberstehen, sondern künstlerische Eigenaktivität wecken?
Eigentlich ging es darum, wie eine Gruppe von Eurythmisten in ein gemeinsames Üben
und Gestalten eines Kunstwerks einsteigen kann. Carina Schmid gab uns die Möglichkeit,
durch ihre klaren, bildhaften Anweisungen die eurythmische Bewegung von Wärme getragen,
innerlich-seelisch zu ergreifen und in einen gemeinsamen Strom zu führen. Da
war die Eigenaktivität jedes einzelnen aufgerufen.
Bei den verschiedenen Übungen sollten wir auch auf unser Wahrnehmen achten:
Wann bin ich nur auf mich bezogen, wann auf einen Partner und auf eine Gruppe
zu dritt oder viert und wie nehme ich wieder den ganzen Kreis wahr, ohne mich
selber zu verlieren?
Aus dem reichen Angebot möchte ich einen Übungsaufbau beschreiben:
Wir stehen im Kreis und machen das IAO.
I: sich aufrichten als Persönlichkeit, freudig
A: sich dem göttlichen Raum öffnen, Kraft daraus empfangen (nach hinten neigen)
O: das Empfangene in die Welt geben; hier ist es unser Kreis, der Substanz empfängt
(nach vorne neigen)
Steigerung: I A.O mit Gebärden und Bewegung im Raum und die rote Farbe einbeziehen
Das I mit rotem Schleier: ein Gefühl der Freude durch sich in die Welt schicken, aufrichten,
sich strecken
Das A: Einatmung in den Gliedern, herunterkommen zur Erde
Das O mit rötlichem Kleid: Bewegung mit Wärme und Liebe, in den Umkreis
Nachdem wir diesen Dreiklang geübt hatten, kam ein Text von Christian Morgenstern
dazu:
„Ich habe den MENSCHEN gesehn in seiner tiefsten Gestalt,
ich kenne die Welt bis auf den Grundgehalt.
Ich weiß, daß Liebe, Liebe ihr tiefster Sinn,
und daß ich da, um immer mehr zu lieben, bin.
Ich breite die Arme aus, wie ER getan,
ich möchte die ganze Welt, wie ER, umfahn.“
Er passte zu der Stimmung des IAO. Man konnte dieses dreimal hintereinander machen.
Nun folgt noch ein Beispiel aus der Toneurythmie, aus einer Klaviersonate von Beethoven:
Nachdem wir die Tonhöhe als Ein- und Ausatmen der Bewegung geübt hatten, stellten
wir uns so auf, dass wir alle nach vorne schauten. Eine Person führte von vorne die
Gruppe an mit einer improvisierten Form, die anderen machten es nach. Dann führte
eine andere Person ihre Form an und so weiter. Sinn dieser Übung war, Interesse für die
Bewegung eines anderen Menschen zu entwickeln, indem man seine Bewegung aufnahm
und nachahmte. Wie viel Gutes und Fruchtbares könnte in der Eurythmie entstehen,
wenn wir anstatt Kritik, Selbstbehauptung und Rivalität unter Kollegen Interesse, Verständnis
und Liebe entwickeln würden!
In diesen Stunden durfte ich von Neuem erleben, wie schön, stärkend und heilend die
Eurythmie ist und auch Gemeinschaft bildend.
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