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Tätigkeitsbericht 2002 - Landesvolksanwaeltin von Vorarlberg

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1. Vom Umgang mit dem Bürger1.1. Zum Prüfungsmaßstab der VolksanwälteWenn die Verfassungsgesetzgeber in Bund und Land <strong>von</strong> der Prüfung behaupteter Missstände durch dieVolksanwälte sprechen, verwenden sie ein Wort aus der Umgangssprache, das sich nicht auf die Frageder Rechtswidrigkeit reduzieren lässt. Der Ausdruck erscheint nicht immer glücklich: Nicht jeder Fehlerwiegt so schwer, dass man ihn schon als Missstand in der Verwaltung anprangern müsste.Wichtig ist aber, dass der Gesetzgeber mit Verwendung dieses Begriffes den Prüfungsmaßstab nicht aufdie Frage der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns beschränkt hat. Zu prüfen ist daher auch, obEntscheidungen zu billigen (gerechten) Ergebnissen führen oder zu Härten, die Verfahrensdauer sachlichbegründet oder das Verhalten der Organe gegenüber dem Bürger richtig und angemessen ist.Der Hinweis auf wünschenswerte Standards für den Umgang der Behörden mit den Bürgern und die Anführung<strong>von</strong> Negativbeispielen bedeutet nicht, dass dieser Umgang in <strong>Vorarlberg</strong> generell im argenliegt. Es gibt aber immer wieder Anlassfälle, die gewisse Standards für den Umgang der Verwaltung mitdem Bürger als Richtlinie sinnvoll erscheinen lassen.Das Europäische Parlament hat am 06.09.2001 auf Vorschlag des Europäischen Bürgerbeauftragten denEuropäischen Kodex für gute Verwaltungspraxis beschlossen. Dieser Kodex (http://www.euroombudsman.eu.int/code/pdf/de/code_de.pdf)gilt zwar nur für die Organe der EU und ihre Beamtenund ist nicht Teil des Gemeinschaftsrechtes. Die angeführten Grundsätze haben jedoch Vorbildcharakterfür jede Verwaltung und enthalten eine Reihe <strong>von</strong> Standards, welche auch als Prüfungsmaßstab fürVolksanwälte dienlich sind.1.2. Vom Verhältnis zwischen Behörde und VerfahrensparteiAuch wenn der Servicecharakter der öffentlichen Verwaltung in politischen Sonntagsreden gerne betontwird, ist das Verwaltungsverfahren immer noch <strong>von</strong> einer klaren Über- und Unterordnung gekennzeichnet.Die Entscheidung treffen letztlich die staatlichen Organe, nicht nur im hoheitlichen Bereich, sondernvielfach auch in der Privatwirtschaftsverwaltung, etwa bei Förderungen der öffentlichen Hand.Auch sind die Mitarbeiter einer Behörde meist Spezialisten auf ihrem Gebiet: Sie kennen die Gesetze,die Verfahrensvorschriften, die übliche Verwaltungspraxis, ihren Ermessensspielraum und die Möglichkeit<strong>von</strong> Ausnahmen. Im Normalfall sind die Parteien des Verfahrens darüber viel weniger informiert undvor der Behörde auch seltener als bei Gericht anwaltlich vertreten. Dieser Informationsvorsprung istauch ein wesentlicher Machtfaktor im Verhältnis zwischen Behörde und Partei.Berufungsmöglichkeiten, die Überprüfung durch unabhängige Instanzen wie UVS, VfGH, VwGH und EuGHoder auch – ohne Sanktionsmöglichkeit – durch Volksanwälte schaffen einen gewissen Ausgleich, setzenjedoch entsprechende Kenntnisse voraus.Um eine faire Teilnahme am Verfahren zu gewährleisten, müssen Verwaltungsorgane die Parteien auchüber die gesetzlichen Grundlagen und Verfahrensregeln informieren, sie aber auch zu entsprechendenVorbringen und Anträgen anleiten, wenn sich Anhaltspunkte für eine sinnvolle Vorgangsweise ergeben(Manuduktionspflicht, siehe dazu § 13a AVG und Art 10 Abs 3 des Kodex). In einem kürzlich ergangenenUrteil vom 25.03.2003 (1 Ob 9/03k) hat der Oberste Gerichtshof betont, dass die Unterlassung derAnleitungspflicht zu Amtshaftungsansprüchen führen kann, wenn daraus ein Schaden entsteht.Landesvolksanwalt - Bericht <strong>2002</strong> 7

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