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Sport und Tourismus - Der Deutsche Olympische Sportbund

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<strong>Der</strong> zentrale Sinn von <strong>Tourismus</strong> <strong>und</strong> Reisen wäre also demnach als das<br />

Aufsuchen <strong>und</strong> Aneignen von menschlichen Gunsträumen <strong>und</strong>/oder -standorten<br />

außerhalb des alltäglichen <strong>und</strong> vertrauten Lebensraumes mit je unterschiedlichen<br />

Motiven <strong>und</strong> als Aneignung der dort vorfindbaren natürlichen, anthropogen<br />

gestalteten, sozialen <strong>und</strong> kulturellen Umwelten zu fassen. Sowohl die Motive als<br />

auch Aneignungsformen sind in Abgrenzung nach außen <strong>und</strong> im Binnenverhältnis<br />

unterschiedlich ausgeprägt.<br />

Im weiteren Verlauf gilt es nun, diesen zentralen Begriff der Aneignung für<br />

unsere Argumentation weiter fruchtbar zu machen. Aneignung, so Jaeggi (2002),<br />

ist „ein spezifisches Verhältnis zwischen Selbst <strong>und</strong> Welt, zwischen Individuen<br />

<strong>und</strong> Gegenständen ... Etwas, das man sich aneignet, bleibt einem also nicht<br />

äußerlich. Indem man es sich „zu Eigen“ macht, wird es in gewisser Hinsicht Teil<br />

von einem selbst. Evoziert wird hier eine Art von Introjektion <strong>und</strong> Durchmischung<br />

mit den Gegenständen der Aneignung. Und aufgerufen ist auch die Idee eines<br />

produktiv-gestaltenden Umgangs mit dem, was man sich „zu Eigen“ macht. Die<br />

Aneignung lässt das Angeeignete nicht unverändert. Deshalb bedeutet z.B. eine<br />

„Aneignung“ öffentlicher Räume mehr, als dass man sie bloß benutzt. „Zu Eigen“<br />

macht man sie sich, sofern diese von dem, was man in ihnen <strong>und</strong> mit ihnen tut,<br />

geprägt werden, sich durch die aneignende Benutzung verändern <strong>und</strong> durch sie<br />

erst eine bestimmte Gestalt - wenn auch nicht notwendig im materiellen Sinne -<br />

gewinnen.“ Jaeggi weist deutlich darauf hin, dass ganz entscheidend im<br />

Aneignungsprozess das „Verhältnis zwischen Fremdheit <strong>und</strong> Zugänglichkeit“ ist.<br />

Wenn Aneignung lediglich als Wiederaneignung von vormals „Eigenem“<br />

verstanden wird, dann werden alle Dimensionen der Fremdheit „eingeebnet“.<br />

Fremdheit ist demnach zentraler, konstitutiver Bestandteil von Aneignung. „Mit<br />

der Tilgung der Fremdheit ändert sich der Charakter dieses Prozesses. Nicht um<br />

einen offenen Prozess der Erfahrung ... handelt es sich dann noch, sondern ...<br />

um die Verwirklichung einer Bestimmung oder um die Realisierung eines Wesens.<br />

Angeeignet wird dann immer das schon vorhandene, das sich im Prozess der<br />

Aneignung genauso wenig verändert wie derjenige, der es sich aneignet. Oder<br />

anders: Aneignung wird zur Entfaltung von etwas, das es - wie immer verpuppt -<br />

schon gibt.“ (Jaeggi 2002) Mit der hier eingeführten Kategorie der Fremdheit wird<br />

also der zentrale Charakter der Reise als „Aneignung von Welt“ weiter<br />

konkretisiert. Allerdings müssen an dieser Stelle zwei Einschränkungen, bzw.<br />

Konkretisierungen gemacht werden. Zum einen gilt dies für die Fremdheit <strong>und</strong><br />

Reise/<strong>Tourismus</strong>, sowie für die Unterscheidung der/das Fremde <strong>und</strong> der/das<br />

Andere.<br />

<strong>Der</strong> alltäglich vertraute Lebensraum kann nicht mit einer formal festgelegten<br />

Radius-, bzw. einer Entfernungsangabe zum fremden Lebensraum fixiert werden.<br />

Freyer (2002, S. 9) verweist u.a. auf eine frühe, inzwischen längst überholte<br />

Definition, derzufolge ein Tagesmarsch, also ca. 50 km als Kriterium galten.<br />

Vielmehr geht es um lokale <strong>und</strong> regionale Räume, in denen soziale Beziehungen<br />

bestehen <strong>und</strong> die dortigen Muster, Routinen <strong>und</strong> Typisierungen übernommen<br />

werden. Insofern kann zwar nicht-vertrautes, fremdes auch innerhalb dieses<br />

Lebensraumes dem Subjekt begegnen. Allerdings ist nicht Fremdheit als<br />

raumunabhängige Kategorie bedeutsam, sondern „die Fremde“ als Raum, der<br />

eben nicht die im Alltag vorhandenen Muster, Routinen <strong>und</strong> Typisierungen<br />

20<br />

Fremdes <strong>und</strong> Traditionelles im jeweiligen Mit- <strong>und</strong> Gegeneinander zu sehen, zu<br />

analysieren <strong>und</strong> schließlich zu begreifen <strong>und</strong> zu bewerten, das muß didaktisches<br />

Ziel des Reisens sein oder der Reisedidaktik schlechthin.“ (Eichler, 1991, 155)

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