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Vorwort - Fritz Thyssen Stiftung

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Poseidonios<br />

Seite 44<br />

GESCHICHTE, SPRACHE UND KULTUR<br />

Handelns kam dabei eine Scharnierfunktion zu, insofern es ihre<br />

Aufgabe sein musste, die universalen Normen des Gesetztes der<br />

Vernunft im Handeln des Einzelnen wirksam werden zu lassen. Die<br />

Theorie der Gerechtigkeit nahm damit für die lateinische Rezeption<br />

der aristotelischen Ethik eine Schlüsselstellung ein, die von höchster<br />

aktueller Bedeutung zu sein scheint.<br />

Im Forschungsvorhaben sollen die wichtigsten Aristoteles-Rezipienten<br />

des 13. Jahrhunderts untersucht werden, die auf systematische<br />

Weise um eine Klärung des Gerechtigkeitsbegriffs bemüht waren. Begonnen<br />

wird, zur Klärung des Vorverständnisses von Gerechtigkeit<br />

vor der vollständigen Rezeption der „Nikomachischen Ethik“, mit der<br />

Untersuchung der zwei systematisch anspruchsvollen und historisch<br />

einflussreichen „Summen über das Gute“ („Summae de bono“) von<br />

Philipp dem Kanzler (1225/28) und Albertus Magnus (um 1243). Dann<br />

soll die Rezeption der aristotelischen Gerechtigkeitstheorie durch Albert<br />

selbst und seinen Schüler Thomas von Aquin im Mittelpunkt stehen,<br />

deren systematische Synthesen mit ihrer hohen Integrationskraft<br />

den Ausgangspunkt für die folgende Diskussion bildeten. Im dritten<br />

Hauptteil der so entstehenden Monographie sollen schließlich Texte<br />

untersucht werden, die sich im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts<br />

von diesen Auslegungen abgrenzten und zu neuen systematischen<br />

und interpretatorischen Lösungen gelangten (Jakob von Viterbos<br />

„Quodlibet III“; Gottfried von Fontaines „Quodlibet XIV“).<br />

Nachdem auf diese Weise ein historischer Überblick über die Gerechtigkeitsdebatte<br />

im 13. Jahrhundert gegeben worden ist, sollen<br />

die systematischen Ergebnisse in einem ausführlichen Schlusskapitel<br />

zusammengefasst und auf die aktuelle Diskussion über eine<br />

aristotelische Ethik bezogen werden, um zu prüfen, welche Lösungsmöglichkeiten<br />

sich im Anschluss an die mittelalterliche Debatte ergeben<br />

können.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> stellt Priv. Doz. Dr. R. Bees (Philologisches Seminar, Universität<br />

Tübingen) Fördermittel für eine Abhandlung zu Poseidonios<br />

zur Verfügung.<br />

Poseidonios von Apameia (ca. 135-50 v. Chr.) zählt zu den bedeutendsten<br />

Vertretern der stoischen Schule, die für fünfhundert Jahre<br />

die antike philosophische Diskussion bestimmte. Er ragt nicht nur innerhalb<br />

ihrer sogenannten Mittleren Periode (3.-1. Jh. v. Chr.) hervor,<br />

sondern übertraf durch die Breite seiner Forschung eigenwillige und<br />

neuartige Ansätze gewiss auch aller anderen zeitgenössischen Philosophen.<br />

Seine Wirkung ist evident schon dadurch, dass von keinem<br />

anderen Stoiker – außer dem Vielschreiber Chrysipp – eine größere<br />

Zahl namentlich bezeugter Fragmente erhalten ist. Die gegenwärtige<br />

Forschungslage ist allerdings gespalten, da neben die ca. 290 bezeugten<br />

Fragmente, auf die sich die Ausgabe durch Edelstein-Kidd<br />

(1972, 1989) beschränkt, auch eine Vielzahl sogenannter vindizierter<br />

Zeugnisse und Zuschreibungen gestellt wurde, die in der Ausgabe<br />

durch Theiler (1982) zusätzlich erfasst sind.

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